Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2005 - 2 StR 298/05

bei uns veröffentlicht am12.10.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 298/05
vom
12. Oktober 2005
Nachschlagewerk nein
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
BtMG § 30 a Abs. 2 Nr. 2
Die geladene Schreckschusswaffe, bei der der Explosionsdruck nach vorne austritt,
ist eine Schusswaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG.
BGH, Urt. vom 12. Oktober 2005 - 2 StR 298/05 - Landgericht Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Oktober
2005, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Bode
als Vorsitzender
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Februar 2005 1. im Fall 21 der Anklage im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit Nötigung und mit Betrug schuldig ist; 2. im Einzelstrafausspruch im Fall 21 der Anklage sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung , mit Nötigung und mit Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich mit der Sachrüge dagegen , dass der Angeklagte im Fall 21 der Anklage nicht gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wegen bewaffneten Handeltreibens verurteilt wurde. Das wirksam hierauf und auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkte, vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Zum Fall 21 der Anklage hat das Landgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte und der Zeuge G. handelten mit Rauschgift. G. wurden vom Zeugen R. 3,5 kg Haschisch zum Kauf angeboten. Der Angeklagte und G. wollten sich mit R. im Mai/Juni 2003 treffen, um die 3,5 kg Rauschgift zum Gewinn bringenden Weiterverkauf zu erhalten. Der Angeklagte und G. kamen überein, R. zu täuschen, damit dieser ihnen ohne Vorkasse das Rauschgift aushändige. Nach Erhalt des Rauschgifts wollten sie ohne Bezahlung fliehen und R., wenn dieser ihnen mit einem Messer nacheilen würde, mit einer Dose Reizgas (G.) und einer geladenen Schreckschusspistole (der Angeklagte) an der Verfolgung hindern. Der Angeklagte und G. gingen mit R., der das Rauschgift bei sich hatte, zu einem Wohnhaus, in dem sich angeblich der Abnehmer aufhielt. R. gab G. im Vertrauen auf dessen und des Angeklagten Zahlungsbereitschaft die Plastiktüte mit 3,5 kg Haschisch, welches einen Wirkstoffgehalt von mindestens 2 % aufwies. G. reichte die Tüte sofort an den Angeklagten weiter und sprühte R. Reizgas so ins Gesicht, dass dessen Augen tränten. R. wandte reflexartig den Kopf zur Seite, wo der Angeklagte stand. Dieser schoss mit der Schreckschusspistole aus etwa 30 cm Entfernung R. ins Gesicht, der daraufhin ein Mündungsfeuer sah und dem dann schwarz vor den Augen wurde. Er ging in die Knie, fühlte einen brennenden Schmerz im Gesicht und brach
deshalb den Versuch einer Verfolgung ab. Zwar hatte er ein Messer bei sich, trug es aber während der ganzen Zeit in seiner Kleidung. Das Landgericht konnte nicht klären, ob sich in der Pistole Gas- oder Schreckschusspatronen befanden. "Zugunsten" des Angeklagten ist es davon ausgegangen "dass er eine Platzpatrone zündete" (UA S. 8). Das Landgericht hat zutreffend (vgl. hierzu u.a. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 60 und Versuch 1; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Sichverschaffen 2) den Betrug darin gesehen, dass R. - entsprechend getäuscht - die Plastiktüte mit dem Haschisch im Vertrauen auf Zahlungsbereitschaft ohne Vorkasse aushändigte. In dem (erfolgreichen) Angriff, um eine Verfolgung durch R. zu verhindern, wird die vollendete Nötigung gesehen und der einverständliche Einsatz "zumindest des CS-Gases", welches zu einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des R. führte, wird als gefährliche Körperverletzung gewertet. Als tateinheitlich zu diesen Delikten begangen nimmt das Landgericht unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge an. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hat das Landgericht verneint, "da nicht gesichert feststellbar war" (UA S. 9), dass der Angeklagte hierbei eine Schusswaffe mit sich führte. 2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde vom Angeklagten der Tatbestand des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfüllt. Der Angeklagte hat mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben und dabei eine Schusswaffe mit sich geführt, im vorliegenden Fall sogar verwendet. Die mit Platzpatronen geladene Schreckschusspistole ist (auch) im strafrechtlichen Sinne als Schusswaffe anzusehen. Die geladene Schreckschusswaffe, bei der - wie hier - der Explosionsdruck nach vorne austritt, ist nicht nur eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB
(BGHSt 48, 197 f.), sondern auch eine Schusswaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Durch die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 4. Februar 2003 (BGHSt 48, 197 f.) wird die geladene Schreckschusswaffe der geladenen Gaswaffe gleich gestellt, die schon bisher allgemein (vgl. hierzu u.a. BGH NStZ 2000, 433 m.w.N.) als Schusswaffe angesehen wurde (BGHSt 48, 197, 201). Durch das zur Tatzeit bereits geltende Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (Inkrafttreten: 1. April 2003) werden die Schreckschusswaffen auch als "Feuerwaffen" eingestuft und damit ausdrücklich den als Schusswaffen geltenden Gaspistolen gleichgestellt. Die geladenen Schreckschusswaffen weisen eine Gefährlichkeit auf, die mit derjenigen vergleichbar ist, die von echten Waffen ausgeht. Sie sind deshalb gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG Waffen im technischen Sinne ("Schusswaffen"), für deren Führen es nach § 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG auch eines Waffenscheins (Kleiner Waffenschein) bedarf (vgl. hierzu im Einzelnen BGHSt 48, 197, 204). Die Bewertung der geladenen Schreckschusswaffe als Schusswaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bewirkt eine Harmonisierung mit den Vorschriften, bei denen das Beisichführen einer "Waffe" zu einer Qualifikation führt und eine geladene Gaspistole diesen Begriff ohne Weiteres erfüllt. Wenn man geladene Gaspistolen und geladene Schreckschusswaffen im Hinblick auf ihre vergleichbare Gefährlichkeit im Rahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gleich behandelt, so muss dies auch im Rahmen des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gelten. Da bereits bisher eine geladene Gaspistole (ebenso wie eine funktionstüchtige Luftdruckpistole; vgl. hierzu BGH, Urt. vom 11. Januar 2000 - 5 StR 444/99 - auszugsweise in NStZ 2000, 431) im Rahmen des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als Schusswaffe im Sinne dieser Vorschrift angesehen wurde (vgl. u.a. Franke/Wienroeder, BtMG 2. Aufl. § 30 a Rdn. 13 m.w.N.), muss dies für die gleichzustellende Schreckschusswaffe ebenso gelten.
Auf die Frage, ob es sich bei der ebenfalls verwendeten Sprühdose mit Reizgas (vgl. hierzu auch BGHSt 22, 230, 231; BGH NStZ 2000, 87, 88; BGH, Urt. vom 9. August 2001 - 4 StR 227/01; BGH, Urt. vom 6. September 2005 - 5 StR 284/05) um einen "sonstigen Gegenstand" im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG handelt und auch deshalb dieser Tatbestand erfüllt ist, kommt es danach nicht an. Der Senat hat den Schuldspruch selbst entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da bereits die Anklage, bei der ein Verstoß gegen das Waffengesetz ausgeschieden worden war, bewaffnetes Handeltreiben im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG vorwarf. Der Einzelstrafausspruch in diesem Fall (Freiheitsstrafe von drei Jahren) hat jedoch keinen Bestand, da der Senat nicht ausschließen kann, dass der Tatrichter bei Anwendung der Qualifikation des § 30 a BtMG mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren zu einer höheren Strafe gelangt wäre. Die Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die zugrunde liegenden - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen können bestehen bleiben. Neue - hierzu nicht in Widerspruch stehende - Feststellungen kann der neue Tatrichter treffen. Bode Otten Rothfuß Roggenbuck Appl

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 12. Okt. 2005 - 2 StR 298/05

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Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

(2) Waffen sind

1.
Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und
2.
tragbare Gegenstände,
a)
die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
b)
die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

(3) Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt. Umgang mit einer Schusswaffe hat auch, wer diese unbrauchbar macht.

(4) Die Begriffe der Waffen und Munition sowie die Einstufung von Gegenständen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b als Waffen, die Begriffe der Arten des Umgangs und sonstige waffenrechtliche Begriffe sind in der Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) zu diesem Gesetz näher geregelt.

(1) Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen wird durch eine Waffenbesitzkarte oder durch Eintragung in eine bereits vorhandene Waffenbesitzkarte erteilt. Für die Erteilung einer Erlaubnis für Schusswaffen sind Art, Anzahl und Kaliber der Schusswaffen anzugeben. Die Erlaubnis zum Erwerb einer Waffe gilt für die Dauer eines Jahres, die Erlaubnis zum Besitz wird in der Regel unbefristet erteilt.

(2) Eine Waffenbesitzkarte über Schusswaffen, die mehrere Personen besitzen, kann auf diese Personen ausgestellt werden. Eine Waffenbesitzkarte kann auch einem schießsportlichen Verein oder einer jagdlichen Vereinigung als juristischer Person erteilt werden. Sie ist mit der Auflage zu verbinden, dass der Verein der Behörde vor Inbesitznahme von Vereinswaffen unbeschadet des Vorliegens der Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 5 eine verantwortliche Person zu benennen hat, für die die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nachgewiesen sind; diese benannte Person muss nicht vertretungsberechtigtes Organ des Vereins sein. Scheidet die benannte verantwortliche Person aus dem Verein aus oder liegen in ihrer Person nicht mehr alle Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 vor, so ist der Verein verpflichtet, dies unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen. Benennt der Verein nicht innerhalb von zwei Wochen eine neue verantwortliche Person, für die die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nachgewiesen werden, so ist die dem Verein erteilte Waffenbesitzerlaubnis zu widerrufen und die Waffenbesitzkarte zurückzugeben.

(3) Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition wird durch Eintragung in eine Waffenbesitzkarte für die darin eingetragenen Schusswaffen erteilt. In den übrigen Fällen wird die Erlaubnis durch einen Munitionserwerbsschein für eine bestimmte Munitionsart erteilt; sie ist für den Erwerb der Munition auf die Dauer von sechs Jahren zu befristen und gilt für den Besitz der Munition unbefristet. Die Erlaubnis zum nicht gewerblichen Laden von Munition im Sinne des Sprengstoffgesetzes gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz dieser Munition. Nach Ablauf der Gültigkeit des Erlaubnisdokuments gilt die Erlaubnis für den Besitz dieser Munition für die Dauer von sechs Monaten fort.

(4) Die Erlaubnis zum Führen einer Waffe wird durch einen Waffenschein erteilt. Eine Erlaubnis nach Satz 1 zum Führen von Schusswaffen wird für bestimmte Schusswaffen auf höchstens drei Jahre erteilt; die Geltungsdauer kann zweimal um höchstens je drei Jahre verlängert werden, sie ist kürzer zu bemessen, wenn nur ein vorübergehendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Der Geltungsbereich des Waffenscheins ist auf bestimmte Anlässe oder Gebiete zu beschränken, wenn ein darüber hinausgehendes Bedürfnis nicht nachgewiesen wird. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen sind in der Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2 und 2.1 genannt (Kleiner Waffenschein).

(5) Die Erlaubnis zum Schießen mit einer Schusswaffe wird durch einen Erlaubnisschein erteilt.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 444/99
URTEIL
vom 11. Januar 2000
in der Strafsache
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1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Januar
2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Tepperwien,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin Z
als Verteidigerin des Angeklagten H ,
Rechtsanwalt Sch
als Verteidiger des Angeklagten O ,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 15. April 1999 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen - G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen von der Staatsanwaltschaft eingelegten – vom Generalbundesanwalt vertretenen – Revisionen haben mit der Sachrüge Erfolg.
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten im Herbst 1997 gemeinsam den Entschluß gefaßt, durch den gewinnbringenden Verkauf von Cannabis sich das Startkapital für den Betrieb einer Holz- und Bautenschutzfirma zu verschaffen. Von Ende Oktober 1997 bis Anfang Februar 1998 erwarben sie von dem anderweitig verfolgten B insgesamt fünf bis sechs kg Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt von 7 % THC. Das Cannabis bestand je zur Hälfte aus Haschisch und Marihuana. Die Lieferung erfolgte in dem genannten Zeitraum in mindestens 26 Teilmengen, wobei sich der Lieferumfang von anfangs 50 bis 200 g pro Einheit zum Ende des Tatzeitraumes auf Einzellieferungen von 500 g bis zu 1 kg steigerte, während gleichzeitig sich der Bezugspreis für die Angeklagten verringerte. Die Angeklagten orderten jeweils Nachlieferungen, bevor der Vorrat im Keller des von ihnen gemeinsam bewohnten Hauses zur Neige ging. Das Rauschgift veräußerten die Angeklagten im Dezember 1997 und am 13. Februar 1998 unter anderem an den am 21. Februar 1980 geborenen W , ohne allerdings damit zu rechnen, daß dieser das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben könnte. Am 13. Februar 1998 lieferte der anderweitig verfolgte Bo 200 g Cannabis aus dem Gesamtvorrat aus, wobei er einen neun Monate alten Pitbullterrier und eine „CO2Luftdruckpistole“ mit sich führte. Diese sowie eine weitere gleichartige Waffe hatten die Angeklagten wenige Tage zuvor erworben.
II. Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Das Urteil unterliegt der Aufhebung, weil das Landgericht den Verbrechenstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht ausreichend geprüft und damit seiner Kognitionspflicht nicht genügt hat.

a) Das Landgericht hat offen gelassen, ob der gesondert verfolgte Bo die Luftdruckpistole auf Anweisung der Angeklagten bei der Auslieferung von 200 g Cannabis aus dem Gesamtvorrat mit sich führte. Eine mittäterschaftliche Verurteilung wegen Handeltreibens mit Waffen gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG komme nach seiner Auffassung nicht in Betracht, weil die Angeklagten keine Sachherrschaft über die Waffe gehabt hätten. Eine Verurteilung der Angeklagten wegen Anstiftung würde aber nicht zu einer höheren Strafe führen. In diesem Falle wäre im Hinblick auf die dargestellten Milderungsgründe von einem minder schweren Fall auszugehen und dieselbe Strafe festzusetzen.


b) Diese Erwägungen sind nicht geeignet, die Prüfung einer Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG entbehrlich zu machen.
aa) Grundsätzlich stellt eine funktionsfähige Luftdruckpistole – ebenso wie eine CO2-Pistole – eine Schußwaffe im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG dar (Weber, BtMG, § 30a Rdn. 114). Maßgeblich ist dabei, daß die jeweiligen Geschosse – entsprechend der gesetzlichen Definition in § 1 Abs. 1 WaffG – durch einen Lauf getrieben werden (BGHSt 24, 136). Dies ist bei Luftpistolen grundsätzlich der Fall (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1974, 547 hinsichtlich des wortgleichen Tatbestandsmerkmals in § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F.).
bb) Zwar trifft zu, daß als Täter nur derjenige bestraft werden kann, der die Waffe gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, daß er sich ihrer jeder Zeit bedienen kann (BGHSt 42, 368). Auch wenn diese Voraussetzung bei den während der Rauschgiftauslieferung ortsabwesenden Angeklagten im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, schließt dies eine Verurteilung wegen Anstiftung nicht aus (BGHSt 42, 368, 371). Sowohl das Rauschgift als auch die Luftdruckpistole stammten aus dem Besitz der Angeklagten. Bei dieser Sachverhaltskonstellation hätte die Prüfung nahegelegen, ob der anderweitig verfolgte Bo nicht nur Cannabis, sondern auch die Luftdruckpistole auf Veranlassung der Angeklagten an sich genommen hat.
cc) Zudem läge ein Verbrechen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht nur vor, wenn bei der Auslieferung der Betäubungsmittel der Täter einen entsprechenden Gegenstand mit sich führt. Zur Tatbestandserfüllung reicht ein Mitsichführen bei jedem Teil des Handeltreibens aus, mithin auch während der Besitzausübung an dem zum Verkauf bereit gehaltenen Rauschgift (BGHSt 43, 8, 11). Hier lagerten die Angeklagten das Cannabis in dem von ihnen bewohnten Haus. Nach dem Gesamtzusammenhang liegt nahe, daß sie gleichzeitig die beiden Luftdruckpistolen dort aufbewahrten und sie zudem teilweise das Rauschgift aus dem Haus heraus unmittelbar verkauften. Abhängig von den räumlichen Verhältnissen kann dies genügen, um in dieser Tatphase eine gleichzeitige Verfügbarkeit der Waffe anzunehmen (vgl. BGHSt 43, 8, 14 auch zu den Anforderungen an die subjektive Tatseite).

c) Das Landgericht konnte das Vorliegen des Qualifikationstatbestandes , aus dessen Strafrahmen möglicherweise die zu verhängende Strafe hätte gebildet werden müssen, nicht dahin stehen lassen. Insoweit hat es den grundsätzlichen Vorrang des Schuldspruches vor dem Sanktionsausspruch (vgl. BGH NJW 1997, 1455) hintangestellt. Regelmäßig kann aber die Strafzumessung erst nach der Entscheidung, welcher Straftatbestand verwirklicht ist, erfolgen. Hier hat der Tatrichter zudem die mögliche Erfüllung des Qualifikationstatbestands nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erschöpfend gewürdigt (vgl. oben b, cc). 2. Hinsichtlich der von der Staatsanwaltschaft ebenfalls beanstandeten Konkurrenzfrage, deren Beurteilung („Silotheorie”) zwischen den Senaten des Bundesgerichtshofs nicht im einzelnen geklärt ist (vgl. nur BGHR BtMG § 29 – Bewertungseinheit 3 und 9 einerseits, 10 andererseits), beschränkt sich der Senat auf folgenden Hinweis: es besteht jedenfalls insoweit Einigkeit , daß allein der gleichzeitige Besitz zum Handel bestimmter Betäubungsmittelmengen aus verschiedenen Liefervorgängen nicht geeignet ist, mehrere selbständige Taten des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit zu verbinden (BGHR aaO 9 und 10). Insbesondere weist der Senat aber darauf hin, daß bei feststehendem Gesamtschuldumfang eine Zusammenfassung von Einzelakten zu Tateinheit oder deren tatmehrheitliche Aburteilung regelmäßig ohne Einfluß auf die für das gesamte Tatgeschehen im Ergebnis zu verhängende Sanktion zu bleiben hat (BGHR aaO 9 m.w.N.).
Der neue Tatrichter wird Gelegenheit zur Prüfung haben, ob der Pitbullterrier als sonstiger Gegenstand im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG einzuordnen ist. Dies ist dann der Fall, wenn er seiner Art nach zur Verlet- zung von Personen geeignet und bestimmt ist. Da es sich bei einem Pitbullterrier nicht um eine Waffe im technischen Sinne handelt, bedarf es für die Tatbestandsverwirklichung einer konkreten Zweckbestimmung durch den Täter (BGHSt 43, 266). Diese könnte dann gegeben sein, wenn der Hund speziell abgerichtet und „scharf“ gemacht worden wäre. Selbst wenn im Hinblick auf den Pitbullterrier oder die Luftdruckpistole der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfüllt sein sollte, muß dies – insbesondere wegen des mittlerweile eingetretenen weiteren Zeitablaufes – allerdings nicht notwendig zu einer anderen Sanktion führen.
Harms Häger Basdorf Tepperwien Raum

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 227/01
vom
9. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. August
2001, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kuckein,
Athing,
die Richterin am Bundesgerichtshof
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 14. Dezember 2000 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Nebenkläger mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Er erstrebt hinsichtlich der ihn betreffenden Tat eine Verurteilung (auch) wegen versuchten Totschlags. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
II. Auch die Sachrüge greift nicht durch.
1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte gemeinsam mit seinem Chef, dem Nebenkläger Rainer B. , und den Arbeitern Dieter L. und Pe-
ter M. zum Ausheben von Gräben auf einer Baustelle eingesetzt. Der Angeklagte hatte die Aufgabe, den Aushub des L. mit einer Schaufel wegzuräumen. Als dieser bemerkte, daß der Angeklagte ihm, wenn er sich bückte, von hinten mit dem Fuß Erde ins Genick schob, wollte er die Grube verlassen, um den Angeklagten dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Der Angeklagte richtete daraufhin den Strahl einer Sprühdose mit Reizgas auf das Gesicht und gegen das Genick des L. , der sich "infolge der starken Augen- und Schleimhautreizung wieder in den Graben herablassen mußte". Der Nebenkläger hörte laute Schreie des L. und sah, daß der Angeklagte diesen "besprühte". Er rief dem Angeklagten zu, er solle aufhören, und lief in Richtung des Grabens, um dem Angeklagten "Einhalt zu gebieten". Als dieser seinen Chef herannahen sah, richtete er die Spraydose gegen ihn; der Nebenkläger konnte jedoch dem Sprühstrahl ausweichen. Er versuchte, den Angeklagten an den Beinen zu fassen und zu Boden zu werfen, konnte ihn aber nicht ergreifen.
"Plötzlich verspürte der Zeuge B. mehrere feste 'Schläge' auf seinem Rücken. Der Angeklagte hatte nämlich, von seinem Chef unbemerkt, sein Springmesser mit einer ca. 6,8 cm langen Klinge gezückt und geöffnet und stach dem Zeugen B. damit in schneller Folge neunmal in den hinteren linken Brustkasten. Trotzdem konnte B. dem Angeklagten schließlich die Beine wegziehen und brachte ihn so zu Fall. Dabei ging er selbst mit zu Boden. Während Rainer B. noch mit dem Angeklagten rang, versetzte dieser ihm zwei weitere Stiche , von denen einer in seine linke Flanke und einer in seinen rechten Brustkorb eindrang. Auch bei diesen Stichen nahm der Angeklagte den Tod seines Chefs billigend in Kauf, was ihm in seiner Wut über dessen Eingreifen aber gleichgültig war. Trotz seiner zahlreichen Stichwunden kam Rainer B. aber wieder auf die Beine, konnte indessen den Angeklagten nicht festhalten. Dieser sprang behende über eine neben dem Lkw in der Ausfahrt befindliche Mauer auf die Straße. Sein Chef setzte noch zu seiner Verfolgung an, bemerkte aber,
daß ihm die Luft wegblieb, und er sank zu Boden.” ... (UA 8/9).
Nachdem Peter M. seinem Arbeitskollegen L. geholfen hatte, aus dem Graben zu steigen, wandte sich dieser dem über Atemnot klagenden Nebenkläger zu. Er erkannte, daß sein Chef am Rücken und im Bauchbereich stark blutete, woraufhin der Notarzt verständigt und der Nebenkläger in ein Krankenhaus verbracht wurde. Zwischenzeitlich war der Angeklagte zu der etwa 800 m von der Baustelle entfernten Polizeidienststelle gelaufen, hatte sich dort gestellt und angegeben, das Messer in Notwehr eingesetzt zu haben. Ohne ärztliche Hilfe hätten die - inzwischen folgenlos verheilten - Verletzungen des Nebenklägers zu dessen Tod geführt.
2. Das Landgericht hat die Tathandlungen zum Nachteil des Dieter L. und des Nebenklägers jeweils als gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nrn. 2 und 5 StGB) gewertet. Vom versuchten Tötungsdelikt zum Nachteil des Nebenklägers sei der Angeklagte aus folgenden Gründen strafbefreiend zurückgetreten:
"Die wütende Messerattacke des Angeklagten war bei dem Zeugen B. zunächst ohne äußerlich erkennbare Folgen geblieben. Wegen seiner mehrschichtigen Kleidung - er trug eine gefütterte Stoffjacke, darunter ein Sweatshirt und unter diesem ein Flanellhemd sowie ein Unterhemd - war zunächst äußerlich kein Blut zu sehen, und die Zeugen L. und M. erkannten die Ursache für seine Atemnot erst, als sie ihrem Chef die Jacke auszogen. Rainer B. war auch noch in der Lage gewesen, den Angeklagten eine kurze Strecke zu verfolgen , als er über die Mauer flüchtete. Dieser mußte deshalb nicht annehmen, daß die Messerstiche sein Opfer lebensbedrohlich verletzt hatten. Nach dem Zweifelsgrundsatz mußte
deshalb angenommen werden, daß er von weiteren Stichen freiwillig Abstand genommen hat" (UA 11).
3. Diese Würdigung des Landgerichts weist keinen Rechtsfehler auf.

a) Das Schwurgericht geht von einem unbeendeten Versuch aus, weil der Angeklagte nach dem letzten Messerstich nicht mit der Möglichkeit gerechnet habe, der Nebenkläger könne durch die bisher beigebrachten Stiche zu Tode kommen (vgl. hierzu BGHSt 33, 295, 298; 39, 221, 227 ["Rücktrittshorizont" ]). Nach den getroffenen Feststellungen ist diese Wertung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; auch wenn das Landgericht hinsichtlich der abgeurteilten Körperverletzung angenommen hat, daß diese ”mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung” (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen wurde – sie also dazu geeignet war, eine Lebensgefährdung herbeizuführen (vgl. BGHR StGB § 223a Abs. 1 Lebensgefährdung 2, 3, 7, 8; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 224 Rdn. 12 m.w.N.).
Die Einwendung der Revision, für den Angeklagten sei erkennbar gewesen , daß "eine unmittelbare Gefährdung des Lebens des Opfers eingetreten (gewesen sei)", findet in den Feststellungen keine Stütze. Ebensowenig trifft die Annahme des Generalbundesanwalts zu, für den Angeklagten habe nach dem letzten Messerstich deshalb die Möglichkeit des Todeseintritts nahe gelegen , weil der Nebenkläger seine Verfolgung nicht habe aufnehmen können, sondern zu Boden "gesackt" sei; denn nach den Feststellungen kam der Nebenkläger nach dem letzten Messerstich trotz seiner Stichwunden "wieder auf die Beine" und verfolgte den flüchtenden Angeklagten, bevor er schließlich zu Boden sank (UA 8 f., 11). Auch der Umstand, daß sich der Angeklagte nach der Tat sofort zur Polizei begeben und dort angegeben hat, er habe in Notwehr
gehandelt, läßt keinen Rückschluß darauf zu, daß er glaubte, die dem Nebenkläger beigebrachten Verletzungen könnten zu dessen Tod führen.

b) Da das Landgericht zur Frage der Freiwilligkeit des Abstandnehmens von weiteren Messerstichen durch den Angeklagten keine sicheren Feststellungen treffen konnte, hat es zu Recht den Zweifelssatz zu Gunsten des Angeklagten angewendet (vgl. BGH bei Holtz MDR 1986, 271; StV 1992, 224, 225; BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 11) – daß dieser nämlich , als er vom Nebenkläger abließ, nicht ausschließbar weiter ”Herr seiner Entschlüsse” war (vgl. BGHSt 35, 184, 186).
Maatz Kuckein Athing !" $#% & '( *) + Ernemann
5 StR 284/05

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 6. September 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. September
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Sch
als Verteidiger,
Rechtsanwalt K
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. Februar 2005, soweit es den Angeklagten C betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist, und
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e 1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft greift mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision den Schuldspruch an und beanstandet zudem die Strafzumessung. Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat insoweit mit der Sachrüge Erfolg.
2. Nach den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen lockten der Angeklagte und sein Mittäter den Geschädigten zu einer abgelegenen Stelle, um ihn auszurauben. Der Angeklagte griff dort als erster an, indem er ein mitgeführtes Gas, möglicherweise CS-Gas, gegen den Geschädigten einsetzte und diesen schubste. Weil es dem Geschädigten nicht gelang, vor dem Angeklagten und seinem Mittäter davonzulaufen, leistete er Widerstand. Bei der anschließenden Rangelei kamen der Angeklagte und der Geschädigte so zu Fall, dass der Angeklagte auf dem Rücken und der Geschädigte bäuchlings auf ihm lag. Nunmehr trat und schlug der Mittäter auf den Geschädigten ein und versetzte ihm zwei Messerstiche in Gesäß und Oberschenkel und neun weitere in den Rücken. Als die Gegenwehr des Geschädigten schließlich nachließ, durchsuchten ihn der Angeklagte und sein Mittäter nach mitnehmenswerten Gegenständen und entwendeten unter anderem Bargeld, ein Handy, die Armbanduhr und eine Halskette.
Das Landgericht hat beim Angeklagten die Voraussetzungen eines gemeinschaftlich begangenen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 249 Abs. 1, § 52 StGB) als erfüllt angesehen. Hinsichtlich des Messereinsatzes hat die Strafkammer beim Angeklagten sowohl das Vorliegen eines schweren Raubes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 2 Nr. 1 StGB als auch einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 StGB verneint, weil der Mittäter in einem dem Angeklagten nicht zurechenbaren Exzess gehandelt habe. Hinsichtlich des Gaseinsatzes hat sie einen schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 2 Nr. 1 StGB verneint, weil das eingesetzte Gas nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im konkreten Fall nicht nachweisbar geeignet gewesen sei, erhebliche Verletzungen bei dem Geschädigten herbeizuführen.
3. Die Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Zu deren Überprüfung ist das Revisionsgericht nur eingeschränkt berufen und in der Lage. Das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen, ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat dessen Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Urteilsgründe Rechtsfehler (vgl. § 337 StPO) enthalten. Diese sind namentlich dann gegeben , wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich, unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Dabei brauchen die Schlussfolgerungen des Tatrichters nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die Urteilsgründe müssen aber erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und dass die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist (st. Rspr., vgl. BGHSt 29, 18, 20; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2; Überzeugungsbildung 26).
Einen Rechtsfehler in diesem Sinne enthält das Urteil zu Gunsten des Angeklagten nicht. Die Strafkammer hat ausreichend dargelegt, weshalb sie hinsichtlich des Messereinsatzes einen Exzess des Mittäters bejaht hat. Die weitere Annahme des Tatrichters, dass der Angeklagte auch bis zur Tatbeendigung keine Kenntnis von den Messerstichen hatte, sondern erst „bei der nächsten Laterne – etwa 15 Meter entfernt – bemerkte, dass seine Kleidung blutverschmiert war“, ist nicht völlig lebensfremd und vom Revisionsgericht noch hinzunehmen. Die Strafkammer hat ihre Überzeugung auch darauf gestützt , dass die am Tatort befindliche Straßenlaterne ausgefallen und es dort dunkel war, der Angeklagte unter dem Geschädigten lag und die diesem zugefügten Messerstiche als Schläge deutete, das Messer in den Händen des Mittäters nicht bemerkte und ihm die Blutflecke an seiner Kleidung nicht schon bei der anschließenden Durchsuchung des Geschädigten am Tatort, sondern erst an der nächsten Laterne auffielen und er dort dem Mittäter eine Ohrfeige versetzte, weil er den Messereinsatz nicht billigte.
4. Im Hinblick auf die vom Tatrichter rechtsfehlerfrei angenommene objektive Ungefährlichkeit des verwendeten Gases ist es nicht zu beanstanden , dass die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB verneint worden sind. Das Landgericht hat jedoch übersehen, dass in diesem Fall § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b StGB anwendbar ist. Das vom Angeklagten eingesetzte Gas ist als Werkzeug oder Mittel im Sinne dieser Vorschrift, bei der es sich um einen Auffangtatbestand handelt (vgl. BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1a Waffe 2), zu bewerten. Der Angeklagte hat das Werkzeug oder Mittel nicht nur – was ausreichen würde – in der Absicht mitgeführt, dieses Tatmittel zur Verhinderung oder Überwindung des Widerstandes des Geschädigten durch Gewaltanwendung oder Drohung damit einzusetzen, sondern sogar verwendet. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich ersichtlich nicht anders hätte verteidigen können.
5. Die Nachprüfung des Urteils hat im Übrigen keinen den Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Sache bedarf demnach neuer Strafzumessung. Dazu ist eine allgemeine Strafkammer berufen, weil sich das weitere Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet (vgl. BGHSt 35, 267).
Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.