Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2015 - 3 StR 301/14

bei uns veröffentlicht am22.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 0 1 / 1 4
vom
22. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Januar
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 13. November 2013 wird verworfen.
Der Nebenkläger trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Eine Erstattung der dem Angeklagten im Revisionsverfahren sowie der dem Nebenkläger durch die Revision des Angeklagten entstandenen notwenigen Auslagen findet nicht statt.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt , deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Nebenklägers, mit der dieser eine Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erstrebt, bleibt ohne Erfolg.
2
1. Hinsichtlich der Tat zum Nachteil des Nebenklägers (Fall II.1. der Urteilsgründe ) hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Nebenkläger bestieg nach einem Diskothekenbesuch das von dem Angeklagten gesteuerte Taxi. Aufgrund seiner Alkoholisierung hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse desorientiert, fragte er unterwegs den Angeklagten, warum er einen Umweg gewählt habe. Dieser hielt daraufhin sein Taxi an und versetzte dem neben ihm sitzenden Nebenkläger mit dem Ellenbogen einen Stoß ins Gesicht. Dann stieg er aus, öffnete die Beifahrertür, schlug den Nebenkläger erneut und zog ihn auf den Bürgersteig, wo er bäuchlings auf dem Boden zu liegen kam. Dort versetzte er dem Nebenkläger einen heftigen Schlag gegen den Kopf und Tritte gegen Gesicht und Oberkörper. Dann fuhr er davon. Nicht feststellen konnte die Strafkammer, dass der Angeklagte bei der Tat einen Baseballschläger verwendete und das Handy des Nebenklägers an sich nahm.
4
2. Die Revision des Nebenklägers deckt keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf.
5
a) Soweit das Landgericht sich nicht die Überzeugung verschaffen konnte , dass der Angeklagte bei der Tat das Mobiltelefon des Nebenklägers wegnahm , erweist sich die Beweiswürdigung als rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte wurde insoweit nur durch die Angaben des Nebenklägers belastet. Wegen Unsicherheiten und Erinnerungslücken in dessen Aussage vermochte das Landgericht hierauf die Feststellung der Wegnahme des Handys nicht zu stützen. Die Erwägungen des Landgerichts hierzu bewegen sich im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums. Dies gilt auch, soweit das Landgericht sich aufgrund der Angaben des Nebenklägers von der Verwendung eines Baseballschlägers bei der Tat nicht überzeugen konnte.

6
b) Auch dass das Landgericht den Angeklagten nicht wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung verurteilt hat, erweist sich im Ergebnis als rechtsfehlerfrei. Damit der Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erfüllt ist, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Körperverletzungshandlung generell dazu geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden (BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 - 2 StR 38/13, NStZ-RR 2013, 342). Schläge oder Tritte gegen den Kopf und den Oberkörper können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen im Einzelfall zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können (BGH, Urteile vom 29. April 2004 - 4 StR 43/04, NStZ 2004, 618; vom 31. Juli 2013 - 2 StR 38/13, NStZ-RR 2013, 342; Beschluss vom 11. Juli 2012 - 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340). Die Feststellungen verhalten sich nicht zu Wucht, Häufigkeit sowie Zielrichtung der Schläge und Tritte. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, dass das Landgericht aufgrund der Erinnerungslücken des Geschädigten zur konkreten Ausführung der Verletzungshandlungen auch keine Feststellungen treffen konnte, so dass sich die Beweiswürdigung insoweit nicht als lückenhaft erweist.
7
Da auch das Rechtsmittel des Angeklagten erfolglos geblieben ist, trägt jeder Rechtsmittelführer seine notwendigen Auslagen selbst (MeyerGoßner /Schmitt, 57. Aufl., § 473 Rn. 10a).
Becker Pfister RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2015 - 3 StR 301/14

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Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2015 - 3 StR 301/14 zitiert 1 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 38/13 vom 31. Juli 2013 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Juli 2013, an der teilgenommen haben: Vorsi

Referenzen

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 38/13
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Juli 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
der Angeklagte P. in Person,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 1. August 2012 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

I.

2
Der Angeklagte und sein Freund I. -L. fuhren am 15. Februar 2012 zu einem Garagengelände, wo sich der Angeklagte nach der Möglichkeit eines Ölwechsels für sein Fahrzeug erkundigte. Aus unbekannten Gründen kam es zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und dem dort anwesenden H. . Hierauf begaben sich der Angeklagte und sein Freund zurück zum Fahrzeug, während H. ihnen folgte, auf den Angeklagten einredete und bei dessen Versuch, ins Auto einzusteigen, die Tür zudrückte, so dass ein Fuß des Angeklagten für kurze Zeit eingeklemmt war. Deshalb wurde der Angeklagte wütend. Er versetzte H. mit erheblicher Wucht einen kräftigen Faustschlag an die Schläfe. Anschließend trat der 1,85 m große Angeklagte den mit 1,65 m Körperlänge kleineren Geschädigten mit erheblicher Wucht gegen die rechte obere Brustseite, so dass der Geschädigte umfiel und mit dem Hinterkopf auf den Boden aufschlug, wo er bewusstlos liegen blieb.
3
Dem Angeklagten war bekannt und bewusst, dass ein solch massiver Schlag in das Gesicht und ein derart wuchtiger Fußtritt gegen den Oberkörper geeignet waren, das Leben des Geschädigten zu gefährden, zumal ihm seine besondere Trittkraft als Amateurfußballspieler bekannt war.
4
Aufgrund des Schlags erlitt der Geschädigte eine Felsenbein- und Kalottenfraktur , ferner Kontusionsblutungen und eine Blutung zwischen Schädeldach und harter Hirnhaut aufgrund der Zerreißung einer Schlagader. Die Verletzungen mussten chirurgisch versorgt werden. Der Geschädigte leidet auch danach unter erheblichen Konzentrations- und Sehstörungen sowie Kopfschmerzen und Schlafstörungen und einer Sprachfindungsstörung.

II.

5
Die Revision ist unbegründet.
6
1. Dies gilt zunächst für den Rechtsmittelangriff gegen den Schuldspruch.
7
Das Landgericht hat die rechtsfehlerfrei festgestellte Tat zu Recht als gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bewertet. Sowohl der heftige Faustschlag gegen die Schläfe des Opfers als auch der wuchtige Tritt gegen den Oberkörper, der den Geschädigten zu Fall brachte und mit dem Hinterkopf hart auf den Boden aufschlagen ließ, waren jeweils lebensgefährliche Handlungen, die in natürlicher Handlungseinheit zusammenge- troffen sind. Für eine Bewertung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell dazu geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Januar 2013 – 2 StR 520/12). Tritte oder heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 2StR 60/12). Dabei ist aber die konkrete Schädlichkeit der Einwirkung auf den Körper des jeweiligen Verletzten im Einzelfall zu berücksichtigen. Die Größenunterschiede zwischen Täter und Opfer, die Wucht des aus Wut ausgeführten Schlags und des Tritts, sowie die Zielrichtung begründen hier die Bewertung als lebensgefährliche Handlungen. Mit dem Faustschlag gegen den Kopf und mit dem Tritt, der mittelbar durch Sturz und Aufprall des Geschädigten mit dem Kopf auf den Boden jeweils gegen eine vitale Körperregion gewirkt haben, wurde eine zumindest potenzielle Lebensgefährdung verursacht.
8
Subjektiv muss der Täter einer Tat nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB die Umstände der Tat erkennen, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2001 – 3 StR 175/01). Da der Angeklagte wusste, dass er massive Gewalt gegen den Kopf des Opfers ausübte, was er auch wollte, hat er die Tat mit dem Vorsatz einer das Leben des Geschädigten gefährdenden Handlung begangen.
9
2. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts begegnet auch die Bemessung der Jugendstrafe keinen rechtlichen Bedenken.
10
a) Nach § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zuzumessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Dies bedeutet nicht, dass die Erziehungswirkung als einziger Gesichtspunkt heranzuziehen ist. Vielmehr sind daneben andere Strafzwecke zu beachten, insbesondere bei Gewaltdelikten mit erheblichen Folgen für das Opfer auch das Erfordernis gerechten Schuldausgleichs. Das Gewicht des Tatunrechts muss gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Verurteilten abgewogen werden. Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei regelmäßig nicht im Widerspruch. Hier stehen sie miteinander im Einklang, weil die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, für das Erziehungsbedürfnis und für die Bewertung der Schuld gleichermaßen von Bedeutung sind.
11
b) Die Jugendkammer hat nach Aufzählung der Strafbemessungsgründe betont, sie habe unter "Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände und unter zentraler Berücksichtigung des Erziehungsgedankens" die verhängte Jugendstrafe "für angemessen und notwendig erachtet". Danach ist, anders als in Fällen, in denen das Tatgericht die Jugendstrafe in ihrer Höhe ausschließlich als "tat- und schuldangemessen" bezeichnet (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juni 2013 – 2 StR 498/12), nicht zu besorgen, das Tatgericht könne diesen Maßstab des Jugendstrafrechts übersehen haben.
12
Eine lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens in den Urteilsgründen würde zwar nicht den Anforderungen genügen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 – 3 StR 14/12, StraFo 2012, 241). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Bei der Erläuterung der Strafbemessungskriterien hat die Jugendkammer nicht nur Gesichtspunkte verwendet, die ausschließlich gemäß § 46 Abs. 1 StGB von Bedeutung wären. Sie hat vielmehr einer "positiven Entwicklung" des Angeklagten Rechnung getragen, der in der Untersuchungshaft über "seinen bisherigen persönlichen und schulischen Werdegang sowie insbesondere über die Tat reflektiert und sich damit auseinandergesetzt hat." Dies sind Aspekte, die für die Bewertung des erzieherischen Einwirkungsbedarfs von Bedeutung sind.
13
Wenn die Strafhöhe ferner mit den schweren Folgen der Tat für den Nebenkläger und den einschlägigen Vorbelastungen sowie der lediglich fünf Wochen vor der vorliegenden Tat erfolgten Verhängung eines einwöchigen Dauerarrests gegen den Angeklagten begründet wurde, lässt dies auch als Mitbewertung von Unrecht und Schuld nicht besorgen, dass das Landgericht den Erziehungsgedanken aus dem Blick verloren hat. Diese Aspekte, insbesondere die Erwägung, dass sich der Angeklagte durch den gegen ihn verhängten Dauerarrest nicht ausreichend hat beeindrucken lassen, enthalten auch Kriterien, die für die Einschätzung der notwendigen erzieherischen Einwirkung von Bedeutung sind.
14
c) Es stellt entgegen der Annahme der Revision ferner keinen Rechtsfehler dar, dass das Landgericht bei der Bemessung der Jugendstrafe den Rechtsgedanken des § 213 1. Alt. StGB nicht ausdrücklich erwähnt hat. Dabei kann offen bleiben, ob der Nebenkläger den Angeklagten durch Einklemmen eines Fußes in die Autotür im Sinne von § 213 1. Alt. StGB erheblich misshandelt und dies den Angeklagten auf der Stelle zur Tat hingerissen hat.
15
Der Rechtsgedanke des § 213 1. Alt. StGB in Verbindung mit § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB kann in Fällen einer gefährlichen Körperverletzung schon bei Anwendung von allgemeinem Strafrecht nur mittelbar Bedeutung erlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 3 StR 206/12, NStZ-RR 2012, 308). Ein eigener gesetzlicher Strafrahmen wird dadurch bei der Anwendung von Jugendstrafrecht nicht eröffnet. Das Landgericht hat aber bei der Bemessung der Jugendstrafe innerhalb des Strafrahmens aus den §§ 18 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 3 Satz 1 JGG auch berücksichtigt, dass es sich "um eine Spontantat aus einer besonderen Situation heraus" gehandelt hat.
Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 43/04
vom
29. April 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Landfriedensbruchs u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Sinan Y. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Tamer A. ,
Rechtsanwältin
für den Angeklagten Jasher M. E. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Emrullah A. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Tuncer A. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Mazlum Yi.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
für den Nebenkläger Antar Z. ,
Rechtsanwalt
für den Nebenkläger Abdel H. A. -H.
als Nebenkläger-Vertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. , der Staatsanwalt- schaft sowie der Nebenkläger Antar Z. und Abdel H. A. -H. gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11. Juni 2003 werden verworfen.
2. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. die Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Die Nebenkläger haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Die in dem Revisionsverfahren gegen den Angeklagten Jashar M. E. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenkläger je zur Hälfte. Die in den Revisonsverfahren gegen die Angeklagten Tamer A. , Emrullah A. und Mazlum Yi. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger Abdel H. A. -H. je zur Hälfte.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Landfriedensbruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Ange-
klagten Sinan Y. hat es unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Vorverur- teilung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten Tamer A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten Jashar M. E. zu einer Jugendstrafe von drei Jahren, den Angeklagten Emrullah A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten Tuncer A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten Mazlum Yi. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten Tamer A. , Tuncer A. und den Angeklagten Mazlum Yi. verhängten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. rügen mit ihren Revisionen die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, eine Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Totschlags. Sie beanstandet ferner, daß die Schuldsprüche nicht auch auf den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB gestützt worden sind, und wendet sich gegen die Strafzumessung. Die Nebenkläger rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Sie erstreben eine Verurteilung des Angeklagten Jashar M. E. , der Nebenkläger Abdel H. A. -H. darüber hinaus auch der Angeklagten Tamer A. , Emrullah A. und Mazlum Yi. , wegen versuchten Totschlags und beanstanden die Strafzumessung.
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


Die Angeklagten sind Asylbewerber. Sie wohnten Ende Juni 2002 mit weiteren Landsleuten ("Gruppe der Kurden") in der Landeswohnsiedlung in L. , in der neben anderen nichtkurdischen Asylbewerbern die aus Algerien stammenden Abdel H. A. -H. , Antar Z. und Najib B. ("Gruppe der Araber") wohnten. Zwischen beiden Gruppen kam es häufig zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen, die auch zu Polizeieinsätzen führten. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2002 wurde der Angeklagte Jashar M. E. von algerischen Asylbewerbern angegriffen und verletzt. 30 bis 40 kurdische Asylbewerber, die sich danach auf dem Gelände der Landeswohnsiedlung versammelt hatten, beschlossen, angestachelt von dem Angeklagten Jashar M. E. , sich „wegen der vorgefallenen Auseinandersetzungen an den Arabern zu rächen.“ Sie wollten "den Arabern gehörige Angst einjagen, sie verprügeln und krankenhausreif schlagen.“ Angeführt von dem Angeklagten Jashar M. E. , begaben sich 25 bis 30 Kurden, die sich mit Stöcken und Holzknüppeln bewaffnet hatten, zu dem Wohnblock, in dem arabische Asylbewerber untergebracht waren. Der Angeklagte Emrullah A. führte für alle sichtbar ein Messer mit sich. Ohne Vorwarnung drangen die Angeklagten sowie weitere Kurden in das Zimmer des Antar Z. ein, in dem sich auch Abdel H. A. -H. und Najib B. aufhielten. Der Angeklagte Jashar M. E. zeigte auf Antar Z. und sagte auf arabisch: "Heute bringen wir euch/dich um" bzw. "erledigen wir euch/dich". Danach wurde mit Fäusten und mit Knüppeln massiv auf Antar Z. und Abdel H. A. - H. eingeschlagen. Der Angeklagte Emrullah A. schlug mit einem Stuhlbein einen der Nebenkläger, zielte mit seinem Messer auf das Gesicht von Najib B. und machte dabei eine Bewegung von unten nach oben, „als
wolle er ihn stechen.“ Wer Antar Z. im Verlauf der Auseinandersetzung die Schnittverletzung an der linken Hand zufügte, die zur Durchtrennung einer Sehne führte, konnte nicht geklärt werden. Antar Z. , Abdel H. A. -H. und Najib B. flüchteten schließlich durch das Fenster.
Der Nebenkläger Antar Z. wurde von einer Gruppe von etwa 10 bis 14 Kurden, unter ihnen die Angeklagten Jashar M. E. , Tamer A. und Sinan Y. in einem Gebüsch entdeckt und umzingelt. Jashar M. E. , der Antar Z. aus dem Gebüsch gezogen hatte, und Tamer A. schlugen auf Antar Z. ein. Als dieser auf dem Boden lag, trat Sinan Y. ihn mit den beschuhten Füßen. Von weiteren Kurden wurde Antar Z. mit Stöcken geschlagen.
Neben der Schnittverletzung an der Hand erlitt Antar Z. durch die Schläge und Tritte eine Vielzahl von Verletzungen am gesamten Körper, insbesondere im Bereich des Kopfes, des Halses und des Rumpfes. "Die Gewalt war fast ausschließlich gegen lebenswichtige Körperbereiche gerichtet". Ein massiver Fußtritt, der geeignet war, lebensgefährliche Verletzungen am Kehlkopf hervorzurufen, zeichnete sich am vorderen Hals im Bereich des Kehlkopfs ab.
Der Nebenkläger Abdel H. A. -H. fiel bei seiner Flucht auf den Boden und wurde mit Stöcken geschlagen und mit einem Messer angegriffen. Er erlitt eine Vielzahl von Schürfungen, insbesondere im Bereich der Extremitäten , sowie zwei lebensgefährliche Stichverletzungen im Rücken. Wer Abdel H. A. -H. die Stichverletzungen beibrachte, konnte nicht geklärt werden.

II.


1. Die Revisionen der Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. sind unbegründet.

a) Die Verfahrensrügen sind unzulässig; im übrigen wären sie auch unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 11. Februar 2004 verwiesen.

b) Die Überprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerden hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer ergeben.
Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei, auch soweit sie die Mittäterschaft des bei den Gewalttätigkeiten in dem Zimmer des Nebenklägers Antar Z. anwesenden Angeklagten Tuncer A. betrifft. Sie weist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten keine Widersprüche, Lücken oder Verstöße gegen die Denkgesetze auf.
Auch die Schuldsprüche wegen Landfriedensbruchs (§§ 125 Abs. 1 Nr. 1, 125 a StGB) begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten Tuncer A. steht der Annahme des Landgerichts, daß sich die Beschwerdeführer im Sinne dieser Vorschrift als Mittäter an Gewalttätigkeiten beteiligt haben, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise begangen worden sind, nicht entgegen, daß sich die Gewalttätigkeiten allein gegen Abdel H. A. - H. , Antar Z. und Najib B. richteten. Sind die Tathandlungen des
§ 125 Abs. 1 StGB gegen bestimmte Personen gerichtet oder tritt nur an einzelnen Schaden ein, so genügt es, wenn diese als Repräsentanten eines Personenkreises angegriffen werden, weil solche Gewalthandlungen nicht nur das Sicherheitsgefühl der unmittelbar betroffenen, sondern einer Vielzahl von Personen beeinträchtigen und zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen (vgl. BGH NStZ 1993, 538; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 125 Rdn. 9, jew. m. w. N.). So liegt es hier. Zwar war Auslöser der Gewalttätigkeiten letztlich der Überfall mehrerer Araber auf Jashar M. E. . Die "Gruppe der Kurden" wollte sich aber nach dem Tatplan wegen der zwischen Kurden und Arabern „vorgefallenen Auseinandersetzungen an den Arabern" rächen. Die Tatopfer wurden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als Vertreter ihrer Volksgruppe angegriffen. Durch die aus der unter anderem mit Knüppeln bewaffneten Gruppe von mindestens 30 Kurden begangenen Gewalttätigkeiten wurde demgemäß das Sicherheitsgefühl nicht nur der Tatopfer, sondern einer unbestimmten Vielzahl von Personen „der Volksgruppe der Araber“ beeinträchtigt.
2. Auch die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen die Angeklagten begünstigenden oder – was der Senat gemäß § 301 StPO zu prüfen hat – benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.

a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht ein Handeln der Angeklagten mit (bedingtem) Tötungsvorsatz verneint hat und mit denen es davon ausgegangen ist, daß die Angeklagten ihrem Tatplan entsprechend, „den Arabern gehörig Angst einzujagen, sie zu verprügeln und krankenhausreif zu
schlagen,“ während des gesamten Tatgeschehens lediglich mit Körperverletzungsvorsatz handelten, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Annahme, daß die Angeklagten entgegen ihrer Einlassung mit direktem Tötungsvorsatzes handelten, ließe sich, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, nach den zum äußeren Tatgeschehen getroffenen Feststellungen allenfalls damit begründen, daß der Angeklagte Emrullah A. , was auch die anderen Angeklagten wußten, ein Messer mit sich führte und daß der Angeklagte Jashar M. E. beim Eindringen in das Zimmer auf arabisch rief: „Heute bringen wir euch/dich um“ oder „erledigen wir euch/dich.“ Das Landgericht hat eine Tötungsabsicht der Angeklagten unter anderem deshalb verneint, weil der Angeklagte Jashar M. E. selbst – ungeachtet seiner Äußerung - nur mit den Händen zuschlug, die anderen Angeklagten nicht arabisch sprechen und auch die von diesen Angeklagten eigenhändig begangenen Tathandlungen nicht auf eine Tötungsabsicht schließen lassen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Daß einer oder mehrere der an den Gewalttätigkeiten Beteiligten Antar Z. eine Schnittverletzung an der Hand und Abdel H. A. -H. zwei lebensgefährliche Stichverletzungen zufügten, hat das Landgericht zu Recht keinem der Angeklagten als versuchte Tötungshandlung zugerechnet. Zwar legt insbesondere die Schwere der Abdel H. A. -H. zugefügten Stichverletzungen die Annahme nahe, daß der nicht ermittelte Täter , der Abdel H. A. -H. die Stiche in den Rücken versetzte, mit direktem oder zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Nach § 25 Abs. 2 StGB könnten aber den Angeklagten diese Tathandlungen nur dann zugerechnet werden, wenn auch solche von anderen Tatbeteiligten begangenen Handlungen vom gemeinsamen Tatplan umfasst waren oder jedenfalls nachträglich gebilligt worden wären. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft führt
aber weder die Tatsache, daß der Angeklagte Emrullah A. mit einem Messer , andere Mittäter mit Knüppeln bewaffnet waren, noch der Umstand, daß auf die Tatopfer mit beschuhten Füßen eingetreten wurde, zwangsläufig zu der Annahme, daß sich die Angeklagten mit Tötungsabsicht an den Gewalttätigkeiten beteiligt oder daß sie jedenfalls im Verlauf der Auseinandersetzung mit tödlichen Verletzungen der Tatopfer gerechnet und solche gebilligt haben.

b) Die Staatsanwaltschaft beanstandet allerdings zu Recht, daß das Landgericht die Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung lediglich auf § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB, nicht aber auch auf Nr. 5 dieser Vorschrift (Begehung der Tat mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung) gestützt hat. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten auch diesen Tatbestand verwirklicht. Nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB braucht die Behandlung das Leben nicht konkret zu gefährden; es genügt, daß die Art der Behandlung nach den Umständen des Einzelfalles dazu geeignet ist (vgl. BGHSt 2, 160, 163; BGHR § 223a I (a.F.) Lebensgefahr 1; BGH NStZ-RR 1997, 67). Tritte mit dem beschuhten Fuß und Schläge mit Knüppeln gegen den Kopf und den Oberkörper stellen eine das Leben gefährdende Behandlung dar, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können (vgl. BGHSt 2, 160, 162 f.; 19, 352). Die Umstände , aus denen sich die Lebensgefährdung des von den Angeklagten nach den Feststellungen gebilligten Einsatzes jedenfalls der von Tatbeteiligten mitgeführten Knüppel ergibt, waren den Angeklagten bekannt.
Der Senat schließt jedoch aus, daß das Landgericht höhere Strafen verhängt hätte, wenn es nicht übersehen hätte, dass die Angeklagten sich jeweils auch nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 strafbar gemacht haben; denn es hat bei der
Strafzumessung die enorme Gewaltbereitschaft und die durch Tritte und Schläge mit Knüppeln verursachten schweren Verletzungen strafschärfend berücksichtigt und damit im Ergebnis auch dem Schuldgehalt des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB Rechnung getragen.

c) Die Strafzumessung ist auch im übrigen rechtsfehlerfrei. Insbesondere weist sie entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft keinen die Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 11. Februar 2004.
3. Die Revisionen der Nebenkläger sind unzulässig (§ 400 Abs. 1 StPO), soweit sie sich gegen die Strafzumessung wenden; zu den Schuldsprüchen sind sie aus den oben genannten Gründen unbegründet.

III.


Bei den Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. hat der Senat von der Auferlegung der Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel abgesehen (§ 74 Abs. 2 JGG). Da die gegenläufigen Revisionen des Angeklagten Jashar M. E. und der Nebenkläger ohne Erfolg geblieben sind, findet eine Überbürdung der notwendigen Auslagen der Nebenkläger auf
den Angeklagten nicht statt (vgl. BGH NStZ 1993, 230). Hinsichtlich des weiteren Kostenausspruchs wird auf die Entscheidungen des BGH vom 10. April 2003 – 4 StR 73/03, vom 10. Juli 2003 - 3 StR 130/03 und vom vom 20. Dezember 1957 - 1 StR 33/57 (BGHSt 11, 189) verwiesen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 38/13
vom
31. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 31. Juli 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
der Angeklagte P. in Person,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 1. August 2012 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

I.

2
Der Angeklagte und sein Freund I. -L. fuhren am 15. Februar 2012 zu einem Garagengelände, wo sich der Angeklagte nach der Möglichkeit eines Ölwechsels für sein Fahrzeug erkundigte. Aus unbekannten Gründen kam es zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und dem dort anwesenden H. . Hierauf begaben sich der Angeklagte und sein Freund zurück zum Fahrzeug, während H. ihnen folgte, auf den Angeklagten einredete und bei dessen Versuch, ins Auto einzusteigen, die Tür zudrückte, so dass ein Fuß des Angeklagten für kurze Zeit eingeklemmt war. Deshalb wurde der Angeklagte wütend. Er versetzte H. mit erheblicher Wucht einen kräftigen Faustschlag an die Schläfe. Anschließend trat der 1,85 m große Angeklagte den mit 1,65 m Körperlänge kleineren Geschädigten mit erheblicher Wucht gegen die rechte obere Brustseite, so dass der Geschädigte umfiel und mit dem Hinterkopf auf den Boden aufschlug, wo er bewusstlos liegen blieb.
3
Dem Angeklagten war bekannt und bewusst, dass ein solch massiver Schlag in das Gesicht und ein derart wuchtiger Fußtritt gegen den Oberkörper geeignet waren, das Leben des Geschädigten zu gefährden, zumal ihm seine besondere Trittkraft als Amateurfußballspieler bekannt war.
4
Aufgrund des Schlags erlitt der Geschädigte eine Felsenbein- und Kalottenfraktur , ferner Kontusionsblutungen und eine Blutung zwischen Schädeldach und harter Hirnhaut aufgrund der Zerreißung einer Schlagader. Die Verletzungen mussten chirurgisch versorgt werden. Der Geschädigte leidet auch danach unter erheblichen Konzentrations- und Sehstörungen sowie Kopfschmerzen und Schlafstörungen und einer Sprachfindungsstörung.

II.

5
Die Revision ist unbegründet.
6
1. Dies gilt zunächst für den Rechtsmittelangriff gegen den Schuldspruch.
7
Das Landgericht hat die rechtsfehlerfrei festgestellte Tat zu Recht als gefährliche Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB bewertet. Sowohl der heftige Faustschlag gegen die Schläfe des Opfers als auch der wuchtige Tritt gegen den Oberkörper, der den Geschädigten zu Fall brachte und mit dem Hinterkopf hart auf den Boden aufschlagen ließ, waren jeweils lebensgefährliche Handlungen, die in natürlicher Handlungseinheit zusammenge- troffen sind. Für eine Bewertung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell dazu geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Januar 2013 – 2 StR 520/12). Tritte oder heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 2StR 60/12). Dabei ist aber die konkrete Schädlichkeit der Einwirkung auf den Körper des jeweiligen Verletzten im Einzelfall zu berücksichtigen. Die Größenunterschiede zwischen Täter und Opfer, die Wucht des aus Wut ausgeführten Schlags und des Tritts, sowie die Zielrichtung begründen hier die Bewertung als lebensgefährliche Handlungen. Mit dem Faustschlag gegen den Kopf und mit dem Tritt, der mittelbar durch Sturz und Aufprall des Geschädigten mit dem Kopf auf den Boden jeweils gegen eine vitale Körperregion gewirkt haben, wurde eine zumindest potenzielle Lebensgefährdung verursacht.
8
Subjektiv muss der Täter einer Tat nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB die Umstände der Tat erkennen, aus denen sich die Lebensgefährlichkeit ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2001 – 3 StR 175/01). Da der Angeklagte wusste, dass er massive Gewalt gegen den Kopf des Opfers ausübte, was er auch wollte, hat er die Tat mit dem Vorsatz einer das Leben des Geschädigten gefährdenden Handlung begangen.
9
2. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts begegnet auch die Bemessung der Jugendstrafe keinen rechtlichen Bedenken.
10
a) Nach § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zuzumessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Dies bedeutet nicht, dass die Erziehungswirkung als einziger Gesichtspunkt heranzuziehen ist. Vielmehr sind daneben andere Strafzwecke zu beachten, insbesondere bei Gewaltdelikten mit erheblichen Folgen für das Opfer auch das Erfordernis gerechten Schuldausgleichs. Das Gewicht des Tatunrechts muss gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Verurteilten abgewogen werden. Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei regelmäßig nicht im Widerspruch. Hier stehen sie miteinander im Einklang, weil die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, für das Erziehungsbedürfnis und für die Bewertung der Schuld gleichermaßen von Bedeutung sind.
11
b) Die Jugendkammer hat nach Aufzählung der Strafbemessungsgründe betont, sie habe unter "Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände und unter zentraler Berücksichtigung des Erziehungsgedankens" die verhängte Jugendstrafe "für angemessen und notwendig erachtet". Danach ist, anders als in Fällen, in denen das Tatgericht die Jugendstrafe in ihrer Höhe ausschließlich als "tat- und schuldangemessen" bezeichnet (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juni 2013 – 2 StR 498/12), nicht zu besorgen, das Tatgericht könne diesen Maßstab des Jugendstrafrechts übersehen haben.
12
Eine lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens in den Urteilsgründen würde zwar nicht den Anforderungen genügen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 – 3 StR 14/12, StraFo 2012, 241). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Bei der Erläuterung der Strafbemessungskriterien hat die Jugendkammer nicht nur Gesichtspunkte verwendet, die ausschließlich gemäß § 46 Abs. 1 StGB von Bedeutung wären. Sie hat vielmehr einer "positiven Entwicklung" des Angeklagten Rechnung getragen, der in der Untersuchungshaft über "seinen bisherigen persönlichen und schulischen Werdegang sowie insbesondere über die Tat reflektiert und sich damit auseinandergesetzt hat." Dies sind Aspekte, die für die Bewertung des erzieherischen Einwirkungsbedarfs von Bedeutung sind.
13
Wenn die Strafhöhe ferner mit den schweren Folgen der Tat für den Nebenkläger und den einschlägigen Vorbelastungen sowie der lediglich fünf Wochen vor der vorliegenden Tat erfolgten Verhängung eines einwöchigen Dauerarrests gegen den Angeklagten begründet wurde, lässt dies auch als Mitbewertung von Unrecht und Schuld nicht besorgen, dass das Landgericht den Erziehungsgedanken aus dem Blick verloren hat. Diese Aspekte, insbesondere die Erwägung, dass sich der Angeklagte durch den gegen ihn verhängten Dauerarrest nicht ausreichend hat beeindrucken lassen, enthalten auch Kriterien, die für die Einschätzung der notwendigen erzieherischen Einwirkung von Bedeutung sind.
14
c) Es stellt entgegen der Annahme der Revision ferner keinen Rechtsfehler dar, dass das Landgericht bei der Bemessung der Jugendstrafe den Rechtsgedanken des § 213 1. Alt. StGB nicht ausdrücklich erwähnt hat. Dabei kann offen bleiben, ob der Nebenkläger den Angeklagten durch Einklemmen eines Fußes in die Autotür im Sinne von § 213 1. Alt. StGB erheblich misshandelt und dies den Angeklagten auf der Stelle zur Tat hingerissen hat.
15
Der Rechtsgedanke des § 213 1. Alt. StGB in Verbindung mit § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB kann in Fällen einer gefährlichen Körperverletzung schon bei Anwendung von allgemeinem Strafrecht nur mittelbar Bedeutung erlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 3 StR 206/12, NStZ-RR 2012, 308). Ein eigener gesetzlicher Strafrahmen wird dadurch bei der Anwendung von Jugendstrafrecht nicht eröffnet. Das Landgericht hat aber bei der Bemessung der Jugendstrafe innerhalb des Strafrahmens aus den §§ 18 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 3 Satz 1 JGG auch berücksichtigt, dass es sich "um eine Spontantat aus einer besonderen Situation heraus" gehandelt hat.
Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 60/12
vom
11. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. Juli 2012 gemäß § 349Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 29. Juli 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen B.I.4, B.I.10 und B.I.15 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in sieben Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in zwölf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung , und wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es der Nebenklägerin unter Absehen von einer weiter gehenden Entscheidung über die Adhäsionsklage ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 € zugesprochen.Gegen dieses Urteil richtet sich die auf eine Ver- fahrensrüge sowie die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufgrund der Sachrüge Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Feststellungen schlug und trat der Angeklagte die Nebenklägerin am Morgen eines Tages im Zeitraum zwischen dem 30. August und Anfang September 2008 aus nichtigem Anlass. Sie flüchtete ins Badezimmer und kauerte sich am Boden zusammen. Der Angeklagte setzte ihr nach und trat ihr mehrfach gegen den Kopf, so dass diese gegen die Badewanne stieß. Dadurch wurde es der Nebenklägerin schwindelig und sie erlitt eine blutende Verletzung am Ohr. Es folgten weitere Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht der Geschädigten (Fall B.I.4 der Urteilsgründe). Am 5. Oktober 2008 prügelte der Angeklagte im Schlafzimmer auf die Nebenklägerin ein und trat sie. Dadurch wurde sie mehrfach mit dem Kopf gegen die Metallverstrebung des Bettes und gegen die Wände des Schlafzimmers gestoßen. Außerdem riss der Angeklagte ihr Haare aus (Fall B.I.10). An einem Tag Ende Januar 2009 fesselte der Angeklagte die Nebenklägerin an einen Stuhl, indem er ihre Hände mit einem Tuch hinter der Lehne des Stuhls sowie ihre Beine zusammenband. Außerdem knebelte er sie. Er drohte ihr an, ihr den Finger zu brechen, mit dem sie seine Telefonanrufe weggedrückt habe. Die Nebenklägerin geriet dadurch in Panik, zitterte und weinte. Der Angeklagte ließ die Nebenklägerin einige Minuten gefesselt, ohne seine Drohung umzusetzen; dann band er sie los (Fall B.I.15).

II.

3
Die Handlungen in den Fällen B.I.4 und B.I.10 hat das Landgericht ohne nähere Erläuterung als gefährliche Körperverletzung, die Handlung im Fall B.I.15 als vorsätzliche Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung bewertet. Dies begegnet rechtlichen Bedenken.
4
1. Es ist nicht nachzuvollziehen, welchen Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 StGB das Landgericht in den Fällen B.I.4 und B.I.10 heranziehen wollte, weil das Landgericht keine ausdrückliche Subsumtion vorgenommen hat. Das Wertungsergebnis liegt auch nicht ohne weiteres auf der Hand.
5
§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ein, wenn der Täter das Opfer gegen einen unbeweglichen Gegenstand bewegt (vgl. BGHSt 22, 235, 236; BGH NStZ-RR 2005, 75).
6
Danach kommt als Qualifikationsgrund in den genannten Fällen nur die Begehung der Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht. Tritte oder heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2007 - 2 StR 105/07). Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen im Einzelfall zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können. Ob das hier der Fall war, wird aus den Urteilsfeststellungen nicht abschließend deutlich.
7
Erforderlich ist zudem ein Vorsatz des Täters zur Herbeiführung einer derartigen potenziellen Lebensgefahr (vgl. BGHSt 19, 352 f.). Dazu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen.
8
2. Im Fall B.I.15 hat das Landgericht den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) durch die Fesselung der Nebenklägerin nicht näher erläutert. Eine körperliche Misshandlung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB ist eine üble, unangemessene Behandlung, die zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlempfindens oder der körperlichen Unversehrtheit führt. Das körperliche Wohlempfinden kann nicht allein durch psychische Reaktionen beeinträchtigt werden (vgl. BGH NStZ 1997, 123, 124), so dass das Hervorrufen von Angst nicht als Taterfolg im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB ausreicht. Bedrohungs- oder Einschüchterungshandlungen dürfen sich hinsichtlich der Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens nicht nur auf das seelische Gleichgewicht auswirken, sondern sie müssen auch die körperliche Verfassung des Opfers betreffen (vgl. BGH NStZ 1986, 166). Ob dies hier der Fall war, bleibt nach den getroffenen Feststellungen zumindest unklar. Zudem muss der Körperverletzungserfolg vom Vorsatz des Täters umfasst sein. Dazu verhalten sich die Urteilsfeststellungen nicht. Eine Erläuterung der rechtlichen Bewertung fehlt.
9
Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung, die für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellt und beurteilt wurde, kann danach ebenfalls keinen Bestand haben.
10
3. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs und des Ausspruchs über die Einzelstrafen in den Fällen B.I.4, B.I.10 und B.I.15 mitsamt der Einsatzstrafe entfällt zugleich die Gesamtstrafe.
Becker Fischer Appl Krehl Eschelbach