Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2002 - 5 StR 613/01

bei uns veröffentlicht am10.04.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 613/01

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 10. April 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
10. April 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt H
als Verteidiger des Angeklagten Z ,
Rechtsanwalt S
als Verteidiger des Angeklagten D ,
Rechtsanwältin Sa
als Verteidigerin des Angeklagten W ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 18. Juni 2001
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert , daß die Angeklagten jeweils des Totschlags schuldig sind,
b) in den Rechtsfolgeaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
1. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt, den Angeklagten Z zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten , den Angeklagten D zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten W zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Gegen die Angeklagten Z und D hat es zudem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen das Urteil richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge und dem Ziel einer Verurteilung der Angeklagten wegen vollendeten Totschlags. Die Revisionen haben Erfolg.

I.


Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Die Angeklagten waren “Trinkkumpane” und kannten den Verstorbenen Ha sowie das Tatopfer K , die beide in demselben Haus wie der Angeklagte D wohnten und wie die Angeklagten im Übermaß Alkohol tranken. Nach dem Tod Ha bezichtigte K den Angeklagte Z zu Unrecht mehrfach in der Öffentlichkeit, Ha durch Beibringung von Gift oder Säure getötet zu haben. So geschah es auch am Vormittag des Tattages, als sich die Angeklagten und K an einem “Getränkestützpunkt” trafen. Der darüber verärgerte Angeklagte Z geriet mit K in einen Streit und äußerte vor den beiden anderen Angeklagten, daß er K “kaltmachen” werde. Später gab der Angeklagte Z den beiden Mitangeklagten zu verstehen, “daß K heute noch sterben muß”. Dabei verwies er auf eine vorgezeigte Einwegspritze, mit der er K Luft in eine Armvene injizieren wollte, um ihn dadurch zu töten. Die Angeklagten D und W nahmen das in dieser Situation noch nicht ernst. Am Abend trafen die Angeklagten mit K in der Wohnung des Angeklagten D zusammen. K machte den Angeklagten Z erneut für den Tod des Ha verantwortlich. Es entstand ein lauter Streit zwischen beiden. Der Angeklagte D forderte beide auf, Ruhe zu geben. Darauf erfaßte K den Angeklagten D am Hals, der sich befreien konnte und K zwei bis dreimal mit der Faust ins Gesicht schlug. K taumelte in Richtung des Angeklagten W , der ihn mindestens zweimal mit der Faust an Kopf und Hals schlug. In dieser Situation “entschloß sich der ... AngeklagteZ , sein Vorhaben, K mit einer Luftinjektion in eine Armvene zu töten,
in die Tat umzusetzen.º Er holte die dafür mitgebrachte Einwegspritze hervor , was die beiden Mitangeklagten erkannten. Ihnen war aufgrund der vorangegangenen Äuûerungen des Angeklagten Z auch klar, was er damit vorhatte. Unter dem unmittelbaren Eindruck der von K ausgegangenen Auseinandersetzung ªwollten jetzt auch die Angeklagten D und W K töten, seinen Tod in der vom Angeklagten Z vorgesehenen Art und Weise herbeiführen.º Der Angeklagte W ergriff ein Tuch, führte es K über den Mund und hielt ihn daran von hinten fest. Die Angeklagten D und Z schlugen derweil weiter, jeder mindestens zweimal auf das sich immer noch wehrende Opfer im Kopf- und Halsbereich ein, um dessen Widerstandsfähigkeit zu brechen. K lag am Boden, blutete aus Mund und Nase und war im Gesicht erheblich verletzt. Während der Angeklagte W das Opfer immer noch mit dem Tuch fixierte, hielt der Angeklagte D dessen linken Arm fest und der Angeklagte Z stach ihm mit der Spritze mindestens einmal in die linke Armbeuge und drückte die Luft aus der Spritze. Danach lieû der Angeklagte W los. Der Angeklagte Z fühlte bei dem sich nicht mehr rührenden K keinen Puls mehr und äuûerte, daû ªdie Sau jetzt tot istº. Die Angeklagten gingen davon aus, daû K so, wie sie es wollten, infolge der Luftinjektion gestorben war. Tatsächlich erstickte K . Aufgrund der Schläge war sein Kehlkopffortsatz abgebrochen und er atmete Blut ein. Selbst wenn die Spritzennadel in die Armvene eingedrungen wäre, was nicht der Fall war, hätte noch nicht einmal das zweifache Luftvolumen für die Herbeiführung des Todes ausgereicht. Das hatten die Angeklagten nicht erkannt.
Das Landgericht hat in dem Verhalten der Angeklagten ± lediglich ± einen versuchten Totschlag in Tateinheit mit Körperverletzung mit Todesfolge gefunden. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.



Aus den Feststellungen ergibt sich, daû die Angeklagten gemeinschaftlich einen vollendeten Totschlag begangen haben. Die Angeklagten haben durch gemeinsames Tun den Tod des Opfers verursacht. Dies war bei jedem von ihnen durch ± direkten ± Vorsatz gedeckt. 1. In der Rechtsprechung ist als Rechtsfigur der unerheblichen Abweichung des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten Kausalverlauf anerkannt, daû eine Divergenz zwischen dem eingetretenen und dem vom Täter gedachten Geschehensablauf unter Gesichtspunkten des Vorsatzes regelmäûig dann unbeachtlich ist, wenn sie unwesentlich ist, namentlich weil beide Kausalverläufe gleichwertig sind (BGHSt 7, 325, 329; 23, 133, 135; BGH GA 1955, 123, 125; BGH NJW 1960, 1261; BGH NJW 2002, 1057; ebenso schon RGSt 67, 258; RG DStR 1939, 177, 178). Danach gilt insbesondere folgendes: Bewirkt der Täter, der nach seiner Vorstellung vom Tatablauf den Taterfolg erst durch eine spätere Handlung herbeiführen will, diesen bereits durch eine frühere Handlung, so kommt eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Taterfolges dann in Betracht, wenn er bereits vor der Handlung, die den Taterfolg verursacht, die Schwelle zum Versuch überschritten hat oder sie zumindest mit dieser Handlung überschreitet (BGH GA 1955, 123, 124; BGH NJW 2002, 1057; RG DStR 1939, 177, 178). Dies alles findet weitgehend Zustimmung im Schrifttum (Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 15 Rdn. 58; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 16 Rdn. 7; Baumann/Weber/Mitsch AT 10. Aufl. § 20 Rdn. 24; Jeschek/Weigend AT 5. Aufl. S. 312; Maurach/Zipf AT 8. Aufl. § 23 Rdn. 36; Roxin AT 3. Aufl. § 12 Rdn. 170; anderer Ansicht Schroeder in LK 11. Aufl. § 16 Rdn. 34; Jakobs AT 2. Aufl. S. 300 f.).
2. So wie zuvor beschrieben liegt es hier: Die Angeklagten begingen die todesursächlichen Verletzungshandlungen, nachdem sie sich jeweils zur Tötung des Opfers ± durch Luftinjektion ± entschlossen hatten. In der darauf erfolgten tödlichen Gewaltanwendung liegt bereits das unmittelbare Anset-
zen zur Tötung im Sinne des § 22 StGB, da die gewaltsame Wehrlosmachung des Opfers und die Beibringung der Injektion in jeder Hinsicht eine Einheit bilden. Die beiden zu vergleichenden Kausalverläufe sind gleichwertig.
Auf die Faustschläge, die der Angeklagte W vor der Fassung des Tötungsvorsatzes dem Opfer gegen Kopf und Hals versetzte, kommt es deshalb nicht an, weil nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe auszuschlieûen ist, daû etwa schon diese Schläge für sich allein todesursächlich gewesen wären.

III.


Weitere Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten enthält das angefochtene Urteil nicht, ebensowenig wie Rechtsfehler zu deren Nachteil (§ 301 StPO).
Insbesondere hat das Landgericht das Vorliegen von Mordmerkmalen nach § 211 Abs. 2 StGB ohne Rechtsfehler verneint. Namentlich hat es für alle Angeklagte das Merkmal niedriger Beweggründe letztlich mit dem hinzunehmenden Argument ausgeschlossen, daû Zweifel daran bestünden, ªob sich die Angeklagten bei ihrer Tat der Umstände bewuût waren, die den Antrieb zur Tat als verwerflich erscheinen lassenº.

IV.


Danach kann der Senat den Schuldspruch ändern.
1. Dem steht nicht etwa der Gesichtspunkt entgegen, daû die Rechtsfigur der Unerheblichkeit der Abweichung des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten Kausalverlauf eine ªGleichwertigkeitº der beiden in Be-
tracht zu ziehenden Geschehensabläufe impliziert. Die Entscheidung über diese ªGleichwertigkeitº, nach Jeschek/Weigend aaO eine ªrechtlich-sittliche Bewertung der Tatº, ist nicht etwa als Tatsachenentscheidung dem Tatgericht vorbehalten, steht vielmehr als Subsumtionsentscheidung auch dem Revisionsgericht zu.
2. Auch Gesichtspunkte des § 265 StPO stehen hier der Schuldspruchänderung nicht entgegen; denn bereits mit der (unverändert zugelassenen ) Anklage wurde den Angeklagten ein gemeinschaftlicher Mord vorgeworfen , namentlich unter Benennung der Unbeachtlichkeit der Abweichung des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten Kausalverlauf.

V.


Da das Schwurgericht die Strafen wegen einer für § 212 Abs. 1 StGB vorgenommenen Strafrahmenverschiebung gemäû § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB jeweils dem Strafrahmen des § 227 Abs. 1 StGB entnommen hat, muû ein neuer Tatrichter über die gegen die Angeklagten zu verhängenden Rechtsfolgen umfassend neu befinden, und zwar ± auch ± auf der Grundlage der von ihm neu zu treffenden Feststellungen zur Person eines jeden Angeklagten. Beim Angeklagten W wird der neue Tatrichter zur Frage einer Maûregel nach § 64 StGB auf BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 7 Bedacht zu nehmen haben.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2002 - 5 StR 613/01

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2002 - 5 StR 613/01

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2002 - 5 StR 613/01 zitiert 11 §§.

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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Strafgesetzbuch - StGB | § 227 Körperverletzung mit Todesfolge


(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahre

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2002 - 5 StR 613/01 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2016 - 1 StR 398/15

bei uns veröffentlicht am 20.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 398/15 vom 20. Januar 2016 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _________________________ StGB § 249 Abs. 1 Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarke

Referenzen

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.