Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2007 - 1 StR 3/07

bei uns veröffentlicht am03.07.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 3/07
vom
3. Juli 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja (nur I und II 1 bis 3)
Veröffentlichung: ja
____________________________________
Zur Begründung der Beschuldigteneigenschaft durch die Art und Weise einer
Vernehmung (im Anschluss an BGHSt 38, 214).
BGH, Urt. vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07 - LG Waldshut-Tiengen
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Juli 2007,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers T. R. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin H. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers S. R. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 10. Mai 2006 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Totschlags an J. H. verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Freiburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in zwei Fällen zu lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt; von der Feststellung der besonderen Schuldschwere hat es abgesehen. Opfer der Taten waren seine Ehefrau G. H. und seine Tochter J. H. . Wegen des Totschlags an der Ehefrau hat das Landgericht eine Freiheitsstrafe von elf Jahren verhängt; den Totschlag an der Tochter hat es als besonders schweren Fall bewertet (§ 212 Abs. 2 StGB) und deswegen auf eine lebenslange Freiheitsstrafe erkannt.
2
Der Angeklagte wendet sich mit der auf eine Verfahrensrüge und die Sachbeschwerde gestützten Revision gegen seine Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft greift das Urteil mit der zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten Revision - beschränkt - insoweit an, als der Angeklagte "bezüglich der Tötung seiner Tochter J. H. wegen Totschlags und nicht wegen Mordes verurteilt" und "die besondere Schwere der Schuld nicht festgestellt" worden ist. Beide Rechtsmittel haben Erfolg. Allerdings führt die Revision der Staatsanwaltschaft entgegen ihrem Antrag auch zur Aufhebung der wegen der Tötung von J. H. verhängten Einzelstrafe und damit der Gesamtsstrafe.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Am 9. oder 10. Mai 2002 schlug der Angeklagte im gemeinsamen Wohnanwesen zunächst mehrmals mit großer Kraft einen schweren großflächigen Gegenstand gegen den Kopf seiner Ehefrau G. H. oder stieß - nach Eintritt der Bewusstlosigkeit - ihren Kopf mit großer Kraft gegen einen derartigen Gegenstand. G. H. erlitt drei Schädelbrüche, wobei eine der Frakturen auch durch den ungehemmten Aufprall des Kopfes infolge Bewusstlosigkeit verursacht worden sein kann. Anschließend tötete der Angeklagte in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang seine Tochter J. H. auf eine nicht bekannte Weise. Weitere Einzelheiten des eigentlichen Tathergangs hat das Landgericht nicht feststellen können.
5
Nach den Taten versteckte er die Leichen in einem 30 Kilometer entfernt liegenden Wald, nachdem er ihre Extremitäten mit Paketklebeband fixiert und sie mit Folie und Textilien umwickelt hatte. Mehr als drei Jahre später, am 23. August 2005, wurden die beiden Leichen in skelettiertem Zustand entdeckt.

II.

6
Revision des Angeklagten:
7
Die Revision des Angeklagten hat bereits mit der Verfahrensrüge Erfolg, die Kammer habe bei der Urteilsfindung rechtsfehlerhaft die Zeugenaussagen des Angeklagten am 26. September und 13. November 2002 verwertet, obwohl er als Beschuldigter hätte vernommen und dementsprechend belehrt werden müssen (Verstoß gegen § 136 Abs. 1, § 163a Abs. 4 StPO).
8
1. Der Rüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
9
Der Angeklagte zeigte am 13. Mai 2002 das Verschwinden von Ehefrau und Tochter an. Auf Grund dieser Vermisstenanzeige wurde zunächst lediglich bei der Polizei ein "Vermisstenvorgang" geführt. Der Angeklagte wurde am 13. Mai, 16. Mai, 12. August und 26. September 2002 von Polizeibeamten als Zeuge vernommen. Er wurde - nur - vor der Zeugenvernehmung am 26. September darauf hingewiesen, dass er "bei der Polizei … überhaupt nichts sagen" und jedenfalls "keine Angaben machen brauche(…), die … (ihn) belasten könnten". Bei den Vernehmungen äußerte sich der Angeklagte umfassend zur Sache. Am 4. Oktober 2002 legte die Polizei den Vorgang der Staatsanwaltschaft vor, die am 7. Oktober 2002 ein "Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts eines nichtnatürlichen Todesfalls" einleitete. Am 10. Oktober 2002 erfolgte eine Suchaktion mit Leichensuchhunden mit dem Einverständnis des Angeklagten auf seinem Grundstück einschließlich des Wohnhauses. Am 13. November 2002 sagte der Angeklagte bei der Polizei nochmals ergänzend als Zeuge zur Sache aus, ohne belehrt worden zu sein.
10
Als am 8. März 2003 ein Ledermäppchen mit Plastikkarten der Ehefrau in der Nähe des Anwesens des Angeklagten aufgefunden wurde, leitete die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 10. März 2003 gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes in zwei Fällen ein. Am 21. März 2003 wurde er als Beschuldigter vernommen; nach Beschuldigtenbelehrung, allerdings ohne dass auf die Nichtverwertbarkeit früherer Aussagen hingewiesen wurde (sog. qualifizierte Belehrung), machte er ergänzende Angaben zur Sache. Weil weitere Ermittlungen keine hinreichend sicheren Erkenntnisse über den Tod oder den Verbleib der beiden Frauen erbrachten, wurde das Verfahren am 3. Juni 2004 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
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Nachdem die beiden Leichen - die der Ehefrau eingewickelt in einen aus dem gemeinsamen Haushalt stammenden Teppich - entdeckt worden waren, erging nach Wiederaufnahme der Ermittlungen am 26. August 2005 Haftbefehl gegen den Angeklagten, auf Grund dessen seit demselben Tag Untersuchungshaft gegen ihn vollzogen wird. Bei einer Beschuldigtenvernehmung am 29. August 2005 sagte der Angeklagte nach - nicht qualifizierter - Belehrung erneut ergänzend aus.
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In der Hauptverhandlung, die am 27. Februar 2006 begann, machte der Angeklagte lediglich Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und zu seinem Lebenslauf; zur Sache ließ er sich nicht ein. Die Verteidigung widersprach rechtzeitig der Verwertung der Aussagen des Angeklagten unter anderem vom 26. September und 13. November 2002, da der Angeklagte als Beschuldigter hätte belehrt werden müssen. Die Schwurgerichtskammer wies den Widerspruch zurück.
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2. Die Revision macht geltend, dass der Angeklagte bei den Zeugenaussagen vom 26. September und 13. November 2002 aus Sicht der Vernehmungsbeamten "längst" Beschuldigter gewesen sei. Im Zentrum des Revisionsvorbringens steht dabei die Vernehmung am 26. September 2002; die Beschul- digteneigenschaft ergebe sich hier aus den zuvor bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnissen sowie aus dieser Vernehmung selbst.
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Zur Zeit der Vernehmung seien die Ehefrau und die Tochter des Angeklagten schon mehr als viereinhalb Monate lang verschwunden gewesen. Von der Polizei eingeleitete umfangreiche Suchmaßnahmen seien erfolglos geblieben. Nach den polizeilichen Erkenntnissen hätten die Vermissten keinen Kontakt zu Verwandten oder Freunden aufgenommen; auf dem Giro- und dem Kreditkartenkonto der Ehefrau seien keine Bewegungen zu verzeichnen gewesen.
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Die Vernehmung sei von Vorhalten und Fragen geprägt, aus denen hervorgehe , dass der Vernehmungsbeamte "nicht nur im Sinne eines subjektiven 'Gefühls'", sondern "auf der Grundlage des aktuellen Ermittlungsstands einerseits davon überzeugt war, dass G. und J. H. tot waren, und andererseits, dass der Angeklagte mit dem Tod der beiden 'in Zusammenhang' stand". Der Vernehmungsbeamte habe auch zum Ausdruck gebracht, dass er die Angaben des Angeklagten insbesondere insoweit für nicht glaubhaft halte, als dieser Erinnerungsdefizite für die Tage nach dem Verschwinden behauptet habe.
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3. Die Verwertung der Aussagen des Angeklagten vom 26. September und 13. November 2002 durch das Landgericht ist auf Grund der fehlenden Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 4 StPO rechtsfehlerhaft. Denn der Angeklagte erlangte mit der Vernehmung am 26. September 2002 und mit der anschließenden Suchmaßnahme auf seinem Anwesen den Status eines Beschuldigten.
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a) Der § 136 StPO zugrunde liegende Beschuldigtenbegriff vereinigt subjektive und objektive Elemente. Die Beschuldigteneigenschaft setzt - subjektiv - den Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde voraus, der sich - objektiv - in einem Willensakt manifestiert (vgl. BGHSt 38, 214, 228; BGH NJW 1997, 1591; Rogall in SK-StPO 41. Lfg. vor § 133 Rdn. 33; vgl. auch § 397 Abs. 1 AO). Wird gegen eine Person ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, liegt darin ein solcher Willensakt. Andernfalls beurteilt sich dessen Vorliegen danach, wie sich das Verhalten des ermittelnden Beamten nach außen, insbesondere in der Wahrnehmung des davon Betroffenen darstellt (BGHSt aaO). Dabei ist zwischen verschiedenen Ermittlungshandlungen wie folgt zu differenzieren :
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Strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen, die nur gegenüber dem Beschuldigten zulässig sind, sind Handlungen, die ohne weiteres auf den Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörde schließen lassen (Rogall aaO Rdn. 23). Aber auch Eingriffsmaßnahmen, die an einen Tatverdacht anknüpfen, begründen grundsätzlich die Beschuldigteneigenschaft des von der Maßnahme betroffenen Verdächtigen, weil sie regelmäßig darauf abzielen, gegen diesen wegen einer Straftat strafrechtlich vorzugehen; so liegt die Beschuldigtenstellung des Verdächtigen auf der Hand, wenn eine Durchsuchung nach § 102 StPO dazu dient, für seine Überführung geeignete Beweismittel zu gewinnen (vgl. BGH NJW 1997, 1591, 1592; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 136 Rdn. 4). Anders liegt es bei Vernehmungen. Bereits aus §§ 55, 60 Nr. 2 StPO ergibt sich, dass im Strafverfahren auch ein Verdächtiger im Einzelfall als Zeuge vernommen werden darf, ohne dass er über die Beschuldigtenrechte belehrt werden muss (vgl. BGHSt 10, 8, 10; 17, 128, 133; Hanack aaO; Rogall aaO Rdn. 11; ferner BVerfG [Kammer], Beschl. vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 1513/05). Der Vernehmende darf dabei auch die Verdachtslage weiter abklären ; da er mithin nicht gehindert ist, den Vernommenen mit dem Tatverdacht zu konfrontieren, sind hierauf zielende Vorhalte und Fragen nicht zwingend ein hinreichender Beleg dafür, dass der Vernehmende dem Vernommenen als Be- schuldigten gegenübertritt. Der Verfolgungswille kann sich jedoch aus dem Ziel, der Gestaltung und den Begleitumständen der Befragung ergeben.
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Ergibt sich die Beschuldigteneigenschaft nicht aus einem Willensakt der Strafverfolgungsbehörden, kann - abhängig von der objektiven Stärke des Tatverdachts - unter dem Gesichtspunkt der Umgehung der Beschuldigtenrechte gleichwohl ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorliegen. Ob die Strafverfolgungsbehörde einen solchen Grad des Verdachts auf eine strafbare Handlung für gegeben hält, dass sie einen Verdächtigen als Beschuldigten vernimmt, unterliegt ihrer pflichtgemäßen Beurteilung. Im Rahmen der gebotenen sorgfältigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls kommt es dabei darauf an, inwieweit der Tatverdacht auf hinreichend gesicherten Erkenntnissen hinsichtlich Tat und Täter oder lediglich auf kriminalistischer Erfahrung beruht. Falls jedoch der Tatverdacht so stark ist, dass die Strafverfolgungsbehörde andernfalls willkürlich die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschreiten würde, ist es verfahrensfehlerhaft, wenn dennoch nicht zur Beschuldigtenvernehmung übergegangen wird (vgl. BGHSt 37, 48, 51 f.; 38, 214, 228; BGH NJW 1994, 2904, 2907; 1996, 2663; 1997, 1591; NStZ-RR 2002, 67 [bei Becker]; 2004, 368; Beschl. vom 25. Februar 2004 - 4 StR 475/03).
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Andererseits kann der Umstand, dass die Strafverfolgungsbehörde - zumal bei Tötungsdelikten - erst bei einem konkreten und ernsthaften Tatverdacht zur Vernehmung des Verdächtigen als Beschuldigten verpflichtet ist, für ihn auch eine schützende Funktion haben. Denn der Vernommene wird hierdurch nicht vorschnell mit einem Ermittlungsverfahren überzogen, das erhebliche nachteilige Konsequenzen für ihn haben kann.
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b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist es zwar nicht zu beanstanden, dass Staatsanwaltschaft und Polizei die Verdachtslage dahingehend beurteil- ten, dass noch keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für einen ernsthaften Tatverdacht auf ein Tötungsdelikt des Angeklagten vorhanden waren (nachfolgend aa). Jedoch zeigten die Ermittlungsbeamten bei der Vernehmung am 26. September 2002 und danach ein Verhalten, aus welchem sich für den Angeklagten ergab, dass sie ihm als Beschuldigten begegneten (nachfolgend bb).
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aa) Nach der dienstlichen Stellungnahme des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft vom 6. März 2006 gingen Staatsanwaltschaft und Polizei bis zum Auffinden des Kartenmäppchens am 8. März 2003 - also bei sämtlichen Zeugenvernehmungen - davon aus, dass "noch keine Tatsachen vorlagen, die einen konkreten und ernsthaften Verdacht gegen den Angeklagten begründet hätten". Diese Beurteilung entsprach dem Stand der Ermittlungen. Denn die Erkenntnisse in dem Vermisstenfall erschöpften sich weitgehend darin, dass G. und J. H. schon längere Zeit - am 26. September 2002 seit mehr als viereinhalb Monaten - "spurlos" verschwunden waren. Dies gilt namentlich für die erfolglosen Suchaktionen, den ausbleibenden Kontakt zu Verwandten und Freunden sowie die fehlenden Kontenbewegungen. Auf der anderen Seite lagen Hinweise vor, die gegen einen Tatverdacht sprachen; so hatten sich etwa Personen bei der Polizei gemeldet, welche die Vermissten noch nach ihrem Verschwinden gesehen haben wollten.
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Nach alledem durften die Vernehmungsbeamten zunächst davon ausgehen , dass keine gesicherten Erkenntnisse gegeben waren, die einen derart starken Tatverdacht gegen den Angeklagten begründeten, dass die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens von Rechts wegen geboten war. Den Strafverfolgungsbehörden fehlten hinreichende objektive Anhaltspunkte dafür, dass überhaupt Straftaten vorlagen. Allein die Vorstellung, falls sich entsprechende Tatsachen herausstellen sollten, werde in erster Linie gegen den Angeklagten vor- gegangen, begründete nicht dessen Beschuldigtenstellung (vgl. in diesem Sinne BGHSt 49, 29, 31 f.).
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bb) Neben der Stärke des Tatverdachts ist jedoch auch von Bedeutung, wie sich das Verhalten des Beamten nach außen, auch in der Wahrnehmung des Vernommenen darstellt. Hier folgt der Verfolgungswille aus dem Ziel, der Gestaltung und den Begleitumständen der Vernehmung am 26. September 2002 und der darauf folgenden Suchmaßnahme auf dem Anwesen des Angeklagten :
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Eine - aus der Sicht des Angeklagten zu beurteilende - Gesamtschau aller relevanten Umstände ergibt, dass die Vernehmung vornehmlich dazu diente, den Angeklagten, von dessen mutmaßlicher Täterschaft sich der Vernehmungsbeamte überzeugt zeigte, zu überführen. In der lediglich von kurzen Pausen unterbrochenen fast zehnstündigen Vernehmung ging es diesem erkennbar insbesondere darum, den Angeklagten mit Ungereimtheiten seines bisherigen Aussageverhaltens und zuletzt direkt mit dem Vorwurf von Tötungsverbrechen zu konfrontieren. Die Gestaltung der Vernehmung lässt erkennen, dass der Vernehmungsbeamte mittels kriminalistischer Taktik einen Tatnachweis ermöglichen oder einen gegebenenfalls erst später möglichen Tatnachweis erleichtern wollte. Die Vernehmung war von Vorhalten und Fragen geprägt , die erkennbar auf "Schwachstellen" in den bisherigen Aussagen zielten und zuletzt in eindringlicher Form auf ein Geständnis hinwirkten:
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So äußerte der Vernehmungsbeamte schon zu Beginn der Vernehmung, dass nach seiner Überzeugung G. und J. H. tot seien. Noch in einem frühen Stadium erklärte er weiterhin, dass der Angeklagte bereits aus der Belehrung, sich nicht selbst belasten zu müssen, erkennen könne, dass der Vernehmungsbeamte ihm "im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Frau und Kind … bis zu einem gewissen Grad Misstrauen entgegenbringe". Der Angeklagte bekundete beispielsweise, schon kurz nachdem Ehefrau und Tochter verschwunden gewesen seien, so "von der Rolle" gewesen zu sein, dass er nunmehr Erinnerungslücken habe, obwohl er zuvor ausgesagt hatte, die Ehe sei zerrüttet gewesen und seine Ehefrau habe schon früher unangekündigt auswärts übernachtet. Daraufhin äußerte der Vernehmungsbeamte, dass er dem Angeklagten insoweit nicht glaube ("ich glaube Ihnen kein Wort"); mit der Geltendmachung von Erinnerungslücken wolle der Angeklagte "nur umgehen, dass … (er) sich eventuell in Widersprüche zu(m) … etwaigen Ermittlungsergebnis verstricken" könnte. Sodann stellte der Vernehmungsbeamte zwar ausdrücklich die vergleichsweise schwache Beweislage heraus, indem er sagte: "Gut, Herr H. , ich kann Ihnen natürlich nicht das Gegenteil (davon) beweisen , dass es bei Ihnen so war. Das kann ich natürlich nicht." Als der Angeklagte auf den nochmaligen Vorhalt, seine Angaben seien nicht glaubhaft, so dass sich die Frage stelle, was er "mit dem Verschwinden von der G. und der J. zu tun" habe, auf diesen Angaben beharrte, äußerte der Vernehmungsbeamte jedoch auch, dass der Angeklagte sich durch sein derzeitiges Aussageverhalten "nur noch verdächtiger" mache. Im weiteren Verlauf hielt der Vernehmungsbeamte - vor dem Hintergrund erheblicher Probleme des Angeklagten mit der Zeugungsfähigkeit - ihm vor, er könnte in einem Streitgespräch mit seiner Ehefrau erfahren haben, dass er nicht der Erzeuger seiner Tochter sei. Um diese den Angeklagten belastende Sachverhaltsvariante "in den Griff (zu) bekommen", forderte er die Entbindung des behandelnden Arztes von der Schweigepflicht, die der Angeklagte auch erteilte. Schließlich wurden die Vorhalte zunehmend eindringlicher (etwa: "Das Gewissen plagt Sie nicht?" oder "Dass Sie uns eventuell sagen, wo die Leichen sind!"). Zuletzt forderte der Vernehmungsbeamte noch die Zustimmung des Angeklagten zu einer Nachschau in seinem Haus und die Abgabe einer Speichelprobe für eine DNA-Analyse; mit beidem erklärte sich dieser einverstanden.
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Wie bereits ausgeführt (vgl. oben II. 3. a), führen auf den Tatverdacht zielende Vorhalte und Fragen nicht notwendig dazu, dass der Vernommene als Beschuldigter zu belehren ist. Die Vorhalte und Fragen dienten hier jedoch für den Angeklagten erkennbar zum einen dazu, neue Ermittlungsansätze gegen ihn zu gewinnen (Schweigepflichtsentbindung; Nachschau im Haus; DNAAnalyse ) und ein Geständnis von ihm zu erlangen. Zum anderen wollte der Vernehmungsbeamte Widersprüche im Aussageverhalten des Angeklagten aufdecken. So deutet etwa der Vorhalt, der Angeklagte wolle mit der Geltendmachung von Erinnerungslücken "nur umgehen, dass … (er) sich eventuell in Widersprüche zu(m) … etwaigen Ermittlungsergebnis verstricken" könnte, darauf hin, dass es dem Vernehmungsbeamten zu diesem Zeitpunkt, sollte der Angeklagte - wunschgemäß - präzisere Angaben machen, insbesondere auch um die Aufdeckung derartiger Widersprüche zum Zweck eines Tatnachweises ging. Entgegen der bereits erwähnten Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 6. März 2006 erfolgte somit die Befragung erkennbar gerade nicht vor dem Hintergrund , "dass ein Angehöriger bei einem Vermisstenfall zu den Umständen des Verschwindens unwahre oder unvollständige Angaben macht, die nichts mit der Verheimlichung eines von ihm selbst begangenen Tötungsdelikt zu tun haben". Unter Berücksichtigung aller Umstände war dieses Vorgehen daher im vorliegenden Fall mit einer Vernehmung des Angeklagten als Zeugen nicht mehr zu vereinbaren.
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Der Wille der Strafverfolgungsbehörden, gegen den Angeklagten als Beschuldigten vorzugehen, ergibt sich weiterhin aus der Suchmaßnahme kurze Zeit später, zu der der Angeklagte bei der Vernehmung sein Einverständnis erteilt hatte. Am 10. Oktober 2002, noch vor der Vernehmung am 13. November 2002, suchten Ermittlungsbeamte das Anwesen des Angeklagten einschließlich des Wohnhauses mit Leichensuchhunden ab. Der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zufolge sollte die Maßnahme "der Klärung der Frage (dienen), ob die Vermissten eventuell - auf welche Weise auch immer - in dem Anwesen selbst zu Tode gekommen sein könnten". Diese Maßnahme bezweckte daher die Überführung des Angeklagten. Hätte sie nämlich Erfolg gehabt, wären also auf dem Anwesen Leichen oder Leichenteile oder sonstige Hinweise dafür gefunden worden, dass die Vermissten dort zu Tode gekommen sein könnten, wären alle anderen Möglichkeiten als vom Angeklagten begangene Tötungsdelikte kaum ernsthaft in Betracht gekommen. Dies gilt unabhängig davon, ob und wie viele andere Suchaktionen nach dem Verschwinden von G. und J. H. erfolgten. Die Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft, dass die Suchmaßnahme am 10. Oktober 2002 "im Erfolgsfall (erst) zu einem Anfangsverdacht (hätte) führen können", ist deshalb nicht vertretbar.
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c) Der Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 4 StPO wurde nicht dadurch geheilt, dass der Angeklagte am 21. März 2003 und 29. August 2005 nach ordnungsgemäßer Beschuldigtenbelehrung erneut Angaben machte. Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob und inwieweit auch ohne Hinweis auf die Nichtverwertbarkeit der früheren Angaben (sog. qualifizierte Belehrung) eine Heilung der vorausgegangenen fehlerhaften Belehrung in Betracht kommt, wenn der Beschuldigte die Angaben - pauschal - bestätigt (insoweit offen gelassen von BGHSt 47, 172, 175). Denn die Aussagen vom 21. März 2003 und 29. August 2005 waren nur ergänzender Natur; der Angeklagte bestätigte seine früheren Angaben indessen nicht.
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d) Da die Verteidigung der Verwertung der Aussagen des Angeklagten vom 26. September und 13. November 2002 rechtzeitig widersprochen hat, zog der Verstoß gegen die Pflicht zur Beschuldigtenbelehrung das Verbot einer Verwertung dieser Aussagen zu Beweiszwecken nach sich (st. Rspr. seit BGHSt 38, 214). Allein die Belehrung des Angeklagten dahingehend, bei der Polizei überhaupt nichts sagen zu müssen, und gemäß § 55 Abs. 2, § 163a Abs. 5 StPO dahingehend, jedenfalls keine Angaben machen zu müssen, die ihn belasten könnten, kann in aller Regel die gebotene Belehrung über das vollumfängliche Aussageverweigerungsrecht nicht ersetzen. Hinzu kommt, dass diese Belehrungen - anders als die Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO - keinen Hinweis auf das Recht zur Verteidigerkonsultation enthielten (vgl. in diesem Zusammenhang auch BGHSt 47, 172, 174).
31
4. Auf dem Rechtsfehler beruht das angegriffene Urteil (§ 337 Abs. 1 StPO). Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht anders entschieden hätte, wenn es nicht sämtliche Aussagen des Angeklagten in diesem Verfahren für verwertbar gehalten hätte. Soweit das Landgericht seine Überzeugung von der Schuld unter anderem darauf gestützt hat, dass das Verhalten des Angeklagten nach dem Verschwinden der Opfer nicht nachvollziehbar sei und seine Angaben in dem Verfahren vage und widersprüchlich gewesen oder widerlegt worden seien, hat es nämlich maßgebend auf die Vernehmung am 26. September 2002 Bezug genommen.
32
5. Der aufgezeigte Mangel führt zur Aufhebung des Urteils. Die Sachbeschwerde kann daher auf sich beruhen. Der Senat bemerkt jedoch, dass die Möglichkeit einer nur fahrlässigen Tötung von J. H. , deren ausdrückliche Erörterung die Revision des Angeklagten vermisst, nach der Gesamtschau der Urteilsgründe nicht nahe liegend erscheint.

III.

33
Revision der Staatsanwaltschaft:
34
Die Staatsanwaltschaft beanstandet zu Recht, dass die Schwurgerichtskammer das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht hinsichtlich der Tötung von J. H. verneint hat.
35
1. Dass der Angeklagte seine Tochter nicht in der Absicht tötete, den vorausgegangenen Totschlag an seiner Ehefrau zu verdecken, hat das Landgericht auf zwei - teilweise ineinander greifende - Erwägungen gestützt:
36
a) Zum einen geht es davon aus, die Verdeckungsabsicht hätte hier "zumindest eine gewisse Zeitspanne zwischen der Tötung beider Opfer" vorausgesetzt , "in der sich der Angeklagte unter Abwägung des Für und Wider zur Begehung der weiteren Tat" entschieden hätte. "Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten eine ausreichende Zeitspanne für derartige Überlegungen blieb", bestünden aber nicht. Vielmehr sei möglich, dass er sich "in Bruchteilen einer Sekunde" auch zur Tötung seiner Tochter entschlossen habe.
37
b) Zum anderen könne - unabhängig davon - ein sogenannter "Affektübersprung" nicht ausgeschlossen werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei jedenfalls möglich, dass J. H. während einer heftigen ehelichen Auseinandersetzung anwesend und in diese involviert gewesen sein könnte. Weil sie um die Vorlieben des Angeklagten für pornographische Darstellungen im Internet wusste, sei es dann nahe liegend, dass sie in der für sie extrem belastenden Situation ihre Eltern mit diesem Wissen konfrontiert, sich erstmals in außergewöhnlicher Weise gegen den Vater aufgelehnt und für ihre Mutter Partei ergriffen habe. Möglich sei aber auch, dass sie - mit der Gewalttat des Vaters gegenüber der Mutter konfrontiert - geschrieen und geweint sowie eventuell neben ihrer Angst auch ihre Abscheu gegenüber dessen Verhalten zum Ausdruck gebracht habe. Vor diesem Hintergrund käme ein "Affektübersprung" in Betracht, obwohl der psychiatrische Sachverständige dies unter Hinweis auf den Altersunterschied des Opfers zum Angeklagten für fern liegend erachtet habe. Ein derartiger "Affektübersprung" hätte darauf beruhen können, dass dieser seine Tochter "gleichsam als eine weitere, mit seiner ihn zutiefst kränkenden Ehefrau verbündete ('ebenbürtige') 'Gegnerin' angesehen haben" könnte.
38
2. Schon für sich gesehen hält keine dieser Erwägungen sachlichrechtlicher Überprüfung stand; auf die Frage eines Zusammenspiels der Erwägungen kann es daher nicht ankommen. Die Ausführungen zu den rechtlichen Voraussetzungen der Verdeckungsabsicht zeigen, dass die Kammer insoweit von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen ist (nachfolgend a). Soweit die Kammer annimmt, ein "Affektübersprung" könne nicht ausgeschlossen werden , ist die Beweiswürdigung nicht frei von Rechtsfehlern (nachfolgend b).
39
a) Das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht kann auch bei einem in einer unvorhergesehenen Augenblickssituation spontan gefassten Tötungsentschluss gegeben sein. Die Absicht zur Verdeckung einer anderen Tat erfordert keine Überlegung des Täters im Sinne eines abwägenden Reflektierens über die eigenen Ziele. Vielmehr genügt es, dass er die "Verdeckungslage" gleichsam "auf einen Blick" erfasst (vgl. BGHSt 35, 116; BGH NJW 1999, 1039, 1041; Schneider in MünchKomm § 211 Rdn. 184 ff.; zu dem insoweit gleich zu behandelnden Ausnutzungsbewusstsein beim Mordmerkmal der Heimtücke vgl. Senat NStZ-RR 2005, 264, 265), wobei in der Regel ein vorhandenes gedankliches Mitbewusstsein ausreicht (BGH NJW aaO). Die Auffassung, der Annahme von Verdeckungsabsicht stünde entgegen, dass sich der Angeklagte angesichts der Reaktion seiner Tochter "in Bruchteilen einer Sekunde" auch zu ihrer Tö- tung entschlossen haben könnte, belegt, dass die Kammer von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen ist.
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b) Der aufgezeigte Mangel wäre im Ergebnis unerheblich, wenn infolge des - von der Kammer als nicht ausschließbar angenommenen - "Affektübersprungs" dem Angeklagten das (gedankliche Mit-)Bewusstsein gefehlt hätte, dass die Tötung seiner Tochter die Aufklärung der Tötung der Ehefrau erschwert , und er nicht in diesem Sinne zielgerichtet gehandelt hätte. Jedoch hält die dieser Annahme zugrunde liegende Beweiswürdigung rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters. Ein Urteil ist jedoch aufzuheben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt; ferner dann, wenn der Tatrichter an die für die Überzeugungsbildung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. nur Senat NJW 2002, 2188, 2189; 2006, 1297, 1298; NStZ-RR 2003, 371 LS; 2005, 147 f.).
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Gegen die Feststellungen zur Tötungsreihenfolge und zur affektbedingten Enthemmung des Angeklagten ist - im Ausgangspunkt - revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Basierend auf einer - noch - tragfähigen Tatsachengrundlage hat die Kammer insoweit namentlich aus dem Zustand der Ehe und dem Verhältnis des Angeklagten zu seiner Tochter sowie den Persönlichkeiten der Eheleute unter Berücksichtigung der hinsichtlich G. H. festgestellten Tötungshandlungen mögliche Schlüsse gezogen; zwingend brauchen diese nicht zu sein (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurt. vom 21. Februar 2006 - 1 StR 456/05 m.w.N.).
43
Die Beweiswürdigung zu einem die Verdeckungsabsicht ausschließenden "Affektübersprung" ist jedoch lückenhaft (nachfolgend aa) und lässt besorgen , dass das Landgericht an die für die Überzeugungsbildung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat (nachfolgend bb).
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aa) Im Zusammenhang mit dem "Affektübersprung" ist lediglich angeführt , dass dieser "in Unkenntnis des tatsächlichen Verlaufs und der (etwaigen) Heftigkeit des Ehestreits nicht sicher auszuschließen" sei; auch der "befriedigende" Geschlechtsverkehr, den der Angeklagte erstmals in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai 2002 mit D. hatte, spreche nicht dagegen.
45
Demgegenüber bleiben die gegen eine derart starke affektive Erregung sprechenden Umstände unerörtert. Im Zusammenhang mit der Ablehnung einer erheblich eingeschränkten Schuldfähigkeit ist die Kammer nämlich "zu der Überzeugung gelangt, dass weder die Persönlichkeit des Angeklagten noch die sich aus der Ehesituation möglicherweise ergebenden Konfliktlagen noch besondere tatnahe Umstände und Verhaltensweisen" für eine durch die affektive Belastung hervorgerufenen Bewusstseinsstörung im Sinne von § 21 StGB sprächen. Zudem fehlten sogenannte "konstellative Faktoren" wie etwa der Konsum von Alkohol. Insbesondere sei aber das Nachtatverhalten zu würdigen; neben dem Geschlechtsverkehr führt das Urteil in diesem Zusammenhang die gezielte Beseitigung von Tatspuren, das unauffällige Verhalten bei Kontakt mit Dritten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den Taten sowie die gekonnte Darstellung eines Vermisstenfalls an. Hieraus schließt die Kammer auf "eine (beim Angeklagten) zum Tatzeitpunkt vollständig vorhandene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit".
46
All diese Umstände können jedoch auch für den vom Landgericht als nicht ausschließbar erachteten "Affektübersprung" relevant sein, ohne dass sie in diesem Zusammenhang allerdings erörtert sind. Dies wäre jedoch geboten gewesen, nachdem das Landgericht dem Zustand affektiver Erregung für die Ablehnung des Mordmerkmals der Verdeckungsabsicht entscheidende Bedeutung beimisst.
47
bb) Darüber hinaus lassen die Ausführungen im Urteil auch besorgen, dass die Kammer überspannte Anforderungen an die Feststellung gestellt hat, der Angeklagte habe J. H. mit Verdeckungsabsicht getötet. Insbesondere gebietet der Zweifelssatz nicht, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten - auch hinsichtlich innerer Tatsachen - zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurt. vom 11. Juli 2006 - 1 StR 188/06 m.w.N.). Das Urteil nennt weder im Zusammenhang mit der Verdeckungsabsicht noch an anderer Stelle Anhaltspunkte, die konkret darauf hinweisen könnten, der Zustand affektiver Erregung habe die Vorstellungen des Angeklagten bei der Tötung von J. H. völlig dominieren können. Das Urteil führt sogar an, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen ein "Affektübersprung" auf Grund des Altersunterschieds zwischen dem Angeklagten und seiner Tochter fern liege. Die Kammer hat sich offensichtlich dieser Wertung angeschlossen; jedenfalls ist Gegenteiliges nicht angeführt. Gleichwohl hat sie sich daran gehindert gesehen, einen solchen "Affektübersprung … sicher" auszuschließen. Dies lässt besorgen , dass sie für die Überzeugungsbildung von der Notwendigkeit einer jede denktheoretische Möglichkeit ausschließenden, von niemandem mehr anzweifelbaren Gewissheit ausgegangen ist (vgl. Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 4 m.w.N.).
48
Hinsichtlich der Auswirkung einer affektiven Erregung auf das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht ist - zumal bei uneingeschränkter Schuldfähigkeit - auch zu berücksichtigen, dass eine affektive Erregung ohnehin bei den meisten Tötungsdelikten den Normalfall darstellt (BGH NStZ-RR 2003, 8) und für Verdeckungstötungen sogar typisch ist (vgl. BGH NJW 1999, 1039, 1041). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein solcher Erregungszustand dementsprechend im Regelfall keinen Einfluss auf die Verdeckungsabsicht (vgl. BGH NJW aaO; Urt. vom 15. Januar 2004 - 3 StR 382/03; zusammenfassend Schneider in MünchKomm § 211 Rdn. 187).
49
3. Die Aufhebung der Verurteilung wegen Totschlags an J. H. auf die Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung der deswegen verhängten lebenslangen Einzelfreiheitsstrafe sowie der lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs entfällt zugleich die Grundlage für den Strafausspruch. Eine Aufrechterhaltung der wegen der Tötung von J. H. von der Schwurgerichtskammer gemäß § 212 Abs. 2 StGB verhängten lebenslangen Einzelfreiheitsstrafe und der dementsprechenden Gesamtfreiheitsstrafe bei gleichzeitiger Aufhebung des zu Grunde liegenden Schuldspruchs ist nicht möglich (in vergleichbarem Sinne BGHR StPO § 267 Abs. 2 Schuldfähigkeit 1). Ist aber die lebenslange (Gesamt-)Freiheitsstrafe aufzuheben, so ist für die Prüfung der Frage, ob die Kammer zu Recht von der Feststellung besonderer Schuldschwere (§ 57a StGB) abgesehen hat, kein Raum mehr.

IV.

50
Der Senat macht - entsprechend auch den übereinstimmenden Anträgen von Verteidigung und Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung - von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StPO an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen.

V.

51
Die Revision des Angeklagten hat die Frage aufgeworfen, ob für die Aussagen des Angeklagten bei den Beschuldigtenvernehmungen am 21. März 2003 und 29. August 2005 mangels qualifizierter Belehrungen ein Beweisverwertungsverbot besteht. Diese Frage hätte vor allem dann Gewicht, wenn es aus der Sicht des neuen Tatrichters wiederum auf den Inhalt der in Rede stehenden Aussagen ankommen sollte.
52
1. Eine qualifizierte Belehrung dient in erster Linie der Heilung von Verstößen gegen Belehrungspflichten. War nämlich der Vernommene rechtsfehlerhaft nicht als Beschuldigter belehrt worden und erfolgt bei einer späteren Beschuldigtenvernehmung auch ein Hinweis auf die Unverwertbarkeit seiner früheren Aussage, ist diese frühere Aussage gleichwohl verwertbar, soweit er sie nach dem Hinweis - gegebenenfalls pauschal - bestätigt (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 136 Rdn. 9).
53
2. Dies beantwortet für sich genommen nicht die Frage, ob die nach - allerdings nicht qualifizierter - Beschuldigtenbelehrung gemachten Aussagen verwertbar sind.
54
a) Ist ein Beschuldigter gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO belehrt, nicht jedoch über die Unverwertbarkeit früherer Aussagen, so hat der Verstoß hinsichtlich der anschließenden Aussage jedenfalls kein Gewicht, das dem Gewicht eines Verstoßes gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO entspräche. Wie der Bundesgerichtshof bereits im Zusammenhang mit anderen in ihrem Gewicht hinter einem Verstoß gegen § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO zurückbleibenden Fehlern der Vernehmenden bei Beschuldigtenvernehmungen entschieden hat, ist dann die Verwertbarkeit der Aussage durch Abwägung im Einzelfall zu ermitteln (vgl. BGHSt 42, 170, 174; NStZ 2006, 236, 237; NStZ-RR 2006, 181, 182 f.). All dies gilt hier entsprechend.
55
b) Bei einer solchen Abwägung wäre insbesondere von Bedeutung, wie gravierend der Verfahrensverstoß war, ob er also in bewusster oder willkürlicher Umgehung der Belehrungspflichten erfolgte, wofür hier nichts spricht (vgl. auch oben II. 3. b. aa). Auf der anderen Seite wäre das Interesse an der Sachaufklärung einzustellen, das von dem - hier massiven - Gewicht der Tat abhängt. Die Annahme eines Verwertungsverbots ist nach alledem - jedenfalls auf der Grundlage der bisher erkennbaren Umstände - fern liegend. VRiBGH Nack ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Wahl Wahl Boetticher Kolz Graf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2007 - 1 StR 3/07

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(Völker-)Strafrecht: Psychische Beihilfe bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien

18.03.2021

Der Widerspruch des Beschuldigten ist grundsätzlich konstituierend für die gerichtliche Annahme eines Beweisverwertungsverbotes. Ein solcher muss rechtzeitig, d. h. bis zur Beendigung der Beweiserhebung nach § 257 StPO erfolgen. Sodann können die Beweise keinen Eingang in die Entscheidungsfindung des Gerichtes finden und werden „bedeutungslos“. Dies gilt aber grundsätzlich nicht für das Ermittlungs- und Zwischenverfahren – hier hat das Gericht Beweisverwertungsverbote von Amts wegen zu prüfen. Belastende Aussagen des Zeugen i. R. d. Zeugenvernehmung, die seine Beschuldigtenstellung begründen, dürfen noch verwertet werden. Wird der Beschuldigte nicht unmittelbar danach belehrt, so unterliegen die weiteren Aussagen einem Beweisverwertungsverbot – Dirk Streifler, Streifler & Kollegen, Rechtsanwalt für Strafrecht

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Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2007 - 1 StR 3/07 zitiert 13 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 136 Vernehmung


(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Strafprozeßordnung - StPO | § 102 Durchsuchung bei Beschuldigten


Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowo

Strafprozeßordnung - StPO | § 163a Vernehmung des Beschuldigten


(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern. (2) Beantragt d

Strafprozeßordnung - StPO | § 60 Vereidigungsverbote


Von der Vereidigung ist abzusehen 1. bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinde

Abgabenordnung - AO 1977 | § 397 Einleitung des Strafverfahrens


(1) Das Strafverfahren ist eingeleitet, sobald die Finanzbehörde, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, eine ihrer Ermittlungspersonen oder der Strafrichter eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat

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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2007 - 1 StR 3/07 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2008 - 4 StR 455/08

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2007 - 1 StR 280/07

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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2018 - 3 StR 390/17

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(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Das Strafverfahren ist eingeleitet, sobald die Finanzbehörde, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, eine ihrer Ermittlungspersonen oder der Strafrichter eine Maßnahme trifft, die erkennbar darauf abzielt, gegen jemanden wegen einer Steuerstraftat strafrechtlich vorzugehen.

(2) Die Maßnahme ist unter Angabe des Zeitpunkts unverzüglich in den Akten zu vermerken.

(3) Die Einleitung des Strafverfahrens ist dem Beschuldigten spätestens mitzuteilen, wenn er dazu aufgefordert wird, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Straftat stehen, derer er verdächtig ist.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

Von der Vereidigung ist abzusehen

1.
bei Personen, die zur Zeit der Vernehmung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung vom Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung haben;
2.
bei Personen, die der Tat, welche den Gegenstand der Untersuchung bildet, oder der Beteiligung an ihr oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig oder deswegen bereits verurteilt sind.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, daß das Verfahren zur Einstellung führt. In einfachen Sachen genügt es, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich zu äußern.

(2) Beantragt der Beschuldigte zu seiner Entlastung die Aufnahme von Beweisen, so sind sie zu erheben, wenn sie von Bedeutung sind.

(3) Der Beschuldigte ist verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Die §§ 133 bis 136a und 168c Abs. 1 und 5 gelten entsprechend. Über die Rechtmäßigkeit der Vorführung entscheidet auf Antrag des Beschuldigten das nach § 162 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar.

(4) Bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Im übrigen sind bei der Vernehmung des Beschuldigten durch Beamte des Polizeidienstes § 136 Absatz 1 Satz 2 bis 6, Absatz 2 bis 5 und § 136a anzuwenden. § 168c Absatz 1 und 5 gilt für den Verteidiger entsprechend.

(5) Die §§ 186 und 187 Absatz 1 bis 3 sowie § 189 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes gelten entsprechend.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 456/05
vom
21. Februar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Februar
2006, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. April 2005 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Rechtsmittel werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen diese Entscheidung wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihrer jeweils zu Gunsten des Angeklagten eingelegten Revision. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel haben teilweise Erfolg und führen zur Aufhebung des Strafausspruchs.

I.


2
Das Landgericht hat seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde gelegt:
3
Nachdem im Dezember 2000 der gemeinsame Sohn J. geboren worden war, wurde die Ehefrau des Angeklagten im September 2001 erneut schwanger. Obgleich die Eheleute, er ein gelernter Krankenpfleger, sie eine Krankenschwester, sich so schnell kein zweites Kind gewünscht hatten, akzeptierten sie die Situation. Nachdem die Schwangerschaft zunächst unauffällig verlaufen war, stellte der betreuende Gynäkologe bei einer Vorsorgeuntersuchung im fünften oder sechsten Schwangerschaftsmonat vermehrtes Fruchtwasser sowie eine Übergröße des Fötus fest. Ein schwangerschaftsbedingter Diabetes konnte ausgeschlossen werden; jedoch glaubte der Angeklagte unabhängig hiervon, bei Ultraschalluntersuchungen eine Verformung des Kopfes festgestellt zu haben. Da jedoch der untersuchende Arzt insoweit keine Bedenken äußerte, maß auch der Angeklagte seinen Beobachtungen keine weitergehende Bedeutung zu.
4
Bei einer sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin durchgeführten weiteren Ultraschall-Untersuchung wurde von dem untersuchenden Arzt erstmals gegenüber dem Angeklagten und seiner Ehefrau geäußert , dass "mit dem Kind etwas nicht stimmen" würde, ohne dass er dies weiter erläuterte. Stattdessen riet er dem Ehepaar, weitere Untersuchungen in der Universitätsklinik E. durchführen zu lassen. Nach der daraufhin zeitnah am 17. April 2002 in E. durchgeführten sonografischen Untersuchung war der untersuchende Arzt zunächst nicht in der Lage, dem Ehepaar seine Diagnose mitzuteilen, sondern vertröstete sie mit dem Bemerken, dass noch weitere computergestützte Abklärungen erforderlich seien. Allerdings hatte der Angeklagte - wie auch schon bei der vorangegangenen Ultraschall-Unter-suchung - eine auffällige Gesichtsform bemerkt, ohne dass er seine Frau hierüber informierte. Am 17. oder 18. April 2002 wurde den Eheleuten dann durch ihren Arzt telefonisch mitgeteilt, dass die Untersuchungen in E. zu dem Ergebnis geführt hätten, dass das Kind an einem so genannten Apert-Syndrom leide. Noch während dieses Telefongesprächs nahm der Angeklagte ein medizinisches Lexikon zur Hand, in dem ein an einem voll ausgeprägten Apert-Syndrom erkranktes Kind abgebildet war. Sowohl der Angeklagte als auch seine Ehefrau waren von dieser aus ihrer Sicht grauenvollen Abbildung so beeindruckt, dass sie das Gespräch mit dem Gynäkologen nicht fortsetzen konnten und in Tränen ausbrachen. Bei einer wenige Tage später durchgeführten Beratung in der Universitätsklinik E. , an der neben dem die Ultraschall-Untersuchung durchführenden Oberarzt weitere Ärzte anderer Fachrichtungen teilnahmen, wurde dem Ehepaar mitgeteilt, dass bei ihrem Kind mit einer Schädelverformung im Sinne eines so genannten Turmschädels, einer Veränderung des Mittelgesichtes sowie Missbildungen an Händen und Füßen zu rechnen sei. Im Hinblick auf die Gesichtsverformungen seien kosmetische Operationen möglich; auch die Funktion von Händen und Füßen sei durch mehrere Operationen herstellbar. Diesem Gespräch konnten der Angeklagte und seine Ehefrau weder genaue Auskünfte zur Lebenserwartung des Kindes noch bezüglich möglicher geistiger Behinderungen entnehmen. Stattdessen wurde die Schädelverformung als nur auf den zweiten Blick sichtbar dargestellt. Den Hinweis, einer Entbindung im Geburtshaus in A. stünde nichts entgegen, werteten beide als ein Anzeichen dafür, dass die körperlichen Beeinträchtigungen ihres Kindes weniger gravierend sein würden. Dennoch blickte der Angeklagte dem Geburtstermin ohne Vorfreude entgegen. Der zunächst für das Kind vorgesehene Namen Josua ("Gott hilft") wurde von dem Angeklagten und seiner Ehefrau verworfen, weil er ihnen unpassend erschien. Ein neuer Name wurde von ihnen bis zum Geburtstermin nicht mehr ausgewählt.
5
Am 15. Mai 2002 wurde das spätere Tatopfer Ju. R. in Anwesenheit des Angeklagten im Geburtshaus geboren. Das Kind wies einen ausgeprägten so genannten Turmschädel mit einer hohen, deutlich nach vorn gewölbten Stirn, flachem Hinterkopf und einer seitlichen Abplattung des Kopfes auf. Beide Augäpfel traten deutlich hervor, der Augenabstand war vergrößert. An beiden Händen waren die Finger II bis V zusammengewachsen, ebenso waren die Zehen II bis V an beiden Füßen miteinander verwachsen. Teilweise hatten die verwachsenen Gliedmaßen eine durchgängige Nagelplatte, die nicht verwachsenen Gliedmaße waren durch eine so genannte Schwimmhaut verbunden. Hinzu kam, dass aufgrund der Deformation des Gesichtsschädels die Nasenatmung des Kindes deutlich eingeschränkt war, weshalb Ju. schwer atmete und deutlich hörbar röchelte. Der Angeklagte war über das aus seiner Sicht überaus hässliche Aussehen seines Kindes erschrocken und konnte dessen Anblick nicht ertragen. Er verließ wortlos den Geburtsraum und ließ seine Frau mit dem Neugeborenen zurück. Als er einige Zeit später zurückkam, hoffte er, die Nachricht zu erhalten, dass das Kind nicht lebensfähig sein würde. Als ihm der herbeigerufene Kindernotarzt zur Geburt gratulierte, empfand er dies als Hohn und fragte den Arzt im Gegenzug, ob er schon einmal ein derart hässliches Kind gesehen habe. Das Neugeborene wurde danach sogleich in eine Kinderklinik nach N. verlegt, während der Angeklagte und seine Frau nach Hause zurückkehrten.
6
In der Folge besuchten die Eheleute das Kind regelmäßig in der Kinderklinik. Der Angeklagte hatte jedoch weiterhin Schwierigkeiten, sich mit seiner Vaterrolle zu identifizieren. Unter anderem bat er die Krankenschwestern um eine Betreuung des Kindes, obgleich es so hässlich sei. Zwischenzeitlich hatten sich die Eheleute der Eltern-Initiative Apert-Syndrom angeschlossen und fühlten sich erstmals ergiebig informiert, nachdem sie schriftliches Informationsmaterial erhalten und vom Vorsitzenden der Initiative telefonisch beraten worden waren. Aufgrund der Auskunft, dass eine geistige Behinderung mit dem Apert-Syndrom nicht notwendig verbunden sei, dafür allerdings eine höhere Wahrscheinlichkeit als bei Kindern ohne eine solche Erkrankung bestehe, begann der Angeklagte Hoffnung zu schöpfen. Jedoch wurde bei einer weiteren Untersuchung festgestellt , dass bei Ju. kein Hirnbalken angelegt war (so genannte Balkenagenesie ), weshalb eine normale intellektuelle Entwicklung nicht mehr wahrscheinlich war. Der Angeklagte und seine Ehefrau wurden hierüber am 21. Mai 2002 informiert. Der Angeklagte empfand diese Mitteilung als neuerlichen schweren Rückschlag und zweifelte an der Kompetenz der behandelnden Ärzte. Er setzte daraufhin eine Verlegung von Ju. in die Universitätsklinik W. durch. Dort wurden dem Kind, wie bereits schon in der Kinderklinik in N. , zur Erweiterung der verengten Nasenwege und zur Vermeidung von plötzlichen Atemstillständen (Apnoen), welche anfangs aufgetreten waren, Nasenröhrchen eingesetzt. Diese mussten mehrmals täglich abgesaugt werden, ansonsten war der Zustand des Kindes unauffällig. Der Angeklagte besuchte seinen Sohn täglich und versuchte seine Distanz zu überwinden. Er zwang sich, Ju. auf den Arm zu nehmen und ihn soweit als möglich zu versorgen. Dabei empfand er es als erleichternd, dass in der Klinik weitere Kinder mit gravierenden Missbildungen auf der Station waren, sodass er glaubte, sich vor deren Eltern für das Aussehen seines Sohnes nicht so sehr schämen zu müssen. Gleichwohl hielt er seinen Sohn mit Abstand für das hässlichste Kind in der Abteilung. Am 20. Juni 2002 wurde Ju. in gutem Allgemeinzustand und mit stabiler Atmungs- und Lungensituation entlassen.
7
Zuhause wurde das Kind, welches inzwischen auf Betreiben der Ehefrau den Namen Ju. erhalten hatte, im Wohnzimmer untergebracht, denn aufgrund der lauten Atemgeräusche störte es seinen Bruder J. . Es lag in einer Baby-Tragetasche, die auf einer Liege abgestellt war. Der zur Versorgung des Kindes erforderliche Aufwand unterschied sich gegenüber einem normal entwickelten Kind nur dadurch, dass die Atemröhrchen abgesaugt werden mussten und sich Ju. häufiger bei der Nahrungsaufnahme verschluckte oder nach der Mahlzeit übergeben musste. Zu Atemstillständen kam es allerdings in der Folgezeit nicht mehr. Der Angeklagte vermochte sich auch weiterhin nicht mit seinem Kind zu identifizieren und glaubte nach wie vor, sich für dessen Aussehen schämen zu müssen. Besuche von Freunden und Bekannten lehnte er so weit als möglich ab. Auf Nachfragen nach seinem Sohn reagierte er abweisend. Das kurz zuvor gemachte, ernsthafte Angebot seiner damals 48 Jahre alten Schwiegermutter, einer gelernten und erfahrenen Kinderkrankenschwester, Ju. zu versorgen, lehnte der Angeklagte ab, weil er den Ehrgeiz hatte, die entstandene Situation allein bewältigen und er eine Weggabe von Ju. als ein Abschieben von Verantwortung empfand. Die weitere Erwägung, Ju. in eine Pflegeeinrichtung zu geben, verwarf er unter Hinweis auf seine eigenen schlechten Erfahrungen in einem Kinderheim. An seine Ehefrau richtete er Schuldzuweisungen; sein Leben empfand er als entwertet. Dessen ungeachtet bemühte er sich gewissenhaft um die Pflege von Ju. und versuchte auch weiterhin, seiner sozialen Vaterrolle gerecht zu werden. Die Ehefrau litt unter zunehmender körperlicher Erschöpfung und den wachsenden Spannungen in der Ehe. Für ihr behindertes Kind empfand sie vornehmlich Mitleid. Als Ju. in der ersten Juliwoche zunehmend apathischer wirkte und aus ihrer Sicht nur noch wenig Nahrung zu sich nahm, verzweifelte sie. Spontan entschloss sie sich am 3. Juli 2002 dazu, ihren Ehemann auf dessen Arbeitsstelle anzurufen. Weinend legte sie ihm ihren Zustand offen, worauf der Angeklagte erstmals a- kut um den Fortbestand seiner Ehe fürchtete. Daraufhin sah sich der Angeklagte zum Handeln veranlasst und begann ernsthaft eine Tötung des Sohnes Ju. in Erwägung zu ziehen. Im Vordergrund stand dabei die Intention, sein Leben vor einer weiteren Entwertung zu schützen und seine gefährdete Ehe zu erhalten , aber es kam auch der Gedanke hinzu, seinem Sohn Ju. durch eine Tötung Qualen zu ersparen.
8
Nachdem am Abend des 5. Juli 2002, zwei Tage nach dem verzweifelten Telefonanruf seiner Ehefrau, diese nun bei einem Telefonat auch ihrer Mutter gegenüber ihre Situation beklagte, fasste der Angeklagte den Entschluss, Ju. in dieser Nacht zu töten. Er hatte sich entschlossen, den Kopfausschnitt der Baby-Tragetasche durch aufgelegte Decken luftdicht zu verschließen. Er glaubte dadurch zu erreichen, dass der Junge das ausgeatmete Kohlendioxid wieder einatmet, dadurch in eine Art Narkose verfällt und dann verstirbt. Der Angeklagte hielt das für einen sanften Tod. Gegen 21.30 Uhr gingen die Eheleute gemeinsam zu Bett. Zu diesem Zeitpunkt stand die Tragetasche mit Ju. auf der Liege, wobei neben der Tragetasche ein so genanntes Babyphon stand, durch welches Geräusche des Kindes an das zugehörige Empfangsgerät am Kopfende des Bettes der Ehefrau übertragen werden konnten. Gemäß seinen Überlegungen stand der Angeklagte danach nochmals auf, vorgeblich um noch einmal nach dem Kind zu schauen. Sodann deckte er mit bereitliegenden Wolldecken die Tragetasche möglichst luftdicht ab und regelte die Empfindlichkeit des Babyphons so weit herunter, dass keine Geräusche mehr ins elterliche Schlafzimmer übertragen werden konnten. Danach ging er erneut zu Bett und sagte zu seiner Frau, dass alles in Ordnung sei.
9
In der Folge erstickte Ju. durch die Anreicherung der eingeatmeten Luft mit Kohlendioxid und dem gleichzeitig sinkenden Sauerstoffanteil. Aller- dings war entgegen der Auffassung des Angeklagten dieser Erstickungsvorgang qualvoll, weil die erfolgte Anreicherung der Atemluft mit Kohlendioxid zunächst zu einer Stimulation des Atemzentrums führte. Da Ju. zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits an einer chronischen Lungenentzündung litt und zusätzlich von einer Vorschädigung des Gehirns auszugehen war, trat der Tod möglicherweise bereits nach zwei Minuten ein. Als der Angeklagte gegen 3.00 Uhr morgens erwachte, begab er sich sogleich in das Wohnzimmer, entfernte die Decken und stellte den Tod des Kindes fest. Danach weckte er seine Ehefrau, welche ebenfalls erkannte, dass Ju. tot war. Aufgrund des apathischen Verhaltens des Kindes in der vorangegangenen Woche ging sie von einem natürlichen Tod aus. Der herbeigerufene Notarzt verständigte die Polizei, worauf die Eheleute als Zeugen vernommen wurden. Bei der am 8. Juli 2002 durchgeführten Obduktion wurden keine typischen Zeichen für eine Gewalteinwirkung festgestellt. Der Tod von Ju. R. schien als Folge eines Atemversagens bei schwerem Missbildungssyndrom und einer möglicherweise gleichzeitig vorliegenden entzündlichen Veränderung der Lunge erklärbar, worauf von weiteren Ermittlungen abgesehen und das Verfahren eingestellt wurde.
10
Ohne den Tod von Ju. R. wären in den ersten sechs Lebensmonaten voraussichtlich mehrere aufwändige Schädeloperationen notwendig geworden , um eine neue Gesichtsform herzustellen - unter anderem verbunden mit einer Lösung aller knöchernen Verbindungen im Bereich des Gesichtsschädels. Die miteinander verwachsenen Finger und Zehen hätten in weiteren Einzeloperationen voneinander getrennt werden müssen, wobei eine Beweglichkeit ab dem Grundgelenk hätte hergestellt werden können. So wären etwa 20 bis 30 Operationen in den ersten drei Lebensjahren erforderlich geworden. Die vorhandene Balkenagenesie hätte, da Hinweise auf weitere Hirnfehlbildungen vorlagen , mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Intelligenzminderung zur Folge gehabt. Zudem bestand aufgrund der bereits chronischen Lungenentzündung mit deutlich verbreiterten Lungensepten und Hinweisen auf eine Störung des Atemzentrums eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen zu einem späteren Zeitpunkt eintretenden Tod aufgrund eines Rechtsherzversagens, sodass das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit nur das Kleinkindalter erreicht hätte.
11
Zwischen den Eheleuten kam es zunächst zu keinem intensiveren Gespräch über die Ursachen des Todes von Ju. . Der Angeklagte blieb gegenüber seiner Ehefrau sehr verschlossen und ließ eine erhebliche Verbitterung erkennen. Erst im Verlauf einer mehrtägigen Freizeitveranstaltung der evangelischen Freikirchen zum Jahreswechsel 2002/2003 sprach die Ehefrau den Angeklagten am Abend des 31. Dezember 2002 auf sein verändertes äußeres Verhalten an. Daraufhin gestand er ihr seine Verantwortung für den Tod des gemeinsamen Kindes ein. Im Gegenzug teilte sie ihm mit, dass sie im Jahre 1998 einen Schwangerschaftsabbruch durchgeführt hatte und es sich nicht, wie von ihr damals angegeben, um eine Eileiterschwangerschaft gehandelt habe. In den folgenden sechs Monaten sprachen die Eheleute darüber nicht mehr. Im Sommer 2003 offenbarte der Angeklagte sich dann auch gegenüber seiner Schwiegereltern. Diese versicherten ihm vor dem Hintergrund ihrer religiösen Überzeugungen, dass sie ihn als Schwiegersohn nicht verstoßen würden; jedoch bestärkten sie ihn darin, dass er sich zu seiner Tat öffentlich bekennen und die gegenüber den Ermittlungsbehörden gemachten unrichtigen Angaben berichtigen müsse, da es ihm verboten sei zu lügen. Schließlich begab sich der Angeklagte am 11. November 2003 zur Kriminalpolizei in S. und räumte dort ein, seinen Sohn Ju. getötet zu haben. Auf die ihm nachdrücklich angebotene Hinzuziehung eines Rechtsanwalts verzichtete er mit der Begründung , er wünsche nicht, dass zu seinen Gunsten Tatsachen verfärbt würden.

12
Am 30. April 2004 wurde das dritte gemeinsame Kind geboren, welches ebenfalls behindert ist. Im Sommer 2004 entschlossen sich die Eheleute zum Umzug nach Rh. , um die Hilfe der Schwiegereltern in Anspruch nehmen zu können. Der Angeklagte gab in diesem Zusammenhang seine Tätigkeit als Krankenpfleger in N. auf und war danach im Außendienst für ein Sanitätshaus tätig, bevor er in dieser Sache in Untersuchungshaft genommen wurde.

II.


13
Soweit es den Schuldspruch betrifft, bleiben die Rechtsmittel des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft ohne Erfolg.
14
Die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Totschlags weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Mit ihren Angriffen gegen die getroffenen Feststellungen unternehmen die Revisionsführer lediglich den Versuch, die dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung der erhobenen Beweise in Zweifel zu ziehen. Damit verkennen die Beschwerdeführer, dass die vom Tatrichter gezogenen Schlussfolgerungen nicht zwingend zu sein brauchen ; es genügt vielmehr, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (st. Rspr.; BGHSt 10, 208, 209; 29, 18, 20; BGH NStZ 1998, 366, 368). Allein die von der Revision eingewandte theoretische Möglichkeit , dass Ju. R. in der Zeit zwischen dem Auflegen der Decken und der letztlich tödlich wirkenden Verknappung des Sauerstoffs in der Atemluft hiervon unabhängig an einem spontanen zentralen Atemversagen verstorben sein könnte, ändert hieran nichts. Die sachverständig beratene Kammer hat sich mit dieser theoretischen Möglichkeit auseinander gesetzt und ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass es nach der Entlassung des Kindes aus der Klinik nach dem 26. Juni 2002 zu keinerlei Atemstillständen mehr gekommen ist (UA S. 38 f.). Allein das von der Ehefrau des Angeklagten wahrgenommene apathische Verhalten von Ju. in der Woche vor seinem Tod wird als Besonderheit geschildert; dem wurde jedoch von den Sachverständigen - auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Obduktion - offenbar keine Auswirkung im Hinblick auf ein mögliches spontanes zentrales Atemversagen zugemessen. Nicht zu beanstanden ist weiterhin, dass der Tatrichter die theoretische Möglichkeit für außerordentlich fern liegend hielt, eine für wahrscheinlich gehaltene Schädigung des Atemzentrums des Kindes, welche in diesem Fall bereits längere Zeit vorlag, habe am Abend des 5. Juli 2002 genau in dem Zeitraum einen spontanen zentralen Atemstillstand herbeigeführt, während die Tragetasche zur Einleitung des Erstickungsvorgangs vom Angeklagten abgedeckt worden war. Allenfalls könnte, worauf die Strafkammer ohne Rechtsfehler hingewiesen hat, infolge des eintretenden Kohlendioxidüberschusses ein auf der Schädigung des Atemzentrums beruhender Verschaltungsfehler zwischen Atemzentrum und Hirnstrukturen verursacht worden sein (UA S. 39), was jedoch auf dem Verhalten des Angeklagten beruhen würde und ihm damit zuzurechnen wäre.

III.


15
Demgegenüber begegnet der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
16
Die Strafkammer hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass die eingeschränkte Lebenserwartung des Opfers oder dessen ganz erhebliche Behinderungen von vornherein als den Angeklagten etwa begünstigende Strafzumessungsumstände außer Betracht zu bleiben haben, weil die Absolutheit des strafrechtlichen Lebensschutzes derartige Bewertungen nicht zulässt (vgl. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Grundsätzlich sind deshalb auch die durch den gesundheitlichen Zustand des Opfers hervorgerufenen sozialen Lasten nicht als strafmildernde Umstände bei einer Tötungshandlung heranzuziehen; dies gilt in gleicher Weise für den Umstand, dass der getötete Sohn sich bereits in den ersten drei Lebensjahren einer größeren Zahl von schwierigen Operationen hätte unterziehen müssen.
17
Das Landgericht hat dann festgestellt, dass zu den Beweggründen des Angeklagten für seine Tat auch Mitleidserwägungen zählten, und dies zu seinen Gunsten berücksichtigt. Zudem hat die Kammer darauf abgehoben, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, sich zum Tatzeitpunkt in einer tief greifenden Lebenskrise befand, aufgrund seiner familiären Situation und als Erstverbüßer erhöht strafempfindlich ist, die Taten eingeräumt und sich den Behörden gestellt hat, obgleich die Ermittlungen längst eingestellt waren und zu jenem Zeitpunkt kein Tatverdacht (mehr) bestand. Die auf diesen Erwägungen beruhende Straffindung ist danach ganz überwiegend von Milderungserwägungen gekennzeichnet. Allein die von der Strafkammer angesprochene "planvolle" Tatbegehung lässt einen straferhöhenden Umstand aufscheinen. Insgesamt hat das Landgericht daher rechtsfehlerfrei den gemilderten Strafrahmen des § 213 StGB seiner Strafzumessung zugrunde gelegt.
18
Hinsichtlich der näheren Bestimmung der Strafe hat das Landgericht unter Bezugnahme auf "den mittleren Bereich" des Strafrahmens auf die Freiheitsstrafe von sechs Jahren erkannt. Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass durch eine Einordnung der Tat anhand des rechnerischen Mittels des Strafrahmens die Gefahr einer Mathematisierung oder einer schematischen Vorgehensweise entsteht; solches ist jedoch dem Wesen der Strafzumessung grundsätzlich fremd (BGHSt 34, 345, 350 ff.; BGH NStZ-RR 1999, 101, 102; BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 3 StR 406/02). Vielmehr hat der Tatrichter die im Einzelfall zu beurteilende Tat ohne Bindung an weitere Fixpunkte als die Ober- und Untergrenze des Strafrahmens in den gefundenen Strafrahmen einzuordnen, wobei maßgeblich das Gesamtspektrum aller strafzumessungsrelevanten Umstände ist (Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 624 f.).
19
Weiterhin hat die Strafkammer zugunsten des Angeklagten eine "strukturell notstandsähnliche Situation" darin erkannt, dass dieser eine akute Gefährdung seiner Ehe zu erkennen glaubte und seinen Sohn auch deshalb getötet habe, um seine Ehe zu erhalten und seine Ehefrau zu "entlasten". Indes hat die Kammer die hiervon ausgehende strafmildernde Wirkung deswegen als erheblich gemindert angesehen, weil der Angeklagte das ernsthafte Angebot seiner Schwiegermutter, das Tatopfer zu pflegen, ausgeschlagen und es damit schuldhaft unterlassen habe, die als Notlage empfundene Situation zu entschärfen (UA S. 56 f.); denn angesichts seiner emotionalen Distanz zu seinem getöteten Sohn sei ihm ein Eingehen auf das Angebot seiner Schwiegermutter zumutbar gewesen. Allerdings wird die zur Relativierung dieses Strafmilderungsgrundes angeführte Ausschlagung des Angebots der Schwiegermutter des Angeklagten, das Kind zu pflegen, nicht näher bewertet. Aus den Feststellungen ergibt sich jedoch, dass der Angeklagte dieses Angebot zeitlich noch vor der Fassung des Tatentschlusses und zudem deswegen ablehnte, weil er den Ehrgeiz hatte, die entstandene Situation allein zu bewältigen und weil er die Weggabe des Sohnes an die in einem anderen Bundesland lebende Schwiegermutter als ein Abschieben von Verantwortung empfand. Er selbst war nur in seinen beiden ersten Lebensjahren von seinen Eltern betreut worden und hatte deshalb auch später in seiner Familie keinen Halt gefunden. Die Erwägung, seinen Sohn in eine Pflegeeinrichtung zu geben, verwarf er unter Hinweis auf seine eigenen negativen Erfahrungen in einem Kinderheim (UA S. 13); nach seinem Empfinden sei seine Heimunterbringung das Resultat eines unverzeihlichen Versagens seiner Eltern gewesen (UA S. 3). Diese weiteren, als solche nicht vorwerfbaren Umstände hätten in die Würdigung als mitbestimmende Gesichtspunkte einbezogen werden müssen.
20
Im Übrigen legen die Feststellungen des Tatrichters nahe, dass der Angeklagte offenbar grundsätzlich hohe moralische Anforderungen an sich richtet, auch wenn mit seinem Verhalten Nachteile für ihn selbst verbunden sein können. So hat er - wie die Kammer ausführt - die Tat eingeräumt und sich den Behörden gestellt, obgleich zum damaligen Zeitpunkt (mehr als 16 Monate nach der Tat) weder "gegen ihn persönlich" noch überhaupt ein Tatverdacht bezüglich einer Tötung des Kindes bestand. Vielmehr waren es letztlich Gewissensund Glaubensgründe und der an ihn gerichtete Appell, dass er sich zu seiner Tat bekennen müsse und nicht lügen dürfe, die ihn zu der Selbstgestellung und seinem Geständnis veranlassten. Charakterisierend ist überdies, dass er bei seinem polizeilichen Geständnis die nachdrücklich angebotene Hinzuziehung eines Rechtsanwalts mit der Begründung ablehnte, er wünsche nicht, dass zu seinen Gunsten "Tatsachen verfärbt würden" (UA S. 19). Die hierdurch zutage getretenen Persönlichkeitszüge waren bei der Strafzumessung zu erwägen gewesen , vor allem im Hinblick auf die zum Nachteil des Angeklagten als schuldhaft bewertete (UA S. 56 f.) unterlassene Abwendung der strukturell notstandsähnlichen Lage. Denn auch hier wollte der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen gemäß seiner inneren Überzeugung die entstandene Situation allein bewältigen und seine Verantwortung nicht abschieben (UA S. 13). Damit liegt es nahe, dass die Problematik für den Angeklagten sich nur aufgrund der an sich selbst gestellten moralischen Anforderungen so krisenhaft im Sinne einer als Notlage empfundenen Situation zuspitzen konnte. Bei solchen außergewöhnlichen Umständen ist auf die Bewertung der Täterpersönlichkeit und der in ihr begründeten Tatursachen im Rahmen der Strafzumessung ein besonderes Gewicht zu legen; diese sind in solchen Ausnahmefällen im Urteil zu erörtern.
21
Danach erscheinen die konkreten Straffindungserwägungen als nicht in jeder Hinsicht erschöpfend (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer auf eine mildere Strafe erkannt hätte, wären von ihr die letztgenannten Umstände ausdrücklich bedacht worden. Der Strafausspruch war deshalb aufzuheben. Da es sich um Wertungsfehler und Erörterungsmängel handelt, können allerdings die zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen bestehen bleiben, wobei ergänzende Feststellungen, die nicht im Widerspruch zu den bisher getroffenen stehen, möglich bleiben.
Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit Graf

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 188/06
vom
11. Juli 2006
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juli 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
als Nebenkläger,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 30. November 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Die Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung, begangen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit, zu drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Angeklagte hatte ihren inzwischen von ihr geschiedenen Ehemann, den Nebenkläger, mit einem Messer in der Nähe des Herzens verletzt. Von einem Tötungsvorsatz konnte sich die Strafkammer nicht überzeugen.
2
Die hierfür maßgebenden Erwägungen beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision zum Nachteil der Angeklagten , die auch vom Generalbundesanwalt vertreten wird, mit Erfolg als rechtsfehlerhaft (I.). Außerdem, so trägt sie vor, wäre die Angeklagte nicht nur zu bestrafen, sondern auch gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen gewesen (II.).

I.


3
Die Beweiswürdigung enthält hinsichtlich des Schuldspruchs die Angeklagte begünstigende Rechtsfehler.
4
1. Zum Hintergrund und zum äußeren Geschehensablauf der Tat ist folgendes festgestellt:
5
a) Aus der Ehe der Angeklagten mit dem Nebenkläger ging 2002 ein Sohn hervor. Bereits während der Schwangerschaft war es zu Schwierigkeiten gekommen. Sie hielt das Kind durch die "Unreinheit" von Geschlechtsverkehr ohne Kondom für nachhaltig gefährdet. Bald nach der Geburt trennte sie sich von ihrem Ehemann, weil sie glaubte, er kümmere sich "zu wenig oder nicht richtig" um das Kind, und zog zu ihren Eltern. In der Folge kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht des Nebenklägers mit dem Kind. Er hatte längere Zeit wegen "Problemen" bei der Abholung des Kindes auf die Realisierung des ihm gerichtlich eingeräumten Umgangsrechts verzichtet. Als er im März 2005 dieses Recht nach längerer Zeit aber dann doch wahrnehmen wollte, wuchsen die bei ihr ohnehin starken Empfindungen von Angst und Wut weiter an. Am 15. März 2005 zerstach sie mit einem Messer den Reifen des PKWs ihres Ehemanns vor dessen Fahrschule.
6
b) Zwei Tage später fuhr sie mit ihrem PKW in die Nähe der Fahrschule, wo sie etwa 20 Minuten wartete. Sie war mit einem Schal vermummt und führte in einer Plastiktüte ein, wie die Strafkammer ausdrücklich feststellt, "scharfes" Küchenmesser mit sich. Kurz vor Ende des Fahrschulunterrichts (21.30 Uhr) ging sie vermummt und bewaffnet zur Fahrschule und versteckte sich dort hin- ter einer Mauer. Als ihr ahnungsloser Ehemann kam, wurde er von ihr "regelrecht angesprungen". Sie führte "wortlos eine bogenförmige Stichbewegung von außen nach innen in Richtung der linken Brustseite … und etwa parallel zu dieser aus". Sie vermied es, Griffspuren auf dem Messer zu hinterlassen, sondern hatte unmittelbar nur die Plastiktüte in der Hand, die letztlich um den Griff des Messers gewickelt war. Das Messer traf auf das Handy in der Hemdbrusttasche des Nebenklägers, was auf die Stichrichtung keinen Einfluss hatte. Es drang unterhalb der linken Brustwarze 5 bis 6 cm tief in den Oberkörper ein, wo eine horizontal verlaufende "Stich- oder Schnittverletzung" entstand. Der Geschädigte war durch die Attacke gegen die Mauer geprallt, die Angeklagte stürzte zu Boden. Sie floh, als der Geschädigte – der sie im Übrigen nicht erkannte – sie verfolgte. Alsbald entledigte sie sich ihrer durch den Sturz beschädigten Kleidung und der sonstigen Tatutensilien, die sie in verschiedene Müllcontainer warf.
7
Obwohl der Ehemann in der Nähe der Herzspitze getroffen wurde, trat letztlich keine konkrete Lebensgefahr ein.
8
2. Von einem Tötungsvorsatz konnte sich die Strafkammer nicht überzeugen.
9
a) Worauf der Vorsatz eines Täters gerichtet war, ist eine sog. innere Tatsache. Rückschlüsse hierauf sind in aller Regel nur möglich auf Grund seiner eigenen Angaben oder auf Grund der äußeren Umstände (vgl. BGH NStZRR 2005, 264, 265 m. w. N.).
10
Die Angaben der Angeklagten hat die Strafkammer zu Recht ihren Feststellungen nicht zu Grunde gelegt. Die Angeklagte hat das Geschehen nämlich letztlich als eine Art Unfall geschildert; jedenfalls habe sie ihren Mann nicht verletzen wollen.
11
b) Es bleibt, so auch die Strafkammer, das Tatgeschehen, das ihr jedoch als Grundlage für die Annahme eines Tötungsvorsatzes nicht genügte.
12
(1) Kann der Tatrichter tatsächliche Zweifel nicht überwinden und zieht die danach gebotene Konsequenz (hier: Verurteilung nur wegen gefährlicher Körperverletzung statt wegen - heimtückisch begangenen - Mordversuchs), so hat dies das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte.
13
(2) Demgegenüber kann ein Urteil keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa der Fall, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, nicht alle wesentlichen Feststellungen in die Erwägungen einbezieht oder nahe liegende Möglichkeiten unerörtert lässt oder ohne konkrete Begründung verwirft. Ist eine Reihe von Erkenntnissen angefallen, so ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Ein auf einen feststehenden Kern gestütztes Beweisanzeichen, dessen Bedeutung für sich genommen unklar bleibt, kann nicht vorab isoliert nach dem Zweifelssatz beurteilt werden. Beweisanzeichen können nämlich in einer Gesamtschau wegen ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen. Auch im Übrigen gebietet der Zweifelssatz nicht, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. nur zusammenfassend BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2005, 147; 264, 265 jew. m. w. N.).
14
3. An alledem gemessen enthält die Beweiswürdigung der Strafkammer die Angeklagte begünstigende Rechtsfehler:
15
Die Strafkammer stellt darauf ab, dass die Angeklagte das Messer nicht in die "Körpermitte" richtete, sondern eine Stichbewegung parallel zum Brustbereich durchführte. Zudem sei der Stich "keineswegs mit Wucht" geführt worden. Darüber hinaus könne selbst dann, wenn man (doch) davon ausginge, dass die Angeklagte die Möglichkeit des Todes ihres Mannes erkannt habe, bei einer "spontanen, unüberlegten oder in affektiver Erregung begangenen Einzelhandlung" nicht auf das erforderliche voluntative Element des Vorsatzes geschlossen werden.
16
a) Angesichts der Feststellung, der Stich sei wegen der "Nähe zur Herzspitze“ (potentiell) lebensgefährlich gewesen, ist die Annahme, es spreche gegen einen Tötungsvorsatz, dass die Angeklagte ihren Mann (nicht in der Körpermitte , sondern) unmittelbar unter der linken Brust verletzt habe, nicht ohne weiteres einsichtig.
17
b) Die Annahme, der Stich sei "keineswegs mit Wucht" geführt worden, ist nicht rechtsfehlerfrei begründet.
18
Der Sachverständige hat, so die Strafkammer, überzeugend ausgeführt, unter Berücksichtigung der Kratzspuren auf dem Handy seien "keinerlei Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kraftaufwandes, mit dem das Messer geführt wurde, möglich". Mangels sonstiger Anhaltspunkte für eine mit Kraft geführte Stichbewegung sei daher, so die Strafkammer, zu Gunsten der Angeklagten von einem nur "geringen Kraftaufwand" bei der Tat auszugehen.
19
Diese Beweiswürdigung ist lückenhaft. Die Angeklagte hat ihren Mann so heftig angesprungen, dass er an die Mauer prallte und sie selbst auf den Boden fiel. Dies spricht für einen nicht unerheblichen Kraftaufwand bei dem Sprung. Sprung und Messereinsatz fielen zusammen. Es ist jedoch nicht erörtert, wieweit die Kraft des Sprunges Rückschlüsse auf die Kraft des Messereinsatzes zulässt oder gebietet. Die Annahme, dass hier jeder Zusammenhang ausgeschlossen ist, erscheint eher fern liegend; sie liegt jedenfalls nicht so nahe, dass auf jede Erörterung verzichtet werden könnte.
20
c) Selbst wenn jedoch näheres nicht festzustellen ist, hätte die in Rede stehende Frage nicht vorab nach dem Zweifelssatz ("zu Gunsten") der Angeklagten beurteilt werden dürfen.
21
d) Unklar im Zusammenhang mit dem Stich ist auch Folgendes:
22
Der Sachverständige hat ausgeführt, da der Geschädigte nur ein Hemd getragen habe, habe es keines großen Kraftaufwandes bedurft, "um das … Hemd nebst Unterhemd sowie die Haut zu durchdringen. Danach sei es ohnehin vom Zufall abhängig, wie tief die Klinge eindringe, weil nach dem Durchdringen der Haut kein nennenswerter Widerstand mehr gegeben sei". Hierauf geht die Strafkammer nicht näher ein. War es aber vom "Zufall" abhängig, wie tief das Messer eindrang, so ist um so weniger ersichtlich, wieso sich aus der letztlich vergleichsweise glimpflichen Tatfolge für die Angeklagte günstige Gesichtspunkte ergeben sollen. Dies hat auch der Generalbundesanwalt (auch schon in seinem Terminsantrag vom 25. April 2006) im Einzelnen zutreffend dargelegt.
23
e) Auch gegen die Ausführungen zum voluntativen Element des Vorsatzes bestehen Bedenken. Zwar ist der rechtliche Ansatz der Strafkammer zutreffend ; es ist jedoch nicht erkennbar, wieso die bewaffnete und vermummte Angeklagte , die insgesamt geraume Zeit erst in ihrem PKW und dann hinter einer Mauer auf den Angeklagten gewartet hat, spontan gehandelt haben könnte. Die nicht näher ausgeführte Feststellung, sie habe sich "spätestens" bei dessen Erscheinen zum Angriff gegen ihren Mann entschlossen, vermag nicht zu verdeutlichen , warum sie sich schon vorher vermummt, bewaffnet und versteckt haben sollte.
24
4. Es mag dahinstehen, ob jeder der aufgeführten Gesichtspunkte für sich genommen notwendig die Aufhebung des Urteils bewirken müsste. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit führen sie dazu, dass das Urteil keinen Bestand haben kann.

II.


25
Infolge der Aufhebung des Schuldspruchs ist auch über den Rechtsfolgenausspruch neu zu befinden, ohne dass es auf das hiergegen gerichtete Vorbringen der Revision noch ankäme.
26
Der Senat sieht jedoch Anlass zu folgenden Hinweisen:
27
1. Bei der Angeklagten liegt eine Persönlichkeitsstörung vor, die etwa von einem "hochgradig negativen Selbstbild", einer "nur geringen Aggressionsneigung bei einer überdurchschnittlichen Aggressionshemmung" und der Unfähigkeit , "selbständig Entscheidungen zu treffen", gekennzeichnet ist. All dies führt dazu, dass die Angeklagte "kaum in der Lage ist, eigene Ansprüche gel- tend zu machen und andere Meinungen zu relativieren". Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung sagt jedoch nichts darüber aus, ob sie i. S. d. §§ 20, 21 StGB "schwer" ist. Hierfür ist maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des angeklagten Delikts zu Einschränkungen des beruflichen und sozialen Handlungsvermögens gekommen ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH NStZ-RR 2006, 199 m. w. N.; vgl. auch Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57, 60). Hierfür ist bisher wenig ersichtlich. Die Angeklagte hat während ihrer Ehe den Haushalt versorgt und in der Fahrschule die Büroarbeiten erledigt. Nach der von ihr ausgehenden Trennung zog sie zu ihren Eltern, war in geringem Umfang bei einer Reinigungsfirma tätig und versorgte ihr Kind.
28
2. Die genannten Symptome der Persönlichkeitsstörung (z. B. eine besondere Aggressionshemmung) sprechen an sich nicht dafür, dass die Angeklagte für andere Menschen gefährlich werden könnte. Ihre Bedeutung für eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit bei einem massiven Aggressionsdelikt wird daher nicht ohne weiteres erkennbar. Die Strafkammer hat jedoch zusätzlich zu der festgestellten Persönlichkeitsstörung auch noch einen explosionsartigen Affektdurchbruch bei der Tat bejaht.
29
Dabei ist im Ansatz auch nicht verkannt, dass hiergegen insbesondere das planmäßige und auf Sicherung bedachte Verhalten der Angeklagten - vor der Tat (bewaffnen; vermummen; verstecken); - bei der Tat (Spurenvermeidung am Messer; Wortlosigkeit, sonst wäre sie nahe liegend an der Stimme erkannt worden); - nach der Tat (planmäßige Beseitigung sämtlicher Gegenstände, deren Besitz sie hätte belasten können an verschiedenen Orten); spricht (vgl. nur BGH NStZ 2005, 149, 150; BGH NStZ-RR 2005, 264, 265 jew. m. w. N.; vgl. auch Boetticher und andere aaO 61); die Strafkammer beschränkt sich jedoch auf die Feststellung, gleichwohl sei das Tatbild mit der Annahme eines Affekts vereinbar. Konkret begründet ist dies nicht, insbesondere das Vortatgeschehen und das eigentliche Tatgeschehen sind in diesem Zusammenhang nicht angesprochen.
30
3. Ist aber weder die Annahme einer schweren Persönlichkeitsstörung noch die eines affektiven Durchbruchs rechtsfehlerfrei begründet, so gilt dies auch für die auf eine Kombination beider Gesichtspunkte gestützte Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit. Dementsprechend fehlt es bisher auch an einer Grundlage für eine Unterbringung gemäß § 63 StGB.
31
4. Das Verhalten der Angeklagten erscheint jedoch gekennzeichnet durch eine Mischung überwertiger Ideen (hinsichtlich des Kindes) und erheblicher irrationaler Ängste und anderer negativer Emotionen, die offenbar der Nebenkläger bei ihr auslöst. Verdeutlicht wird dies etwa an ihrer Äußerung in der Hauptverhandlung, sie habe "Angst gehabt, dass … er nicht aufhöre, dem Kind weh zu tun". Tatsächlich haben dem Kind Treffen mit dem Nebenkläger zunehmend mehr "Spaß gemacht". Dies hat eine Diplom-Psychologin von der Caritas bekundet, die bei diesen Treffen, die in Räumlichkeiten der Caritas stattfanden, dabei war. Objektivierbare Anhaltspunkte für ein wie auch immer beschaffenes Fehlverhalten des Nebenklägers sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.
32
Es erscheint daher jedenfalls nicht fern liegend und dementsprechend prüfungs- und erörterungsbedürftig, ob eine schwere andere seelische Abartigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB im Hinblick auf ein überdauerndes Vorstellungsgefüge ohne realen Hintergrund ("Wahnsyndrom") vorliegt.
33
Gegebenenfalls erschiene dann die Frage nach Gefährlichkeit und Unterbringung in einem erkennbar anderen Licht als bei der bisherigen Annahme eines eher persönlichkeitsfremden affektiven Durchbruchs, der, so die Strafkammer , auch deshalb nicht (mehr) auf eine künftige Gefährlichkeit der Angeklagten hindeutet, weil sie durch die bisherige Haft beeindruckt ist.
Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.