Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2012 - 4 StR 667/11

bei uns veröffentlicht am25.04.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 667/11
vom
25. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. April 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 21. Juli 2011 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 3 der Urteilsgründe (Verkehrsunfall vom 27. März 2005) des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wegen Betruges in jeweils acht Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer anderweitigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und gegen ihn eine Maßnahme nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Seine Revision , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Der Senat ist mit Vorsitzendem Richter Dr. Ernemann, Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Mutzbauer und Dr. Quentin ordnungsgemäß besetzt. Das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist gewahrt. Zur Begründung wird auf den Senatsbeschluss vom 11. Januar 2012 (4 StR 523/11) Bezug genommen.
3
2. Den Verfahrensrügen bleibt aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 20. Februar 2012 der Erfolg versagt.

II.


4
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der vom Angeklagten erhobenen, nicht näher ausgeführten Sachrüge hat einen ihn beschwerenden Rechtsfehler nur im Fall II. 3 der Urteilsgründe ergeben.
5
1. a) Nach den zu diesem Fall getroffenen Feststellungen verursachte der Angeklagte mit seinem Pkw Audi am 27. März 2005 in der Absicht, seine eigenen unberechtigten Schadensersatzansprüche zu Lasten der Versicherung des Unfallgegners abzurechnen, auf einer mehrspurigen Straße in der Innenstadt von G. einen Auffahrunfall. Er bremste sein Fahrzeug ohne äußeren Anlass auf der Rechtsabbiegerspur bis zum Stillstand ab, so dass der hinter ihm fahrende Zeuge F. , der damit nicht gerechnet hatte, trotz sofort eingeleiteten Bremsmanövers nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte und auf den Pkw des Angeklagten auffuhr. Die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlte an den Angeklagten Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 1428,68 Euro, die sich aus Reparaturkosten in Höhe von 1138,40 Euro, Gutachterkosten in Höhe von 270,28 Euro und einer Kostenpauschale von 20 Euro zusammensetzten. An dem vom Zeugen F. gefahrenen Pkw entstand ein Schaden inHöhe von 160 bis 170 Euro.
6
b) Das Landgericht hat die Voraussetzungen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 3 in Verb. mit § 315 Abs. 3 Nr. 1 a und b StGB als erfüllt angesehen; der Angeklagte habe gehandelt, um einen Unglücksfall herbeizuführen und eine andere Straftat zu ermöglichen. Für den Zeugen F. und seine Beifahrerin habe die konkrete Gefahr nicht unerheblicher Verletzungen infolge des Aufpralls vor allem im Kopfund Halswirbelsäulenbereich bestanden; an dem Fahrzeug des Zeugen, das jedenfalls über 1300 Euro wert gewesen sei, hätte es zu weiteren, erheblichen Schäden kommen können, was der Angeklagte erkannt und billigend in Kauf genommen habe.
7
2. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
8
a) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die absichtliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Bereiten eines Hindernisses im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 bzw. des § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellt (Senatsurteile vom 18. März 1976 – 4 StR 701/75, VRS 53, 355, und vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 488/91, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1; Senatsbeschluss vom 25. Januar 2012 – 4 StR 507/11, Tz. 9). Mit der allgemein gehaltenen Erwägung, wegen des plötzlichen Aufpralls des Fahrzeugs des Zeugen F. auf den Pkw des Angeklagten habe die konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen des Zeugen und der Beifahrerin insbesondere im Kopfund Halswirbelsäulenbereich bestanden, ist die erforderliche konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB jedoch nicht hinreichend belegt. Vielmehr sind regelmäßig genaue Feststellungen insbesondere zu den Geschwindigkeiten der Pkws im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NStZ 2010, 216; vom 25. Januar 2012 – 4 StR 507/11, Tz. 11). Solche Feststellungen fehlen im Urteil, das Angaben zur Geschwindigkeit des vom Angeklagten geführten Fahrzeugs lediglich für den Zeitraum vor Einleitung des plötzlichen Bremsmanövers enthält; der Zeuge F. gab an, er sei mit "mäßiger Geschwindigkeit" gefahren (UA S. 35). Auch das festgestellte Schadensbild erlaubt hier keinen sicheren Schluss auf eine konkrete Leibesgefahr. Angesichts des tatsächlich eingetretenen geringen Fremdschadens und der Tatsache, dass es zu keinen Verletzungen gekommen ist, liegt sie eher fern.
9
b) Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht eine Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert angenommen hat. Nach den Feststellungen ist an dem vom Zeugen F. geführten Fahrzeug ein Sachschaden in Höhe von lediglich 160 bis 170 Euro entstanden. Die konkrete Gefahr weiterer Schäden ist nicht mit Tatsachen belegt. Dass das Landgericht mit 1300 Euro von einer höheren als der nach der Rechtsprechung des Senats maßgeblichen Wertgrenze von 750 Euro ausgegangen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215), beschwert den Angeklagten nicht.
10
c) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen daher lediglich eine Verurteilung wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 315 Abs. 2, 3 Nr. 1 StGB).
11
3. Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen; dass sich der Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte, ist auszuschließen.
12
Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der davon betroffenen Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe zur Folge. Der Senat setzt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Einzelstrafe für den versuchten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr auf die niedrigste gesetzlich zulässige Freiheitsstrafe von drei Monaten fest (§ 315b Abs. 1, Abs. 3, § 315 Abs. 2, § 22, § 23 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB). Der Angeklagte ist dadurch unter keinen Umständen beschwert.
13
Der Gesamtstrafenausspruch bleibt von der Änderung des Schuldspruchs und der Herabsetzung der Einzelstrafe im Fall II. 3 der Urteilsgründe unberührt. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Summe der Einzelstrafen ausschließen, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

III.


14
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn von den Kosten des Revisionsverfahrens teilweise freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Ernemann Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2012 - 4 StR 667/11

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2012 - 4 StR 667/11 zitiert 14 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 69a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß

Strafgesetzbuch - StGB | § 315b Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet oder3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,und dadurch Leib oder Leben

Strafgesetzbuch - StGB | § 315 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet,3. falsche Zeichen oder Signale gibt oder

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(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 523/11
vom
11. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Januar 2012 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 29. April 2011 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Der Senat ist mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann , Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer und Bender vorschriftsmäßig besetzt. Das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Absatz 1 Satz 2 GG) ist gewahrt. Das Präsidium des Bundesgerichtshofs hat in Wahrnehmung der ihm nach § 21e Absatz 1 Satz 1 GVG obliegenden Aufgabe dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann – zusätzlich zum Vorsitz im 4. Strafsenat – den Vorsitz im 2. Strafsenat zugewiesen und bestimmt, dass im Kollisionsfall die Tätigkeit im 2. Strafsenat vorgeht. Es hat diese Regelung in willkürfreier Auslegung des § 21f Absatz 2 Satz 1 GVG und unter Berücksichtigung der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154; BSG, Beschluss vom 29. November 2006 – B 6 KA 34/06 B, NJW 2007, 2717; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 4/85, NJW 1986, 1366) getroffen. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nimmt die Aufgabe als Vorsitzender des 4. Strafsenats weiterhin in dem vom Gesetz vorausgesetzten und in der Sache gebotenen Umfang wahr. Nach der senatsinternen Geschäftsverteilung des 4. Strafsenats steht er allen Spruchgruppen als Vorsitzender vor. Im Übrigen ergibt sich die Besetzung mit der Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer und Bender aus Nr. 7 der senatsinternen Geschäftsverteilung vom 27. Dezember 2011 in Verbindung mit der senatsinternen Geschäftsverteilung vom 14. Dezember 2010. Ein Fall der Divergenz zu der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 – 2 StR 346/11 – liegt nicht vor, weil der 2. Strafsenat in einem späteren Urteil vom gleichen Tag – 2 StR 482/11 – diese Rechtsprechung aufgegeben hat. 2. Die Rüge der Verletzung des § 160a StPO greift nicht durch. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht durch die Feststellung, dass der Angeklagte „letztmalig um 02:06 Uhr versucht hatte, seinen Verteidiger per Mobiltelefon zu erreichen“, gegen § 160a Abs. 1 Satz 5 StPO verstoßen hat. Auf einem eventu- ellen Verstoß würde das Urteil nicht beruhen. Das Landgericht hat die retrograden Verbindungsdaten der Mobiltelefone des Angeklagten bei der Beweiswürdigung sowohl zu der Frage ausgewertet, dass der Angeklagte zur Tatzeit selbst über diese Mobiltelefone verfügte, als auch zum Tatablauf. Zum Zeitpunkt seiner letzten Telefonate vor der Festnah- me wurde der Angeklagte observiert. Für die Beweiswürdigung war nur von Bedeutung , dass der Angeklagte in Übereinstimmung mit den Zeitangaben der retrograden Verbindungsdaten für die fraglichen Mobiltelefone telefoniert hat; dass er Kontakt zu seinem späteren Verteidiger aufnehmen wollte, hat das Landgericht in seiner Beweiswürdigung nicht verwertet. 3. Ein Zirkelschluss des Landgerichts bei der Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu besorgen. Das Landgericht hat die Feststellung, dass der Angeklagte ein „ausgesprochener TelekommunikationsVielnutzer“ ist, in der Beweiswürdigung nichtnäher begründet. Dies gefährdet den Bestand des Urteils jedoch nicht. Der Tatrichter ist nicht gehalten, jede Einzelheit der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen zu belegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2009 – 4 StR 610/08 Rn. 27). Die Erkenntnis kann auf Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung beruhen. Soweit die Revision auch die Erwägung der Kammer UA S. 17 als zirkelschlüssig rügt, übersieht sie, dass sich die Beweiswürdigung an dieser Stelle mit dem Umstand auseinandersetzt, dass sich beide Mobiltelefone bei einer Person befanden; dass dies der Angeklagte war, ergibt sich dann aus der weiteren Beweiswürdigung UA S. 20 ff. Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 507/11
vom
25. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 25. Januar 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 13. April 2011, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) in den Fällen II.1.3 und II.1.7 der Urteilsgründe,
b) soweit der Angeklagte aa) im Fall II.1.4 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und bb) im Fall II.1.9 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
c) im Ausspruch über aa) die in den Fällen II.1.1, II.1.2 und II.1.8 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen, bb) die im Fall II.1.6 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängte Einzelstrafe cc) sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Auf die Revision des Angeklagten S. I. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben ,
a) soweit er im Fall II.2.1 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über aa) die in den Fällen II.2.2, II.2.5 und II.2.7 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen, bb) die in den Fällen II.2.3, II.2.4 und II.2.6 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen cc) und in den Gesamtstrafenaussprüchen. 3. Auf die Revision des Angeklagten D. I. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben ,
a) soweit der Angeklagte im Fall II.3.1 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die im Fall II.3.2 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafe
c) sowie im Gesamtstrafenausspruch. 4. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) soweit er in den Fällen II.4.1 und II.4.4 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die in den Fällen II.4.2 und II.4.3 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen
c) sowie im Gesamtstrafenausspruch.
5. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) in den Fällen II.5.4 und II.5.9 der Urteilsgründe,
b) in den Fällen II.5.3 und II.5.6 der Urteilsgründe, soweit der Angeklagte wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
c) im Ausspruch über die in den Fällen II.5.1 und II.5.2 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen
d) sowie im Gesamtstrafenausspruch. 6. Soweit in den vorbezeichneten Fällen die Schuldsprüche aufgehoben werden, umfasst die Aufhebung die zur Gefährdung anderer Personen, zum Wert der durch die jeweiligen Verkehrsunfälle gefährdeten Fahrzeuge und zur Höhe der drohenden Sachschäden sowie die insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen; die übrigen Feststellungen, insbesondere zum äußeren Tatgeschehen und zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle , bleiben aufrecht erhalten. Soweit nur die Strafaussprüche aufgehoben werden, umfasst die Aufhebung die zur Gefährdung anderer Personen und die insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen; die übrigen Feststellungen bleiben aufrecht erhalten. 7. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 8. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in sechs Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Beihilfe zum Betrug, wegen Beihilfe zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Beihilfe zum Betrug, sowie wegen Betruges in zwei Fällen und wegen versuchten Betruges unter Einbeziehung der Strafe aus einem anderweit ergangenen Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Den Angeklagten S. I. hat es wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, sowie wegen Betruges und versuchten Betruges unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderweit ergangenen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Betrug, sowie wegen Betruges in zwei Fällen hat es gegen ihn eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verhängt.
3
Den Angeklagten D. I. hat das Landgericht wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen sowie wegen Betruges und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
4
Den Angeklagten S. hat es wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in fünf Fällen sowie wegen Betruges in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
5
Den Angeklagten A. hat es wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in neun Fällen sowie wegen Betruges in fünf Fällen und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
6
Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen , die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützen; der Angeklagte A. beanstandet darüber hinaus das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die seine Verurteilung im Fall II.5.9 der Urteilsgründe betreffende Verfahrensrüge des Angeklagten A. nicht mehr ankommt; im Übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
7
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verursachten der Angeklagte M. in sechs Fällen, der Angeklagte S. I. in sieben Fällen, der Angeklagte D. I. in zwei Fällen, der Angeklagte S. in fünf Fällen und der Angeklagte A. in neun Fällen als Fahrer eines Pkw Auffahrunfälle, indem sie ihr jeweiliges Fahrzeug ohne verkehrsbedingten Anlass plötzlich stark abbremsten, so dass das nachfolgende Fahrzeug – wie beabsichtigt – auffuhr. Der Angeklagte M. nahm darüber hinaus an zwei weiteren solcher Fahrten als Beifahrer teil und erklärte sich gegenüber dem tatsächlichen Fahrer bereit, sich bei einer späteren polizeilichen Sachverhaltsaufnahme als Fahrer auszugeben, wodurch er den Entschluss des Fahrers verstärkte , einen Auffahrunfall herbeizuführen. Die Unfälle wurden in dem Bestreben verursacht, die Haftpflichtversicherung der Unfallgegner für die an den eigenen Fahrzeugen verursachten Schäden unberechtigt in Anspruch zu nehmen , was im Folgenden entweder durch den jeweiligen Fahrer selbst oder durch einen unbekannt gebliebenen Dritten geschah.
8
2. Das Landgericht hat in allen Fällen der Unfallverursachung die Verwirklichung eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB angenommen. Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht uneingeschränkt stand.
9
a) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die absichtliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls das Bereiten eines Hindernisses im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellt (Senatsurteile vom 18. März 1976 – 4 StR 701/75, VRS 53, 355, und vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 488/91, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1). Ebenso hat es im Ausgangspunkt zutreffend eine konkrete Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur in den Fällen angenommen, in denen auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289); dass das Landgericht mit 1.300 Euro von einer höheren Wertgrenze als der nach der Rechtsprechung des Senats maßgeblichen von 750 Euro (Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215) ausgegangen ist, beschwert die Angeklagten nicht.
10
b) Die Begründung, mit der das Landgericht auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht nur in den Fällen, in denen es tatsächlich zu Verletzungen beim Unfallgegner (Fälle II.1.5 und II.5.8) bzw. beim nicht tatbeteiligten Beifahrer (Fall II.4.5 – vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 18. November 1997 – 4 StR 542/97, NStZ-RR 1998, 150) gekommen ist, sondern in allen Fällen eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen angenommen hat, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat sich auf die Erwägung gestützt, in solchen Fällen provozierter Unfälle liege regelmäßig die Gefahr, dass der plötzliche Aufprall bei den von der Situation überraschten Insassen des auffahrenden Fahrzeugs, dessen Auffahrgeschwindigkeit der Tä- ter nicht beeinflussen könne, zu nicht unerheblichen Verletzungen namentlich im Kopf- und Halswirbelsäulenbereich führe. Dies gelte auch bei vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten.
11
Mit solchen allgemeinen Erwägungen lässt sich regelmäßig eine konkrete Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen nicht hinreichend belegen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NStZ 2010, 216); vielmehr sind grundsätzlich konkrete Feststellungen insbesondere zu den Geschwindigkeiten der Pkw im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen erforderlich (Senat, aaO; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, aaO). Solche Feststellungen sind im Urteil, das lediglich in einzelnen Fällen Angaben zur Geschwindigkeit eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge vor Einleitung des Bremsvorgangs enthält, nicht getroffen. Auch das jeweils festgestellte Schadensbild erlaubt keinen sicheren Schluss auf eine konkrete Leibesgefahr in den Fällen, in denen es zu einer Verletzung nicht gekommen ist; wo kein messbarer Schaden (Fall II.4.1) oder ein solcher in Höhe von 10 Euro (Fall II.4.4) entstanden ist, liegt sie eher fern.
12
3. Der Rechtsfehler betrifft die Schuldsprüche in den Fällen II.1.3, II.1.4, II.1.7, II.1.9, II.2.1, II.3.1., II.4.1, II.4.4, II.5.3, II.5.4, II.5.6 und II.5.9 der Urteilsgründe , in denen das Landgericht weder Verletzungen bei Unfallbeteiligten noch einen – drohenden – Schaden von mindestens 750 Euro festgestellt hat; soweit die Sachschäden nicht beziffert sind (Fälle II.1.4, II.1.7, II.2.1, II.3.1, II.5.3, II.5.4, II.5.6 und II.5.9 der Urteilsgründe), kann auch aus dem Schadensbild nicht sicher auf eine konkrete Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert geschlossen werden, weil das Landgericht keine Feststellungen zum Wert der Fahrzeuge der Unfallgegner – etwa zu Modell, Baujahr, Laufleistung oder Zu- stand – getroffen hat. Die Aufhebung des Schuldspruchs umfasst auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug im Fall II.1.7 der Urteilsgründe (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
13
4. In den Fällen II.1.1, II.1.2, II.1.6, II.1.8, II.2.2 bis II.2.7, II.3.2, II.4.2, II.4.3, II.5.1 und II.5.2 der Urteilsgründe, in denen das Landgericht einen Schaden von mindestens 1.300 Euro beim Unfallgegner festgestellt hat, wird der Schuldspruch durch die rechtsfehlerhafte Bejahung einer konkreten Leibesgefahr nicht in Frage gestellt. Der aufgezeigte Rechtsfehler betrifft nur den Schuldumfang und damit den Strafausspruch (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 455/11, Tz. 7 mwN). Zwischen den Feststellungen zu der den Schuldspruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr tragenden konkreten Sachgefahr und möglichen Feststellungen zu einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen besteht auch kein solcher innerer Zusammenhang, dass eine nochmalige tatrichterliche Entscheidung über den Schuldspruch erforderlich wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 455/11, Tz. 7). Da sich in den inmitten stehenden Fällen die Gefahr jeweils in einem die Wertgrenze von 750 Euro übersteigenden Schaden realisiert hat, können beide Fragen losgelöst voneinander geprüft und beantwortet werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 1995 – 1 StR 393/95, BGHSt 41, 222, 223 f.); es ist nicht zu besorgen, dass Feststellungen im Zusammenhang mit dem Eintritt einer konkreten Leibesgefahr dem Schuldspruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nachträglich die tatsächliche Grundlage entziehen könnten.
14
Der Rechtsfehler führt jedoch in den genannten Fällen zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat bei der Bemessung der betreffenden Einzelstrafen (im Fall II.2.5 der Urteilsgründe – bei der Aufzählung auf UA 76: „II.2.4, 6 und 7“ handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler – einer solchen von einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe) die Verwirklichung des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB in beiden Alternativen durch die Herbeiführung sowohl einer Sachgefahr als auch einer Leibesgefahr ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass es ohne den Rechtsfehler mildere Einzelstrafen verhängt hätte. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen hat bei allen Angeklagten die Aufhebung der Gesamtstrafe(n) zur Folge.
15
5. In den Fällen II.5.5 und II.5.7 der Urteilsgründe wirkt sich die rechtsfehlerhafte Annahme einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen im Ergebnis nicht auf Schuld- oder Strafausspruch aus. Dort sind Schäden von 1.100 Euro bzw. 800 Euro entstanden, so dass § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB zwar nicht wegen der Verursachung einer konkreten Leibesgefahr, dafür aber – anders als vom Landgericht unter Zugrundelegung der zu hohen Wertgrenze von 1.300 Euro angenommen – wegen der konkreten Gefährdung von Sachen von bedeutendem Wert verwirklicht ist. § 265 StPO steht nicht entgegen , weil sich der Angeklagte A. nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
16
6. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.1.3, II.1.4, II.1.7, II.1.9, II.2.1, II.3.1., II.4.1, II.4.4, II.5.3, II.5.4, II.5.6 und II.5.9 der Urteilsgründe zieht nur die Aufhebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen, zur Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert und der insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen nach sich. Im Übrigen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle mit dem Ziel der Geltendmachung unberechtigter Schadenersatzansprüche und zum Schädigungsvorsatz der Angeklagten frei von Rechtsfehlern und können deshalb bestehen bleiben. Die Aufhebung des Strafausspruchs in den Fällen II.1.1, II.1.2, II.1.6, II.1.8, II.2.2 bis II.2.7, II.3.2, II.4.2, II.4.3, II.5.1 und II.5.2 der Urteilsgründe umfasst lediglich die zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen und die insoweit zur inneren Tatseite, nicht aber die übrigen, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Bender Quentin

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 408/09
vom
20. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 20. Oktober 2009 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten vom 11. Mai 2009 aufgehoben,
a) soweit sie in den Fällen II. 2. und 5. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, mit den zum Wert der durch die jeweiligen Verkehrsunfälle gefährdeten fremden Sachen, im Fall II. 5. der Urteilsgründe zusätzlich mit den zur Gefährdung anderer Personen sowie in beiden Fällen mit den insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen; die übrigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten;
b) in den Aussprüchen über die in den Fällen II. 2. und 5. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in fünf Fällen, in vier Fällen tateinheitlich mit Betrug und in einem Fall tateinheitlich mit versuchtem Betrug, unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt. Der Angeklagten wurde des Weiteren die Fahrerlaubnis entzogen, ihr Führerschein wurde eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihr vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
2
Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Schuldspruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den Fällen II. 2. und 5. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
4
Zwar hat die Angeklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Verkehrsunfälle jeweils absichtlich herbeigeführt (§ 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b StGB) und dadurch die Sicherheit des Straßenverkehrs entweder durch Hindernisbereiten (§ 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB) oder durch einen „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff“ (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) beeinträchtigt (vgl. BGH NZV 1992, 325; 2001, 265). Der Straftatbestand des § 315b Abs. 1 StGB setzt darüber hinaus aber voraus, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Hierzu hat die Strafkammer keine hinreichenden Feststellungen getroffen.
5
a) Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass in den genannten Fällen Leib oder Leben eines anderen Menschen konkret gefährdet worden sind. Im Fall II. 2. wurde dies von der Strafkammer im Hinblick auf das konkrete Unfallgeschehen offensichtlich von vorneherein ausgeschlossen. Im Fall II. 5. der Urteilsgründe wurde die Zeugin P. zwar nicht verletzt, allerdings sei - so die Strafkammer - bei dieser Art von Unfall regelmäßig ein HWS-Trauma zu erwarten (UA 9). Eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen ist damit jedoch nicht hinreichend belegt; insbesondere fehlen Angaben zu den Geschwindigkeiten der Pkws im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen.
6
b) Auch die konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist in den Fällen II. 2. und 5. nicht festgestellt.
7
Bei der Prüfung, ob einer fremden Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, sind stets zwei durch entsprechende Feststellungen gestützte Prüfungsschritte erforderlich: Zunächst ist zu klären, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelte. Dies kann etwa bei älteren oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein. Handelte es sich um eine Sache von bedeutendem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann als der maßgebliche Gefährdungsschaden (vgl. Beschluss des Senats vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07 m.w.N.).
8
Solche Feststellungen enthält das Urteil zu den Fällen II. 2. und 5. nicht. In beiden Fällen ist an den nicht von der Angeklagten geführten Fahrzeugen kein Sachschaden entstanden. Allein aus der Höhe der von der Angeklagten bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung bzw. der Zeugin P. für die Beschädigung des eigenen Fahrzeugs betrügerisch erlangten oder geforderten Beträge kann nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit der Schluss gezogen werden, dass den jeweils beteiligten Fahrzeugen der anderen Unfallbeteiligten ein bedeutender Sachschaden drohte. Darüber hinaus fehlen bezogen auf den Fall II. 5. der Urteilsgründe auch Feststellungen dazu, ob das Fahrzeug der Geschädigten P. zum Unfallzeitpunkt einen „bedeutenden Wert“ hatte (vgl. dazu BGH aaO m.w.N.; vgl. zur Wertgrenze auch Heine in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. Vorbem. §§ 306 ff. Rdn. 15).
9
2. In Bezug auf das weitere Revisionsvorbringen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 7. September 2009. Ergänzend bemerkt der Senat:
10
a) Die Verfahrensrüge, mit der die Verletzung des § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO geltend gemacht wird, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn die Revision teilt die Gutachten nicht vollständig mit, obwohl sie in der Revisionsbegründung auf deren Skizzen und Schadensfotos verweist (RB S. 18 f., 44). Dem Revisionsgericht bleibt damit eine Überprüfung der erhobenen Behauptung , dem gehörten Sachverständigen habe die Sachkunde gefehlt, verschlossen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 2009 – 5 StR 215/09 und vom 19. Oktober 2000 – 4 StR 411/00).
11
b) Dass das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen hat, der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr stehe in Tateinheit zu dem mit der Tat bezweckten Betrug (vgl. BGH NZV 1992, 325), beschwert die Angeklagte nicht.
12
3. Mit den Teilaufhebungen in den Fällen II. 2. und 5. der Urteilsgründe entfallen auch die insoweit verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe. Der Maßregelausspruch kann hingegen bestehen bleiben, da er durch die aufrechterhaltenen Feststellungen zu den Unfallgeschehen und die Verurteilung wegen der übrigen, durch die Urteilsaufhebung nicht betroffenen Taten getragen wird.
13
Die Aufhebung der Verurteilung der Angeklagten in den genannten Fällen zieht nur die Aufhebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen im Fall II. 5. und zur Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert sowie der insoweit zur inneren Tatseite in beiden Fällen getroffenen Feststellungen nach sich. Die übrigen Feststellungen - insbesondere zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle und zum Schädigungsvorsatz der Angeklagten - sind rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen bleiben.
14
Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) lediglich auf Art und Höhe der Rechtsfolgen, nicht aber auf eine Veränderung und Verschärfung des Schuldspruchs bezieht (st. Rspr.; vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 358 Rdn. 18; Paul in KK 6. Aufl. § 331 Rdn. 2; Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 358 Rdn. 11, § 331 Rdn. 8, jeweils m.w.N.). Der neue Tatrichter wäre daher nicht daran gehindert, den Schuldspruch in den Fällen II. 2. und 5. dahingehend zu ändern, dass die Angeklagte des (versuchten) gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tatmehrheit mit (versuchtem) Betrug schuldig ist. In diesem Fall würde das Verschlechterungsverbot aber dazu führen, dass die Summe der Einzelstrafen, die dann jeweils zu verhängen wären, die in dem betreffenden Fall bisher verhäng- te Einzelstrafe nicht überschreiten darf (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2001 - 3 StR 314/01; BGHR StPO § 331 Abs. 1 Einzelstrafe, fehlende 1).
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 507/11
vom
25. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 25. Januar 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 13. April 2011, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) in den Fällen II.1.3 und II.1.7 der Urteilsgründe,
b) soweit der Angeklagte aa) im Fall II.1.4 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und bb) im Fall II.1.9 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
c) im Ausspruch über aa) die in den Fällen II.1.1, II.1.2 und II.1.8 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen, bb) die im Fall II.1.6 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängte Einzelstrafe cc) sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Auf die Revision des Angeklagten S. I. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben ,
a) soweit er im Fall II.2.1 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über aa) die in den Fällen II.2.2, II.2.5 und II.2.7 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen, bb) die in den Fällen II.2.3, II.2.4 und II.2.6 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen cc) und in den Gesamtstrafenaussprüchen. 3. Auf die Revision des Angeklagten D. I. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben ,
a) soweit der Angeklagte im Fall II.3.1 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die im Fall II.3.2 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafe
c) sowie im Gesamtstrafenausspruch. 4. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) soweit er in den Fällen II.4.1 und II.4.4 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die in den Fällen II.4.2 und II.4.3 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen
c) sowie im Gesamtstrafenausspruch.
5. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) in den Fällen II.5.4 und II.5.9 der Urteilsgründe,
b) in den Fällen II.5.3 und II.5.6 der Urteilsgründe, soweit der Angeklagte wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist,
c) im Ausspruch über die in den Fällen II.5.1 und II.5.2 der Urteilsgründe für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verhängten Einzelstrafen
d) sowie im Gesamtstrafenausspruch. 6. Soweit in den vorbezeichneten Fällen die Schuldsprüche aufgehoben werden, umfasst die Aufhebung die zur Gefährdung anderer Personen, zum Wert der durch die jeweiligen Verkehrsunfälle gefährdeten Fahrzeuge und zur Höhe der drohenden Sachschäden sowie die insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen; die übrigen Feststellungen, insbesondere zum äußeren Tatgeschehen und zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle , bleiben aufrecht erhalten. Soweit nur die Strafaussprüche aufgehoben werden, umfasst die Aufhebung die zur Gefährdung anderer Personen und die insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen; die übrigen Feststellungen bleiben aufrecht erhalten. 7. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 8. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in sechs Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Beihilfe zum Betrug, wegen Beihilfe zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Beihilfe zum Betrug, sowie wegen Betruges in zwei Fällen und wegen versuchten Betruges unter Einbeziehung der Strafe aus einem anderweit ergangenen Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Den Angeklagten S. I. hat es wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, sowie wegen Betruges und versuchten Betruges unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem anderweit ergangenen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Betrug, sowie wegen Betruges in zwei Fällen hat es gegen ihn eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verhängt.
3
Den Angeklagten D. I. hat das Landgericht wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen sowie wegen Betruges und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
4
Den Angeklagten S. hat es wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in fünf Fällen sowie wegen Betruges in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
5
Den Angeklagten A. hat es wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in neun Fällen sowie wegen Betruges in fünf Fällen und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
6
Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen , die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützen; der Angeklagte A. beanstandet darüber hinaus das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die seine Verurteilung im Fall II.5.9 der Urteilsgründe betreffende Verfahrensrüge des Angeklagten A. nicht mehr ankommt; im Übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
7
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verursachten der Angeklagte M. in sechs Fällen, der Angeklagte S. I. in sieben Fällen, der Angeklagte D. I. in zwei Fällen, der Angeklagte S. in fünf Fällen und der Angeklagte A. in neun Fällen als Fahrer eines Pkw Auffahrunfälle, indem sie ihr jeweiliges Fahrzeug ohne verkehrsbedingten Anlass plötzlich stark abbremsten, so dass das nachfolgende Fahrzeug – wie beabsichtigt – auffuhr. Der Angeklagte M. nahm darüber hinaus an zwei weiteren solcher Fahrten als Beifahrer teil und erklärte sich gegenüber dem tatsächlichen Fahrer bereit, sich bei einer späteren polizeilichen Sachverhaltsaufnahme als Fahrer auszugeben, wodurch er den Entschluss des Fahrers verstärkte , einen Auffahrunfall herbeizuführen. Die Unfälle wurden in dem Bestreben verursacht, die Haftpflichtversicherung der Unfallgegner für die an den eigenen Fahrzeugen verursachten Schäden unberechtigt in Anspruch zu nehmen , was im Folgenden entweder durch den jeweiligen Fahrer selbst oder durch einen unbekannt gebliebenen Dritten geschah.
8
2. Das Landgericht hat in allen Fällen der Unfallverursachung die Verwirklichung eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB angenommen. Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht uneingeschränkt stand.
9
a) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die absichtliche Herbeiführung eines Auffahrunfalls das Bereiten eines Hindernisses im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellt (Senatsurteile vom 18. März 1976 – 4 StR 701/75, VRS 53, 355, und vom 12. Dezember 1991 – 4 StR 488/91, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1). Ebenso hat es im Ausgangspunkt zutreffend eine konkrete Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur in den Fällen angenommen, in denen auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289); dass das Landgericht mit 1.300 Euro von einer höheren Wertgrenze als der nach der Rechtsprechung des Senats maßgeblichen von 750 Euro (Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215) ausgegangen ist, beschwert die Angeklagten nicht.
10
b) Die Begründung, mit der das Landgericht auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht nur in den Fällen, in denen es tatsächlich zu Verletzungen beim Unfallgegner (Fälle II.1.5 und II.5.8) bzw. beim nicht tatbeteiligten Beifahrer (Fall II.4.5 – vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 18. November 1997 – 4 StR 542/97, NStZ-RR 1998, 150) gekommen ist, sondern in allen Fällen eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen angenommen hat, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat sich auf die Erwägung gestützt, in solchen Fällen provozierter Unfälle liege regelmäßig die Gefahr, dass der plötzliche Aufprall bei den von der Situation überraschten Insassen des auffahrenden Fahrzeugs, dessen Auffahrgeschwindigkeit der Tä- ter nicht beeinflussen könne, zu nicht unerheblichen Verletzungen namentlich im Kopf- und Halswirbelsäulenbereich führe. Dies gelte auch bei vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten.
11
Mit solchen allgemeinen Erwägungen lässt sich regelmäßig eine konkrete Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen nicht hinreichend belegen (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NStZ 2010, 216); vielmehr sind grundsätzlich konkrete Feststellungen insbesondere zu den Geschwindigkeiten der Pkw im Zeitpunkt der Kollision und der Intensität des Aufpralls zwischen den beteiligten Fahrzeugen erforderlich (Senat, aaO; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, aaO). Solche Feststellungen sind im Urteil, das lediglich in einzelnen Fällen Angaben zur Geschwindigkeit eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge vor Einleitung des Bremsvorgangs enthält, nicht getroffen. Auch das jeweils festgestellte Schadensbild erlaubt keinen sicheren Schluss auf eine konkrete Leibesgefahr in den Fällen, in denen es zu einer Verletzung nicht gekommen ist; wo kein messbarer Schaden (Fall II.4.1) oder ein solcher in Höhe von 10 Euro (Fall II.4.4) entstanden ist, liegt sie eher fern.
12
3. Der Rechtsfehler betrifft die Schuldsprüche in den Fällen II.1.3, II.1.4, II.1.7, II.1.9, II.2.1, II.3.1., II.4.1, II.4.4, II.5.3, II.5.4, II.5.6 und II.5.9 der Urteilsgründe , in denen das Landgericht weder Verletzungen bei Unfallbeteiligten noch einen – drohenden – Schaden von mindestens 750 Euro festgestellt hat; soweit die Sachschäden nicht beziffert sind (Fälle II.1.4, II.1.7, II.2.1, II.3.1, II.5.3, II.5.4, II.5.6 und II.5.9 der Urteilsgründe), kann auch aus dem Schadensbild nicht sicher auf eine konkrete Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert geschlossen werden, weil das Landgericht keine Feststellungen zum Wert der Fahrzeuge der Unfallgegner – etwa zu Modell, Baujahr, Laufleistung oder Zu- stand – getroffen hat. Die Aufhebung des Schuldspruchs umfasst auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug im Fall II.1.7 der Urteilsgründe (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
13
4. In den Fällen II.1.1, II.1.2, II.1.6, II.1.8, II.2.2 bis II.2.7, II.3.2, II.4.2, II.4.3, II.5.1 und II.5.2 der Urteilsgründe, in denen das Landgericht einen Schaden von mindestens 1.300 Euro beim Unfallgegner festgestellt hat, wird der Schuldspruch durch die rechtsfehlerhafte Bejahung einer konkreten Leibesgefahr nicht in Frage gestellt. Der aufgezeigte Rechtsfehler betrifft nur den Schuldumfang und damit den Strafausspruch (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 455/11, Tz. 7 mwN). Zwischen den Feststellungen zu der den Schuldspruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr tragenden konkreten Sachgefahr und möglichen Feststellungen zu einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen besteht auch kein solcher innerer Zusammenhang, dass eine nochmalige tatrichterliche Entscheidung über den Schuldspruch erforderlich wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 – 4 StR 455/11, Tz. 7). Da sich in den inmitten stehenden Fällen die Gefahr jeweils in einem die Wertgrenze von 750 Euro übersteigenden Schaden realisiert hat, können beide Fragen losgelöst voneinander geprüft und beantwortet werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 1995 – 1 StR 393/95, BGHSt 41, 222, 223 f.); es ist nicht zu besorgen, dass Feststellungen im Zusammenhang mit dem Eintritt einer konkreten Leibesgefahr dem Schuldspruch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nachträglich die tatsächliche Grundlage entziehen könnten.
14
Der Rechtsfehler führt jedoch in den genannten Fällen zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat bei der Bemessung der betreffenden Einzelstrafen (im Fall II.2.5 der Urteilsgründe – bei der Aufzählung auf UA 76: „II.2.4, 6 und 7“ handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler – einer solchen von einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe) die Verwirklichung des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB in beiden Alternativen durch die Herbeiführung sowohl einer Sachgefahr als auch einer Leibesgefahr ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass es ohne den Rechtsfehler mildere Einzelstrafen verhängt hätte. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen hat bei allen Angeklagten die Aufhebung der Gesamtstrafe(n) zur Folge.
15
5. In den Fällen II.5.5 und II.5.7 der Urteilsgründe wirkt sich die rechtsfehlerhafte Annahme einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen im Ergebnis nicht auf Schuld- oder Strafausspruch aus. Dort sind Schäden von 1.100 Euro bzw. 800 Euro entstanden, so dass § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB zwar nicht wegen der Verursachung einer konkreten Leibesgefahr, dafür aber – anders als vom Landgericht unter Zugrundelegung der zu hohen Wertgrenze von 1.300 Euro angenommen – wegen der konkreten Gefährdung von Sachen von bedeutendem Wert verwirklicht ist. § 265 StPO steht nicht entgegen , weil sich der Angeklagte A. nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
16
6. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.1.3, II.1.4, II.1.7, II.1.9, II.2.1, II.3.1., II.4.1, II.4.4, II.5.3, II.5.4, II.5.6 und II.5.9 der Urteilsgründe zieht nur die Aufhebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen, zur Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert und der insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen nach sich. Im Übrigen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle mit dem Ziel der Geltendmachung unberechtigter Schadenersatzansprüche und zum Schädigungsvorsatz der Angeklagten frei von Rechtsfehlern und können deshalb bestehen bleiben. Die Aufhebung des Strafausspruchs in den Fällen II.1.1, II.1.2, II.1.6, II.1.8, II.2.2 bis II.2.7, II.3.2, II.4.2, II.4.3, II.5.1 und II.5.2 der Urteilsgründe umfasst lediglich die zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen und die insoweit zur inneren Tatseite, nicht aber die übrigen, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 245/10
vom
28. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. September 2010
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 3. Dezember 2009 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in sieben Fällen, wegen Sachbeschädigung in 14 Fällen, wegen Betruges in 26 Fällen und wegen versuchten Betruges in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt; außerdem hat es eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Erörterung bedarf nur die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den Fällen II. 7, II. 19, II. 50 und II. 60 der Urteilsgründe.
3
1. Nach den hierzu rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte im Zeitraum von September 2007 bis September 2008 vier Verkehrsunfälle jeweils absichtlich herbeigeführt (§ 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB) und die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er einen "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff" im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB vorgenommen hat. Dabei sind an den Fahrzeugen der Unfallgegner Schäden in Höhe von 1.062,11€, 792,30 €, 800 € bzw. 885,84 € verursacht worden; dass ein darüber hinausgehender Sachschaden oder sogar ein Personenschaden konkret gedroht haben, ist in keinem dieser Fälle festgestellt.
4
2. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Gefährdung für fremde Sachen von bedeutendem Wert im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB zur Tatbestandserfüllung nur ausreicht, wenn auch der konkret drohende Schaden bedeutenden Umfangs war (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27. September 2007 - 4 StR 1/07, NStZ-RR 2008, 83 m.w.N.), und hat diese Voraussetzung in den fraglichen vier Fällen als erfüllt angesehen. Dabei hat es sich an der Rechtsprechung des Senats ausgerichtet, wonach die Wertgrenze für die Annahme der Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert bei mindestens 750 € liegt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 121; Beschlüsse vom 27. September 2007 - 4 StR 1/07; vom 29. April 2008 - 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289; vom 20. Oktober 2009 - 4 StR 408/09, NZV 2010, 261). Gegenstand der letztgenannten Entscheidung war unter anderem ein Unfallgeschehen vom Januar 2008.
5
3. Für eine Anhebung dieser Wertgrenze sieht der Senat keinen Anlass.
6
a) Allerdings wird in der Literatur teilweise eine höhere Wertgrenze von bis zu 1.300 € angenommen, die der Grenze des bedeutenden Schadens im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB angeglichen ist (vgl. Heine, in: Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., Vorbem. zu §§ 306 ff. Rn. 15; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 315 Rn. 16a; Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 21. Aufl., § 315c StGB Rn. 7; MünchKommStGB/Barnickel § 315 Rn. 69: ca. 850 € für Januar 2006; wie die Senatsrechtsprechung dagegen: König in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 315 Rn. 95; SSW-StGB/Ernemann § 315c Rn. 25; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 315c Rn. 24).
7
Vereinzelt haben auch Oberlandesgerichte eine Wertgrenze von 1.300 € für die konkrete Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert angenommen. Das Thüringer OLG hat dies mit der Angleichung an die Grenze zum bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB begründet (Beschluss vom 17. September 2008 - 1 Ss 167/08, OLGSt StGB § 315c Nr. 16); das OLG Hamm hat ohne weitere Begründung lediglich auf die Kommentierung von Fischer, StGB, 55. Aufl., § 315 Rn. 16a verwiesen (Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 4 Ss 466/08, NStZ-RR 2009, 185, 186).
8
b) Eine Angleichung an die Wertgrenze des bedeutenden Schadens im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist nicht angezeigt, weil die Vorschriften unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen.
9
Der Schadensbegriff des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist nach dem Normzweck des § 142 StGB zu bestimmen, der dem Interesse der Unfallbeteiligten an der Aufklärung der Unfallursachen zur Klarstellung der privatrechtlichen Verantwortlichkeit und damit an der Sicherung bzw. Abwehr zivilrechtlicher Ersatzansprüche dient (vgl. Geppert in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 69 Rn. 84, § 142 Rn. 1; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder aaO § 142 Rn. 1a m.w.N.). Maßgeblich ist daher nicht der reine Sachschaden, sondern der Geldbetrag, der erforderlich ist, den Geschädigten so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten (vgl. MünchKommStGB/Athing § 69 Rn. 70 m.w.N.). Deswegen sind neben den Reparaturkosten auch Bergungsund Abschleppkosten einzubeziehen.
10
Bei §§ 315b, 315c StGB ist demgegenüber allein auf den (drohenden) Schaden an der Sache selbst abzustellen, wobei der Wert der Sache nach deren Verkehrswert, die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289 m.w.N.; vgl. auch König aaO § 315 Rn. 82a, 90). Die Vorschriften bezwecken den Schutz des Allgemeininteresses an der Sicherheit des Straßenverkehrs, der in ihnen verwirklichte Schutz auch des Einzelnen ist nur eine Nebenwirkung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1976 - 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40; Beschluss vom 15. Dezember 1998 - 4 StR 576/98, NStZ-RR 1999, 120). Das Schwergewicht der Vorwerfbarkeit liegt dementsprechend - ungeachtet der Ausgestaltung der Straftatbestände als Erfolgsdelikte (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119) - in der besonderen Gefährlichkeit der Tathandlung für die Allgemeinheit und damit im Handlungsunrecht; der Erfolgsunwert - der Niederschlag der abstrakten Gefährdung in einer konkreten Gefahr für Individualrechtsgüter - hat lediglich strafbarkeitsbegrenzende Funktion (vgl. König aaO § 315 Rn. 5), der auch die weitere Einschränkung des bedeutenden Wertes dient (vgl. Barnickel aaO § 315 Rn. 69). Insofern rechtfertigt der Schutzzweck der §§ 315b, 315c StGB die Bestimmung eines niedrigeren Grenzwertes als bei § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auch losgelöst von der unterschiedlichen Berechnungsgrundlage (zur Abhängigkeit verschiedener Wertgrenzen vom jeweiligen Norm- zweck vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48,

14).


11
c) Schließlich gebietet auch die in den letzten Jahren eingetretene wirtschaftliche Entwicklung eine Anhebung des Grenzwertes für Sachwert und Schadenshöhe nicht. Bei der Wertgrenze handelt es sich zwar um eine veränderliche Größe, die maßgeblich von der Entwicklung der Preise und Einkommen abhängig ist (vgl. König aaO § 315 Rn. 94). Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere im Hinblick auf die Tatbestandsbestimmtheit, kommt eine Anhebung der Wertgrenze aber nur bei einer grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht. Eine derartige Veränderung vermag der Senat nicht zu erkennen.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Bender

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.