Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - 2 StR 330/11
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Brandstiftung in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten L. wegen Brandstiftung in vier Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Diebstahl, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts kannten sich die Angeklagten H. und L. sowie die Mitangeklagten F. und B. seit mehreren Jahren. Im Oktober 2009 entschlossen sie sich zur gemeinsamen Begehung von Einbruchsdiebstählen in wechselnder Tatbeteiligung, über die sie den jeweils nicht teilnehmenden Angeklagten bei späteren Treffenberichteten.
II.
- 3
- 1. Die Verurteilung des Angeklagten H. wegen mittäterschaftlicher Brandstiftung wird entgegen der Ansicht der Revision auch in den Fällen, in denen er nicht eigenhändig Feuer legte (Fall II. 6 der Urteilsgründe), von den Feststellungen getragen. Die früheren Brandlegungen, die anlässlich gemeinsamer Einbruchsdiebstähle im Beisein des Angeklagten durch den Mitangeklagten F. (Fall II. 4) bzw. allein durch diesen erfolgten, während der Angeklagte bereits mit dem Abtransport der Beute beschäftigt war (Fall II. 5), waren dem Angeklagten als Mittäter zuzurechnen. Es handelte sich um eine mögliche Gestaltung des Tatablaufs, die aufgrund der generellen Abrede zwischen allen Angeklagten vom gemeinsamen Vorsatz umfasst war und keiner erneuten Übereinkunft im Einzelfall bedurfte. Dafür spricht auch der Umstand, dass sich der Angeklagte nach der ersten in seinem Beisein erfolgten Brandlegung nicht distanzierte, weiterhin an gemeinsamen Einbruchsdiebstählen teilnahm und anlässlich eines solchen schließlich auch eigenhändig Brand legte.
- 4
- 2. Soweit das Landgericht im Fall II. 4 der Urteilsgründe den minder schweren Fall gemäß § 306 Abs. 2 StGB unter Hinweis auf die erfolgte Milderung gemäß §§ 22, 49 Abs. 1 StGB und das Verbot der Mehrfachmilderung abgelehnt hat, lässt es nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob es zunächst vorrangig das Vorliegen eines minder schweren Falls geprüft hat. Die Annahme eines minder schwerer Falls kam vorliegend indes nur unter Verbrauch der Versuchsmilderung in Betracht, da die Brandlegung des Gartenhauses im Falle ihres Erfolges ohne weiteres auf ein nahe stehendes Wochenend- haus hätte übergreifen können. Der Senat kann insoweit jedoch ausschließen, dass die Kammer zu einer geringeren Strafe gelangt wäre, wenn sie den Strafrahmen des § 306 Abs. 2 StGB (sechs Monate bis zu fünf Jahren) der Strafzumessung zugrunde gelegt hätte, da sich die erkannte Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten bereits im unteren Bereich des tatsächlich zur Anwendung gebrachten Strafrahmens von drei Monaten bis zu sieben Jahren und sechs Monaten bewegt und zudem ohne das Vorliegen besonderer Umstände die erlittene Untersuchungshaft rechtsfehlerhaft strafmildernd berücksichtigt wurde.
III.
- 5
- Die Revision des Angeklagten L. bleibt ebenso erfolglos. Soweit unter dem Gesichtspunkt, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss des 5. Senats vom 16. August 2011 - 5 StR 237/11), Bedenken bestehen könnten, weil das Landgericht gegen den Angeklagten L. im Fall II. 7 der Urteils- gründe auf die gleiche Strafe wie gegen den strafrechtlich erheblich vorbelasteten Mitangeklagten B. erkannt hat, schließt der Senat aus, dass sich dieser Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.
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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - 2 StR 330/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Wer fremde
- 1.
Gebäude oder Hütten, - 2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen, - 3.
Warenlager oder -vorräte, - 4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge, - 5.
Wälder, Heiden oder Moore oder - 6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Wer fremde
- 1.
Gebäude oder Hütten, - 2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen, - 3.
Warenlager oder -vorräte, - 4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge, - 5.
Wälder, Heiden oder Moore oder - 6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten P. und die Revision des Angeklagten W. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte W. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten P. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und zu Freiheitsstrafen von vier Jahren sechs Monaten (W. ) und vier Jahren drei Monaten (P. ) verurteilt sowie das sichergestellte Rauschgift eingezogen. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten W. bleibt insgesamt, diejenige des Angeklagten P. , soweit sie den Schuldspruch betrifft, aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausge- führten Gründen erfolglos. Dagegen hält der Strafausspruch gegen den Angeklagten P. sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 2
- Das Landgericht hat im Rahmen seiner sehr knappen Strafzumessungserwägungen nicht ausreichend den Gesichtspunkt beachtet, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93 mwN, insoweit in BGHSt 40, 73 nicht abgedruckt; Beschluss vom 28. Juni 2011 – 1 StR 282/11 Rn. 4 und 6 mwN, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Wenn mehrere Angeklagte in einem Verfahren abgeurteilt werden, ist für jeden von ihnen die Strafe in individueller Würdigung des Maßes der eigenen Schuld zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Februar 2009 – 5 StR 8/09, NStZ 2009, 382). Dem Urteil kann kein hinreichender Grund für die nahezu gleichen Strafaussprüche entnommen werden: Im Verhältnis zum vielfach vorbestraften, zur Tatzeit unter Bewährung stehenden Angeklagten W. sprechen erhebliche Umstände deutlich zugunsten des Angeklagten P. , namentlich das Fehlen von Vorstrafen, seine besondere Haftempfindlichkeit sowie sein voll umfänglich glaubhaftes Geständnis. Darüber hinaus ergeben sich aus den Feststellungen auch Hinweise auf einen geringeren Tatbeitrag des Angeklagten P. gegenüber dem Angeklagten W. ; letzterer war es nämlich, der in der Zeit zwischen der Bestellung der Rauschmittel und deren Lieferung den Kontakt zu dem Lieferanten hielt. Erkennt das Tatgericht trotz dieser erheblichen Unterschiede gegen Mittäter auf nahezu gleich hohe Strafen, so bedarf dies jedenfalls einer ausdrücklichen Begründung, die dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglicht, ob die Strafzumessung auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht (vgl. BGH aaO).
- 3
- Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da es sich insoweit nur um Wertungsfehler handelt. Die aufrecht erhaltenen Feststellungen dürfen um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.