Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 5 StR 78/16

bei uns veröffentlicht am16.03.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 78/16
vom
16. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2016:160316B5STR78.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2016 beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. September 2015, soweit es sie betrifft , im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung sowie über die Kosten des Rechtsmittels nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Aufhebung des Gesamtstrafenbeschlusses des Amtsgerichts Tiergarten vom 14. April 2015 und unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung der Angeklagten nach § 64 StGB angeordnet. Die hiergegen gerichtete , auf die Sachrüge gestützte und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Angeklagten hat in Bezug auf die Gesamtstrafenbildung Erfolg.
2
Die Gesamtfreiheitsstrafe kann nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat nach Auflösung des Gesamtstrafenbeschlusses des Amtsgerichts Tiergarten nicht auch die drei Einzelgeldstrafen von jeweils 40 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 17. Dezember 2014 (Tatzeiten: 10. und 22. Juli sowie 2. August 2014) in die hier zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen. Dies war rechtsfehlerhaft, da die aus diesen Einzelgeldstrafen gebildete Gesamtstrafe noch nicht vollstreckt war. Die drei der Verurteilung vom 17. Dezember 2014 zugrunde liegenden Taten sind – wie die hier abgeurteilten vier Betäubungsmittelstraftaten – sämtlich auch vor der früheren Verurteilung durch das Amtsgericht Tiergarten vom 17. November 2014 begangen worden. Diese frühere Verurteilung bildete mithin keine einer Gesamtstrafenbildung entgegenstehende Zäsur.
3
Über die Bildung der Gesamtstrafe muss deshalb neu entschieden werden. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht. Er weist vorsorglich darauf hin, dass für die Frage der Erledigung der einzubeziehenden Strafen der Zeitpunkt des angefochtenen tatgerichtlichen Urteils maßgebend bleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. August 2001 – 5 StR 291/01, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 2; vom 13. November 2007 – 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72; vom 31. Januar 2012 – 3 StR 428/11).
Sander Schneider Dölp
Berger Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 5 StR 78/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 5 StR 78/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 5 StR 78/16 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafprozeßordnung - StPO | § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde


(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Strafprozeßordnung - StPO | § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung


Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 5 StR 78/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

5 StR 291/01
(alt: 5 StR 471/00)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2001

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 25. Januar 2001 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, daß die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hainichen vom 13. Januar 2000 – 14 Cs 630 Js 28138/99 – in die Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

G r ü n d e Wegen sexuellen Mißbrauchs seiner Stieftochter (nach § 176 und/oder § 174 StGB) in insgesamt 183 Fällen hatte das Landgericht gegen den Angeklagten zwei Gesamtfreiheitsstrafen (vier Jahre und neun Monate sowie drei Jahre) verhängt. Der Senat hat das Urteil in den Gesamtstrafaussprüchen aufgehoben, weil das Landgericht zu Unrecht einer erledigten Geldstrafe Zäsurwirkung zuerkannt hatte (Beschluß vom 14. Dezember 2000 – 5 StR 471/00 –). Wie vom Senat für geboten erachtet, hat das Landgericht nunmehr die in Rechtskraft erwachsenen Einzelstrafen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zurückgeführt, die es auf sieben Jahre festgesetzt hat.
1. Die gegen dieses Urteil vorgebrachten verfahrensrechtlichen und sachlichrechtlichen Einwände der Revision greifen nicht durch. Dies gilt ins- besondere für sämtliche Angriffe auf den rechtskräftigen Schuldspruch, der nach Teilverwerfung der ersten Revision im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zur Überprüfung steht. Eine Benachteiligung des Angeklagten durch den während des Revisionsverfahrens erfolgten, von ihm gewünschten Pflichtverteidigerwechsel ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat der bisherige Pflichtverteidiger zum begrenzten Gegenstand dieses Revisionsverfahrens eine eingehende Revisionsbegründung vorgelegt.
2. Der Revision ist auf die Sachrüge ein geringfügiger Teilerfolg zum Gesamtstrafausspruch nicht zu versagen. Das Landgericht hätte die im ersten Urteil in die zweite Gesamtstrafe einbezogene Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 10 DM aus dem nach Ende der Tatserie ergangenen Urteil des Amtsgerichts Hainichen erneut in die Gesamtstrafe einbeziehen müssen , wenngleich die Geldstrafe mittlerweile vollstreckt ist. Grundsätzlich hat nach Aufhebung einer Gesamtstrafe in der erneuten Verhandlung die Gesamt -strafbildung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung zu erfolgen. Dies gilt nicht nur in dem speziellen Fall, in dem die Urteilsaufhebung gerade wegen fehlerhaft unterbliebener nachträglicher Gesamtstrafbildung erfolgt ist (BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 – Erledigung 1). Vielmehr ist so regelmäßig auch in anderen Fällen der Gesamtstrafaufhebung zu verfahren, damit einem Revisionsführer ein erlangter Rechtsvorteil durch nachträgliche Gesamtstrafbildung nicht durch sein Rechtsmittel genommen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 1999 – 4 StR 200/99 – und vom 18. Januar 2000 – 4 StR 633/99 –). Auf gesonderte Verhängung der Geldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB – die prinzipiell möglich, nach Einbeziehung im ersten Urteil jedoch fernliegend war – hat der Tatrichter nicht erkannt; vielmehr hat er die Einbeziehungsmöglichkeit gar nicht erwogen. Zudem hat er die frühere Einbeziehung bei Bestimmung der aus § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO folgenden Obergrenze für die neue einheitliche Gesamtstrafe nicht berücksichtigt.
Der Senat holt zur Korrektur des Rechtsfehlers die Einbeziehung der vollstreckten Geldstrafe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO nach: Sie wird in die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren mit der Folge ihrer Anrechnung nach § 51 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 StGB einbezogen. Dieser geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels rechtfertigt keine Kostenteilung nach § 473 Abs. 4 StPO.
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(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 428/11
vom
31. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
31. Januar 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 22. August 2011, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen und mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung sowie über die Kosten des Rechtsmittels nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Aufhebung des Gesamtstrafenbeschlusses des Amtsgerichts Kleve vom 22. Juni 2011 und unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Kleve vom 17. März 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten bleibt in Bezug auf den Schuldspruch, die Einzelstrafen und die Maßregelanordnung ohne Erfolg.
2
Die Gesamtfreiheitsstrafe kann hingegen nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat nach Auflösung des Gesamtstrafenbeschlusses des Amtsgerichts Kleve nicht auch die Freiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Geldern vom 31. März 2011 in die hier zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen. Dies wäre nur rechtsfehlerfrei, wenn - was nicht der Fall ist - die Strafe bereits vollstreckt worden wäre oder wenn die der Verurteilung zugrundeliegende Tat vor einer der früheren, in diesem Fall eine Zäsur bildenden Verurteilungen des Angeklagten begangen worden wäre. Dies ist indes nicht sicher festgestellt, denn allem Anschein nach handelt es sich bei dem in den Urteilsgründen genannten Tattag, dem 13. Oktober 2000, um einen Schreibfehler. Der Ladendiebstahl wäre mit großer Wahrscheinlichkeit schon absolut verjährt gewesen (§ 242 Abs. 1, § 78 Abs. 3 Nr. 4, § 78c Abs. 3 StGB).
3
Über die Bildung der Gesamtstrafe muss deshalb neu entschieden werden. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht.
4
Für den Fall, dass sich am Vollstreckungsstand der Strafen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Kleve bis zur erneuten Gesamtstrafenentscheidung etwas ändern sollte, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass für die Frage der Erledigung der dort einbezogenen Strafen der Zeitpunkt des ersten Urteils maßgebend bleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 1989 - 1 StR 213/89, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1; BGH, Beschluss vom 21. August 2001 - 5 StR 291/01, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 2; BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 415/07, NStZ-RR 2008, 72).
Becker Pfister Hubert Mayer Menges