Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 StR 431/14

bei uns veröffentlicht am16.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR431/14
vom
16. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
16. September 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 9. Oktober 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, freigesprochen. Hiergegen richten sich die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

2
1. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, die am 17. April 1993 geborene Nebenklägerin F. M. , die Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin , im Sommer des Jahres 2002 in der gemeinsam mit der Nebenklägerin, deren jüngerer Halbschwester, ihrer Mutter sowie der Zeugin F. bewohnten Wohnung entkleidet zu haben und mit den Fingern in ihre Scheide eingedrungen zu sein; anschließend sei er mit seinem erigierten Glied in die Scheide der Nebenklägerin eingedrungen und habe Beischlafbewegungen vollzogen. Der Samenerguss sei nach dem Geschlechtsverkehr in ein Papiertaschentuch erfolgt. Bis kurz nach dem 13. Geburtstag der Nebenklägerin im Jahr 2006 hätten sich mindestens 19 weitere vergleichbare Taten ereignet, wobei der Angeklagte im dritten Fall nicht den Vaginal-, sondern den Analverkehr mit der Nebenklägerin ausgeübt habe.
3
2. Das Landgericht hat die Anklagevorwürfe 2 und 4 bis 18 gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt; im Übrigen hat es den die Tat bestreitenden Angeklagten in Anwendung des Zweifelssatzes aus tatsächlichen Gründen freigesprochen , weil es sich nicht von der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin zu überzeugen vermochte.
4
Es hat im Wesentlichen festgestellt, der Angeklagte habe nach dem Geschlechtsverkehr mit der Mutter der Nebenklägerin regelmäßig in ein Papiertaschentuch ejakuliert. Nachdem sich die Mutter der Nebenklägerin im Jahr 2000 einer Unterleibsoperation hatte unterziehen müssen, war es zu keinem Geschlechtsverkehr mehr zwischen ihr und dem Angeklagten gekommen; dieser hatte in der Folgezeit wechselnde Sexualpartnerinnen sowie einen einmaligen sexuellen Kontakt zur Zeugin F. . Am 4. November 2009 trennten sich der Angeklagte und die Mutter der Nebenklägerin aufgrund vorangegangener Auseinandersetzungen. An diesem Tag verließ der Angeklagte die gemeinsame Wohnung und fuhr mit dem Auto in Richtung Mü. . Als die Halbschwester der Nebenklägerin bemerkte, dass diese - anders als sie selbst - wegen der Trennung nicht weinte, machte sie ihr Vorwürfe. Die Nebenklägerin entgegnete, dass diese nicht wisse, was passiert sei und sie den Angeklagten hasse. Ihrer Mutter teilte sie kurz darauf mit, dass sie "keine Jungfrau mehr sei" und "dies der Angeklagte gewesen sei". Der Angeklagte, von der Mutter der Nebenklägerin telefonisch mit dem Vorwurf konfrontiert, kehrte umgehend in die gemeinsame Wohnung zurück. Dort zeigte er sich im Beisein der Nebenklägerin von den Vorwürfen "erschüttert" und bot der Familie Geld an, damit man die gegen ihn erhobenen Vorwürfe fallen lasse. Im weiteren Verlauf kniete sich der Angeklagte vor die Zeugin K. M. bzw. schlug mit dem Kopf gegen den Türrahmen und äußerte dabei sinngemäß: "Ich weiß nicht, wie das passieren konnte".

II.

5
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin, die sich mit der Sachrüge jeweils gegen die Beweiswürdigung richten, sind begründet.
6
Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 29. April 2015 - 2 StR 14/15). In einem Fall, in dem - wie hier - Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe zudem erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 29. April 2015 - 2 StR 398/14, NStZ-RR 2015, 286, 287).
7
Gemessen an diesen Grundsätzen hält die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
Den Urteilsgründen lässt sich ein Motiv für eine Falschbelastung, aus dem sich durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin ergeben könnten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98, BGHSt 45, 164, 175), nicht entnehmen. Das Landgericht hat zwar ausgeführt , die Nebenklägerin habe versucht, im Vorfeld und im Laufe des Strafverfahrens "ihre den Angeklagten belastenden Aussagen durch das Liefern bestimmter , jedoch nicht der Wahrheit entsprechender bzw. im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt zweifelhafter Details als glaubhafter erscheinen zu lassen" (UA S. 48). Dies erklärt jedoch nicht, warum die Nebenklägerin den Angeklagten am 4. November 2009 in einer Spontanreaktion gegenüber ihrer Mutter zu Unrecht des schweren sexuellen Missbrauchs beschuldigt haben sollte. Dazu, ob und aus welchem Grund die Nebenklägerin bereits zu diesem Zeitpunkt ein Motiv für eine Falschbelastung des Angeklagten gehabt haben könnte, verhalten sich die Urteilsgründe nicht.
9
Darüber hinaus ist die Beweiswürdigung auch deshalb lückenhaft, weil das Landgericht das Verhalten des Angeklagten am 4. November 2009 nach dessen Rückkehr in die Wohnung unzureichend gewürdigt hat. Die Annahme des Landgerichts, aus dessen Verhalten lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ableiten, dass der Angeklagte "die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt bzw. gestanden haben könnte", da es auch möglich sei, dass der Angeklagte "letztlich zu allen Mitteln gegriffen haben könnte, um die gegen ihn erhobenen - tatsächlich aber nicht der Wahrheit entsprechenden - Vorwürfe abzuwehren bzw. im Keim zu ersticken" (UA S. 52 f.), unterstellt eine entsprechende Verhaltensmotivation lediglich, ohne sie zu belegen. Dem Angeklagten günstige Umstände dürfen aber nur zugrunde gelegt werden, wenn hierfür reale Anknüpfungspunkte vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2002 - 4 StR 585/01, NStZ-RR 2002, 243; Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - 2 StR 576/08, NStZ 2009, 630, 631). Es erschließt sich indes nicht, dass die Äußerung des Angeklagten, er wisse nicht, "wie das passieren konnte", geeignet war, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe abzuwehren. Anhaltspunkte dafür, dass diese spontan und unmittelbar nach der Konfrontation mit den Vorwürfen erfolgte Äußerung nicht als Eingeständnis der Tatbegehung zu verstehen war, sondern möglicherweise nur als Reaktion auf eine Falschbelastung durch die Nebenklägerin , zeigen die Urteilsgründe nicht auf. Eine solche Erklärung liegt angesichts des Zusammenhangs, in dem die Äußerung des Angeklagten erfolgt war, und mit Blick auf das nach der Rückkehr gezeigte Verhalten des Angeklagten auch nicht ohne Weiteres nahe. Insoweit wäre es erforderlich gewesen, in den Urteilsgründen detailliert darzulegen, welche Angaben die Nebenklägerin, deren Halbschwester und ihre Mutter zu dem Verhalten des Angeklagten nach dessen Rückkehr gemacht haben.
10
Schließlich ist die Erwägung des Landgerichts, aus dem Verhalten des Angeklagten könnten selbst dann "keinerlei Rückschlüsse auf Anzahl, Zeitpunkt , Modalität [und] Intensität etwaiger Vorfälle" gezogen werden, "wenn man davon ausginge, dass es tatsächlich im Vorfeld des 4. November 2009 zu sexuellen Übergriffen [...] zum Nachteil der [Nebenklägerin] gekommen" wäre (UA S. 53), nicht tragfähig. Sofern das Verhalten des Angeklagten und dessen Äußerungen am 4. November 2009 als grundsätzliches Eingeständnis der Tatbegehung zu werten wäre, ist es für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin ohne Bedeutung, dass der Angeklagte die Taten nicht näher konkretisiert hat.
11
Das Urteil beruht auch auf den vorgenannten Beweiswürdigungsmängeln ; der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen hätte. Fischer Appl Krehl Ott Zeng

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 StR 431/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 StR 431/14

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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 StR 431/14 zitiert 1 §§.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 576/08 vom 20. Mai 2009 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Mai 2009, an der teilgenommen haben: Richte

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 S t R 1 4 / 1 5 vom 29. April 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen Freiheitsberaubung unter Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2015 - 2 StR 431/14.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 533/14 vom 10. Februar 2016 in der Strafsache gegen wegen Mordes ECLI:DE:BGH:2016:100216U2STR533.14.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Sitzung vom 20. Januar 2016 i

Referenzen

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 1 4 / 1 5
vom
29. April 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Freiheitsberaubung unter Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung
u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Eschelbach,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Bartel,
Richterin am Amtsgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 3. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der Freiheitsberaubung unter Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten D. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Den Angeklagten ist mit der zugelassenen Anklage vorgeworfen worden , den Geschädigten D. am 21. August 2013 in einer Wohnung in K. -N. in der Annahme, er habe sie an die Polizei wegen mehrerer vorangegangener Diebstähle von Navigationsgeräten aus Kraftfahrzeugen "verraten" , zur Rede gestellt zu haben. Da der Geschädigte einen solchen "Verrat" abgestritten habe, sei er zunächst von dem Angeklagten M. mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden. Die Angeklagten hätten sodann den am Boden liegenden Geschädigten mit beschuhten Füßen gegen die Wirbelsäule und den Kopf getreten, so dass er u.a. multiple Prellungen, Schürfungen und eine Lungenquetschung erlitten habe. Danach hätten die Angeklagten M. und G. den Geschädigten im Badezimmer der Wohnung mit Kabelbindern gefesselt, mit einem Handtuch geknebelt und unter Vorhalt eines Messers die Konsequenzen eines weiteren "Abstreitens" deutlich gemacht. Da der Geschädigte weiterhin eine Zusammenarbeit mit der Polizei abgestritten habe, hätten die Angeklagten zunächst versucht, mit dem Messer die Hälfte des kleinen Fingers des Geschädigten abzuschneiden. Nachdem ihnen das nicht gelungen sei, hätten sie sodann mit einem Bolzenschneider den Fingerknochen durchtrennt und die abgeschnittene Hälfte des Fingers in der Toilette entsorgt. Nachdem der Geschädigte die Blutung gestoppt habe, sei er angewiesen worden , den Angeklagten S. bei einem Ladendiebstahl zu begleiten; diese Gelegenheit habe der Geschädigte zur Flucht genutzt.
3
2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
4
a) Im Sommer 2013 mietete der Angeklagte G. über ein InternetPortal eine teilmöblierte Ein-Zimmer-Wohnung in einem Haus in K. -N. zur Untermiete an. Die Wohnung diente in der Folgezeit auch den Angeklagten S. , M. und K. und dem späteren Tatopfer D. als Unterkunft.
5
Aufgrund eines Verdachts, die Angeklagten und der Geschädigte könnten - ggf. zusammen mit weiteren Mittätern - Diebstähle aus hochwertigen Kraftfahrzeugen begehen, erfolgten verschiedene Observationsmaßnahmen der Polizei , in deren Verlauf Lichtbilder aller vier Angeklagten, des Geschädigten und einer weiteren Person angefertigt wurden, die sie - mit Ausnahme des D. - jeweils an einem Fenster der Wohnung in K. -N. zeigten. Die Angeklagten K. und ein weiterer dort wohnhafter litauischer Staatsangehöriger bemerkten am Abend des 19. August 2013 die Observation.
6
Am Vormittag des 21. August 2013 zwischen 10.00 Uhr und 10.45 Uhr wandte sich der an der rechten Hand stark blutende Geschädigte D. in K. -N. vor einer Bäckerei hilfesuchend an einen Passanten. Dieser informierte eine Bäckereiangestellte, die ihrerseits einen Krankenwagen rief. D. wies zu diesem Zeitpunkt eine stark blutende Amputationswunde am rechten kleinen Finger auf, die er mit einem Handtuch verbunden hatte, außerdem multiple Prellungen im Gesicht, am Brustkorb und den oberen Extremitäten; sein Gesicht war geschwollen und blau unterlaufen. Im Zuge der medizinischen Erstversorgung im Rettungswagen wurde der kleine Finger verbunden. Dabei gab der Geschädigte dem Rettungsassistenten F. auf Befragen teils gestikulierend, teils in russischer Sprache sprechend an, " A. " zu heißen und von vier Personen geschlagen worden zu sein.
7
b) Das Landgericht hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen , weil es nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen konnte, wer die Verletzungen des Geschädigten verursacht habe. Angesichts der "Konstellation 'Aussage gegen Aussage'" (UA S. 30) habe es durchgreifende Bedenken an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Geschädigten D. und dessen Glaubwürdigkeit gegeben. Die Aussage des Belastungszeugen sei wegen "massiver Inkonstanzen, Ungereimtheiten und Widersprüche insgesamt nachhaltig erschüttert" (UA S. 30). Die Strafkammer hat die Aussage des Geschädigten den Feststellungen daher nur insoweit zugrunde zu legen vermocht, "als diese durch objektive Umstände außerhalb der Aussage selbst gestützt werden. Da dies weitgehend und insbesondere das eigentliche Tatgeschehen betreffend nicht der Fall ist, konnte die Kammer nicht von der Richtigkeit der Angaben des Zeugen D. ausgehen, soweit diese die Angeklagten im Sinne derAnklage belasten" (UA S. 31).

II.

8
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sich die ihm zugrundeliegende Beweiswürdigung als nicht tragfähig erweist.
9
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Seiner Beurteilung unterliegt nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn der Tatrichter die von ihm festgestellten Tatsachen nicht unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten gewürdigt hat oder über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggegangen ist (BGH, Urteil vom 29. September 1998 - 1 StR 416/98, NStZ 1999, 153). Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt es demnach auch, ob überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2011 - 1 StR 600/10, NStZ 2011, 302, 303 und vom 10. August 2011 - 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110, 111).
10
Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Dabei haben solche Zweifel außer Betracht zu bleiben, die realer Anknüpfungspunkte entbehren und sich lediglich auf die Annahme einer theoretischen Möglichkeit gründen (Senat, Urteil vom 1. September 1993 - 2 StR 361/93, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 22; BGH, Urteil vom 11. April 2002 - 4 StR 585/01, NStZ-RR 2002, 243). Es ist daher rechtsfehlerhaft, wenn eine nach den Feststellungen naheliegende Schlussfolgerung nicht gezogen ist, ohne dass konkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen könnten. Alternative , für den Angeklagten günstige Geschehensabläufe sind erst dann bedeutsam , wenn für ihr Vorliegen konkrete Anhaltspunkte erbracht sind und sie deshalb nach den gesamten Umständen als möglich in Betracht kommen (vgl. Senat , Beschluss vom 8. September 1989 - 2 StR 392/89, BGHR StGB § 213 Beweiswürdigung 1; BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147).
11
2. Hieran gemessen unterliegt die Beweiswürdigung in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
12
a) Bereits im Ausgangspunkt seiner Beweiswürdigung hat das Landgericht einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Von einer typischen Aussage -gegen-Aussage-Konstellation, bei der ein seine Schuld im Kern bestreitender Angeklagter allein durch die Aussage eines einzelnen Zeugen belastet wird und objektive Beweisumstände fehlen (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 18. Juni 1997 - 2 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Urteil vom 24. April 2003 - 3 StR 181/02, NStZ 2003, 498, 499), ist angesichts hier festgestellter objektiver Beweismittel nicht auszugehen. Durch objektive Beweismittel ist etwa die Feststellung abgesichert, dass die multiplen Prellungen im Gesicht, am Brustkorb und den oberen Extremitäten des Geschädigten sowie die Lungenquetschung, die der Geschädigte am Morgen des 21. August 2013 aufwies, nur durch Dritte zugefügt worden sein konnten; zudem wurden in dem Badezimmer der von den vier Angeklagten zur Tatzeit genutzten Wohnung in K. -N. zahlreiche Blutspuren des Geschädigten sowie vier durchtrennte Kabelbinder aufgefunden, was auf die Amputation des Fingers im Badezimmer schließen lässt.
13
b) Das Urteil lässt zudem nicht erkennen, dass die Strafkammer alle Umstände , die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten der Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen und dabei nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (zu diesen Erfordernissen etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 4 StR 577/14, juris Rn. 15 mwN). Die Strafkammer hat schon den Blick fehlerhaft dahin verengt, die Aussage des Geschädigten den Feststellungen "nur insoweit zugrundezulegen, als diese durch objektive Umstände außerhalb der Aussage selbst gestützt werden" (UA S. 30 f.). Einzelne, nahezu nur die Aussagekonstanz betreffende Indizien, die für und gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Geschädigten sprechen, werden zwar schematisch benannt und gewürdigt , jedoch ohne sie erkennbar mit allen anderen Umständen gesamtwürdigend zu gewichten.
14
c) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht Tritte und Schläge zum Nachteil des Geschädigten D. durch alle vier Angeklagten sowie das Abschneiden des kleinen Fingers im Mittelglied in der Annahme, der Geschädigte habe die Angeklagten an die Polizei "verraten", für nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar gehalten hat, lassen besorgen, dass es von überspannten Anforderungen bei der richterlichen Überzeugungsbildung ausgegangen ist und maßgebliche - durch objektive Beweismittel abgesicherte (s. oben lit. a)) - Gesichtspunkte nicht in den Blick genommen hat.
15
Angesichts zahlreicher weiterer gegen die vier Angeklagten sprechenden Verdachtsmomente (Auffinden von "typische(n) Aufbruchswerkzeug"; Entdeckung der Observation am 19. August 2013; Auffinden von Kabelbindern; Schlüssel zur Zimmertür des frisch geputzten Bades steckte "außen"; Hilfesuchen des Geschädigten bei einem Passanten am 21. August 2013), hätte eine Zurechnung der Verletzungen des Geschädigten durch die vier Angeklagten nur dann zweifelhaft sein können, wenn ein alternativer Geschehensablauf in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Das Landgericht hat dafür ausreichen lassen, dass "[…] außerhalb der mängelbelasteten Aussage des Zeugen (D. ) […] schon nur eine Anwesenheit aller Angeklagter zur Tatzeit und eine Beteiligung an den Misshandlungen (nicht) hinreichend sicher (belegt sei)" (UA S. 43 f.). Insbesondere könne "nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge auch nur einen der vier Angeklagten zu Unrecht" belaste. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei dann "zugunsten eines jeden Angeklagten zu unterstellen, dass gerade er von einer Falschbezichtigung betroffen" sei (UA S. 44). Unter Berücksichtigung einer "eingeräumten (wenn auch einmaligen) Selbstverletzung des Zeugen D. (könne) […] nicht einmal hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass er sich zumindest die Teilamputation des Fingers auch selbst zugefügt haben könnte" (UA S. 43).
16
Damit nimmt die Strafkammer jedoch einen für die Angeklagten günstigen Geschehensablauf an, für welchen es nach den Feststellungen keinerlei konkrete Anhaltspunkte gibt. Insbesondere sind keine hinreichenden Umstände ersichtlich, weshalb der Geschädigte ein Motiv gehabt haben sollte, alle vier Angeklagten gemeinsam falsch zu belasten, und sich dabei selbst eine so tiefgreifende Verletzung in Form der Amputation des kleinen Fingers im Mittelglied zugefügt haben sollte. Soweit die Strafkammer darauf abstellt, dass sich der Geschädigte D. während seiner Inhaftierung im Jahr 2014 einmal in die Unterarme geritzt hatte, betrifft dies eine grundlegend andere Art und Weise der (Selbst-)Verletzung, die mit einer (Selbst-)Amputation eines Körperglieds nicht vergleichbar ist. Auch aus dem Umstand, dass der Geschädigte im Jahr 2008 oder 2009 für einen Monat in einer kinderpsychiatrischen Einrichtung unterge- bracht war, lässt sich nicht ohne Weiteres schließen, dass er sich im August 2013 in einem ernsten, psychisch zu behandelnden Krankheitszustand befand, der Selbstverletzungen solcher Art nahelegte. Die (unterstellte) Selbstamputation des kleinen Fingers im Mittelglied durch den Geschädigten in der Nacht zum 21. August 2013 in der zusammen mit den Angeklagten genutzten Wohnung in K. -N. lässt sich zudem mit den - objektiv durch Dritte - zugefügten Verletzungen am Oberkörper des Geschädigten sowie dessen Lungenquetschung ebenfalls nicht in Einklang bringen.
17
d) Schließlich kommt hinzu, dass - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - die Angaben des Geschädigten zum Kern des Tatgeschehens, nämlich den Verletzungshandlungen (Tritte und Schläge durch alle vier Angeklagten in der Nacht zum 21. August 2013, Amputation des kleinen Fingers im Mittelglied durch den Angeklagten G. unter Mitwirkung des Angeklagten M. im Badezimmer) konstant sind und nicht nur die Schilderung eines Tatablaufs in "ganz groben, konturlosen Zügen" mit "Inkonsistenzen und Un- zuverlässigkeiten […] Widersprüche(n) und auch offensichtliche(n) Lügen"(UA S. 38) darstellt. In diesem Kontext hätte das Landgericht dann auch in den Blick nehmen müssen, ob der Umstand, dass der Geschädigte ein offensichtliches Motiv für Lügen und widersprüchliche Angaben hinsichtlich des Randgeschehens zu seinem illegalen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland unter fremden Namen und einer möglichen Beteiligung an Straftaten hatte, die Glaubhaftigkeit seiner Angaben zum Kerntatgeschehen und seine Glaubwürdigkeit überhaupt in Frage stellen kann. Krehl Eschelbach Ott Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 585/01
vom
11. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts des Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. April
2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kuckein,
Athing,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanoviæ,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
die Angeklagte in Person,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Nebenkläger-Vertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 18. Mai 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagte vom Vorwurf, ihren schlafenden Ehemann B. P. heimtückisch getötet zu haben, freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wenden sich mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen gegen diesen Freispruch. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
1. Nach den - insoweit rechtsfehlerfrei - getroffenen Feststellungen tötete die Angeklagte in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.30 Uhr des folgenden Morgens im Schlafzimmer der gemeinsamen Wohnung ihren Ehemann durch zwei Schüsse aus einer Kleinkaliberpistole. Jeder der beiden Schüsse, die das Opfer linksseitig vorne in den Oberkörper und in die rechte Hinterkopfseite getroffen hatten, war für sich genommen tödlich. Die Waffe hatte sich die Angeklagte tags zuvor für einige Tage in einem Schützenverein ausgeliehen. Zwei zugehörige Patronen hatte sie dort heimlich an sich genommen. Die Leiche,
sowie die mit Blut verschmierte Bettwäsche und eine Reisetasche verbrannte und vergrub die Angeklagte zwei Tage später in einem Waldstück.
2. Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, daß die Angeklagte , die bestreitet, ihren Ehemann getötet zu haben, in Notwehr gehandelt hat. Es hat sie deshalb aus Rechtsgründen freigesprochen.
Die Strafkammer geht davon aus, B. P. , der seit Jahren immer wieder aus nichtigen Anlässen gegen die Angeklagte gewalttätig geworden sei, habe diese auch in der Tatnacht angegriffen, um sie zu schlagen. Der Angeklagten sei es gelungen, die Tatwaffe, die sie in der Wohnung versteckt gehalten habe, zu ergreifen. Sie habe ihrem Ehemann zunächst damit gedroht. Als dieser sich ihr trotzdem bedrohlich genähert und versucht habe, ihr die Waffe wegzunehmen und sie zu "verprügeln", habe sie aus "Angst und Erregung" zweimal kurz hintereinander geschossen. Der erste Schuß habe das Opfer vorne in den Oberkörper getroffen. Als B. P. , "sich nach links unten drehend" (UA 10), auf sie gestürzt sei und versucht habe, sie an den Beinen oder am Rumpf zu packen, habe sie den zweiten Schuß abgegeben, der das Opfer in den Hinterkopf getroffen habe.
3. Die Erwägungen, auf die die Strafkammer das nicht ausschließbare Vorliegen des Rechtfertigungsgrundes der Notwehr stützt, halten sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Zwar darf der Angeklagten kein Nachteil daraus erwachsen, daß sie die Tat bestreitet und deshalb nicht in der Lage ist, ohne sich in Widerspruch zu ihrer Einlassung zu setzen, entlastende Umstände zum Vorliegen einer
Notwehrsituation vorzutragen. In einem solchen Fall ist von der für sie günstigsten Möglichkeit auszugehen, die nach den gesamten Umständen in Betracht kommt (vgl. BGH StV 1990, 9). Dabei sind jedoch nicht alle nur denkbaren Gesichtspunkte , zu denen keine Feststellungen getroffen werden können, zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen. Vielmehr berechtigen nur vernünftige Zweifel, die reale Anknüpfungspunkte haben, den Tatrichter zu Unterstellungen zu Gunsten der Angeklagten (vgl. BGH aaO; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18, 22). Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, daû die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Grundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schluûfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloûe Vermutung erweist (BGHR StPO § 261 Vermutung 11).
Diesen Anforderungen an die Beweiswürdigung genügt das angefochtene Urteil nicht.
Einziger Anhaltspunkt dafür, daû die Angeklagte in Notwehr gehandelt haben könnte, ist der Umstand, daûB. P. seine Ehefrau nicht nur seit Jahren betrog, sondern häufig auch schlug. Die Annahme, daû ein solcher körperlicher Übergriff durch B. P. auch in der Tatnacht stattgefunden und die Angeklagte zur Notwehr berechtigt hat, stützt die Strafkammer auf zwei Umstände, denen sie "erhebliches Gewicht" beimiût (UA 34): Gegen eine Tatplanung und für eine Notwehrsituation spreche zum einen der Zeitpunkt der Tatausführung. Wegen eines auf den Folgetag der Tat kurzfristig angekündigten Besuchs eines Verwandten ihres Ehemannes habe die Angeklagte mit einer alsbaldigen Nachfrage nach dessen Verbleib rechnen müssen. Wäre die Tat geplant gewesen, hätte es nahegelegen, diese zu verschieben, was möglich gewesen wäre, da die Angeklagte sich die Waffe erneut hätte verschaffen
können. Zum anderen spreche gegen eine geplante Tötung, daû die Angeklagte das Fahrzeug, mit welchem sie die Leiche abtransportiert habe, nicht bereits vor der Tat, sondern erst danach ausgeliehen habe.
Weder der Frage des Tatzeitpunkts, noch dem Umstand, daû die Angeklagte erst nach der Tat das Fahrzeug zum Abtransport der Leiche organisierte , kann jedoch der von der Strafkammer zugrundegelegte Beweiswert zugemessen werden.
aa) Das Landgericht legt nicht dar, weshalb es sich für die Angeklagte für den Fall einer Tatplanung ihres Ehemannes aufgedrängt haben könnte, sich schon im Rahmen der Tatvorbereitung um ein Fahrzeug für den Abtransport der Leiche zu bemühen. Vielmehr spricht die Feststellung, daû sich der Getötete häufig, auch über Nacht, auûer Haus aufhielt, ohne die Angeklagte hierüber zuvor zu informieren (UA 7) - dies war auch in der ersten Nacht nach Beschaffung der Tatwaffe der Fall (UA 8) - dafür, daû die Angeklagte selbst bei Planung der Tat wegen des für sie nicht vorhersehbaren Tatzeitpunkts jedenfalls keine bis ins einzelne gehende Vorkehrungen für die Spurenbeseitigung treffen konnte. Mit diesem Umstand setzt sich die Strafkammer nicht auseinander.
bb) Mit ihrer Annahme, der Zeitpunkt der Ausführung der Tat spreche wegen des erhöhten Entdeckungsrisikos gegen eine geplante Tat, trägt die Strafkammer den übrigen Urteilsfeststellungen nicht hinreichend Rechnung. Danach gelang es der Angeklagten nämlich am Morgen nach der Tötung ihres Ehemannes, ihrem Schwager, ohne bei diesem Miûtrauen zu erwecken, eine plausible Erklärung für die Abwesenheit ihres Ehemannes zu geben (UA 10).
Auch der Tatzeitpunkt ist deshalb kein geeignetes Argument, eine Notwehrlage "naheliegender erscheinen" zu lassen als eine auf einem spontanen Entschluû der Angeklagten beruhende, nicht gerechtfertigte Tötung ihres Ehemannes.

b) Dagegen hat das Landgericht eine Vielzahl von Umständen festgestellt , die dafür sprechen, daû die Angeklagte nicht gehandelt hat, um einen gegenwärtigen Angriff von sich abzuwenden, sondern um sich ihres Ehemannes , dessen Demütigungen und Gewalttätigkeiten sie nicht länger hinnehmen wollte, auf Dauer zu entledigen.
aa) Soweit das Landgericht jedes dieser Indizien einzeln in seiner Beweisbedeutung untersucht hat und dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, daû auch eine die Angeklagte nicht belastende Deutung möglich erscheint, läût diese Vorgehensweise besorgen, daû die Strafkammer den Zweifelsgrundsatz rechtsfehlerhaft schon auf einzelne Indiztatsachen angewandt und sich so den Blick dafür verstellt hat, daû mehrdeutige Indizien mit der ihnen zukommenden Ungewiûheit in die erforderliche Gesamtwürdigung einzustellen sind (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24). So gelangt das sachverständig beratene Landgericht beispielsweise in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis, die Reihenfolge der Schuûabgabe könne nicht mehr festgestellt werden (UA 28). Es durfte dieses "non liquet" jedoch nicht, wie geschehen , zum Anlaû nehmen, auûerhalb der gebotenen Gesamtabwägung zu Gunsten der Angeklagten davon auszugehen, daû das Tatopfer zuerst in die linke vordere Oberkörperhälfte getroffen wurde und der Schuû in den Hinterkopf erst erfolgte, als B. P. in Richtung der Angeklagten stürzte, sie zu packen versuchte und sich dabei nach links unten drehte. Es läût sich nicht ausschlieûen , daû die isolierte Bewertung dieser und weiterer Indiztatsachen sich im
Rahmen der Gesamtabwägung rechtsfehlerhaft zum Vorteil der Angeklagten ausgewirkt hat.
bb) Hinzu kommt, daû die Strafkammer einem vom Zeugen R. geschilderten Gespräch mit der Angeklagten (UA 31 f.) in rechtlich zu beanstandender Weise keine entscheidende Aussagekraft zugebilligt hat. Diese Schluûfolgerung beruht auf einer unzureichenden Beweiswürdigung. Der Zeuge hat angegeben, mit der Angeklagten ca. zwei bis drei Monate vor der Tat ein Gespräch über "genau die Art der Tötung und Leichenbeseitigung" geführt zu haben, wie sie beim Tatopfer "später angewandt" worden sei. Die Strafkammer hat zwar nicht ausgeschlossen, daû es ein Gespräch dieses Inhalts gab, hat aber nicht festzustellen vermocht, daû die Angeklagte dieses Gespräch mit dem ihr "in keiner Weise nahestehenden" Mitschüler suchte, um sich bei diesem gezielt nach Möglichkeiten, einen Menschen zu töten und die Spuren einer solchen Tat zu beseitigen, zu erkundigen. Das Landgericht ist deshalb der Auffassung, daû dieses Gespräch mit einer Tatplanung ebenso vereinbar sei, wie mit der Möglichkeit, daû sich die Angeklagte erst nach der gerechtfertigten Tötung ihres Ehemannes dieses Gesprächs erinnerte und ihre Erkenntnisse daraus für die Beseitigung der Leiche nutzte. Hiermit nicht in Einklang zu bringen ist die Aussage des Zeugen bei der Polizei, er sei von der Angeklagten angesprochen worden. Die Strafkammer berücksichtigt bei ihrer Würdigung auch nicht, daû das Gespräch mit dem Zeugen R. nicht nur die Spurenbeseitigung, sondern auch die "Art der Tötung" eines Menschen betraf. Ihre Schluûfolgerung, die Angeklagte habe ihre Erkenntnisse aus dem Gespräch nur für die Beseitigung der Leiche genutzt, schöpft den Beweiswert der Zeugenaussage daher nicht vollständig aus. Um die dem Gespräch beigemessene Bedeutung nachvollziehen zu können, hätte es deshalb der näheren
Darlegung der Aussage des Zeugen zum Zustandekommen, Verlauf und Inhalt seiner Unterhaltung mit der Angeklagten bedurft.
cc) Daû keiner der Wohnungsnachbarn die beiden Schüsse akustisch wahrgenommen hat, bewertet die Strafkammer ebenfalls als "mehrdeutiges" Indiz (UA 27). Die fehlende Wahrnehmung der Schüsse läût sich nach Auffassung des Landgerichts sowohl auf eine mögliche Geräuschabdeckung bei Abgabe der Schüsse unter Zuhilfenahme des später von der Angeklagten verbrannten Kopfkissens als auch auf den alltäglich herrschenden Lärm in der Hochhaussiedlung, in der sich die eheliche Wohnung der Angeklagten befand, zurückführen. Auch hier weist die Beweiswürdigung Lücken auf. Die Strafkammer setzt sich - trotz erfolgter Tatrekonstruktion - weder mit der Tatsache auseinander , daû in den späten Abend- bzw. Nachtstunden auch in einem Hochhaus die Intensität von Alltagsgeräuschen nachläût, noch damit, daû die Schüsse nach den getroffenen Feststellungen nicht unmittelbar nacheinander abgegeben wurden, sondern ein kurzer zeitlicher Abstand zwischen den Schüssen liegen muûte, was bei fehlender Schalldämpfung zusätzlich zu einer besseren Wahrnehmbarkeit führen konnte.
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
4. Mit der Urteilsaufhebung ist die sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die Haftentschädigung im angefochtenen Urteil gegenstandslos.
Tepperwien Kuckein Athing
Richterin am Bundesgerichtshof Solin-Stojanoviæ ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Tepperwien Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 576/08
vom
20. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Mai 2009,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Cierniak,
Prof. Dr. Schmitt,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 15. Juli 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt der Nebenkläger eine Verurteilung wegen versuchten Mordes. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte am Tattag erfahren, dass seine 15-jährige Tochter wiederholt vom Nebenkläger sexuell belästigt worden war. Um ihn zur Rede zu stellen, begab sich der Angeklagte noch am selben Abend zu einer Pizzeria in S. , wo jener als Kellner arbeitete. Als der Nebenkläger nach Schließung der Pizzeria an sein in der Nähe abgestelltes Auto getreten war, ging der Angeklagte mit dem Ausruf "Was machst du mit meiner Tochter?" auf ihn los, wobei er spätestens in diesem Moment den Entschluss fasste, ihn zu töten. Hierzu zog er ein Taschenmesser hervor, das er in einer Jackentasche verborgen gehalten hatte, ließ dessen Klinge blitzschnell aufklappen und führte diese mit erheblicher Wucht zwei Mal mit schneidenden Bewegungen gegen Hals und Gesicht seines Gegenübers. Hierbei äußerte der Angeklagte: "Ich bring dich um". Obgleich lebensgefährlich verletzt, gelang es dem Geschädigten, zurück in die ca. 50 Meter entfernte Pizzeria zu rennen und sich dort vor dem Angeklagten, der ihm noch ein Stück nachsetzte und dabei rief: „Läufst du weg“ und „Bastard“, in Sicherheit zu bringen. Durch eine sofortige Notoperation konnte das Leben des Nebenklägers gerettet werden.
3
Das Landgericht hat das Vorgehen des Angeklagten als heimtückischen Tötungsversuch gewertet, ist aber unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes davon ausgegangen, dass er mit strafbefreiender Wirkung vom Mordversuch zurückgetreten sei und hat ihn deshalb lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Insbesondere weil der Geschädigte noch in der Lage gewesen sei, ohne erkennbare Beeinträchtigungen vom Tatort wegzulaufen, sei nicht auszuschließen, dass der Angeklagte die Lebensgefährlichkeit der von ihm bewirkten Verletzungen nicht erkannt habe. Es liege nicht fern, dass er nach den Messerattacken zu der Auffassung gelangt sei, den Geschädigten genug bestraft zu haben. Zu Gunsten des Angeklagten müsse davon ausgegangen werden , dass er im Moment der Flucht seines Opfers sein Tötungsvorhaben aufgegeben und freiwillig von einer Verfolgung und der von ihm noch für möglich gehaltenen Tatvollendung Abstand genommen habe.
4
2. Die Würdigung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat einen fehlgeschlagenen Versuch rechtsfehlerhaft verneint.
5
a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet schon insofern Bedenken , als es bei der Erörterung des fehlgeschlagenen Versuchs einen fortbestehenden Tötungsvorsatz des Angeklagten verneint hat. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang lediglich die Äußerungen des Angeklagten angesichts der Flucht des Nebenklägers und sein Nachtatverhalten berücksichtigt, nicht aber den Umstand, dass der Angeklagte zunächst die Verfolgung des Nebenklägers aufgenommen hatte, was einen fortbestehenden Tötungsvorsatz nahe legt. Dieser Erörterungsmangel hat sich auf die Verneinung eines fehlgeschlagenen Versuchs auch im Ergebnis ausgewirkt, denn das Landgericht hat auf diesen Gesichtspunkt „entscheidend“ abgestellt.
6
b) Darüber hinaus hat das Landgericht die Reichweite des Zweifelssatzes verkannt. Der Zweifelssatz bedeutet nicht, dass von der dem Angeklagten jeweils (denkbar) günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen ist, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen (std. Rspr., vgl. BGH StV 2001, 666, 667; NStZ-RR 2003, 166, 168). Unterstellungen zugunsten eines Angeklagten sind vielmehr nur dann rechtsfehlerfrei, wenn der Tatrichter hierfür reale Anknüpfungspunkte hat (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18). Das Landgericht hat festgestellt, dass der Nebenkläger, der jünger und schlanker war als der Angeklagte und trotz der ihm zugefügten Verletzungen noch einige Minuten voll handlungsfähig war, in Todesangst so schnell er konnte losgelaufen war. Danach drängte sich auf, dass der Angeklagte den Nebenkläger auf dem Weg zur Eingangstür der Pizzeria nicht hatte einholen können und deshalb die Verfolgung aufgab. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bei Aufgabe der Verfolgung noch geglaubt haben könnte, den Nebenkläger einholen zu können, hat das Landgericht nicht festgestellt. Auch für die Annahme, der Angeklagte könne das Gefühl gehabt haben, den Nebenkläger genug bestraft zu haben, ergeben sich aus den festgestellten Tatumständen keine Hinweise. Es ist nicht auszuschließen, dass das Urteil auf diesen rechtsfehlerhaften Unterstellungen beruht. Die Sache muss daher neu verhandelt werden. Fischer Roggenbuck Appl Cierniak Schmitt