Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2018 - 1 StR 277/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:060318U1STR277.17.1
bei uns veröffentlicht am06.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
Die Verletzung der Aussagefreiheit kann auch außerhalb von Vernehmungen nach
§§ 136, 136a StPO zu einem Beweisverwertungsverbot führen.
BGH, Urteil vom 6. März 2018 – 1 StR 277/17 – LG Traunstein
ECLI:DE:BGH:2018:060318U1STR277.17.1
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 277/17
vom 6. März 2018 in der Strafsache gegen

1.


2.



wegen Brandstiftung

ECLI:DE:BGH:2018:060318U1STR277.17.0
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 7. November 2017 in der Sitzung am 6. März 2018, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 7. November 2017 –, Staatsanwältin – bei der Verkündung am 6. März 2018 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 7. November 2017 –, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 7. November 2017 – als Verteidiger der Angeklagten M. , Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 7. November 2017 –, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 7. November 2017 – als Verteidiger der Angeklagten R. , Justizobersekretärin – in der Verhandlung vom 7. November 2017 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 6. März 2018 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 3. Februar 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und R. wegen vorsätzlicher Brandstiftung verurteilt, die Angeklagte M. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und die Angeklagte R. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Dagegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten, jeweils mit der Sachrüge und verschiedenen Verfahrensrügen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.


2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Die zur Tatzeit 52 Jahre alte Angeklagte M. kehrte nach wechselnden beruflichen Tätigkeiten und nach einer im Jahre 2004/2005 erfolgten Zwangsräumung ihrer damaligen Mü. Wohnung zu ihrer Mutter, der Angeklagten R. , zurück nach Ro. . Ab diesem Zeitpunkt ging sie keiner geregelten Tätigkeit mehr nach. Die beiden Angeklagten gründeten stattdessen eine GmbH für ein kunsthandwerkliches Gewerbe, wobei sie die Produkte zumeist an Krankenhäuser und Kliniken verkauften. Zugleich hatten sie 2008 ein Haus in O. angemietet, welches aber infolge von Mietschulden 2013 zwangsgeräumt wurde. Nach etwa viereinhalb Monaten ohne festen Wohnsitz mieteten die Angeklagten sodann eine Doppelhaushälfte in Ro. , in welcher am 19. Juli 2016 der verfahrensgegenständliche Brand gelegt wurde.
4
Nach den Feststellungen der Strafkammer kam es bei dem im Dezember 2013 abgeschlossenen Mietverhältnis zu Mietstreitigkeiten, welche zu einem Räumungsprozess führten, der am 13. Mai 2016 durch einen Vergleich beendet wurde. Hierauf gestützt wurde vom zuständigen Gerichtsvollzieher die Zwangsräumung für den 19. Juli 2016 festgesetzt.
5
Entsprechend einem von den beiden Angeklagten gefassten Tatplan erwarben sie am Räumungstag in einer nahegelegenen Tankstelle 5,58 l Benzin und brachten es in einem Benzinkanister zum Haus. Anschließend rief gegen 8.50 Uhr die Angeklagte M. beim Amtsgericht an, um das Ergebnis einer dort gerade laufenden Verhandlung zur Aufschiebung der Zwangsräumung nachzufragen, welches aber noch nicht vorlag. Beide Angeklagten nahmen daraufhin jeweils zehn Tabletten des Antidepressivums Sertralin ein. Anschließend verteilten sie an zehn räumlich voneinander getrennten Stellen im Haus sowie in der Garage jeweils zusammengerolltes Zeitungspapier und sonstiges brennbares Material, übergossen es mit Benzin und entzündeten dann die präparierten Stellen. Weil ein Teil des ausgebrachten Benzins verdampft und dadurch ein Benzindampf-Luft-Gemisch entstanden war, führte dies mit dem Anzünden zu einer explosionsartigen Verpuffung im Dachgeschoss. Die beiden Angeklagten, welche nach der Verpuffung zunächst auf den Balkon im Obergeschoss ausgewichen waren, gingen allerdings dann, um nicht bemerkt zu werden , wieder ins Haus hinein in den Bereich der offenen Balkontür. Dort hielten sie sich auf, bis sie schließlich von der durch Nachbarn herbeigerufenen Feuerwehr mittels Drehleitereinsatzes unverletzt gerettet werden konnten.
6
Infolge der Verpuffung im Dach, der zahlreichen Brandherde und des zur Löschung eingesetzten Löschwassers beim Einsatz der Feuerwehr entstanden zahlreiche Schäden am Haus, wodurch Reparaturkosten in Höhe von 161.536,48 € anfielen. Das Haus konnte erst nach Abschluss der Instandsetzungsmaßnahmen ab März 2017 wieder vermietet werden.
7
2. Das Landgericht hat sich seine Überzeugung hinsichtlich der Täterschaft der beiden Angeklagten maßgeblich auf Grund der Angaben der Angeklagten R. gegenüber dem behandelnden Arzt D. im Beisein der Zeugin KHMin K. , den späteren Äußerungen gegenüber KHMin K. sowie gegenüber dem Zeugen KHK F. am folgenden Tag, welche jeweils die Brandentstehung betrafen, gebildet. Die Angaben der Angeklagten gegenüber KHK Ra. , der die Angeklagte R. trotz ihrer nach Belehrung gemäß §§ 136, 163a StPO erfolgten Erklärung, sie wolle keine Angaben zur Sache machen, weiter befragt hatte, hat das Landgericht nicht verwertet. D. , den die Angeklagten nicht von der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden haben, hat von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO Gebrauch gemacht.

II.


8
A. Die Revision der Angeklagten R. hat bereits mit einer Verfahrensrüge umfassenden Erfolg.
9
1. Die Revision der Angeklagten R. beanstandet u.a., dass die Angeklagte R. unter Verletzung auf ihr Recht zu Schweigen polizeilich vernommen und „unmenschlich behandelt“ worden sei und beruft sich auf „§ 136 Abs. 1 S. 2, 136a Abs. 1 S. 1 StPO“ und „Art. 3 MRK“. Trotz des Wider- spruchs in der Hauptverhandlung habe die Strafkammer die Äußerungen der Angeklagten gegenüber dem behandelnden Arzt D. , die von derZeugin KHMin K. mitgehört wurden, sowie die anschließend gemachtenAngaben gegenüber KHMin K. und die weiteren Äußerungen am folgenden Tag gegenüber KHK F. bei der Fahrt zum Ermittlungsrichter zu Unrecht verwertet und ihre Überzeugungsbildung auf die rechtswidrig gewonnenen Erkenntnisse gestützt.
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a) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
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Die Angeklagte R. wurde noch im Bereich des Brandobjektes durch KHK Ra. über ihre Rechte nach §§ 136, 163a StPO belehrt. Sie äußerte daraufhin, wie auch ihre mitangeklagte Tochter, die Angeklagte M. , zur Sache nicht aussagen zu wollen. In der Folge wurden die beiden Angeklagten in unterschiedlichen Polizeifahrzeugen ins Klinikum Ro. verbracht, um mögliche gesundheitliche Folgen der Raucheinwirkungen abklären zu lassen. Mit der Begleitung der Angeklagten R. war die Kriminalbeamtin KHMin K. beauftragt worden, welche, wie bei der Kriminalpolizei üblich, Zivilkleidung trug. Auf dem Weg zum Auto fragte die Angeklagte R. die Beam- tin, obgleich es hierfür keinen Anlass gab, ob sie Ärztin sei, was diese verneinte und auf ihren Polizeibeamtenstatus hinwies.
12
Im Krankenhaus wartete die Zeugin KHMin K. mit derAngeklagten auf den zuständigen Arzt D. , wobei die Beamtin das Gespräch mit der Angeklagten in Kenntnis dessen fortführte, dass sich diese vor einem Gespräch mit einem Rechtsanwalt nicht zur Sache äußern wollte. Als der Arzt eintraf, ging sie zusammen mit der Angeklagten in das Behandlungszimmer.
13
Als die Angeklagte sich zur Untersuchung durch den Arzt teilweise entkleidete , fragte sie, ob sie hinausgehen sollte, erhielt jedoch weder vom Arzt noch der Angeklagten irgendeine Antwort, worauf sie im Raum verblieb. Die Angeklagte gab auf Befragen des Arztes an, sie habe, genauso wie ihre Tochter , die Angeklagte M. , zehn Tabletten des Medikamentes Sertralin ge- nommen. Zudem wäre viel Rauch entstanden. Sie hätten „Benzin ausgeschüttet und das ausgeschüttete Benzin angezündet, überall im Erdgeschoss“, davor hätten sie „Tabletten genommen“. Nachdem die Angeklagte auf Fragen des Arztes zur Brandentstehung und -entwicklung wie vorstehend geantwortet hatte , verließ die Zeugin KHMin K. kurz den Raum, um sich bei ihren Kollegen zu vergewissern, dass die Angeklagte bereits belehrt worden sei, und ging dann – nach Bejahung der Frage – in den Untersuchungsraum zurück, wo sie bis zum Ende der ärztlichen Untersuchung verblieb.
14
Danach begleitete die Zeugin KHMin K. die Angeklagte R. zur Bewachung auf die Intensivstation des Krankenhauses, für die sie bis 18.45 Uhr abgestellt war. Auch dort kam es zu weiteren Gesprächen, nachdem die Angeklagte die Zeugin KHMin K. mehrfach an ihr Bett kommen ließ, um in Erfahrung zu bringen, wie es ihrer Tochter gehe. Dabei äußerte sie u.a.
wörtlich, dass sie einfach „nicht mehr konnten“ und „wir haben einfach alles angezündet“.
15
Am nächsten Morgen transportierten die Zeugen KHK S. und KHK F. die Angeklagte zur Vorführung zum Amtsgericht Ro. , wobei sie erneut belehrt wurde. Nach der Belehrung führte der Zeuge KHK F. ein „Gespräch“, in dem sich die Angeklagte R. dahingehend einließ, dass „alles zuviel gewesen sei“.
16
b) Der Verwertung dieser Angaben – nach der Berufung auf das Schweigerecht der Angeklagten R. – haben beide Angeklagte am zweiten Hauptverhandlungstag vor der Vernehmung der Ermittlungsbeamten widersprochen. Trotz des Widerspruchs hat die Strafkammer ihre Überzeugung von der Mittäterschaft der Angeklagten R. und M. insbesondere auf die Aussagen der Zeugen KHMin K. und KHK F. gestützt. Die Angaben gegenüber dem Zeugen KHK Ra. am Tatort hat sienicht verwertet. Hinsichtlich der Verwertung der Angaben im Behandlungszimmer hatte die Strafkammer – im Gegensatz zur Vernehmung durch KHK Ra. – keine Bedenken , da der Angeklagten R. bewusst gewesen sei, dass die Polizistin den Untersuchungsraum nicht verlassen habe. Die Angaben am Krankenbett hält die Strafkammer für verwertbare freiwillige Spontanäußerungen außerhalb einer Vernehmungssituation, die Angaben gegenüber dem Zeugen KHK F. seien nach erneuter Belehrung eigenverantwortlich und aus freiem Willen erfolgt.
17
2. Die Verfahrensrüge hat Erfolg, weil die verfassungsrechtlich garantierte Selbstbelastungsfreiheit der Angeklagten R. verletzt wurde und dies zu einem Beweisverwertungsverbot führt.

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a) Es ist allerdings fraglich, ob das Gesamtgeschehen um die ärztliche Untersuchung der Angeklagten R. – wie die Beschwerdeführerin meint – als „Vernehmung“ im Sinne der §§ 136, 136a StPO anzusehen ist. Denn eine Vernehmung liegt nur dann vor, wenn der Vernehmende dem Beschuldigten in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihm Auskunft verlangt (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1996 – GSSt 1/96 Rn. 21, BGHSt 42, 139, 145 f.). Dies mag hier, insbesondere im Blick auf die ärztliche Untersuchung, zweifelhaft sein. Aus dem Gesamtzusammenhang des Rügevorbringens und seiner hieraus deutlich gewordenen Angriffsrichtung lässt sich jedoch sicher entnehmen, dass die Beschwerdeführerin – über die Vernehmung hinaus – die Verletzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit der ärztlichen Untersuchung und ihrer Zuführung dorthin geltend machen wollte. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Beschwerdeführerin diesen Gesamtkomplex als Verstoß gegen Art. 3 MRK gewertet wissen will.
19
Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob die Beanstandung der Beschwerdeführerin als Rüge der Verletzung des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) auszulegen und zulässig ausgeführt wäre. Dem könnte entgegenstehen, dass sich der Fairnessgrundsatz (ebenso wie die hiermit korrelierende grundgesetzliche Verbürgung) nur auf das Verfahren in seiner Gesamtheit bezieht (vgl. LR-Esser, 26. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 183 ff.). Das Rügevorbringen befasst sich jedoch ausdrücklich nur mit den Geschehnissen um die Zuführung zum Arzt, dessen Behandlung, dem nachfolgenden Krankenhausaufenthalt sowie dem anschließenden Transport zum Ermittlungsrichter. Eine ausdrückliche Beanstandung des Fairnessgrundsatzes fehlt ebenso wie eine Information über den gesamten Verfahrensgang, die erst eine Gesamtbewertung des Verfahrens ermöglichen würde.

20
Die Verfahrensrüge ist vielmehr als Rüge der Verletzung der Selbstbelastungsfreiheit anzusehen, weil die Angeklagte R. im Kern beanstandet , dass sie wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen, der Notwendigkeit ärztlicher Hilfe und dem hartnäckigen Verhalten der Ermittlungsbeamten ihre Aussagefreiheit faktisch nicht wahrnehmen konnte. Eine solche Verfahrensbeanstandung ist auch jenseits einer einfachgesetzlichen Anbindung statthaft.
21
b) Die Rüge ist zulässig erhoben, weil die Vortragserfordernisse (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) auch mit Blick auf diesen nicht ausdrücklich benannten Verfahrensverstoß gewahrt sind. Ob es bei dieser Rüge eines vorrangigen Widerspruchs in der Hauptverhandlung bedurfte, ist nicht entscheidungserheblich, weil ein umfassender Widerspruch gegen die Verwertung von Zeugenaussagen vorlag (vgl. etwa zu § 136 StPO vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2014 – 5StR 176/14, BGHSt 60, 38, 40 Rn. 6 und vom 3. Dezember 2003 – 5 StR 307/03, NStZ 2004, 389; ablehnend bei Kernbereichsverletzungen: BeckOKStPO /Eschelbach, 29. Ed., StPO, § 257 Rn. 21).
22
c) Die Rüge ist auch begründet.
23
aa) Die Aussagefreiheit des Beschuldigten und das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (nemo tenetur se ipsum accusare) sind notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1974 – 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, 105, 113; vom 22. Oktober 1980 – 2 BvR 1172/79, BVerfGE 55, 144, 150 f. und vom 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37, 43). Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist im Rechts- staatsprinzip verankert und hat Verfassungsrang (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1974 – 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, 105, 113; vom 22. Oktober 1980 – 2 BvR 1172/79, BVerfGE 55, 144, 150; vom 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37, 43 und vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 31). Er umfasst das Recht auf Aussage- und Entschließungsfreiheit innerhalb des Strafverfahrens (BVerfG, Beschluss vom 25. August 2014 – 2 BvR 2048/13, NJW 2014, 3506 f. Rn.13). Dazu gehört, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37, 49; Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98, BVerfGE 109, 279, 324). Der Beschuldigte muss frei von Zwang eigenverantwortlich entscheiden können, ob und gegebenenfalls inwieweit er im Strafverfahren mitwirkt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1974 – 2 BvR 747/73, BVerfGE 38, 105, 113 und vom 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37, 43; BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 – 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11, 17 ff. Rn. 20, 26 f.).
24
bb) Eine solche eigenverantwortliche Entscheidung war bei der Angeklagten R. nicht gegeben. Dies ergibt hier eine Gesamtbewertung der Vorgänge um die Zuführung der Angeklagten zu dem Arzt D. und die dort stattgefundene Untersuchung.
25
Dabei ist entscheidend, dass sich die Angeklagte nach der ersten Belehrung im ununterbrochenen polizeilichen Gewahrsam befand, in dem zu keinem Zeitpunkt auf ihr Recht zu Schweigen Rücksicht genommen wurde. Letztlich war sie auf diese Weise einer dauerhaften Befragung ausgesetzt. Das begann schon während des Transports der Angeklagten zum Arzt. Dabei lenkte die Polizeibeamtin KHMin K. immer wieder das Gespräch auf die Tat, ebenso wie auch im Wartebereich vor dem Arztzimmer. Die Angeklagte hatte zuvor ausdrücklich von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Sie war – weshalb sie ja einem Arzt vorgestellt werden musste – in einer gesundheitlich sehr angeschlagenen Verfassung. Sie hatte eine Überdosis Psychopharmaka zu sich genommen und befand sich bei deutlich erhöhter Pulsfrequenz in der Angst, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Schon diese prekäre gesundheitliche Verfassung der dezidiert nicht aussagebereiten Angeklagten R. verbot weitere Fragen. Dies gilt umso mehr als die Angeklagte R. – wie sich aus ihrer Frage „sind Sie Ärztin“ ergibt – sie gar nicht als Kriminalbeamtin wahrgenommen hat.
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Weiterhin beeinträchtigten die Gesamtumstände der ärztlichen Untersuchung die Angeklagte R. in ihrer Aussagefreiheit. Die 75-jährige Angeklagte war dringend behandlungsbedürftig. Um einen korrekten ärztlichen Befund zu erhalten, war die Angeklagte R. gezwungen, möglichst genaue Angaben zur Brandentstehung zu machen, auch wenn dies mit einer Selbstbelastung einherging. Diese Zwangssituation hat die Zeugin KHMin K. mit ihrer Anwesenheit bewusst ausgenutzt, um die entsprechenden Erkenntnisse zu erheben, gerade weil sie genau wusste, dass die Angeklagte erklärt hatte, keine Angaben gegenüber den Ermittlungsbehörden machen zu wollen.
27
Auch war ihre Anwesenheit bei der Untersuchung nicht deswegen erforderlich , um die Gefahr einer Flucht der Angeklagten zu unterbinden, was bereits daraus hervorgeht, dass sie nach sich und ihre Tochter belastenden Äußerungen der Angeklagten den Behandlungsraum verließ, um sich bei ihren Kollegen zu versichern, dass die Angeklagte belehrt worden war.
28
Dabei ist es auch unerheblich, dass die Polizeibeamtin im Behandlungszimmer die Frage gestellt hatte, ob sie hinausgehen solle, ohne allerdings irgendeine Antwort zu erhalten. Dies konnte sie nicht automatisch als Zustimmung werten, weil auch die Möglichkeit bestand, dass die Frage weder vom Arzt noch der Angeklagten gehört worden war, zumal die Zeugin aus dem Vorgeschehen entnehmen musste, dass die bereits ältere Angeklagte in ihrer Orientierung offensichtlich beeinträchtigt war. Jedenfalls hätte die Zeugin bei dieser Sachlage sicherstellen müssen, dass ihre Frage trotz Ausbleibens einer Antwort Gehör gefunden hatte, was aber nicht erfolgt ist.
29
cc) Danach kann es dahinstehen, ob das Arzt-Patienten-Gespräch wie im vorliegenden Fall nicht ohnehin einem absoluten Verwertungsverbot wegen einer Verletzung des Kernbereichsschutzes unterliegt (vgl. BGH, Urteile vom 10. August 2005 – 1 StR 140/05 Rn. 15, BGHSt 50, 206, 210 und vom 22. Dezember 2011 – 2 StR 509/10, BGHSt 57, 71, 74 ff. Rn. 13 ff.). Ist der Kernbereich betroffen, sind Ermittlungsmaßnahmen unzulässig (BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 2 BvR 236/08 Rn. 265, BVerfGE 129, 208, 265 f.; Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 Rn. 152, BVerfGE 109, 279, 322 f.; vgl. auch BT-Drucks. 16/5846, S. 36 f.). Einen derartigen Schutz haben sowohl der Gesetzgeber als auch das Bundesverfassungsgericht im Falle von Arztgesprächen ausdrücklich für möglich gehalten (BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 2 BvR 236/08 Rn. 265, BVerfGE 129, 208, 265 f.; vgl. auch BT-Drucks. 16/5846, S. 36 f.). Näherer Vertiefung bedarf hier diese Frage indes nicht, weil bereits wegen des Verstoßes gegen die Aussagefreiheit ein Beweisverwertungsverbot besteht.
30
dd) In Bezug auf die der ärztlichen Untersuchung nachfolgenden Gespräche der KHMin K. am Krankenbett, bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken gegen deren Verwertbarkeit, da die Angeklagte R. selbst die Zeugin hat rufen lassen, um von ihr Näheres zum Gesundheitszustand ihrer Tochter zu erfahren, und dann von sich aus einige Details zur Brandlegung erzählte, so dass insoweit ihr Schweigerecht von den Ermittlungsbehörden respektiert wurde. Allerdings hat das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft beider Angeklagter neben den Äußerungen am Krankenbett und bei der Fahrt zum Ermittlungsrichter gegenüber KHK F. gerade auch auf ihre Angaben während der ärztlichen Untersuchung gestützt, so dass der Senat nicht ausschließen kann, dass der Tatrichter abweichende Feststellungen getroffen hätte, wenn er diese Angaben nicht in seine Gesamtschau aufgenommen hätte, zumal diese nahezu einem Geständnis gleichkommen.
31
ee) Der Senat kann daher auch dahin stehen lassen, ob die Belehrung durch KHK F. am darauffolgenden Tag ausreichend war, oder er angesichts der unverwertbaren Erkenntnisse anlässlich der ärztlichen Untersuchung nicht eine qualifizierte Belehrung hätte erteilen müssen, durch welche die Angeklagte R. darüber in Kenntnis gesetzt worden wäre, dass die von ihr gegenüber dem behandelnden Arzt D. gemachten Äußerungen grundsätzlich unverwertbar sind. Insoweit kann der Senat nicht beurteilen, ob sie auch dann die fraglichen Mitteilungen gegenüber dem Zeugen KHK F. getätigt hätte, wenn ihr die Unverwertbarkeit der gegenüber dem Arzt gemachten Angaben bewusst gewesen wären. Jedenfalls gilt auch insoweit, dass der Senat keine Feststellungen treffen kann, ob – eine Verwertbarkeitunterstellt – die Angaben gegenüber KHK F. ohne die Angaben gegenüber D.
dem Tatrichter eine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten vermittelt hätten.
32
B. Revision der Angeklagten M.
33
Die Revision der Angeklagten M. hat im selben Umfang Erfolg. Auch deren Verurteilung ist im Wesentlichen auf die Angaben ihrer Mutter, der Mitangeklagten R. gestützt. Wegen seiner Absolutheit entfaltet dieses Beweisverwertungsverbot seine Wirkung auch auf die von den Eingriffen in die Aussagefreiheit der Mitangeklagten nicht unmittelbar betroffene Angeklagte M. . Dies gilt hier in besonderem Maße, weil die Angeklagte R. gegenüber ihrer Tochter zudem ein Zeugnisverweigerungsrecht gehabt hätte (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 15. Dezember 1987 – 5 StR 649/87, BGHR StPO § 52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldigter 3), in dessen Ausübung mittelbar gleichfalls eingegriffen wurde.
34
C. Die Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung, da der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafkammer ohne die unverwertbaren Erkenntnisse ebenso von der Täterschaft der beiden Angeklagten überzeugt gewesen wäre; denn gerade bei der ärztlichen Untersuchung hatte die Angeklagte R. sich eindeutig eingelassen: „Wir haben Benzin aus- geschüttet und das ausgeschüttete Benzin angezündet […]“. Diesen Vorgang hat sie danach nicht mehr in dieser Eindeutigkeit beschrieben. Zwar hat Sie im Krankenzimmer nochmals bekundet, „Wir haben einfach alles angezündet.“ und am darauf folgenden Tag, dass „ihr alles zu viel gewesen sei“. Diese Aus- sagen für sich allein hätten allerdings in eine Gesamtwürdigung eingestellt werden müssen. Sollte der einzelne Tatbeitrag aufgrund der verbleibenden Beweismittel zur Überzeugung der neuen Kammer nicht feststellbar sein, weist der Senat darauf hin, dass nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ ggf. auch wech- selseitig eine Beihilfetat der Angeklagten in Betracht kommen könnte.
35
D. Nachdem die angefochtene Entscheidung bereits auf die bezeichnete Verfahrensrüge aufzuheben war, kommt es auf die Sachrüge nicht mehr an. RiBGH Prof. Dr. Graf ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Raum Radtke Fischer Bär

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist;
4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst;
5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
Die in Satz 1 Nr. 5 genannten Personen dürfen das Zeugnis verweigern über die Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, über deren Inhalt sowie über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand berufsbezogener Wahrnehmungen. Dies gilt nur, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen, Mitteilungen und Materialien für den redaktionellen Teil oder redaktionell aufbereitete Informations- und Kommunikationsdienste handelt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung

1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches),
2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder
3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,
ist und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Zeuge kann jedoch auch in diesen Fällen die Aussage verweigern, soweit sie zur Offenbarung der Person des Verfassers oder Einsenders von Beiträgen und Unterlagen oder des sonstigen Informanten oder der ihm im Hinblick auf seine Tätigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 gemachten Mitteilungen oder deren Inhalts führen würde.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

5 StR 307/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 3. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Dezember 2003

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. Januar 2003 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen, er trägt indes die durch seine Revision den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen.

G r ü n d e Die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung zu zehn Jahren Jugendstrafe wegen Totschlags in zwei Fällen ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Zu den Verfahrensrügen ergänzt der Senat die Ausführungen des Generalbundesanwalts wie folgt: 1. Die Rüge der Verletzung des Verteidigerkonsultationsrechts nach § 137 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO bleibt erfolglos. Die Revision beanstandet die Verwertung von Angaben des Angeklagten im Rahmen einer Beschuldigtenbefragung gegenüber dem Kriminalbeamten B am 2. Mai 2001.

a) An diesem Tag war der Angeklagte nach einer (bedenklicherweise , indes unbeanstandet) noch zeugenschaftlich geführten Vernehmung gegen 14.30 Uhr festgenommen worden. Er wurde über seine Beschuldigten- rechte belehrt, machte – abgesehen von einem pauschalen Bestreiten der Tat – keine weiteren Angaben und begehrte, „seine Familie und seinen Anwalt anrufen zu dürfen“. Wegen einer als vordringlich erachteten Durchsuchung wurde ihm dies zunächst verwehrt. Gegen 19.00 Uhr wurde er erneut vorgeführt, über den gegen ihn bestehenden Tatverdacht unterrichtet, nochmals über sein Schweigerecht und sein Verteidigerkonsultationsrecht belehrt und anschließend befragt. Die Verwertung dieser Befragung ist Gegenstand der verfahrensrechtlichen Beanstandung. Als die Angaben des Angeklagten protokolliert werden sollten, lehnte dieser das ab. Er teilte nunmehr erneut mit, er wolle einen Rechtsanwalt sprechen. Auf die Frage, ob er einen bestimmten Rechtsanwalt oder eine Vermittlung über den anwaltlichen Notdienst wünsche, benannte er Rechtsanwalt A , der gegen 21.30 Uhr nicht mehr erreichbar war. Der Angeklagte wurde daraufhin in die Verwahrzelle zurückgeführt.

b) Zutreffend nimmt der Generalbundesanwalt an, daß die Rüge nicht zulässig ist, weil ein Widerspruch gegen die Zeugenvernehmung des Kriminalbeamten B fehlt (BGHSt 42, 15, 22 ff. m.w.N.). Der Widerspruch , den der Verteidiger in der Hauptverhandlung an einem vorangegangenen Sitzungstag gegen die an jenem Tag durchgeführte Zeugenvernehmung des weiteren Vernehmungsbeamten O zum Inhalt derselben polizeilichen Vernehmung des Angeklagten erhoben hatte, erfaßte jene Beweiserhebung nicht. Grundsätzlich ist jede Zeugenvernehmung eines Vernehmungsbeamten bezüglich ihrer Verwertbarkeit für sich zu betrachten (vgl. BGHSt 39, 349, 352). Aus diesem Grundsatz ist nicht etwa nur abzuleiten, daß der Verteidiger sich den spätestens zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt zu erhebenden Widerspruch nicht bis zum Abschluß des letzten zu einer Beschuldigtenbefragung zeugenschaftlich vernommenen Vernehmungsbeamten aufsparen darf. Auch jenseits davon bedarf es des Widerspruchs bezogen auf jeden einzelnen zeugenschaftlich vernommenen Vernehmungsbeamten.
Freilich kann ein solcher Widerspruch auch umfassend vorab erklärt werden. In diesem Fall muß ihn der Verteidiger dann nicht noch einmal nach Abschluß der Zeugenvernehmung eines weiteren Vernehmungsbeamten ausdrücklich wiederholen. Einen solchen – von der Revision als „beweisthemenbezogenen Verwertungswiderspruch“ bezeichneten – generellen Widerspruch hat der an der Hauptverhandlung mitwirkende Verteidiger Rechtsanwalt A indes nicht erhoben. Da nach dem eindeutigen Wortlaut seiner Erklärung – es werde „der Verwertung der Angaben des Zeugen O zum Inhalt der polizeilichen Vernehmung (Bl. 369 ff. d.A.) des Angeklagten widersprochen“ – lediglich ein „beweismittelbezogener Verwertungswiderspruch“ vorlag, war das Tatgericht auch nicht etwa gehalten, anläßlich der Zeugenvernehmung des Kriminalbeamten B nachzufragen, ob etwa ein weitergehender , auch auf diese Vernehmung bezogener Widerspruch gemeint gewesen sei.
Eine Beschränkung des Widerspruchs lediglich auf die Verwertung der Angaben des erstvernommenen Kriminalbeamten O war auch nicht etwa offensichtlich widersinnig. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands , daß die in Streit stehende Befragung des Angeklagten lediglich in Form eines Vermerks niedergelegt werden konnte. Danach war es möglich, daß der Verteidiger erst der weiteren Vernehmung des Zeugen B als entlastend bewertete Details bei jener Befragung des Angeklagten entnehmen konnte, die er verwertet wissen wollte. Zudem könnte der Verteidiger – worauf das Urteil hindeutet (UA S. 117) – erst durch die Zeugenvernehmung des Kriminalbeamten B Näheres über die dem Angeklagten damals erteilte Beschuldigtenbelehrung erfahren haben, nach denen er möglicherweise keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Verwertung der Befragung mehr hatte. Eine solche Bewertung durch den Instanzverteidiger wäre auch nicht etwa abseitig gewesen: Der Angeklagte hatte seinen vorangegangenen Wunsch nach Verteidigerkonsultation gegenüber einem dritten Kriminalbeamten nicht unmittelbar im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung ausgesprochen. Er hatte dabei auch – anders als erst bei der vorgesehenen Protokollierung der in Streit stehenden späteren Vernehmung , als er freilich erstmals ausdrücklich hiernach gefragt wurde – noch keinen bestimmten Verteidiger benannt, dessen Konsultation er wünschte. Bei dieser Sachlage geht die Wertung der Revision, die Kriminalbeamten hätten mit ihrem Vorgehen „letztlich absichtlich das Verteidigerkonsultationsrecht des Angeklagten ad absurdum“ geführt, überaus weit. Ohne daß die Frage der Verwertbarkeit jener Beschuldigtenbefragung abschließend entschieden werden muß, lag jedenfalls eine Beeinträchtigung des Verteidigerkonsultationsrechts des Angeklagten, die so weitgehend gewesen wäre wie in den Fällen, die den Entscheidungen BGHSt 38, 372 und 42, 15 zugrundelagen , hier nicht vor.

b) Selbst wenn die Rüge als zulässig anzusehen gewesen wäre, hätte der vorliegende Fall keine Möglichkeit geboten, eine Klärung zwischen der vom 5. Strafsenat obiter dictu geäußerten sehr weitgehenden Auffassung zur Unverwertbarkeit von Beschuldigtenvernehmungen wegen Verletzung des Verteidigerkonsultationsrechts (BGHSt 42, 15; vgl. indes auch BGHSt 47, 233) und der zu dieser Frage erheblich restriktiveren, seinerzeit tragenden Auffassung des 1. Strafsenats (BGHSt 42, 170; vgl. demgegenüber BGHSt 47, 172; vgl. aber auch – 4. Strafsenat – BGH NStZ 1998, 265, 266) herbeizuführen. Es ist nämlich sicher auszuschließen, daß das angefochtene Urteil auf einer Verwertung der in Frage stehenden Beschuldigtenbefragung zum Nachteil des Angeklagten beruht: Die im Rahmen der Beweiswürdigung verwerteten maßgeblichen Erkenntnisse zur Bekleidung des Angeklagten bei Tatbegehung waren fraglos auch allein auf als glaubhaft angesehene Zeugenangaben zu stützen (vgl. UA S. 42 f.; vgl. hierzu näher die auf S. 40 f. und 61 der Revisionsbegründung des weiteren Verteidigers, Rechtsanwalt S , zu einer anderen Verfahrensrüge dokumentierten Aussagen des Zeugen C im Ermittlungsverfahren ). Daß es zur Beweisführung, insbesondere zur Widerlegung der Angaben des Zeugen P , der Angaben und Skizzen des Ange- klagten zu Standorten der Beteiligten am Tatort (UA S. 116 ff.) nicht bedurfte, ergibt sich eindeutig aus dem Zusammenhang der Beweiswürdigung, ist vom Tatgericht im Urteil zudem selbst dokumentiert worden (UA S. 118). Jenseits davon ist nichts dafür ersichtlich, daß die Beweiswürdigung des Tatgerichts – so kompliziert sie in Einzelheiten auch gelagert ist – auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß beruhen könnte.
2. Auf der beanstandeten Erledigung eines Hilfsbeweisantrages im Urteil mit Wahrunterstellung beruht die Verurteilung ebenfalls nicht. Die Bedeutungslosigkeit der in das Wissen des Zeugen D gestellten entlastenden Bekundung des Zeugen C , über die der benannte Zeuge – recht verstanden – lediglich durch Hörensagen von C s Vater Kenntnis haben sollte, ist dem Gesamtzusammenhang der Beweiswürdigung, insbesondere betreffend die Bewertung der Angaben des Zeugen C , eindeutig zu entnehmen. Es kann daher dahinstehen, ob die Revision – was nicht fernliegt – zur Vermittlung eines ausreichenden Verständnisses über eine mögliche Bedeutsamkeit der Beweisbehauptung hätte vortragen müssen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), welche Beweiserkenntnisse zu jener Beweisbehauptung dem Tatgericht hinsichtlich des Vaters des Zeugen C als der unmittelbaren Beweisquelle zur Verfügung standen.
Harms Häger Basdorf Brause Schaal
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________
Ein in einem Krankenzimmer mittels akustischer Wohnraumüberwachung aufgezeichnetes
Selbstgespräch des Angeklagten ist zu dessen Lasten zu Beweiszwecken
unverwertbar, soweit es dem durch Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Kernbereich zuzurechnen ist.
BGH, Urteil vom 10. August 2005 – 1 StR 140/05 – Landgericht München II

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 140/05
vom
10. August 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. August
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 13. Dezember 2004 mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen Mordes schuldig gesprochen worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tatmehrheit mit Besitz einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge. Die Revision hat hinsichtlich des Mordes Erfolg mit einer Verfahrensrüge, die ein Verwertungsverbot für die Erkenntnisse aus einer akustischen Wohnraumüberwachung (Selbstgespräch
des Angeklagten) geltend macht. Hinsichtlich der Verurteilung wegen des Waffendelikts ist die Revision unbegründet.

I.


1. Zu dem am 8. Oktober 1998 verübten Mord hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
Der Bruder des Angeklagten hatte im Jahre 1994 mit Erlaubnis des Tatopfers , des Landwirts F. M. , auf dessen Bauernhof in der Nähe des Wohn- und Stallgebäudes eine Holzhütte errichtet, um darin Kraftfahrzeuge zu reparieren. Dort hatte in der Folgezeit der Angeklagte – ohne Erlaubnis des Landwirts – seine „Ranch“ für einen dauerhaften Aufenthalt eingerichtet und ausgebaut. Im Laufe der Zeit hatte er sich mehr und mehr „breit gemacht“. Das missfiel dem Landwirt. Sein Vorhaben, den Angeklagten vom Hof zu weisen, brachte er diesem gegenüber aber erst wenige Tage vor der Tat unmissverständlich zum Ausdruck. Darauf reagierte der Angeklagte mit Wut und Hass; er drohte dem Landwirt erregt mit einem Holzknüppel und rief dabei: „Dich erschlag ich noch!“. Am 8. Oktober betrat der Angeklagte nach Mitternacht das Wohnzimmer, in dem der Landwirt schlief, und erschlug diesen mit einem massiven kantigen Werkzeug. Die Tatwaffe wurde nicht gefunden.
Die zunächst ergebnislos eingestellten Ermittlungen wurden im Jahre 2003 wieder aufgenommen. Der Angeklagte hatte im Januar 2003 einen Arbeitsunfall erlitten. Anlässlich der Bearbeitung des Arbeitsunfalls fand die Kriminalpolizei im Wohnhaus des Angeklagten einen Schlagstock, der nach der Befragung des Obduzenten als Tatwaffe in Betracht kommen konnte. Im Zuge dieser Ermittlungen erfolgte auch die akustische Wohnraumüberwachung.

2. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung geschwiegen und durch Verteidigererklärung die Tat bestritten. Das Landgericht hat sich aufgrund einer Gesamtschau mehrerer Belastungsindizien von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt. Insbesondere habe der Angeklagte ein Motiv gehabt, Gewaltbereitschaft sei ihm auch nicht wesensfremd und nach der Tat habe er gegenüber der Polizei Täterwissen offenbart. Die Überzeugung des Landgerichts beruht aber auch auf dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung vorgespielten Aufzeichnung der akustischen Wohnraumüberwachung. Daraus ergebe sich, dass der Angeklagte sich im Zuge der Wiederaufnahme der Ermittlungen „mit einer alternativen Tötungsart des F. M. gedanklich befasst“ habe.

II.


Die Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, die Erkenntnisse der akustischen Wohnraumüberwachung hätten nicht verwertet werden dürfen, hat Erfolg.
1. Ihr liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

a) Anlässlich der Wiederaufnahme der Ermittlungen wurde neben einer Telekommunikationsüberwachung auch eine auf § 100c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 100d StPO (in der damals geltenden Fassung) gestützte Abhörung und Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in Wohnungen richterlich gestattet. Zielobjekt der Abhörmaßnahmen war das Einzelzimmer des Angeklagten in einer Rehabilitationsklinik, wo er sich zur Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls aufhielt. In seinem Einzelzimmer schlief der Angeklagte und
er hielt sich darin auf, wenn er nicht an Anwendungen, wie z. B. Massagen etc. teilnehmen musste. Die auf vier Wochen befristete Überwachung begann am 27. November 2003; am 17. Dezember 2003 erfolgte die Festnahme des Angeklagten im Klinikzimmer.
b) Am fünften Hauptverhandlungstag wurde die Beweisaufnahme geschlossen und der Staatsanwalt stellte den Antrag, den Angeklagten wegen Mordes zu verurteilen. Der Instanzverteidiger des Angeklagten beantragte, den Angeklagten freizusprechen und beantragte im Wege des Hilfsbeweisantrages das Abhören der im Rahmen der akustischen Raumüberwachung am 17. Dezember 2003 zwischen 14:15 Uhr und 15:00 Uhr (Zeitpunkt der Festnahme ) aufgezeichneten „Geräusche und Gespräche“. Ziel dieses Antrags war, behauptete verbotene Vernehmungsmethoden der Polizei anlässlich der Festnahme und der daran anschließenden Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten zu belegen. Hierbei handelte es sich der Sache nach um einen Freibeweis.
Nach erneutem Eintritt in die Beweisaufnahme wurden am achten Verhandlungstag auf Verfügung des Vorsitzenden Aufzeichnungen der Telekommunikation und der Raumgespräche – nicht nur zu dem beantragten kurzen Zeitraum, sondern Aufzeichnungen von mehreren Tagen – vorgespielt. Dem widersprach der Verteidiger nicht. Die Verschriftung der in der Hauptverhandlung abgespielten Raumgesprächsaufzeichnung gibt über mehrere Tage hinweg aufgezeichnete Geräusche wie „pinkeln“, „Spülung“, „pupsen“, „husten“, „schnarchen“ sowie Selbstgespräche des Angeklagten minuziös wieder.

c) Mit dem am 8. Dezember 2003 aufgezeichneten Selbstgespräch des Angeklagten, welches vom Landgericht – strengbeweislich – als Belastungsindiz gewertet wurde, hat es folgende Bewandtnis:
Gegen 22:35 Uhr rief eine Arbeitskollegin den Angeklagten in dessen Krankenzimmer an; dieses Telefongespräch wurde ebenfalls aufgezeichnet. Die Arbeitskollegin berichtete, sie sei von der Kriminalpolizei über den Angeklagten , insbesondere über sein aggressives Verhalten befragt worden. Die Polizei habe sie auch befragt, ob er seine Hasen selbst geschlachtet habe und ob er Rechts- oder Linkshänder sei. Im Anschluss an dieses Telefongespräch führte der Angeklagte in seinem Krankenzimmer ein erregtes Selbstgespräch. Dabei rief er aus: „Sehr aggressiv, sehr aggressiv, sehr aggressiv! In Kopf hätt i eam schießen sollen, in Kopf hätt i eam schießen sollen, selber umgebracht … in Kopf hätt i eam schießen sollen.“
Das Landgericht zog aus diesem Selbstgespräch – das Gegenstand der Verfahrensrüge ist – den Schluss, der Angeklagte habe sich Gedanken darüber gemacht, dass er durch das Erschlagen des F. M. den Verdacht auf sich gelenkt habe. Es sei keine andere Erklärung ersichtlich, weshalb er in diesem Moment die Erwägung angestellt habe, ob es nicht besser gewesen wäre, „ihn in den Kopf zu schießen“. Nach Überzeugung des Landgerichts habe sich diese Äußerung auf F. M. bezogen. Eine and ere Person, gegen die sich in diesem Moment nach dem Telefongespräch mit seiner Arbeitskollegin seine darin zum Ausdruck kommende Wut habe richten können, sei nicht ersichtlich.
2. Der Senat kann offen lassen, ob der Beschluss, mit dem die akustische Wohnraumüberwachung angeordnet wurde, inhaltlich den Anforderungen
des Grundrechts aus Art. 13 GG genügt (vgl. BVerfGE 109, 279, 360). Er kann auch offen lassen, ob die Maßnahme im Hinblick auf die Erhebung absolut geschützter Informationen wenigstens zu unterbrechen war (vgl. BVerfGE 109, 279, 318). Denn nach § 100c Abs. 5 Satz 3 StPO (in der jetzt geltenden Fassung auf Grund des Gesetzes vom 24. Juni 2005, BGBl I S. 1841) durfte das Landgericht das Selbstgespräch nicht – wie geschehen – zu Beweiszwecken verwerten. Das hier geführte Selbstgespräch ist nämlich dem durch Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen (§ 100c Abs. 4 StPO). Erkenntnisse über solche Äußerungen unterli egen einem „absoluten Verwertungsverbot“ und dürfen auch im Hauptsacheverfahren nicht verwertet werden (BVerfGE 109, 279, 331). Selbst überwiegende Interessen der Allgemeinheit – hier die Aufklärung eines Mordes – können, so das Bundesverfassungsgericht , einen Eingriff in diesen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen (BVerfGE 109, 279, 313, 314). Das Selbstgespräch des Angeklagten in dem Krankenzimmer ist diesem - durch Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten - Kernbereich zuzurechnen. Maßgebend dafür ist eine Kumulation mehrerer Umstände. Es handelte sich um ein aufgrund einer staatlichen Überwachungsmaßnahme aufgezeichnetes Selbstgespräch. Dieses Selbstgespräch hatte der Angeklagte in einem hier von Art. 13 GG geschützten Wohnraum geführt. Der Inhalt des Selbstgespräches war in Bezug auf den Tatvorwurf interpretationsbedürftig. Dass das hier geführte Selbstgespräch dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen ist, ergibt sich aus Folgendem:

a) Schon wegen der Art des Raumes, in dem das Selbstgespräch geführt wurde, besteht eine Vermutung, dass der Kernbereich tangiert sein kann. Das vom Angeklagten genutzte Krankenzimmer in einer Rehabilitationsklinik unterfällt dem Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG, weil ihm – wie einer Privatwohnung – typischerweise die Funktion als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung zukommt.
aa) Der Begriff der Wohnung im Sinne von Art. 13 GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 32, 54, 69 ff.) nicht im engen Sinne der Umgangssprache zu verstehen, vielmehr ist er weit auszulegen (vgl. BGHSt 42, 372, 375 f.). Er umfasst zur Gewährleistung einer räumlichen Sphäre, in der sich das Privatleben ungestört entfalten kann, alle Räume, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine Abschottung entzogen und zur Stätte privaten Wirkens gemacht sind (BTDrucks. 15/4533 S. 11; BVerfGE 89, 1, 12; Papier in Maunz/Dürig/Herzog, GG Art. 13 Rdn. 10 f.; Herdegen in Bonner Kommentar, GG Art. 13 Rdn. 26; Kunig in von Münch GGKommentar Bd. I Art. 13 Rdn. 10; AK-GG Berkemann, 3. Aufl. Art. 13 Rdn. 51 ff.). Maßgeblich ist dabei die nach außen erkennbare Willensbetätigung desjenigen, der einem Raum kraft „Widmung“ den Schutz der Privatheit verschafft (Hermes in Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 2. Aufl. Art. 13 Rdn. 17).
bb) In der verfassungsrechtlichen Literatur besteht Einigkeit darüber, dass der Schutzbereich des Art. 13 GG über den alltagssprachlichen Wohnungsbegriff (Haupt- einschließlich Nebenwohnräume) hinaus auch andere Räume schützt, soweit sie als Räume der Freizeit, Räume der Mobilität, kultusbezogene oder der sozialen Beratung zuzuordnen sind und die Privatheit der
Lebensgestaltung ermöglichen, denn deren Schutz soll durch diese Vorschrift umfassend gewährleistet werden (vgl. die Aufstellung bei Berkemann in AK-GG aaO Rdn. 41; Papier in Maunz/Dürig/Herzog aaO Rdn. 10 f.). Dazu zählen etwa Gartenhäuser, Hotelzimmer, Wohnwagen, Wohnmobile, bewohnbare Schiffe , Zelte, Schlafwagenabteile, nicht allgemein zugängliche Geschäfts- und Büroräume oder ein nicht allgemein zugängliches Vereinsbüro. Demgegenüber werden z. B. Unterkunftsräume eines Soldaten oder Polizeibeamten, Personenkraftwagen (vgl. BGH – Ermittlungsrichter – NStZ 1998, 157) oder Hafträume in einer Justizvollzugsanstalt (vgl. BVerfG NJW 1996, 2643; BGHSt 44, 138) nicht als Wohnung im Sinne des Art. 13 GG angesehen. cc) Nach diesem Maßstab fallen auch Krankenzimmer unter den Schutzbereich des Art. 13 GG, selbst wenn diese Räumlichkeiten nur zu bestimmten Zwecken der Unterbringung und nur vorübergehend überlassen werden (entgegen Kunig in von Münch GG-Kommentar aaO Rdn. 15 und Cassardt in GG, Umbach/Clemens [Hrsg.], GG-Mitarbeiterkommentar, Bd. 1 Art. 13 Rdn. 33 jeweils unter Hinweis auf LSG Schleswig-Holstein, NJW 1987, 2958). Zwar mag bei Krankenzimmern wie bei Geschäftsräumen nicht der volle Schutz des Art. 13 GG zugunsten der Wahrung der räumlichen Privatsphäre gelten wie bei der Wohnung im engeren Sinne, weil den Krankenhausärzten und dem übrigen Krankenhauspersonal aufgrund ihres Heil- und Betreuungsauftrages Betretungs-, Überwachungs- und Kontrollbefugnisse zustehen. Diese Rechte heben jedoch den Privatcharakter des Krankenzimmers nicht auf (vgl. für Geschäfts - und Betriebsräume Papier in Maunz/Dürig/Herzog aaO Rdn. 14). Ob etwas anderes gelten könnte, wenn der Patient sich nicht – wie hier – aus einem eigenen Rehabilitationsinteresse in einer Klinik aufhält, sondern auch außerhalb der Anwendungen regelmäßig einer durch medizinische Notwendigkeit oder durch Sicherheitsinteressen begründeten dauerhaften Überwachung be-
darf, mag dahin stehen. Um eine solche Unterbringung handelt es sich vorliegend nicht.
Für die Menschenwürderelevanz der überwachten Äußerungen spricht auch, dass grundsätzlich nur Personen des besonderen von § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 53a StPO geschützten Vertrauens Zutritt hatten. Von daher war insbesondere eine Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern zu erwarten.

b) Auch Art und Inhalt der Äußerung des Angeklagten spr echen für den absolut geschützten Kernbereich. Allerdings enthielt das Selbstgespräch – nach der durchaus vertretbaren Ansicht des Landgerichts – Angaben über den Tatvorwurf. „Gespräche“, die Angaben über eine konkret begangene Straftat enthalten (Sozialbezug), gehören ihrem Inhalt nach nicht zum unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung (BVerfGE 109, 279, 319). Auch nach § 100c Abs. 4 Satz 3 StPO sind sie dem Kernbereich grundsätzlich nicht zuzurechnen.
Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass der Angeklagte nicht mit anderen kommuniziert, sondern ein Selbstgespräch geführt hat. Das Bundesverfassungsgericht stellt in seinem Urteil vom 3. März 2004 bei der Frage eines derartigen Sozialbezuges primär auf die Kommunikation mit anderen Personen, das „Zwiegespräch“, ab (BVerfGE 109, 279, 319, 321).
Das Urteil vom 3. März 2004 nimmt Bezug auf die Tagebuchentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. September 1989 (BVerfGE 80, 367). Wegen Stimmengleichheit ließ sich dort nicht feststellen, dass die Verwertung tagebuchähnlicher Aufzeichnungen des Angeklagten zu Beweiszwe-
cken gegen das Grundgesetz verstieß. Maßgeblich für die Verneinung des Verfassungsverstoßes durch vier Richter war, dass der Angeklagte seine Gedanken schriftlich niedergelegt hatte. Damit habe er sie aus dem von ihm beherrschbaren Innenbereich entlassen und der Gefahr eines Zugriffs preisgegeben (BVerfGE 80, 367, 376). Die vier anderen Richter waren hingegen der Ansicht , dass die tagebuchähnlichen Aufzeichnungen ausschließlich höchstpersönlichen Charakter – wie ein Selbstgespräch – hatten. Die Auseinandersetzung des Angeklagten mit dem eigenen Ich habe ihren höchstpersönlichen Charakter nicht deshalb verloren, weil sie dem Papier anvertraut worden sei.
Trotz des in dem Beschluss vom 14. September 1989 bestehen gebliebenen Dissenses über die strafprozessuale Verwertung von tagebuchähnlichen Aufzeichnungen gehört das Selbstgespräch selbst nach den Maßstäben der die Entscheidung des Zweiten Senats tragenden vier Richter grundsätzlich zum absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Unzweifelhaft will der Betroffene in einem Selbstgespräch einen Lebenssachverhalt geheim halten. Daran ändert auch nichts, dass diesem „im nachhinein und von außen her eine Beziehung zu Allgemeinbelangen herangetragen werden [würde], die [ihm] ursprünglich , also aus sich heraus, nicht eigen war“ (so die vier unterlegenen Richter zu den tagebuchähnlichen Aufzeichnungen, BVerfGE 80, 367, 382). Das Gespräch mit sich selbst ist gekennzeichnet durch unwillkürlich auftretende Bewusstseinsinhalte und hat persönliche Erwartungen, Befürchtungen, Bewertungen , Selbstanweisungen sowie seelisch-körperliche Gefühle und Befindlichkeiten zum Inhalt (Wenninger [Hrsg.], Lexikon der Psychologie, Stichwort „Selbstkommunikation“, Band 4, S. 133). Das Selbstgespräch hat somit ausschließlich höchstpersönlichen Charakter und berührt aus sich heraus nicht die Sphäre anderer oder der Gemeinschaft.


c) Die Anwendung dieser Grundsätze der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die vorliegende Fallgestaltung muss dazu führen, dass ein Selbstgespräch der vorliegenden Art – weil es in keiner Form verdinglicht und der Gefahr eines Zugriffs preisgegeben war – dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnen ist.
Dies ergibt sich auch aus der in Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 erfolgten Novellierung in § 100c Abs. 4 Satz 3 StPO. Diese Bestimmung differenziert zwischen „Gesprächen“ über begangene Straftaten und „Äußerungen“, mittels derer S traftaten begangen werden. Daraus folgt im Gegenschluss, dass „Gespräch“ nur solche Äußerungen – wenigstens im „Zwiegespräch“ – meint, die dazu bestimmt sind, von anderen zur Kenntnis genommen zu werden. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/4533, S. 14) macht das deutlich: „Sofern man dabei den Gedanken des Sozialbezugs entsprechender Äußerungen zugrunde legt …, werd en in der Regel auch Äußerungen eines Beschuldigten, die dieser tätigt, wenn er sich alleine in der überwachten Wohnung aufhält, oder Äußerungen, di e nicht dazu bestimmt sind, von anderen zur Kenntnis genommen zu werden, wie etwa unbewusst artikulierte Äußerungen, dem absolut geschützten Kernber eich unterfallen.“

d) Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob Selbstgespräche, die sich unmittelbar auf eine konkrete Straftat beziehen, schlechthin („absolut“, vgl. BVerfGE 109, 279, 332) unverwertbar sind. So mag etwa eine Verwertung ausschließlich zum Zwecke der Gefahrenabwehr in Betracht kommen, wenn das Selbstgespräch eines Kindesentführers Aufschluss darüber ergibt, wo das Kind gefangen gehalten wird. Auch kann es Fallgestaltungen geben, in denen das
Selbstgespräch eindeutig entlastenden Inhalt hat (vgl. BVerfGE 109, 279, 369 ff.), weshalb auch der Angeklagte ein Interesse an der Verwertung haben kann.
3. Der Umstand, dass das Vorspielen der Aufzeichnungen auf Initiative des Angeklagten erfolgte, führt hier nicht zum Wegfall des Verwertungsverbots.

a) Der Antrag des Angeklagten auf Abspielen der Aufzeichnungen hatte nur den engen Zeitraum der Festnahme am 17. Dezember 2003 zum Gegenstand. Begehrt war auch nur die freibeweisliche Klärung der Behauptung von verbotenen Vernehmungsmethoden. Vorgespielt hat das Landgericht indes auch die Aufzeichnung des Selbstgesprächs vom 8. Dezember 2003. Dieses Selbstgespräch hat es dann aber auch zum Schuldnachweis – strengbeweislich – verwertet.
b) Der Senat hat erwogen, ob der Angeklagte über die Verwertung disponieren kann, etwa in Form der Widerspruchslösung. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass die bei der akustischen Wohnraumüberwachung angefallenen Informationen auch Entlastendes enthalten (vgl. BVerfGE 109, 279, 369 ff.).
So könnte das Selbstgespräch auch ein gewichtiges Entlastungsindiz sein („ich bin unschuldig, aber niemand glaubt mir“) oder jedenfalls den Schuldumfang reduzieren (Nachweis der Voraussetzungen des § 213 1. Alt. StGB oder eines Affekts). Dem Angeklagten „zum Schutze seiner Menschenwürde“ zu verbieten, diese Information zum Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261 StPO) zu machen und damit jeder richterlichen Würdigung – auch bei
der Anwendung des Zweifelssatzes – zu entziehen, erscheint schwerlich vorstellbar.
Diese Fragen stellen sich – mit erheblicher praktischer Relevanz – auch bei dem eventuell gebotenen Abbruch der Überwachung oder bei der Löschung der Aufzeichnungen. Die Entscheidung, ob die Erkenntnisse belastend oder entlastend sind, wird zu diesem Zeitpunkt nicht stets zuverlässig getroffen werden können. Werden – um dem Angeklagten den möglichen Entlastungsbeweis zu erhalten – die Überwachung nicht abgebrochen oder die Aufzeichnungen nicht sogleich gelöscht, dann führt dies zwangsläufig zur Frage der Disponibilität zugunsten des Angeklagten mit der weiteren Frage, ob der Angeklagte nur eine selektive Verwertung („Rosinentheorie“) verlangen kann.

c) Eines Widerspruchs bedurfte es hier jedoch nicht. Selbst wenn der Angeklagte mit der Möglichkeit rechnen musste, dass die vorgespielten Aufzeichnungen insgesamt auch strengbeweislich verwertet würden, so war für ihn jedoch nicht ohne weiteres erkennbar, dass sich die Aufzeichnungen zu seinen Lasten auswirken würden.
Die dem Verteidiger infolge Akteneinsicht bekannten Gesprächsaufzeichnungen sind ach in der Anklageschrift nicht als klar belastende Beweismittel eingestuft. Im wesentlichen Ermittlungsergebnis ist ausgeführt, dass die Ergebnisse der Telekommunikationsüberwachung keine Hinweise zum Tatgeschehen erbracht haben. Die akustische Raumüberwachung habe ergeben, dass der Angeklagte mit anderen Personen keine relevanten Gespräche geführt habe. Die aufgezeichneten Selbstgespräche des Angeklagten zeigten innere Anspannung und Wut und hatten generell Gewalt gegen andere Perso-
nen zum Gegenstand "Offensichtlich in Bezug zu den Ermittlungen" stünde zwar das Selbstgespräch des Angeklagten nach einem Telefonat mit einer Arbeitskollegin. Aber auch dieser Bewertung musste der Verteidiger nicht entnehmen , dass der Bezug zu den Ermittlungen auch als Belastungsindiz für die Täterschaft gewertet würde.
Hinzu kommt, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und durch seinen Verteidiger die Tat bestreiten ließ. Damit ist offensichtlich, dass der Angeklagte mit einer strengbeweislichen Verwertung zu seinen Lasten nicht einverstanden war. Jedenfalls bei einer solchen Fallgestaltung bedurfte es keines ausdrücklichen Widerspruchs des Angeklagten gegen die Verwertung.
4. Die Verurteilung wegen Mordes beruht - ausweislich der revisionsrechtlich allein maßgeblichen Urteilsgründe - auf der Verwertung des aufgezeichneten Selbstgesprächs des Angeklagten. Das Landgericht hat die Äußerungen des Angeklagten sowohl als gleichberechtigtes Einzelindiz in die Beweiswürdigung eingestellt, als dieses auch bei der Gesamtwürdigung noch einmal zur Bildung einer Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten herangezogen.
Ob eine Verurteilung des Angeklagten ohne Verwertung des aufgezeichneten Selbstgesprächs aufgrund der übrigen Beweisanzeichen möglich ist, muss dem neuen Tatrichter vorbehalten bleiben.
Nack Wahl Boetticher Herr RiBGH Hebenstreit befindet Elf
sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack
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1. Das nichtöffentlich geführte Selbstgespräch unterliegt einem selbständigen Beweisverwertungsverbot von Verfassungs wegen (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2005 - 1 StR 140/05, BGHSt 50, 206, 210; Dalakouras, Beweisverbote bezüglich der Achtung der Intimsphäre, 1988, S. 264; LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., Einl. L Rn. 88; Jahn, Gutachten C zum 67. Deutschen Juristentag 2008, C 84; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl., § 36 Rn. 45; SK/Wolter, StPO, 4. Aufl. 2010, § 100f Rn. 35).

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.