Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 StR 131/13

bei uns veröffentlicht am11.09.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 131/13
vom
11. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. September
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 6. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten sowie die von der Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
2
1. Nach den Feststellungen beauftragte der Angeklagte die gesondert verfolgten K. und P. sowie einen unbekannt gebliebenen Dritten , den Nebenkläger und die Geschädigte H. in einem Hotelzimmer "abzuziehen". Der Angeklagte beabsichtigte dabei, Ware oder den mit ca. 4.000 bis 6.000 Euro erwarteten Verkaufserlös aus einem wenige Tage zuvor zum Nachteil der Firma M. begangenen Eigentumsdelikt zu erbeuten. Hintergrund war eine auf Veranlassung und unter Mithilfe des Nebenklägers von Ka. und A. begangene Tat zu Lasten der M.
, bei der Süßwaren, Getränke und Tabakwaren im Wert von 8.352,73 Euro abhandengekommen waren. Die erbeutete Ware bzw. den dafür erzielten Erlös wollte der Angeklagte nach den Feststellungen – unter Abzug einer geringen Belohnung für die drei gedungenen Helfer – der mit ihm befreundeten Ka. ohne eigene Vergütung zur Verfügung stellen, damit diese zivilrechtliche Ansprüche der M. befriedigen könnte. Er hielt es ernstlich für möglich und nahm billigend in Kauf, dass es zu einer körperlichen Misshandlung der Opfer unter Beteiligung mehrerer Täter kommen könnte.
3
Nachdem K. , P. und der unbekannte Dritte unter einem Vorwand in das Hotelzimmer eingedrungen waren, wurde der Nebenkläger von zwei Tätern in das separate Bad verbracht, während einer der Täter zur Bewachung der Zeugin H. im Zimmer zurückblieb. Kurz darauf kehrte P. aus dem Bad zurück und äußerte gegenüber der Zeugin H. , sie werde jetzt "abgezogen". Sodann entnahm er oder der unbekannte Mittäter die Geldbörse mit etwa 150 Euro aus der Handtasche der Zeugin. Etwa zeitgleich kamen K. und der Nebenkläger aus dem Bad ins Zimmer zurück. Alle drei Täter schlugen nun auf den Nebenkläger mit den Fäusten ein; außerdem wurde er von dem unbekannten Mittäter mit einem Teleskopschlagstock, von dem der Angeklagte keine Kenntnis hatte, auf den Kopf geschlagen, wodurch er u.a. eine stark blutende, längere Platzwunde auf der Oberseite des Kopfes erlitt. Als die Zeugin H. ihr Mobiltelefon ergriff und eine Verbindung zur Polizei vortäuschte , flohen die drei Täter aus dem Hotelzimmer. Während der Tat hatte der Angeklagte in unmittelbarer Nähe des Hotels gewartet.
4
Vor der Hauptverhandlung kam es zu einer als "Täter-Opfer-Ausgleich" übertitelten Übereinkunft zwischen dem geständigen Angeklagten und dem Nebenkläger , nicht aber mit der Geschädigten H. .
5
2. Die Revision des Angeklagten hat Erfolg. Die Feststellungen des Landgerichts tragen nicht seine Verurteilung wegen vollendeten Raubes. Es ist nicht hinreichend belegt, dass die Tat zum Nachteil der Geschädigten H. von der Drittzueignungsabsicht des Angeklagten umfasst war. Dem mit den unmittelbar vor Ort handelnden Mittätern abgesprochenen Tatplan des Angeklagten entsprach es, dem Nebenkläger die noch vorhandene Ware aus der Straftat zum Nachteil der M. oder aus deren Verkauf erzielte Erlöse abzunehmen. Dass das bei der Geschädigten geraubte Geld aus dieser früheren Straftat stammte, ergibt sich aus den Feststellungen nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der vom Angeklagten vorgegebene Tatplan auch auf die erzwungene Wegnahme von der Zeugin H. gehörenden Geld erstreckte. Insofern ist nicht auszuschließen, dass es sich um einen Exzess der Mittäter handelte und – da auch bei dem Nebenkläger weder Ware noch Warenverkaufserlöse erbeutet wurden – die Tat für den Angeklagten somit rechtlich lediglich als versuchter Raub zu werten ist.
6
3. Auch die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft führt zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Zwar hat sie ihre Revision auf den Strafausspruch beschränkt; diese Beschränkung ist hier indes unwirksam. Wie bereits zur Revision des Angeklagten ausgeführt, belegen die Feststellungen hier nicht den Schuldspruch wegen vollendeten Raubes, an den die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Strafzumessung anknüpft.
7
Das angefochtene Urteil weist im Schuldspruch auch Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft eine Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers nicht in Betracht gezogen. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Angeklagte drei Täter damit beauftragt, den Nebenkläger und die Geschädigte H. "auszurauben". Dabei hat er es "ernstlich für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen", dass es "zu einer körperlichen Misshandlung der Opfer kommen und sich daran mehrere Täter beteiligen" könnten (UA 14). Damit war eine Gewaltanwendung mehrerer Personen gegenüber dem Nebenkläger von seinem Vorsatz umfasst (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB).
8
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht die Strafmilderung wegen des vertypten Milderungsgrunds des § 46a StGB beanstandet. Wenn – wovon das Landgericht ausgegangen ist – durch eine Straftat mehrere Opfer betroffen sind, muss hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Alternative des § 46a StGB erfüllt sein (BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365; Urteil vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, NStZ 2012, 439, 440). Zwar ist die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB hinsichtlich des Nebenklägers ohne Rechtsfehler. Die Annahme eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs im Verhältnis zu der Geschädigten H. begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Den Urteilsgründen ist nichts dafür zu entnehmen, dass – wie erforderlich – ein kommunikativer Prozess im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB zwischen der Geschädigten H. und dem Angeklagten stattgefunden hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts genügte der bloße Verzicht des Angeklagten auf Rückgabe der bei ihm sichergestellten 150 Euro auch nicht den Anforderungen an eine Schadenswiedergutmachung im Sinne von § 46a Nr. 2 StGB. Aus den Feststellungen ergibt sich weder, dass dies – was ohnehin fern liegt – für den Angeklagten eine erhebliche persönliche Leistung oder einen persönlichen Verzicht im Sinne der Vorschrift bedeutete, noch, dass sein Verhalten Ausdruck der Übernahme von Verantwortung war (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365). Eine rein rechnerische Kompensation erlittenen materiellen Schadens ist hierfür nicht ausreichend (vgl. BGHSt 48, 134, 144). Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass die Geschädigte H. in irgendeiner Weise in einen Prozess der möglichen Wiedergutmachung im Sinne von § 46a Nr. 2 StGB einbezogen wurde. Allein aus der Tatsache , dass der Angeklagte auf die Rückgabe des sichergestellten Betrages zugunsten der Zeugen H. verzichtet hat, folgt nicht, dass die Geschädigte diese "Leistung" auch als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2008 – 2 StR 561/07, BGHR StGB § 46a Voraussetzungen 1; Urteil vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, NStZ 2012, 439, 440). Hiergegen spricht im Übrigen, dass "ein formeller Ausgleich nicht auch mit der Zeugin H. gefunden wurde" (UA 20).
Appl Schmitt Krehl
Eschelbach Zeng

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 StR 131/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 StR 131/13

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 46a Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung


Hat der Täter 1. in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder2. in einem Fall, in welchem die
Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 StR 131/13 zitiert 3 §§.

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Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 StR 131/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 290/11 vom 12. Januar 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar 2012, an der teilgenommen haben:
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 S t R 4 9 6 / 1 3 vom 5. März 2014 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubs u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. März 2014, an der teilgenommen haben: Vorsitzen

Referenzen

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 290/11
vom
12. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten C. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 21. Dezember 2010 in den Strafaussprüchen mit den jeweils zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten, jeweils auf die Sachrüge gestützten und wirksam auf die Strafaussprüche beschränkten Revisionen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen überfielen die Angeklagten am Abend des 12. Januar 2010 einem gemeinsamen Tatplan folgend einen Verkaufskiosk in M. . Sie warteten, bis der einzige Kunde den Kiosk verlassen hatte, maskierten sich und betraten sodann den Kiosk, wobei die Angeklagte C. in Ausführung des gemeinsamen Tatentschlusses ein Steakmesser mit einer Klingenlänge von ca. 15 cm in der rechten Hand hielt. Das Messer war einseitig scharf- kantig „gezackt“. Die als Verkäuferin im Kiosk beschäftigte Nebenklägerin kniete , mit Reinigungsarbeiten beschäftigt, mit dem Rücken zur Eingangstür vor dem Kühlschrank. Die Angeklagte C. umfasste deren Oberkörper mit dem linken Arm und zog sie hoch. Mit der rechten Hand drückte sie der Nebenklägerin das Messer mit der stumpfen Seite an den Hals. Die Angeklagte F. blieb an der Eingangstür stehen und gab Kommandos.
3
Um den Druck am Hals zu lindern, griff die Nebenklägerin an das Messer und zog sich hierbei Schnittverletzungen am Mittelfinger und am Handballen der linken Hand zu. Die Angeklagte C. schob sie um die Verkaufstheke herum zur Kasse. Die Nebenklägerin öffnete die Kassenschublade, woraufhin die Angeklagte C. das darin befindliche Geld - bis auf kleinere Centmünzen - in ihre Jackentasche steckte. Die Angeklagte F. , die während der ganzen Zeit abwechselnd den Thekenbereich und die vor dem Kiosk befindliche Straße beobachtete , rief zu der Angeklagten C. : "Pass auf, die macht was. Die drückt irgendwo auf den Knopf. Mach was." Obwohl die Nebenklägerin diese Äußerung als Aufforderung, mit dem Messer zuzustechen, auffasste und dieserhalb Todesangst verspürte, vermochte sie beruhigend auf die Angeklagte C. einzuwirken , so dass es zu keinen Weiterungen kam. Insgesamt erbeuteten die Angeklagten einen Betrag in Höhe von etwa 800 €.
4
In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht haben die geständigen Angeklagten mit der Nebenklägerin, die an erheblichen psychischen Tatfolgen leidet, einen Vergleich geschlossen und darin anerkannt, ihr als Gesamtschuldnerinnen dem Grunde nach zum Ersatz der aus dem Vorfall resultierenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet zu sein. Darüber hinaus haben sie sich zur Zahlung eines verzinslichen Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € verpflichtet.
5
Das Landgericht hat für beide Angeklagte einen minder schweren Fall des (besonders) schweren Raubes bejaht und die Strafen dem nach „§§ 46 a, 49 Abs. 1 StGB“ gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB entnommen.
6
2. Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 4 StR 523/11).
7
3. Die Strafaussprüche können auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft nicht bestehen bleiben. Sie weisen Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf.
8
a) Das Landgericht ist sowohl bei der Strafrahmenwahl (§ 250 Abs. 3 StGB) als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinn von einem zu geringen Schuldumfang ausgegangen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober2011 – 4 StR 455/11). Es hat nicht bedacht, dass die Angeklagten - neben der Erfül- lung der Voraussetzungen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB - auch die Tatbestandsalternative des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB verwirklicht haben. Dieser Qualifikationstatbestand setzt voraus, dass mindestens zwei Personen bei der Körperverletzung bewusst zusammenwirken. Nicht erforderlich ist die eigenhändige Mitwirkung jedes einzelnen an der Verletzungshandlung. Vielmehr genügt es, dass eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv - physisch oder psychisch - unterstützt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383, 386 f.; Beschluss vom 14. Oktober 1999 – 4 StR 312/99, NStZ 2000, 194, 195; Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 gemeinschaftlich 3). So verhält es sich hier. Die Angeklagte F. befand sich im unmittelbaren Tatortbereich. Sie hat mit der Angeklagten C. , die auf Grund des zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans das Messer gegen die Nebenklägerin einsetzte und diese damit verletzte, täterschaftlich zusammengewirkt, indem sie das Tatobjekt durch ständige Beobachtung absicherte, durch verbale Ausrufe mit ihrer Tatgenossin kommunizierte und nach der Tat das Fluchtfahrzeug steuerte; auch teilten die Angeklagten die Beute anschließend hälftig unter sich auf.
9
b) Die Annahme des Landgerichts, die Voraussetzungen des TäterOpfer -Ausgleichs seien erfüllt, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
aa) Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, muss, wenn wie hier durch eine Tat mehrere Opfer betroffen sind, hinsichtlich jedes Geschädigten jedenfalls eine Alternative des § 46 a StGB erfüllt sein (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365 f. mit Anm. Dölling/Hartmann; Theune in LK-StGB, 12. Aufl., § 46 a Rn. 47 m.w.N.). Neben der Nebenklägerin war der Betreiber des Kiosks Opfer der Tat; das von den Angeklagten erbeutete Geld stand in seinem Eigentum. Das Urteil verhält sich jedoch nicht dazu, ob und ggf. wie die Angeklagten den Inhaber des Kiosks in ihre Ausgleichsbemühungen einbezogen haben.
11
bb) Aber auch die Bejahung der Voraussetzungen eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs im Verhältnis nur zur Nebenklägerin begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
12
Das Urteil bezeichnet schon die Fallgruppe des § 46 a StGB, die das Landgericht hier annehmen wollte, nicht eindeutig. § 46 a Nr. 1 StGB bezieht sich vor allem auf den Ausgleich der immateriellen Folgen einer Straftat, die auch bei Vermögensdelikten denkbar sind, während § 46 a Nr. 2 StGB den materiellen Schadensersatz betrifft. Da durch die Straftat der Angeklagten bei der Nebenklägerin vor allem immaterielle Schäden hervorgerufen worden sind, bestimmt sich der für eine Strafrahmenmilderung erforderliche Ausgleich - jedenfalls vorrangig - nach § 46 a Nr. 1 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365).
13
Diese Bestimmung verlangt, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat „ganz oder zum überwiegenden Teil“ wiedergutgemacht hat;es ist aber auch ausreichend, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Das Bemühen des Täters setzt grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 – 2 StR 73/02, NStZ 2002, 646). Dafür ist eine von beiden Seiten akzeptierte, ernsthaft mitgetragene Regelung Voraussetzung. Das ernsthafte Bemühen des Täters muss Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein, und das Opfer muss die Leistung des Täters als friedenstiftenden Ausgleich akzeptieren (BGH, Urteil vom 27. August 2002 – 1 StR 204/02, NStZ 2003, 29, 30). Regelmäßig sind tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Anstrengungen des Täters gestellt hat, wie sicher die Erfüllung einer etwaigen Schmerzensgeldzahlungsverpflichtung ist und welche Folgen diese Verpflichtung für den Täter haben wird (vgl. BGH aaO sowie Beschlüsse vom 22. August 2001 – 1 StR 333/01, NStZ 2002, 29, und vom 9. September 2004 - 4 StR 199/04, insoweit in NStZ 2005, 97 nicht abgedr.).
14
Das Landgericht hat diese Maßstäbe nicht beachtet. Zwar hat die Nebenklägerin mit den Angeklagten einen Vergleich geschlossen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 2 StR 344/11). Das Urteil trifft aber insbesondere keine Feststellungen zu der Frage, wie wahrscheinlich die ratenweise Zahlung des vereinbarten Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € durch die Angeklagten ist. Beide Angeklagte leben von staatlichen Transferleistungen. Sie sind alleinerziehend und erhalten für ihre Kinder keine Unterhaltszahlungen, sondern lediglich Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Beide Angeklagte sind verschuldet. Anlass für die abgeurteilte Straftat waren Rechnungen, welche die Angeklagten am Tattag jeweils erhalten hatten und nicht bezahlen konnten. Von dem erbeuteten Geld kauften beide Angeklagte am nächsten Tag Lebensmittel; die Angeklagte C. beglich außerdem einen Teil einer offenen Stromrechnung. Anhaltspunkte dafür, dass sich die finanzielle Situation der Angeklagten zwischen der Tat und der Urteilsverkündung grundlegend geändert hätte, sind nicht vorhanden. Außerdem folgt entgegen der Auffassung des Landgerichts (UA 17) aus der Tatsache des Vergleichsschlusses allein noch nicht, dass die Nebenklägerin die „Leistungen“ der Angeklagten als friedensstif- tenden Ausgleich akzeptiert hat (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 – 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 147, und vom 6. Februar 2008 – 2 StR 561/07, BGHR StGB § 46 a Voraussetzungen 1). Den Urteilsfeststellungen kann nicht entnommen werden, ob es sich bei dem in der Hauptverhandlung geschlossenen Vergleich um ein "ernsthaftes Bemühen" um Schadenswiedergutmachung oder um ein taktisches Vorgehen in der Hoffnung auf eine mildere Strafe gehandelt hat.
15
4. Auf die weiteren Angriffe der Revisionsführerin kommt es nach allem nicht mehr an. Auch braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob sich die verhängten – nach Tatbild und Tatfolgen sehr milden – Strafen nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit lösen, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 1970 – 1 StR 423/70, BGHSt 24, 132, 133 f., vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321, vom 8. November 1989 – 3 StR 368/89, NStZ 1990, 84 f., und vom 21. Mai 1992 – 4 StR 577/ 91, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 13).
16
Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird Gelegenheit haben , den vom Generalbundesanwalt in seiner Terminszuschrift erhobenen Bedenken wegen einer unterlassenen Gesamtstrafenbildung im Hinblick auf die Angeklagte F. nachzugehen. Dabei wird er zu beachten haben, dass nach Aufhebung des Strafausspruchs in der erneuten Verhandlung eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 10. November 2011 – 3 StR 355/11 m.w.N.). Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 290/11
vom
12. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten C. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 21. Dezember 2010 in den Strafaussprüchen mit den jeweils zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten, jeweils auf die Sachrüge gestützten und wirksam auf die Strafaussprüche beschränkten Revisionen. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
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1. Nach den Feststellungen überfielen die Angeklagten am Abend des 12. Januar 2010 einem gemeinsamen Tatplan folgend einen Verkaufskiosk in M. . Sie warteten, bis der einzige Kunde den Kiosk verlassen hatte, maskierten sich und betraten sodann den Kiosk, wobei die Angeklagte C. in Ausführung des gemeinsamen Tatentschlusses ein Steakmesser mit einer Klingenlänge von ca. 15 cm in der rechten Hand hielt. Das Messer war einseitig scharf- kantig „gezackt“. Die als Verkäuferin im Kiosk beschäftigte Nebenklägerin kniete , mit Reinigungsarbeiten beschäftigt, mit dem Rücken zur Eingangstür vor dem Kühlschrank. Die Angeklagte C. umfasste deren Oberkörper mit dem linken Arm und zog sie hoch. Mit der rechten Hand drückte sie der Nebenklägerin das Messer mit der stumpfen Seite an den Hals. Die Angeklagte F. blieb an der Eingangstür stehen und gab Kommandos.
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Um den Druck am Hals zu lindern, griff die Nebenklägerin an das Messer und zog sich hierbei Schnittverletzungen am Mittelfinger und am Handballen der linken Hand zu. Die Angeklagte C. schob sie um die Verkaufstheke herum zur Kasse. Die Nebenklägerin öffnete die Kassenschublade, woraufhin die Angeklagte C. das darin befindliche Geld - bis auf kleinere Centmünzen - in ihre Jackentasche steckte. Die Angeklagte F. , die während der ganzen Zeit abwechselnd den Thekenbereich und die vor dem Kiosk befindliche Straße beobachtete , rief zu der Angeklagten C. : "Pass auf, die macht was. Die drückt irgendwo auf den Knopf. Mach was." Obwohl die Nebenklägerin diese Äußerung als Aufforderung, mit dem Messer zuzustechen, auffasste und dieserhalb Todesangst verspürte, vermochte sie beruhigend auf die Angeklagte C. einzuwirken , so dass es zu keinen Weiterungen kam. Insgesamt erbeuteten die Angeklagten einen Betrag in Höhe von etwa 800 €.
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In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht haben die geständigen Angeklagten mit der Nebenklägerin, die an erheblichen psychischen Tatfolgen leidet, einen Vergleich geschlossen und darin anerkannt, ihr als Gesamtschuldnerinnen dem Grunde nach zum Ersatz der aus dem Vorfall resultierenden materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet zu sein. Darüber hinaus haben sie sich zur Zahlung eines verzinslichen Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € verpflichtet.
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Das Landgericht hat für beide Angeklagte einen minder schweren Fall des (besonders) schweren Raubes bejaht und die Strafen dem nach „§§ 46 a, 49 Abs. 1 StGB“ gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB entnommen.
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2. Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2012 – 4 StR 523/11).
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3. Die Strafaussprüche können auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft nicht bestehen bleiben. Sie weisen Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf.
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a) Das Landgericht ist sowohl bei der Strafrahmenwahl (§ 250 Abs. 3 StGB) als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinn von einem zu geringen Schuldumfang ausgegangen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober2011 – 4 StR 455/11). Es hat nicht bedacht, dass die Angeklagten - neben der Erfül- lung der Voraussetzungen des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB - auch die Tatbestandsalternative des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB verwirklicht haben. Dieser Qualifikationstatbestand setzt voraus, dass mindestens zwei Personen bei der Körperverletzung bewusst zusammenwirken. Nicht erforderlich ist die eigenhändige Mitwirkung jedes einzelnen an der Verletzungshandlung. Vielmehr genügt es, dass eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv - physisch oder psychisch - unterstützt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383, 386 f.; Beschluss vom 14. Oktober 1999 – 4 StR 312/99, NStZ 2000, 194, 195; Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 gemeinschaftlich 3). So verhält es sich hier. Die Angeklagte F. befand sich im unmittelbaren Tatortbereich. Sie hat mit der Angeklagten C. , die auf Grund des zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans das Messer gegen die Nebenklägerin einsetzte und diese damit verletzte, täterschaftlich zusammengewirkt, indem sie das Tatobjekt durch ständige Beobachtung absicherte, durch verbale Ausrufe mit ihrer Tatgenossin kommunizierte und nach der Tat das Fluchtfahrzeug steuerte; auch teilten die Angeklagten die Beute anschließend hälftig unter sich auf.
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b) Die Annahme des Landgerichts, die Voraussetzungen des TäterOpfer -Ausgleichs seien erfüllt, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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aa) Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, muss, wenn wie hier durch eine Tat mehrere Opfer betroffen sind, hinsichtlich jedes Geschädigten jedenfalls eine Alternative des § 46 a StGB erfüllt sein (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365 f. mit Anm. Dölling/Hartmann; Theune in LK-StGB, 12. Aufl., § 46 a Rn. 47 m.w.N.). Neben der Nebenklägerin war der Betreiber des Kiosks Opfer der Tat; das von den Angeklagten erbeutete Geld stand in seinem Eigentum. Das Urteil verhält sich jedoch nicht dazu, ob und ggf. wie die Angeklagten den Inhaber des Kiosks in ihre Ausgleichsbemühungen einbezogen haben.
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bb) Aber auch die Bejahung der Voraussetzungen eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs im Verhältnis nur zur Nebenklägerin begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Das Urteil bezeichnet schon die Fallgruppe des § 46 a StGB, die das Landgericht hier annehmen wollte, nicht eindeutig. § 46 a Nr. 1 StGB bezieht sich vor allem auf den Ausgleich der immateriellen Folgen einer Straftat, die auch bei Vermögensdelikten denkbar sind, während § 46 a Nr. 2 StGB den materiellen Schadensersatz betrifft. Da durch die Straftat der Angeklagten bei der Nebenklägerin vor allem immaterielle Schäden hervorgerufen worden sind, bestimmt sich der für eine Strafrahmenmilderung erforderliche Ausgleich - jedenfalls vorrangig - nach § 46 a Nr. 1 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2001 – 2 StR 78/01, NStZ 2002, 364, 365).
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Diese Bestimmung verlangt, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat „ganz oder zum überwiegenden Teil“ wiedergutgemacht hat;es ist aber auch ausreichend, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Das Bemühen des Täters setzt grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muss (BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 – 2 StR 73/02, NStZ 2002, 646). Dafür ist eine von beiden Seiten akzeptierte, ernsthaft mitgetragene Regelung Voraussetzung. Das ernsthafte Bemühen des Täters muss Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein, und das Opfer muss die Leistung des Täters als friedenstiftenden Ausgleich akzeptieren (BGH, Urteil vom 27. August 2002 – 1 StR 204/02, NStZ 2003, 29, 30). Regelmäßig sind tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Anstrengungen des Täters gestellt hat, wie sicher die Erfüllung einer etwaigen Schmerzensgeldzahlungsverpflichtung ist und welche Folgen diese Verpflichtung für den Täter haben wird (vgl. BGH aaO sowie Beschlüsse vom 22. August 2001 – 1 StR 333/01, NStZ 2002, 29, und vom 9. September 2004 - 4 StR 199/04, insoweit in NStZ 2005, 97 nicht abgedr.).
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Das Landgericht hat diese Maßstäbe nicht beachtet. Zwar hat die Nebenklägerin mit den Angeklagten einen Vergleich geschlossen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 2 StR 344/11). Das Urteil trifft aber insbesondere keine Feststellungen zu der Frage, wie wahrscheinlich die ratenweise Zahlung des vereinbarten Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € durch die Angeklagten ist. Beide Angeklagte leben von staatlichen Transferleistungen. Sie sind alleinerziehend und erhalten für ihre Kinder keine Unterhaltszahlungen, sondern lediglich Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Beide Angeklagte sind verschuldet. Anlass für die abgeurteilte Straftat waren Rechnungen, welche die Angeklagten am Tattag jeweils erhalten hatten und nicht bezahlen konnten. Von dem erbeuteten Geld kauften beide Angeklagte am nächsten Tag Lebensmittel; die Angeklagte C. beglich außerdem einen Teil einer offenen Stromrechnung. Anhaltspunkte dafür, dass sich die finanzielle Situation der Angeklagten zwischen der Tat und der Urteilsverkündung grundlegend geändert hätte, sind nicht vorhanden. Außerdem folgt entgegen der Auffassung des Landgerichts (UA 17) aus der Tatsache des Vergleichsschlusses allein noch nicht, dass die Nebenklägerin die „Leistungen“ der Angeklagten als friedensstif- tenden Ausgleich akzeptiert hat (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 2002 – 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 147, und vom 6. Februar 2008 – 2 StR 561/07, BGHR StGB § 46 a Voraussetzungen 1). Den Urteilsfeststellungen kann nicht entnommen werden, ob es sich bei dem in der Hauptverhandlung geschlossenen Vergleich um ein "ernsthaftes Bemühen" um Schadenswiedergutmachung oder um ein taktisches Vorgehen in der Hoffnung auf eine mildere Strafe gehandelt hat.
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4. Auf die weiteren Angriffe der Revisionsführerin kommt es nach allem nicht mehr an. Auch braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob sich die verhängten – nach Tatbild und Tatfolgen sehr milden – Strafen nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit lösen, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Oktober 1970 – 1 StR 423/70, BGHSt 24, 132, 133 f., vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321, vom 8. November 1989 – 3 StR 368/89, NStZ 1990, 84 f., und vom 21. Mai 1992 – 4 StR 577/ 91, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 13).
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Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird Gelegenheit haben , den vom Generalbundesanwalt in seiner Terminszuschrift erhobenen Bedenken wegen einer unterlassenen Gesamtstrafenbildung im Hinblick auf die Angeklagte F. nachzugehen. Dabei wird er zu beachten haben, dass nach Aufhebung des Strafausspruchs in der erneuten Verhandlung eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung vorzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 10. November 2011 – 3 StR 355/11 m.w.N.). Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender