Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2014 - 5 StR 395/14

bei uns veröffentlicht am08.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR395/14
vom
8. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren räuberischen Diebstahls u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Oktober
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Dr. Berger
als beisitzende Richter
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 29. April 2014 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen
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Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten richtet sich primär gegen die Annahme der Voraussetzungen des § 252 StGB. In dieser Hinsicht wird sie vom Generalbundesanwalt als begründet erachtet, bleibt jedoch insgesamt ohne Erfolg.
1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen steckte der vielfach wegen
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Eigentumsdelikten vorbestrafte Angeklagte in einem Einkaufsmarkt Lebensmittel in seinen Rucksack und verließ das Geschäft, ohne die Waren zu bezahlen. Er begab sich – aufgrund eines fünffachen Trümmerbruchs des nunmehr u.a. mittels eines Gestells von außen stabilisierten rechten Beins humpelnd – zu einer 100 bis 150 m entfernten Haltestelle, um von dort mit dem Bus nach Hause zu fahren.
Die Inhaberin des Marktes hatte den Diebstahl bemerkt, kurz nachdem
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der Angeklagte die Kasse passiert hatte. Sie nahm die Verfolgung auf, sah ihn – nachdemsie zunächst in die Tiefgarage geschaut hatte – an der Haltestelle sitzen, begab sich sofort dorthin und forderte ihn auf, das Diebesgut zurückzugeben , dann sei die Sache erledigt. Nachdem der Angeklagte zwar zwei Fächer seines Rucksacks, nicht aber das dritte, in dem sich die Lebensmittel befanden, geöffnet hatte und daraufhin vom ebenfalls an der Haltestelle wartenden P. zur Öffnung aufgefordert worden war, ergriff er die Flucht. Als P. ihn festzuhalten versuchte, schlug der Angeklagte ihm mit der Faust schmerzhaft ins Gesicht, wodurch die Lippe leicht aufplatzte. Nachdem ihm P. und die Marktinhaberin weiter gefolgt waren, holte der Angeklagte aus seinem Rucksack einen etwa 20 cm langen Schraubendreher mit angebrochenem und daher spitzem Werkzeugende, hielt diesen in Richtung des Verfol- gers und sagte „Alter, lass mich in Ruhe“, um sich im Besitz der entwendeten Waren zu halten. Die Drohung nahm P. jedoch nicht wahr.
Nachdem ihn ein weiterer Mann hierzu aufgefordert hatte, ließ der Ange4 klagte den Schraubendreher los. Er wurde wenig später von der herbeigerufenen Polizei festgenommen; die Waren wurden der Marktinhaberin zurückgegeben.
2. Die Überprüfung des Urteils deckt keinen Rechtsfehler auf. Die den
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Feststellungen zugrundeliegende Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden; insbesondere hat das Landgericht plausibel dargetan, weshalb es sich von der Beutesicherungsabsicht des Angeklagten überzeugt hat. Auch die rechtliche Würdigung erweist sich als fehlerfrei. Hierbei ist das Landgericht von zutreffen- den rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Danach hat sich der Angeklagte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung des schweren räuberischen Diebstahls schuldig gemacht. Insofern bedarf im Hinblick auf das Revisionsvorbringen nur Folgendes der Erörterung:
a) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Diebstahl
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noch nicht beendet war. Denn hierfür hätte der Angeklagte den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen bereits gefestigt und gesichert haben müssen (vgl. BGH, Urteile vom 6. April 1965 – 1 StR 73/65, BGHSt 20, 194, 196; vom 8. Oktober 1975 – 2 StR 404/75); dies war nach den insofern maßgeblichen Umständen des Einzelfalls noch nicht geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 – 4 StR 131/00, NStZ 2001, 88, 89). Zwar hatte der Angeklagte den Einkaufsmarkt und damit den unmittelbaren Herrschaftsbereich der Bestohlenen bereits verlassen. Er befand sich aber noch immer in Sichtweite der ihn sofort verfolgenden Inhaberin und war mithin – worauf das Landgericht richtigerweise abgestellt hat – einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die Beute infolge der Nacheile wieder herausgeben zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1987 – 1 StR 97/87, BGHR StGB § 252 FrischeTat 2; Beschluss vom 18. Febru- ar 1988 – 4 StR 28/88, BGHR StGB § 252 Frische Tat 3; siehe auch BGH, Urteil vom 22. August 1984 – 3 StR 203/84). Hieran ändert nichts, dass bereits wenige Minuten vergangen waren, als er tatsächlich zur Herausgabe der entwendeten Lebensmittel aufgefordert wurde.

b) Der Angeklagte war auch auf frischer Tat betroffen worden. Eine Tat
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ist „frisch“,solange mit ihr noch ein enger örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 3 StR 381/78, BGHSt 28, 224, 229). Daher reicht es aus, wenn der Täter zwar den Tatort schon verlassen hat, aber noch in dessen unmittelbarer Nähe und alsbald nach der Tatausführung wahrgenommen wird (vgl. BGH, aaO S. 230; Urteil vom 8. Juni 1956 – 2 StR 206/56, BGHSt 9, 255, 257). Ist dies – wie hier – der Fall, spielt es auch für dieses Tatbestandsmerkmal keine Rolle, wenn es zum Einsatz eines Nötigungsmittels erst kommt, nachdem der Täter verfolgt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1952 – 5 StR 517/52, NJW 1952, 1026).
Basdorf Sander Dölp
König Berger

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2014 - 5 StR 395/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2014 - 5 StR 395/14

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 252 Räuberischer Diebstahl


Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2014 - 5 StR 395/14 zitiert 2 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 252 Räuberischer Diebstahl


Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2000 - 4 StR 131/00

bei uns veröffentlicht am 26.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 131/00 vom 26. Mai 2000 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen fahrlässiger Tötung u. a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 26. Mai 2000 g
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2014 - 5 StR 395/14.

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Dez. 2016 - 3 StR 453/16

bei uns veröffentlicht am 21.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 453/16 vom 21. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls ECLI:DE:BGH:2016:211216B3STR453.16.1 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Referenzen

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 131/00
vom
26. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen fahrlässiger Tötung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 26. Mai 2000 gemäß §§ 154 a
Abs. 2 , 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 24. November 1999 1. im Schuldspruch unter Beschränkung der Strafverfolgung auf diese Gesetzesverletzungen dahin geändert, daß der Angeklagte E. des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln, des Diebstahls, des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, der fahrlässigen Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässiger Körperverletzung und mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig ist; 2. mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit es den Angeklagten E. betrifft, in den Aussprüchen über die das Tatgeschehen vom 5. Dezember 1998 betreffenden Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe ,
b) soweit es den Angeklagten Sch. betrifft, in den Aussprüchen über die den Diebstahl am 5. Dezember 1998 betreffende Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Revision des Angeklagten Sch. wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten E. "wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln, wegen Diebstahls im besonders schweren Fall, wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und "für immer" angeordnet, daß dem Angeklagten keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Den Angeklagten Sch. hat es "wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und wegen Diebstahls in zwei besonders schweren Fällen" unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

I.


Revision des Angeklagten E.:
Der Angeklagte E. rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Er erstrebt eine Ä nderung des das Tatgeschehen vom 5. Dezember 1998 betreffenden Schuldspruchs "wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung, fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahren ohne Fahrerlaubnis” und die Aufhebung der wegen der vorgenannten Tat, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verhängten Einzelfreiheitsstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Die Revision beanstandet zu Recht die Annahme von Tateinheit zwischen dem Diebstahl und den vom Angeklagten E. bei der anschließenden Fahrt mit dem entwendeten Fahrzeug verwirklichten Straftatbeständen.

a) Nach den Feststellungen drangen die Angeklagten, die sich ein Fahrzeug für die Fahrt zu ihrem etwa sechs Kilometer entfernten Hotel verschaffen und es später "irgendwo" stehenlassen wollten, durch die mit Fußtritten zerstörte Eingangstür in das Werkstattgebäude eines Autohauses ein. Dort fand der Angeklagte E. in einer Schreibtischschublade "eine russische Kriegswaffe der Marke Tokarev, Modell 1930, Kaliber 762 mm nebst Magazin und Patronen sowie eine Luftpistole. Er nahm die Waffen an sich und übergab dem Angeklagten Sch. die Luftpistole.” Der Angeklagte E. stieg dann in einen im Werkstattraum abgestellten PKW Jaguar ein, in dem der Zündschlüssel
steckte. Der Angeklagte Sch. öffnete das Garagentor und stieg ebenfalls in den PKW ein. Der Angeklagte E. fuhr mit hoher Geschwindigkeit aus der Werkstatt heraus und auf der Bundesstraße 9 in Richtung Weeze. Infolge Straßenglätte stellte sich das Fahrzeug kurz vor der Autobahnauffahrt quer zur Fahrbahn. Obwohl er erkannt hatte, daß die Straße aufgrund überfrierender Nässe spiegelglatt war, setzte der Angeklagte E. die Fahrt fort. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit von etwa 120 km/h an einen vor ihm fahrenden, mit neun Personen besetzten Taxibus heran, den er überholen wollte. Als er erkannte, daß wegen Gegenverkehrs ein Überholen nicht möglich war, war er so nahe an den Taxibus herangefahren, ”daß durch ein Bremsen ein Auffahren nicht mehr verhindert werden konnte.” Es kam zu einem Unfall, bei dem zwei der Insassen des Busses getötet und die übrigen Fahrgäste - zum Teil lebensgefährlich - verletzt wurden.

b) Der Angeklagte E. hat sich danach, was das Landgericht übersehen hat, des Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB) und nicht lediglich eines ”Diebstahls im besonders schweren Fall” schuldig gemacht, da er die zuvor entwendete Schußwaffe nebst Munition bei der Wegnahme des Autos griffbereit bei sich hatte (vgl. BGH NStZ 1985, 547; BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2 m.w.N.). Dieser Diebstahl war aber bereits beendet, als der Angeklagte den Verkehrsunfall verursachte.
Ein Diebstahl ist dann abgeschlossen und damit beendet, wenn der Täter den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen gefestigt und gesichert hat (BGHSt 4, 132, 133; 20, 194, 196). Wann eine ausreichende Sicherung der Beute erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGHSt 28, 224, 229; BGHR StGB § 252 frische Tat 2, 3). Das wird zwar in der
Regel nicht der Fall sein, solange der Täter seine Absicht, sich alsbald mit der Beute zu entfernen, noch nicht verwirklicht hat, sondern sich z.B. auf dem Tatgrundstück , also im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Bestohlenen, befindet (BGHR StGB § 252 frische Tat 2), oder solange der Täter aus anderen Gründen einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, die Beute durch Nacheile zu verlieren (vgl. BGHR StGB § 252 frische Tat 3). Hier war aber in dem Zeitpunkt , als es zu dem Unfall kam, die neue Sachherrschaft bereits gefestigt, da sich die Angeklagten mit dem entwendeten Fahrzeug vom Tatort weg in den Verkehr begeben hatten. Auch wenn sie "nur wenige Kilometer" (UA 34) mit dem Jaguar gefahren waren, als es zu dem Unfall kam, waren alle direkten Eingriffsmöglichkeiten eines bereiten Eigentümers zu diesem Zeitpunkt beendet. Die Angeklagten waren aus dem unmittelbaren Herrschaftsbereich des Eigentümers entkommen. Damit war die Beute gesichert (vgl. BGHR aaO). Daß die Angeklagten bei dem Eindringen in das Werkstattgebäude beobachtet worden waren und sie davon ausgingen, daß die Polizei benachrichtigt worden war, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Landgerichts und des Generalbundesanwalts schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Angeklagten gleichwohl ungehindert das Werkstattgelände verlassen und - ohne verfolgt zu werden - die Bundesstraße in Richtung Weeze befahren konnten (vgl. BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 7).
Die durch das Auffahren auf den Taxibus tateinheitlich verwirklichten Straftatbestände der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung, fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis stehen daher in Tatmehrheit zu dem - ebenfalls in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis begangenen - Diebstahl mit Waffen.
Das jeweils tateinheitlich begangene Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis vermag als minder schweres Delikt das Verbrechen des Diebstahls mit Waffen und die nach Beendigung des Diebstahls begangenen Straftaten nicht zu verklammern. Dies gilt auch für das in der Mitnahme der - nach den bisherigen Feststellungen waffenrechtlich nicht sicher einzuordnenden - Kriegswaffe bei der Fahrt liegende "Führen" dieser Schußwaffe. Das Führen der Schußwaffe ist nicht dieselbe Handlung (§ 52 StGB) wie das den späteren Unfall verursachende Führen des Kraftfahrzeuges (vgl. BGH VRS 49, 177, 178; BGH, Urt. vom 23. Februar 1999 - 1 StR 640/98).
Der Senat nimmt daher die sich aus alledem ergebende Ä nderung des Schuldspruchs selbst vor. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte , auch soweit es die Annahme eines Diebstahls mit Waffen betrifft, nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Soweit hinsichtlich der Ausübung der tatsächlichen Gewalt und des Führens der entwendeten Waffen Straftatbestände des Waffengesetzes erfüllt sind, wird die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt.

b) Die gegen den Angeklagten E. wegen des Tatgeschehens am 5. Dezember 1998 verhängten drei Einzelfreiheitsstrafen und die Gesamtstrafe haben keinen Bestand. Die den Strafrahmen des § 243 StGB entnommene Einzelfreiheitsstrafe von sechs Jahren ist schon wegen der Schuldspruchänderung aufzuheben, da insoweit zwei Einzelfreiheitsstrafen festzusetzen sind. Die Einzelfreiheitsstrafen wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (zwei Jah-
re) und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (ein Jahr) können nicht bestehenbleiben , weil das Landgericht hinsichtlich der vom Angeklagten am 5. Dezember 1998 begangenen Taten die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht rechtsfehlerfrei verneint hat:
Nach den Feststellungen hatten die Angeklagten vor der Entwendung des PKW - etwa in gleichen Mengen - alkoholische Getränke, die am Vortage erworbenen 2 g Kokain sowie eine "Straße" Kokain zu sich genommen, zu der sie in einer Diskothek eingeladen worden waren. Das sachverständig beratene Landgericht hat eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten E. infolge des Alkohol- und Kokainkonsums auch für den Fall ausgeschlossen, daß zu seinen Gunsten von einer Blutalkoholkonzentration von 2,6 ‰ zu den Tatzeiten auszugehen wäre. Dabei hat es - was bei einem nur rechnerisch ermittelten Blutalkoholwert an sich nicht zu beanstanden ist (vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 36) - der Blutalkoholkonzentration nur geringe Beweisbedeutung beigemessen und entscheidend auf die psychodiagnostischen Kriterien (zu deren Bedeutung für die alkoholische Intoxikation vgl. BGHSt 43, 66, 68 f.) abgestellt, nämlich das Leistungsverhalten des Angeklagten bei der Begehung der Straftaten und sein "detailgenaues Erinnerungsvermögen" (UA 31 bis 33).
Zwar hat das Landgericht nicht verkannt, daß in die für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten vorzunehmende Gesamtbetrachtung neben dessen Leistungsverhalten und seiner nicht ausschließbaren Blutalkoholkonzentration auch eine mögliche Kombinationswirkung des Alkohols und des Kokains einzubeziehen ist (vgl. BGH, Beschl. vom 14. Juni 1991 - 2 StR 179/91 - und vom 15. März 2000 - 1 StR 35/00; Körner BtMG 4. Aufl. § 29
Rdn. 824 m.w.N.). Es hat aber eine solche Kombinationswirkung in Übereinstimmung mit dem hierzu gehörten Sachverständigen verneint. Dieser habe "überzeugend ausgeführt, daß die Wirkungen des Kokains und des Alkohols sich quasi aufheben, weil Kokain eine euphorische Wirkung, Alkohol jedoch eine stark beruhigende Wirkung zeige" (UA 32). Damit ist jedoch die Annahme des Landgerichts, eine alkohol- und kokainbedingte erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei auszuschließen, nicht ausreichend belegt.
Für die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit ist nicht entscheidend, ob und in welchem Umfang die motorischen Fähigkeiten des Angeklagten beeinträchtigt waren und ob sich insoweit die Wirkungen des Alkohols und des Kokains "quasi" aufgehoben haben. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Hemmungsvermögen des Angeklagten rauschbedingt erheblich vermindert war. Kokain ist ein berauschendes Mittel (vgl. Fischer in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 64 Rdn. 3 a; Anlage zu § 24 a StVG), dessen Genuß - ebenso wie der von Alkohol - zu einem Rauschzustand und einer dadurch bedingten Enthemmung führen kann (vgl. Cramer in Schönke/ Schröder StGB 25. Aufl. § 323 a Rdn. 7; Fischer aaO; Jähnke LK 11. Aufl. § 20 Rdn. 51). Demgemäß geht die Rechtsprechung davon aus, daß bei dem kombiniertem Genuß von Alkohol und Kokain der Kokaingenuß das Hemmungsvermögen zusätzlich mindern kann (vgl. BGH aaO; BGH NStZ-RR 1996, 289, 290 a. E.). Deshalb hätte konkret festgestellt werden müssen, in welchem Umfang der Kokaingenuß der Alkoholverträglichkeit des Angeklagten beeinflußt haben kann (vgl. BGH, Beschl. vom 15. März 2000 - 1 StR 35/00).
Naturwissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, die der Annahme einer solchen Kombinationswirkung der enthemmenden Wirkung von Alkohol und Kokain entgegenstehen, liegen nicht vor. Vielmehr können nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen die Wechselwirkungen bei einer Mischintoxikation infolge Alkohol- und Kokaingenusses unterschiedlich ausfallen. Der kombinierte Genuß dieser berauschenden Mittel kann nämlich dazu führen, daß die alkoholbedingte Dämpfung des Antriebsniveaus vermindert wird, während zugleich eine alkoholbedingte Enthemmung verstärkt wird (vgl. Foerster in Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl. S. 167 f.). Die vom Landgericht ohne nähere Erörterung übernommenen Ausführungen des Sachverständigen "zur Wechselwirkung Kokain und Alkohol" reichen daher zur Darlegung der vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten E. nicht aus.
Zur Ermittlung der maximalen Blutalkoholkonzentration in Fällen, in denen keine Blutprobe vorliegt, verweist der Senat auf BGH NStZ 2000, 24.

II.


Revision des Angeklagten Sch.:
Der Angeklagte Sch. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel ist unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO soweit es sich gegen den Schuldspruch und gegen die den unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln und den am 4. Dezember 1998 begangenen Diebstahl betreffenden Einzelfreiheitsstrafen richtet. Dagegen haben die den Diebstahl des PKW betreffende Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr sowie die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand.

Das Landgericht hat auch bei dem Angeklagten Sch. hinsichtlich des am 5. Dezember 1998 begangenen Diebstahls die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Aus den gleichen Gründen wie bei dem Angeklagten E. ist nicht ausreichend belegt, daß die Kombinationswirkung des genossenen Alkohols und Kokains nicht zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt hat.
Maatz Kuckein Athing Ernemann

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.