Bundesgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 2 StR 342/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:170517U2STR342.16.0
bei uns veröffentlicht am17.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 342/16
vom
17. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:170517U2STR342.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Mai 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Schmidt, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten M. , Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten S. , Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten B. , Rechtsanwalt als Verteidiger für den Angeklagten K. , Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. April 2016 werden als unbegründet verworfen. 2. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. hat es unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Heinsberg vom 15. September 2014 und des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheidt vom 13. Februar 2015 nach Auflösung der darin gebildeten Gesamtstrafen, sowie unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Erkelenz vom 16. September 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Angeklagten B. und S. hat das Landgericht jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten K. hat es unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Erkelenz vom 8. April 2015 unter Auflösung der darin gebildeten Gesamtgeldstrafe sowie unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 29. Juli 2015 eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt.
2
Die hiergegen gerichteten, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten M. , B. und K. haben keinen Erfolg. Auch die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten S. bleibt erfolglos.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Die Angeklagten verbrachten den Abend des 7. April 2014 in der Wohnung des Angeklagten S. und konsumierten Amphetamin in unbekanntem Umfang. Nachdem der Betäubungsmittelvorrat zur Neige gegangen war, kam der Angeklagte K. auf die Idee, den mit Drogen handelnden Nebenkläger Bo. „abzuziehen“ und ihm, erforderlichenfalls unter Einsatz von Gewalt, Drogen und „sonstige werthaltige Gegenstände“ abzunehmen. Die Angeklagten M. , S. und B. waren damit einverstanden. Die Angeklagten veranlassten eine Freundin des Angeklagten K. , fernmündlich die Liefe- rung von 10 Gramm Amphetamin zum Preis von 50 €mit dem Nebenkläger zu vereinbaren; die Übergabe des Rauschgifts sollte gegen Mitternacht in der Nähe einer in H. gelegenen Mehrzweckhalle erfolgen.
5
Die Angeklagten besprachen nunmehr die Einzelheiten der geplanten Tat. Sie kamen überein, dass die Angeklagten K. und M. sich zunächst im Hintergrund halten und die Angeklagten S. und B. allein mit dem Nebenkläger Bo. sprechen, ihn zur Herausgabe des Amphetamins veranlassen und ihm Bargeld und Wohnungsschlüssel abnehmen sollten; anschließend beabsichtigten sie, weitere Betäubungsmittel aus der Wohnung des Nebenklägers an sich zu bringen. Eine etwaige Gegenwehr sollte durch Hinzutreten der Angeklagten K. und M. , erforderlichenfalls mit Gewalt, unterbunden werden; zu diesem Zweck nahmen der Angeklagte B. eine ungeladene, täuschend echt aussehende Soft-Air-Pistole und der Angeklagte M. einen Baseballschläger mit.
6
In Umsetzung des gemeinsamen Tatplans verließen die Angeklagten gegen 23.30 Uhr die Wohnung des Angeklagten S. und begaben sich zu dem vereinbarten Treffpunkt. Die Angeklagten K. und M. versteckten sich hinter einem nahe gelegenen Container, während die Angeklagten S. und B. auf das Eintreffen des Nebenklägers warteten.
7
Dieser traf gegen Mitternacht an der Mehrzweckhalle ein, sah die Angeklagten S. und B. , stieg von seinem Fahrrad ab und trat auf sie zu. Der Angeklagte S. forderte den Nebenkläger auf, ihm das Amphetamin auszuhändigen, um dessen Qualität zu prüfen. Dieser tat dies, woraufhin der Angeklagte S. das Rauschgift einbehielt. Er forderte den Nebenkläger erfolglos auf, sie zu seiner Wohnung zu bringen. Daraufhin bedrohte der Angeklagte B. den Nebenkläger mit der Soft-Air-Pistole, der Angeklagte S. schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht, um ihn dazu zu bewegen , ihrer Forderung nachzukommen. Der Nebenkläger entschloss sich zur Flucht. Der Angeklagte S. erkannte dies, trat ihm entgegen und versuchte , ihn festzuhalten, wodurch beide zu Fall kamen. Daraufhin rannten die Angeklagten M. und K. , die das Geschehen von ihrem Versteck aus beobachtet hatten, hinzu und griffen den Nebenkläger an. Der Angeklagte M. versetzte ihm zunächst einen wuchtigen Schlag mit dem Baseballschläger ge- gen das rechte Knie und schlug anschließend mehrfach heftig mit dem Baseballschläger auf den zu Boden gestürzten Nebenkläger ein, während die Angeklagten S. und B. , möglicherweise auch nur einer von beiden, auf den Geschädigten einschlugen und eintraten und ihn dabei insbesondere am Kopf verletzten. Der Nebenkläger verspürte Todesangst, gab jede Gegenwehr auf und versuchte, seinen Kopf vor den Schlägen und Tritten zu schützen. Schließlich rief er laut um Hilfe. Die Angeklagten, die aus den umliegenden Häusern Geräusche hörten und ihre Entdeckung fürchteten, ließen von dem Nebenkläger ab. Die Angeklagten S. und K. griffen in seine Hosentasche und nahmen das darin befindlichen Bargeld in Höhe von rund 10 € sowie seinen Wohnungsschlüssel an sich. Der Angeklagte S. fuhr mit dem Fahrrad des Nebenklägers davon. Alle Angeklagten trafen sich wenig später in der Wohnung des Angeklagten S. . Dort konsumierten sie gemeinsam das von ihnen erbeutete Amphetamin. Ob die Angeklagten auch das erbeutete Bargeld unter sich aufteilten, konnte nicht festgestellt werden. Der Angeklagte S. gab das Fahrrad des Geschädigten an eine Freundin weiter.
8
Der Geschädigte erlitt durch die Schläge und Tritte mehrere knöcherne Verletzungen an Hand, Knie und Arm; außerdem trug er zahlreiche Blutergüsse und Schürfwunden an Armen, Beinen sowie am Rücken davon und befand sich rund zweieinhalb Wochen in stationärer Behandlung. Die Verletzungen sind mittlerweile weitgehend folgenlos ausgeheilt.

II.

9
Die Revisionen der Angeklagten M. , B. und K. erweisen sich zum Schuldspruch als unbegründet.
10
Die Annahme des Landgerichts, dass die Angeklagten jeweils des besonders schweren Raubes (§ 250 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 Nr. 1 und 3a StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB) schuldig sind, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
11
1. Die Angeklagten haben dem Nebenkläger Bo. nicht nur Geld, Wohnungsschlüssel und Fahrrad unter Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel in der Absicht weggenommen, sich diese Gegenstände rechtswidrig zuzueignen. Das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme im Sinne der §§ 242 Abs. 1, 249 Abs. 1 StGB ist auch hinsichtlich des Beutels mit 10 Gramm Amphetamin ungeachtet des Umstands erfüllt, dass der Geschädigte diesen zunächst täuschungsbedingt freiwillig an die Angeklagten ausgehändigt hat.
12
a) Hat sich der Täter eine Sache durch Täuschung verschafft, so ist für die Abgrenzung des Tatbestandsmerkmals der Wegnahme im Sinne des § 242 StGB von der Vermögensverfügung im Sinne des § 263 StGB auch die Willensrichtung des Getäuschten und nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Tatgeschehens maßgebend. Betrug liegt vor, wenn der Getäuschte auf Grund freier , nur durch Irrtum beeinflusster Entschließung Gewahrsam übertragen will und überträgt. In diesem Fall wirkt sich der Gewahrsamsübergang unmittelbar vermögensmindernd aus. Diebstahl ist gegeben, wenn die Täuschung lediglich dazu dienen soll, einen gegen den Willen des Berechtigten gerichteten eigenmächtigen Gewahrsamsbruch des Täters zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (Senat, Beschluss vom 2. August 2016 – 2 StR 154/16, NStZ 2016, 727 mit Anm. Kulhanek; siehe auch Kudlich, JA 2016, 953; Senat, Urteil vom 17. Dezember 1986 – 2 StR 537/86, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 2). Von der Vorschrift des § 242 StGB werden insbesondere auch solche Fallgestaltungen erfasst, in denen der Gewahrsamsinhaber mit der irrtumsbedingten Aushändigung der Sache eine Wegnahmesicherung aufgibt, gleichwohl aber noch zumindest Mitgewahrsam behält, der vom Täter gebrochen wird. Vollzieht sich der Gewahrsamsübergang in einem mehraktigen Geschehen, so ist die Willensrichtung des Getäuschten in dem Zeitpunkt entscheidend, in dem er die tatsächliche Herrschaft über die Sache vollständig verliert. Hat der Gewahrsamsinhaber , der die wahren Absichten des Täuschenden nicht erkannt hat, den Gegenstand übergeben, ohne seinen Gewahrsam völlig preiszugeben, und bringt der Täter die Sache nunmehr in seinen (Allein-) Gewahrsam, so liegt hierin eine Wegnahme, wenn der Ausschluss des Berechtigten von der faktischen Sachherrschaft ohne oder gegen dessen Willen stattfindet (Senat, Beschluss vom 2. August 2016, – 2 StR 154/16, NStZ 2016, 727).
13
b) So verhält es sich hier. Durch die täuschungsbedingte Aushändigung des Amphetamins an die Angeklagten „zu Prüfzwecken“ trat unter den hier gegebenen Umständen nur eine Gewahrsamslockerung ein.Der Zeuge Bo. hat seinen Gewahrsam erst endgültig verloren, als der Angeklagte das Amphetamin nicht zurückgab, sondern einsteckte. Da dies gegen seinen Willen geschah, ist das Tatbestandsmerkmal des Gewahrsamsbruchs im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB erfüllt.
14
2. Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel wie das in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführte Marihuana können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fremde bewegliche Sachen und damit Tatobjekt eines Raubes oder eines Diebstahls sein (Senat, Urteil vom 20. Januar 1982 – 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 360; BGH, Beschluss vom 21. April 2015 – 4 StR 92/15, NStZ 2015, 571, 572; Urteil vom 12. März 2015 – 4 StR 538/14, StraFo 2015, 216; Urteil vom 4. September 2008 – 1 StR 383/08, NStZ-RR 2009, 22, 23; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72 f.; SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 242 Rn. 16; zweifelnd Fischer, StGB, 64. Aufl., § 242 Rn. 5a). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest.

III.


15
1. Die Revisionen der Angeklagten M. , B. und K. erweisen sich auch zum Strafausspruch als offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
16
2. Auch die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten S. ist unbegründet.
17
a) Die Ausführungen zur Strafzumessung im engeren Sinne sind zwar knapp gehalten. Einen den Bestand des Strafausspruchs gefährdenden Erörterungsmangel vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen. Dies gilt auch in Ansehung der Beanstandung des Angeklagten, die schriftlichen Urteilsgründe enthielten für den Angeklagten S. keine Ausführungen zur Strafzumessung im engeren Sinne. Dies trifft nicht zu. Soweit in den schriftlichen Urteilsgründen im Abschnitt V. 3. der Angeklagte K. anstelle des Angeklagten S. Erwähnung findet, handelt es sich, wie der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zweifelsfrei belegt, um ein Schreibversehen, das den Bestand des Urteils nicht gefährdet.
18
b) Zu Recht hat das Landgericht von der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 31. März 2015 abgesehen.
19
Der Angeklagte hat die verfahrensgegenständliche Tat am 8. April 2014 und damit vor Erlass des Urteils des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 31. März 2015 begangen, durch das er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Mona- ten mit Bewährung verurteilt worden war. Da diese Vorverurteilung noch nicht erledigt ist, lagen an sich die Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung vor (§ 55 StGB).
20
Allerdings ist die verfahrensgegenständliche Tat nach Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts Heinsberg vom 25. März 2014 und damit, weil die dem Amtsgericht Geilenkirchen zugrunde liegende Tat am 26. Februar 2014 und damit vor Erlass des Strafbefehls begangen worden ist, zwischen zwei ihrerseits gesamtstrafenfähigen Vorverurteilungen begangen worden. In Fällen der genannten Art scheidet eine Gesamtstrafenbildung aus (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 192 f.; Beschluss vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369, 370; Beschluss vom 21. Juli 2009 – 5 StR 269/09; LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 55 Rn. 15; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 55 Rn. 12; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe, Rn. 233).
21
Die Zäsurwirkung des Strafbefehls des Amtsgerichts Heinsberg vom 25. März 2014 ist – wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist – nicht dadurch entfallen, dass der Angeklagte diese Geldstrafe inzwischen vollständig bezahlt hat. Denn diese Zahlung erfolgte erst am 30. Oktober 2015 und damit nach Erlass des Urteils des Amtsgerichts Geilenkirchen vom 31. März 2015. Bei dieser Sachlage hätte der damalige Tatrichter eine Gesamtstrafe bilden müssen , weil die Strafe aus der Vorverurteilung zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht vollständig vollstreckt war und eine Gesamtstrafenlage bestand. Die Prüfung der Frage, ob eine frühere Strafe bereits vollstreckt, verjährt oder erlassen ist oder ob sie für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung zur Verfügung steht, ist vom Standpunkt des Tatrichters in dem späteren Verfahren zu beurteilen (KK-StPO/Appl, 7. Aufl., § 460 Rn. 9). Ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO ist erst ausgeschlossen, wenn sämtliche Strafen, die für eine Ge- samtstrafenbildung in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt, verjährt oder erlassen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juni 2013 – 3 StR 161/13, BGHR StPO § 460 Anwendung 1; Beschluss vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369, 370; KK-StPO/Appl, 7. Aufl., § 460 Rn. 10).
22
Da die Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Heinsberg erst am 30. Oktober 2015 und damit nach Erlass des Urteils des Amtsgerichts Geilenkirchen vollständig bezahlt wurde, bestand die Gesamtstrafenlage fort. Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit der im vorliegenden Verfahren verhängten Freiheitsstrafe schied bei dieser Sachlage aus.

IV.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Appl Krehl Bartel Grube Schmidt

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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
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vom
2. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:020816B2STR154.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass schuldig sind
a) der Angeklagte S. des Diebstahls in zwei Fällen und des Betrugs und
b) die nicht revidierende Mitangeklagte J. des Diebstahls in drei Fällen und der Unterschlagung. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Diebstahls und Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung im Fall II. 3. der Urteilsgründe, auch soweit es die Mitangeklagte J. betrifft; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Betrugs im Fall II. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen veranlasste die nicht revidierende Mitangeklagte J. - entsprechend einem zuvor mit dem Angeklagten S. gefassten Entschluss - den Zeugen K. dazu, ihr sein Mobiltelefon für ein Telefonat zu überlassen. Er gab es ihr in der Annahme, das Mobiltelefon nach dem Telefonat zurückzuerhalten. Tatsächlich beabsichtigten die Angeklagten das Mobiltelefon zu behalten, um es später zu verkaufen. Nach dem Telefonat steckte die Mitangeklagte J. das Mobiltelefon in ihre Tasche und entfernte sich mit dem Angeklagten. Auf die mehrfachen Bitten des Zeugen K. , ihm das Mobiltelefon zurückzugeben, reagierten sie nicht; vielmehr gab der körperlich überlegene Angeklagte S. dem Zeugen K. zu verstehen, dass er „jetzt besser“ gehen solle. Der Zeuge K. gab sodann sein Herausgabeverlangen auf.
4
Das Landgericht hat dieses Geschehen als Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB gewertet. Mit dem durch Täuschung erlangten Besitz des Mobiltelefons hätten die Angeklagten einen Vermögensvorteil erlangt, „nämlich ihren neuen, tätereigenen Gewahrsam“. Die durch Täuschung erzielte Herausgabe des Mobiltelefons stelle „eine Vermögensverfügung (Besitzübertragung) dar“.
5
b) Diese Wertung des Landgerichts ist rechtsfehlerhaft. Hat sich der Täter - wie hier - eine Sache durch Täuschung verschafft, so ist für die Abgrenzung von Wegnahme (§ 242 StGB) und Vermögensverfügung (§ 263 StGB) auch die Willensrichtung des Getäuschten und nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Tatgeschehens maßgebend. Betrug liegt vor, wenn der Getäuschte auf Grund freier nur durch Irrtum beeinflusster Entschließung Gewahrsam übertragen will und überträgt. In diesem Fall wirkt sich der Gewahrsamsübergang unmittelbar vermögensmindernd aus. Diebstahl ist gegeben, wenn die Täuschung lediglich dazu dienen soll, einen gegen den Willen des Berechtigten gerichteten eigenmächtigen Gewahrsamsbruch des Täters zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1986 - 2 StR 537/86, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 2 mwN).
6
Von der Vorschrift des § 242 StGB werden insbesondere auch solche Fallgestaltungen erfasst, in denen - wie hier - der Gewahrsamsinhaber mit der irrtumsbedingten Aushändigung der Sache eine Wegnahmesicherung aufgibt, gleichwohl aber noch zumindest Mitgewahrsam behält, der vom Täter gebrochen wird. Vollzieht sich der Gewahrsamsübergang in einem mehraktigen Geschehen , so ist die Willensrichtung des Getäuschten in dem Zeitpunkt entscheidend , in dem er die tatsächliche Herrschaft über die Sache vollständig verliert. Hat der Gewahrsamsinhaber, der die wahren Absichten des Täuschenden nicht erkannt hat, den Gegenstand übergeben, ohne seinen Gewahrsam völlig preiszugeben , und bringt der Täter die Sache nunmehr in seinen Alleingewahrsam, ist Wegnahme gegeben, wenn der Ausschluss des Berechtigten von der faktischen Sachherrschaft ohne oder gegen dessen Willen stattfindet (vgl. auch BGH aaO).
7
So verhält es sich hier. Der Zeuge K. hat seinen Gewahrsam gegen seinen Willen erst verloren, als die Mitangeklagte J. das Mobiltelefon in ihre Tasche steckte. Der Angeklagte S. hat sich nach den Feststellungen demnach wegen (gemeinschaftlichen) Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der Strafausspruch wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt. Angesichts der identischen Strafandrohung kann der Senat ausschließen , dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
8
2. Die Berichtigung des Schuldspruchs ist entsprechend § 357 StPO auf die Mitangeklagte J. zu erstrecken (vgl. Franke in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 7 mwN). Dass die Berichtigung des Schuldspruchs auch im Fall der Angeklagten J. keine Auswirkungen auf den Strafausspruch hat, steht der Erstreckung der Revision nicht entgegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508).
9
3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO). Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 154/16
vom
2. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:020816B2STR154.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 18. Dezember 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass schuldig sind
a) der Angeklagte S. des Diebstahls in zwei Fällen und des Betrugs und
b) die nicht revidierende Mitangeklagte J. des Diebstahls in drei Fällen und der Unterschlagung. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Diebstahls und Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung im Fall II. 3. der Urteilsgründe, auch soweit es die Mitangeklagte J. betrifft; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Betrugs im Fall II. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen veranlasste die nicht revidierende Mitangeklagte J. - entsprechend einem zuvor mit dem Angeklagten S. gefassten Entschluss - den Zeugen K. dazu, ihr sein Mobiltelefon für ein Telefonat zu überlassen. Er gab es ihr in der Annahme, das Mobiltelefon nach dem Telefonat zurückzuerhalten. Tatsächlich beabsichtigten die Angeklagten das Mobiltelefon zu behalten, um es später zu verkaufen. Nach dem Telefonat steckte die Mitangeklagte J. das Mobiltelefon in ihre Tasche und entfernte sich mit dem Angeklagten. Auf die mehrfachen Bitten des Zeugen K. , ihm das Mobiltelefon zurückzugeben, reagierten sie nicht; vielmehr gab der körperlich überlegene Angeklagte S. dem Zeugen K. zu verstehen, dass er „jetzt besser“ gehen solle. Der Zeuge K. gab sodann sein Herausgabeverlangen auf.
4
Das Landgericht hat dieses Geschehen als Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB gewertet. Mit dem durch Täuschung erlangten Besitz des Mobiltelefons hätten die Angeklagten einen Vermögensvorteil erlangt, „nämlich ihren neuen, tätereigenen Gewahrsam“. Die durch Täuschung erzielte Herausgabe des Mobiltelefons stelle „eine Vermögensverfügung (Besitzübertragung) dar“.
5
b) Diese Wertung des Landgerichts ist rechtsfehlerhaft. Hat sich der Täter - wie hier - eine Sache durch Täuschung verschafft, so ist für die Abgrenzung von Wegnahme (§ 242 StGB) und Vermögensverfügung (§ 263 StGB) auch die Willensrichtung des Getäuschten und nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Tatgeschehens maßgebend. Betrug liegt vor, wenn der Getäuschte auf Grund freier nur durch Irrtum beeinflusster Entschließung Gewahrsam übertragen will und überträgt. In diesem Fall wirkt sich der Gewahrsamsübergang unmittelbar vermögensmindernd aus. Diebstahl ist gegeben, wenn die Täuschung lediglich dazu dienen soll, einen gegen den Willen des Berechtigten gerichteten eigenmächtigen Gewahrsamsbruch des Täters zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1986 - 2 StR 537/86, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 2 mwN).
6
Von der Vorschrift des § 242 StGB werden insbesondere auch solche Fallgestaltungen erfasst, in denen - wie hier - der Gewahrsamsinhaber mit der irrtumsbedingten Aushändigung der Sache eine Wegnahmesicherung aufgibt, gleichwohl aber noch zumindest Mitgewahrsam behält, der vom Täter gebrochen wird. Vollzieht sich der Gewahrsamsübergang in einem mehraktigen Geschehen , so ist die Willensrichtung des Getäuschten in dem Zeitpunkt entscheidend , in dem er die tatsächliche Herrschaft über die Sache vollständig verliert. Hat der Gewahrsamsinhaber, der die wahren Absichten des Täuschenden nicht erkannt hat, den Gegenstand übergeben, ohne seinen Gewahrsam völlig preiszugeben , und bringt der Täter die Sache nunmehr in seinen Alleingewahrsam, ist Wegnahme gegeben, wenn der Ausschluss des Berechtigten von der faktischen Sachherrschaft ohne oder gegen dessen Willen stattfindet (vgl. auch BGH aaO).
7
So verhält es sich hier. Der Zeuge K. hat seinen Gewahrsam gegen seinen Willen erst verloren, als die Mitangeklagte J. das Mobiltelefon in ihre Tasche steckte. Der Angeklagte S. hat sich nach den Feststellungen demnach wegen (gemeinschaftlichen) Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der Strafausspruch wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt. Angesichts der identischen Strafandrohung kann der Senat ausschließen , dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
8
2. Die Berichtigung des Schuldspruchs ist entsprechend § 357 StPO auf die Mitangeklagte J. zu erstrecken (vgl. Franke in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 7 mwN). Dass die Berichtigung des Schuldspruchs auch im Fall der Angeklagten J. keine Auswirkungen auf den Strafausspruch hat, steht der Erstreckung der Revision nicht entgegen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507, 508).
9
3. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO). Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffe oder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenommen werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR92/15
vom
21. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 21. April 2015 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten V. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juli 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schwerem Raub, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis (II. 3 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafen- und Maßregelausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführung von Waffen (II. 1 und 2 der Urteilsgründe) sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen, schwerem Raub, gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis (II. 3 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und sichergestelltes Marihuana eingezogen. Dazu hat es bestimmt , dass drei Jahre der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf zwei Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Im Vorfeld des 22. Juli 2013 vereinbarte der Angeklagte mit dem unbekannt gebliebenen späteren Geschädigten den Verkauf von ca. drei Kilogramm Marihuana zu einem Preis von 18.000 Euro. Die Übergabe sollte am 22. Juli 2013 um 19.00 Uhr auf dem Parkplatz eines Baumarktes in E. erfolgen. Am frühen Abend des 22. Juli 2013 fuhr der Angeklagte mit einem Pkw zu dem verabredeten Treffpunkt. Dabei führte er neben dem zu übergebenden Marihuana (2937 Gramm mit einem THC-Anteil von 399,45 Gramm) auch ein Pfefferspray griffbereit mit sich. Bei dem vereinbarten Treffen, an dem neben dem Angeklagten und dem Geschädigten noch weitere Personen teilnahmen , gelangte der Geschädigte auf eine nicht mehr aufklärbare Weise in den Besitz des in drei Tüten verpackten Marihuanas und konnte damit ohne Bezahlung des Kaufpreises zu Fuß flüchten (Fälle II. 1 und 2 der Urteilsgründe).
4
Der Angeklagte wollte den Verlust des Rauschgiftes nicht hinnehmen. Er beschloss daher, den Geschädigten mit dem Pkw zu suchen und zu verfolgen, um sich wieder in den Besitz des Marihuanas zu bringen und dieses anschließend erneut gewinnbringend zu verkaufen. In der Folge befuhr der keine Fahrerlaubnis besitzende Angeklagte verschiedene öffentliche Straßen, ehe er den Geschädigten auf dem linksseitigen Gehweg der F. Straße in gleicher Bewegungsrichtung gehend entdeckte. Der Angeklagte beschleunigte sein Fahrzeug, lenkte dieses plötzlich über die Gegenfahrbahn hinweg auf den linksseitigen Gehweg und fuhr dem Geschädigten mit etwa 39,6 km/h hinterher. Nach seinem Tatplan wollte er den Geschädigten durch ein An- oder Umfahren mit dem Pkw an der weiteren Flucht hindern. Dabei stellte er sich vor, dass er den Geschädigten auf diese Weise zu Fall bringen könne, um sodann auszusteigen und das Marihuana wieder in seinen Besitz zu bringen. In der Folge fuhr der Angeklagte gezielt auf den infolge seiner Lauf- und Blickrichtung in seinen Reaktionsmöglichkeiten stark eingeschränkten Geschädigten zu und nahm dabei auch ein Überfahren und damit den Tod des Geschädigten billigend in Kauf. Der Geschädigte bemerkte erst im letzten Moment das hinter ihm fahrende Fahrzeug und sprang/stürzte nach rechts in Richtung der Fahrbahn. Der Angeklagte lenkte seinen Pkw ebenfalls nach rechts, um den Geschädigten zu erfassen , wobei er auch weiterhin dessen Tod in Kauf nahm. Das Fahrmanöver endete abrupt, indem der Angeklagte frontal mit seinem Pkw gegen einen Baum prallte. Dabei entstand an dem Pkw – wie der Angeklagte auch wahrnahm – ein Totalschaden. Die Airbags waren ausgelöst, die Frontscheibe gebrochen und die Fahrzeugfront stark eingedrückt. Der Angeklagte zog sich blutende Verletzungen am linken Arm und im Gesicht zu. Der Geschädigte konnte sich nach einem Sturz auf die Fahrbahn aufrappeln und rannte mit dem Marihuana davon. Der Angeklagte stieg trotz seiner Verletzungen unmittelbar nach dem Anprall aus seinem Fahrzeug aus und rannte dem Geschädigten hinterher. Es gelang ihm, den Geschädigten einzuholen und ihn in eine körperliche Auseinandersetzung zu verwickeln, bei der er auch das mitgeführte Pfefferspray einsetzte. Im Verlauf der Auseinandersetzung brachte der Angeklagte die drei Tüten mit dem Marihuana wieder an sich, wobei nicht geklärt werden konnte, ob der Geschädigte das Rauschgift infolge der Gewalteinwirkung durch den Einsatz des Pfeffersprays fallen ließ oder ihm die Tüten von dem Angeklagten im Verlauf der Auseinandersetzung entrissen wurden (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
5
2. Das Landgericht hat in der Vereinbarung des Geschäftes über drei Kilogramm Marihuana und dem Verbringen des Rauschgiftes zum Übergabeort unter Mitführung eines Pfeffersprays ein bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gesehen. Die sich anschließende Verfolgungsfahrt, den Versuch den Geschädigten zum Zwecke der Wiederbeschaffung des Rauschgifts anzufahren und die abschließende gewaltsame Beibringung des Marihuanas, um dieses erneut zu verkaufen , hat es als zur Ermöglichung einer Straftat begangenen versuchten Mord (§§ 211, 22, 23 StGB) und (hierzu jeweils in Tateinheit stehend) bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG), schweren Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB), gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) und (vorsätzliches) Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG) gewertet.

II.


6
Die Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
7
1. Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes gemäß §§ 211, 23 Abs. 1, § 22 StGB im Fall II. 3 der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht einen strafbefreienden Rücktritt mit nicht tragfähigen Erwägungen verneint hat.
8
a) Das Landgericht hat einen Rücktritt vom versuchten Mord mit der Begründung abgelehnt, es liege ein fehlgeschlagener Versuch vor. Dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass er mit anderen Mitteln (als durch einen Zusammenstoß mit dem Pkw) keine Chance gehabt hätte, den Unbekannten einzuholen und aufzuhalten. Dies stehe aufgrund seiner ausgeprägt adipösen Statur fest. Durch den Anprall an den Baum habe der Pkw einen Totalschaden erlitten , sodass der Angeklagte seinen Tatplan mit dem eingesetzten Pkw nicht mehr habe weiterverfolgen können. Insofern sei „eine Zäsur eingetreten“. Der Angeklagte habe „nach seinem Rücktrittshorizont“ erkannt, dass er die Tat des- halb nicht mehr so wie vorgestellt vollenden konnte (UA 54).
9
b) Diese Begründung trägt die Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs nicht.
10
aa) Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung allenfalls Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann, sondern dessen Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 4 StR 560/14, Rn. 6; Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 240; Beschluss vom 2. November 2007 – 2 StR 336/07, NStZ 2008, 393). Ein Fehlschlag liegt nicht bereits darin, dass der Täter die Vorstellung hat, er müsse von seinem Tatplan abweichen, um den Erfolg herbeizuführen. Hält er die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsfortgang noch für möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, so ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (BGH, Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11, NStZ-RR 2012, 239, 240; Beschluss vom 26. September 2006 – 4 StR 347/06, NStZ 2007, 91). Fehlgeschlagen ist der Versuch erst, wenn der Täter erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, sodass sich das Geschehen aus der Perspektive eines Dritten nicht mehr als ein einheitlicher Lebenssachverhalt darstellen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 232; Urteil vom 8. Februar 2007 – 3 StR 470/06, NStZ 2007, 399; Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 369).
11
bb) Zu der Vorstellung des Angeklagten nach dem Misslingen des zunächst ins Auge gefassten Tatablaufs – nach dem Anprall an den Baum und dem Totalschaden des Fahrzeugs – enthält das Urteil keine konkreten Feststellungen. Soweit das Landgericht in der rechtlichen Würdigung anführt, dem An- geklagten sei aufgrund seiner „ausgeprägten adipösen Statur“ bewusst gewe- sen, dass er keine Chance gehabt hätte, den Unbekannten mit anderen Mitteln (als dem Einsatz des Fahrzeugs) einzuholen und aufzuhalten, lässt sich dies nicht mit der Feststellung in Einklang bringen, dass er nach dem Anprall sofort dem Geschädigten zu Fuß nachsetzte und es ihm tatsächlich gelang, das Marihuana gewaltsam wieder an sich zu bringen. Dabei kann der Beweiswürdigung (Auswertung der Videoaufzeichnungen) entnommen werden, dass zwischen dem Aufspringen des Geschädigten nach dem Anprall des Pkw (19:30:04 Uhr Systemzeit) und dem Wiedererscheinen des Angeklagten mit dem (wiedererlangten ) Marihuana (19:32:16 Uhr Systemzeit) nur etwas mehr als zwei Minuten lagen (UA 36). Die weitere Erwägung der Strafkammer, der Totalschaden an dem Fahrzeug habe zu einer „Zäsur“ geführt, weil der Angeklagte erkannt habe, dass er die Tat nicht mehr wie vorgestellt vollenden konnte (UA 54), lässt besorgen, dass das Landgericht allein in der Vorstellung des Angeklagten, er müsse zur Erreichung des Erfolgs vom Tatplan abweichen, einen ausreichenden Gesichtspunkt für die Annahme eines Fehlschlags gesehen hat.
12
c) Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung betrifft auch die tateinheitlich erfolgten Verurteilungen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge , schweren Raubes, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Fahrens ohne Fahrerlaubnis (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 – 3 StR 231/11, BGHSt 57, 14, Rn. 25; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 353 Rn. 7a mwN). Sie zieht zudem die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der auf § 69a StGB gestützten Maßregelanordnung nach sich.
13
2. Die an die von der Teilaufhebung im Schuldspruch nicht betroffene Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II. 1 und 2 der Urteilsgründe) anknüpfende Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) kann nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht das Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs mit unzureichenden Erwägungen bejaht hat. Auch die Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht ist nicht rechtsfehlerfrei begründet.
14
a) Die sachverständig beratene Strafkammer hat einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem rechtsfehlerfrei festgestellten Hang (psychische Cannabisabhängigkeit, beginnende Kokainabhängigkeit) und dem „angeklagten Drogengeschäft“ allein damit begründet, dass „eine solche Tat ohne diezuvor geschilderte Suchtentwicklung und ohne Kenntnisse des Drogenmilieus nicht zustande gekommen“ wäre (UA 67). Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein symptomatischer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn der Hang allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGH, Beschluss vom 6. November 2013 – 5 StR 432/13, Rn. 4; Beschluss vom 30. Juli 2013 – 2 StR 174/13, NStZ-RR 2013, 340; Beschluss vom 25. Mai 2011 – 4 StR 27/11, NStZ-RR 2011, 309; Beschluss vom 19. Mai 2009 – 3 StR 191/09, BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 5 mwN). Dabei kann es zwar auch ausreichend sein, dass sich der Täter nur wegen seines übermäßigen Konsums berauschender Substanzen in dem „sozialen Milieu" aufgehalten hat, in dem es zu der Tat kam (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 StR 531/13, NStZ 2014, 107; zum sog. indirekten symptomatischen Zusammenhang Schöch in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 40; SSW-StGB/Kaspar, 2. Aufl., § 64 Rn. 27). Hierzu bedarf es aber konkreter Feststellungen und einer am Fall orientierten Bewertung (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 64 Rn. 13). Dafür reicht die lediglich allgemein gehaltene und nicht durch bestimmte Tatsachen belegte Erwägung des Landgerichts nicht aus.
15
b) Zur Begründung seiner Annahme einer hinreichend konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB) hat das Landgericht lediglich ausgeführt, dass der Angeklagte Krankheits- und Behandlungseinsicht gezeigt und in der Hauptverhandlung eine ausreichende Therapiemotivation zu erkennen gegeben habe (UA 68). Damit wird die Strafkammer den rechtlichen Anforderungen, die an die Bejahung einer konkreten Erfolgsaussicht zu stellen sind, nicht gerecht. Zwar handelt es sich bei den angeführten Gesichtspunkten um prognosegünstige Umstände (vgl. van Gemmeren in MüKoStGB, 2. Aufl., § 64 Rn. 67 mwN). Sie allein vermögen die Annahme einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht aber nicht zu belegen, wenn nach den Feststellungen – wie hier – auch gewichtige prognoseungünstige Faktoren bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315; Beschluss vom 21. Januar 2014 – 2 StR 650/13, Rn. 5 ff.). In einem solchen Fall bedarf es einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen prognoserelevanten Umstände (BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 – 4 StR 27/11, NStZ-RR 2011, 309; Urteil vom 21. Juli 2000 – 1 StR 263/00, NJW 2000, 3015, 3016). Hieran fehlt es. Der vielfach vorbestrafte Angeklagte ist berufslos und hat lediglich „Gelegenheitsjobs“ ausgeübt.Seit seinem 16. Lebensjahr konsumiert er täglich Betäubungsmittel. Von dem Sachverständigen wird er als unreife und unselbstständige Persönlichkeit mit dependenten Zügen und dissozial krimineller Prägung beschrieben. Im Jahr 2012 brach er eine stationäre Drogentherapie nach drei Monaten wegen eines Trauerfalls ab. Eine sich anschließende ambulante Therapie scheiterte. Eine ihm am 1. Dezember 2012 gewährte Rückstellung nach § 35 BtMG musste widerrufen werden. Alle genannten Umstände sind prognoseungünstig (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – 5 StR 37/14, NStZ 2014, 315; Schalast in Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 3, S. 341; van Gemmeren in MüKoStGB, 2. Aufl., § 64 Rn. 65 mwN) und hätten daher der Erörterung bedurft.
16
3. Die weitere Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das in der Vereinbarung des Betäubungsmittelgeschäftes über drei Kilogramm Marihuana zu einem Preis von 18.000 Euro und dem anschließenden Transport des Rauschgiftes zum Übergabeort liegende (bewaffnete) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit dem Besitzverlust des Angeklagten und der in der Flucht des Geschädigten liegenden endgültigen Verweigerung einer Bezahlung beendet war (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 – 2 StR 520/96, NJW 1998, 168, 170).

III.


17
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin:
18
1. Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (BGH, Beschluss vom 9. September 2014 – 4 StR 251/14, NStZ 2015, 278; Beschluss vom 18. Juni 2013 – 4 StR 145/13, Rn. 7; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 5, 17). Hierzu sind konkrete Feststellungen erforderlich, aus denen sich ergibt, dass durch die Tathandlung ein so hohes Verletzungsoder Schädigungsrisiko begründet worden ist, dass es nur noch vom Zufall abhängt , ob es zu einer Rechtsgutsverletzung kommt (BGH, Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 340/11, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Gefährdung 6; Urteil vom 30. März 1995 – 4 StR 725/94, NJW 1995, 3131; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 16). Die Gefährdung des dem Täter nicht gehörenden, aber als Tatwerkzeug benutzten Fahrzeugs genügt dazu nicht (BGH, Urteil vom 16. Januar 1992 – 4 StR 509/91, NStZ 1992, 233, 234). Der neue Tatrichter wird diese Grundsätze – näher als bisher geschehen – in den Blick zu nehmen haben.
19
2. Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel, wie das in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG gelistete Marihuana, können nach ständiger Rechtsprechung fremde bewegliche Sachen und damit Tatobjekt eines Raubes oderDiebstahls sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2015 – 4 StR 538/14, StraFo 2015, 216 [schwerer Raub von Marihuana]; Urteil vom 29. Oktober 2009 – 4 StR 239/09, NStZ 2010, 222, 223 [Diebstahl von Haschisch]; Urteil vom 4. September 2008 – 1 StR 383/08, NStZ-RR 2009, 22, 23 [Diebstahl von Marihuana]; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72 [Raub von Heroin]; Urteil vom 20. Januar 1982 – 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 360 [Diebstahl von Haschisch]; Beschluss vom 4. Dezember 1981 – 3 StR 408/81, BGHSt 30, 277, 278 [versuchter Diebstahl von Haschisch]; Oglakcioglu, ZJS 2010, 340, 344 f.; Vitt, NStZ 1992, 221; Kotz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1084; SSWStGB /Kudlich, 2. Aufl., § 242 Rn. 16; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 5; a.A. Wolters in Festschrift Samson, 2010, S. 495, 500 ff.; Schmitz in MüKoStGB, 2. Aufl., § 242 Rn. 14; Engel, NStZ 1991, 520; krit. in Bezug auf den Gewahrsamsbegriff Hillenkamp in Festschrift für Achenbach, 2011, S. 189, 205). Sollte der neue Tatrichter (wiederum) zu der Feststellung gelangen, dass der Angeklagte dem Geschädigten das Marihuana gewaltsam abgenommen hat, wäre diese Tat auch dann nicht nach § 859 Abs. 2 BGB (Besitzkehr) gerechtfertigt, wenn – gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes – davon ausgegangen werden müsste, dass ihm der Besitz zuvor von dem Geschädigten durch verbotene Eigenmacht entzogen und der Geschädigte danach von dem Angeklagten „auf frischer Tat verfolgt wurde“. Die Besitzschutzrechte und damit auch die Besitzkehr nach § 859 Abs. 2 BGB sind Ausdruck eines allgemeinen Friedensschutzes, indem sie die auf dem Besitz beruhende vorläufige Güterzuordnung aufrecht erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 – V ZR 389/99, NJW 2001, 1865, 1867; Urteil vom 23. Februar 1979 – V ZR 133/76, NJW 1979, 1359, 1360; Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, 2003, S. 37 f.). Für ihre Anwendung ist aber kein Raum, wenn der konkrete Besitz als solcher bei Strafe verboten ist (zum Besitzschutz bei lediglich fehlerhaftem, nicht strafbewehrtem Besitz vgl. RG, Urteil vom 11. Juni 1926 – I 159/26, RGSt 60, 273, 277 f.) und eine im Anschluss an eine Besitzentziehung geübte Besitzkehr deshalb – wie hier – erneut zu einer strafrechtswidrigen Besitzlage führen würde. Aus dem gleichen Grund kann für den Verlust des Besitzes an Betäubungsmitteln auch kein Schadensersatz durch Wiedereinräumung des Besitzes im Wege einer Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB verlangt werden (BGH, Urteil vom 7. August 2003 – 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322, 326 f.; vgl. Hillenkamp in Festschrift für Achenbach, 2011, S. 189, 205).
20
3. Sollte der neue Tatrichter wiederum die DNA-analytische Untersuchung des Hessischen Landeskriminalamts vom 10. September 2013 als Beweismittel heranziehen, wird er die für derartige Gutachten bestehenden Darstellungsanforderungen zu beachten haben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 1 StR 364/14, NStZ-RR 2015, 87; Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 538/14
vom
12. März 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. März
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der
Verhandlung,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof bei der
Verkündung
als Vertreterinnen des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 22. Juli 2014 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten „wegen gemeinschaftlichen schwe- ren Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.“ Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte P. rügt ferner (unausgeführt) die Verletzung formellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils „in vollem Umfang“. Sie erstrebt mit der Sachrüge eine Verurteilung der Angeklagten wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 StGB; ferner rügt sie die unterbliebene Verurteilung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich als unbegründet. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben weitgehend Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts begaben sich die beiden Angeklagten sowie die gesondert Verfolgten G. , L. und A. in der Nacht zum 29. September 2013 zur Wohnung des später geschädigten Zeugen K. . Sie hatten verabredet, „gemeinsam in die Wohnung des Zeugen K. einzudringen, aus dieser Betäubungsmittel und Geld zu entwenden und die Betäubungsmittel später zu konsumieren“. Mit sich führte der Angeklagte M. eine Holzlatte in der Art, wie sie bei dem Transport von Küchenschränken benutzt wird; sie war ca. 60 cm lang, 5 cm breit und 2 cm hoch, eckig und bestand aus Kiefernholz. Diese und weitere mitgeführte „Waffen“ sollten nach dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten auch eingesetzt werden. Der Angeklagte P. trat die geschlossene Tür zur Wohnung des Zeugen K. auf und stürmte mit seinen Begleitern in das Wohnzimmer ; er schlug dem dort sitzenden Wohnungsinhaber mit der Faust ins Gesicht und mindestens dreimal auf den Oberkörper. Währenddessen schlug der Angeklagte M. den in der Wohnung befindlichen weiteren Geschädigten Sch. mit der von ihm mitgeführten Holzlatte gegen dessen rechtes Bein; er traf diesen unterhalb des Knies, sodass der Zeuge dort eine ca. 2 cm lange Platzwunde erlitt. Anschließend schlug der Angeklagte P. auchdem Zeugen Sch. mit der Faust ins Gesicht. Dies geschah, um möglichen Widerstand im Keim zu ersticken und so die Durchsuchung der Wohnung und die Mitnahme von Betäubungsmitteln und Geld zu ermöglichen. Der Angeklagte M. fand eine Plastikdose, in der sich ca. 6 g Marihuana befanden; er nahm „entsprechend dem Tatplan die Plastikdose mit dem Marihuana mit, um das Marihuana zusammen mit den anderen Tatbeteiligten zu konsumieren.“ Geld erbeuteten die Täter nicht. Anschließend fuhren sie zurück in die Wohnung der gesondert Verfolgten G. . Dort gaben sie dem gesondert Verfolgten A. einen Teil des Marihuanas mit. Den Rest konsumierten die Angeklagten sowie die gesondert Verfolgten G. und L. gemeinsam.

II.


3
Revisionen der Angeklagten
4
Die Rechtsmittel der Angeklagten sind unbegründet. Ihre Verurteilung weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu ihrem Nachteil auf. Das gilt auch, soweit das Landgericht den Angeklagten P. des schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB schuldig gesprochen hat. Zwar begegnet die Begründung, mit der es die tatbestandsmäßige Zueignungsabsicht bei diesem Angeklagten angenommen hat, rechtlichen Bedenken. Nach Auffassung der Strafkammer sei es dem Angeklagten P. darauf angekommen , „das gefundene Marihuana mitzunehmen und durch Konsum zu vernichten“ ; auch wenn er im Zeitpunkt der Wegnahme allein die Absicht gehabt habe, das Marihuana zu vernichten, schließe das eine Zueignungsabsicht nicht aus.
5
Täter – auch Mittäter – beim Raub kann freilich nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsaminhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten „einverleiben“ oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urteil vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812). An der Voraussetzung, dass der Wille des Täters auf eine Änderung des Bestands seines Vermögens oder das des Dritten gerichtet sein muss, fehlt es in Fällen, in denen er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“ , „beiseitezuschaffen“ oder „zu beschädigen“ (BGH, Urteile vom 10. Mai 1977 – 1 StR 167/77, NJW 1977, 1460, und vom 26. September 1984, aaO). Der etwa auf Hass- oder Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist zur Begründung der Zueignungsabsicht ebenso wenig geeignet wie der Wille, den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – 4 StR 164/10). In solchen Fällen genügt es auch nicht, dass der Täter – was grundsätzlich ausreichen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 – 2 StR 224/80, NStZ 1981, 63) – für eine kurze Zeit den Besitz an der Sache erlangt (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701).
6
So liegt es hier indes nicht: Ungeachtet der missverständlichen Formulierung in der rechtlichen Würdigung hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten und die gesondert Verfolgten sich entschlossen hatten, die Betäubungsmittel des Zeugen K. zu entwenden und diese später zu konsumieren. In Ausführung ihres Tatplans nahm der Angeklagte M. die mit Marihuana befüllte Dose mit; die Angeklagten und ihre Mittäter haben somit ihren im Vorhinein gefassten Zueignungswillen – insoweit ohne jede Änderung – umgesetzt und das erbeutete Marihuana im unmittelbaren Anschluss an die Tat konsumiert. Damit tragen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen im Ergebnis die Annahme der Zueignungsabsicht auch beim Angeklagten P. (vgl. zum Aufrauchen entwendeter Tabakwaren LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 157).

III.


7
Revisionen der Staatsanwaltschaft
8
Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben weitgehend Erfolg. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist mehrere Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf.
9
1. a) Allerdings hat das Landgericht die vom Angeklagten M. verabredungsgemäß mitgeführte und eingesetzte Holzlatte – wie auch die Revision des Angeklagten P. nicht in Abrede nimmt – mit Recht als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 StGB eingeordnet. Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999, NStZ-RR 2000, 43; Urteil vom 27. September 2001 – 4 StR 245/01, NStZ 2002, 86). Das ist nicht nur dann der Fall, wenn der Täter ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt, sondern auch, wenn sich die objektive Gefährlichkeit des eingesetzten Gegenstandes erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, welche geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Die Gefährlichkeit des Tatmittels kann sich gerade daraus er- geben, dass ein Gegenstand bestimmungswidrig gebraucht wird (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10, StV 2011, 366; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 – 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355 [abgesägter Besenstiel]; Urteile vom 21. Januar 2004 – 1 StR 364/03 [zum Fesseln benutzte Paketschnur ], vom 13. Januar 2006 – 2 StR 463/05 [„festes Schlauchstück“] und vom 5. August 2010 – 3 StR 190/10, NStZ 2011, 211, 212 [60 Zentimeter langes, stabiles Kunststoffband]; Beschluss vom 13. November 2012 – 3 StR 400/12 [Staubsaugerrohr]).
10
Unabhängig davon, dass eine Platzwunde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als eine solche nicht unerhebliche Verletzung angesehen worden ist (BGH, Urteil vom 23. Mai 2001 – 3 StR 62/01, StV 2002, 80), ist für die Tatbestandserfüllung maßgebend nicht (allein) die eingetretene Verletzungsfolge , sondern die potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 232/01, StV 2002, 21). Die vom Angeklagten M. – dem gemeinsamen Tatplan folgend – als Schlagwerkzeug eingesetzte Holzlatte war insbesondere angesichts der für den Transport von Küchenmöbeln erforderlichen Stabilität, ihrer Beschaffenheit sowie ihrer Länge und der damit verbundenen Hebelwirkung ohne weiteres geeignet , erhebliche Körperverletzungen zuzufügen. Der eine Platzwunde verursachende Schlag war auf die Knieregion des Geschädigten gerichtet; dass es bei derartigen Schlägen zu erheblichen Verletzungen kommen kann, liegt auf der Hand. In dem dynamischen Geschehen, in dem M. die Holzlatte einsetzte , lag es zudem nahe, dass auch andere, möglicherweise empfindlichere Körperteile getroffen werden konnten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt noch BGH, Urteil vom 13. Januar 2006 – 2 StR 463/05; MüKo-StGB/Hardtung, 2. Aufl., § 224 Rn. 24).
11
b) Daraus ergibt sich zugleich, dass die Angeklagten die Qualifikation in § 250 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 StGB erfüllt haben. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass der Begriff des gefährlichen Werkzeugs in § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB und in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB identisch auszulegen ist (BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 1998 – 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103, 105, vom 3. April 2002 – 1 ARs 5/02, NStZ-RR 2002, 265, 266, vom 3. November 2012 – 3 StR 400/12 und vom 12. Dezember 2012 – 5 StR 574/12, StV 2013, 444; vgl. auch Deutscher Bundestag, 13. Wp., Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/9064 S. 18). Das Landgericht hätte die Angeklagten daher jeweils wegen besonders schweren Raubes verurteilen müssen.
12
2. Des Weiteren hat das Landgericht ersichtlich übersehen, dass die Angeklagten sich auch nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG wegen Sich-Verschaffens von Betäubungsmitteln strafbar gemacht haben (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1239 mwN).
13
3. Schließlich hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht, dass die Angeklagten die weitere Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung in § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllt haben; dies betrifft allerdings nur den Schuldumfang.

IV.


14
Das Urteil war danach aufzuheben. Eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat kam nicht in Betracht (§ 265 StPO). Einer Aufhebung der Feststellungen bedurfte es nicht, da diese von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 383/08
vom
4. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. September
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung und bei der Verkündung -
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
Rechtsanwalt
- bei der Verkündung -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16. November 2007 mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben ,
a) soweit der Angeklagte wegen der Tat II. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im Gesamtstrafenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen. II. Die Revision des Angeklagten wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II. 1. der Urteilsgründe = angeklagte Tat 1, zwei Jahre Freiheitsstrafe) sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Diebstahl (Tat II. 2. der Urteilsgründe = angeklagte Tat 10, drei Jahre Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und 800 € als Wertersatz für verfallen erklärt. Von dem Vorwurf, in weiteren fünf Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt gewerbsmäßig Handel getrieben (angeklagte Taten 2 bis 6) und in drei Fällen Beihilfe zur bandenmäßigen unerlaubten Einfuhr von und zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geleistet (angeklagte Taten 7 bis 9) zu haben, hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen (1.).
2
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge dagegen, dass das Landgericht bei der Tat II. 1. der Urteilsgründe einen zu geringen Schuldumfang angenommen und den Angeklagten von den ihm zur Last gelegten Taten 2 bis 6 freigesprochen hat. Das Rechtsmittel hat lediglich hinsichtlich der Tat II. 1. Erfolg (2.). Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten zeigt keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf (3.).
3
1. a) Nach den Feststellungen zur Tat II. 1. war der gesondert verfolgte S. der Kopf einer Gruppierung, die regelmäßig mindestens 25 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland einführte, um es hier gewinnbringend zu verkaufen. An diesen vermittelte der Angeklagte Anfang Januar 2004 den ebenfalls gesondert verfolgten, ihm 2.300 € schuldenden, jedoch arbeitslosen und finanziell schlecht gestellten N. als Kurierfahrer, um einerseits diesem eine Verdienstmöglichkeit zu verschaffen und andererseits S. s Drogengeschäfte zu fördern. Er ging dabei davon aus, dass N. mehrere, zahlenmäßig nicht feststehende Kurierfahrten durchführen werde. Tatsächlich kam es im Zeitraum vom 10. Februar bis 26. März 2004 zu vier Beschaffungsfahrten, für die N. pro Fahrt 1.000 € als Kurierlohn erhielt und von denen er jeweils 200 € an den di es verlangenden Angeklagten für die erfolgte Vermittlung weitergab.
4
b) Zur Tat II. 2. hat das Landgericht festgestellt, dass S. im Frühjahr 2004 einer Darlehensforderung des Angeklagten nicht zu dessen Zufriedenheit entsprach. Der Angeklagte entwickelte deshalb den Plan, eine von N. transportierte Marihuanalieferung an sich zu bringen und auf eigene Rechnung binnen zwei Wochen zu verkaufen. Plangemäß kam es zu folgendem Tatgeschehen :
5
Am 26. März 2004 transportierte N. , der sich mit dem Plan einverstanden erklärt hatte, mit einem Audi A 6 in drei Taschen insgesamt 25 kg Marihuana (Wirkstoffgehalt 5 % Tetrahydrocannabinol), die S. im Kofferraum verstaut hatte, von Maastricht nach Stuttgart-Bad Cannstatt. Dieses schon zuvor von S. s Gruppierung für Betäubungsmitteltransporte genutzte Fahrzeug war zunächst auf den bislang eingesetzten Kurierfahrer zugelassen gewesen , nun aber auf N. umgeschrieben worden, um bei etwaigen Kontrollen nicht aufzufallen. Für eine notwendige Reparatur war S. aufgekommen. Auf der gesamten Strecke fuhr N. ein von S. gelenktes, mit einem wei- teren Angehörigen der Gruppierung besetztes Fahrzeug voraus, aus dem heraus er per Mobilfunktelefon vor Polizeikontrollen gewarnt werden sollte. Am Ziel stellte N. sein Auto auf einem mit S. verabredeten Parkplatz ab, dort allerdings nicht an der üblichen, gut ausgeleuchteten Stelle, sondern hiervon ein Stück entfernt im Dunkeln. Sodann ließ er sich mit dem Begleitfahrzeug nach Hause fahren. Während dessen brachen vom Angeklagten hiermit beauftragte Rumänen das Fahrzeug auf, nahmen die Taschen mit dem Marihuana an sich und übergaben sie an eine ebenfalls rumänische Bekannte des Angeklagten zur Weiterleitung an zwei von diesem eingeschaltete Männer. Je die Hälfte des Verkaufserlöses sollten zum einen der Angeklagte und N. , zum anderen die rumänischen Beteiligten erhalten.
6
2. a) Die Staatsanwaltschaft hat zwar sowohl bei der Einlegung der Revision als auch mit der Revisionsbegründungsschrift einschränkungslos beantragt , das angefochtene Urteil aufzuheben. Sie hat aber zur Begründung ihres Rechtsmittels ausgeführt, sie erhebe die Sachrüge „bezüglich der Anklagepunkte Ziffer 1 bis 6“ (= Tat II. 1. der Urteilsgründe sowie angeklagte Taten 2 bis 6), und auch nur in diesem Rahmen nähere materiell-rechtliche Erwägungen vorgebracht. Soweit der Angeklagte von drei weiteren Tatvorwürfen freigesprochen worden sei, handele es sich um die „von der Revisionseinlegung nicht betroffenen Anklagepunkte Ziffer 7 bis 9“. Auch wenn im Unterschied hierzu die Tat II. 2. von der Anfechtung nicht ausdrücklich ausgenommen worden ist, versteht der Senat ebenso wie der Generalbundesanwalt das gesamte Revisionsvorbringen so (vgl. BGH NStZ 1998, 210), dass das staatsanwaltschaftliche Rechtsmittel insofern weder den Schuld- noch den Strafausspruch angreifen will. In diesem Zusammenhang bemerkt der Senat, dass - zumal bei einer Revision der Staatsanwaltschaft - die Revisionsanträge nicht nur klar und widerspruchsfrei , sondern auch ohne weiteres deckungsgleich mit den Ausführungen zur Revisionsbegründung sein sollten. Das Revisionsverfahren wird nicht unerheblich erleichtert, wenn der Umfang der Anfechtung, also das Ziel des Rechtsmittels, nicht erst durch eine (nicht am Wortlaut haftende) Erforschung des Sinns des Vorbringens und seines gedanklichen Zusammenhangs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ermittelt zu werden braucht (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 118).
7
b) Im dargelegten Rahmen wendet sich die Revision primär gegen die landgerichtliche Würdigung der Beweise. Sie ist lediglich hinsichtlich der Tat II. 1. erfolgreich, bei der sie die Bewertung des Schuldumfanges zu Recht als unzureichend ansieht.
8
aa) Bei der Zumessung der Strafe für die Tat II. 1. hat das Landgericht zwar ausgeführt, dass sich der Angeklagte bei der Vermittlung N. s bewusst war, dieser würde nicht nur eine, sondern mehrere Fahrten durchführen. „Nachdem aber nicht geklärt werden konnte, von welcher Anzahl Fahrten der Angeklagte ausgegangen ist, hat die Kammer zugunsten des Angeklagten unterstellt , dass sein Gehilfenvorsatz sich auf jedenfalls zwei Kurierfahrten mit jeweils 25 kg Marihuana erstreckt“ hat. Für die Berechnung der Überschreitung des Grenzwertes zur nicht geringen Betäubungsmittelmenge ist sie daher von insgesamt 50 kg Marihuana ausgegangen.
9
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn der vom Landgericht angewendete Zweifelssatz setzt eine vorherige umfassende Würdigung der relevanten Indizien voraus (vgl. BGH NStZ 2001, 609; BGH, Urt. vom 22. Mai 2007 - 1 StR 582/06). Eine solche Gesamtbetrachtung lässt sich den schriftlichen Urteilsgründen nicht entnehmen. In diese hätte insbesondere einbezogen werden müssen, dass der Angeklagte nach den Feststellungen mit der Vermitt- lung N. s bezweckte, diesem mit dem Ziel der Tilgung der Schulden in Höhe von 2.300 € eine Einnahmequelle zu verschaffen, und sich dementsprechend für alle vier Betäubungsmitteltransporte jeweils 200 € „Provision“ auszahlen ließ. Mit Blick darauf hätte - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - zudem erwogen werden müssen, ob und ggf. inwieweit der Angeklagte bezüglich weiterer Betäubungsmitteleinfuhren mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Hierzu hätte sich das Landgericht schon deshalb veranlasst sehen müssen, da es festgestellt hat, der Angeklagte sei von mehreren, letztlich aber zahlenmäßig nicht feststehenden Kurierfahrten ausgegangen. Im Übrigen verlangt der Zweifelssatz nicht, von einer dem Angeklagten jeweils (denkbar) günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Unterstellungen zugunsten eines Angeklagten sind vielmehr nur dann rechtsfehlerfrei, wenn der Tatrichter hierfür reale Anknüpfungspunkte hat (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 166, 168; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18).
10
bb) Hingegen ist die den Freisprüchen von den angeklagten Taten 2 bis 6 zugrunde liegende Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatgericht. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Dies gilt selbst dann, wenn eine vom Tatgericht getroffene Feststellung „lebensfremd“ erscheinen mag. Kann dieses vorhandene Zweifel nicht überwinden, so kann das Revisionsgericht eine solche Entscheidung nur im Hinblick auf Rechtsfehler überprüfen (vgl. BGH, Urt. vom 20. Juni 2007 - 2 StR 161/07). In diesem Sinne fehlerhaft ist eine Be- weiswürdigung etwa dann, wenn sie schon von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt sind (vgl. BGH NStZ 1984, 180).
11
Hieran gemessen deckt die Revision keinen durchgreifenden Fehler auf. Das Landgericht hat die zu den angeklagten Taten 2 bis 6 erzielten Beweisergebnisse umfassend gewürdigt und dabei keine wesentlichen Gesichtspunkte unbeachtet gelassen. Es hat insbesondere die Angaben des Zeugen M. , der als „Finanzverwalter“ S. s fungierte, vertretbar bewertet und dabei rechtlich unangreifbar dessen Einschätzung berücksichtigt, dass die von ihm geführten Listen auch ihre Grundlage in legalen Geschäften gehabt haben können. Der Senat teilt nicht die Besorgnis des Generalbundesanwalts, das Landgericht habe hierdurch zugunsten des - diese Vorwürfe pauschal bestreitenden - Angeklagten einen Sachverhalt unterstellt, für dessen Vorliegen nach den festgestellten Umständen nichts sprach. Denn neben der bereits dargelegten Einschätzung des Zeugen M. hat die Beweisaufnahme Anhaltspunkte für Darlehensgeschäfte ergeben, in die neben dem Angeklagten auch S. involviert gewesen sein kann. Im Übrigen hat das Landgericht die sonstigen Beweisergebnisse beanstandungsfrei in die Gesamtwürdigung eingestellt, wonach bei einer Durchsuchung von Wohnung und Auto des Angeklagten nichts gefunden worden ist, was auf ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln hingedeutet hätte, und Finanzermittlungen ebenfalls keine diesbezüglichen Hinweise erbracht haben. Soweit die Staatsanwaltschaft diese und andere Indizien herausgreift und sich gegen deren (entlastenden) Beweiswert wendet, handelt es sich um den im Revisionsverfahren unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen. Bei der Bewertung der Indizien hat das Landgericht schließlich auch keine tatsächlich nicht existenten Erfahrungssätze herangezogen. Insgesamt ist es danach rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Überzeugung von der Begehung der fünf angeklagten Taten 2 bis 6 durch den Angeklagten nicht hat gewinnen können.
12
c) aa) Die unvollständige Beweiswürdigung bezüglich der Tat II. 1. führt insoweit zur Aufhebung des Schuldspruchs, da sich den Feststellungen nicht entnehmen lässt, auf welche der vier Beschaffungsfahrten sich der Gehilfenvorsatz des Angeklagten bezogen hat. Dies zieht die Aufhebung der Einzelstrafe von zwei Jahren, der Anordnung des Verfalls des Wertersatzes sowie der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Hingegen können die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen - namentlich zu Anzahl und Umfang der Beschaffungsfahrten - aufrechterhalten bleiben, da sie keinen Rechtsfehler aufweisen. Sie können in der neuen Verhandlung ergänzt werden.
13
bb) Auch die Strafe für die rechtsfehlerfrei beurteilte Tat II. 2. hat Bestand. Der Senat kann angesichts der vom Landgericht angestellten Zumessungserwägungen und der daraus resultierenden Verhängung einer dreijährigen Freiheitsstrafe bei einer gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe von einem Monat (§ 31 BtMG) ausschließen, dass sie von dem (möglicherweise) zu gering angenommenen Schuldumfang der Tat II. 1. beeinflusst worden ist.
14
3. Die Revision des Angeklagten zeigt keinen materiell-rechtlichen Mangel zu seinem Nachteil auf. Sie meint allerdings, durch die Feststellungen zur Tat II. 2. würde die tateinheitlich zum Betäubungsmitteldelikt erfolgte Verurteilung wegen Diebstahls nicht getragen. Denn es fehle am erforderlichen Bruch fremden Gewahrsams, da zum Zeitpunkt des Aufbrechens des Fahrzeugs des- sen Fahrer N. alleiniger Gewahrsamsinhaber gewesen sei. Dies trifft jedoch im Ergebnis nicht zu.
15
Für die Frage, wer den Gewahrsam an einer Sache innehat, kommt es nach ständiger Rechtsprechung entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens an. Der Gewahrsamsbegriff wird wesentlich durch die Verkehrsauffassung bestimmt. Deshalb hängt das Bestehen tatsächlicher Sachherrschaft nicht in erster Linie, jedenfalls nicht allein von der körperlichen Nähe zur Sache und nicht von der physischen Kraft ab, mit der die Beziehung zur Sache aufrechterhalten wird oder aufrechterhalten werden kann (vgl. BGHSt 16, 271, 273).
16
Danach durfte das Landgericht bei seiner rechtlichen Würdigung zu dem Ergebnis gelangen, das dem Angeklagten mittäterschaftlich zuzurechnende Verhalten der das Fahrzeug aufbrechenden Rumänen erfülle den Diebstahlstatbestand. Denn insofern kam es auf die von der Revision ausführlich diskutierten Herrschaftsverhältnisse während der Fahrt aus den Niederlanden nach Stuttgart-Bad Cannstatt nicht an. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung war vielmehr, wer bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Rumänen die drei mit Marihuana gefüllten Taschen an sich brachten, den Gewahrsam am Fahrzeug nebst Inhalt hatte. Dies war - wenigstens in der Form des übergeordneten Mitgewahrsams - S. als Kopf der Bande und nicht der von ihm beauftragte, nicht zur Bande gehörende Kurier, zumal einerseits der von diesem vorzunehmende Transport beendet und andererseits S. am von ihm vorgegebenen Abstellort zunächst anwesend war, also trotz des Parkens des Schmuggelfahrzeugs an einer weniger hell erleuchteten Stelle unmittelbar auf das Auto und die darin befindlichen Taschen, die er nach den Feststellungen selbst eingeladen hatte, hätte zugreifen können. Auch der Umstand, dass deren Abhandenkommen nur kurze Zeit, nachdem N. mit dem Begleitfahrzeug nach Hause gefahren worden war, entdeckt wurde, spricht dafür. Hiergegen fiel der Umstand, dass sich die Betäubungsmittel in einem auf N. zugelassenen Auto befanden, nicht ins Gewicht, zumal es sich dabei um das von S. s Gruppierung seit langem genutzte Bandenfahrzeug handelte. Nach allem ist das Landgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise innerhalb des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums geblieben.
17
4. Mit der Teilaufhebung des Urteils hat sich die vom Angeklagten eingelegte Kostenbeschwerde erledigt (vgl. BGHSt 25, 77, 79; 26, 250, 253; BGH, Beschl. vom 10. Dezember 2002 - 4 StR 451/02). Nack Wahl Hebenstreit Elf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 295/05
vom
20. September 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 20. September 2005
einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 11. April 2005 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" schweren Raubes zu Freiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen richten sich ihre auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel bleiben erfolglos. Nach den Feststellungen des Landgerichts nahmen die drogenabhängigen Angeklagten der Geschädigten, die ebenfalls Heroinkonsumentin war, unter Einsatz eines Messers ca. 4 bis 6 g Heroin weg. Die Überprüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Insbesondere hält die rechtliche Bewertung des Tatgeschehens als schwerer Raub der Nachprüfung stand. Anlass zu näherer Erörterung gibt lediglich die Beanstandung der Revision des Angeklagten P. , eine Verurteilung wegen eines Eigentumsdelikts sei nicht möglich, weil es sich bei dem weggenommenen Betäubungsmittel
nicht um eine fremde Sache handele. Diese Rüge ist nicht begründet; die weggenommenen Drogen waren für die Angeklagten fremd. Der Bundesgerichtshof hat auch illegal besessene Drogen in seiner bisherigen Rechtsprechung ohne nähere Begründung als taugliche Objekte für Eigentumsdelikte wie Diebstahl nach § 242 StGB oder Raub nach § 249 StGB angesehen (vgl. BGH NJW 1982, 708; 1982, 1337 f.). Eine Überprüfung unter Berücksichtigung der hiergegen erhobenen Einwände gibt keinen Anlass zu einer Än derung dieser Auffassung. Fremd ist eine Sache wenn sie verkehrsfähig ist, das heißt überhaupt in jemandes Eigentum stehen kann, nicht herrenlos ist und nicht im Alleineigentum des Täters steht (vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 242 Rdn. 6 ff.). Nach dem festgestellten Sachverhalt war das weggenommene Heroin weder derelinquiert noch im Eigentum der Täter. Es handelte sich aber auch um eine verkehrsfähige Sache, die im Eigentum eines anderen stand:
1. Als verkehrsunfähig werden allgemein Sachen angesehen, die nach ihrer Beschaffenheit nicht im Eigentum eines anderen stehen können, etwa die Luft in der Atmosphäre, frei fließendes Wasser u. ä. (vgl. Ruß aaO Rdn. 8); dies trifft für Betäubungsmittel ersichtlich nicht zu.
2. Das Merkmal der Verkehrsfähigkeit illegaler Drogen wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Eigentum an ihnen nach den Verbotsvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes in Verbindung mit § 134 BGB nicht rechtsgeschäftlich übertragen werden kann.

a) Eine Mindermeinung vertritt demgegenüber die Auffassung, dass zwar ein ursprüngliches - etwa durch Produktion - erlangtes Eigentum trotz der
Nichtigkeit etwaiger Übertragungsakte formal fortbestehe, aber nicht mehr feststellbar und vom Vorsatz eines Täters nicht umfasst sei (so Engel, NStZ 1991, 520 ff.), bzw. auf eine "leere Begriffshülse" reduziert sei und deshalb kein Grund für einen strafrechtlichen Schutz bestehe (so Schmitz in MüKo § 242 Rdn. 14).

b) Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung nicht (vgl. Ruß aaO Rdn. 8; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 242 Rdn. 19; Kindhäuser in Nomos Kommentar zum StGB § 242 Rdn. 21; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 242 Rdn. 9; Maurach/Schroeder/Maiwald § 32 Rdn. 25; Mitsch BT II/1 § 1 Rdn. 34; Wessels/Hillenkamp Rdn. 62; Marcelli NStZ 1992, 220; Vitt, NStZ 1992, 221).
aa) Soweit Engel (aaO) illegal besessene Drogen für "eigentumsunfähig" hält, übersieht er, dass die Vorschriften des BtMG in Verbindung mit § 134 BGB wohl die rechtsgeschäftliche Begründung neuen Eigentums hindern, aber ohne Auswirkung auf bestehende Eigentumsverhältnisse sind. So verliert der Produzent von Marihuana das Eigentum nicht allein dadurch, dass der Anbau und der Besitz von Betäubungsmitteln ohne Erlaubnis verboten sind. Im Übrigen haben Marcelli und Vitt (aaO) im Einzelnen nachgewiesen, dass Konstellationen möglich sind, in denen Eigentum an illegalen Drogen auch auf nicht rechtsgeschäftliche Weise erlangt werden kann, die nicht von § 134 BGB erfasst ist, was insbesondere für die Produktion und Bearbeitung gilt. Zudem haben sie zu Recht darauf hingewiesen, dass illegale Drogen ganz überwiegend aus dem Ausland kommen und somit ein etwaiger Eigentumserwerb nach den möglicherweise nach Land und Drogenart unterschiedlichen ausländischen Rechtsordnungen beurteilt werden müsste.

Im Übrigen vermengt Engel (aa0) Fragen der dogmatischen Einordnung in unzulässiger Weise mit Fragen der Beweisbarkeit von objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen. Für die Verurteilung wegen eines Eigentumsdeliktes genügt jedoch die Feststellung, dass fremdes Eigentum verletzt ist; nicht notwendig ist die Ermittlung der Person des Eigentümers. Dementsprechend ist es auch belanglos, welche Vorstellungen der Täter über die Person des Eigentümers hat; es genügt, dass er weiß, dass die Drogen nicht in seinem Alleineigentum stehen und nicht herrenlos sind.
bb) Demgegenüber räumt Schmitz (aaO) zwar ein, dass auch an illegalen Drogen Eigentum bestehen könne. Er stellt jedoch darauf ab, dass der Eigentümer - etwa nach einem Verkauf - nicht mehr betroffen ist. Selbst wenn die Sache bei ihm gestohlen werden würde, wäre er in seinen Rechten aus § 903 BGB nicht beeinträchtigt, da ihm diese im Hinblick auf die Verbotsvorschriften des BtMG nicht zustehen (Schmitz aaO). Dabei bleibt unberücksichtigt, dass die Strafvorschriften zum Schutz des Eigentums nach § 242, § 259 StGB für den Begriff der fremden Sache allein auf die formale Eigentumsposition, nicht aber auf die tatsächliche oder rechtliche Verfügbarkeit abstellen. Auch ein Eigentümer , der infolge Beschlagnahme, Insolvenz, Verpfändung o. ä. über sein Eigentum nicht mehr verfügen kann, wird durch diese Bestimmungen uneingeschränkt geschützt (vgl. Ruß, aaO Rdn. 7). Im Übrigen trifft es nicht zu, dass die Rechte eines Eigentümers aus § 903 BGB durch die Vorschriften des BtMG völlig beseitigt werden. Zu diesen zählt das - durch diese Vorschriften unberührte - Recht auf Eigentumsaufgabe und Vernichtung (vgl. Palandt, BGB 62. Aufl. § 903 Rdn. 5). Auch der Verbrauch selbst wird durch das BtMG nicht verboten , strafbar wäre insoweit nur der diesem vorausgehende Besitz.

Diese Auffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtslage bei einer Entziehung illegaler Drogen durch eine räuberische Erpressung. Hätten die Angeklagten bei dem Überfall die Filmdose nicht selbst weggenommen, sondern sich von der durch ein Messer bedrohten Geschädigten herausgeben lassen , wäre deren Vermögen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Nachteil zugefügt worden, was die Annahme eines Verbrechens der schweren räuberischen Erpressung gerechtfertigt hätte (BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3 m. w. N.).

c) Soweit Engel (aaO) darauf abstellt, ein Strafbedürfnis wegen der Verletzung fremden Eigentums entfalle schon deswegen, weil die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes eine ausreichende Ahndung ermöglichten, ist diese Argumentation bereits für sich dogmatisch fragwürdig und übersieht zudem , dass damit der Täter eines Drogendiebstahls oder gar eines Drogenraubes mit einem Käufer, der sich seinen Bedarf aus eigenen Geldmitteln kauft, auf eine Stufe gestellt wird, obgleich der Schuldgehalt nicht vergleichbar ist. Besonders augenfällig wird dies im hier zu entscheidenden Fall, in dem - ohne Berücksichtigung einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB - der Strafdrohung wegen schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 StGB mit einem Strafrahmen von fünf bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe nur eine Strafdrohung nach § 29 Abs. 1 BtMG von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gegen-überstehen würde.
Winkler Miebach von Lienen Becker Hubert

Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja __________________

StGB § 242 Abs. 1, § 259 Abs. 1
Illegal erworbene Drogen können tauglicher Gegenstand eines Eigentumsdeliktes sein.
BGH, Beschl. vom 20. September 2005 - 3 StR 295/05 - LG Flensburg

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 266/07
vom
17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Februar 2007 dahin geändert , dass der Angeklagte wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und fünf Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten und einer Woche und wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen falscher Verdächtigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil durch Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 4 StR 484/06 - im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen mit den Feststellungen aufgehoben und die weiter gehende Revision verworfen.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Gesamtstrafenbildung, die das Landgericht nach Zurückverweisung der Sache vorzunehmen hatte, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht in die Gesamtstrafe, die es aus den rechtskräftigen Einzelstrafen von neun Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags, von drei Jahren wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und von sechs Monaten wegen falscher Verdächtigung zu bilden hatte, auch die durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen einbezogen hat.
4
Der Einbeziehung dieser Geldstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB steht entgegen, dass aus dieser wegen Beleidigung verhängten Geldstrafe und der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 10. März 2005 wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen gemäß § 460 StPO im Beschlusswege nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist, weil die Beleidigung am 20. Februar 2005 begangen wurde, sodass allein der Strafbefehl vom 10. März 2005 eine Zäsur bilden kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193). Nach den Feststellungen wurde dieser Strafbefehl aber am 10. März 2005 von dem zuständigen Richter vor 14.00 Uhr unterzeichnet. Da der Angeklagte den hier abgeurteilten Totschlag am Abend des 10. März 2005 nach 20.00 Uhr, den Verstoß gegen das Waffengesetz am 14. November 2005 und das Vergehen der falschen Verdächtigung am 28. November 2005 begangen hat, ist für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den wegen dieser Taten verhängten Freiheitsstrafen und der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 2. Mai 2005 kein Raum.
5
Die Zäsurwirkung des Strafbefehls vom 10. März 2006 ist auch nicht etwa deshalb entfallen, weil die Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 10. März 2005 nunmehr nach Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 30. November 2006 bis zum 12. Februar 2007 erledigt ist. Da die Erledigung erst nach Erlass des Strafbefehls vom 2. Mai 2005 eingetreten ist, steht sie einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 460 StPO nicht entgegen (vgl. Fischer in KK StPO 5. Aufl. § 460 Rdn. 10; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 460 Rdn. 13, jew. m.w.N.). Ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO ist erst dann ausgeschlossen, wenn sämtliche Strafen, die für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt, verjährt oder erlassen sind (vgl. Fischer aaO; Meyer-Goßner aaO).
6
Die Einbeziehung der Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 muss deshalb entfallen. Der Senat setzt die gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe um einen Monat herab.
7
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible
5 StR 269/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2009

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. März 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Mit Recht weist der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf hin, dass dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2008, mit dem der Angeklagte wegen einer am 16. Mai 2006 begangenen gefährli- chen Körperverletzung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden ist, hinsichtlich der im Tatzeitraum von Mai 2007 bis September 2007 durch den Angeklagten begangenen vier Taten keine Zäsurwirkung zukommt. Denn zwischen den Urteilen des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. Februar 2007 (Geldstrafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Gebrauch eines nicht haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs; Tatzeit: 17. August 2006), des Amtsgerichts Bernau vom 13. März 2007 (zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen Betruges; Tatzeit: 29. November 2006), des Amtsgerichts Tiergarten vom 11. April 2007 (Geldstrafe wegen Erschleichens von Leistungen; Tatzeit: 23. Oktober 2006), des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. April 2007 (Geldstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes; Tatzeit: 19. September 2006) und dem genannten Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2008 besteht eine Gesamtstrafenlage nach § 55 StGB. Deswegen sind die in diesen Urteilen ausgesprochenen Strafen – ungeachtet des Vollstreckungstands der Geldstrafenverurteilungen (BGH NStZ-RR 2007, 369) – durch eine Entscheidung nach § 460 StPO auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen. Liegen aber die neu abzuurteilenden Taten – wie hier – zwischen mehreren nach § 460 StPO auf eine Gesamtstrafe zurückzuführenden Verurteilungen, darf aus den Strafen für die neu abgeurteilten Taten und der Strafe aus der letzten Vorverurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden; denn bereits die erste, mit den neuen Taten nicht gesamtstrafenfähige Vorverurteilung bildet eine Zäsur (BGH aaO). Der Ausspruch über die Gesamtstrafe war daher aufzuheben.
3
2. Der Senat macht nicht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 Buchst. b StPO Gebrauch, sondern verweist die Sache an das Landgericht zurück. Er bemerkt, dass ein Gesamtstrafübel von acht Jahren und neun Monaten angesichts der Vielzahl und des Gewichts der dem Angeklagten durch das Landgericht zugebilligten Milderungsgründe gravierend übersetzt erscheint. Das neu entscheidende Tatgericht wird sich eher an der Einsatzstrafe von drei Jahren neun Monaten Freiheitsstrafe zu orientieren haben.
4
3. Die Feststellungen können bestehen bleiben. Das neu entscheidende Tatgericht ist nicht gehindert, weitere Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
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Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 161/13
vom
26. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. Juni 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 20. Februar 2013 im Gesamtstrafenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt wird; die Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 17. September 2012 entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in sieben Fällen, versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in sechs Fällen und Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und elf Monaten verurteilt. In die Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen hat es eine gegen den Angeklagten am 17. September 2012 durch Strafbefehl des Amtsgerichts Schwarzenbek (3 Cs 761 Js 7614/12) verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übri- gen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Gesamtstrafenausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht in die Gesamtfreiheitsstrafe auch die Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Schwarzenbek einbezogen hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt: "Der Einbeziehung im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB steht entgegen, dass aus der wegen Diebstahls verhängten Geldstrafe des Amtsgerichts Schwarzenbek und der durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 16. Dezember 2011 … wegen versuchten Betrugs verhängten Geldstrafe von 60 Tagessätzen gemäß § 460 StPO im Beschlusswege nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist, weil der Diebstahl am 11. Dezember 2011 begangen wurde, so dass allein das Urteil des Amtsgerichts HamburgHarburg vom 16. Dezember 2011 eine Zäsur bilden kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193). Die Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 16. Dezember 2011 ist auch nicht etwa deshalb entfallen, weil die Vollstreckung der dort verhängten Geldstrafe seit 8. Dezember 2012 infolge Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe erledigt ist (UA S. 7, 8), denn die Erledigung ist erst nach Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 17. September 2012 eingetreten. Damit steht diese Erledigung einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 460 StPO aus den vom Amtsgericht Hamburg-Harburg am 16. Dezember 2011 und vom Amtsgericht Schwarzenbek am 17. September 2012 verhängten Geldstrafen nicht entgegen. Ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO ist erst dann ausgeschlossen, wenn sämtliche Strafen, die für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt, verjährt oder erlassen sind (BGH NStZ-RR 2007, 369 f. m.w.N.)."
3
Dem schließt sich der Senat an. Die Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Schwarzenbek in die hier zu bildende Gesamt- strafe hat deshalb zu entfallen. Gemäß § 354 Abs. 1 StPO setzt der Senat in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts die vom Landgericht ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe herab, soweit die Besorgnis strafschärfender Berücksichtigung der fehlerhaft einbezogenen Strafe reichen könnte (§ 54 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 StGB).
4
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tolksdorf Pfister Schäfer
Mayer Gericke

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 266/07
vom
17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Februar 2007 dahin geändert , dass der Angeklagte wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und fünf Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten und einer Woche und wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen falscher Verdächtigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil durch Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 4 StR 484/06 - im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen mit den Feststellungen aufgehoben und die weiter gehende Revision verworfen.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Gesamtstrafenbildung, die das Landgericht nach Zurückverweisung der Sache vorzunehmen hatte, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht in die Gesamtstrafe, die es aus den rechtskräftigen Einzelstrafen von neun Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags, von drei Jahren wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und von sechs Monaten wegen falscher Verdächtigung zu bilden hatte, auch die durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen einbezogen hat.
4
Der Einbeziehung dieser Geldstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB steht entgegen, dass aus dieser wegen Beleidigung verhängten Geldstrafe und der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 10. März 2005 wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen gemäß § 460 StPO im Beschlusswege nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist, weil die Beleidigung am 20. Februar 2005 begangen wurde, sodass allein der Strafbefehl vom 10. März 2005 eine Zäsur bilden kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193). Nach den Feststellungen wurde dieser Strafbefehl aber am 10. März 2005 von dem zuständigen Richter vor 14.00 Uhr unterzeichnet. Da der Angeklagte den hier abgeurteilten Totschlag am Abend des 10. März 2005 nach 20.00 Uhr, den Verstoß gegen das Waffengesetz am 14. November 2005 und das Vergehen der falschen Verdächtigung am 28. November 2005 begangen hat, ist für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den wegen dieser Taten verhängten Freiheitsstrafen und der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 2. Mai 2005 kein Raum.
5
Die Zäsurwirkung des Strafbefehls vom 10. März 2006 ist auch nicht etwa deshalb entfallen, weil die Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 10. März 2005 nunmehr nach Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 30. November 2006 bis zum 12. Februar 2007 erledigt ist. Da die Erledigung erst nach Erlass des Strafbefehls vom 2. Mai 2005 eingetreten ist, steht sie einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 460 StPO nicht entgegen (vgl. Fischer in KK StPO 5. Aufl. § 460 Rdn. 10; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 460 Rdn. 13, jew. m.w.N.). Ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO ist erst dann ausgeschlossen, wenn sämtliche Strafen, die für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt, verjährt oder erlassen sind (vgl. Fischer aaO; Meyer-Goßner aaO).
6
Die Einbeziehung der Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 muss deshalb entfallen. Der Senat setzt die gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe um einen Monat herab.
7
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.