Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2019 - AK 36/19

bei uns veröffentlicht am25.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 36/19
vom
25. Juli 2019
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:250719BAK36.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 25. Juli 2019 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen :
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht München übertragen.

Gründe:


I.


1
Der Angeschuldigte wurde am 10. Januar 2019 festgenommen und befindet sich seit diesem Tag aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts München vom 2. August 2017 (ER II GS 7481/17) in Untersuchungshaft.
2
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe eine schwere staatsgefährdende Straftat, nämlich eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen, vorbereitet, indem er es unternommen habe, zum Zweck der Begehung einer solchen Tat aus der Bundesrepublik Deutschland auszurei- sen und sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Sprengoder Brandvorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat dienen, durchgeführt werden, sowie in zwei Fällen Beihilfe zu einer solchen Tat eines anderen geleistet (strafbar gemäß § 89a Abs. 2a i.V.m. Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1, § 53 Abs. 1 StGB).
3
Unter dem 29. Mai 2019 hat die Generalstaatsanwaltschaft München wegen der im Haftbefehl vorgeworfenen Taten - und darüber hinaus wegen weiterer Taten, unter anderem der Verabredung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (Hai'at Tahrir al-Sham, im Folgenden: HTS) - Anklage zum Oberlandesgericht München erhoben. Das Oberlandesgericht München hat die Akten auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München gemäß "§§ 121, 122 StPO" mit Beschluss vom 27. Juni 2019 (8 St 8/19) vorgelegt. Eine Entscheidung über die Zulassung der Anklage und Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht ergangen; gleiches gilt für den Antrag, den Haftbefehl an die Anklagevorwürfe anzupassen. Gegenstand der Haftprüfung durch den Senat ist daher nur der vorgelegte Haftbefehl (vgl. KK-Schultheis, StPO, 8. Aufl., § 121 Rn. 24 mwN).

II.


4
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
5
1. Der Angeschuldigte ist der ihm im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts München vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
6
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
7
Der Angeschuldigte konvertierte im Jahr 2010 zum Islam und ließ seine Vornamen von "R. , H. " zu "R. , M. " ändern. In der Folgezeit radikalisierte er sich im Sinne eines jihadistischen Salafismus und war seitdem Angehöriger der salafistischen Szene in A. . Er nahm in den Jahren 2014 und 2015 in einer Vielzahl von Fällen an Koranverteilungsaktionen im Rahmen des sog. LIES!-Projekts der im November 2016 verbotenen Vereinigung "Die Wahre Religion (DWR)" teil und unterstützte den mit der deutschen Salafistenszene eng verwobenen, von deutschen Verfassungsschutzbehörden als extremistisch eingestuften Verein An. zumindest durch Spenden. Eine im Rahmen des Vereinsverbotsverfahrens betreffend DWR beim Angeschuldigten durchgeführte Durchsuchung führte zur Sicherstellung von zwei Mobiltelefonen, auf denen sich zahlreiche Videos und Abhandlungen jihadistischen Inhalts fanden. Zudem fanden sich Belege dafür, dass der Angeschuldigte sich intensiv mit dem Krieg in Syrien, dort agierenden Vereinigungen, insbesondere der Junud al-Sham, sowie der Reise in diesen Krieg, der "Hirja", befasste.
8
Im Januar 2017 gründete der Angeschuldigte einen bis zum Juni 2017 betriebenen Telegram-Chat, an dem neben ihm und weiteren interessierten Personen auch die anderweitig Verfolgten Al. und Ah. Z. teilnahmen. Ziel des Angeschuldigten in diesem Chat war die Indoktrinierung der Teilnehmer mit jihadistisch-salafistischen Inhalten. Im Rahmen der Chat-Kommunikation organisierte der Angeschuldigte sog. Brüdertreffen, die mindestens jede zweite Woche in einer der Wohnungen der Mitglieder der Chat-Gruppe stattfanden und bei denen der Angeschuldigte als "Anführer" auftrat sowie Ratschläge zu ver- schiedenen religiösen Verhaltensregeln erteilte. Insbesondere hob er dabei hervor, dass die Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien auf Seiten einer jihadistischen Organisation gegen die syrischen Regierungstruppen die zentrale Verpflichtung aller Muslime sei. Dabei bestärkte er die gesondert Verfolgten Al. und Ah. Z. , die nicht ausschließbar bereits zu einer solchen Tatentschlossen waren, bewusst und gewollt in ihrem Entschluss, sich nach Syrien in das Kampfgebiet zu begeben und sich dort an Kampfhandlungen auf Seiten der HTS zu beteiligen. Bei dieser handelt es sich mutmaßlich um eine Nachfolgeorganisation der terroristischen Vereinigung Jabhat al-Nusra, die wiederum etwa ab Mitte des Jahres 2013 als Regionalorganisation der al-Qaida in Syrien fungierte.
9
Tatsächlich reisten der Angeschuldigte, der sich ebenfalls fest entschlossen hatte, sich an Kampfhandlungen gegen syrische Regierungstruppen zu beteiligen , und die beiden gesondert Verfolgten ab dem 2. Juni 2017 gemeinsam in einem Reisebus auf der Linie Mü. - I. aus der Bundesrepublik Deutschland aus und gelangten über Österreich und Griechenland in die Türkei. Dort wurden sie am 18. Juni 2017 beim Versuch, die türkisch-syrische Grenze zu überqueren, von türkischen Sicherheitskräften festgenommen und inhaftiert.
10
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich hinsichtlich der Radikalisierung des Angeschuldigten zunächst aus Auswertungen seiner am 15. März 2012 und im November 2016 sichergestellten Mobiltelefone sowie weiteren Datenträgern. Dabei wurden zahlreiche Videos und Abhandlungen jihadistischen Inhalts festgestellt ; zudem fanden sich Belege für die Teilnahme des Angeschuldigten an der Vereinigung al-Qaida nahestehenden Chatgruppen, deren Beiträge er an eigene Kommunikationspartner weiterleitete und dabei die Tötung von "Feinden des Islam" als legitim empfand und positiv beurteilte. Des Weiteren ergibt sich aus den Auswertungen seiner Mobiltelefone - auch desjenigen, das er bei seiner Festnahme am 10. Januar 2019 bei sich führte -, dass er jedenfalls ab dem Jahr 2017 mit der Jabhat al-Nusra und deren Nachfolgeorganisationen, insbesondere der HTS, sympathisierte.
11
Die Erkenntnisse zu dem vom Angeschuldigten gegründeten TelegramChat , der sog. Brüdergruppe, werden belegt durch die Auswertung des Chats und den dazu vorliegenden Chat-Protokollen, aus denen sich neben den Teilnehmern und der Versendung von jihadistisch-salafistischer Propaganda durch den Angeschuldigten auch die Organisation der "Brüdertreffen" ergibt. Dass sich in diesem Rahmen auch die gesondert Verfolgten Al. und Ah. Z. weiter radikalisierten und in ihrem Willen, sich am bewaffneten Jihad zu beteiligen, durch den Angeschuldigten bestärkt wurden, folgt zum einen aus den Aussagen mehrerer Zeugen. Aus diesen ergibt sich die Hinwendung Al. undAh. Z. zu einer salafistischen Ideologie, die die Zeugen in Zusammenhang mit einem deutschen Konvertiten namens R. gebracht haben - diesen Namen trägt der Angeschuldigte. Aus einer Zusammenschau mit der Auswertung weiterer gesicherter Chat-Nachrichten ergibt sich zum anderen die Beeinflussung durch den Angeschuldigten dahin, dass er die "Hirja", die Ausreise in den Jihad nach Syrien, propagierte und für erforderlich hielt.
12
Die gemeinsame Reise des Angeschuldigten und der beiden gesondert Verfolgten aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei ist anhand einer Vielzahl von Chat-Nachrichten, Zeugenaussagen, Auswertungen von Chatprotokollen und Urkunden - etwa der Fahrscheine und der Passagierliste des Reisebusses - belegt.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisgrundlage, die den dringenden Tatverdacht belegt, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insbesondere Bezug auf die ausführliche Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft München vom 29. Mai 2019.
14
2. a) In rechtlicher Hinsicht besteht danach zunächst der dringende Tatverdacht , dass sich der Angeschuldigte wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat strafbar gemacht hat, indem er es unternahm, zum Zweck der Begehung einer solchen Gewalttat aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, den weiteren in der Vorschrift aufgeführten Vorrichtungen oder Stoffen oder in sonstigen Fertigkeiten durchgeführt werden (§ 89a Abs. 2a i.V.m. § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB). Denn der Angeschuldigte reiste aus der Bundesrepublik aus, um sich in Syrien am bewaffneten Jihad zu beteiligen; in der in Aussicht genommenen Beteiligung an Kampfhandlungen, bei denen auch syrische Regierungssoldaten getötet werden sollten, liegt eine hinreichend konkretisierte schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne von § 89a Abs. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102, 105). In Syrien unterhielten im Tatzeitraum die dort kämpfenden Gruppierungen Ausbildungslager , in denen Unterweisungen im Sinne von § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB durchgeführt wurden. Die nach § 89a Abs. 2a StGB geforderte doppelte Absicht, sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen stattfinden, und dort an Kampfhandlungen teilzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102, 105), lag mithin bei dem Angeschuldigten vor.
15
b) Gleiches gilt für die beiden gesondert Verfolgten Al. und Ah. Z. . Indem der Angeschuldigte sie im Rahmen der "Brüdertreffen" in ihrem Entschluss bestärkte, ebenfalls zur Teilnahme an Kampfhandlungen nach Syrien zu reisen, leistete er - nicht ausschließbar in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen - diesen beiden psychische Beihilfe zu ihrem Verstoß gegen § 89a Abs. 2a StGB. Die Beihilfehandlungen des Angeschuldigten stehen zu seiner eigenen Tat nach § 89a Abs. 2a StGB in Tatmehrheit, § 53 Abs. 1 StGB.
16
Soweit das Amtsgericht in dem Haftbefehl eine Beihilfehandlung auch darin gesehen hat, dass der Angeschuldigte gemeinsam mit den beiden gesondert Verfolgten im selben Reisebus aus der Bundesrepublik Deutschland ausreiste , begegnet dies allerdings rechtlichen Bedenken. Denn es ist nicht ersichtlich , dass der Angeschuldigte durch Handlungen, die über das hinausgingen, was er selbst zur Begehung seiner eigenen Tat notwendigerweise tun musste, die Tatbestandsverwirklichung der beiden gesondert Verfolgten förderte.
17
c) Deutsches Strafrecht ist anwendbar; es handelt sich um Inlandstaten. Einer Ermächtigung im Sinne von § 89a Abs. 4 StGB bedarf es deshalb zur Verfolgung dieser Taten nicht.
18
d) Soweit in der Anklageschrift die weiteren Vorwürfe enthalten sind, der Angeschuldigte habe um Mitglieder und Unterstützer für eine ausländische terroristische Vereinigung geworben, weil er den Zeugen C. im Rahmen der "Brüdertreffen" und durch Übersendung von Telegram-Nachrichten zur Ausreise nach Syrien und zum Anschluss an die HTS habe bewegen wollen (strafbar gemäß § 129a Abs. 5 Satz 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB), und er habe mit einem anderen verabredet, sich an einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu beteiligen, indem er sich gegenüber dem gesondert Verfolgten K. bereit erklärt habe, sich der HTS anzuschließen (strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 30 Abs. 2 StGB), hat dies im vorliegenden Haftprüfungsverfahren außer Betracht zu bleiben, weil der Haftbefehl - entgegen dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München - bislang nicht auf diese Taten erweitert worden ist, die von dem bestehenden Haftbefehl auch nicht umfasst waren.
19
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen könnte es allerdings geboten sein, den vom Haftbefehl erfassten Sachverhalt betreffend die Beihilfe zu den Taten der gesondert Verfolgten Al. und Ah. Z. auch unter dem Gesichtspunkt der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland bzw. des Werbens um Mitglieder für eine terroristische Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB) zu prüfen, weil der Angeschuldigte auch die HTS durch die beabsichtigte Zuführung von Kämpfern unterstützt bzw. die gesondert Verfolgten - ähnlich wie den Zeugen C. - zum Anschluss an die HTS geworben haben könnte. Ob insoweit eine Strafbarkeit des Angeschuldigten in Betracht kommt, bedarf indes noch weiterer Aufklärung.
20
3. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO: Der Angeschuldigte hat im Fall seiner Verurteilung wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der Beihilfe dazu mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Deshalb steht nicht zu erwarten, dass er dem von dieser Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz widerstehen und sich den deutschen Strafverfolgungsbehörden freiwillig zur Verfügung stellen wird. Er ist zwar deutscher Staatsangehöriger, verfügt aber nach der Trennung von seiner Ehefrau und der Aufgabe seiner Arbeitsstelle nicht über hinreichende familiäre und soziale Bindungen; diese haben ihn ohnehin nicht von seiner Aus- reise nach Syrien zum Zweck der Beteiligung am Jihad - mutmaßlich auf Seiten der HTS - abgehalten. Er kehrte auch nicht freiwillig nach Deutschland zurück, sondern wurde aus der Haft in der Türkei abgeschoben. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Angeschuldigte, der weiter in der radikalen salafistischen Szene persönlich und ideologisch fest eingebunden ist und der salafistischen Ideologie weiter anhängt, auf Gleichgesinnte zurückgreifen kann, die ihn im Fluchtfall beim Untertauchen unterstützen werden, kann der Zweck der Untersuchungshaft auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO erreicht werden.
21
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass die Annahme des Haftgrundes der Flucht durch den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts München in seinem Haftbefehl rechtlichen Bedenken begegnet, weil der Angeschuldigte nicht in das Ausland gereist war, um sich der Strafverfolgung zu entziehen, sondern Zweck seiner Ausreise die Begehung von Straftaten im Ausland war, die sodann erst Grundlage seiner Strafverfolgung in Deutschland wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2019 - StB 5/19, NJW 2019, 2105, 2106).
22
4. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben; der Umfang der Ermittlungen und ihre Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft:
23
Nach der Festnahme des Angeschuldigten sind die Ermittlungen binnen viereinhalb Monaten abgeschlossen worden. Im Zuge dessen mussten mehrfach die Akten dem Generalbundesanwalt zur Prüfung der Übernahme vorgelegt werden, der die Sache zuletzt nach § 142a Abs. 2 Nr. 2 GVG an die Generalstaatsanwaltschaft München zurückgegeben hat. Zudem wurden - auch wenn das für die vom Haftbefehl erfassten Taten bislang ohne Bedeutungist - Verfolgungsermächtigungen betreffend Taten im Zusammenhang mit der HTS eingeholt. Die Anklageschrift ist unter dem 29. Mai 2019 gefertigt worden und am 5. Juni 2019 beim Oberlandesgericht München eingegangen. Die Zustellung der Anklageschrift an den Angeschuldigten und seinen Verteidiger wurde am 11. Juni 2019 angeordnet und eine Erklärungsfrist von vier Wochen bestimmt. Für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens soll Ende September/Anfang Oktober 2019 mit der Hauptverhandlung begonnen werden.
24
5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alledem noch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe. Insoweit geht der Senat davon aus, dass nunmehr alsbald über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die beantragte Erweiterung des Haftbefehls entschieden und die Hauptverhandlung sodann konzentriert und zügig geführt werden wird.
Schäfer Gericke Erbguth

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2019 - AK 36/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2019 - AK 36/19

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafprozeßordnung - StPO | § 112 Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe


(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßr

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2019 - AK 36/19 zitiert 15 §§.

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(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 326/16
vom
6. April 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
durch (versuchte) Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland.
BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
ECLI:DE:BGH:2017:060417B3STR326.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. April 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Mai 2016 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei tatmehrheitlichen Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf eine Verfahrensbeanstandung sowie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision , mit der er im Wesentlichen die Verfassungswidrigkeit von § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a StGB geltend macht. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte, ein in München lebender deutscher Staatsangehöriger, Anhänger einer extremistischislamischen Ideologie und unterhält Verbindungen zu Personen aus der salafistischen Szene, die die Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien gegen das Assad-Regime als zentrale Verpflichtung ansehen. Der Angeklagte selbst sieht den bewaffneten Jihad als legitimes Mittel zur Durchsetzung ultrakonservativer islamistischer Interessen und lehnt die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab.
3
Am 24. Juni 2015 flog er von München nach Ankara in der Türkei, um von dort weiter nach Syrien zu reisen. Nachdem ihm von türkischen Behörden der Grenzübertritt nach Syrien verwehrt worden war, kehrte er am 26. Juni 2015 zurück nach München. Am 10. Oktober 2015 wurde er am Flughafen München festgenommen, nachdem er bereits bei der Ausreisekontrolle vorstellig geworden war. Der Angeklagte beabsichtigte über Istanbul nach Adana zu fliegen, von wo er sich weiter nach Syrien begeben wollte. Er verfügte über ein "One-Way-Ticket" und führte neuwertige Outdoor-Bekleidung im Wert von meh- reren hundert Euro, zwei Mobiltelefone und 270 € in bar mit sich; bei den Klei- dungsstücken handelte es sich teilweise um solche, die auch von Soldaten in Wüstengebieten getragen werden.
4
In beiden Fällen hatte der Angeklagte die Absicht, in Syrien "im Namen des Jihad" an bewaffneten Kampfhandlungen teilzunehmen. Dazu wollte er sich zunächst im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen unterweisen lassen. Er war fest entschlossen, sich nach Abschluss der Ausbildung als Mitglied einer islamistischen Organisation - mutmaßlich der Jabhat al-Nusra bzw. einer mit dieser Vereinigung kooperierenden Gruppierung - an Kampfhandlungen in Syrien zu beteiligen. Ziel der genannten Gruppierungen ist es, den Staat Syrien in seiner jetzigen Form zu zerschlagen und einen sunnitischen islamischen Gottesstaat unter der Geltung der Scharia aufzubauen.
5
II. Auf der Grundlage dieser - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht wegen zweier Verstöße gegen § 89a Abs. 2a StGB, jeweils in Verbindung mit § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB, schuldig gesprochen.
6
Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat dadurch vorbereitet, dass er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer solchen Gewalttat oder der in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB genannten Handlungen (also um sich unterweisen zu lassen oder um andere Personen in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, den weiteren in der Vorschrift aufgeführten Vorrichtungen oder Stoffen oder in sonstigen Fertigkeiten zu unterweisen) aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem solche Unterweisungen durchgeführt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im Einzelnen :
7
1. Der Angeklagte hat es in beiden Fällen unternommen (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB), aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen. Im ersten Fall war die Ausreise vollendet; der Angeklagte hatte bereits die Türkei erreicht. Im zweiten Fall lag ein für das Unternehmensdelikt ausreichender Versuch vor, weil der Angeklagte schon bei der Ausreisekontrolle vorstellig geworden war. Das Versuchsstadium ist erreicht, wenn die Handlungen des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung , mithin das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland, einmünden sollen. Bei der Ausreise mittels eines Flugzeugs muss der Antritt des Fluges unmittelbar bevorstehen, was regelmäßig ab dem Einchecken und dem Passieren der nachfolgenden Kontrollen angenommen werden kann (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 89a Rn. 53 mwN).
8
2. Der Angeklagte reiste aus der Bundesrepublik aus bzw. versuchte dies, um sich nach Syrien zu begeben, mithin in einen Staat, in dem unterschiedliche Gruppierungen, die gegen die syrische Regierung, teils aber auch untereinander, kämpfen, Ausbildungslager unterhalten. In diesen werden Un- terweisungen der in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB genannten Art durchgeführt. Zweck der Ausreise war es zudem, sich in einem solchen Lager im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen ausbilden zu lassen, mithin Handlungen im Sinne von § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB zu begehen.
9
In subjektiver Hinsicht lag somit die von § 89a Abs. 2a StGB geforderte doppelte Absicht vor, die nach der Konzeption des Gesetzgebers den weiten Anwendungsbereich der Vorschrift beschränken und sicher stellen soll, dass lediglich Reisen in terroristischer Absicht unter Strafe gestellt werden (BT-Drucks. 18/4087, S. 8).
10
3. Die von dem Angeklagten erstrebte Ausbildung sollte wiederum der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne von § 89a Abs. 1 StGB dienen:
11
Die Fertigkeiten, die er durch die Ausbildung erlangen wollte, benötigte er, um sich im Anschluss daran - wie von ihm beabsichtigt - auf Seiten einer Organisation, die die syrische Regierung mit Waffengewalt bekämpft, um das bisherige System zu zerschlagen und einen sunnitischen islamischen Gottesstaat unter Geltung der Scharia zu errichten, an Kampfhandlungen zu beteiligen.
12
Eine solche Beteiligung an Kampfhandlungen in Syrien, jedenfalls wenn dabei - wie hier zumindest auch - Soldaten der Regierungstruppen getötet werden sollen, würde - wenn sie tatsächlich begangen würde - eine hinreichend konkretisierte Tat im Sinne von § 89a Abs. 1 StGB darstellen.
13
a) Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die geplante Tat bereits so weit konkretisiert ist, dass überprüft werden kann, ob sie die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel erfüllt. Es bedarf deshalb Feststellungen , denen sich entnehmen lässt, dass die ins Auge gefasste Tat neben den in § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführten Deliktstypen auch die dort genannten weiteren Voraussetzungen der Norm erfüllt. Weitergehende Anforderungen an die Konkretisierung der künftigen Tat - etwa mit Blick auf Tatort, Tatzeit und Tatopfer - ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck ; sie sind auch von Verfassungs wegen nicht zu fordern (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13 - BGHSt 59, 218, 237 f.).
14
b) Vorliegend fällt die von dem Angeklagten beabsichtigte Teilnahme an Kampfhandlungen, bei der Soldaten der Regierungstruppen getötet werden sollen, unter den Deliktstypus einer Straftat gegen das Leben in den Fällen der §§ 211, 212 StGB. Sie erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen der Staatschutzklausel , denn die in Aussicht genommene Tat des Angeklagten wäre bestimmt - Ziel der Kampfhandlungen sollte es gerade sein, das bestehende staatliche System zu zerschlagen - und geeignet, den Bestand oder - jedenfalls - die Sicherheit des syrischen Staates zu beeinträchtigen. Im Einzelnen:
15
aa) § 89a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2a StGB enthält keine Einschränkungen bezüglich des Tatorts, an dem nach der Vorstellung des Täters die schwere staatsgefährdende Gewalttat begangen werden soll. Es werden von der Bestimmung somit potentiell derartige Taten überall auf der Welt erfasst. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen Staatsform und der konkreten Ausgestaltung des Regierungshandelns in dem Land des ins Auge gefassten Tatorts (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36, 41 f.). Die Vorschrift ist daher auch dann anwendbar, wenn die vorbereitete Tat bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines diktatorischen oder sonst von einem Unrechtsregime regierten Staates zu beeinträchtigen. Dies gilt im Grundsatz sogar dann, wenn sich dieses Regime selbst verbrecherischer Methoden bedient, um seine Herrschaft durchzusetzen oder zu erhalten. Allgemein kann insoweit eine Grenze erst dort gezogen werden, wo die Bekämpfung des Unrechtsregimes nach völkervertrags- oder völkergewohnheitsrechtlichen Prinzipien gerechtfertigt wäre. Im Speziellen kommt darüber hinaus in Betracht, dass die besondere Situation in dem in Rede stehenden Staat Bedeutung für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36, 41 f.). Allgemeine strafrechtliche Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe, etwa bei (völker-)rechtswidrigem Vorgehen der Gegenseite im Zusammenhang mit Kampfhandlungen, können - wie in anderen Fällen der Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen auch - erst bei der Beurteilung eines versuchten oder vollendeten Delikts gegen das Leben oder die persönliche Freiheit (§§ 211, 212, 239a, 239b StGB) Bedeutung erlangen, nicht jedoch für das von § 89a StGB erfasste allgemeine Vorbereitungsstadium bewaffneter Auseinandersetzungen.
16
Aus diesen Grundsätzen ergibt sich ein weiter Anwendungsbereich des § 89a StGB auf Auslandssachverhalte, den der Gesetzgeber über das Erfordernis der Verfolgungsermächtigung für Vorbereitungshandlungen im Ausland (§ 89a Abs. 4 StGB) und mithin über politische Entscheidungen zu begrenzen gesucht hat (vgl. BT-Drucks. 16/11735, S. 14). Eines näheren Eingehens auf diese Bestimmung bedarf es in vorliegender Sache indes nicht; denn Taten nach § 89a Abs. 2a StGB sind Inlandstaten, sodass das Erfordernis einer Verfolgungsermächtigung in keiner denkbaren Konstellation besteht.
17
bb) Nach diesen Maßstäben sind die Handlungen des Angeklagten als rechtswidrige Vorbereitungen einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu bewerten.
18
(1) Die vom Angeklagten mit seiner Ausreise nach und seiner Waffenausbildung in Syrien bezweckte Teilnahme an Kämpfen gegen syrische Regierungstruppen und damit verbundenen Tötungen von Angehörigen dieser Streitkräfte ist nicht gerechtfertigt. Ein UN-Mandat für den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime in Syrien besteht nicht. Eine völkergewohnheitsrechtliche Überzeugung der Staatengemeinschaft, dass ein derartiges Regime angesichts seines eigenen Vorgehens gegen Teile der Bevölkerung Syriens und im Rahmen des dort herrschenden bewaffneten Konflikts, von bewaffneten, zu großen Teilen im Ausland rekrutierten paramilitärischen Gruppierungen mit kriegerischen Mitteln bekämpft werden darf, vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.
19
Der Angeklagte kann in rechtlicher Hinsicht auch nicht daraus etwas für sich Günstiges herleiten, dass die Regierung der Bundesrepublik Deutschland das Assad-Regime für sein Vorgehen in dem bewaffneten Konflikt in Syrien und insbesondere gegen die Zivilbevölkerung kritisiert (vgl. etwa BTDrucks. 18/1746) sowie selbst gemäßigte, gegen das Assad-Regime kämpfende Oppositionsgruppen unterstützt. Eine strafrechtlich relevante Rechtfertigung oder Entschuldigung seines Tuns ergibt sich daraus nicht. Nach der Konzeption des § 89a StGB kommt es für die Strafbarkeit des Täters nicht auf das Endziel seines Tuns an; insbesondere unterfallen der Norm die aufgelisteten Vorbereitungshandlungen einer schweren staatsgefährdenden Gewalthandlung unabhängig davon, welches Regime der Täter anstelle des von ihm bekämpften Staates errichtet sehen möchte. Auf Syrien übertragen bedeutet dies, dass nach den Gesetzesvorgaben nicht maßgebend ist, ob der Täter einen islamischen Gottesstaat nach den Regeln der Scharia oder ein anderes Staatsgebilde als Zielvorstellung verfolgt. Der Angeklagte wäre deshalb dem Grunde nach auch dann strafrechtlich zu verfolgen gewesen, wenn er sich nach seiner Ausreise nach und Ausbildung in Syrien einer gegen das Assad-Regime kämpfenden Oppositionsgruppe hätte anschließen wollen, die von der Bundesregierung unterstützt wurde oder wird.
20
(2) Das vom Angeklagten verfolgte Vorhaben ist auch nicht mit der Fallgestaltung vergleichbar, die der Senat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2015 (3 StR 218/15, BGHSt 61, 36) als nicht der Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB unterfallend angesehen hat, weil es nicht bestimmt und geeignet war die Sicherheit Syriens zu beeinträchtigen. In jenem Fall hatte sich die Angeklagte in Syrien zwar bei der - mutmaßlich auch vom Angeklagten präferierten - terroristischen Vereinigung Jabhat al-Nusra aufgehalten, sich dort aber allein deshalb einer Waffenausbildung unterzogen, um sich und ihre Familie bei einem befürchteten Angriff feindlicher anderer Gruppierungen, aber auch syrischer Regierungstruppen verteidigen zu können. Davon unterscheidet sich das Vorhaben des Angeklagten unter dem Aspekt der Sicherheit Syriens in entscheidender Weise. Er beabsichtigte aktive, offensive Kampfeinsätze gegen syrische Streitkräfte mit dem Ziel des Sturzes des Assad-Regimes, nicht dagegen ausschließlich eine defensive Verteidigung zum Schutz seiner eigenen Person und naher Angehöriger. Die demgegenüber rein defensive Zwecksetzung der Waffenausbildung durch die dortige Angeklagte war angesichts der Bürgerkriegssituation in Syrien bei der Auslegung der Staatschutzklausel von maßgeblichem Belang.
21
(3) Unter diesen Prämissen steht der Eignung der vom Angeklagten beabsichtigten Kampfeinsätze, jedenfalls die Sicherheit des syrischen Staates zu beeinträchtigen, nicht für sich entgegen, dass sich das Land bereits seit Jahren in einem Bürgerkrieg befindet, in welchem sich mehrere unterschiedliche Bürgerkriegsparteien in teilweise wechselnden Bündnissen bekämpfen und der weite Teile Syriens ergriffen hat.
22
(a) Nach der Rechtsprechung des Senats umfasst der Begriff der Sicherheit eines Staates dessen innere und äußere Sicherheit. Die innere Sicherheit ist der Zustand relativer Ungefährdetheit von dessen Bestand und Verfassung gegenüber gewaltsamen Aktionen innerstaatlicher Kräfte, wobei insoweit die Fähigkeit eines Staates im Zentrum steht, sich nach innen gegen Störungen zur Wehr zu setzen. Sie wird in der Regel beeinträchtigt sein, wenn die vorbereitete Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, nach den Umständen geeignet wäre, das innere Gefüge eines Staates zu beeinträchtigen, wofür allerdings nicht erforderlich ist, dass die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Es kann grundsätzlich ausreichen , wenn durch die Tat das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert wird, vor gewaltsamen Einwirkungen in ihrem Staat geschützt zu sein. Die erforderliche Eignung ist objektiv anhand der (gleichsam fiktiven) Umstände der vorbereiteten Tat festzustellen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36, 38 f.; vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218, 234 f. mwN).
23
(b) Durch die Beteiligung an Kampfhandlungen in Syrien, bei denen - wie hier nach der Vorstellung des Angeklagten - paramilitärische Organisationen mit dem Ziel, den Staat Syrien in seiner jetzigen Gestalt zu zerschlagen und eine andere Staatsform zu errichten, gegen die Regierungstruppen kämpfen, wird die innere Sicherheit des syrischen Staats beeinträchtigt.
24
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob angesichts der fortdauernden bewaffneten Auseinandersetzungen ein Vertrauen der Bevölkerung, vor Gewalteinwirkungen geschützt zu sein, überhaupt oder jedenfalls in einem Maße besteht , wie es in Staaten üblich ist, in denen kein Bürgerkrieg herrscht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, dass die Fähigkeit des syrischen Staates, sich gegen Störungen der inneren Sicherheit zur Wehr zu setzen, jedenfalls in Teilen der Kampfgebiete aufgrund des fortdauernden Bürgerkriegs bereits so eingeschränkt ist, dass sie durch die Teilnahme einzelner Kämpfer am Bürgerkrieg auf Seiten einer der beteiligten oppositionellen Gruppierungen nicht weiter spürbar beeinträchtigt würde. Im Gegenteil ist gerade das erhebliche Maß der Destabilisierung der Sicherheitslage, das in Syrien zu beobachten ist, ein Grund dafür, dass auch die Beteiligung Einzelner an - gegebenenfalls nur einzelnen - Kampfhandlungen ausreichen kann, die Fähigkeit des syrischen Staates , sich gegen solche Störungen aus seinem Inneren heraus zur Wehr zu setzen , empfindlich zu beeinträchtigen, weil am Ende einer Reihe von - weiteren - Destabilisierungen letztlich jederzeit der Zusammenbruch des staatlichen Systems stehen kann.
25
III. Sind nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 89a Abs. 2a StGB in Verbindung mit § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB jeweils erfüllt, kommt entgegen den Anträgen der Verteidigung auch nicht in Betracht, das Strafverfahren auszusetzen und ein Normenkontrollverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG einzuleiten. Denn es fehlt an den Voraussetzungen dieser Norm; der Senat hält die entscheidungserhebliche Vorschrift des § 89a Abs. 2a StGB in Verbindung mit § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht für verfassungswidrig.
26
Der Senat hat zu § 89a StGB in der Fassung des "Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten" vom 30. Juli 2009 bereits entschieden, dass die Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz in Einklang steht, insbesondere dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG genügt, einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck verfolgt und - jedenfalls bei der durch den Senat vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung - den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218, 221 ff.).
27
1. Mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot ergeben sich für die Vorschrift des § 89a Abs. 2a StGB keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. Gazeas, Schriftliche Stellungnahme für den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages vom 19. März 2015, S. 13). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung insoweit (BGH aaO, S. 221 ff.) ausdrücklich fest, so dass auch die Neuregelung keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit des Gesetzes begegnet.
28
2. Die Vorschrift des § 89a Abs. 2a StGB verfolgt auch ein legitimes Ziel (vgl. Gazeas aaO, S. 8) und erweist sich jedenfalls nicht zur Überzeugung des Senats als unverhältnismäßige Regelung. Nur wenn letzteres der Fall wäre, käme eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG in Betracht; allein Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm genügen hierfür nicht (etwa BVerfG, Urteil vom 20. März 1952 - 1 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51, BVerfGE 1, 184, 188 f.; Beschluss vom 19. Dezember 1984 - 2 BvL 20, 21/84, BVerfGE 68, 352, 359; Beschluss vom 5. April 1989 - 2 BvL 1, 2, 3/88, BVerfGE 80, 54, 59). Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine eindeutigen Maßstäbe für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit strafrechtlicher Normen entnehmen lassen, die präventiv weit im Vorfeld eigentlicher Rechtsgutverletzungen angesiedelte Handlungen pönalisieren. Insoweit gilt:
29
a) Wie schon § 89a StGB aF bezweckt auch Abs. 2a die Verfolgung der Vorbereitung schwerwiegender Straftaten und damit deren Verhinderung, was sich ohne weiteres als verfassungsrechtlich zulässig erweist (BGH aaO, S. 225 f. mwN).
30
b) Die Vorschrift, die potentielle Täter schwerer staatsgefährdender Gewalttaten von den Ländern fernhalten will, in denen diese in den Fähigkeiten unterwiesen werden können, die sie zur Begehung solcher Taten benötigen, ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie erweist sich auch als erforderlich, weil der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. BGH aaO, S. 226): Insoweit ergibt sich nichts anderes daraus, dass auch die Ahndung von Verstößen gegen zu verhängende Ausreiseverbote denkbar gewesen wäre. Es erscheint schon zweifelhaft, ob eine solche Lösung, die den Behörden vor der Ausreise unbekannte Täter nicht erfasst hätte, gleich gut geeignet gewesen wäre, um das angestrebte Ziel zu erreichen (vgl. auch Gazeas aaO, S. 8 f.). Jedenfalls ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den ihm insoweit zustehenden weiten Beurteilungsspielraum, der nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 - 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 173 mwN), mit der Schaffung von § 89a Abs. 2a StGB überschritten hätte.
31
c) Zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn gilt:
32
aa) Wie bei dem Grundtatbestand des § 89a Abs. 1 StGB steht der Schwere des Eingriffs durch die angedrohte Strafe das große Gewicht der bedrohten Rechtsgüter (Sicherheit eines Staates, Leben, persönliche Freiheit) gegenüber. Unterschiede in Bezug auf die Art und das Maß der Gefährdung dieser Rechtsgüter und auf den individuellen Unrechts- sowie Schuldgehalt können grundsätzlich bei der Zumessung der Rechtsfolgen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BGH aaO, S. 228 f.).
33
bb) In der Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Vorfeld der Gefährdung der Rechtsgüter durch die Vorbereitung von Straftaten (vgl. dazu BGH aaO, S. 229 ff.) vermag der Senat weder einen Verstoß gegen das Übermaßverbot noch eine Missachtung des Schuldgrundsatzes durch Normierung eines Gesinnungs - oder Gedankenstrafrechts zu erkennen.
34
(1) Allerdings ist jedenfalls in den Fällen des § 89a Abs. 2a Alternative 2 StGB eine weitere Vorverlagerung darin zu sehen, dass schon die Ausreise in einen Staat, in dem der Täter alsdann Vorbereitungshandlungen im Sinne von § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB begehen will, Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit ist. Hinzu kommt die Ausgestaltung als Unternehmensdelikt, die dazu führt, dass schon der (erfolglose) Versuch der Ausreise bestraft werden kann. Es handelt sich in solchen Fällen somit faktisch um den Versuch der Vorbereitung zur Vorbereitung einer in § 89a Abs. 1 StGB genannten Gewalttat.
35
In der bereits zitierten Entscheidung des Senats, in der er eine verfassungskonforme Auslegung von § 89a Abs. 1 StGB dahin vorgenommen hat, dass der Täter bei der Vornahme der in § 89a Abs. 2 StGB normierten Vorbereitungshandlungen bereits fest entschlossen sein muss, eine schwere staats- gefährdende Gewalttat zu begehen (BGH aaO, S. 239), hatten sich Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Vorschrift unter anderem auch aus einer besonders weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit ergeben. Im konkreten Fall hatte sich der Täter Gegenstände verschafft und diese verwahrt, die er für die Herstellung einer Sprengvorrichtung der in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB bezeichneten Art benötigte, weshalb die von ihm verwirklichte Tatbestandsvariante des § 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB in der Sache letztlich ein Vorbereitungsdelikt zu dem weiteren Vorbereitungsdelikt des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB darstellte (vgl. BGH aaO, S. 238 ff.). Diesen Bedenken hat der Gesetzgeber indes nunmehr durch das Erfordernis der doppelten Absicht nach § 89a Abs. 2a StGB Rechnung getragen (MüKoStGB/Schäfer aaO, § 89a Rn. 59; aA Puschke, StV 2015, 457, 459 ff., 462; kritisch zur Gesetzesfassung Biehl, JR 2015, 561, 569).
36
Im Rahmen der vom Gesetzgeber vorzunehmenden Interessenabwägung ist weiter der hohe Rang der geschützten Individual- und Allgemeinrechtsgüter auch im Fall von § 89a Abs. 2a StGB zu berücksichtigen. Hierbei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die (versuchte) Ausreise in vielen Fällen die letzte Möglichkeit darstellen wird, den potentiellen Täter einer Gewalttat noch zu erreichen, bevor er sich noch weiter radikalisiert und gegebenenfalls in äußerst brutal vorgehende Organisationen verstrickt (vgl. Sieber/Vogel, Terrorismusfinanzierung , 2015, S. 141). Von den gegebenenfalls aus Syrien wiederkehrenden Personen geht zudem eine eigenständige erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus (vgl. BTDrucks. 18/4087, S. 6 f.). Insoweit ist wiederum dem Schutz der demokratischen und freiheitlichen Ordnung durch eine effektive Bekämpfung von Straftaten mit dem Gepräge des Terrorismus, wie sie hier in Rede stehen, ein großes Gewicht beizumessen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07, BVerfGE 133, 277, 333 f. mwN). Vor diesem Hintergrund sieht der Senat § 89a Abs. 2a StGB zwar durchaus im Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zulässigen , vermag aber nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Norm das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt.
37
(2) Der vereinzelt erhobene Vorwurf, bei der Vorschrift handele es sich um Gesinnungsstrafrecht (Gazeas aaO, S. 11), ist ebenfalls nicht gerechtfertigt.
38
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn eine gesetzliche Regelung vorsieht, dass objektive - unter Umständen für sich genommen neutrale - Handlungen erst im Zusammenhang mit dem subjektiven Kontext, den Plänen und Absichten des Täters, strafbares Unrecht begründen (BGH aaO, S. 232 mwN). Die Berücksichtigung eines Schädigungsvorsatzes bedeutet noch kein Gesinnungsstrafrecht; im Gegenteil sind bei einem weit in das Vorfeld der tatsächlichen Rechtsgutsverletzung verlagerten Straftatbestand mit einem geringen objektiven Unrechtskern regelmäßig erhöhte Anforderungen an das subjektive Unrechtselement zu stellen (Sieber/Vogel aaO, S. 143).
39
Die Grenze zu mit den Grundsätzen des Tatstrafrechts nicht zu vereinbarendem Gesinnungs- oder Gedankenstrafrecht wäre allenfalls dann überschritten , wenn sich die auf eine Deliktsbegehung abzielende innere Vorstellung des Täters nicht in einer äußeren Handlung manifestieren würde (vgl. Sieber /Vogel aaO, S. 140 f. mwN). Davon kann indes hier keine Rede sein, vielmehr muss zur Verwirklichung des § 89a Abs. 2a StGB zumindest durch den Versuch der Ausreise zum Ausdruck kommen, dass der Täter seine Absicht, sich zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder zur Begehung von Vorbereitungshandlungen in ein Land zu begeben, in dem sich Ausbildungslager befinden, umsetzen will; bestraft wird auch insoweit nicht der Gedanke an eine Tat, sondern dessen rechtsgutsgefährdende Betätigung (vgl. BGH aaO, S. 233 mwN).
40
IV. Nach alledem bleibt auch der Rüge der Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 2 Satz 1 GG der Erfolg versagt. Das Landgericht hat mit begründetem Beschluss dargelegt, dass und warum es sich nicht zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet gesehen hat. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 326/16
vom
6. April 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
durch (versuchte) Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland.
BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
ECLI:DE:BGH:2017:060417B3STR326.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. April 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Mai 2016 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei tatmehrheitlichen Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf eine Verfahrensbeanstandung sowie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision , mit der er im Wesentlichen die Verfassungswidrigkeit von § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a StGB geltend macht. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte, ein in München lebender deutscher Staatsangehöriger, Anhänger einer extremistischislamischen Ideologie und unterhält Verbindungen zu Personen aus der salafistischen Szene, die die Teilnahme am bewaffneten Kampf in Syrien gegen das Assad-Regime als zentrale Verpflichtung ansehen. Der Angeklagte selbst sieht den bewaffneten Jihad als legitimes Mittel zur Durchsetzung ultrakonservativer islamistischer Interessen und lehnt die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab.
3
Am 24. Juni 2015 flog er von München nach Ankara in der Türkei, um von dort weiter nach Syrien zu reisen. Nachdem ihm von türkischen Behörden der Grenzübertritt nach Syrien verwehrt worden war, kehrte er am 26. Juni 2015 zurück nach München. Am 10. Oktober 2015 wurde er am Flughafen München festgenommen, nachdem er bereits bei der Ausreisekontrolle vorstellig geworden war. Der Angeklagte beabsichtigte über Istanbul nach Adana zu fliegen, von wo er sich weiter nach Syrien begeben wollte. Er verfügte über ein "One-Way-Ticket" und führte neuwertige Outdoor-Bekleidung im Wert von meh- reren hundert Euro, zwei Mobiltelefone und 270 € in bar mit sich; bei den Klei- dungsstücken handelte es sich teilweise um solche, die auch von Soldaten in Wüstengebieten getragen werden.
4
In beiden Fällen hatte der Angeklagte die Absicht, in Syrien "im Namen des Jihad" an bewaffneten Kampfhandlungen teilzunehmen. Dazu wollte er sich zunächst im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen unterweisen lassen. Er war fest entschlossen, sich nach Abschluss der Ausbildung als Mitglied einer islamistischen Organisation - mutmaßlich der Jabhat al-Nusra bzw. einer mit dieser Vereinigung kooperierenden Gruppierung - an Kampfhandlungen in Syrien zu beteiligen. Ziel der genannten Gruppierungen ist es, den Staat Syrien in seiner jetzigen Form zu zerschlagen und einen sunnitischen islamischen Gottesstaat unter der Geltung der Scharia aufzubauen.
5
II. Auf der Grundlage dieser - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht wegen zweier Verstöße gegen § 89a Abs. 2a StGB, jeweils in Verbindung mit § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB, schuldig gesprochen.
6
Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat dadurch vorbereitet, dass er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer solchen Gewalttat oder der in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB genannten Handlungen (also um sich unterweisen zu lassen oder um andere Personen in der Herstellung oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, den weiteren in der Vorschrift aufgeführten Vorrichtungen oder Stoffen oder in sonstigen Fertigkeiten zu unterweisen) aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem solche Unterweisungen durchgeführt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im Einzelnen :
7
1. Der Angeklagte hat es in beiden Fällen unternommen (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB), aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen. Im ersten Fall war die Ausreise vollendet; der Angeklagte hatte bereits die Türkei erreicht. Im zweiten Fall lag ein für das Unternehmensdelikt ausreichender Versuch vor, weil der Angeklagte schon bei der Ausreisekontrolle vorstellig geworden war. Das Versuchsstadium ist erreicht, wenn die Handlungen des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung , mithin das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland, einmünden sollen. Bei der Ausreise mittels eines Flugzeugs muss der Antritt des Fluges unmittelbar bevorstehen, was regelmäßig ab dem Einchecken und dem Passieren der nachfolgenden Kontrollen angenommen werden kann (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 89a Rn. 53 mwN).
8
2. Der Angeklagte reiste aus der Bundesrepublik aus bzw. versuchte dies, um sich nach Syrien zu begeben, mithin in einen Staat, in dem unterschiedliche Gruppierungen, die gegen die syrische Regierung, teils aber auch untereinander, kämpfen, Ausbildungslager unterhalten. In diesen werden Un- terweisungen der in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB genannten Art durchgeführt. Zweck der Ausreise war es zudem, sich in einem solchen Lager im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen ausbilden zu lassen, mithin Handlungen im Sinne von § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB zu begehen.
9
In subjektiver Hinsicht lag somit die von § 89a Abs. 2a StGB geforderte doppelte Absicht vor, die nach der Konzeption des Gesetzgebers den weiten Anwendungsbereich der Vorschrift beschränken und sicher stellen soll, dass lediglich Reisen in terroristischer Absicht unter Strafe gestellt werden (BT-Drucks. 18/4087, S. 8).
10
3. Die von dem Angeklagten erstrebte Ausbildung sollte wiederum der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne von § 89a Abs. 1 StGB dienen:
11
Die Fertigkeiten, die er durch die Ausbildung erlangen wollte, benötigte er, um sich im Anschluss daran - wie von ihm beabsichtigt - auf Seiten einer Organisation, die die syrische Regierung mit Waffengewalt bekämpft, um das bisherige System zu zerschlagen und einen sunnitischen islamischen Gottesstaat unter Geltung der Scharia zu errichten, an Kampfhandlungen zu beteiligen.
12
Eine solche Beteiligung an Kampfhandlungen in Syrien, jedenfalls wenn dabei - wie hier zumindest auch - Soldaten der Regierungstruppen getötet werden sollen, würde - wenn sie tatsächlich begangen würde - eine hinreichend konkretisierte Tat im Sinne von § 89a Abs. 1 StGB darstellen.
13
a) Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die geplante Tat bereits so weit konkretisiert ist, dass überprüft werden kann, ob sie die Voraussetzungen der Staatsschutzklausel erfüllt. Es bedarf deshalb Feststellungen , denen sich entnehmen lässt, dass die ins Auge gefasste Tat neben den in § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführten Deliktstypen auch die dort genannten weiteren Voraussetzungen der Norm erfüllt. Weitergehende Anforderungen an die Konkretisierung der künftigen Tat - etwa mit Blick auf Tatort, Tatzeit und Tatopfer - ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck ; sie sind auch von Verfassungs wegen nicht zu fordern (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13 - BGHSt 59, 218, 237 f.).
14
b) Vorliegend fällt die von dem Angeklagten beabsichtigte Teilnahme an Kampfhandlungen, bei der Soldaten der Regierungstruppen getötet werden sollen, unter den Deliktstypus einer Straftat gegen das Leben in den Fällen der §§ 211, 212 StGB. Sie erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen der Staatschutzklausel , denn die in Aussicht genommene Tat des Angeklagten wäre bestimmt - Ziel der Kampfhandlungen sollte es gerade sein, das bestehende staatliche System zu zerschlagen - und geeignet, den Bestand oder - jedenfalls - die Sicherheit des syrischen Staates zu beeinträchtigen. Im Einzelnen:
15
aa) § 89a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2a StGB enthält keine Einschränkungen bezüglich des Tatorts, an dem nach der Vorstellung des Täters die schwere staatsgefährdende Gewalttat begangen werden soll. Es werden von der Bestimmung somit potentiell derartige Taten überall auf der Welt erfasst. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen Staatsform und der konkreten Ausgestaltung des Regierungshandelns in dem Land des ins Auge gefassten Tatorts (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36, 41 f.). Die Vorschrift ist daher auch dann anwendbar, wenn die vorbereitete Tat bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines diktatorischen oder sonst von einem Unrechtsregime regierten Staates zu beeinträchtigen. Dies gilt im Grundsatz sogar dann, wenn sich dieses Regime selbst verbrecherischer Methoden bedient, um seine Herrschaft durchzusetzen oder zu erhalten. Allgemein kann insoweit eine Grenze erst dort gezogen werden, wo die Bekämpfung des Unrechtsregimes nach völkervertrags- oder völkergewohnheitsrechtlichen Prinzipien gerechtfertigt wäre. Im Speziellen kommt darüber hinaus in Betracht, dass die besondere Situation in dem in Rede stehenden Staat Bedeutung für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36, 41 f.). Allgemeine strafrechtliche Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe, etwa bei (völker-)rechtswidrigem Vorgehen der Gegenseite im Zusammenhang mit Kampfhandlungen, können - wie in anderen Fällen der Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen auch - erst bei der Beurteilung eines versuchten oder vollendeten Delikts gegen das Leben oder die persönliche Freiheit (§§ 211, 212, 239a, 239b StGB) Bedeutung erlangen, nicht jedoch für das von § 89a StGB erfasste allgemeine Vorbereitungsstadium bewaffneter Auseinandersetzungen.
16
Aus diesen Grundsätzen ergibt sich ein weiter Anwendungsbereich des § 89a StGB auf Auslandssachverhalte, den der Gesetzgeber über das Erfordernis der Verfolgungsermächtigung für Vorbereitungshandlungen im Ausland (§ 89a Abs. 4 StGB) und mithin über politische Entscheidungen zu begrenzen gesucht hat (vgl. BT-Drucks. 16/11735, S. 14). Eines näheren Eingehens auf diese Bestimmung bedarf es in vorliegender Sache indes nicht; denn Taten nach § 89a Abs. 2a StGB sind Inlandstaten, sodass das Erfordernis einer Verfolgungsermächtigung in keiner denkbaren Konstellation besteht.
17
bb) Nach diesen Maßstäben sind die Handlungen des Angeklagten als rechtswidrige Vorbereitungen einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu bewerten.
18
(1) Die vom Angeklagten mit seiner Ausreise nach und seiner Waffenausbildung in Syrien bezweckte Teilnahme an Kämpfen gegen syrische Regierungstruppen und damit verbundenen Tötungen von Angehörigen dieser Streitkräfte ist nicht gerechtfertigt. Ein UN-Mandat für den bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime in Syrien besteht nicht. Eine völkergewohnheitsrechtliche Überzeugung der Staatengemeinschaft, dass ein derartiges Regime angesichts seines eigenen Vorgehens gegen Teile der Bevölkerung Syriens und im Rahmen des dort herrschenden bewaffneten Konflikts, von bewaffneten, zu großen Teilen im Ausland rekrutierten paramilitärischen Gruppierungen mit kriegerischen Mitteln bekämpft werden darf, vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen.
19
Der Angeklagte kann in rechtlicher Hinsicht auch nicht daraus etwas für sich Günstiges herleiten, dass die Regierung der Bundesrepublik Deutschland das Assad-Regime für sein Vorgehen in dem bewaffneten Konflikt in Syrien und insbesondere gegen die Zivilbevölkerung kritisiert (vgl. etwa BTDrucks. 18/1746) sowie selbst gemäßigte, gegen das Assad-Regime kämpfende Oppositionsgruppen unterstützt. Eine strafrechtlich relevante Rechtfertigung oder Entschuldigung seines Tuns ergibt sich daraus nicht. Nach der Konzeption des § 89a StGB kommt es für die Strafbarkeit des Täters nicht auf das Endziel seines Tuns an; insbesondere unterfallen der Norm die aufgelisteten Vorbereitungshandlungen einer schweren staatsgefährdenden Gewalthandlung unabhängig davon, welches Regime der Täter anstelle des von ihm bekämpften Staates errichtet sehen möchte. Auf Syrien übertragen bedeutet dies, dass nach den Gesetzesvorgaben nicht maßgebend ist, ob der Täter einen islamischen Gottesstaat nach den Regeln der Scharia oder ein anderes Staatsgebilde als Zielvorstellung verfolgt. Der Angeklagte wäre deshalb dem Grunde nach auch dann strafrechtlich zu verfolgen gewesen, wenn er sich nach seiner Ausreise nach und Ausbildung in Syrien einer gegen das Assad-Regime kämpfenden Oppositionsgruppe hätte anschließen wollen, die von der Bundesregierung unterstützt wurde oder wird.
20
(2) Das vom Angeklagten verfolgte Vorhaben ist auch nicht mit der Fallgestaltung vergleichbar, die der Senat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2015 (3 StR 218/15, BGHSt 61, 36) als nicht der Staatsschutzklausel des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB unterfallend angesehen hat, weil es nicht bestimmt und geeignet war die Sicherheit Syriens zu beeinträchtigen. In jenem Fall hatte sich die Angeklagte in Syrien zwar bei der - mutmaßlich auch vom Angeklagten präferierten - terroristischen Vereinigung Jabhat al-Nusra aufgehalten, sich dort aber allein deshalb einer Waffenausbildung unterzogen, um sich und ihre Familie bei einem befürchteten Angriff feindlicher anderer Gruppierungen, aber auch syrischer Regierungstruppen verteidigen zu können. Davon unterscheidet sich das Vorhaben des Angeklagten unter dem Aspekt der Sicherheit Syriens in entscheidender Weise. Er beabsichtigte aktive, offensive Kampfeinsätze gegen syrische Streitkräfte mit dem Ziel des Sturzes des Assad-Regimes, nicht dagegen ausschließlich eine defensive Verteidigung zum Schutz seiner eigenen Person und naher Angehöriger. Die demgegenüber rein defensive Zwecksetzung der Waffenausbildung durch die dortige Angeklagte war angesichts der Bürgerkriegssituation in Syrien bei der Auslegung der Staatschutzklausel von maßgeblichem Belang.
21
(3) Unter diesen Prämissen steht der Eignung der vom Angeklagten beabsichtigten Kampfeinsätze, jedenfalls die Sicherheit des syrischen Staates zu beeinträchtigen, nicht für sich entgegen, dass sich das Land bereits seit Jahren in einem Bürgerkrieg befindet, in welchem sich mehrere unterschiedliche Bürgerkriegsparteien in teilweise wechselnden Bündnissen bekämpfen und der weite Teile Syriens ergriffen hat.
22
(a) Nach der Rechtsprechung des Senats umfasst der Begriff der Sicherheit eines Staates dessen innere und äußere Sicherheit. Die innere Sicherheit ist der Zustand relativer Ungefährdetheit von dessen Bestand und Verfassung gegenüber gewaltsamen Aktionen innerstaatlicher Kräfte, wobei insoweit die Fähigkeit eines Staates im Zentrum steht, sich nach innen gegen Störungen zur Wehr zu setzen. Sie wird in der Regel beeinträchtigt sein, wenn die vorbereitete Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, nach den Umständen geeignet wäre, das innere Gefüge eines Staates zu beeinträchtigen, wofür allerdings nicht erforderlich ist, dass die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Es kann grundsätzlich ausreichen , wenn durch die Tat das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert wird, vor gewaltsamen Einwirkungen in ihrem Staat geschützt zu sein. Die erforderliche Eignung ist objektiv anhand der (gleichsam fiktiven) Umstände der vorbereiteten Tat festzustellen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36, 38 f.; vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218, 234 f. mwN).
23
(b) Durch die Beteiligung an Kampfhandlungen in Syrien, bei denen - wie hier nach der Vorstellung des Angeklagten - paramilitärische Organisationen mit dem Ziel, den Staat Syrien in seiner jetzigen Gestalt zu zerschlagen und eine andere Staatsform zu errichten, gegen die Regierungstruppen kämpfen, wird die innere Sicherheit des syrischen Staats beeinträchtigt.
24
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob angesichts der fortdauernden bewaffneten Auseinandersetzungen ein Vertrauen der Bevölkerung, vor Gewalteinwirkungen geschützt zu sein, überhaupt oder jedenfalls in einem Maße besteht , wie es in Staaten üblich ist, in denen kein Bürgerkrieg herrscht. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, dass die Fähigkeit des syrischen Staates, sich gegen Störungen der inneren Sicherheit zur Wehr zu setzen, jedenfalls in Teilen der Kampfgebiete aufgrund des fortdauernden Bürgerkriegs bereits so eingeschränkt ist, dass sie durch die Teilnahme einzelner Kämpfer am Bürgerkrieg auf Seiten einer der beteiligten oppositionellen Gruppierungen nicht weiter spürbar beeinträchtigt würde. Im Gegenteil ist gerade das erhebliche Maß der Destabilisierung der Sicherheitslage, das in Syrien zu beobachten ist, ein Grund dafür, dass auch die Beteiligung Einzelner an - gegebenenfalls nur einzelnen - Kampfhandlungen ausreichen kann, die Fähigkeit des syrischen Staates , sich gegen solche Störungen aus seinem Inneren heraus zur Wehr zu setzen , empfindlich zu beeinträchtigen, weil am Ende einer Reihe von - weiteren - Destabilisierungen letztlich jederzeit der Zusammenbruch des staatlichen Systems stehen kann.
25
III. Sind nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 89a Abs. 2a StGB in Verbindung mit § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB jeweils erfüllt, kommt entgegen den Anträgen der Verteidigung auch nicht in Betracht, das Strafverfahren auszusetzen und ein Normenkontrollverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG einzuleiten. Denn es fehlt an den Voraussetzungen dieser Norm; der Senat hält die entscheidungserhebliche Vorschrift des § 89a Abs. 2a StGB in Verbindung mit § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht für verfassungswidrig.
26
Der Senat hat zu § 89a StGB in der Fassung des "Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten" vom 30. Juli 2009 bereits entschieden, dass die Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz in Einklang steht, insbesondere dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG genügt, einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck verfolgt und - jedenfalls bei der durch den Senat vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung - den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218, 221 ff.).
27
1. Mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot ergeben sich für die Vorschrift des § 89a Abs. 2a StGB keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. Gazeas, Schriftliche Stellungnahme für den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages vom 19. März 2015, S. 13). Der Senat hält an seiner Rechtsprechung insoweit (BGH aaO, S. 221 ff.) ausdrücklich fest, so dass auch die Neuregelung keinen durchgreifenden Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit des Gesetzes begegnet.
28
2. Die Vorschrift des § 89a Abs. 2a StGB verfolgt auch ein legitimes Ziel (vgl. Gazeas aaO, S. 8) und erweist sich jedenfalls nicht zur Überzeugung des Senats als unverhältnismäßige Regelung. Nur wenn letzteres der Fall wäre, käme eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG in Betracht; allein Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm genügen hierfür nicht (etwa BVerfG, Urteil vom 20. März 1952 - 1 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51, BVerfGE 1, 184, 188 f.; Beschluss vom 19. Dezember 1984 - 2 BvL 20, 21/84, BVerfGE 68, 352, 359; Beschluss vom 5. April 1989 - 2 BvL 1, 2, 3/88, BVerfGE 80, 54, 59). Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine eindeutigen Maßstäbe für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit strafrechtlicher Normen entnehmen lassen, die präventiv weit im Vorfeld eigentlicher Rechtsgutverletzungen angesiedelte Handlungen pönalisieren. Insoweit gilt:
29
a) Wie schon § 89a StGB aF bezweckt auch Abs. 2a die Verfolgung der Vorbereitung schwerwiegender Straftaten und damit deren Verhinderung, was sich ohne weiteres als verfassungsrechtlich zulässig erweist (BGH aaO, S. 225 f. mwN).
30
b) Die Vorschrift, die potentielle Täter schwerer staatsgefährdender Gewalttaten von den Ländern fernhalten will, in denen diese in den Fähigkeiten unterwiesen werden können, die sie zur Begehung solcher Taten benötigen, ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie erweist sich auch als erforderlich, weil der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. BGH aaO, S. 226): Insoweit ergibt sich nichts anderes daraus, dass auch die Ahndung von Verstößen gegen zu verhängende Ausreiseverbote denkbar gewesen wäre. Es erscheint schon zweifelhaft, ob eine solche Lösung, die den Behörden vor der Ausreise unbekannte Täter nicht erfasst hätte, gleich gut geeignet gewesen wäre, um das angestrebte Ziel zu erreichen (vgl. auch Gazeas aaO, S. 8 f.). Jedenfalls ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den ihm insoweit zustehenden weiten Beurteilungsspielraum, der nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 - 2 BvL 43/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 173 mwN), mit der Schaffung von § 89a Abs. 2a StGB überschritten hätte.
31
c) Zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn gilt:
32
aa) Wie bei dem Grundtatbestand des § 89a Abs. 1 StGB steht der Schwere des Eingriffs durch die angedrohte Strafe das große Gewicht der bedrohten Rechtsgüter (Sicherheit eines Staates, Leben, persönliche Freiheit) gegenüber. Unterschiede in Bezug auf die Art und das Maß der Gefährdung dieser Rechtsgüter und auf den individuellen Unrechts- sowie Schuldgehalt können grundsätzlich bei der Zumessung der Rechtsfolgen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BGH aaO, S. 228 f.).
33
bb) In der Vorverlagerung der Strafbarkeit in das Vorfeld der Gefährdung der Rechtsgüter durch die Vorbereitung von Straftaten (vgl. dazu BGH aaO, S. 229 ff.) vermag der Senat weder einen Verstoß gegen das Übermaßverbot noch eine Missachtung des Schuldgrundsatzes durch Normierung eines Gesinnungs - oder Gedankenstrafrechts zu erkennen.
34
(1) Allerdings ist jedenfalls in den Fällen des § 89a Abs. 2a Alternative 2 StGB eine weitere Vorverlagerung darin zu sehen, dass schon die Ausreise in einen Staat, in dem der Täter alsdann Vorbereitungshandlungen im Sinne von § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB begehen will, Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit ist. Hinzu kommt die Ausgestaltung als Unternehmensdelikt, die dazu führt, dass schon der (erfolglose) Versuch der Ausreise bestraft werden kann. Es handelt sich in solchen Fällen somit faktisch um den Versuch der Vorbereitung zur Vorbereitung einer in § 89a Abs. 1 StGB genannten Gewalttat.
35
In der bereits zitierten Entscheidung des Senats, in der er eine verfassungskonforme Auslegung von § 89a Abs. 1 StGB dahin vorgenommen hat, dass der Täter bei der Vornahme der in § 89a Abs. 2 StGB normierten Vorbereitungshandlungen bereits fest entschlossen sein muss, eine schwere staats- gefährdende Gewalttat zu begehen (BGH aaO, S. 239), hatten sich Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Vorschrift unter anderem auch aus einer besonders weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit ergeben. Im konkreten Fall hatte sich der Täter Gegenstände verschafft und diese verwahrt, die er für die Herstellung einer Sprengvorrichtung der in § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB bezeichneten Art benötigte, weshalb die von ihm verwirklichte Tatbestandsvariante des § 89a Abs. 2 Nr. 3 StGB in der Sache letztlich ein Vorbereitungsdelikt zu dem weiteren Vorbereitungsdelikt des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB darstellte (vgl. BGH aaO, S. 238 ff.). Diesen Bedenken hat der Gesetzgeber indes nunmehr durch das Erfordernis der doppelten Absicht nach § 89a Abs. 2a StGB Rechnung getragen (MüKoStGB/Schäfer aaO, § 89a Rn. 59; aA Puschke, StV 2015, 457, 459 ff., 462; kritisch zur Gesetzesfassung Biehl, JR 2015, 561, 569).
36
Im Rahmen der vom Gesetzgeber vorzunehmenden Interessenabwägung ist weiter der hohe Rang der geschützten Individual- und Allgemeinrechtsgüter auch im Fall von § 89a Abs. 2a StGB zu berücksichtigen. Hierbei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die (versuchte) Ausreise in vielen Fällen die letzte Möglichkeit darstellen wird, den potentiellen Täter einer Gewalttat noch zu erreichen, bevor er sich noch weiter radikalisiert und gegebenenfalls in äußerst brutal vorgehende Organisationen verstrickt (vgl. Sieber/Vogel, Terrorismusfinanzierung , 2015, S. 141). Von den gegebenenfalls aus Syrien wiederkehrenden Personen geht zudem eine eigenständige erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus (vgl. BTDrucks. 18/4087, S. 6 f.). Insoweit ist wiederum dem Schutz der demokratischen und freiheitlichen Ordnung durch eine effektive Bekämpfung von Straftaten mit dem Gepräge des Terrorismus, wie sie hier in Rede stehen, ein großes Gewicht beizumessen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07, BVerfGE 133, 277, 333 f. mwN). Vor diesem Hintergrund sieht der Senat § 89a Abs. 2a StGB zwar durchaus im Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zulässigen , vermag aber nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Norm das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt.
37
(2) Der vereinzelt erhobene Vorwurf, bei der Vorschrift handele es sich um Gesinnungsstrafrecht (Gazeas aaO, S. 11), ist ebenfalls nicht gerechtfertigt.
38
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn eine gesetzliche Regelung vorsieht, dass objektive - unter Umständen für sich genommen neutrale - Handlungen erst im Zusammenhang mit dem subjektiven Kontext, den Plänen und Absichten des Täters, strafbares Unrecht begründen (BGH aaO, S. 232 mwN). Die Berücksichtigung eines Schädigungsvorsatzes bedeutet noch kein Gesinnungsstrafrecht; im Gegenteil sind bei einem weit in das Vorfeld der tatsächlichen Rechtsgutsverletzung verlagerten Straftatbestand mit einem geringen objektiven Unrechtskern regelmäßig erhöhte Anforderungen an das subjektive Unrechtselement zu stellen (Sieber/Vogel aaO, S. 143).
39
Die Grenze zu mit den Grundsätzen des Tatstrafrechts nicht zu vereinbarendem Gesinnungs- oder Gedankenstrafrecht wäre allenfalls dann überschritten , wenn sich die auf eine Deliktsbegehung abzielende innere Vorstellung des Täters nicht in einer äußeren Handlung manifestieren würde (vgl. Sieber /Vogel aaO, S. 140 f. mwN). Davon kann indes hier keine Rede sein, vielmehr muss zur Verwirklichung des § 89a Abs. 2a StGB zumindest durch den Versuch der Ausreise zum Ausdruck kommen, dass der Täter seine Absicht, sich zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder zur Begehung von Vorbereitungshandlungen in ein Land zu begeben, in dem sich Ausbildungslager befinden, umsetzen will; bestraft wird auch insoweit nicht der Gedanke an eine Tat, sondern dessen rechtsgutsgefährdende Betätigung (vgl. BGH aaO, S. 233 mwN).
40
IV. Nach alledem bleibt auch der Rüge der Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 2 Satz 1 GG der Erfolg versagt. Das Landgericht hat mit begründetem Beschluss dargelegt, dass und warum es sich nicht zur Aussetzung des Verfahrens und zur Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet gesehen hat. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine schwere staatsgefährdende Gewalttat ist eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 oder des § 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er

1.
eine andere Person unterweist oder sich unterweisen lässt in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in Absatz 1 genannten Straftaten dienen,
2.
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
3.
Gegenstände oder Stoffe sich verschafft oder verwahrt, die für die Herstellung von Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen der in Nummer 1 bezeichneten Art wesentlich sind.

(2a) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 erfolgen.

(3) Absatz 1 gilt auch, wenn die Vorbereitung im Ausland begangen wird. Wird die Vorbereitung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union begangen, gilt dies nur, wenn sie durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit Lebensgrundlage im Inland begangen wird oder die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland oder durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Wird die Vorbereitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union begangen, bedarf die Verfolgung der Ermächtigung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, wenn die Vorbereitung weder durch einen Deutschen erfolgt noch die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Inland noch durch oder gegen einen Deutschen begangen werden soll.

(5) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter freiwillig die weitere Vorbereitung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat aufgibt und eine von ihm verursachte und erkannte Gefahr, dass andere diese Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder wesentlich mindert oder wenn er freiwillig die Vollendung dieser Tat verhindert. Wird ohne Zutun des Täters die bezeichnete Gefahr abgewendet oder wesentlich gemindert oder die Vollendung der schweren staatsgefährdenden Gewalttat verhindert, genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Eine Beschwerde gegen einen noch nicht vollstreckten Haftbefehl hat grundsätzlich
nicht schon allein deswegen Erfolg, weil die Staatsanwaltschaft Einsicht
in die die Haftentscheidung tragenden Aktenteile verweigert hat. Es ist auch
nicht veranlasst, die Beschwerdeentscheidung zurückzustellen, bis eine Akteneinsicht
ohne die Gefährdung des Untersuchungszwecks möglich ist.
BGH, Beschluss vom 3. April 2019 - StB 5/19 - BGH Ermittlungsrichter
BESCHLUSS
StB 5/19
vom
3. April 2019
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen
terroristischen Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:030419BSTB5.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Verteidigers des Beschwerdeführers am 3. April 2019 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen :
1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 29. Dezember 2017 dahin geändert, dass der Beschuldigte dringend verdächtig ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung und statt des Haftgrundes der Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO) der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) besteht. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den mutmaßlich in Syrien oder im Irak aufhältigen Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und anderer Straftaten.
2
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat am 29. Dezember 2017 auf Antrag des Generalbundesanwalts gegen den Beschuldigten Haftbefehl (2 BGs 1072/17) erlassen. Dieser ist bislang nicht vollstreckt worden.
3
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich durch zwei rechtlich selbständige Handlungen seit November 2014 in Syrien als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat" (IS) beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, und in einem Fall zugleich eine schwere staatsgefährdende Gewalttat, nämlich eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a StGB oder des § 239b StGB, die nach den Umständen bestimmt und geeignet sei, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen, vorbereitet, indem er sich im Umgang mit Schusswaffen habe unterweisen lassen, strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 bis 3, § 89a Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3, 4 Satz 1, §§ 52, 53 StGB.
4
Der Generalbundesanwalt hat dem Verteidiger des Beschuldigten mit Verfügung vom 15. Februar 2019 Akteneinsicht nach § 147 Abs. 2 Satz 1 StPO unter Verweis auf eine Gefährdung des Untersuchungszwecks versagt.
5
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2019 hat der Verteidiger des Beschuldigten Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt. Der Ermittlungsrichter hat dem Rechtsmittel mit Vermerk vom 22. Februar 2019 nicht abgeholfen.

II.

6
Die zulässige Beschwerde führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des angefochtenen Haftbefehls. Das weitergehende Rechtsmittel bleibt erfolglos.
7
1. Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. 5 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen, dass der Haftbefehl bislang nicht vollstreckt worden ist. Denn der Beschuldigte ist bereits durch die Existenz des Haftbefehls beschwert. Dies gilt zumindest dann, wenn der Beschuldigte - wie hier - Kenntnis hiervon hat (BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1997 - 2 BvR 1769/97, NStZ-RR 1998, 108; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. Januar 1990 - 3 Ws 248/89, NStZ 1990, 247; OLG Hamm, Beschluss vom 30. Januar 2001 - 1 Ws 438/00, NStZ-RR 2001, 254).
8
2. Die Beschwerde erweist sich überwiegend als unbegründet.
9
a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
10
aa) Der IS ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak und das Regime des syrischen Präsidenten Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt , als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht der IS als legitimes Mittel des Kampfes an.
11
Die Führung der Vereinigung, die sich mit dem Ausrufen des "Kalifats" im Juni 2014 von ISIG in IS umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm - hat seit 2010 der "Emir" Abu Bakr al-Baghdadi inne. Al-Baghdadi war von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Hinweise darauf, dass dieser zwischenzeitlich getötet wurde, konnten bisher nicht bestätigt werden. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "Shura-Räte". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "Al-Furqan" produziert und über die Medienstelle "al-l’tisam" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein Internetforum nutzt. Das auch von Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel" (einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah - Rasul - Muhammad") auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islamischen Glaubensbekenntnis. Die - zeitweilig - mehreren Tausend Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
12
Die von ihr besetzten Gebiete teilte die Vereinigung in Gouvernements ein und richtete einen Geheimdienstapparat ein; diese Maßnahmen zielten auf das Schaffen totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der syrischen Armee, aber auch von in Gegnerschaft zum IS stehenden Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsbereich des IS in Frage stellten, sahen sich Verhaftung , Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom ISIG bzw. IS zu Zwecken der Ein- schüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht die Vereinigung immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb ihres Machtbereichs Terroranschläge. So hat sie für Anschläge in Europa, etwa in Frankreich, Belgien und Deutschland, die Verantwortung übernommen.
13
bb) Der Beschuldigte reiste am 2. November 2014 in Begleitung seiner Ehefrau nach islamischen Ritus und des gemeinsamen Sohnes von H. über Istanbul nach Syrien aus. Dort gliederte er sich als Mitglied in den IS und dessen Entscheidungs- und Befehlsstruktur ein und steigerte dadurch die Präsenz und Aktivität der Vereinigung. Den Vorgaben der Vereinigung entsprechend durchlief er zunächst spätestens ab Dezember 2014 ein terroristisches Ausbildungslager, in dem er ideologisch indoktriniert und im Umgang mit Schusswaffen unterwiesen wurde.
14
Spätestens seit Ende Oktober/Anfang November 2015 ist der Beschuldigte Angehöriger des Geheimdienstes des IS. In dieser Eigenschaft führte er unter anderem Verhöre von politischen Gefangenen durch. Er nahm überdies zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 12. Februar 2015 ein Video auf, in welchem er zur Ausreise zum IS aufrief, um so zur personellen Stärkung der Vereinigung beizutragen.
15
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:
16
aa) Hinsichtlich der außereuropäischen Vereinigung IS beruht der dringende Tatverdacht für den hier relevanten Zeitraum - senatsbekannt - auf islamwissenschaftlichen Gutachten sowie zahlreichen Behördenerklärungen der Geheimdienste und polizeilichen Auswertungsberichten.
17
bb) Betreffend die dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat ergibt sich der dringende Tatverdacht im Wesentlichen aus den Aussagen der in dem an- gefochtenen Haftbefehl genannten Zeugen, Feststellungen aus sozialen Netzwerken , einer im Rahmen eines anderweitigen Ermittlungsverfahrens sichergestellten Videodatei sowie einem Behördenzeugnis des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen vom 10. Dezember 2014.
18
c) Damit hat sich der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung strafbar gemacht (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StGB).
19
Deutsches Strafrecht ist anwendbar gemäß § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB (zum Strafanwendungsrecht s. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).
20
Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2, 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung liegt hinsichtlich des IS vor.
21
d) Der dringende Tatverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und damit idealkonkurrierend eines weiteren Falls der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 89a Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3, 4, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 bis 3, § 52 StGB; vgl. zu den Konkurrenzen Senat, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308; vom 9. August 2016 - 3 StR 466/15, BGHR StGB § 89a Konkurrenzen 1), von dem der angefochtene Haftbefehl mit Blick darauf ausgeht, dass der Beschuldigte ein terroristisches Ausbildungslager durchlief, in dem er im Umgang mit Schusswaffen unterwiesen wurde, ist nach derzeitigem Ermittlungsstand indes nicht gegeben.
22
Den Straftatbestand des § 89a Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, wer sich im Umgang mit Schusswaffen unterweisen lässt und dadurch eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet. Die Vorbereitungshandlung muss da- bei konkret auf eine Tat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB gerichtet sein; eine allgemeine Eignung hierfür reicht nicht aus (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 89a Rn. 32). Auch muss der Täter zu dieser Tat fest entschlossen sein (s. Senat, Urteil vom 8. Mai 2014 - 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218 Rn. 45; MüKoStGB/Schäfer aaO, Rn. 58).
23
Zwar können Kampfhandlungen in Syrien, bei denen paramilitärische Organisationen wie der IS mit dem Ziel, den Staat Syrien in seiner jetzigen Gestalt zu zerschlagen und eine andere Staatsform zu errichten, gegen die Regierungstruppen kämpfen, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB darstellen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 23), jedoch ergibt sich aus den bislang vorliegenden Beweismitteln nicht, dass die Ausbildung des Beschuldigten in einem terroristischen Trainingslager, die neben einer ideologischen Indoktrinierung auch eine Unterweisung im Gebrauch von Schusswaffen beinhaltete , konkret auf seine Teilnahme an Kampfhandlungen des IS gegen das staatliche syrische System oder die Verwirklichung einer anderen schweren staatsgefährdenden Gewalttat gerichtet war. Vielmehr spricht die weitere Entwicklung des Beschuldigten als Angehöriger des Geheimdienstes des IS eher gegen eine solche Zwecksetzung. Ebenso wenig bestehen genügende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte zu einer solchen - auch nur ansatzweise konkretisierten - Tat fest entschlossen war (s. auch BGH, Beschlüsse vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 12 ff., 17 ff.; vom 21. September 2017 - AK 43/17, juris Rn. 32). Auch der im angefochtenen Haftbefehl geschilderte Sachverhalt enthält keine Angaben hierzu.
24
e) Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts und damit auch diejenige des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs sind gegeben (§ 142a Abs. 1 Satz 1, § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).
25
f) Es bestehen die Haftgründe der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) und der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO), indes nicht derjenige der Flucht (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO). Im Einzelnen:
26
aa) Der Haftgrund der Flucht nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO liegt vor, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält.
27
Ein Beschuldigter ist flüchtig oder hält sich verborgen, wenn er sich von seinem bisherigen Lebensmittelpunkt absetzt oder seinen Aufenthalt den Behörden vorenthält, um sich zumindest auch dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen (BeckOK StPO/Krauß, § 112 Rn. 18, 21; SKStPO /Paeffgen, 5. Aufl., § 112 Rn. 22a). Obgleich der Beschuldigte dabei nicht beabsichtigen muss, den behördlichen Zugriff zu vereiteln, es vielmehr grundsätzlich ausreicht, wenn er dies erkennt und in Kauf nimmt, setzt Flucht ein finales Handeln dergestalt voraus, dass das Ziel, sich der Strafverfolgung zu entziehen , für das Verhalten des Beschuldigten zumindest mitbestimmend sein muss (vgl. MüKoStPO/Böhme/Werner, § 112 Rn. 36, 39; BeckOK StPO/Krauß, § 112 Rn. 18, 19, 21). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ungeachtet der Frage, ob Fluchtverhalten bereits vor Begehung der Tat vorliegen kann (bejahend z.B. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 112 Rn. 13; LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 112 Rn. 29; OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Juni 1974 - 1 Ws 98/74, NJW 1974, 1835; anders SK-StPO/Paeffgen, 5. Aufl., § 112 Rn. 22a; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. August 1972 - 2 Ws 145/72, NJW 1972, 2098), ein solches zumindest dann nicht gegeben, wenn sich der Beschuldigte allein deshalb ins Ausland absetzt, um dort Straftaten zu begehen, die sodann erst Grundlage seiner Strafverfolgung in Deutschland sind.


28
So liegt der Fall hier, denn ausschließlicher Zweck der Ausreise des Beschuldigten nach Syrien war sein Wunsch, sich dem IS anzuschließen, nicht sich der Strafverfolgung durch die deutschen Behörden zu entziehen.
29
bb) Jedoch besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Der Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Der Beschuldigte verfügt durch seinen Aufenthalt in Syrien über Kontakte ins Ausland, die ihm im Falle einer Flucht hilfreich sein könnten. Er ist überdies weiterhin dem IS angeschlossen und in seinem jihadistischen Weltbild verhaftet. Es ist nicht zu erwarten, dass sich im Falle einer Rückkehr nach Deutschland daran etwas ändern wird. Hiernach ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren entziehen, höher, als dass er sich diesem stellen wird.
30
cc) Darüber hinaus besteht der Haftgrund der Schwerkriminalität gemäß § 112 Abs. 3 StPO. Der Beschuldigte ist einer Straftat nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB dringend verdächtig. Aus den vorstehend dargelegten Gründen kann nicht ausgeschlossen werden, dass ohne den Vollzug der Untersuchungshaft die alsbaldige Ahndung und Aufklärung der Tat gefährdet wäre (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 - AK 57/18, juris Rn. 33 ff.).
31
dd) Unter den gegebenen Umständen ist nichts dafür ersichtlich, dass vor der Ergreifung des Beschuldigten der Zweck der Untersuchungshaft durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden könnte.
32

g) Die Aufhebung des Haftbefehls ist auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt, weil der Generalbundesanwalt dem Verteidiger die Einsicht in die Ermittlungsakten und die Aushändigung des Haftbefehls verweigert hat und damit der Entscheidung über das Rechtsmittel Akteninhalt zu Grunde gelegt wird, den der Beschuldigte nicht kennt.
33
Wendet sich der Beschuldigte - wie hier - mit seiner Beschwerde gegen einen noch nicht vollstreckten Haftbefehl, kann die Entscheidung über das Rechtsmittel grundsätzlich auch ohne die vorherige Gewährung von Einsicht in die die Haftentscheidung tragenden Ermittlungsergebnisse ergehen. Denn dem Informationsinteresse des Beschuldigten wird in der Regel durch die ihm anlässlich seiner späteren Festnahme aus §§ 114a, 114b, 115 StPO zustehenden Rechte ausreichend Rechnung getragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1997 - 2 BvR 1769/97, NStZ-RR 1998, 108). Im Einzelnen:
34
aa) Im Strafprozess ist ein "in camera"-Verfahren mit Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar. Im Ausgangspunkt folgt daraus, dass eine dem Betroffenen nachteilige Gerichtsentscheidung jedenfalls in der Beschwerdeinstanz nur auf der Grundlage solcher Tatsachen und Beweismittel getroffen werden kann, über die dieser zuvor sachgemäß unterrichtet worden ist und zu denen er sich hat äußern können. Dies gilt namentlich dann, wenn Eingriffsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren ohne vorherige Anhörung des Betroffenen angeordnet worden sind. Denn die zunächst aus ermittlungstaktischen Gründen unterbliebene Gewährung von rechtlichem Gehör ist in diesen Fällen anlässlich der späteren gerichtlichen Überprüfung nachzuholen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. Januar 2006 - 2 BvR 1075/05, NJW 2006, 1048; vom 4. Dezember 2006 - 2 BvR 1290/05, NStZ 2007, 274 Rn. 3 f.; vom 7. September 2007 - 2 BvR 1009/07, NStZ-RR 2008, 16, 17; vom 18. September 2018 - 2 BvR 754/18, NJW 2019, 41 Rn. 38).


35
Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt für den laufenden Vollzug besonders belastender Eingriffsmaßnahmen wie insbesondere der Untersuchungshaft , aber auch des Arrests. Gegenüber dem mit dem Vollzug verbundenen erhöhten Grundrechtseingriff muss das öffentliche Interesse, weiter im Verborgenen zu ermitteln, vollständig zurücktreten. Verweigert die Staatsanwaltschaft , die nach § 147 Abs. 5 Satz 1 StPO im Ermittlungsverfahren für die Gewährung von Akteneinsicht ausschließlich zuständig ist, die Einsicht in die die Eingriffsmaßnahme tragenden Aktenteile, hat das Beschwerdegericht die Maßnahme daher aufzuheben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juli 1994 - 2 BvR 777/94, NStZ 1994, 551; vom 27. Oktober 1997 - 2 BvR 1769/97, NStZ-RR 1998, 108 [Untersuchungshaft]; vom 19. Januar 2006 - 2 BvR 1075/05, NJW 2006, 1048 [Arrest]).
36
bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass bei jeder Beschwerde des Beschuldigten gegen gleich welche ermittlungsrichterliche Anordnung dessen Informationsinteresse absoluten Vorrang vor dem aus dem rechtsstaatlichen Auftrag zur möglichst umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren resultierenden Interesse der Verfolgungsbehörden hat, Ermittlungswissen weiterhin von ihm abzuschirmen. So sind bei bereits beendeten Maßnahmen wie einer vollzogenen Durchsuchung oder Telefonüberwachungsmaßnahme diese gegenläufigen Interessen miteinander in Ausgleich zu bringen. Das kann dadurch geschehen , dass die Beschwerdeentscheidung nicht ergeht, bevor die aus sachlichen Gründen zunächst verwehrte Akteneinsicht gewährt worden ist und der Beschwerdeführer sich hat äußern können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Dezember 2006 - 2 BvR 1290/05, NStZ 2007, 274 Rn. 11; vom 9. September 2013 - 2 BvR 533/13, NStZ-RR 2013, 379, 380 [Durchsuchung]; vom 7. September 2007 - 2 BvR 1009/07, NStZ-RR 2008, 16, 17 [Telekommunikationsüberwachung ]).
37
cc) Auch im Fall eines noch nicht vollstreckten Haftbefehls hat eine Beschwerde des Beschuldigten grundsätzlich nicht schon alleindeswegen Erfolg, weil die Staatsanwaltschaft Einsicht in die die Haftentscheidung tragenden Aktenteile verweigert hat. Es ist auch nicht veranlasst, die Beschwerdeentscheidung zurückzustellen, bis eine Akteneinsicht ohne die Gefährdung des Untersuchungszwecks möglich ist.
38
(1) Ein noch nicht vollstreckter Haftbefehl greift in weitaus geringerer Intensität als der laufende Vollzug der Maßnahme in die Grundrechte des Beschuldigten ein. Dem steht regelmäßig ein erhöhtes Interesse der Verfolgungsbehörden gegenüber, weiterhin Ermittlungsergebnisse von ihm abzuschirmen. Dieses Interesse muss auch in dieser Fallkonstellation nicht vollständig zurücktreten , sondern ist mit dem Informationsinteresse des Beschuldigten in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, der in einem Aufschub der Akteneinsicht bis zu seiner Ergreifung bestehen kann.
39
Die Gefährdung des Untersuchungszwecks und damit auch das Interesse der Verfolgungsbehörden, dem Beschuldigten Ermittlungswissen vorzuenthalten , bestehen in der Regel bis zu dessen Festnahme in besonderem Maße. So hat die Kenntnis des Beschuldigten von dem Inhalt der Tatvorwürfe und der Intensität des Tatverdachts gewöhnlich Bedeutung für seine Entscheidung, sich dem Verfahren - weiter - zu entziehen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30. Januar 2001 - 1 Ws 438/00, NStZ-RR 2001, 254; OLG München, Beschluss vom 27. August 2008 - 2 Ws 763/08, NStZ 2009, 109, 110; KG, Beschluss vom 6. Juli 2011 - 4 Ws 57/11, NStZ 2012, 588 Rn. 19 f.; anders Beulke/Witzigmann, NStZ 2011, 254, 258; Wohlers, StV 2009, 539, 540); die Information über die den Tatverdacht stützenden Beweismittel birgt naheliegend die Gefahr, der Beschuldigte werde auf diese vereitelnd einwirken.
40
Nach seiner Festnahme sieht die Strafprozessordnung hingegen umfangreiche Informations- und Äußerungsrechte des Beschuldigten vor, die seinem Informationsinteresse ausreichend Rechnung tragen. So ist ihm bei Verhaftung eine Abschrift des Haftbefehls auszuhändigen (§ 114a Satz 1 StPO); er ist nach § 114b Abs. 1 Satz 1 StPO überdies unverzüglich über seine Rechte aus § 114b Abs. 2 Satz 1 StPO zu belehren und auf das privilegierte Akteneinsichtsrecht seines Verteidigers aus § 147 Abs. 2 Satz 2 StPO hinzuweisen (§ 114b Abs. 2 Satz 2 StPO). Danach sind bei Vollzug von Untersuchungshaft oder Beantragung derselben im Fall der vorläufigen Festnahme dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise ungeachtet einer etwaigen Gefährdung des Untersuchungserfolges zur Verfügung zu stellen. Dieses Akteneinsichtsrecht steht dem nicht verteidigten Beschuldigten unter den weiteren Voraussetzungen des § 147 Abs. 4 StPO selbst zu. Auch hierüber ist er nach seiner Festnahme zu belehren (§ 114b Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 StPO). Ferner ist der Beschuldigte anlässlich der richterlichen Vernehmung, die nach § 115 Abs. 1 StPO unverzüglich nach der Ergreifung desselben zu erfolgen hat, auf die ihn belastenden Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Auch ist ihm Gelegenheit zu geben, die Verdachts - und Haftgründe zu entkräften und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen. Diese Informationspflicht geht über die Mitteilung des Inhalts des Haftbefehls hinaus und umfasst auch das die Haft veranlassende Beweismaterial in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1997 - 2 BvR 1769/97, NStZ-RR 1998, 108, 109).
41
Gründe dafür, dem Beschuldigten im vorliegenden Fall ausnahmsweise bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Recht auf Akteneinsicht zu gewähren, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
42
(2) Die verweigerte Akteneinsicht steht einer sofortigen Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht entgegen. Anders als bei bereits vollzogenen Maßnahmen erleidet der Beschuldigte hierdurch keinen Rechtsnachteil; er gewinnt vielmehr einen Zuwachs an Rechtssicherheit. Denn mit seiner Festnahme ergeht eine weitere richterliche Entscheidung über die Haftfrage, gegen die ihm - nach Akteneinsicht - erneut der Beschwerdeweg offen steht.
43
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StPO. Angesichts des geringen Erfolgs der Beschwerde ist es nicht unbillig, den Beschuldigten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.
Schäfer Wimmer Berg

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Generalbundesanwalt übt in den zur Zuständigkeit von Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug gehörenden Strafsachen gemäß § 120 Absatz 1 und 2 das Amt der Staatsanwaltschaft auch bei diesen Gerichten aus. Für die Übernahme der Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt genügt es, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen gegeben sind. Vorgänge, die Anlass zu der Prüfung einer Übernahme der Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt geben, übersendet die Staatsanwaltschaft diesem unverzüglich. Können in den Fällen des § 120 Abs. 1 die Beamten der Staatsanwaltschaft eines Landes und der Generalbundesanwalt sich nicht darüber einigen, wer von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hat, so entscheidet der Generalbundesanwalt.

(2) Der Generalbundesanwalt gibt das Verfahren vor Einreichung einer Anklageschrift oder einer Antragsschrift (§ 435 der Strafprozessordnung) an die Landesstaatsanwaltschaft ab,

1.
wenn es folgende Straftaten zum Gegenstand hat:
a)
Straftaten nach den §§ 82, 83 Abs. 2, §§ 98, 99 oder 102 des Strafgesetzbuches,
b)
Straftaten nach den §§ 105 oder 106 des Strafgesetzbuches, wenn die Tat sich gegen ein Organ eines Landes oder gegen ein Mitglied eines solchen Organs richtet,
c)
Straftaten nach § 138 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit einer der in Buchstabe a bezeichneten Strafvorschriften oder
d)
Straftaten nach § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes, nach § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes oder nach § 4 Abs. 4 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes und § 52 Abs. 2 des Patentgesetzes;
2.
in Sachen von minderer Bedeutung.

(3) Eine Abgabe an die Landesstaatsanwaltschaft unterbleibt,

1.
wenn die Tat die Interessen des Bundes in besonderem Maße berührt oder
2.
wenn es im Interesse der Rechtseinheit geboten ist, daß der Generalbundesanwalt die Tat verfolgt.

(4) Der Generalbundesanwalt gibt eine Sache, die er nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder § 74a Abs. 2 übernommen hat, wieder an die Landesstaatsanwaltschaft ab, wenn eine besondere Bedeutung des Falles nicht mehr vorliegt.