Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2017 - 5 StR 537/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:080317U5STR537.16.0
bei uns veröffentlicht am08.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 537/16
vom
8. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:080317U5STR537.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. März 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Dr. Mutzbauer,
Richter Prof. Dr. Sander, Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger, Richter Prof. Dr. Mosbacher
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 31. Mai 2016 mit den zugehörigen Feststellungen im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders
1
schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Ablehnung einer Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das demgemäß in diesem Umfang beschränkte und vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg, führt jedoch auch zur Aufhebung der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung.
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen festgestellt: 2003 heiratete der Angeklagte seine Ehefrau M. . Mit ihr hat er ei3 nen 2002 geborenen Sohn und eine 2004 geborene Tochter. Probleme in der Familie traten erstmals 2012 auf. Während einer Auseinandersetzung mit dem damals 10-jährigen Sohn zerschlug der Angeklagte mit einem Beil einen Computertisch , zeigte seiner Frau eine Schreckschusspistole und drohte mit Selbstmord. Er wurde für rund einen Monat in die geschlossene Abteilung eines Psychiatriezentrums eingewiesen. Dort wurden eine schwere depressive Episode und eine akute Belastungsreaktion diagnostiziert. Nach der Entlassung unternahm der Angeklagte einen Suizidversuch. Er legte sich auf Bahngleise, blieb jedoch unversehrt, weil der Zug auf einem Nachbargleis vorbeifuhr.
Nach einer Versöhnung lebten die Eheleute wieder zusammen. 2014 und
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2015 begab sich der Angeklagte wegen depressiver Episoden in stationäre Behandlung. Am 13. Oktober 2015 wurde er gegenüber seiner Ehefrau handgreiflich , weil diese eine Freundin eingeladen und mit ihr Rotwein getrunken hatte. Während eines Streits am 15. Oktober 2015 schlug er seine Frau mit der Faust auf den Oberarm sowie in den Rücken und schubste sie gegen den Türrahmen. Sie erlitt unter anderem Prellungen am Oberkörper und an den Beinen. Der Angeklagte unterzog sich bis 4. November 2015 einer weiteren stationären psychiatrischen Behandlung, in deren Rahmen eine akute Belastungsreaktion festgestellt wurde. In dieser Zeit trennte sich seine Ehefrau von ihm und begab sich in ein Frauenhaus.
Nach der Entlassung bemerkte der Angeklagte, dass seine Frau Um5 zugskartons für einen Auszug gepackt hatte. Am 13. November 2015 fand eine Besprechung bei der Familienhilfe statt. Seine Ehefrau verhielt sich abweisend und teilte dem Angeklagten mit, sie habe schon eine neue Wohnung gefunden.
Dem Angeklagten wurde bewusst, dass er die Familie verlieren würde. In höchster Verzweiflung verließ er den Termin.
Er beschloss, in dem von der Familie gemieteten Reihenhaus einen
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Brand zu legen und sich danach das Leben zu nehmen, um sich an seiner Frau zu rächen. Er kaufte ein Seil, flüssigen Grillanzünder sowie Feuerzeuge und begab sich zum Haus. Er wechselte das Haustürschloss aus. So wollte er verhindern , dass seine Frau das Haus betreten könne. Er ging in das im Obergeschoss liegende Kinderzimmer. Dort übergoss er die Umzugskartons und die Möbel mit dem Grillanzünder und entfachte an mehreren Stellen ein Feuer. Mit dem Mobiltelefon filmte er die Brandlegung und sandte das Video an seine Ehefrau. Dann hängte er die Zimmertür aus und riss die Türzargen heraus. Er verkeilte das Türblatt zwischen der Wand und den gegenüberliegenden Befestigungsstangen , um ein schnelles Vordringen von Löschkräften zu behindern.
Nun suchte er eine geeignete Stelle, um sich zu erhängen, fand aber
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keine. Er verließ das Haus, fuhr in einen Wald, knüpfte das Seil und stürzte sich von einem Hochsitz, um sich das Leben zu nehmen. Dies misslang, weil er das Seil zu lang geknotet hatte. Er wollte einen zweiten Selbstmordversuch unternehmen. Davon nahm er Abstand, nachdem er sich vergegenwärtigt hatte, dass seine Kinder ihn brauchten. Mit deutlichen Strangulationsmerkmalen am Hals erreichte er eine Polizeidienststelle und gab sich als Brandstifter zu erkennen.
Der Brand konnte von der Feuerwehr alsbald gelöscht werden. Das Kin8 derzimmer war unbewohnbar geworden, wohingegen die übrigen Räume des Hauses lediglich eine Rußbildung aufwiesen. Im Gebäude entstand ein Sach- schaden von rund 30.000 €.
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2. Das sachverständig beratene Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte die Tat bei erhaltener Unrechtseinsicht aufgrund einer rezidivierenden depressiven Störung im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) begangen habe. Die Vollstreckung der dem gemäß §§ 21,23 Abs. 2, jeweils i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB, doppelt gemilderten Strafrahmen des § 306b Abs. 2 Nr. 3 StGB entnommenen Freiheitsstrafe von zwei Jahren hat es nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt. Zugleich hat es eine Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) abgelehnt, weil die dafür erforderliche Wahrscheinlichkeit höheren Grades für weitere erhebliche rechtswidrige Taten des Angeklagten nicht gegeben sei. Die günstige Kriminalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) sowie die negative Gefahrenprognose (§ 63 Satz 1 StGB) hat es tragend auf die Überlegung gestützt, dass die Tat durch die spezifische Ausnahmesituation des Auseinanderbrechens der Familie geprägt gewesen sei, die nach der Trennung der Eheleute nicht mehr bestehe. Namentlich könne nicht darauf abgehoben werden, dass der Angeklagte bei Eingehen neuer partnerschaftlicher Bindungen im Fall auftretender Probleme erneut den Halt verlieren und vergleichbar reagieren werde (UA S. 16). Zudem sei der Angeklagte krankheitseinsichtig und einer Therapie zugänglich.
3. Die Ablehnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiat10 rischen Krankenhaus hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Entsprechend dem Vortrag der Revision hat das Landgericht bei der ge11 botenen Gesamtwürdigung einen wesentlichen prognoserelevanten Umstand nicht erkennbar bedacht. Es geht davon aus, dass das Konfliktpotential, aufgrund dessen der Angeklagte die Tat begangen hat und bereits in der Vergangenheit insbesondere gegenüber seiner Ehefrau mehrfach gewalttätig geworden ist, infolge der mittlerweile vollzogenen Trennung der Eheleute entfallen
sei. Damit lässt es außer Acht, dass insbesondere wegen des Umgangs mit den Kindern für den Angeklagten schmerzhafte Situationen weiterhin vorkommen können. Solche hat der psychiatrische Sachverständige als „eher ungüns- tig“ angesehen, auch weil der Angeklagte bereits in der Vergangenheit aggres- siv auf familiäre Konflikte reagiert habe, obwohl er seit längerer Zeit psychotherapeutisch behandelt worden sei (UA S. 16). Vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht bei seiner Wahrscheinlichkeitsprognose den Blick nicht auf das Verhalten des Angeklagten bei Eingehen neuer partnerschaftlicher Bindungen verengen dürfen.
4. Die Urteilsaufhebung erstreckt sich auf die Entscheidung über die
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Strafaussetzung zur Bewährung, der derselbe Rechtsfehler zugrunde liegt wie der Entscheidung über die Maßregel. Im Blick auf den damit gegebenen untrennbaren Zusammenhang zwischen der Aussetzungsentscheidung und dem angestrebten Maßregelausspruch ist die Rechtsmittelbeschränkung insoweit unwirksam (vgl. zu § 64 StGB: BGH, Beschluss vom 27. April 1994 – 2 StR 89/94, NStZ 1994, 449; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 12).
5. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers bedürfen die Aussprüche über
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die Strafaussetzung zur Bewährung sowie über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischem Krankenhaus nochmaliger Verhandlung und Entscheidung. Sollte das neue Tatgericht eine Gefährlichkeit des Angeklagten feststellen, wird es zu prüfen haben, ob die von diesem ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit durch eine konsequente medizinische Behandlung abgewendet werden kann. Gegebenenfalls würde es – was die Revisionsführerin angesprochen hat – naheliegen, sowohl die Vollstreckung der Freiheitsstrafe als auch die der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen (vgl. BGH, Urteile vom 20. Februar 2008 – 5 StR 575/07; vom 10. Dezember 2009 – 4 StR 435/09, NStZ-RR 2010, 105, 106; jeweils mwN).
Mutzbauer Sander König
Berger Mosbacher

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2017 - 5 StR 537/16

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und
Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2017 - 5 StR 537/16 zitiert 7 §§.

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2009 - 4 StR 435/09

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 435/09 vom 10. Dezember 2009 in dem Sicherungsverfahren gegen Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember 2009, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am.

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5 StR 575/07 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 20. Februar 2008 in dem Sicherungsverfahren gegen Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar 2008, an der teilgenommen haben: Richterin Dr. Gerhardt als

Referenzen

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter in den Fällen des § 306a

1.
einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt,
2.
in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken oder
3.
das Löschen des Brandes verhindert oder erschwert.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

5 StR 575/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. Februar 2008
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. Februar 2008, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Gerhardt
alsVorsitzende,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
alsVerteidigerin,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 24. April 2007 wird verworfen.
Der Beschuldigte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, dabei aber die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision ist unbegründet. Das Rechtsmittel, über das der Senat nach Terminsantrag des Generalbundesanwalts aufgrund einer Hauptverhandlung zu entscheiden hatte, bleibt entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat zu den Anlasstaten folgende Feststellungen getroffen :
3
Am 27. Januar 2005 schlug der Beschuldigte, dessen Einsichtsfähigkeit aufgrund einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aufgehoben war, mit einem Stein das Schlafzimmerfenster seines ihm nur flüchtig bekannten Wohnungsnachbarn ein. Engere Kontakte oder Streitigkeiten gab es zwischen beiden nicht. Als der Nachbar ihn zur Rede stellte, holte der Beschuldigte aus seinem Hosenbund ein Messer mit einer 14 Zentimeter langen Klinge hervor. Unter Vorhalt des Messers drohte er seinem Nachbarn, ihn umzubringen. Dieser entfernte sich daraufhin. Sodann schlug der Beschuldigte mit einem Backstein die Glasscheibe in dessen Wohnungseingangstür ein.
4
Als die alarmierten Polizeibeamten eintrafen, den Beschuldigten befragten und der Nachbar das bei dem Beschuldigten im Hosenbund steckende Messer hervorzog, erregte sich dieser sehr. Er ergriff das Messer und hielt es auf die Polizeibeamten gerichtet, um sie zu bedrohen. Gegen die Versuche, ihm das Messer zu entwinden, wehrte er sich heftig und trat nach den Beamten, ohne sie jedoch zu treffen. Nach seiner Festnahme erzählte er den Polizeibeamten , er habe in seiner Wohnung noch eine Schusswaffe, CS-Gas, „MolotowCocktails“ , die er aus „persönlichen Gründen“ benötige, und Handgranaten. Tatsächlich wurden in seiner Wohnung eine Gaspistole, CS-Gas und zwei Bierflaschen aufgefunden, an denen sich Reste von Motorbenzin befanden. Eine der beiden Flaschen war zudem teilweise mit Sand gefüllt und mit einem Stofffetzen im Flaschenhals versehen.
5
2. Die Feststellung der rechtswidrigen Taten und deren Bewertung als Sachbeschädigung in zwei Fällen, Bedrohung, Bedrohung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und einen Verstoß gegen das Waffengesetz sind nicht zu beanstanden.
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3. Auch der Maßregelausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
7
a) Die Feststellungen des Landgerichts zur Schuldunfähigkeit sind noch ausreichend belegt und weisen eine nachvollziehbare und eindeutige Bewertung des Zustands des Beschuldigten aus.
8
Das sachverständig beratene Landgericht teilt hierzu – dem Sachverständigen folgend – mit, dass der Beschuldigte an einer paranoidhalluzinatorischen Psychose im Sinne einer krankhaften seelischen Störung leide, die bei den Taten zur Aufhebung der Einsichtsfähigkeit geführt habe. Das Urteil zeigt die wesentlichen Anknüpfungspunkte und Darlegungen des Sach- verständigen für diese Diagnose auf (BGHSt 34, 29, 31; BGH NStZ 2003, 307). Denn die wichtigsten Ergebnisse der wenige Wochen nach der Tat erfolgten Exploration werden geschildert, so u. a. dass der Beschuldigte „seinen Halluzinationen ausgeliefert“ gewesen sei, was zudem anschaulich durch die Angaben des Beschuldigten gegenüber dem Gutachter zu den Anlasstaten belegt wird.
9
Den Urteilsgründen lässt sich – jedenfalls im Gesamtzusammenhang – noch hinreichend entnehmen, wie das Krankheitsbild in der konkreten Tatsituation auf den Beschuldigten eingewirkt hat. Denn dass sich der Beschuldigte bei den Taten in einem akuten Schub der psychotischen Störung befunden hat, wird durch das dargelegte Nachtatverhalten und der unmittelbar anschließenden Unterbringung durch das Vormundschaftsgericht sowie der Diagnose der ihn dort behandelnden Ärzte – die mit der des Sachverständigen übereinstimmt – ausreichend deutlich. Das Landgericht hat entgegen der Auffassung der Revision eine von der Krankheit unbeeinflusste streitige Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und seinem Nachbarn ausgeschlossen. Weiterer „Erhebungen“ hierzu bedurfte es nicht.
10
b) Die Revision beanstandet ohne Erfolg, das Landgericht habe nicht ausreichend dargelegt, dass in der Zukunft von dem Beschuldigten infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die auch insoweit sachverständig beratene Strafkammer ist zu ihrer Gefährlichkeitsprognose aufgrund einer nachvollziehbaren Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beschuldigten und seiner Taten gelangt. Hierdurch wird die erforderliche Wahrscheinlichkeit höheren Grades hinsichtlich neuerlicher schwerer Störungen des Rechtsfriedens (BGH NStZ-RR 2006, 136; BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 16) trotz einzelner missverständlicher Formulierungen noch ausreichend belegt.
11
Die Strafkammer hat insoweit auf die sachverständige Prognose abgehoben , dass ohne ärztliche und medikamentöse Versorgung ein „Rückfall in das alte Krankheitsbild“ mit den entsprechenden Symptomen, die auch zu den An- lasstaten geführt hätten, drohe. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist hiermit nicht nur die bloße Möglichkeit, sondern eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für die Begehung weiterer Taten umschrieben. Dies ergibt sich jedenfalls aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe.
12
Das Landgericht hat nämlich festgestellt, dass die schwere psychische Erkrankung fortdauert (UA S. 11). Durch die Behandlung – zwangsweise Durchsetzung einer drei Monate währenden stationären Therapie und Gabe von Depotpräparaten mit engmaschiger Betreuung – habe zwischenzeitlich nur eine Remission, d. h. eine Rückbildung der Symptome dieser Erkrankung erreicht werden können (UA S. 10). Hieraus folgt, dass sich ohne die Behandlung auf dem Boden des fortbestehenden Störungsbildes die Symptome wieder bemerkbar machen würden, sofern nicht eine freilich äußerst unwahrscheinliche Heilung eintritt. Demgegenüber tritt der gegen eine Gefährlichkeit sprechende Umstand, dass es über einen Zeitraum von zwei Jahren und drei Monaten zu keinen neuen Taten gekommen ist, zurück.
13
Ob nach Beendigung der Medikation und dem damit verbundenen Wiederaufleben der Symptome sodann abermals – wie bei den Anlasstaten – ein akuter Schub der Krankheit eintreten wird, kann nur prognostisch beurteilt werden. Vor dem Hintergrund nicht nur der Anlasstaten, sondern auch der mitgeteilten Taten aus den Jahren 2002 und 2003, bei denen es aufgrund von Wahnideen zu teilweise erheblichen körperlichen Übergriffen gekommen ist, durfte das Landgericht zu einer negativen Gefährlichkeitsprognose gelangen. Denn hieraus ergibt sich, dass es bei dem noch jungen Beschuldigten ohne Behandlung bereits sehr häufig zu krankheitsbedingten Zuständen, in denen er rechtswidrige Taten begangen hat, gekommen ist und nur im Jahr 2004 eine gewisse Beruhigung eingetreten ist. Diese war aber nicht von Dauer, wie durch die Begehung der Anlasstaten dokumentiert wird. Aufgrund dieser Umstände ist belegt , dass das Landgericht nicht nur von der Möglichkeit, sondern von einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades (BGH NStZ-RR 2006, 136; BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 11, 27) für die Begehung zukünftiger Taten ausgehen durfte und die Umschreibung als „gewisse Wahrscheinlichkeit“ nur eine unpräzise Formulierung darstellt.
14
c) Das Landgericht hat auch nicht verkannt, dass es für die Entscheidung , ob die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen ist, unerheblich ist, dass die von dem Beschuldigten ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit durch eine konsequente medizinische Behandlung abgewendet werden kann. Zutreffend ist es davon ausgegangen, dass ein solches täterschonendes Mittel Bedeutung erst für die Frage erlangt, ob die Vollstreckung der Maßregel gemäß § 67b StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann (BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 6, 28 und Beweiswürdigung 1).
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 435/09
vom
10. Dezember 2009
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 10. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt. Hiergegen wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft , die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen entfachte die Beschuldigte, die schon tagelang Selbstmordgedanken gehegt und sogar einen entsprechenden Versuch unternommen hatte, unter Verwendung von Brennspiritus ein Feuer im Dachgeschoss des unter anderem von ihr und ihrem Ehemann bewohnten Mehrfamilienhauses, um sich durch Einatmen von Rauchgasen zu töten. Beim Anblick des Feuers erschrak sie jedoch und verließ fluchtartig den Dachboden; auch ihr anschließender Versuch, sich vor einen Zug zu werfen, scheiterte, weil der Triebwagenführer rechtzeitig eine Schnellbremsung einleitete. Da das Feuer frühzeitig entdeckt wurde, konnten die anwesenden Hausbewohner das Gebäude unverletzt verlassen. Der entstandene Sachschaden beträgt etwa 60.000 €.
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Die Strafkammer ist - sachverständig beraten - rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beschuldigte bei Begehung der Tat wegen einer schweren krankhaften seelischen Störung nicht einsichtsfähig gewesen war. Die Beschuldigte leide seit mehr als 30 Jahren an einer affektiven Störung im Sinne einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen (ICD 10: F 32.3). Obwohl sie seit dem Jahre 1993 medikamentös behandelt werde, habe sich ihr Zustand fortlaufend verschlechtert. Zudem seien seit 2006 grenzwertige psychotische Symptome in Form von Beziehungsideen aufgetreten, die auf ihre jeweiligen Nachbarn gerichtet seien. Zwischen Dezember 2006 und Dezember 2007 habe ihre Suizidalität drei stationäre Aufenthalte in einer psychiatrischen Klinik erforderlich gemacht.
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2. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung der Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB hat das Landgericht mit folgender Begründung verneint:
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Zwar dauere die schwere krankhafte seelische Störung fort. Entgegen der Auffassung der gehörten Sachverständigen Dr. S. ergebe die Gesamtwürdigung der Person der Beschuldigten und der Anlasstat jedoch nicht, dass von ihr infolge ihres Zustands weitere erhebliche Straftaten zu erwarten seien und sie deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sei. Das folge schon daraus, dass die Beschuldigte, obwohl sie seit vielen Jahren an der depressiven Störung leide, bisher weder strafrechtlich in Erscheinung getreten sei noch fremdaggressives Verhalten gezeigt habe. Außerdem sei die Fremdgefährdung bei der Anlasstat nur "bei Gelegenheit" einer beabsichtigten Selbsttötung der Be- schuldigten erfolgt und stünde nicht in Bezug zu der wahnhaften Symptomatik in Form von "grenzwertigen" Beziehungsideen.
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3. Die Ablehnung der Unterbringung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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a) Der Tatrichter ist zwar nicht gehindert, von dem Gutachten eines vernommenen Sachverständigen abzuweichen, da dieses stets nur Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung sein kann (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1992 - 2 StR 440/92, BGHR StPO § 261 Sachverständiger 5). Will er aber eine Frage, für deren Beantwortung er sachverständige Hilfe in Anspruch genommen hat, im Widerspruch zu dem Gutachten beantworten, muss er die Gründe hierfür in einer Weise darlegen, die dem Revisionsgericht die Nachprüfung erlaubt , ob er das Gutachten zutreffend gewürdigt und aus ihm rechtlich zulässige Schlüsse gezogen hat. Hierzu bedarf es einer erschöpfenden Auseinandersetzung mit den Darlegungen des Sachverständigen, insbesondere zu den Gesichtspunkten , auf welche das Gericht seine abweichende Auffassung stützt (vgl. BGH aaO; BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 1 StR 579/05 = NStZ-RR 2006, 242, 243; Beschluss vom 13. September 2001 - 3 StR 333/01 m.w.N.). Dies lässt die angefochtene Entscheidung vermissen.
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Soweit das Landgericht entgegen dem Sachverständigengutachten eine qualifizierte Steigerung der affektiven Störung in den letzten beiden Jahren vor der Anlasstat verneint und dabei darauf abstellt, dass die Vorstellung der Beschuldigten , einem "Nachbarschaftsterror" ausgesetzt zu sein, zeitlich und örtlich auf eine frühere Wohnsituation beschränkt sei, lässt es außer Acht, dass die Beschuldigte auch in ihrer neuen Mietwohnung die unbegründete und über- triebene Sorge hegte, ihre Vermieter wollten sie wegen ihrer Krankheit "loswerden" und die Nachbarn würden hinter ihrem Rücken schlecht über sie reden.
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b) Schon im Ansatz fehl geht die weitere Überlegung der Strafkammer, wonach gegen eine qualifizierte Steigerung der affektiven Störung spreche, dass die Beschuldigte auf den "akustischen Nachbarschaftsterror" nicht mit fremdaggressivem Verhalten reagiert habe. Nach den Ausführungen der Sachverständigen zum Krankheitsbild ist dieses zwar nicht durch Fremdaggression, sondern durch ausgeprägte Suizidalität gekennzeichnet. Da die Beschuldigte bei ihren Selbsttötungsbestrebungen aber, wie die Sachverständige ausgeführt hat, mögliche Folgen für Dritte ausblendet, entsteht aus einer erhöhten Suizidalität auch eine erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit.
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4. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das Urteil insgesamt der Aufhebung. Die Möglichkeit, die Beschuldigte belastende, für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffene Feststellungen zum äußeren Tathergang teilweise aufrecht zu erhalten, scheidet aus, da die Beschuldigte das Urteil insoweit nicht hätte anfechten können (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2000 - 3 StR 595/99, NStZ-RR 2000, 300 m.w.N.).
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Sollte der neue Tatrichter eine fortdauernde Gefährlichkeit der Beschuldigten feststellen, wird er zu prüfen haben, ob die von der Beschuldigten ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit durch eine konsequente medizinische Behandlung, für deren Durchführung bereits ein Betreuer bestellt ist, abgewendet werden kann. In diesem Fall würde es, worauf auch die Revisionsführerin hingewiesen hat, nahe liegen, die Vollstreckung der Unterbringung gemäß § 67 b StGB zur Bewährung auszusetzen (vgl. BGH aaO; BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - 5 StR 575/07, jeweils m.w.N.).
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer