Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 249/15

bei uns veröffentlicht am18.08.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR249/15
(alt: 5 StR 259/14)
vom
18. August 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum Mord u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. August 2015 beschlossen
:
Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand wird zurückgewiesen.
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Saarbrücken vom 4. Februar 2015 wird nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und
die durch ihre Revision dem Nebenkläger entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer im Übrigen mit der Sachrüge und mit Verfahrensrügen fristgerecht begründeten Revision kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör unerlässlich erscheint (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. September 1987 – 1 StR 386/87, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1; vom 11. Mai 2010 – 4 StR 117/10, und vom 25. September 2012 – 1 StR 361/12, wistra 2013, 34). Eine solche Ausnahme- situation liegt im vorliegenden Fall bei einem nicht näher ausgeführten und schon nicht glaubhaft gemachten „Büroversehen“ nicht vor.
Sander Schneider Dölp
Berger Bellay

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 249/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 249/15

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 44 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung


War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 249/15 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 44 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung


War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 249/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 5 StR 249/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2012 - 1 StR 361/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 361/12 vom 25. September 2012 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen : Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinse

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2010 - 4 StR 117/10

bei uns veröffentlicht am 11.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 117/10 vom 11. Mai 2010 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und d

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War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/10
vom
11. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 11. Mai
2010 gemäß §§ 44, 46 Abs. 1, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 8. Dezember 2009 wird verworfen; jedoch wird die Verfallsanordnung zur Klarstellung dahin gefasst, dass der Verfall (statt: "erweiterte Verfall von Wertersatz") eines Geldbetrages von 5.750 Euro angeordnet wird. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten zur Anbringung einer Verfahrensrüge ist unzulässig. Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Angeklagten von seinem Pflichtverteidiger mit der Sachrüge und einer - allerdings nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden - Verfahrensrüge fristgerecht begründet worden ist. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge kommt grundsätzlich nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08, StV 2008, 394 m.N.). Sie kommt nur ausnahmsweise in besonderen Prozesssituationen in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör unerlässlich erscheint (vgl. BGH aaO). Eine solche Ausnahmesituation liegt hier nicht vor.
2
2. Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend bemerkt der Senat:
3
a) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben die Urteilsfeststellungen nicht die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK in der Form einer unzulässigen Tatprovokation. Insbesondere lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, dass eines der Drogengeschäfte nicht mehr in einem angemessenen, deliktspezifischen Verhältnis zu dem gegen den Angeklagten stehenden Tatverdacht steht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 - 1 StR 42/01, BGHSt 47, 44). Ergeben sich die tatsächlichen Voraussetzungen eines geltend gemachten Konventionsverstoßes - wie hier - nicht schon aus den Urteilsfeststellungen, muss ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens mit Hilfe einer Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 3 StR 245/00, NStZ 2001, 53). Soweit mit der Revisionsbegründungsschrift vom 23. Februar 2010 die Verletzung des Art. 6 Abs. 1 MRK gerügt wird, genügt die Rüge jedoch nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Dies gilt im Übrigen auch für die nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 29. März 2010 erhobene Verfahrensrüge, weil Umstände , die gegen eine Überschreitung des erlaubten tatprovozierenden Verhaltens sprechen, nicht mitgeteilt werden. Der Mitteilung bedurft hätte insbesondere der Inhalt der Angaben der Vertrauensperson bei der Vernehmung am 5. August 2009, wonach der Angeklagte von sich aus angeboten hat, "das Ganze" auf 500 g zu erhöhen, damit sich das auch mit der Fahrerei lohnen würde (SA Bd. I Bl. 13).
4
b) Die vom Landgericht auf § 33 BtMG, §§ 73, 73 a und 73 d StGB gestützte Verfallsentscheidung hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand, da nach den Feststellungen die Voraussetzungen des § 73 a StGB vorliegen (zum Verhältnis zwischen § 73 StGB [Verfall], § 73 a StGB [Verfall des Wertersatzes] und 73 d StGB [erweiterter Verfall] vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 368/08, BGHR StGB § 73 a Anwendungsbereich 2 und vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10 Rdn. 7 ff.). Zur Klarstellung ändert der Senat die Verfallsanordnung entsprechend.
Athing Solin-Stojanović Ernemann
Cierniak Franke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 361/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2012 beschlossen
:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zur Heilung von Mängeln von einer nicht den Anforderungen
des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Verfahrensrüge
wird zurückgewiesen.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 3. Februar 2012 wird als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zum Wiedereinsetzungsantrag:
Eine Wiedereinsetzung zur Anbringung von Verfahrensrügen kommt grundsätzlich
nicht in Betracht, wenn die Revision des Angeklagten - wie hier - bereits
form- und fristgerecht begründet worden ist und nur zu einzelnen Angriffen ergänzend
vorgetragen werden soll (BGHSt 1, 44, 46; BGH, Beschluss vom
10. Juli 2012 - 1 StR 301/12 mwN). Denn das Institut der Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen die Revisionsbegründungsfrist darf nicht dazu dienen,
die Form- und Fristgebundenheit der Revisionsbegründung nach § 344 Abs. 2
Satz 2 StPO zu unterlaufen (BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1; BGH NStZRR
1996, 140). Nur bei besonderen Verfahrenslagen, in denen es zur Wahrung
des Anspruchs des Angeklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1
GG unerlässlich erscheint, kommen Ausnahmen von diesem Grundsatz in Betracht
(BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; BGH StV 2008, 569). Eine solche
Ausnahmekonstellation liegt hier nicht vor.
Nack Rothfuß Hebenstreit
Jäger Cirener