Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09

bei uns veröffentlicht am11.05.2010
vorgehend
Amtsgericht Düsseldorf, 25 C 15115/06, 02.07.2008
Landgericht Düsseldorf, 23 S 316/08, 16.11.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 93/09
vom
11. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind weniger strenge Anforderungen
als an die Bezeichnung des Rechtsmittelklägers zu stellen. Jedenfalls in
denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner
aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel
gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen
Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung
der Anfechtung erkennen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. Mai
2006 - II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569; Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR
73/07, juris; Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009,
208).
BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09 - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16. November 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dem Beklagten wird ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwältin Schäfer bewilligt. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.739,87 €

Gründe:

1

I.

Die klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat den Beklagten auf Zustimmung zur Freigabe eines beim Amtsgericht Münster hinterlegten Betrages von 4.739,87 € (Übersetzerhonorar) in Anspruch genommen. Der Beklagte hat widerklagend Auszahlung der hinterlegten Summe an sich verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage mit Versäumnisurteil vom 22. August 2007 stattge-
geben und die Widerklage abgewiesen. Auf den Einspruch des Beklagten hat es mit weiterem Urteil vom 2. Juli 2008 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. In beiden Urteilen ist die Klägerseite entsprechend den Angaben in der Klageschrift wie folgt bezeichnet: "1. … T. G. , handelnd unter der Firma A. G. H. GbR, M. weg , D. , 2. … K. H. , handelnd unter der Firma A. G. H. GbR, M. weg , D. , - Kläger und Widerbeklagte - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. & L. , B. straße , D. "
2
Gegen das ihm am 23. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am Montag, den 25. August 2008 per Fax beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt. Der Rechtsmittelbeklagte ist dabei wie folgt bezeichnet worden: "T. G. , M. weg , D. , - Kläger und Berufungsbeklagter - Bevollmächtigter: Rechtsanwälte H. L. , B. straße , D. "
3
Der Berufungsschrift war eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt. In den nachfolgenden Schriftsätzen ist die Klägerseite mit "T. G. und K. H. " bezeichnet worden. Diese hat weder die Parteibezeichnung in der Berufungsschrift noch die Bezeichnung in den nachfolgenden Schriftsätzen des Beklagten beanstandet. Mit Beschluss vom 27. Mai 2009 hat das Landgericht dem Beklagten Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens bewilligt. Nach mündlicher Verhandlung vom gleichen Tag hat es einen Beweisbeschluss erlassen, diesen jedoch nicht ausgeführt, sondern mit Hinweisbeschluss vom 29. September 2009 Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung wegen unzureichender Bezeichnung des/der Berufungsbeklagten erhoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Angaben in der Berufungsschrift weckten ernsthafte Zweifel daran, dass sich das Rechts4 mittel auch auf den Kläger Ziffer 2 (H. ) erstrecke. Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Berufungsbeklagte sei nicht bestimmbar bezeichnet. Es sei nicht erkennbar, dass sich das Rechtsmittel gegen die Partei "A. G. -H. GbR" richte. Die Berufungsschrift benenne den Berufungsbeklagten nicht nur ungenau oder unvollständig, sondern bezeichne ein anderes Rechtssubjekt. Ob es sich hierbei um einen beabsichtigten Parteiwechsel oder um ein bloßes Versehen handele, lasse sich weder der Berufungsschrift noch den ersten beiden Seiten des erstinstanzlichen Urteils entnehmen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht , weil die Berufung nicht wegen Versäumung der Einlegungsfrist, sondern wegen inhaltlicher Mängel des rechtzeitig eingegangenen Schriftsatzes als un5 zulässig zu verwerfen sei. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde, zu deren Durchführung er Prozesskostenhilfe beantragt. Er verweist darauf, dass die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Bezeichnung des Rechtsmittelbeklagten weniger streng seien als an die genaue Bezeichnung des Rechtsmittelklägers. Im Zweifel richte sich eine uneingeschränkt ein- gelegte Berufung gegen alle in der Vorinstanz erfolgreichen Prozessgegner. So lägen die Dinge auch hier. Das Rechtsmittel sei vorliegend ausweislich der Berufungsschrift uneingeschränkt eingelegt worden. Die in erster Instanz obsiegenden Kläger seien der beigefügten Ausfertigung des angefochtenen Urteils zu entnehmen gewesen. Hierbei habe es sich - wie auch das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss angenommen habe - um Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und damit um notwendige Streitgenossen gehandelt. Damit sei der Rechtsmittelgegner ausreichend bezeichnet worden.
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II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beru7 fungsgericht. 1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es den Gerichten, einer Partei den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; Senatsbeschluss vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, unter II 1 bb; jeweils m.w.N.).
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2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig
9
verworfen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO neben den weiteren , gesetzlich normierten Voraussetzungen auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 12. Januar 2010 - VIII ZB 64/09, juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 13. März 2007
10
- XI ZB 13/06, FamRZ 2007, 903, Tz. 7 m.w.N.). aa) An die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind strenge Anforderungen zu stellen; bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 15. November 2001 - I ZR 74/99, BGHReport 2002, 655; Senatsbeschlüsse vom 6. Dezember 2005 - VIII ZB 30/05, juris, Tz. 4; vom 9. April 2008 - VIII ZB 58/06, NJW-RR 2008, 1161, Tz. 5; vom 12. Januar 2010, aaO). Dabei sind, wie auch sonst bei der Ausdeutung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweili11 gen Einzelfalls zu berücksichtigen. bb) An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind dagegen weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569, Tz. 9; Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07, juris, Tz. 6; Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208, Tz. 5; vgl. ferner Urteil vom
12
8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, unter II 1; jeweils m.w.N.). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (BGH, Beschluss vom 9. September 2008, aaO). Dies ist jedoch nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat eine unbeschränkte Berufungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende genannt wurde (BGH, Urteile vom 8. November 2001, aaO; vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81, NJW 1984, 58, unter III 1; jeweils m.w.N.). Letztlich kommt es für die Frage, ob eine Beschränkung der Anfechtung gewollt ist, auf eine verständige Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist an. Dabei können sich aus einer beigefügten Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils häufig entscheidende Hinweise auf den Umfang der Anfechtung ergeben. Hierbei kommt insbesondere der Frage Bedeutung zu, ob eine Beschränkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner in Anbetracht des der Vorinstanz unterbreiteten Streitstoffs ungewöhnlich oder gar fern liegend erscheint (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 9. September 2008, aaO, Tz. 7; BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 233/01, NJW 2003,
13
3203, unter II).
b) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, es sei innerhalb der Berufungsfrist nicht hinreichend zu erkennen gewesen, gegen welche Personen sich das Rechtsmittel richten solle.
14
aa) Das Berufungsgericht hat zum einen bemängelt, es sei nicht erkennbar , dass sich die Berufung gegen die Partei "A. G. -H. GbR" richte. Eine Klarstellung, dass sich das Rechtsmittel gegen diese Gesellschaft richtet, war aber vom Berufungsführer schon deswegen nicht zu verlangen, weil schon das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Partei bezeichnet, sondern - den Angaben in der Klageschrift folgend - deren Gesellschafter als notwendige Streitgenossen aufgeführt hat. Diese nicht mehr der geltenden Rechtslage entsprechende Parteibezeichnung erfordert zwar im Hinblick auf die zwischenzeitlich anerkannte Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. hierzu BGHZ 146, 341) eine Rubrumsberichtigung dahin, dass anstelle der Gesellschafter als notwendige Streitgenossen nunmehr die Gesellschaft Partei ist (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 15. Januar 2003 - XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043, unter I a; BGH, Beschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZR 136/05, juris, Tz. 1). Dies bedeutet aber nicht, dass von einem Rechtsmittelkläger zu verlangen ist, die notwendige Berichtigung der Bezeichnung der gegnerischen Partei von sich aus schon bei Rechtsmitteleinlegung vorzunehmen. Vielmehr darf er darauf vertrauen, dass das Rechtsmittelgericht die erforderliche Rubrumsberichtigung später von Amts wegen vornimmt. Der Beklagte hätte sich also in seiner Berufungsschrift damit begnügen dürfen, die im angefochtenen Urteil verwendete Parteibezeichnung
15
zu übernehmen. bb) Soweit das Berufungsgericht weiter beanstandet, dass in der Berufungsschrift nur der im angefochtenen Urteil an erster Stelle aufgeführte Gesellschafter - und zwar ohne Hinweis auf seine Gesellschafterstellung - als Rechtsmittelgegner aufgeführt worden ist, überspannt es ebenfalls die Anforderungen an die Bestimmbarkeit des Rechtsmittelgegners. Wie sich den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts entnehmen lässt, hat es zur Auslegung der in der Berufungsschrift enthaltenen Erklärungen nicht den gesamten Inhalt des als Anlage zur Berufungsschrift übermittelten erstinstanzlichen Urteils, sondern nur die ersten beiden Seiten dieser Entscheidung herangezogen. Damit hat es die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nicht vollständig
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ausgeschöpft. Den auf Seite 4 des angefochtenen Urteils aufgeführten Anträgen der Parteien ist zu entnehmen, dass sich die Parteien gegenseitig auf Zustimmung zur Freigabe eines beim Amtsgericht hinterlegten Geldbetrags in Anspruch nehmen. Da die Freigabe hinterlegten Geldes eine Beteiligung aller Forderungsprätendenten voraussetzt, wäre eine Beschränkung eines Rechtsmittels auf einen von mehreren siegreichen Prozessgegnern sinnlos. Dieser Gesichtspunkt ist - anders als bloße Zweckmäßigkeitserwägungen - bei der Auslegung einer Rechtsmittelschrift zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2003, aaO). Weiter hat das Amtsgericht auf Seite 7 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass es in Anbetracht des gemeinsamen Vorgehens der beiden Kläger davon ausgeht, dass der Kläger zu 1 (G. ) seinen Anspruch in die mit dem Kläger zu 2 (H. ) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht hat. Das Amtsgericht hat also keinen Zweifel daran gelassen, dass die Kläger als Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Anspruch geltend machen, dessen Verfolgung sich nicht
17
aufspalten lässt. Diese innerhalb der Rechtsmittelfrist dem Berufungsgericht zugänglichen Umstände lassen bei vernünftiger Betrachtung nur die Deutung zu, dass der Beklagte sein Rechtsmittel nicht gegen den allein in der Berufungsschrift aufgeführten Kläger zu 1, sondern gegen beide im Rubrum des Urteils des Amtsgerichts genannten, in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Kläger richten wollte. Auch das Berufungsgericht und die Parteien haben die Parteibezeichnung in der Berufungsschrift des Beklagten zunächst nicht beanstan- det und damit die Richtigkeit einer solchen objektiven Auslegung bestätigt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Februar 2008, aaO, Tz. 7).
18

III.

Da die Rechtsbeschwerde des Beklagten Erfolg hat und er seine Bedürftigkeit glaubhaft gemacht hat, ist ihm zugleich Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu gewähren (§§ 114, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.07.2008 - 25 C 15115/06 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.11.2009 - 23 S 316/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 119 Bewilligung


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn d

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 64/09
vom
12. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 13. August 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.385 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger begehren von dem Beklagten nach Beendigung des Mietvertrages die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Mietkaution. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger Berufung eingelegt. Die mit dem Briefkopf der Rechtsanwaltssozietät des Klägervertreters versehene Berufungsschrift, der eine Ablichtung des erstinstanzlichen Urteils anlag, hat folgenden Wortlaut: "Geschäftszeichen: 9 C 669/08 In Sachen S. R. und Herrn K. Bevollmächtigte RAe: K. und Kollegen gegen J. P. Bevollmächtigte RAe: B. & H.
legen wir hiermit gegen das Urteil vom 10.02.2009 Berufung ein. Eine Ablichtung des erstinstanzlichen Urteils haben wir in der Anlage mit beigefügt."
2
Das Landgericht hat die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufungsschrift nicht erkennen lasse, für wen - für die Klägerin zu 1, den Kläger zu 2 oder beide - das Rechtsmittel eingelegt werde. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger.

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Gesetzes statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und im Übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO). Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der angefochtene Beschluss verletzt das Verfahrensgrundrecht der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; BVerfG, NJW 2003, 281; BVerfG NJW 1991, 3140; Senatsbeschluss vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, unter II 1 bb; BGH, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437, unter II 3 b). Indem das Berufungsgericht zu Unrecht (dazu unter 2) davon ausgegangen ist, dass die Berufungsschrift auch durch Auslegung nicht erkennen lasse, für wen das Rechtsmittel eingelegt werde, hat es den Klägern den Zugang zur Berufungsinstanz ungerechtfertigt verwehrt.
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
5
a) Das Berufungsgericht ist allerdings in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift gemäß § 519 Abs. 2 ZPO auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Aus der Berufungsschrift muss entweder für sich allein oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll. Dabei sind vor allem an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen; bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklä- gers ausgeschlossen sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden. Dabei sind, wie auch sonst bei der Ausdeutung von Prozesserklärungen , alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Anforderungen an die zur Kennzeichnung der Rechtsmittelparteien nötigen Angaben richten sich nach dem prozessualen Zweck dieses Erfordernisses, also danach, dass im Falle einer Berufung, die einen neuen Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befassten Gericht eröffnet, zur Erzielung eines auch weiterhin geordneten Verfahrensablaufs aus Gründen der Rechtssicherheit die Parteien des Rechtsmittelverfahrens, insbesondere die Person des Rechtsmittelführers, zweifelsfrei erkennbar sein müssen (Senatsbeschlüsse vom 9. April 2008 - VIII ZB 58/06, NJW-RR 2008, 1161, Tz. 5, und vom 6. Dezember 2005 - VIII ZB 30/05, juris, Tz. 4; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06, NJW-RR 2007, 413, Tz. 8; BGH, Beschluss vom 13. März 2007 - XI ZB 13/06, FamRZ 2007, 903, Tz. 7; jeweils m.w.N.).
6
b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, es sei innerhalb der Berufungsfrist nicht erkennbar gewesen , für wen mit dem Schriftsatz vom 19. März 2009 Berufung eingelegt worden sei.
7
aa) Die Auslegung von Prozesshandlungen und damit auch der Berufungsschrift unterliegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der freien revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senatsbeschluss vom 24. Juni 1992 - VIII ZR 203/91, NJW 1992, 2413, unter I 2 a; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2004 - VI ZB 68/03, NJW-RR 2004, 862, unter II 3 a; jeweils m.w.N.). Sie orientiert sich an dem Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige ge- wollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht. Lediglich theoretisch mögliche Zweifel, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht festgestellt sind, können bei der Auslegung der Berufungsschrift nicht ausschlaggebend sein (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2004, aaO).
8
bb) In der hier zu beurteilenden Berufungsschrift werden zwar die Parteirollen nicht genannt. Der Berufungsschrift war jedoch eine Abschrift der angefochtenen Entscheidung beigefügt. Diesem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Umstand kommt entscheidende Bedeutung zu. Denn die in der Sollvorschrift des § 519 Abs. 3 ZPO vorgesehene Vorlage einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils ist zwar nicht der einzige Umstand , aufgrund dessen sich eine fehlende Angabe in der Berufungsschrift als unschädlich erweisen kann; sie stellt indessen ein geeignetes Mittel und letztlich den sichersten Weg dar, um Zweifelsfälle zu vermeiden (vgl. BGHZ 165, 371, 373; BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - IV ZB 20/06, NJW-RR 2007, 935, Tz. 8). Im vorliegenden Fall lässt sich durch einen Abgleich der Berufungsschrift mit der beigefügten Abschrift des erstinstanzlichen Urteils jeder vernünftige Zweifel hinsichtlich der Frage, ob für beide oder nur für einen Kläger Berufung eingelegt werden soll, ausräumen.
9
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Zweifel, dass mit der Berufungsschrift das Rechtsmittel für beide Kläger eingelegt worden ist. Im Eingang des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts wird als Prozessbevollmächtigter beider Kläger die Rechtsanwaltssozietät genannt, zu der der Klägervertreter gehört und unter deren - auch seinen Namen aufweisenden - Briefkopf er die Berufungsschrift gefertigt hat. Hinzu kommt, dass die genannte Rechtsanwaltssozietät auch im Rubrum der Berufungsschrift als Prozessbevollmächtigte der Kläger aufgeführt wird. Ferner ergibt sich aus der Ur- teilsformel des Amtsgerichts, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen worden ist. Vernünftige Zweifel, dass das Rechtsmittel für beide Kläger eingelegt worden ist, können bei dieser Sachlage - zumal beide Kläger in der Berufungsschrift aufgeführt sind und sich der Berufungsschrift auch ansonsten keine Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Rechtsmitteleinlegung auf einen der Kläger entnehmen lassen - nicht aufkommen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - V ZB 42/04, BGHReport 2005, 1216, unter III 2 b).
10
3. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Er ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Syke, Entscheidung vom 10.02.2009 - 9 C 669/08 -
LG Verden, Entscheidung vom 13.08.2009 - 2 S 101/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 74/99 Verkündet am:
15. November 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der U. Deutschland Inc. & Co. OHG wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens gegen die U. Deutschland Inc. an das Berufungsgericht zurückverwiesen , dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, Transportversicherer der K. GmbH in H. , nimmt die beklagte U. Deutschland Inc. mit Sitz in N. (im folgenden : U. Inc.) aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 59.425,-- DM nebst Zinsen gerichteten Klage im vollen Umfang stattgegeben. Dagegen haben die Rechtsanwälte H. , die die U. Inc. im ersten Rechtszug vertreten haben, namens der in N. unter derselben Adresse wie die U. Inc. geschäftsansässigen U. Deutschland Inc. & Co. OHG (im folgenden: U. OHG) Berufung eingelegt. Die Klägerin hat unselbständige Anschlußberufung eingelegt, mit der sie ihre Klage um 1.000,-- DM erweitert hat.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der U. OHG als unzulässig verworfen und zugleich ausgesprochen, daß die Anschlußberufung der Klägerin wirkungslos sei.
Hiergegen richtet sich die Revision der U. OHG, mit der diese die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erstrebt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig angesehen, weil sie von der durch das angefochtene Urteil nicht beschwerten U. OHG eingelegt worden sei. Hierzu hat es ausgeführt:
Die die Berufung führende U. OHG habe selbst vorgetragen, daß die beklagte U. Inc. mit ihr nicht identisch, sondern eine ihrer persönlich haftenden
Gesellschafterinnen sei, weshalb weder eine bloûe Firmenänderung noch eine Rechtsnachfolge durch Umwandlung vorliege. Ebensowenig liege nach dem eigenen Vortrag der Berufungsklägerin lediglich eine aus den Umständen wie insbesondere aus dem der Berufungsschrift beigefügten Urteil erster Instanz zu entnehmende versehentliche Falschbezeichnung der die Berufung führenden Partei vor. Die von der Berufungsklägerin schlieûlich noch angesprochene Möglichkeit eines gewillkürten Parteiwechsels auch in der zweiten Instanz setzte eine zulässige Berufung und auûerdem die Zustimmung des Gegners voraus; im vorliegenden Fall seien beide Voraussetzungen nicht erfüllt.
II. Die hiergegen gerichtete Revision ist gemäû § 547 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Daû die die Revision führende U. OHG gemäû den Darlegungen zu nachfolgender Ziffer III entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts tatsächlich nicht Berufungsklägerin war, steht dem nicht entgegen. Die U. OHG ist damit durch das Berufungsurteil allerdings nicht formell beschwert. Bei der beklagten Partei ist jedoch, da sie keine Sachanträge stellt, die materielle Beschwer maûgeblich. Für diese reicht jeder nachteilige rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung - wie im Streitfall der Ausspruch , daû die Berufung der U. OHG unzulässig sei und diese die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen habe - aus (BGH, Urt. v. 5.1.1955 - IV ZR 238/54, NJW 1955, 545; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., Vorbem. § 511 Rdn. 19 m.w.N.).
III. Die Revision der U. OHG hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesgericht ist im Berufungsurteil zu Unrecht davon ausgegangen, daû nicht die im Verfahren vor dem Landgericht unterlegene U. Inc., sondern die durch das Urteil erster Instanz nicht beschwerte U. OHG Berufungsklägerin sei.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehört zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift neben den in § 518 Abs. 2 ZPO ausdrücklich normierten Voraussetzungen weiterhin die Angabe, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird. Dabei müssen, da mit der Berufung ein neuer Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befaûten Gericht eröffnet wird, aus Gründen der Rechtssicherheit zur Erzielung eines geordneten Verfahrensablaufs die Parteien des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Berufungsfrist für das Berufungsgericht und den Gegner in einer jeden Zweifel ausschlieûenden Weise erkennbar sein (BGHZ 21, 168, 170 ff.; 113, 228, 230; BGH, Beschl. v. 13.7.1993 - III ZB 17/93, NJW 1993, 2943 f.; Beschl. v. 7.11.1995 - VI ZB 12/95, NJW 1996, 320; Beschl. v. 16.7.1998 - VII ZB 7/98, NJW 1998, 3499; Beschl. v. 18.4.2000 - VI ZB 1/00, NJW-RR 2000, 1371, 1372, jeweils m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, daû die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschlieûlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden (BGH NJW 1996, 320 m.w.N.).
2. Im danach auch im Streitfall maûgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist hatte das Berufungsgericht, dem zur damaligen Zeit die Berufungsschrift und das dieser beigefügte Urteil des Landgerichts vorlagen, keinen Anlaû zu zweifeln, daû die U. Inc. Berufungsklägerin sein sollte. Dem stand nicht entgegen, daû als solche in der Berufungsschrift die U. OHG unter Angabe ihrer von der U. Inc. abweichenden gesetzlichen Vertretung bezeichnet
war. Unter Berücksichtigung dessen nämlich, daû die U. OHG in der Berufungsschrift als "Beklagte und Berufungsklägerin" bezeichnet und im beigefügten Urteil des Landgerichts die U. Inc. zweifelsfrei als Beklagte ausgewiesen war, konnten für das Berufungsgericht und die Klägerin aus deren damaliger Sicht keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, daû die U. OHG bei der Berufungseinlegung versehentlich anstelle der - im übrigen unter derselben Anschrift geschäftsansässigen - U. Inc. als Berufungsklägerin benannt worden war.
Nach dem vorstehend Ausgeführten ist es, da für die Frage, wer als Berufungsführer anzusehen ist, allein maûgeblich ist, was insoweit für das Berufungsgericht und den Gegner bis zum Ablauf der Berufungsfrist erkennbar geworden ist, mithin unerheblich, ob, wie das Berufungsgericht gemeint hat und die Revisionserwiderung geltend macht, eine versehentliche Falschbezeichnung ausweislich des eigenen späteren Vorbringens der Berufung tatsächlich nicht vorgelegen hatte, weil danach die U. OHG sich - zu Unrecht - als Rechtsnachfolgerin der U. Inc. angesehen hatte.
IV. Da sich die Klägerin auch mit einem Parteiwechsel auf der Beklagtenseite im Berufungsverfahren nicht einverstanden erklärt hat, ist das Berufungsurteil zu Unrecht gegen die Revisionsklägerin ergangen. Es konnte daher keinen Bestand haben und war deshalb aufzuheben.
Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses nunmehr das bei ihm noch anhängige Berufungsverfahren zwischen der U. Inc. und der Klägerin durchführt.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 5/05
vom
15. Mai 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Bezeichnung einer Partei ist als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig.
Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts
und des Prozessgegners hat. Demgemäß ist bei einer dem Wortlaut nach unrichtigen
Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die
nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung als Partei gemeint ist.
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - LG Neuruppin
AG Oranienburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Mai 2006 durch
die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 27. Januar 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die Beklagte zu 2 - F. Vertrieb und Service AG & Co. KG - verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.

1
Die Klägerin erwarb von der F. GmbH eine Frankiermaschine. Nachdem sie beschlossen hatte, von der Möglichkeit des Freistempelns keinen Gebrauch mehr zu machen, schickte sie die Maschine zurück, damit die Stempelteile ausgebaut werden konnten. Als Empfänger der Sendung vermerkte die Klägerin "F. , T.weg 21-26, B. ". Der Eingang wurde bestätigt von der "F. Vertriebs & Service AG & Co. KG, T.weg 21-26, B. ", wie sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 1 überreichten Schreiben ergibt.
2
Da die Maschine nicht zurückgegeben wurde, hat die Klägerin gegen die "F. Direkt Vertriebs GmbH" (Beklagte zu 1) Klage erhoben mit dem Antrag, diese zur Herausgabe der Maschine und - für den Fall der Nichtherausgabe binnen 14 Tagen - zur Zahlung von 1.682,18 € zu verurteilen. Die Beklagte zu 1 hat ihre Passivlegitimation bestritten. Daraufhin hat die Klägerin - unter Berufung auf die Anlage K 1 - ihre Klage auf die als "F. AG & Co. KG, T.weg 21-26, B. " bezeichnete Beklagte zu 2 erweitert. Auch diese Beklagte hat ihre Passivlegitimation bestritten. Daraufhin hat die Klägerin als Anlage K 7 eine Rechnung der "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG, T.weg 21-26, B. " über die Kosten der postalischen Abmeldung vorgelegt und dazu behauptet, diese Rechnung stamme - ebenso wie die Empfangsbestätigung Anlage K 1 - von der nunmehrigen weiteren Beklagten "F. AG & Co. KG". Das Amtsgericht hat mit einer - offenbar versehentlich nur an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichteten - Verfügung darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich sei, wer genau verklagt werden solle.
3
In der mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass sowohl die Beklagte zu 1 als auch die Beklagte zu 2 hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs nicht die zutreffenden Vertragspartner sein dürften und dass sich aus der Anlage K 1 ergebe, dass mit der Stilllegung der Frankiermaschine die "F. Vertriebs und Service AG & Co. KG" beauftragt worden sei.
4
Das Amtsgericht hat die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten zu 1 und 2 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin beantragt, die "Beklagte zu 2 (F. Vertriebs- und Service AG & Co. KG)" zur Herausgabe der Maschine und zur Zahlung zu verurteilen. Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin - soweit die Beklagte zu 2 betroffen ist - mit der Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Beklagten zu 2 zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Berufung ist zulässig.
6
1. Noch zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Berufung nicht schon deshalb unzulässig ist, weil in der Berufungsschrift als Berufungsbeklagte die "F. GmbH" angegeben ist, also eine Gesellschaft , die bislang an dem Rechtsstreit noch nicht beteiligt war und insbesondere in dem Rubrum des angefochtenen Urteils nicht mit aufgeführt ist.
7
Allerdings muss gemäß § 519 Abs. 2 ZPO in der Berufungsschrift angegeben werden, gegen welches Urteil sich die Berufung richten soll. Dazu gehört die Angabe, von wem und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll. Diese Information muss sich aber nicht aus der Rechtsmittelschrift allein ergeben. Vielmehr können dafür auch die mit dem Schriftsatz eingereichten sonstigen Unterlagen herangezogen werden, insbesondere die beigefügte Abschrift des erstinstanzlichen Urteils. Lässt sich daraus innerhalb der Berufungsfrist für das Gericht und für den Gegner mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, für und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll, reicht das aus (BGH, Urt. v. 6. Februar 1985 - I ZR 235/83, NJW 1985, 2651; Beschl. v. 31. März 1992 - VI ZB 7/92, VersR 1992, 761; Urt. v. 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832).
8
So liegt der Fall hier. Der Berufungsschrift der Klägerin war eine Abschrift des amtsgerichtlichen Urteils beigefügt. Daraus war zu ersehen, dass die Firma der Beklagten zu 1 "F. Direkt Vertriebs GmbH" lautete und nicht - wie in der Berufungsschrift angegeben - "F. GmbH". Zwar existiert auch eine Gesellschaft mit dem letztgenannten Namen - von dieser Gesellschaft hatte die Klägerin die Frankiermaschine gekauft. Dennoch konnte aus dem Gesamtzusammenhang der Berufungsschrift mit dem beigefügten Urteil nicht zweifelhaft sein, dass die Berufung nicht gegen diese, sondern gegen die in dem Urteil genannte GmbH geführt werden sollte.
9
2. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich die Berufung nicht nur gegen die "F. Direkt Vertriebs GmbH" (Beklagte zu 1), sondern auch gegen die Beklagte zu 2 - in dem angefochtenen Urteil als "F. AG & Co. KG" bezeichnet - richten sollte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Bezeichnung des Rechtsmittelbeklagten keine strengen Anforderungen zu stellen. Bei - wie hier - mehreren obsiegenden Streitgenossen ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich das Rechtsmittel gegen alle Streitgenossen richtet, es sei denn, dass die Rechtsmittelschrift - wie hier nicht - eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (BGH, Urt. v. 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832; v. 15. März 2005 - XI ZR 297/04, Urteilsumdruck S. 8).
10
3. Zutreffend ist auch noch die Annahme des Landgerichts, dass die Berufung nur zulässig ist, wenn sie sich gegen die Partei(en) richtet, die an dem erstinstanzlichen Verfahren beteiligt und dort - ganz oder teilweise - erfolgreich war(en). Diese Voraussetzung ist hier aber - anders als das Landgericht gemeint hat - bezüglich der Beklagten zu 2 erfüllt. Die Berufungsbegründung richtet sich gegen die "Beklagte zu 2 (F. Vertriebs und Service AG & Co. KG)", womit erkennbar die in der Rechnung Anlage K 7 genannte "F.
Vertrieb und Service AG & Co. KG" gemeint war. Schon im ersten Rechtszug war diese Gesellschaft neben der "F. Direkt Vertriebs GmbH" (Beklagte zu 1) als weitere Beklagte beteiligt - und nicht die in dem Rubrum des amts- und landgerichtlichen Urteils als Beklagte zu 2 genannte "F. AG & Co. KG".
11
Allerdings hatte die Klägerin in dem Klageerweiterungsschriftsatz vom 26. Mai 2004 als neue Beklagte zu 2 die "F. AG & Co. KG" angegeben. Die Bezeichnung einer Partei ist aber als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig (BGHZ 4, 328, 334). Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Demgemäß ist bei einer dem Wortlaut nach unrichtigen Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung als Partei gemeint ist. Dabei können als Auslegungsmittel auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden (BGH, Urt. v. 26. Februar 1987 - VII ZR 58/86, WM 1987, 739, 740; v. 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87, ZIP 1988, 571, 574; Beschl. v. 3. Februar 1999 - VIII ZB 35/98, ZIP 1999, 616, 617; zur Auslegung von Prozesshandlungen allgemein Urt. v. 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, NJW-RR 2005, 371, 372).
12
Danach ist hier davon auszugehen, dass nicht die "F. AG & Co. KG", sondern die "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" mit der Klageerweiterung als neue Beklagte in den Prozess hineingezogen werden sollte. Die Klägerin hat sich in dem Klageerweiterungsschriftsatz auf die mit der Klageschrift als Anlage K 1 überreichte Empfangsbestätigung bezogen und deutlich gemacht, dass die darin genannte Gesellschaft die Frankiermaschine empfangen habe und deshalb nun auf Herausgabe (mit-)verklagt werden solle. Es heißt dort zwar: "Richtig ist, dass die Bestätigung des Erhalts der Frankiermaschine nicht von der F. GmbH, sondern von der F. AG & Co. KG kam (Anlage K 1)."
13
Aus der Anlage K 1 ging aber klar hervor, dass der Absender dieses Schreibens nicht die "F. AG & Co. KG", sondern die "F. Vertriebs & Service AG & Co. KG" (richtig: "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG") war.
14
Diese Tatsache wird bestätigt durch den Schriftsatz der Klägerin vom 29. Juni 2004, mit dem die Rechnung über die postalische Abmeldung der Frankiermaschine als Anlage K 7 überreicht worden ist. Auch daraus ergibt sich als Absender die "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG", vertreten durch die "F. AG & Co." als Komplementärin. Da nichts dafür sprach, dass die Klägerin statt der Empfängerin der Frankiermaschine deren Komplementärin auf Herausgabe in Anspruch nehmen wollte, war für das Gericht und den Prozessgegner klar, dass nicht die Komplementärin, sondern die "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" als Beklagte zu 2 verklagt werden sollte. Dementsprechend war diesem Umstand, was der Senat nunmehr nachgeholt hat, durch eine einfache Rubrumsberichtigung Rechnung zu tragen.
15
Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob auch die "F. AG & Co. KG" als die Komplementärin der "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB auf Herausgabe der Frankiermaschine haftet (vgl. BGHZ 73, 217, 221 f.; BGH, Urt. v. 1. April 1987 - VIII ZR 15/86, ZIP 1987, 842, 844).

III.

16
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.682,18 € festgesetzt.
Kurzwelly Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
AG Oranienburg, Entscheidung vom 29.09.2004 - 28 C 70/04 -
LG Neuruppin, Entscheidung vom 27.01.2005 - 4 S 300/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 73/07
Verkündet am:
14. Februar 2008
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Teilurteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 14. März 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger ist Eigentümer des Hauses A. Straße 4-6 in K. . Im Jahre 1994 führte dort die Beklagte zu 2 im Auftrag der erstbeklagten Verbandsgemeinde Kanalbauarbeiten durch. 1995 stellte der Kläger Risse an seinem Haus und 1999 ein starkes Absenken des Gebäudes und des Bürgersteiges fest. Mit der Behauptung, ursächlich hierfür seien Fehler bei den Kanalarbeiten , nimmt der Kläger die beiden Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz in Höhe von zuletzt 51.685,34 € wegen Sanierungsmaßnahmen in Anspruch. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagten auch zur Erstattung der Kosten für die weiteren Schadensbeseitigungsarbeiten an seinem Haus im Zusammenhang mit den Kanalbauarbeiten 1994 verpflichtet seien.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In seiner Berufungsschrift hat der Kläger nur die Beklagte zu 1 als "Beklagte zu 1 und Berufungsbeklagte zu 1" bezeichnet, während die Beklagte zu 2 und der Streithelfer der Beklagten lediglich mit den Ordnungsnummern 2 und 3 angeführt sind, bei ihnen aber jegliche Parteirollen fehlen. Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil unter Zurückweisung des vom Kläger gestellten Wiedereinsetzungsantrags die Berufung als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2 richte, und hat im Übrigen (Beklagte zu 1) das Rechtsmittel hinsichtlich des bezifferten Zahlungsantrags als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
A. Beklagte zu 2

I.


4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die gegen die Beklagte zu 2 geführte Berufung unzulässig, weil aus der Berufungsschrift nicht hinreichend deutlich werde, dass sich das Rechtsmittel auch gegen die Beklagte zu 2 rich- ten solle. Deren Einbeziehung ergebe sich erstmals eindeutig aus der späteren Berufungsbegründung. Mit der Einlegung der Berufung sei aber dem Berufungsgericht und dem Rechtsmittelgegner Klarheit über den Gegenstand und die Beteiligten des Rechtsmittelverfahrens zu verschaffen. Auch unter Anwendung eines großzügigen Maßstabs sei eine Berufung dann, wenn in der Berufungsschrift ein gegnerischer (einfacher) Streitgenosse als Berufungsbeklagter bezeichnet werde, der andere dagegen nicht, das Rechtsmittel gegenüber dem nicht Bezeichneten unzulässig, wenn Zweifel an dessen Inanspruchnahme als Rechtsmittelbeklagter verblieben. So liege es hier. In der Berufungsschrift sei allein die Beklagte zu 1 als Rechtsmittelgegnerin bezeichnet. Die Beklagte zu 2 sei ebenso wie der Streitverkündete (richtig: Streithelfer) ohne nähere Bezeichnung unter den nachfolgenden Ordnungsnummern aufgelistet. Gerade durch die gleichartige Bezeichnung der Beklagten zu 2 und des Streitverkündeten, der nicht Rechtsmittelgegner sein könne, ergäben sich erhebliche Zweifel, ob sich die Berufung auch gegen die Beklagte zu 2 richten solle. Diese Zweifel ließen sich auch unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Verfahrens (die Verfahrensakte sei bereits innerhalb der Berufungsfrist übersandt worden) nicht klären. Denn für die beiden erstinstanzlich Beklagten komme eine deutlich unterschiedliche Haftung in Betracht. Gegen die Versäumung der Berufungsfrist sei dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren.

II.


5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Richtig ist, dass den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO nur dann genügt ist, wenn bei der Einlegung der Berufung aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sind oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Berufungsfrist eindeutig erkennbar werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Berufung unzulässig (st. Rspr.; vgl. BGHZ 21, 168, 170 ff.; 65, 114, 115; 113, 228, 230; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06 - NJW-RR 2007, 413, 414 Rn. 8; jeweils m.w.N.). An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand, keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung, d.h. gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (BGH, Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928 f.; Urteil vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - VersR 1983, 984, 985; Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514 unter B II 1, insoweit in BGHZ 124, 151 nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831, 832; Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569, 1570 Rn. 9). Das stellt auch das vom Berufungsgericht für seine Rechtsauffassung angeführte Urteil des V. Zivilsenats vom 11. Juli 2003 (V ZR 233/01 - NJW 2003, 3203, 3204) nicht in Frage.
7
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Berufung des Klägers nicht nur gegen die Beklagte zu 1, sondern auch gegen die Beklagte zu 2 gerichtet war. In der Berufungsschrift ist die erstbeklagte Verbandsgemeinde als "Beklagte zu 1 und Berufungsbeklagte zu 1" bezeichnet , während bei der Beklagten zu 2 und dem Streithelfer jegliche Parteibezeichnungen fehlen. Schon aus diesem Grunde musste sich, was die Beklagte zu 2 betrifft, ein bloßes Versehen des Klägers aufdrängen. Mit dem sich denknotwendig anschließenden, jedoch ausgelassenen "Beklagten zu 2 und Berufungsbeklagten zu 2" konnte, wie das Berufungsgericht selbst erkennt, nur die Beklagte zu 2 gemeint sein. Hinzu kommt, dass sowohl das Berufungsgericht als auch die Parteien zunächst die Berufung des Klägers in diesem Sinne als uneingeschränkte Anfechtung verstanden und damit die Richtigkeit einer solchen objektiven Auslegung bestätigt haben. Zu einer geänderten Rechtsansicht kam das Berufungsgericht erst nach einem Wechsel in der Besetzung.
8
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht deswegen die Berufung des Klägers , soweit sie gegen die Beklagte zu 2 gerichtet war, als unzulässig verworfen. Auf den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers kommt es nicht an.
B. Beklagte zu 1
9
Auch die Teilabweisung der Klage als unbegründet gegenüber der Beklagten zu 1 ist von Verfahrensfehlern beeinflusst.

I.


10
Das Berufungsgericht hat es insoweit im Anschluss an das Landgericht und unter Bezugnahme auf dessen Begründung als nicht nachgewiesen angesehen , dass diejenigen Schäden, die der Kläger in den Jahren 1999/2000 reparieren ließ und deren Ersatz er nunmehr mit dem Leistungsantrag begehre, auf die Kanalbauarbeiten des Jahres 1994 zurückzuführen seien. Die Angriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts begründeten keine Zwei- fel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
11
Das Landgericht hatte über den Kausalzusammenhang umfangreich Beweis erhoben und unter anderem zu der Frage, ob wegen nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang eingebauter Sperrriegel eine Drainagewirkung entstanden sei, ein hydrogeologisches Gutachten sowie ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen C. eingeholt und ihn auch mündlich angehört. Er kam zu dem Ergebnis, die Schäden am Gebäude des Klägers seien hauptsächlich durch die schlechten Baugrundverhältnisse und nachrangig vermutlich auch durch Grundwasserabsenkungen verursacht. Hiergegen hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 10. Januar 2006 Einwände erhoben und unter Hinweis auf zwei von ihm gleichzeitig vorgelegte Privatgutachten behauptet, aufgrund der Drainagewirkung des Kanals sei es zu einer Änderung der Grundwasserfließrichtung und zu einem Absinken des Grundwasserspiegels um ca. 50 cm seit den Bauarbeiten gekommen. Je nach den Witterungsverhältnissen sinke das Grundwasser in den Bereich des nicht tragfähigen Bachlehms ab, was Setzungen hervorrufe. Wegen der besonders fließgefährdeten Bodenstruktur sei ein dicht schließendes und kraftschlüssiges Verbausystem notwendig gewesen, um Setzungsbewegungen durch Bodenverluste zu verhindern, zumindest aber der Einbau von Sperrriegeln. Der Kläger hat sodann im nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Februar 2006 den Beweisantrag gestellt, eine jahreszeitliche Messung des Grundwasserspiegels zur Feststellung von Grundwasserschwankungen vorzunehmen. Dieses Vorbringen hat das Landgericht für verspätet (§ 296 Abs. 2 ZPO) und zugleich für unerheblich gehalten. Beide Privatgutachten stützten sich auf Sachvortrag, den der Kläger unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes und der Prozessförderungspflicht schon früher hätte in das Verfahren einführen können und müssen (§ 282 ZPO). Selbst wenn man jedoch den Vortrag als rechtzeitig ansähe, wäre den weiteren Beweisangeboten nicht nachzugehen. Die Ausführungen des Klägers stellten einen Ausforschungsbeweis dar, da es hierfür an tatsächlichen Anhaltspunkten fehle.

II.


12
Der Revision ist zuzugeben, dass es für die Zurückweisung der nachträglichen Beweisanträge an einer rechtlichen Grundlage fehlt. Infolgedessen durfte das Berufungsgericht auch die vom Landgericht festgestellten Tatsachen nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 531 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde legen.
13
1. Für eine Zurückweisung nach dem vom Landgericht herangezogenen § 296 Abs. 2 ZPO reicht ein - auch schuldhafter - Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1 ZPO) allein nicht aus. Die Verspätung muss vielmehr auf grober Nachlässigkeit beruhen. Hierzu fehlen jegliche Feststellungen. Das Rechtsmittelgericht darf eine fehlerhafte Zurückweisung auch nicht auf eine andere Vorschrift stützen (BGH, Urteil vom 1. April 1992 - VIII ZR 86/91 - NJW 1992, 1965; Urteil vom 4. Mai 2005 - XII ZR 23/03 - NJW-RR 2005, 1007, 1008 m.w.N.).
14
2. Darüber hinaus rügt die Revision zu Recht, dass die Vorinstanzen das ergänzende Vorbringen des Klägers zum Ursachenzusammenhang zwischen Kanalbau und Gebäudeschäden und seine weit eren Beweisanträge nicht als unbeachtlichen Ausforschungsbeweis würdigen durften. Eine unzulässige Ausforschung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht vor, wenn eine Prozesspartei mangels der lediglich bei einem Sachkundigen vor- handenen Kenntnis von Einzeltatsachen nicht umhin kann, nur vermutete Angaben als Behauptung in den Rechtsstreit einzuführen (BGH, Urteile vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94 - NJW 1995, 1160, 1161; vom 11. April 2000 - X ZR 19/98 - NJW 2000, 2812, 2813 f. und vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01 - NJW-RR 2003, 491; ebenso etwa Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 284 Rn. 3; jeweils m.w.N.). So verhält es sich auch hier. Mangels näherer Kenntnisse über die geologischen und physikalischen Zusammenhänge zwischen den Bauarbeiten, der Grundwasserführung und den aufgetretenen Rissen und Senkungen am Gebäude war vom Kläger ohne sachverständige Hilfe eine substantiierte Darstellung nicht zu erwarten (vgl. BGHZ 164, 330, 335). Warum es überdies nunmehr, nachdem der Kläger zwei von ihm eingeholte Privatgutachten vorgelegt hatte, immer noch an hinreichenden Anknüpfungstatsachen für eine Beweiserhebung fehlen sollte, erschließt sich nicht und wird von den Vorinstanzen auch nicht näher begründet. Andere Bedenken gegen die Zulässigkeit des Klagevorbringens wie der weiteren Beweisanträge sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
15
3. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Vortrags anders entschieden hätte und dass das Teilurteil somit auf diesen Verfahrensfehlern beruht.

C.


16
Infolge dessen kann das Berufungsurteil insgesamt nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben und der Rechtsstreit in dem in die Revisionsinstanz gelangten Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Schlick Wurm Kapsa
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 02.03.2006 - 3 O 89/01 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 14.03.2007 - 1 U 379/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 53/07
vom
9. September 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Auslegung der Berufungsschrift, wenn nur zwei der erstinstanzlich verklagten
drei Beklagten in der Rechtsmittelschrift als Berufungsbeklagte aufgeführt
sind.
BGH, Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - OLG Hamm
LG Essen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge,
Stöhr und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Oktober 2007 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert beträgt 180.535 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat in dem zugrunde liegenden Arzthaftungsverfahren neben den Beklagten zu 1 und 2 (Träger des K.- Krankenhauses in B. sowie Chefarzt der Gefäßchirurgie des Krankenhauses) auch den anwaltlich gesondert vertretenen Beklagten zu 3 (einen niedergelassenen Chirurgen und ambulanten Behandler der Klägerin) in Anspruch genommen. Mit dem am 2. Juni 2007 zugestellten Urteil vom 2. Mai 2007 hat das Landgericht die Klage gegen alle Beklagten abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es die Abweisung gesondert hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 2 sowie des Beklagten zu 3 begründet.
2
Das OLG hat durch den angefochtenen Beschluss die Berufung gegenüber dem Beklagten zu 3 nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen. Innerhalb der Berufungsfrist sei per Faxschreiben nur gegenüber den Beklagten zu 1 und 2, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten I. Instanz, ein Rechtsmittel eingelegt worden. In dieser Berufungsschrift seien ausdrücklich nur diese beiden Beklagten als Berufungsbeklagte benannt worden. Weder aus dem Schriftsatz noch aus den sonstigen Umständen lasse sich im Wege der Auslegung entnehmen, dass die Berufung sich auch gegen den gesondert vertretenen Beklagten zu 3 als den niedergelassenen Behandler richten sollte. Alleine aus der Berufungseinlegung lasse sich dies bei der gegebenen Konstellation nicht entnehmen, zumal der Berufungsschrift laut Eingangsstempel nur eine beglaubigte Abschrift beigefügt worden sei.
3
Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Klägerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Rechtsstreit zur Sachentscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

II.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht erforderlich.
5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO nur genügt, wenn bei der Einlegung der Berufung aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sind oder - ggf. aus anderen im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegenden Unterlagen - eindeutig erkennbar werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Berufung unzulässig (vgl. BGHZ 21, 168, 170 ff.; 65, 114, 115; 113, 228, 230; BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - juris Rn. 6; Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06 - NJW-RR 2007, 413, 414). An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand , keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung , d.h. gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - VersR 1983, 984, 985; BGH, Urteile vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928 f.; vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514 unter B. II. 1., insoweit in BGHZ 124, 151 nicht abgedruckt; vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831, 832; vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - aaO; Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569, 1570). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, beispielsweise daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - aaO, 929).
6
b) Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden, weil die Rechtsmittelschrift bei der hier gegebenen Konstellation eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt.
7
Während es sich bei den Beklagten zu 1 und 2 um den Träger des K.-Krankenhauses in B. sowie den Chefarzt der Gefäßchirurgie dieses Krankenhauses handelt, ist der Beklagte zu 3 niedergelassener Chirurg und ambulanter Behandler der Klägerin. Bei den vorgeworfenen ärztlichen Fehlern handelt es sich also um solche, die in verschiedenen Behandlungs- und Zeitabschnitten bei den Beklagten zu 1 und 2 im Rahmen einer stationären Behandlung und beim Beklagten zu 3 im Rahmen einer ambulanten Behandlung erfolgt sein sollen. Demgemäß wurden die Beklagten zu 1 und 2 und der Beklagte zu 3 beim Landgericht durch verschiedene Prozessbevollmächtigte vertreten und das Landgericht hat die Klageabweisung gesondert hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 2 einerseits und des Beklagten zu 3 andererseits begründet. Unter diesen Umständen ist es für das Berufungsgericht nicht außergewöhnlich, dass in der Berufungsinstanz nur noch der Komplex "stationäre Behandlung" oder der Komplex "ambulante Behandlung" zur Überprüfung gestellt wird. Da bis zum Ablauf der Berufungsfrist auch keine weiteren Unterlagen vorlagen, aus denen sich etwas anderes hätte ergeben können, durfte es mithin davon ausgehen , dass die Berufung beschränkt gegen die Beklagten zu 1 und 2 eingelegt werden sollte, weil nur diese beiden Beklagten in der Berufungsschrift genannt worden sind.
8
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Zulassung auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Divergenz zum Urteil des V. Zivilsenats vom 11. Juli 2003 (V ZR 233/01, NJW 2003, 3203) oder zum Beschluss des II. Zivilsenats vom 5. Mai 2006 (II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569) erforderlich. Beide Entscheidungen stehen nicht in Widerspruch zu den hier aufgezeigten Grundsätzen und der jetzigen Entscheidung.
9
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 02.05.2007 - 1 O 1/4 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.10.2007 - 3 U 148/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 233/01 Verkündet am:
11. Juli 2003
Kanik
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird in der Berufungsschrift ein gegnerischer (einfacher) Streitgenosse als Berufungsbeklagter
bezeichnet, der andere dagegen nicht, ist das Rechtsmittel gegenüber
dem Nichtbezeichneten unzulässig, wenn Zweifel an seiner Inanspruchnahme
als Rechtsmittelbeklagter verbleiben.

b) Bei der Prüfung, ob das Rechtsmittel auch gegen einen nicht als Berufungsbeklagten
bezeichneten Streitgenossen eingelegt ist, hat das Berufungsgericht,
wenn rechtlich beide Möglichkeiten in Frage kommen, nicht darauf abzustellen,
welche aus der Sicht des Rechtsmittelklägers die zweckmäßigere ist.

c) Eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gerichts zur Rücksichtnahme gegenüber
den Verfahrensbeteiligten schließt nicht das Gebot ein, die Interessen der nachlässigen
Partei zu Lasten des Gegners zu wahren; im Zweifel ist derjenigen Aus-
legung einer prozessualen Erklärung der Vorzug zu geben, die den Belangen der
Partei, der kein Normverstoß anzulasten ist, gerecht wird.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2003 - V ZR 233/01 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 2001 wird, soweit sie nicht Gegenstand des Beschlusses des Senats vom 21. November 2002 ist, zurückgewiesen.
Die Kosten der Revisionsinstanz trägt die Beklagte zu 1 zu 99 v.H. allein, zu 1 v.H. gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin hat von der Beklagten, der sie ein Hausgrundstück verkauft hatte, die Herausgabe von Inventar verlangt. Widerklagend hat die Beklagte die Klägerin und deren Ehemann (Drittwiderbeklagter) aufgrund Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über die baurechtliche Genehmigung des Anwesens auf Rückgängigmachung des Kaufs und wegen Verschuldens bei Vertragsschluß auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage, soweit sie sich gegen die Klägerin
gerichtet hat, bis auf einen Teilbetrag des Schadensersatzes stattgegeben. Die Klage gegen den Drittwiderbeklagten hat es abgewiesen. In der Berufungs- schrift der Beklagten ist die Klägerin als "Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte" , der Drittwiderbeklagte dagegen nur als "Widerbeklagter" bezeichnet. Im Berufungsrechtszug hat die Beklagte die gegen die Klägerin gerichtete Berufung zurückgenommen und das Rechtsmittel gegen den Drittwiderbeklagten weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht geht unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 26. September 1961 (Senat, V ZB 24/61, NJW 1961, 2347) und vom 19. März 1969 (VIII ZR 63/67, NJW 1969, 928 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 1, Nr. 4) von dem Grundsatz aus, daß ein Rechtsmittel sich gegen die angefochtene Entscheidung als solche richtet (§ 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 518 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F.), diese mithin im Umfang der Beschwer des Rechtsmittelklägers angreift. Anderes gelte, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lasse. Dies sei bei mehreren, als Rechtsmittelbeklagte in Frage kommenden, Streitgenossen der Fall, wenn in der Rechtsmittelschrift nur einzelne von ihnen als Rechtsmittelbeklagte bezeichnet seien. Allerdings genüge es mit Rücksicht auf zum Teil bestehende Gerichtsgepflogenheiten, wenn der Rechtsmittelkläger nur den gegnerischen Streitgenossen, der in dem angefochtenen Urteil als erster bezeichnet ist
("Spitzenreiter"), in die Rechtsmittelschrift aufnehme. Die Berufungsschrift der Beklagten, die die gegnerischen Streitgenossen vollständig anführe, aber nur einen von ihnen, die Klägerin, als Berufungsbeklagte bezeichne, lasse demgegenüber die Auslegung, auch der Drittwiderbeklagte sei Rechtsmittelgegner, nicht zu.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision stand.
Sie meint, das Berufungsgericht habe der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Juni 1983 (VI ZR 245/81, NJW 1984, 58 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 1, Nr. 8; vgl. auch BGH, Urt. v. 8. November 2001, VIII ZR 65/01, NJW 2002, 831 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2, Nr. 18 - passim -) nicht Rechnung getragen, wonach sich "im Zweifel" die uneingeschränkt eingelegte Berufung gegen alle erfolgreichen Streitgenossen richtet, wenn diese in der Berufungsschrift aufgeführt, aber nur teilweise auch als Berufungsbeklagte bezeichnet sind (Leitsatz). Dies greift nicht durch. Allerdings gebieten die im Grundgesetz gewährleisteten Prozeßgrundrechte, daß der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in einer von Sachgründen nicht gedeckten Weise durch Förmelei erschwert wird (BGH, Urt. v. 19. Februar 2002, VI ZR 394/00, NJW 2002, 1430). Mängel der Parteibezeichnung in Rechtsmittelschriften sind deshalb unbeachtlich, wenn sie in Anbetracht der jeweiligen Umstände keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers oder des Rechtsmittelbeklagten offenlassen (Senat, Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, BGH-Report 2002, 1112). Dies ist
auch die Auffassung des VI. Senats, die er in seiner der Entscheidung vom 21. Juni 1983 folgenden Rechtsprechung wiederholt bestätigt hat (Beschl. v. 7. November 1995, V ZB 12/95, NJW 1996, 320 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2, Nr. 14; v. 15. Dezember 1998, VI ZR 316/97, NJW 1999, 1554 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 1, Nr. 17; Urt. v. 19. Februar 2002, aaO). Danach können lediglich theoretische Zweifel, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht festgestellt sind, bei der Auslegung der Berufungsschrift nicht maßgeblich sein. Der Entscheidung vom 21. Juni 1983 ist mithin, wie sich des näheren aus ihrer Begründung, aber auch im Lichte der weiteren Rechtsprechung ergibt, nicht zu entnehmen, daß eine differente Bezeichnung der gegnerischen Streitgenossen, teils unter Beifügung einer Parteirolle im Rechtsmittelverfahren, teils ohne eine solche, stets nur einen theoretischen, mithin nicht maßgeblichen Zweifel an der Person des Rechtsmittelbeklagten begründen könne. Maßgeblich für die Auslegung der Rechtsmittelschrift sind alle dem Rechtsmittelgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist (BGH, Urt. v. 7. November 1995, aaO; Senat, Beschl. v. 19. September 2002, aaO) zugänglichen Umstände, neben der Rechtsmittelschrift selbst auch die dieser beizufügende (§ 519 Abs. 3 ZPO; § 518 Abs. 3 ZPO a.F.) Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils oder weiter vorhandene Unterlagen (BGH, Urt. v. 13. Oktober 1998, VI ZR 81/98, NJW 1999, 291 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2 Nr. 15). In dem am 21. Juni 1983 entschiedenen Fall war die Einteilung in zwei Beklagtengruppen auf die jeweils verschiedene anwaltliche Vertretung der gegnerischen Streitgenossen zurückzuführen gewesen, die Gesamtzahl der Rechtsmittelgegner wurde durch die Anzahl der der Berufungsschrift beigefügten Abschriften bestimmt; zudem lag bei dem zu beurteilenden zusammenhängenden Unfallgeschehen eine Aufspaltung der Rechtsmittelbeklagten eher fern.
Im Streitfall dagegen hatte das Landgericht der gegen die Klägerin gerichteten Widerklage dem Grunde und, bis auf einen Teilbetrag von 28.000 DM (Erstattung von Grunderwerbsteuer wegen Verschuldens bei Vertragsschluß), auch der Höhe nach stattgegeben, beim Drittwiderbeklagten, der nicht Vertragspartei war, dagegen die Passivbefugnis verneint. Der Beschränkung des Rechtsmittels auf die abgewiesene Teilforderung gegen die Klägerin konnte ein eigenständiger, von einem Rechtsmittelverfahren gegen den Drittwiderbeklagten losgelöster Sinn nicht abgesprochen werden. Die Frage, welches Rechtsmittel, die Berufung allein gegen die Klägerin oder gegen diese und den Drittwiderbeklagten, auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Erfolgschancen , das zweckmäßigere war, hatte bei der Auslegung der Rechtsmittelschrift zurückzutreten. Zu solchen Überlegungen ist vor Eingang der Rechtsmittelbegründungsschrift in der Regel keine Grundlage gegeben. Vor allem aber steht die Richtung des Rechtsmittelangriffs nicht zur Disposition des Gerichts. Diesem ist es versagt, mittels Überlegungen zur Zweckmäßigkeit und Erfolgsaussicht der Angriffsrichtung die Disposition der Parteien durch eine eigene zu ersetzen. Der Umstand, daß die Beklagte nachträglich die Berufung gegen die Klägerin zurückgenommen hat, ist mithin nicht dafür signifikant, daß das Berufungsgericht die möglichen Auslegungsquellen nicht erschöpft hätte. Abweichend von dem, der Entscheidung vom 21. Juni 1983 zugrundeliegenden Sachverhalt standen dem Berufungsgericht hier keine weiteren Auslegungsmittel zur Verfügung.
Die ernstlichen Zweifel an der Inanspruchnahme des Drittwiderbeklagten als Berufungsbeklagten, die die wenige Tage vor Ablauf der Berufungsfrist eingegangene Rechtsmittelschrift hinterließ, mußten zur Verwerfung des Rechtsmittels führen. Dies geboten einmal die Belange des Drittwiderbeklagten, der
als erstinstanzlich siegreich gebliebener Streitgenosse ein schutzwürdiges Interesse daran hatte zu wissen, ob diese Position Gegenstand eines Rechtsmittelangriffs sein würde oder bereits Bestand hatte (Senatsbeschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, aaO; BGH, Beschl. v. 15. Juli 1999, IX ZB 45/99, NJW 1999, 3124 = LM ZPO § 518 Abs. 2 Ziff. 2 Nr. 17). Die aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Forderung an die Gerichte zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation (BVerfG, Beschl. v. 9. August 1991, NJW 1991, 3140 m.w.N. zur Rspr. d. Bundesverfassungsgerichts) schließt keine Anleitung in sich, die Interessen der nachlässigen Partei zu Lasten des Gegners zu wahren. Im Zweifel ist vielmehr derjenigen Auslegung einer prozessualen Erklärung der Vorzug zu geben, die den Belangen des Zustellungsadressaten (bei der Berufung : § 521 ZPO, § 519a ZPO a.F.), dem kein Normverstoß anzulasten ist, gerecht wird. Zum anderen gebieten auch die wohlverstandenen Interessen des Rechtsmittelklägers Zurückhaltung. Würde das Gericht bei nicht behebbaren Zweifeln über die Person des Rechtsmittelgegners eine von mehreren gleichermaßen in Frage kommenden Möglichkeiten wählen, wäre es zu Recht der Rüge ausgesetzt, der sachlich ohne Erfolg gebliebene Rechtsmittelangriff sei nicht gewollt gewesen.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 300/99 Verkündet am:
15. Januar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
In anhängigen Verfahren, in denen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (GbR) eine Gesamthandsforderung entsprechend der früheren Rechtsprechung
als notwendige Streitgenossen eingeklagt haben, ist nach der Änderung dieser
Rechtsprechung (BGHZ 146, 341 ff.) kein Parteiwechsel dahin erforderlich, daß
Klägerin nun die GbR ist. Vielmehr ist eine Rubrumsberichtigung der zulässige und
richtige Weg.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2003 - XII ZR 300/99 - Brandenburgisches OLG
LG Frankfurt/Oder
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Gerber, Sprick, Fuchs und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. September 1999 und unter teilweiser Abänderung des Urteils der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 20. November 1998 die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin mit der Klage mehr geltend macht als die inzwischen rechtskräftig zugesprochenen 32.991,58 DM "! $# %'& (= 16.868,33 etrag. Die Klägerin trägt die besonderen Kosten, die dadurch entstanden sind, daß sie in erster Instanz zunächst ein unzuständiges Gericht angerufen hat. Im übrigen tragen die Kosten des Rechtsstreits die Klägerin zu 4/5, die Beklagten zu 1/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Grundstücksgesellschaft, macht gegen die Beklagten einen Anspruch auf rückständigen Mietzins und Nebenkosten geltend. Die Beklagten sind zwei in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte.
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 3. April 1992 vermietete die Klägerin an die Rechtsanwälte C. und Partner (die Beklagten) in B. eine ca. 390 qm große Büroetage zum Betrieb einer Anwaltskanzlei. Der Vertrag wurde auf zehn Jahre fest abgeschlossen mit einer Verlängerungsoption. Als Vermieterin ist in dem Mietvertrag lediglich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufgeführt, die Gesellschafter dieser GbR sind nicht angegeben. Unterschrieben ist der Vertrag auf Mieterseite von dem Beklagten zu 1, auf Vermieterseite trägt er eine unleserliche Unterschrift, die unstreitig von dem Zeugen F. stammt. In beiden Fällen ist der Unterschrift kein Hinweis auf eine Vertreterstellung beigefügt. Die Gesellschafter der Klägerin haben am 24. Oktober 1991 mit dem vereidigten Buchprüfer und Steuerberater M. einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen, der vorsieht, daß der Geschäftsbesorger der K. Investitions GmbH (K.I. GmbH) zur Erledigung bestimmter Verwaltungsaufgaben Untervollmacht erteilen solle, allerdings nicht zu sogenannten Erstvermietungen. Der Zeuge F. ist bei Abschluß des Mietvertrages der Parteien für die K.I. GmbH tätig geworden. Der Mietvertrag wurde von beiden Seiten etwa vier Jahre lang ordnungsgemäß erfüllt. Mit Schreiben vom 20. Februar 1996 teilten die Beklagten der Klägerin mit, sie beabsichtigten, ihre Kanzlei in B. aufzugeben. Grund hierfür war, daß das Kreisgericht in B. aufgelöst worden war und daß ihnen die Postulationsfähigkeit am Landgericht F. abgesprochen worden war mit der Begründung, sie unterhielten eine Kanzlei in Berlin und der Betrieb zweier Kanzleien gleichzeitig sei unzulässig. Mit Schreiben vom 14. März 1996 widersprach die Klägerin einer vorzeitigen Auflösung des Mietvertrages, erklärte sich jedoch bereit, die Beklagten
aus dem Vertrag zu entlassen, wenn sie einen angemessenen Nachmieter stellen könnten und zusätzlich eine Entschädigungssumme zahlten. Daraufhin erklärten die Beklagten mit Schreiben vom 26. März 1996 die Kündigung des Mietverhältnisses und teilten mit, daß sie die angemieteten Räume am 29. März 1996 zurückgeben würden. Zu dem von ihnen vorgeschlagenen Übergabetermin erschien für die Klägerin niemand. Sie warfen daraufhin die Schlüssel zu der Büroetage in den Briefkasten der Verwalterin. Bis einschließlich September 1998 stand das Mietobjekt leer. Die Klägerin hat mit der Klage (nach Abzug unstreitiger Gutschriften) für die Zeit von Januar 1996 bis einschließlich August 1998 rückständigen Mietzins und rückständige Nebenkosten von insgesamt 167.585,28 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer Berufung haben die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt und Widerklage erhoben mit dem Antrag, im Wege einer Zwischenfeststellungsklage festzustellen , daß zwischen ihnen und der Klägerin kein Mietverhältnis über die Geschäftsräume zustande gekommen sei, hilfsweise, daß sie das Mietverhältnis zum 31. März 1996 wirksam gekündigt hätten. Das Berufungsgericht hat der Berufung nur stattgegeben, soweit in dem vom Landgericht zugesprochenen Betrag Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 9.790 DM enthalten sind. Insoweit hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung im übrigen hat es zurückgewiesen und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision haben die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage und ihren Widerklageantrag weiterverfolgt. Durch Beschluß vom 30. Oktober 2002 hat der Senat die Revision angenommen, soweit die Beklagten verurteilt worden sind, an die Kläger mehr als 32.991,58 DM zuzüglich ge-
staffelter Zinsen aus diesem Betrag zu zahlen. Das ist der Betrag, den das Be- rufungsgericht der Klägerin an Mietzins und Nebenkosten für die Zeit bis 30. September 1996 zugesprochen hat.

Entscheidungsgründe:

I.


a) Das Rubrum war dahin zu berichtigen, daß nicht die Gesellschafter der GbR als Kläger aufzuführen sind, sondern die GbR selbst Klägerin ist. Bei Erlaß des Berufungsurteils entsprach es ständiger Rechtsprechung, daß die GbR im Zivilprozeß nicht parteifähig sei, daß vielmehr alle Gesellschafter der GbR als notwendige Streitgenossen Gesamthandsforderungen im Prozeß geltend machen müßten. Dem trägt das Rubrum des Berufungsurteils Rechnung. Durch Urteil vom 29. Januar 2001 (BGHZ 146, 341 ff.) hat der Bundesgerichtshof seine diesbezügliche Rechtsprechung grundlegend geändert. Nach der neuen Rechtsprechung besitzt die (Außen-) GbR Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Das bedeutet, daß sie in der jeweiligen Zusammensetzung der Gesellschafter Vertragspartner werden kann und daß ihre Stellung als Vertragspartner durch einen Gesellschafterwechsel nicht berührt wird. In diesem Rahmen ist sie im Zivilprozeß parteifähig, kann also als Gesellschaft klagen und verklagt werden. Diese Änderung der Rechtsprechung bedeutet aber nicht, daß in anhängigen Verfahren, in denen die Gesellschafter einer GbR entsprechend der bisherigen Rechtsprechung als notwendige Streitgenossen eine Gesamthandsfor-
derung eingeklagt haben, ein Parteiwechsel erforderlich wäre. Vielmehr ist eine Rubrumsberichtigung der zulässige und richtige Weg. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß auch bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung grundsätzlich das Rechtssubjekt als Partei anzusehen ist, das durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektivem Sinn betroffen werden soll. Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich die klagende Partei selbst fehlerhaft bezeichnet hat (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87 - NJW 1988, 1585, 1587 m.w.N.). Im vorliegenden Fall spricht entscheidend für die Zulässigkeit einer bloßen Rubrumsberichtigung, daß die Gesellschafter der GbR von vornherein in der rechtlich zulässigen Weise eine Gesamthandsforderung geltend machen wollten, die sie aufgrund ihres Zusammenschlusses in der GbR gemeinsam erworben hatten. Wenn nach der alten Rechtsprechung eine solche Gesamthandsforderung nur in der Weise im Prozeß geltend gemacht werden konnte, daß alle Gesellschafter der GbR als notwendige Streitgenossen aufgetreten sind, so handelte es sich entgegen der äußeren Parteibezeichnung auch damals schon im Kern um eine Klage der GbR (so zutreffend Krämer, NZM 2002, 465, 473 m.N.).
b) Keinen Erfolg hat die Revision mit der Rüge, in erster Instanz habe eine unzulässige Klageänderung in Form eines Parteiwechsels stattgefunden. Als Klägerin war zunächst die GbR aufgeführt und auf einen - der damaligen Rechtsprechung entsprechenden - Hinweis des Gerichts hin sind an deren Stelle die Gesellschafter der GbR als notwendige Streitgenossen getreten. Das Landgericht hat darin keine Klageänderung gesehen, sondern hat lediglich eine Rubrumsberichtigung vorgenommen. Diese Entscheidung des Landgerichts ist nicht anfechtbar, und zwar auch nicht zusammen mit der in der Hauptsache
ergangenen Entscheidung (§ 268 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1987 - X ZR 70/84 - NJW-RR 1987, 1084, 1085). Sie ist allerdings aus denselben Gründen, aus denen oben in anderem Zusammenhang eine Rubrumsberichtigung für zulässig angesehen worden ist, zutreffend. Im übrigen wäre, würde man annehmen, es läge eine Klageänderung vor, auch diese entgegen den Ausführungen der Revision zulässig. Auch im Falle eines Parteiwechsels ist die Einwilligung des Gegners in die Klageänderung nicht erforderlich, wenn das Gericht den Parteiwechsel für sachdienlich ansieht (BGH, Urteil vom 9. Mai 1989 - VI ZR 223/88 - NJW 1989, 3325; Urteil vom 27. Juni 1996 - IX ZR 324/95 - NJW 1996, 2799). Da die Sachdienlichkeit in den Tatsacheninstanzen nicht geprüft worden ist, könnte das Revisionsgericht diese Prüfung nachholen (Senatsurteil vom 5. Oktober 1988 - IVb ZR 52/87 - BGHR ZPO § 263 Sachdienlichkeit 1 m.N.; BGH, Urteil vom 9. Mai 1989 aaO). Die Sachdienlichkeit wäre aus denselben Gründen gegeben, aus denen eine Rubrumsberichtigung zulässig ist.

II.


Nachdem der Senat die Revision nur zum Teil angenommen hat, ist nur noch darüber zu entscheiden, ob der Klägerin Ansprüche auf Mietzins und Nebenkosten für die Zeit nach dem 30. September 1996 zustehen. Das ist nicht der Fall. Zwar ist entgegen der Annahme der Revision ein Mietvertrag zwischen den Parteien wirksam zustande gekommen. Nach der dargelegten Änderung der Rechtsprechung konnte die GbR, die in der Vertragsurkunde als Vermiete-
rin aufgeführt ist, selbst Vertragspartei werden. Ob der Zeuge F., der den Vertrag für die GbR unterschrieben hat, hierzu bevollmächtigt war, und ob der Beklagte zu 1 Vollmacht von dem Beklagten zu 2 hatte, kann dahingestellt bleiben. Sollten beide als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt haben, so ist ihr Handeln sowohl von der GbR als auch von dem Beklagten zu 2 zumindest stillschweigend dadurch genehmigt worden, daß der von ihnen abgeschlossene Vertrag vier Jahre lang problemlos durchgeführt worden ist. Zu Unrecht wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagten seien nicht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt gewesen. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liegt grundsätzlich nicht vor, wenn sich Änderungen lediglich auf einem Gebiet ergeben haben, für das eine Partei in dem Vertrag das Risiko übernommen hat. Das sogenannte Verwendungsrisiko für die gemieteten Räume trägt der Mieter (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rdn. 168 ff. m.N.). Das Mietverhältnis ist jedoch durch die mit Schreiben der Beklagten vom 26. März 1996 erfolgte Kündigung zum 30. September 1996 beendet worden. Da weitere tatsächliche Feststellungen, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, weder zu erwarten noch erforderlich sind, kann der Senat selbst abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F. = § 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
a) Zwar haben die Beklagten die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt. Eine solche fristlose Kündigung kann nicht in jedem Falle in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vorliegen. Die Rechtsfolgen können sehr unterschiedlich sein. Eine Umdeutung ist aber dann zulässig und angebracht, wenn - für
den Kündigungsgegner erkennbar - nach dem Willen des Kündigenden das Vertragsverhältnis in jedem Falle zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll (vgl. Wolf/ Eckert/ Ball, aaO Rdn. 909, 910 m.N.). Im vorliegenden Fall ist die Umdeutung in eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt, insbesondere weil sich aus den der Kündigungserklärung vorausgehenden Verhandlungen eindeutig ergab, daß die Beklagten ihre Anwaltskanzlei in B. aufgeben und deshalb das Mietverhältnis unbedingt beenden wollten. Die erklärte ordentliche Kündigung ist zum 30. September 1996 wirksam geworden (§ 565 Abs. 1 a BGB a.F. = § 580 a Abs. 2 n.F.).
b) Allerdings enthält der Mietvertrag die Vereinbarung, das Mietverhältnis werde auf die Dauer von zehn Jahren fest abgeschlossen. Wäre diese Vereinbarung wirksam, so wäre eine ordentliche Kündigung vor Ablauf von zehn Jahren ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer langfristigen Laufzeit des Mietvertrages ist aber unwirksam, weil bei Abschluß des Mietvertrages die Schriftform nicht eingehalten worden ist (§ 566 BGB a.F. = § 550 BGB n.F.). Das hat zur Folge, daß der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und nach Ablauf eines Jahres unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden konnte. Für die Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, daß alle Vertragsparteien die Vertragsurkunde unterzeichnen. Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muß dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGHZ 125, 175, 179; Senatsurteil vom 11. September 2002 - XII ZR 187/00 - NJW 2002, 3389, 3390 ff. m.w.N. und Anm. Eckert, EwiR 2002, 951; so schon RGZ 81, 286, 289). Aus der Vertragsurkunde der Parteien ergibt sich nicht, wer für die vermietende GbR unterschrieben hat, in welcher Funktion er unterschrieben hat und ob seine Unterschrift ausreicht, die GbR zu binden. Bei
unbefangener Betrachtung der Urkunde könnte man in erster Linie daran denken , daß die für die Vermieterin geleistete Unterschrift von einem Gesellschafter der GbR stammt. Das würde ohne einen Zusatz, daß er zugleich als Vertreter für die anderen Gesellschafter unterschrieben hat, nicht ausreichen (vgl. BGHZ 125 aaO). Es wäre nämlich nicht auszuschließen, daß die Unterschriften der übrigen Gesellschafter noch fehlen. Es ist unstreitig, daß der Zeuge F. den Vertrag als Vertreter für die Klägerin unterschrieben hat, und zwar entweder als Unterbevollmächtigter des von der Klägerin bevollmächtigten Geschäftsbesorgers M. oder sogar als Vertreter ohne Vertretungsmacht, dessen Handeln dann zumindest durch die jahrelange Durchführung des von ihm abgeschlossenen Vertrages stillschweigend genehmigt worden ist. Die Vertragsurkunde enthält nicht in Andeutungen einen Hinweis darauf, daß für die Klägerin ein nicht zu den Gesellschaftern gehörender Vertreter unterschrieben hat und wer dieser Vertreter ist. Da sich nicht einmal diese Angaben aus der Urkunde ergeben, kann auch im vorliegenden Falle - wie schon im Senatsurteil vom 11. September 2002 aaO S. 3391 - offenbleiben, ob der bloße Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis zur Wahrung der Schriftform ausreichend wäre oder ob es zusätzlich erforderlich ist, in der Urkunde anzugeben, in welcher Eigenschaft der Vertreter
Vertretungsmacht für sich in Anspruch nimmt (als Einzelbevollmächtigter, als gesetzlicher Vertreter, als im Gesellschaftsvertrag bevollmächtigter Geschäftsführer usw.).
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.