Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18

bei uns veröffentlicht am31.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 296/18
vom
31. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:310718B5STR296.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. Juli 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 2. Februar 2018 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Geiselnahme und wegen Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Nötigung zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt erfolglos.
2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
3
Nach dem Scheitern seiner Intimbeziehung zu E. beschloss der Angeklagte, diese zu töten. Entsprechend seinem zuvor gefassten Plan lockte er deren 12-jährigen Sohn unter einem Vorwand in die von ihm bewohnte Gartenlaube. Nachdem er das Kind gefesselt und geknebelt hatte, nahm er ihm die Wohnungsschlüssel ab. Sodann begab er sich zur nahen Wohnung des späteren Tatopfers. E. rechnete nicht mit seinem Erscheinen. Als der Angeklagte die Wohnungstür aufschloss, dachte sie, dass ihr Sohn käme. Sie war deshalb völlig überrascht, als der Angeklagte plötzlich im Wohnzimmer stand, und hatte daher keine Verteidigungsmöglichkeit. Dies erkannte der Angeklagte und setzte, wie geplant, unter Ausnutzung der Situation sein Tötungsvorhaben in die Tat um. Er zielte mit einer Schreckschusspistole auf die Frau, die diese für eine echte geladene Schusswaffe hielt, und sagte zu ihr, sie solle leise sein und nichts Falsches machen, wenn sie ihren Sohn lebend wiedersehen wolle. Zur Verdeutlichung, dass sich der Sohn in seiner Gewalt befand, zeigte er ihr den Schlüssel. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, verhielt sich E. aus Sorge um ihr eigenes und das Leben ihres Kindes ruhig. Sie fragte nur, was der Angeklagte da mache und wo ihr Sohn sei. Der Angeklagte schlug ihr mit der flachen Hand gegen den Kopf und sagte: „Warum machst Du all das?“, worauf sie weinte. Er holte aus der angrenzenden offenen Küche ein Messer mit einer circa 10 cm langen Klinge, ging wiederzu E. , packte mit einer Hand ihre Haare, zog ihren Kopf in den Nacken und stach mit dem Messer zweimal in ihre linke Halsseite. Die Messerstiche durchtrennten die Halsschlagader. Die Frau starb binnen weniger Minuten durch Verbluten. Abwehrverletzungen fanden sich bei ihr nicht.
4
2. Das Landgericht hat das Mordmerkmal der Heimtücke angenommen. Die Zeit zwischen dem Betreten der Wohnung durch den Angeklagten und dem Zustechen habe nur wenige Augenblicke gedauert. Aufgrund des Überraschungseffekts des Eindringens in die Wohnung, der fortwirkenden Bedrohung mit der vermeintlich geladenen Schusswaffe und der ebenso fortwirkenden Bedrohungslage des Sohnes habe die zunächst auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit der Geschädigten bis zum Zustechen dergestalt fortgedauert, dass sie daran gehindert gewesen sei, wirksame Abwehrmaßnahmen zu ergreifen (UA S. 8).
5
3. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat das Merkmal der Heimtücke zu Recht bejaht.
6
a) Die Feststellungen belegen allerdings nicht, dass die Geschädigte im grundsätzlich maßgebenden Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs arglos war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 – 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382, 384; vom 9. Januar 1991 – 3 StR 205/90, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13, jeweils mwN; Beschluss vom 19. Juni 2008 – 1StR 217/08, NStZ 2009, 29; Urteil vom 16. Februar 2016 – 5 StR 465/15, NStZ 2016, 405; MüKo-StGB/Schneider, 3. Aufl., § 211 Rn. 170). Es lag angesichts des zuvor bereits äußerst bedrohlichen Verhaltens des Angeklagten und ihrer Reaktion hierauf auch nicht nahe, dass sie sich keines erheblichen Angriffs (zumindest) gegen ihre körperliche Unversehrtheit versah (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1991 – 3 StR 205/90, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13 mwN), als der mit dem Messer bewaffnete Angeklagte auf sie zutrat und zur Tat ansetzte.
7
b) Bei einer von langer Hand geplanten und vorbereiteten Tat kann das Heimtückische nach ständiger Rechtsprechung jedoch gerade in den Vorkehrungen liegen, die der Täter ergreift, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, falls sie bei der Ausführung der Tat noch fortwirken. Das hat der Bundesgerichtshof für Fälle eines wohldurchdachten Lockens in einen Hinterhalt und des raffinierten Stellens einer Falle entschieden (vgl. BGH, Urteile vom 17. Januar 1968 – 2 StR 523/67, BGHSt 22, 77, 79 f.; vom 4. Juli 1984 – 3 StR199/84, BGHSt 32, 382, 385 f.; vom 9. Januar 1991 – 3 StR 205/90, NJW 1991, 1963, 1964; MüKo-StGB/Schneider aaO Rn. 172 mwN). Auch wenn der Täter seinem ahnungslosen Opfer in dessen Wohnung auflauert, um an dieses heranzukommen, ist nicht entscheidend, ob und wann das Opfer die Gefahr erkennt (vgl. BGH Urteil vom 12. Februar 2009 – 4 StR 529/08, NStZ 2009, 264, Beschluss vom 7. April 1989 – 3 StR 83/89, NStZ 1989, 364 mwN). Es würde unter solchen Vorzeichen zu einer ungerechtfertigten Einengung des Anwendungsbereichs des § 211 StGB führen, die rechtliche Würdigung, ob heimtückische Tatbegehung vorliegt, auf die Umstände im Augenblick der ei- gentlichen Tötungshandlung zu beschränken (vgl. BGH, Beschluss vom 7. April 1989 – 3 StR 83/89, aaO; LK-Jähnke, 11. Aufl., § 211 Rn. 41 mwN).
8
Entsprechend liegt der Fall hier. Der Angeklagte hatte sich aufgrund eines detaillierten Tatplans bereits mit unbedingtem Tötungsvorsatz die Möglichkeit geschaffen, in den Schutzbereich der später Getöteten einzudringen und sie so in seine Gewalt zu bringen. Dafür hatte er sich ihres Sohns bemächtigt und ihm den Wohnungsschlüssel abgenommen. Mit dem überraschenden Eindringen in die Wohnung der ahnungslosen Frau entzog er ihr von vornherein alle realistischen und zumutbaren Abwehrchancen. Er ließ ihr zum einen keine Möglichkeit, ihm den Zutritt zu verwehren, und schuf zum anderen eine Situation , in der sie ihm – zumal angesichts der Bemächtigungslage ihres Sohnes und der eigenen Bedrohung mit einer vermeintlichen Schusswaffe – wehrlos ausgeliefert war. Indem er ihr zur Verdeckung seiner Tötungsabsicht vorspiegelte, sie werde bei ruhigem Verhalten ihren Sohn lebend wiedersehen, machte er darüber hinaus eine Gegenwehr, Flucht oder auch nur Hilferufe von vornherein unmöglich. Tatsächlich wehrte sich das Opfer gegen die Tat auch nicht. Damit wirkte das Tückische seines Vorgehens vom Zeitpunkt des Eindringens in die Wohnung im Rahmen eines in kurzer Zeit ablaufenden Geschehens bis zur eigentlichen Tötungshandlung fort.
Mutzbauer Schneider König Mosbacher Köhler

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18 zitiert 4 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2009 - 4 StR 529/08

bei uns veröffentlicht am 12.02.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 529/08 vom 12. Februar 2009 in der Strafsache gegen wegen Mordes Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Februar 2009, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2016 - 5 StR 465/15

bei uns veröffentlicht am 16.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 465/15 vom 16. Februar 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2016:160216U5STR465.15.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2018 - 5 StR 107/18

bei uns veröffentlicht am 13.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 107/18 vom 13. September 2018 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:130918U5STR107.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Sept

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 465/15
vom
16. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:160216U5STR465.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Februar 2016, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Schneider, als Vorsitzende,
Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt K. als Verteidiger des Angeklagten I. G. ,
Rechtsanwalt F. als Verteidiger des Angeklagten P. G. ,
Rechtsanwalt B. als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 19. Mai 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen –

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten I. G. unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten P. G. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft. Sie beanstanden die Verletzung materiellen Rechts mit dem Ziel einer Verurteilung wegen versuchten Heimtückemordes. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen trafen sich die als Cousins miteinander verwandten Angeklagten mit dem Nebenkläger abends in dessen Wohnung. Sie kannten den Nebenkläger seit etwa einem halben Jahr und hatten sich bereits wiederholt bei ihm aufgehalten. Aus Sicht des Nebenklägers bestand insbesondere zum Angeklagten I. G. ein freundschaftliches Verhältnis.
3
Als nach bis dahin friedlich verlaufenem Zusammensein zu späterer Stunde der Nebenkläger bäuchlings mit entblößtem Oberkörper auf seinem Bett lag, legte sich unvermittelt der Angeklagte I. G. auf ihn. Er hielt dem völlig überraschten Nebenkläger eine Luftdruckpistole an den Kopf und gab eine Vielzahl von Schüssen ab. Insgesamt sieben Schüsse trafen den Kopf, drei Schüsse den Hals und vier Schüsse den Unterarm des Nebenklägers. Ein Motiv für den Angriff konnte das Landgericht nicht feststellen.
4
Im weiteren Verlauf beteiligte sich der Angeklagte P. G. an den Gewalttätigkeiten. Er schlug dem sich wehrenden Nebenkläger ein in der Wohnung vorgefundenes zehn Zentimeter langes, über ein Kilogramm schweres scharfkantiges „Hammerwerk“ aus massivem Metall aufden Kopf. Da der Nebenkläger gleichwohl seine Gegenwehr fortsetzte, forderte der Angeklagte I. G. seinen Cousin auf, nochmals zuzuschlagen. Daraufhin versetzte dieser dem Nebenkläger einen weiteren Schlag mit dem „Hammerwerk“ auf den Kopf. Während der Nebenkläger sich trotzdem fortdauernd wehrte und er den Angeklagten I. G. würgte, um ihn von sich wegzudrücken, holte der Angeklagte P. G. zwei Messer aus der Küche. Als der Nebenkläger aus der Wohnung flüchten wollte, stach ihm der Angeklagte P. G. mit einem der Küchenmesser (Klingenlänge 12 cm) in den Rücken. Gleichwohl konnte sich der Nebenkläger bei einem Nachbarn in Sicherheit bringen.
Die Angeklagten handelten aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlus5 ses und nahmen zumindest billigend in Kauf, den Geschädigten zu töten. Das
Landgericht geht dabei davon aus, dass bereits die – überwiegend auf Kopf und Hals des Nebenklägers gerichteten – Schüsse des Angeklagten I. G. mit Tötungsvorsatz erfolgten (UA S. 19) und von dem Willen des Angeklagten P. G. mitgetragen waren (UA S. 20). Als wesentliches Indiz für den Tötungsvorsatz der Angeklagten sieht es die Verwendung von drei verschiedenen Waffen oder gefährlichen Werkzeugen an. Zumindest in der Gesamtschau der Handlungen der beiden Angeklagten sei eine objektive Lebensgefährlichkeit der Tathandlungen gegeben gewesen, deren Umstände den Angeklagten auch bekannt gewesen seien (UA S. 18 f.). Tatsächlich bestand bei dem Geschädigten keine akute Lebensgefahr.
6
Die Jugendkammer hat das Mordmerkmal der Heimtücke verneint. Zwar habe der Geschädigte zu Beginn der Tatausführungshandlungen nicht mit Angriffen auf seine körperliche Unversehrtheit gerechnet. Es habe aber nicht festgestellt werden können, dass er infolge seiner Arglosigkeit wehrlos gewesen sei. Der Nebenkläger habe sich befreien und aus seiner Wohnung fliehen können und sich damit nicht in einer Situation befunden, in der ihm eine Gegenwehr nicht möglich gewesen wäre.
7
2. Die Begründung, mit der das Landgericht eine Verurteilung wegen versuchten Heimtückemordes abgelehnt hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und
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Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Le- ben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Das Opfer muss gerade auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 – 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382, 383 f.; vom 9. Januar 1991 – 3 StR 205/90, NJW 1991, 1963; vom 29. April 2009 – 2 StR 470/08, NStZ 2009, 569). Kann das Opfer in diesem Moment dem Täter nichts Wirkungsvolles entgegensetzen, ist von dessen Wehrlosigkeit selbst dann auszugehen, wenn es im weiteren Verlauf des Kampfgeschehens Abwehrmaßnahmen zu entfalten vermag (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober2005 – 1 StR 250/05, NStZ 2006, 96;MüKo-StGB/Schneider, 2. Aufl., § 211 Rn. 174 mwN). Beim versuchten Delikt ist zu prüfen, ob der Täter die genannten Kriterien des Heimtückemerkmals in seinen Vorsatz aufgenommen hat.
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b) Diesen rechtlich relevanten Anknüpfungspunkt hat die Jugendkammer verkannt, indem sie allein die objektive Lage des Tatopfers bei der Tatausführung betrachtet hat. Da ein versuchtes Tötungsdelikt nach §§ 211, 22, 23 StGB zu prüfen ist, hätte es bezüglich des Tatentschlusses der Angeklagten darauf abstellen müssen, ob die Angeklagten bei Eintritt des Tötungsdelikts in das Versuchsstadium davon ausgingen, gegen ein arglosigkeitsbedingt wehrloses Opfer vorzugehen. Zu diesem Aspekt des ohnehin nur sehr knapp erörterten gemeinsamen Tatentschlusses ist dem angefochtenen Urteil jedoch nichts zu entnehmen.
Darüber hinaus hat das Landgericht für die Frage einer objektiv beste10 henden arglosigkeitsbedingten Wehrlosigkeit einen falschen rechtlichen Maßstab angelegt, indem es darauf abgestellt hat, dass der Nebenkläger im weiteren Verlauf der Tat noch zu Gegenwehr imstande war. Denn nach den Feststel-
lungen (UA S. 19) handelten die Angeklagten bereits bei Abgabe der Schüsse auf den zu diesem Zeitpunkt im Rechtssinn arg- und wehrlosen Nebenkläger mit bedingtem Tötungsvorsatz.
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3. Rechtsfehler, die sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben , enthält das angefochtene Urteil nicht (§ 301 StPO).
12
Zwar begegnen die Feststellungen Bedenken, dass die Schüsse des Angeklagten I. G. auf den Nebenkläger von dem Willen des Angeklagten P. G. mitgetragen waren (UA S. 20) und in diesem Zeitpunkt bei beiden bereits Tötungsvorsatz bestand. Insoweit leidet das Urteil nämlich unter einem Erörterungsmangel. Denn das Landgericht hat sich nicht mit der naheliegenden Möglichkeit auseinandergesetzt, dass ein zunächst von I. G. allein – aus nicht feststellbaren Gründen – begonnenes Verletzungsgeschehen aufgrund spontanen Eingreifens von P. G. gleichsam „ausdem Ruder gelaufen“ sein könnte. P. G. hat in seiner polizeilichen Vernehmung eine „Hilfeleistung“ fürseinen durch die Gegenwehr des Geschädigten in Bedrängnis geratenen Cousin geschildert. Mit dieser Darstellung hat sich das Landgericht nicht beweiswürdigend auseinandergesetzt. Zur Kampfsituation im Zeitpunkt des Eingreifens von P. G. verhält sich das Urteil nicht. Gegen einen bereits im Zeitpunkt der Schüsse – zumindest bei P. G. – beste- henden Tötungsvorsatz kann auch sprechen, dass er das eingesetzte Werkzeug und das Messer am Tatort vorgefunden und spontan ergriffen hat. Dieser Umstand hätte darüber hinaus auch im Hinblick darauf erörtert werden müssen, inwieweit ein solches Verhalten seines Cousins im Zeitpunkt der Abgabe der Schüsse für I. G. vorhersehbar war und vorhergesehen wurde.
Diese Erörterungsmängel haben sich in dem angefochtenen Urteil indes
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nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt. Denn die von der Kammer angestellten Hilfserwägungen zum Tötungsvorsatz, dass nämlich „zumindest in der Gesamtschau der Handlungen der beiden Angeklagten eine objektive Lebensgefährlichkeit der Tathandlungen gegeben“ sei (UA S. 18) und dass ein gemeinsamer Tatentschluss spätestens ab dem Zeitpunkt bestanden habe, in dem sich P. G. aktiv den Gewalthandlungen seines Cousins anschloss (UA S. 20), tragen den – bisherigen – Schuldspruch wegen versuchten Totschlags.
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Sollte das neue Tatgericht ebenfalls zur Annahme von Tötungsvorsatz bei beiden Angeklagten gelangen, so wird es allerdings den Zeitpunkt seines Entstehens unter Erörterung der oben genannten Umstände klar festzulegen haben, um darauf aufbauend die Frage eines heimtückischen Handelns in dem festgestellten Zeitpunkt zu beantworten.
Schneider König Berger
Bellay Feilcke

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 529/08
vom
12. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Februar
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Nebenkläger-Vertreterin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 2. Juli 2008 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen zum Ausnutzungsbewusstsein hinsichtlich der Heimtücke aufgehoben ; die übrigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Mit der Sachrüge beanstandet sie, dass der Angeklagte nicht wegen Mordes verurteilt ist.

I.


3
Der Angeklagte und Andrea Sch. - das spätere Tatopfer - hatten seit 1987 eine von Anfang an konfliktbeladene Beziehung unterhalten, in deren Verlauf es mehrfach zu Trennungen und anschließenden Versöhnungen kam. Ihre im April 2004 geschlossene Ehe wurde im April 2007 geschieden. Am Tattage, dem 3. Oktober 2007, machte der Angeklagte, dem zugetragen worden war, dass sich Andrea Sch. mit einem verheirateten Mann in einem Lokal aufgehalten und mit diesem getrunken habe, ihr Vorhaltungen, weil sie mit jenem Mann "fremdgegangen“ sei. Im weiteren Verlauf des Tages kam es zwischen dem Angeklagten und Andrea Sch. zu zahlreichen telefonischen Kontakten. Gegen 20.15 Uhr rief der Angeklagte Andrea Sch. , die sich zu diesem Zeitpunkt außerhalb ihrer Wohnung aufhielt, ein weiteres Mal an und erklärte, sie und ihre Freundin könnten sich "auf ein Schlachtfest vorbereiten" und sich "gegenseitig zugucken". Andrea Sch. wusste mit dieser Äußerung des Angeklagten , der mehrfach ohne realistischen Hintergrund verbal ausfällig geworden war, nichts anzufangen. Gegen 21.00 Uhr kehrte sie in Begleitung der Zeugin K. in ihre Wohnung zurück. Im Arbeitszimmer nahmen beide am PC Platz und suchten das Internetportal "Gesichterparty" auf. Der alkoholgewohnte, mitelgradig alkoholisierte Angeklagte hatte sich zuvor Zugang zu der Wohnung verschafft und sich hinter einer Couch versteckt. Das Landgericht hat zum weiteren Geschehen folgendes festgestellt: "Andrea Sch. und die Zeugin K. bemerkten den in der Tür stehenden Angeklagten erst, als dieser mit erhobener Stimme und in bösem Ton sinngemäß äußerte 'Ach, Gesichterparty ist dir wichtiger!'. Zwischen dem Angeklagten, der um den in der Mitte des Raumes stehenden Schreibtisch herum auf Andrea Sch. zuging, und Andrea Sch. gab es einen kurzen Wortwechsel. Der Angeklagte drückte dann mit der linken Hand Andrea Sch. nach hinten, so dass sie in der Ecke des Raumes stand. Er stach sodann mit dem von ihm mitgeführten Klappmesser mit einer Klingenlänge von etwa 7,5 cm vielfach auf Andrea Sch. ein, und zwar insbesondere in deren Hals- und Brustbereich, um sie zu töten, und äußerte dabei 'Das hast du davon!' ".
4
Danach deutete er mit dem Messer auf die Zeugin K. und fragte: "Willst du auch?". Dann äußerte er, er wolle gemeinsam mit Andrea Sch. sterben und rammte sich zweimal das Messer mit Kraft in den Oberkörper und brach am Tatort zusammen. Andrea Sch. erlag den ihr zugefügten Stichverletzungen.

II.


5
Revision des Angeklagten
6
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dies gilt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 28. Oktober 2008 ausgeführten Gründen , auf die insoweit Bezug genommen wird, insbesondere auch für die von der Revision angegriffene Verneinung der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB. Auch die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint. Zwar kann die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB grundsätzlich nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf aber nicht ausschließlich zur Besserung des Täters , also ohne gleichzeitige günstige Auswirkungen auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit im Sinne einer Verminderung der vom alkoholabhängigen Täter ausgehenden Gefährlichkeit erfolgen. Vielmehr ist erforderlich, dass bei erfolgreichem Verlauf der Behandlung jedenfalls das Ausmaß der Gefährlichkeit des Täters nach Frequenz und krimineller Intensität der von ihm zu befürchtenden Straftaten deutlich herabgesetzt wird (vgl. Senat NStZ 2003, 86 m.w.N.). Davon hat sich das auch insoweit sachverständig beratene Landgericht, wie sich den Urteilsausführungen noch hinreichend entnehmen lässt, jedoch nicht zu überzeugen vermocht.

III.


7
Revision der Staatsanwaltschaft
8
Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die vom Generalbundesanwalt nur insoweit vertretene Revision hat jedoch mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie sich gegen die Verneinung des Mordmerkmals „Heimtücke“ wendet.
9
1. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht das Mordmerkmal „niedrige Beweggründe“ rechtsfehlerfrei abgelehnt. Beim Vorliegen eines Motivbündels beruht die vorsätzliche Tötung nur dann auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv oder die vorherrschenden Motive, welche der Tat ihr Gepräge geben, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und besonders verwerflich sind (BGH NStZ-RR 2007, 111 m.w.N.).
10
Ein solcher Fall ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht gegeben. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass Eifersucht eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt hat. Dass es diese Motivation nicht als tatbeherrschend angesehen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Tatopfer war nach den Feststellungen von einem ständigen "Hin und Her" geprägt. Es kam zwischen ihnen häufig zu Streitigkeiten , wobei auch massive Beschimpfungen und Beleidigungen nicht untypisch waren. Der Angeklagte befand sich bei Begehung der Tat in einer – jedenfalls von ihm subjektiv so empfundenen – psychisch erheblich belastenden Situation. Vor diesem Hintergrund hält es sich im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, dass das Landgericht die für den Angeklagten bestimmenden Motive in ihrer Gesamtheit nicht als niedrig im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gewertet hat.
11
2. Die Staatsanwaltschaft beanstandet jedoch die Verneinung des Mordmerkmals "Heimtücke" zu Recht.
12
a) Nach den Feststellungen war Andrea Sch. , was das Landgericht nicht verkannt hat, bei Beginn des tödlichen Angriffs des Angeklagten arglos und infolgedessen wehrlos. Sie versah sich, als sie in ihre Wohnung zurückgekehrt war, trotz der telefonischen Äußerung des Angeklagten, sie und ihre Freundin könnten sich "auf ein Schlachtfest vorbereiten", keines Angriffs. Der Angeklagte hatte keinen Schlüssel zu der Wohnung und hatte auch nicht etwa angekündigt, er werde sich Zugang zur Wohnung verschaffen. Lauert der Täter – wie hier – seinem ahnungslosen Opfer auf, um an dieses heranzukommen, kommt es nicht darauf an, ob und wann es die von dem ihm gegenüber tretenden Täter ausgehende Gefahr erkennt (vgl. BGH NStZ 1984, 261; NStZ-RR 1996, 98).
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b) Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit genügt es, dass der Täter diese in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH NStZ 2003, 535). Die Erwägungen mit denen das Landgericht diese Voraussetzungen verneint hat, entbehren einer tragfähigen Grundlage.
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Die Ankündigung des Angeklagten, das Tatopfer und dessen Freundin könnten sich "auf ein Schlachtfest" vorbereiten, spricht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gegen das Ausnutzungsbewusstsein des Angeklagten. Der Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH NStZ 2007, 268), auf die das Landgericht ersichtlich abgestellt hat, lag eine andersartige Fallgestaltung zugrunde. Der Täter war dem Opfer kurz nach der telefonischen Ankündigung: "Ich komme jetzt zu dir ins Restaurant und mache dich platt" - wenn auch mit verdeckter Waffe – entgegengetreten. Kann sich das spätere Opfer auf eine in Kürze zu erwartende Konfrontation einstellen, liegt es fern, dass der Täter das Ausnutzungsbewusstsein hat. So liegt es hier jedoch nicht. Der Angeklagte war vielmehr heimlich in die Wohnung des Tatopfers eingedrungen und hatte sich dort hinter einer Couch versteckt. Es liegt nahe, dass er dies tat, um das Tatopfer zu überraschen, denn er konnte, weil er nicht mehr über einen Schlüssel zu der Wohnung verfügte, davon ausgehen, dass das Tatopfer nicht damit rechnete, dass er sich in der Wohnung aufhielt. Dafür, dass sich der Angeklagte der Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst war, spricht zudem, dass er erst einige Zeit nach dem Eintreffen des Tatopfers in der Tür zum Arbeitszimmer auftauchte und sofort zum Angriff überging.
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Soweit das Landgericht ausgeführt hat, auch die Alkoholisierung des Angeklagten spreche gegen die Annahme des erforderlichen Ausnutzungsbewusstseins , fehlt dafür jedwede Begründung. Dass der Angeklagte alkoholbedingt die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers nicht in sein Bewusstsein aufgenommen haben könnte, versteht sich im Hinblick auf die Ausführungen zur uneingeschränkten Schuldfähigkeit nicht von selbst.
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c) Die danach rechtsfehlerhafte Verneinung des Mordmerkmals „Heimtücke“ führt zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen zum Ausnutzungsbewusstsein hinsichtlich der Heimtücke. Die übrigen Feststellungen sind jedoch rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bestehen gebliebenen nicht widersprechen, sind zulässig.
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Mutzbauer

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.