Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:061217U2STR46.17.0
bei uns veröffentlicht am06.12.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 46/17
vom
6. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:061217U2STR46.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. Dezember 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl als Vorsitzender,
der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Wimmer, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger für den Angeklagten C. , Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger für den Angeklagten T. , Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Angeklagten T. und C. wird das Urteil des Landgerichts Limburg vom 9. September 2016
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte T. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Angeklagte C. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen von tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig sind,
b) in den Strafaussprüchen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten C. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen und außerdem Verfallsanordnungen getroffen.
2
I. Hinsichtlich des abgeurteilten Tatgeschehens hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
3
Einige Zeit vor dem 8. Januar 2015 planten beide Angeklagte den Erwerb von jeweils 5,5 kg Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Das Rauschgift sollte nach der Absprache der Angeklagten gemeinsam bestellt und zusammen geliefert werden. Dementsprechend orderte der Angeklagte T. bei einem unbekannt gebliebenen Lieferanten insgesamt 11 kg zu einem Einkaufspreis zwischen 6 und 6,50 Euro. Der genaue Einkaufspreis sollte im Anschluss an die Lieferung zwischen den Beteiligten festgelegt werden. Von den 11 kg sollten beide Angeklagte jeweils etwa 5,5 kg erhalten. Nach vorangegangener telefonischer Absprache verabredete sich der Angeklagte C. mit einem unbekannten Kurierfahrer des Lieferanten am 8. Januar 2015 in H. , nahm die gesamte Rauschgiftmenge, insgesamt 11,54 kg mit einem Wirkstoffgehalt von 1.222,84 Gramm THC, entgegen und verbrachte sie in seine ebenfalls in H. gelegene Wohnung. Am darauffolgenden Tag veräußerte der Angeklagte aus einer in einer blauen Kühlbox befindlichen Teil- menge 307 Gramm an einen Abnehmer, der ihn in seiner Wohnung aufgesucht hatte. Am gleichen Tag erschien nach vorangegangener Vereinbarung der Angeklagte T. in der Wohnung des Angeklagten C. . Dort wurde das Rauschgift in etwa hälftig aufgeteilt. Beide verließen anschließend die Wohnung , wobei der Angeklagte T. das ihm zustehende Rauschgift (5.624,3 Gramm) in einer blauen Sporttasche und der Angeklagte C. in einer Plastiktüte zwei Kilogramm aus seinem Vorrat bei sich führte. Die Angeklagten setzten sich in ein Auto und wurden kurze Zeit später von den sie schon länger observierenden Polizeikräften gestellt. Das Marihuana, zudem 334,7 Gramm Amphetamin aus der Wohnung des Angeklagten C. , wurden sichergestellt, ebenso größere Geldbeträge, die die Angeklagten mit sich führten bzw. in den Wohnungen des Angeklagten C. und seiner Mutter aufgefunden wurden.
4
Die Strafkammer hat die Angeklagten im Hinblick auf das Marihuana wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezogen auf die Gesamtmenge, den Angeklagten C. darüber hinaus hinsichtlich des in seiner Wohnung aufgefundenen Amphetamins wegen tateinheitlichen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei der Strafrahmenwahl und bei der Strafzumessung hat es jeweils zu Lasten beider Angeklagter die Qualität und die erhebliche Menge an Marihuana berücksichtigt.
5
II. Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils zur Schuldspruchberichtigung und zur Aufhebung der jeweiligen Strafaussprüche; im Übrigen sind sie unbegründet.
6
1.a) Die Verurteilung des Angeklagten T. (allein) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf die Gesamthandelsmenge) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte ist – weil ihm entgegen der Ansicht des Landgerichts täterschaftliches Handeltreiben bezogen auf die Gesamthandelsmenge nicht vorzuwerfen ist – neben der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf die eigene Handelsmenge) – zudem wegen tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge des Mitangeklagten C. zu verurteilen.
7
aa) Es ist schon fraglich, ob die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten T. als solche im Hinblick auf die Gesamthandelsmenge tragfähig begründet ist. Ob ein Beteiligter als Mittäter des anderen handelt, ist auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Anhaltspunkte für (mit-)täterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Verschaffen sich die Beteiligten die von ihnen jeweils zur Weiterveräußerung bestimmten Betäubungsmittel in Einkaufsgemeinschaft oder im Wege eines Sammeleinkaufs, gilt nichts anderes (BGH, Beschluss vom 14. August 2002 – 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90; Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154; MüKoStGB/Oğlakcıoğlu, 3. Aufl., § 29 BtMG Rn. 419).
8
Beide Angeklagte handelten zwar arbeitsteilig bei der Beschaffung der gesamten Handelsmenge zusammen. So bestellte der Angeklagte T. das Rauschgift, während es von dem Angeklagten C. entgegengenommen und anschließend bis zur Aufteilung verwahrt wurde. Allerdings ist bei dieser Gestaltung des Betäubungsmittelgeschäftes noch kein Mitbesitz des Angeklagten T. an der gesamten Handelsmenge entstanden (vgl. zu diesem Kriterium für die Begründung von Mittäterschaft BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154 f.; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29, Rn. 670 f.).
9
Zudem fehlt es an einem gemeinsamen Interesse beider Angeklagter im Hinblick auf den Erwerb der aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses erworbenen Gesamtmenge. Es war von vornherein beabsichtigt, dass das Rauschgift hälftig aufgeteilt werden sollte. Eine Beteiligung an den Geschäften des anderen war nicht vorgesehen; die Angeklagten planten jeder für sich, das Marihuana jeweils an einen eigenen festen Abnehmerkreis weiterzuverkaufen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154). Eine Reduzierung von Transportkosten, die nach der Rechtsprechung des 1. und des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs das Interesse am Sammelkauf der Gesamtmenge belegen soll (Beschluss vom 9. Oktober 2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57; siehe auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81; Beschluss vom 13. April 2013 – 4 StR 547/12), ist nicht festgestellt; die Betäubungsmittel wurden den Angeklagten durch einen Kurier des Lieferanten zugestellt. Auch ist den Urteilsgründen – was für ein Interesse am gesamten Geschäft sprechen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57; BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81; Beschluss vom 13. April 2013 – 4 StR 547/12) – nicht zu entnehmen, dass wegen der größeren Menge das Rauschgift günstiger eingekauft worden wäre. Darauf hat sich im Übrigen auch die Strafkammer nicht gestützt.
10
bb) Selbst wenn man davon ausginge, dass tatsächlich ein Mengenrabatt gewährt worden wäre und sich daraus ein gemeinsames Interesse an der Durchführung des auf die Gesamthandelsmenge bezogenen Handelsgeschäfts ergeben sollte, käme im Hinblick auf die von dem Mitangeklagten C. erworbene Handelsmenge eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht in Betracht. Denn dafür ist Eigennützigkeit des Handelns erforderlich (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 213), die hier hinsichtlich der für den Mitangeklagten bestimmten Handelsmenge fehlte. Eigennütziges Handeln setzt ein Erstreben von Vorteilen voraus, die sich vor allem aus dem Umsatzgeschäft ergeben (vgl. MüKo-StGB/Oğlakcıoğlu, 3. Aufl., § 29 BtMG Rn. 419). Nicht in diesem Sinne umsatzbezogen ist ein Vorteil, der dem Täter aus einem anderen Vorgang, namentlich dem Erwerb, erwächst. Eigennützigkeit ist daher nicht gegeben, wenn der Vorteil allein in günstigeren Konditionen liegt, die mehrere Betäubungsmittelhändler in einer bloßen Einkaufsgemeinschaft aufgrund der bestellten Gesamtmenge erhalten. Der insoweit erstrebte Vorteil erschöpft sich in Umständen, die den eigenen Erwerb betreffen und sich auch nur auf den Umfang des durch das eigene Geschäft beabsichtigten Gewinns auswirken (BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154; zur fehlenden Eigennützigkeit, wenn der Vorteil allein in günstigeren Einkaufsbedingungen liegt: BGH, Beschluss vom 27. März 2012 – 3 StR 64/12, NStZ 2012, 516; siehe auch Senat, Beschluss vom 9. Januar 1991 – 2 StR 359/90, StV 1992, 65).
11
Eigennütziges Handeln lässt sich auch nicht auf die Erwägungstützen, arbeitsteiliges Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten C. habe das Entdeckungsrisiko für den Angeklagten T. verringert. Zwar reicht es für die Annahme eigennützigen Handelns auch aus, wenn der Täter sich von seinem Tun irgendeinen persönlichen Vorteil verspricht, der auch lediglich immaterieller Art sein kann (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 6. November 2012 – 2 StR410/12). Vorteile immaterieller Art begründen Eigennützigkeit aber nur dann, wenn sie nicht nur den Empfänger in irgendeiner Weise besser stellen, sondern auch einen objektiv messbaren Inhalt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2016 – 4 StR 42/16, NStZ-RR 2016, 212, 213 mwN). Ob dies gegeben ist, ist aufgrund einer restriktiven Auslegung festzustellen (BGH, Beschluss vom 29. Februar 2000 – 1 StR 46/00, NStZ-RR 2000, 234; Beschluss vom 16. November 2001 – 3 StR 371/01, StV 2002, 254 f.). Allein aus einem arbeitsteiligen Vergehen von Tatbeteiligten und einem dadurch möglicherweise verringerten Entdeckungsrisiko ergibt sich kein solcher objektiv messbarer persönlicher Vorteil.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Es ist nicht zu erwarten , dass eine neue Hauptverhandlung Erkenntnisse bringen könnte, die die Annahme eigennützigen Handelns tragen könnten. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da der insoweit geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
13
b) Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Dieser beruht auf einer Zurechnung der Gesamthandelsmenge gemäß § 25 Abs. 2 StGB und berücksichtigt ausdrücklich die mehr als 163fache Überschreitung des Wirkstoffgehalts zu Lasten des Angeklagten sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte T. bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Strafe verurteilt worden wäre.
14
2. a) Auch die Verurteilung des Angeklagten C. (allein) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf die Gesamthandelsmenge an Marihuana) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte ist – weil auch ihm entgegen der Ansicht des Landgerichts die Gesamthandelsmenge nicht zuzurechnen ist – auch neben der rechtsfehlerfreien Verurteilung im Hinblick auf das in seiner Wohnung aufgefundene Amphetamin (wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) und des täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf den eigenen Anteil) zudem wegen tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (des Mitangeklagten T. ) in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (ebenfalls bezogen auf den Anteil des Angeklagten T. ) zu verurteilen.
15
Auch bei dem Angeklagten C. fehlt es jedenfalls aus dendargelegten Gründen an der Eigennützigkeit. Er ist allerdings im Hinblick auf den Besitz des Anteils des Mitangeklagten, die eine nicht geringe Menge darstellt, zusätzlich zu verurteilen. Insoweit tritt der Besitztatbestand – anders als bei dem zum Verkauf vorgesehenen eigenen Anteil – nicht hinter dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück. Er verbindet die an sich selbständigen Fälle der Beihilfe zum Handeltreiben mit nicht geringer Menge zur Tateinheit (vgl. BGH NStZ 2011, 163).
16
Der Senat ändert den Schuldspruch. Weitergehende Feststellungen, die eine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens auch bezogen auf die vom Angeklagten T. bestellte Handelsmenge ermöglichen könnten,sind in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
17
b) Die Änderung des Schuldspruchs führt auch bei dem Angeklagten C. zur Aufhebung des Strafausspruchs. Dieser beruht auf einer Zurechnung der Gesamthandelsmenge an Marihuana und berücksichtigt ausdrücklich die mehr als 163-fache Überschreitung des Wirkstoffgehalts zu Lasten des Angeklagten sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Strafe verurteilt worden wäre. Krehl Eschelbach Bartel Wimmer Grube

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).
Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2012 - 4 StR 392/12

bei uns veröffentlicht am 24.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 392/12 vom 24. Oktober 2012 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - 3 StR 64/12

bei uns veröffentlicht am 27.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 64/12 vom 27. März 2012 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2012 - 3 StR 131/12

bei uns veröffentlicht am 17.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 131/12 vom 17. April 2012 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 4 StR 42/16

bei uns veröffentlicht am 16.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 42/16 vom 16. März 2016 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:160316B4STR42.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs h
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2017 - 2 StR 46/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2019 - 1 StR 570/19

bei uns veröffentlicht am 18.12.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 570/19 vom 18. Dezember 2019 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2019:181219B1STR570.19.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2018 - 2 StR 374/17

bei uns veröffentlicht am 21.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 374/17 vom 21. Februar 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1. und 3.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu 2.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltre

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 131/12
vom
17. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 17. April
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 8. Dezember 2011, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmitteln , - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 5 Fällen, - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 18 Fällen,
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen 118, 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmitteln in drei Fällen (Fälle 138, 139, 141 der Urteilsgründe ), - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen (Fälle 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131, 135, 136, 137, 140 der Urteilsgründe), - Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall 118 der Urteilsgründe ), - "gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in acht Fällen (Fälle 97, 103, 114, 115, 116, 117, 132, 134 der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und zu seinen Lasten 11.700 € für verfallen erklärt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Schuldsprüche wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in den Fällen 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe haben keinen Bestand; der Angeklagte ist insoweit jeweils lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) schuldig.
3
a) Der Angeklagte und der Mitangeklagte bezogen von einem Verkäufer in Hamburg in "Einkaufsgemeinschaft" Betäubungsmittel, die sie teils selbst konsumierten, teils weiterveräußerten. In den genannten neun Fällen erwarb - wovon der Senat nach den Feststellungen ausgeht - der Mitangeklagte auf diese Weise jeweils 200 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase , das er in seine Wohnung verbrachte und dort hälftig mit dem Angeklagten teilte. Vorgefasster Absicht entsprechend verwendeten beide jeweils 10 g ihres Anteils für den Eigenkonsum, 90 g hieraus veräußerten sie - jeder für sich - gewinnbringend weiter. In zwei der Fälle (Fälle 130 und 131 der Urteilsgründe ) beschaffte der Mitangeklagte für den Angeklagten zudem jeweils 5 g Kokain, Wirkstoffgehalt 45 % kHC, wovon dieser wie geplant jeweils 2 g selbst konsumierte und 3 g gewinnbringend veräußerte.
4
Damit erreichte die vom Angeklagten zum gewinnbringenden Verkauf bestimmte Betäubungsmittelmenge in keinem der Fälle den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (10 g Amphetaminbase; 5 g KHC). In den Fällen 130 und 131 der Urteilsgründe gilt dies auch dann, wenn man die Wirkstoffanteile des Amphetamins und des gleichzeitig bezogenen Kokains kumuliert (hierzu Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29a Rn. 127 mwN).
5
b) Soweit das Landgericht in diesen Fällen deshalb zu einem Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangt ist, weil es ihm auch die Mengen zugerechnet hat, die der Mitangeklagte jeweils aus seinem eigenen Anteil zur Weiterveräußerung bestimmt hatte, hält dies revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Allein der Umstand, dass sich Beteiligte durch gemeinsamen Bezug der von ihnen jeweils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel günstigere Einkaufsbedingungen verschaffen, macht diese noch nicht im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zu Mittätern des Handeltreibens des jeweils anderen. Ob ein Beteiligter als Mittäter des anderen handelt, ist vielmehr auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Anhaltspunkte für (mit-)täterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Verschaffen sich die Beteiligten die von ihnen jeweils zur Weiterveräußerung bestimmten Betäubungsmittel in Einkaufsgemeinschaft oder im Wege eines Sammeleinkaufs, gilt nichts anderes (BGH, Beschluss vom 14. August 2002 - 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90).
6
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens des Angeklagten und des Mitangeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken; denn es mangelt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Angeklagte auf die Gestaltung der vom Mitangeklagten hinsichtlich seines Anteils in Aussicht genommenen Umsatzgeschäfte Einfluss hätte nehmen können oder an deren Gelingen überhaupt eigenes Interesse gehabt hätte. Überdies ist, was den Angeklagten betrifft, hinsichtlich der vom Mitangeklagten beabsichtigten Umsatzgeschäfte auch das für täterschaftliches Handeltreiben bestimmende Merkmal der Eigennützigkeit nicht zu erkennen. Eigennütziges Handeln setzt ein Anstreben von Vorteilen voraus, die sich aus dem Umsatzgeschäft selbst ergeben; nicht in diesem Sinne umsatzbezogen ist ein Vorteil , der dem Täter aus einem anderen Umstand, namentlich dem Erwerb, erwächst (Weber aaO § 29 Rn. 317, 320 mwN). Der vom Angeklagten durch den gemeinsamen Einkauf mit dem Mitangeklagten für sich selbst erstrebte Vorteil erschöpfte sich indes in der günstigeren Gestaltung der Einkaufsbedingungen und damit in Umständen, die seinen eigenen Erwerb betreffen.
7
Soweit der Bundesgerichtshof in einem Einzelfall (Urteil vom 9. Oktober 2002 - 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57) mittäterschaftliches Handeltreiben von Teilnehmern an einem Sammeleinkauf in Bezug auf die insgesamt zur Weiterveräußerung bestimmte Menge abweichend hiervon damit begründet hat, der Kauf der Gesamtmenge habe im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten gelegen , ergibt sich im Ergebnis nichts anderes; denn dem lag jedenfalls zugrunde, dass alle Beteiligten Mitbesitzer der gesamten Einkaufsmenge waren. Für Mitbesitz des Angeklagten an der Gesamtmenge besteht hier indes, wie ausgeführt , kein Anhalt.
8
2. Keinen Bestand hat darüber hinaus der Schuldspruch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) im Fall 118 der Urteilsgründe; auch hier ist der Angeklagte lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) schuldig.
9
Auf die beschriebene Weise beschafft - nach den Feststellungen wiederum durch den Mitangeklagten - wurden in diesem Falle 150 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase, von denen der Angeklagte 100 g erhielt. 10 g hiervon hatte der Angeklagte zum Eigenkonsum bestimmt, 90 g zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Dass er über seinen so verwendeten Anteil hinaus die Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel (in nicht geringer Menge) gehabt hätte, hat das Landgericht nicht festgestellt.
10
3. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen schließlich die Schuldsprüche (auch) wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen 138 und 139 der Urteilsgründe; insoweit ist der Angeklagte jeweils lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig.
11
Der Mitangeklagte besorgte jeweils 200 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase, und 15 g Kokain, Wirkstoffgehalt 45 % KHC. Für den Angeklagten bestimmt waren das Kokain und die Hälfte des Amphetamins. Wie beabsichtigt, veräußerte der Angeklagte aus jeder Lieferung 90 g Amphetamin und 12 g Kokain; den Rest konsumierte er selbst.
12
Danach überschreiten zwar die vom Angeklagten zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmten Mengen in beiden Fällen bereits in Bezug auf das Kokain den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Eine über die jeweils zum Eigengebrauch und zur Weiterveräußerung bestimmten Mengen hinausgehende Verfügungsgewalt des Angeklagten über Betäubungsmittel (in nicht geringer Menge) hat das Landgericht indes auch hier nicht festgestellt.
13
4. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.
14
Die Änderungen der Schuldsprüche führen zur Aufhebung des Urteils in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen 118, 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch. Die jeweils zugehörigen Feststellungen werden von der rechtlich fehlerhaften Bewertung des Tatgeschehens nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben.
15
In den Fällen 138 und 139 der Urteilsgründe schließt der Senat demgegenüber aus, dass das Landgericht die Einzelstrafen milder bemessen hätte, wäre es nicht von einem zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und zum Erwerb von Betäubungsmitteln tateinheitlich hinzutretenden Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgegangen.
16
5. Die Regelbeispiele des § 29 Abs. 3 BtMG - wie hier die vom Landgericht rechtsfehlerfrei begründete Gewerbsmäßigkeit - sind keine qualifizierenden Tatbestände, sondern Strafzumessungsregeln und deshalb nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (Senat, Beschlüsse vom 27. April 2004 - 3 StR 116/04; vom 10. Mai 2005 - 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172).
Becker RiBGH von Lienen befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 392/12
vom
24. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. Oktober 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Siegen vom 4. Mai 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte Geldschulden in Höhe von 1.000 Euro bei seinem Bekannten D. . Um diese nicht in bar zurückzah- len zu müssen, transportierte er am 7. Oktober 2011 für diesen zwei Kilogramm Marihuana von H. nach O. . Auf eine telefonische Bitte des D. unterbrach er seine Fahrt in L. und übernahm dort zwei weitere Kilogramm Marihuana, die er für 500 Euro zu einer Adresse inG. verbrachte. Das in H. übernommene Marihuana händigte der Angeklagte zunächst seinem Auftraggeber D. in O. aus. Eines der beiden Kilos kaufte er ihm auf Kommission ab und veräußerte es anschließend mit einem Aufschlag von zwei Euro pro Gramm an eigene Abnehmer weiter. Das Marihuana hatte einen THC-Anteil von 1 %. Mit dem erzielten Gewinn wollte der Angeklagte Schulden bezahlen und seinen Lebensunterhalt bestreiten. 1.000 Euro zahlte er als Vorkasse für den Erwerb einer größeren Menge Amphetamin an einen Rauschgifthändler in den Niederlanden (Fall II. 1 der Urteilsgründe).
3
Am 28. Oktober 2011 fuhr der Angeklagte nach Ha. , um dort von seinem niederländischen Lieferanten verabredungsgemäß Amphetamin für sich und D. in Empfang zu nehmen. Die Fahrt wurde von der Polizeiüberwacht. Nachdem seine niederländischen Geschäftspartner nicht an dem abgesprochenen Treffpunkt erschienen waren, nahm der Angeklagte Kontakt zu ihnen auf und vereinbarte ein Treffen in R. . Dort übernahm er am 29. Oktober 2011 insgesamt 7.231 Gramm Amphetaminzubereitung mit einem Amph-HClAnteil von 419,28 Gramm. Das Rauschgift verbaute er anschließend in seinem Fahrzeug und überquerte damit die niederländisch-deutsche Grenze. Nach seiner Einreise wurde er festgenommen (Fall II. 2 der Urteilsgründe).
4
Das Landgericht hat die Vorgänge vom 7. Oktober 2011 als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die Tat vom 28./29. Oktober 2011 als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet.

II.


5
Die Revision des Angeklagten hat Erfolg.
6
1. Die Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil dem Landgericht bei der Bestimmung der Strafe ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten unterlaufen ist und eine neue Strafzumessung nur bei gleichzeitiger Aufhebung des Schuldspruchs möglich ist.
7
a) Das Landgericht hat bei der Verneinung eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass er „nicht aus einer Abhängigkeit heraus Handel trieb und das Handeltreiben unterstützte“ (UA 9). Diese Erwägung ist – wie sich aus der allgemeinen Bezugnahme ergibt (UA 10) – auch in die Bemessung der dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG i.V.m. den §§ 27, 49 StGB entnommenen Strafe mit gleicher Bewertungsrichtung eingeflossen (UA 10). Da die vorhandene Gewinnorientierung des Angeklagten zusätzlich straferschwerend berücksichtigt worden ist, handelt es sich bei dieser Formulierung nicht lediglich um die negative Beschreibung der festgestellten Beweggründe (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350), sondern um eine eigenständige – für den Angeklagten nachteilige – Wertung. Dabei beschränkt sich das Landgericht nicht mehr auf die von ihm festgestellten Tatsachen, sondern misst die Tatmotivation des Angeklagten an einem hypothetischen Sachverhalt, der zu dem zu beurteilenden keinen Bezug hat. Dies ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350; vom 20. August 1982 – 3 StR 283/82, NStZ 1982, 463; vom 19. November 1992 – 4 StR 549/92, StV 1993, 132; vom 24. September 2009 – 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25). Aus den gleichen Gründen ist es auch bedenklich, dass das Landgericht mit negativer Bewertungsrichtung angeführt hat, dass der Angeklagte dem zweiten von ihm unterstützten Auftraggeber „keinen Gefallen“ schuldete (UA 10).
8
b) Der Schuldspruch war mitaufzuheben, weil es das Landgericht unterlassen hat, eine Strafbarkeit des Angeklagten unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2000 – 2 StR 388/99, BGHR StPO § 353 Aufhebung 2). Nach den bisherigen Fest- stellungen drängte es sich auf, die Frage zu erörtern, ob sich der Angeklagte auch des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht hat (zum Konkurrenzverhältnis : Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29a Rn. 173 mwN). Soweit der Angeklagte selbst ein Kilogramm Marihuana erworben und gewinnbringend weiterverkauft hat, erfüllt dies die Voraussetzungen eines täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Insofern hat sowohl für das Konkurrenzverhältnis als auch die Frage, ob es sich um dieselbe prozessuale Tat handelt, die nicht eindeutig festgestellte zeitliche Abfolge zwischen dem Transport des Marihuanas für D. und dem anschließenden Ankauf Bedeutung. Eine nur auf den Strafausspruch beschränkte Aufhebung könnte unter Umständen dazu führen, dass der neue Tatrichter gehindert ist, durch widerspruchsfreie Feststellungen den richtigen Ausgangspunkt für eine unter Beachtung des Verschlechterungsgebots (§ 358 Abs. 2 StPO) schuldangemessene Ahndung der Tat zu finden (BGH, Urteil vom 3. März 2000 – 2 StR 388/99, BGHR StPO § 353 Aufhebung 2; Beschluss vom 11. November 1981 – 3 StR 342/81, zitiert bei Holtz MDR 1982, 281, 283). Eine Schuldspruchberichtigung kommt nicht in Betracht, weil die bisherigen Feststellungen nicht vollständig sind und deshalb den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht hinreichend erkennen lassen.
9
2. Die Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II. 2 der Urteilsgründe ist aufzuheben , weil die getroffenen Feststellungen ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht belegen.
10
a) Der Senat entnimmt den Feststellungen, dass die von dem Angeklagten in R. übernommene und auf das Bundesgebiet verbrachte Amphetaminzubereitung teilweise für ihn selbst und teilweise für D. bestimmt war. Bei dieser Sachlage kommt eine Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nur dann in Betracht, wenn in der auf ihn entfallenden und zur Weiterveräußerung bestimmten Teilmenge ein den Grenzwert zur nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (10 Gramm Amphetaminbase) überschreitender Wirkstoffanteil enthalten war oder aber eine Zurechnung der Gesamtmenge nach den Grundsätzen über die Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) erfolgen kann. Letztere setzt dabei auch hier eine wertende Betrachtung aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten Umstände voraus, wobei dem jeweiligen Interesse am Taterfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung und dem Vorhandensein von Tatherrschaft eine indizielle Bedeutung zukommen (BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, Rn. 5; vom 14. August 2002 – 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90, 91). Dabei kann ein mittäterschaftliches Handeltreiben anzu- nehmen sein, wenn der gemeinsame Ankauf der Kostenreduktion und der Erzielung eines günstigen Einkaufpreises dienen sollte (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57, 58). Das Urteil enthält weder Feststellungen zu dem Anteil des Angeklagten an der Gesamtmenge, noch eine revisionsrechtlicher Überprüfung zugängliche wertende Betrachtung der jeweiligen Tatbeiträge. Die Sache bedarf daher schon aus diesem Grund neuer Verhandlung und Entscheidung.
11
b) Der neue Tatrichter wird dabei zu beachten haben, dass es bei Amphetaminzubereitungen für die Bestimmung der nicht geringen Menge auf den Amphetaminbase-Anteil ankommt (BGH, Urteil vom 11. April 1985 – 1 StR 507/84, NStZ 1986, 33). Das Landgericht hat sich bei seiner Bewertung an dem nicht maßgeblichen Amph-HCl-Gewichtsanteil orientiert, ohne die gebotene Umrechnung in Amphetaminbase vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 – 2 StR 157/11, Rn. 3; vom 19. Juli 2007 – 3 StR 257/07, Rn. 2 zur Umrechnung bei Amphetaminsulfat).
12
Der Senat lässt offen, ob es sich bei Amphetamin um eine „harte Droge“ handelt, deren Gefährlichkeit unabhängig von der im Einzelfall gegebenen Wirkstoffkonzentration straferschwerend berücksichtigt werden darf (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1997 – 2 BvR 509/96 u.a., NJW 1998, 669, 671).
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 131/12
vom
17. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 17. April
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 8. Dezember 2011, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmitteln , - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 5 Fällen, - des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 18 Fällen,
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen 118, 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmitteln in drei Fällen (Fälle 138, 139, 141 der Urteilsgründe ), - Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen (Fälle 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131, 135, 136, 137, 140 der Urteilsgründe), - Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall 118 der Urteilsgründe ), - "gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in acht Fällen (Fälle 97, 103, 114, 115, 116, 117, 132, 134 der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und zu seinen Lasten 11.700 € für verfallen erklärt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Schuldsprüche wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in den Fällen 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe haben keinen Bestand; der Angeklagte ist insoweit jeweils lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) schuldig.
3
a) Der Angeklagte und der Mitangeklagte bezogen von einem Verkäufer in Hamburg in "Einkaufsgemeinschaft" Betäubungsmittel, die sie teils selbst konsumierten, teils weiterveräußerten. In den genannten neun Fällen erwarb - wovon der Senat nach den Feststellungen ausgeht - der Mitangeklagte auf diese Weise jeweils 200 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase , das er in seine Wohnung verbrachte und dort hälftig mit dem Angeklagten teilte. Vorgefasster Absicht entsprechend verwendeten beide jeweils 10 g ihres Anteils für den Eigenkonsum, 90 g hieraus veräußerten sie - jeder für sich - gewinnbringend weiter. In zwei der Fälle (Fälle 130 und 131 der Urteilsgründe ) beschaffte der Mitangeklagte für den Angeklagten zudem jeweils 5 g Kokain, Wirkstoffgehalt 45 % kHC, wovon dieser wie geplant jeweils 2 g selbst konsumierte und 3 g gewinnbringend veräußerte.
4
Damit erreichte die vom Angeklagten zum gewinnbringenden Verkauf bestimmte Betäubungsmittelmenge in keinem der Fälle den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (10 g Amphetaminbase; 5 g KHC). In den Fällen 130 und 131 der Urteilsgründe gilt dies auch dann, wenn man die Wirkstoffanteile des Amphetamins und des gleichzeitig bezogenen Kokains kumuliert (hierzu Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29a Rn. 127 mwN).
5
b) Soweit das Landgericht in diesen Fällen deshalb zu einem Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangt ist, weil es ihm auch die Mengen zugerechnet hat, die der Mitangeklagte jeweils aus seinem eigenen Anteil zur Weiterveräußerung bestimmt hatte, hält dies revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Allein der Umstand, dass sich Beteiligte durch gemeinsamen Bezug der von ihnen jeweils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel günstigere Einkaufsbedingungen verschaffen, macht diese noch nicht im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zu Mittätern des Handeltreibens des jeweils anderen. Ob ein Beteiligter als Mittäter des anderen handelt, ist vielmehr auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Anhaltspunkte für (mit-)täterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Verschaffen sich die Beteiligten die von ihnen jeweils zur Weiterveräußerung bestimmten Betäubungsmittel in Einkaufsgemeinschaft oder im Wege eines Sammeleinkaufs, gilt nichts anderes (BGH, Beschluss vom 14. August 2002 - 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90).
6
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens des Angeklagten und des Mitangeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken; denn es mangelt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Angeklagte auf die Gestaltung der vom Mitangeklagten hinsichtlich seines Anteils in Aussicht genommenen Umsatzgeschäfte Einfluss hätte nehmen können oder an deren Gelingen überhaupt eigenes Interesse gehabt hätte. Überdies ist, was den Angeklagten betrifft, hinsichtlich der vom Mitangeklagten beabsichtigten Umsatzgeschäfte auch das für täterschaftliches Handeltreiben bestimmende Merkmal der Eigennützigkeit nicht zu erkennen. Eigennütziges Handeln setzt ein Anstreben von Vorteilen voraus, die sich aus dem Umsatzgeschäft selbst ergeben; nicht in diesem Sinne umsatzbezogen ist ein Vorteil , der dem Täter aus einem anderen Umstand, namentlich dem Erwerb, erwächst (Weber aaO § 29 Rn. 317, 320 mwN). Der vom Angeklagten durch den gemeinsamen Einkauf mit dem Mitangeklagten für sich selbst erstrebte Vorteil erschöpfte sich indes in der günstigeren Gestaltung der Einkaufsbedingungen und damit in Umständen, die seinen eigenen Erwerb betreffen.
7
Soweit der Bundesgerichtshof in einem Einzelfall (Urteil vom 9. Oktober 2002 - 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57) mittäterschaftliches Handeltreiben von Teilnehmern an einem Sammeleinkauf in Bezug auf die insgesamt zur Weiterveräußerung bestimmte Menge abweichend hiervon damit begründet hat, der Kauf der Gesamtmenge habe im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten gelegen , ergibt sich im Ergebnis nichts anderes; denn dem lag jedenfalls zugrunde, dass alle Beteiligten Mitbesitzer der gesamten Einkaufsmenge waren. Für Mitbesitz des Angeklagten an der Gesamtmenge besteht hier indes, wie ausgeführt , kein Anhalt.
8
2. Keinen Bestand hat darüber hinaus der Schuldspruch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) im Fall 118 der Urteilsgründe; auch hier ist der Angeklagte lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) schuldig.
9
Auf die beschriebene Weise beschafft - nach den Feststellungen wiederum durch den Mitangeklagten - wurden in diesem Falle 150 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase, von denen der Angeklagte 100 g erhielt. 10 g hiervon hatte der Angeklagte zum Eigenkonsum bestimmt, 90 g zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Dass er über seinen so verwendeten Anteil hinaus die Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel (in nicht geringer Menge) gehabt hätte, hat das Landgericht nicht festgestellt.
10
3. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen schließlich die Schuldsprüche (auch) wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen 138 und 139 der Urteilsgründe; insoweit ist der Angeklagte jeweils lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig.
11
Der Mitangeklagte besorgte jeweils 200 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase, und 15 g Kokain, Wirkstoffgehalt 45 % KHC. Für den Angeklagten bestimmt waren das Kokain und die Hälfte des Amphetamins. Wie beabsichtigt, veräußerte der Angeklagte aus jeder Lieferung 90 g Amphetamin und 12 g Kokain; den Rest konsumierte er selbst.
12
Danach überschreiten zwar die vom Angeklagten zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmten Mengen in beiden Fällen bereits in Bezug auf das Kokain den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Eine über die jeweils zum Eigengebrauch und zur Weiterveräußerung bestimmten Mengen hinausgehende Verfügungsgewalt des Angeklagten über Betäubungsmittel (in nicht geringer Menge) hat das Landgericht indes auch hier nicht festgestellt.
13
4. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.
14
Die Änderungen der Schuldsprüche führen zur Aufhebung des Urteils in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen 118, 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch. Die jeweils zugehörigen Feststellungen werden von der rechtlich fehlerhaften Bewertung des Tatgeschehens nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben.
15
In den Fällen 138 und 139 der Urteilsgründe schließt der Senat demgegenüber aus, dass das Landgericht die Einzelstrafen milder bemessen hätte, wäre es nicht von einem zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und zum Erwerb von Betäubungsmitteln tateinheitlich hinzutretenden Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgegangen.
16
5. Die Regelbeispiele des § 29 Abs. 3 BtMG - wie hier die vom Landgericht rechtsfehlerfrei begründete Gewerbsmäßigkeit - sind keine qualifizierenden Tatbestände, sondern Strafzumessungsregeln und deshalb nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (Senat, Beschlüsse vom 27. April 2004 - 3 StR 116/04; vom 10. Mai 2005 - 3 StR 133/05, NStZ 2006, 172).
Becker RiBGH von Lienen befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 64/12
vom
27. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
27. März 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 14. Oktober 2011 abgeändert und neu
gefasst:
Der Angeklagte wird wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln, jeweils in zwei
Fällen, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten und
einer Woche verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, trägt er die Kosten
des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Im Umfang des Freispruchs
fallen diese Kosten sowie die dem Angeklagten jeweils
entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen (Fälle I. 2. a, c, e und f der Urteilsgründe) sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Fälle I. 2. b und d der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. In den Fällen I. 2. e und f der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG).
3
a) Der Angeklagte beabsichtigte, von unbekannt gebliebenen Lieferanten Kokain zu beziehen, das er teils selbst konsumieren, teils gewinnbringend an Dritte weiterveräußern wollte. Zur Erzielung eines günstigeren Einkaufspreises und zur Erhöhung seiner Gewinnspanne verabredete er am 26. und erneut am 29. November 2011 mit dem gesondert verfolgten S. , für diesen 5 bzw. 15 Gramm Kokain mitzubestellen, die er nach Lieferung jeweils zum Einkaufspreis an S. abgeben sollte. Zu Bestellungen kam es nicht.
4
b) Erklärt sich der Täter gegenüber einer anderen Person ernsthaft bereit , bei einem Dritten Betäubungsmittel zu erwerben und diese sodann an den anderen weiterzuveräußern, entfaltet er zwar eine auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt indes weitergehend auch eigennützige Motive des Täters voraus. Nicht eigennützig ist ein Umsatzgeschäft, das allein auf die Überlassung von Betäubungsmitteln zum Selbstkostenpreis oder Einstandspreis gerichtet ist (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 316 mwN). Davon geht auch das Landgericht aus. Allerdings hält es die erforderliche Eigennützigkeit der Vereinbarungen mit S. deshalb für gegeben, weil es dem Angeklagten darauf ankam, durch die so mögliche Bestellung größerer Mengen Kokains auch für sich selbst zu günstigeren Einkaufspreisen und höheren Verkaufsgewinnen zu gelangen.
5
Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Ob der Täter im Sinne eines Handeltreibens nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG eigennützig handelt, ist bezogen auf das konkret in Frage stehende Umsatzgeschäft zu beurteilen. Es muss sich gerade aus diesem Umsatzgeschäft ein eigener Nutzen für den Täter ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 StR 453/02, NStZ 2004, 457); dass ihm aus den Umständen des Erwerbs der umzusetzenden Betäubungsmittel Vorteile erwachsen, genügt für sich alleine nicht (Weber aaO Rn. 317, 320 f.). Daher liegt kein Handeltreiben vor, wenn der Täter zur Erzielung eines günstigeren Einkaufspreises auch für andere Abnehmer einkauft und diesen die Betäubungsmittel dann zum Einkaufspreis überlässt (BGH, Beschlüsse vom 25. September 1985 - 2 StR 521/85, NJW 1986, 794; vom 10. April 1984 - 4 StR 172/84, StV 1984, 248; vom 26. März 1992 - 4 StR 98/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 33).
6
So liegt der Fall hier. Aus den auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichteten Geschäften selbst, den mit S. vereinbarten Beschaffungen von Kokain zum Selbstkostenpreis, versprach sich der Angeklagte keine Vorteile. Vielmehr dienten ihm diese Abreden lediglich der Schaffung günstigerer Voraussetzungen für den beabsichtigten gleichzeitigen Einkauf von Kokain zu ei- genen Zwecken. Aus den Feststellungen ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte mit seinen Zusagen gewinnbringende Verkaufsgeschäfte des S. gefördert haben könnte (§ 27 StGB).
7
c) Auf der Grundlage der umfassenden Beweiswürdigung des Landgerichts schließt der Senat aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Er spricht den Angeklagten deshalb (auch) insoweit frei.
8
2. Die aus den verbleibenden Einzelstrafen - sechs Monate Freiheitsstrafe sowie Geldstrafen in Höhe von einmal 90 und zweimal 60 Tagessätzen - neu zu bildende Gesamtstrafe setzt der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO auf das sich aus §§ 54, 39 StGB hier (zu den Ausnahmen OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. Dezember 1994 - 2 Ss 202/94, MDR 1995, 404) ergebende Mindestmaß von sechs Monaten und einer Woche Freiheitsstrafe fest.
9
Ebenso holt der Senat hinsichtlich der vom Landgericht ausgesprochenen Geldstrafen die rechtsfehlerhaft unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhen nach (vgl. hierzu bereits BGH, Beschluss vom 20. April 1988 - 3 StR 138/88, BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 2) und setzt diese jeweils auf den Mindestbetrag von einem Euro fest (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB).
10
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 1996 - 1 Ws 70/96, Rpfleger 1996, 303).
Becker von Lienen Schäfer Mayer Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 42/16
vom
16. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:160316B4STR42.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 16. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 9. September 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen fasste der Angeklagte, der viele Jahre – teils gegen Entlohnung – als Informant der Polizei tätig gewesen war, im Mai 2014 den Entschluss, mit B. , der im Raum D. einen „schwungvollen“ Handel mit Betäubungsmitteln, insbesondere Kokain, betrieb, Betäubungsmittelgeschäfte zu machen. Er tat dies entweder in der Absicht, die von B. erworbenen Betäubungsmittel gewinnbringend weiterzuverkaufen, oder aber in dem Bestreben, durch die Drogengeschäfte näheren Zugang zuB. zu gewinnen, dessen Umfeld auszuleuchten und die hierdurch erlangten Informationen anschließend der Polizei anzubieten, wovon er sich eine angemessene Entlohnung für seine Tätigkeit oder die Zahlung einer Erfolgsprämie versprach. Kleinere Gewinne rechnete er mit ein, weil er sich dadurch die Mittel für seinen Eigenkonsum von Marihuana verdienen wollte.
3
In der Folgezeit bezog der Angeklagte meist nach vorangegangener telefonischer Bestellung von B. in acht Fällen Kokain in Mengen zwischen 10 und 50 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 40 %, das er in vier Fällen mit Gewinn (Taten II.2. Nr. 3 bis 6 der Urteilsgründe) und in vier Fällen zum Selbstkostenpreis (Taten II.2. Nr. 1, 2, 7 und 13 der Urteilsgründe) an Abnehmer weiterveräußerte. In weiteren fünf Fällen stellte der Angeklagte den Kontakt von B. zu Abnehmern her, die jeweils Kokain verschiedener Qualität in Mengen zwischen 30 und 60 Gramm erwarben oder erwerben wollten (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe). Ferner verkaufte er Marihuana , das er in Mengen von zweimal 1 Kilogramm von B. und von 100 Gramm von einem anderen Lieferanten bezogen hatte, mit Gewinn weiter (Taten II.2. Nr. 9, 12 und 14 der Urteilsgründe). Am 5. November 2014 erwarb der Angeklagte zunächst von einem weiteren Lieferanten 9,807 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 99,4 %, die er zum Selbstkostenpreis an einen Abnehmer abgeben wollte, und wenig später 21,98 Gramm Marihuana , das zur Hälfte zum Eigenkonsum und zur anderen Hälfte zur Weitergabe an Kollegen zum Selbstkostenpreis bestimmt war (Tat II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe). Schließlich wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 21. Januar 2015 im Keller 5 Gramm Kokain aufgefunden, die der Angeklagte einige Tage zuvor unentgeltlich von B. mit der Bestimmung erhalten hatte, dafür einen Kunden zu suchen (Tat II.2. Nr. 22 der Urteilsgründe

).


II.


4
Die Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Schuldspruchänderung im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe. Ansonsten hält der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils einer rechtlichen Prüfung stand.
5
1. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch in den Fällen , in denen der Angeklagte von seinem Lieferanten B. bezogene Betäubungsmittel zum Einkaufspreis an Abnehmer abgab (Taten II.2. Nr. 1, 2, 7 und 13 der Urteilsgründe) oder ohne Provisionserwartung den Kontakt zwischen B. und Abnehmern von Betäubungsmitteln vermittelte (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe).
6
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt eigennütziges Handeln voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256). Eigennützig ist eine Tätigkeit , wenn das Tun des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126; Beschlüsse vom 26. August 1992 – 3 StR 299/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 34; vom 6. November 2012 – 2 StR 410/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 80; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 150 mwN). Da der Vorteil weder tatsächlich erlangt werden noch unmittelbar aus dem Umsatzgeschäft resultieren muss (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1981 – 5 StR 56/81, StV 1981, 238; Urteil vom 4. Dezember 2007 – 5 StR 404/07, insoweit in NStZ 2008, 354 nicht abgedruckt ; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 323), reicht die Erwartung mittelbarer Vorteile aus, um die Eigennützigkeit zu begründen. Danach ist in den genannten Fällen ein eigennütziges Handeln des Angeklagten gegeben. Mit dem von einem finanziellen Eigeninteresse getragenen Bestreben, als Informant der Polizei gegen Entgelt verwertbare Informationen über seinen Lieferanten zu erhalten , zielte das Handeln des Angeklagten jeweils auf die Erlangung eines materiellen Vorteils, der nach den Vorstellungen des Angeklagten auch an seine auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit anknüpfte und damit einen hinreichenden Umsatzbezug (vgl. hierzu Weber aaO, Rn. 330; Rahlf in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 387) aufwies. Dass die erstrebten geldwerten Informationen erst später durch Weitergabe an die Polizei zu Geld gemacht werden sollten, steht der Annahme von Eigennützigkeit nicht entgegen. Aus denselben Gründen ist auch im Fall II.2. Nr. 22 der Urteilsgründe ein eigennütziges Handeln des Angeklagten zu bejahen.
7
2. In den Fällen, in denen der Angeklagte den Kontakt zwischen dem Lieferanten B. und den Abnehmern von Betäubungsmitteln herstellte (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe), ist durch die Urteilsfeststellungen ein täterschaftliches Handeln des Angeklagten hinreichend belegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 339/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 75; vom 4. September 2012 – 3 StR 337/12, NStZ-RR 2013, 46).
8
3. Dagegen kann der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. In diesem Fall, in dem der Angeklagte die Kokainzubereitung nicht von B. sondern von einem anderen Lieferanten bezog, um es zum Selbstkostenpreis an einen Abnehmer abzugeben, ist ein eigennütziges Verhalten des Angeklagten in den Urteilsgründen nicht festgestellt. Der Angeklagte hat sich nach den Feststellungen indes wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der Strafausspruch wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt. Angesichts der identischen Strafandrohung kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
9
4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.