Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2007 - I ZR 118/04

bei uns veröffentlicht am15.02.2007
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 37 O 187/02, 04.09.2003
Oberlandesgericht Düsseldorf, 18 U 225/03, 07.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 118/04 Verkündet am:
15. Februar 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
ADSp (Fassung 1999) Nr. 19
Einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung steht ein Einwand i.S. von
Nr. 19 ADSp nicht entgegen, wenn die geltend gemachten Einwendungen ohne
weiteres unbegründet sind und daher eine sofortige Entscheidung über den
Aufrechnungseinwand zulassen.
ADSp (Fassung 1999) Nr. 27
Die Klausel in Nr. 27.2 ADSp ist im Verhältnis zu der Klausel in Nr. 27.1 ADSp
die speziellere Regelung. Sie gilt nicht nur, wenn sich der Anspruch aus
§§ 425 ff., 461 Abs. 1 HGB ergibt, sondern auch dann, wenn der Anspruch
zumindest durch diese Vorschriften näher ausgestaltet ist, etwa durch § 433
Die Berufung auf ein wirksam vereinbartes Aufrechnungsverbot (hier: Nr. 19
ADSp 1999) ist nicht schlechthin als nach § 242 BGB treuwidrig anzusehen,
wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung verjährt und eine Befriedigung
des Schuldners daher nur noch durch Aufrechnung möglich ist. Maßgeblich
sind vielmehr die jeweiligen Umstände des Einzelfalls.
BGH, Urt. v. 15. Februar 2007 - I ZR 118/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 15. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Juli 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen und steht mit der Beklagten in laufender Geschäftsbeziehung. Sie macht mit ihrer Klage restliche Vergütungsansprüche für in den Monaten September und Oktober 2001 erbrachte Transportleistungen in Höhe von insgesamt 18.872,40 € geltend. Die Parteien streiten allein darüber, ob die Klageforderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung der Beklagten in gleicher Höhe erloschen ist. Die Klägerin ist der Aufrechnung unter Berufung auf das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp (im Weiteren: ADSp) entgegengetreten. Der zur Aufrechnung gestellten Forderung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 4. Januar 2001 zu festen Kosten mit der Beförderung einer Warensendung zur Dr. S. AG (im Weiteren : Dr. S.-AG) in Ulm. Die Dr. S.-AG hatte die Ware von der S. P. P. (im Weiteren: SPP) gekauft, die die Ware ihrerseits von der Beklagten erworben hatte. Die Beklagte erteilte der Klägerin die Weisung, die Ablieferung der Ware bei der Dr. S.-AG nur gegen Einziehung eines Verrechnungsschecks über 18.872,40 € vorzunehmen. Der Scheck sollte anschließend von der Klägerin an die Beklagte weitergeleitet werden. Obwohl die Klägerin das von ihr mit dem Transport beauftragte Unternehmen N. entsprechend angewiesen hatte, leitete deren Fahrer den bei Ablieferung der Ware erhaltenen Scheck nicht an die Klägerin, sondern an die SPP weiter, die in dem Scheck als Zahlungsempfängerin angegeben war. Der Scheck wurde nicht eingelöst. Er ging entweder auf dem Postweg oder bei der SPP verloren. Etwa vier Monate nach Ablieferung der Ware ließ die Dr. S.-AG den Scheck sperren. Über das Vermögen der Dr. S.-AG wurde am 30. Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet.
3
Die Beklagte hat behauptet, sie hätte den Scheck, der gedeckt gewesen sei, bei einer vertragsgemäßen Weiterleitung an sie sofort eingelöst. Dadurch wäre ihr Kaufpreisanspruch gegen die SPP erfüllt worden, weil sie sich in Absprache mit der SPP aus dem Scheck habe befriedigen dürfen. Eine Realisierung ihrer Forderung gegen die mittlerweile aufgelöste SPP sei jetzt nicht mehr möglich. Es sei ihr daher durch die Vertragsverletzung der Klägerin ein Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden. Das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp greife nicht ein, da ihre zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung entscheidungsreif sei. Zudem habe die Klägerin sie wider Treu und Glauben daran gehindert, ihren Schadensersatzanspruch innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen.
4
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 18.872,40 € nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
5
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nicht durchgreifen lassen. Dazu hat es ausgeführt:
7
Die Beklagte habe zwar einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus positiver Verletzung des Speditionsvertrags schlüssig dargelegt. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung scheitere aber an dem wirksam in den Speditionsvertrag einbezogenen Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere sei die zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung nicht entscheidungsreif. Das Aufrechnungsverbot sei auch nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass es nicht eingreife, wenn der Spediteur den Schaden vorsätzlich oder zumindest leichtfertig herbeigeführt habe. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs zu § 32 ADSp a.F. i.V. mit § 51 lit. b Satz 2 ADSp a.F. sei auf Nr. 19 ADSp nicht übertragbar. Zwar habe der von der Klägerin eingesetzte Unterfrachtführer zumindest leichtfertig gehandelt. Die Regelung in Nr. 27 ADSp, wonach die Haftungsbefreiungen und -begrenzungen in den ADSp nicht bei einem qualifizierten Verschulden des Spediteurs oder seiner leitenden Angestellten bzw. der in §§ 428, 462 HGB genannten Personen zum Tragen kämen, greife aber nicht ein, weil das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp keine haftungsbeschränkende Regelung darstelle. Ein Aufrechnungsverbot , das nach seinem Wortlaut auch vorsätzliche oder leichtfertig verursachte Schadensersatzansprüche umfasse, verstoße nicht gegen § 9 AGBG. Der Klägerin sei es auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Aufrechnungsverbot zu berufen. Das bloße Schweigen der Klägerin auf die außergerichtlich erklärte Aufrechnung der Beklagten habe keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die Klägerin die Gegenforderung der Beklagten akzeptiere.
8
II. Die Revision hat keinen Erfolg. Die unstreitige Klageforderung ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass einer wirksamen Aufrechnung das Aufrechnungsverbot in Nr. 19 ADSp entgegensteht.
9
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die ADSp in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung vom 1. Januar 1999 durch den ausdrücklichen Hinweis auf dem Briefkopf der Klägerin, dass sie ausschließlich auf der Grundlage der ADSp n.F. arbeite, wirksam vereinbart worden sind. Die Revision erhebt dagegen auch keine Einwendungen.
10
2. Die Voraussetzungen des Aufrechnungsverbots gemäß Nr. 19 ADSp, gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2006 - I ZR 65/03, TranspR 2006, 359, 361 = NJW-RR 2006, 1350 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 6.5.1999 - I ZR 84/97, TranspR 1999, 347, 348 = NJW 1999, 3629 m.w.N. zu § 32 ADSp i.d.F. v. 1.3.1989), liegen vor. Danach ist eine Aufrechnung nur mit fälligen Gegenansprüchen zulässig, denen ein Einwand nicht entgegensteht. Die Regelung soll ebenso wie die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautende Bestimmung des § 32 ADSp a.F. verhindern, dass die Durchsetzung der Ansprüche des Spediteurs oder des Auftraggebers durch Aufrechnung mit Gegenforderungen verzögert wird, die nach Grund und Höhe streitig sind und der Aufklärung bedürfen (BGH, Urt. v. 26.2.1987 - I ZR 110/85, TranspR 1987, 287, 288 = NJW-RR 1987, 883; BGH TranspR 1999, 347, 348 zu § 32 ADSp a.F.; Gass in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Nr. 19 ADSp Rdn. 1; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Nr. 19 ADSp Rdn. 3).
11
Ein Einwand steht der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung nicht entgegen, wenn die geltend gemachten Einwendungen - im weitesten Sinne - ohne weiteres unbegründet sind und daher eine sofortige Entscheidung über den Aufrechnungseinwand zulassen (BGHZ 12, 136, 143; BGH TranspR 1999, 347, 348). Dies ist entgegen der Ansicht der Revision hier aber nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung der Beklagten streitig ist und über ihr Bestehen nicht ohne Beweisaufnahme entschieden werden kann (vgl. auch BGH, Urt. v. 7.3.1991 - I ZR 157/89, TranspR 1991, 308, 310 = VersR 1991, 1080).
12
Zwischen den Parteien ist allerdings unstreitig, dass der Unterfrachtführer der Klägerin - was ihr über § 278 BGB zuzurechnen ist (vgl. dazu Koller aaO § 428 HGB Rdn. 2 m.w.N.) - die im Speditionsvertrag vereinbarte Nebenpflicht, den Verrechnungsscheck über die Klägerin an die Beklagte weiterzuleiten, schuldhaft verletzt hat. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden auch kausal geworden. Der Umstand, dass der Scheck entweder bei der SPP oder auf dem Postweg verlorengegangen ist, hat zu keiner Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs geführt. Bei einem vertragsgemäßen Verhalten der Klägerin wäre der Scheck nicht zur SPP gelangt, so dass sich die Frage nach einer hypothetischen Schadensursache insoweit nicht stellt. Die bloße Möglichkeit, dass der Scheck auch auf dem Postweg zur Klägerin oder zur Beklagten hätte verlorengehen können, reicht für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs nicht aus (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rdn. 101, 107 m.w.N.).
13
Die Beantwortung der Frage, ob der Beklagten durch die von der Klägerin zu vertretende Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist, hängt jedoch von dem umstrittenen und unter Zeugenbeweis gestellten Sachvortrag der Beklagten ab, dass der Scheck von der bezogenen Bank tatsächlich eingelöst worden wäre. Desweiteren ist zwischen den Parteien streitig, ob die Beklagte dadurch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat, dass sie ihren weiterhin bestehenden Kaufpreisanspruch gegen die SPP nicht geltend gemacht hat. Zwar stand der Geltendmachung dieses Anspruchs zunächst die Einrede der Scheckhingabe entgegen (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 16.4.1996 - XI ZR 222/95, NJW 1996, 1961; Urt. v. 12.7.2000 - VIII ZR 99/99, NJW 2000, 3344, 3345). Da die Dr. S.-AG den Scheck jedoch etwa vier Monate nach Ablieferung der Ware hat sperren lassen, ist die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme der SPP jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Widerrufs des Schecks weggefallen. Auch insoweit bedarf der Sachverhalt daher noch der Klärung. Eine sofortige Entscheidung über die Aufrechnungsforderung ist deshalb nicht möglich.
14
3. Die vom Berufungsgericht im Anschluss an das Senatsurteil vom 12. Dezember 1996 (I ZR 172/94, TranspR 1998, 75, 76 = NJW-RR 1997, 926) aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp auch dann gilt, wenn der Gegenanspruch auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen bzw. leichtfertigen Vertragsverletzung des Spediteurs beruht, stellt sich im vorliegenden Fall nicht.
15
a) Es kann offenbleiben, ob das Aufrechnungsverbot in Nr. 19 ADSp als Haftungsbegrenzung im Sinne der Nr. 27 ADSp anzusehen ist, weil der Schaden der Beklagten nicht durch ein qualifiziertes Verschulden verursacht worden ist.
16
aa) Im Streitfall ist auf die im Verhältnis zu Nr. 27.1 ADSp speziellere Regelung in Nr. 27.2 ADSp abzustellen (vgl. Koller aaO Nr. 27 ADSp Rdn. 8). Diese ist nicht nur dort heranzuziehen, wo sich der Anspruch aus den §§ 425 ff., 461 Abs. 1 HGB ergibt, sondern auch dann, wenn er zumindest durch diese Vorschriften näher ausgestaltet ist, etwa durch § 433 HGB (Koller aaO Nr. 27 ADSp Rdn. 8; Temme in: Knorre/Temme/Müller/Schmid/Demuth, Praxishandbuch Transportrecht, G. II Rdn. 192).
17
Der Verstoß gegen die einer Nachnahmeabrede ähnliche Weisung, den Scheck einzuziehen und über die Klägerin an die Beklagte weiterzuleiten, stellt sich als Verletzung einer zumindest beförderungsnahen Nebenpflicht dar, die unter § 433 HGB fällt (vgl. Gass in: Ebenroth/Boujong/Joost aaO § 433 Rdn. 7; MünchKomm.HGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Dubischar, § 433 Rdn.4).
18
bb) Die Revisionserwiderung macht mit Recht geltend, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen seine Beurteilung nicht tragen, der Unterfrachtführer habe "zumindest leichtfertig" gegen die vertragliche Nebenpflicht verstoßen, den von der Dr. S.-AG erhaltenen Scheck über die Klägerin an die Beklagte weiterzuleiten. Das Berufungsgericht hat den Rechtsbegriff der Leichtfertigkeit verkannt, was der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (BGHZ 149, 337, 345; 158, 322, 327 m.w.N.). Der Senat kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und des unstreitigen Sachverhalts selbst entscheiden, dass dem Unterfrachtführer lediglich eine leicht fahrlässige Nebenpflichtverletzung anzulasten ist. Weitere Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht zu erwarten.
19
(1) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, der Unterfrachtführer habe "zumindest leichtfertig" gehandelt, allein darauf gestützt, dass dieser den Scheck entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht über die Klägerin an die Beklagte, sondern an die SPP geschickt hat. Die Tatsache einer Vertragsverletzung begründet für sich genommen noch nicht einmal den Vorwurf eines schuldhaften Handelns. Noch weniger besagt dieser Umstand etwas über den Grad eines Verschuldens. Die Frage, ob ein Verhalten den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens rechtfertigt, kann nur unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden (BGH TranspR 1998, 75, 77).
20
(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Verrechnungsscheck auf die SPP ausgestellt. Diese war auch in der Versandliste als Versenderin aufgeführt. Der Fahrer des Unterfrachtführers hat einen Teil der vertraglichen Vereinbarung, nämlich die Auslieferung der Ware gegen Erhalt eines Verrechnungsschecks über eine bestimmte Summe, ordnungsgemäß erfüllt. Lediglich die Weiterleitung des Schecks erfolgte nicht pflichtgemäß.
21
(3) Eine bewusst leichtfertige Vertragsverletzung des Unterfrachtführers kann den vom Berufungsgericht festgestellten tatsächlichen Umständen nicht entnommen werden.
22
Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Spediteur oder seine Leute (§ 428 HGB) in krasser Weise über die Interessen der Vertragspartner hinwegsetzen (BGHZ 158, 322, 328; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2004, 570). Hinzukommen muss das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.
23
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen liegt schon objektiv keine Leichtfertigkeit des von der Klägerin beauftragten Unterfrachtführers vor. Insbesondere der Umstand, dass der Unterfrachtführer den Scheck demjenigen zugeleitet hat, der im Scheck als Zahlungsempfänger genannt ist, spricht deutlich gegen einen besonders schweren Pflichtenverstoß. Es kann daher nur von einer der Klägerin zurechenbaren leichten Fahrlässigkeit des Unterfrachtführers ausgegangen werden.
24
b) Ein Zurücktreten des Aufrechnungsverbots gemäß § 242 BGB kommt nur bei vorsätzlichen Vertragsverletzungen in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1966 - VIII ZR 8/64, NJW 1966, 1452; Urt. v. 12.1.1977 - VIII ZR 252/75, WM 1977, 311, 312; Urt. v. 7.3.1985 - III ZR 90/83, WM 1985, 866, 868; Palandt/Grüneberg aaO § 387 Rdn. 17; Staudinger/Gursky, BGB [2000], § 387 Rdn. 248). Dafür bestehen - wie dargelegt - jedoch keine Anhaltspunkte.
25
4. Die Berufung der Klägerin auf das Aufrechnungsverbot stellt sich entgegen der Auffassung der Revision auch dann nicht als treuwidrig dar, wenn die Schadensersatzforderung der Beklagten inzwischen verjährt sein sollte.
26
a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und wann der zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch der Beklagten verjährt ist. Für die Revisionsinstanz ist daher zugunsten der Beklagten vom Eintritt der Verjährung auszugehen.
27
b) Gemäß Nr. 19 ADSp wird die Aufrechnung nur allgemein für einwendungsbehaftete Gegenansprüche ausgeschlossen, ohne den Fall der Aufrechnung mit einer verjährten Gegenforderung besonders in den Blick zu nehmen. Solche Klauseln sind grundsätzlich als wirksam anzusehen. Die Berufung auf das Aufrechnungsverbot im Falle des Vorliegens einer verjährten Forderung kann aber nach § 242 BGB unzulässig sein (vgl. Wolf in Wolf/ Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 11 Nr. 3 Rdn. 14; Staudinger/CoesterWaltjen , BGB [2006], § 309 Nr. 3 Rdn. 2).
28
Die Frage, ob ein wirksames Aufrechnungsverbot nach Treu und Glauben zurücktreten muss, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung verjährt und eine Befriedigung des Schuldners daher nur noch durch Aufrechnung möglich ist, ist umstritten (bejahend: OLG Hamm NJW-RR 1993, 1082 f.; Staudinger/Peters, BGB [2004], § 215 Rdn. 4; Staudinger/CoesterWaltjen aaO § 309 Nr. 3 Rdn. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher aaO § 11 Nr. 3 Rdn. 14; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 3 BGB Rdn. 7; verneinend: OLG Karlsruhe OLG-Rep 2001, 125; jurisPK-BGB/ Lapp, 2. Aufl., § 309 Rdn. 30; Becker in Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 3 Rdn. 13). Die Berufung auf ein Aufrechnungsverbot trotz Verjährung der zur Aufrechnung gestellten Forderung kann nicht schlechthin als treuwidrig angesehen werden. Jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen verstößt die Berufung der Klägerin auf das Aufrechnungsverbot nicht gegen § 242 BGB.
29
aa) Die Beklagte könnte ohne das Bestehen des Aufrechnungsverbots nach § 390 Satz 2 BGB a.F. i.V. mit Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB zwar mit ihrer verjährten Forderung aufrechnen, weil sich die Klageforderung und die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung im Oktober 2001 - und damit in unverjährter Zeit - erstmals aufrechenbar gegenübergestanden haben. Jedoch besteht kein schützenswertes Interesse der Beklagten am Erhalt der einmal entstandenen Aufrechnungsbefugnis und kein berechtigtes Vertrauen auf deren Fortbestand, wie es der Vorschrift des § 390 Satz 2 BGB a.F. zugrunde liegt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts standen beide Parteien, bei denen es sich um Kaufleute handelt, in laufender Geschäftsbeziehung auf der Grundlage der ADSp. Der Beklagten war daher schon bei Entstehung der Aufrechnungslage bekannt, dass sie sich nicht durch Aufrechnung mit einer von der Klägerin bestrittenen Forderung würde befriedigen können.
30
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den unstreitigen Vortrag der Beklagten nicht beachtet, dass die Klägerin im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung Abzugspositionen der Beklagten akzeptiert habe, woraus sich eine Pflicht der Klägerin ergeben habe, der erklärten Aufrechnung zeitnah zu widersprechen. Dem Vortrag der Beklagten, auf den sich die Revision in diesem Zusammenhang stützt, kann nicht entnommen werden, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehung zur Beklagten die außergerichtliche Aufrechnung gerade mit streitigen Gegenforderungen der Beklagten geduldet hat. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass die Klägerin auf die außergerichtliche Aufrechnung der Beklagten vom 19. Oktober 2001 nicht reagiert habe. Dadurch wurde, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unter den gegebenen Umständen kein Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Klägerin ist dem Sachvortrag der Beklagten zudem unter Berufung auf ihr Schreiben vom 25. September 2001 entgegengetreten. Darin hat sie die Beklagte wegen der Scheckforderung auf den Klageweg gegen ihren Vertragspartner verwiesen. Aus diesem Schreiben hat sich für die Beklagte schon in unverjährter Zeit mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, dass sie nicht damit rechnen konnte, die Klägerin würde eine gegen sie wegen des abhanden gekommenen Schecks erhobene Schadensersatzforderung nicht bestreiten und erfüllen. Die Verjährung der Schadensersatzforderung der Beklagten beruht daher auf ihrer eigenen Untätigkeit. Unter diesen Umständen ist es nicht treuwidrig, dass sich die Klägerin auf das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp beruft.
31
III. Die Revision der Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.09.2003 - 37 O 187/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.07.2004 - I-18 U 225/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2007 - I ZR 118/04

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Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
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Die Einbeziehung mehrerer Klauselwerke in ein und denselben Vertrag ist
grundsätzlich zulässig. Führt die Verwendung mehrerer Klauselwerke jedoch
dazu, dass unklar ist, welche der darin enthaltenen konkurrierenden Regelungen
gelten soll, kann keine der Bestimmungen angewendet werden mit der Folge
, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung kommen.
BGH, Urt. v. 16. März 2006 - I ZR 65/03 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 29. Januar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin führte im Auftrag der Beklagten von Februar bis Oktober 2000 mehrere Schwerlasttransporte durch, für die sie der Beklagten insgesamt 37.508,70 € (= 73.360,65 DM) in Rechnung stellte. Darüber hinaus hat die Klägerin aus einer Rechnung vom 10. Dezember 2001 noch einen Restbetrag von 552,36 € beansprucht.

2
Die Klägerin erteilte ihre jeweiligen schriftlichen Angebote unter Zugrundelegung der ADSp (Stand: 1998) sowie der "Besonderen Bedingungen für Schwer- und Spezialtransporte" (nachfolgend: "Besondere Bedingungen"), die auszugsweise wie folgt lauten: "1. Es gelten die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp neueste Fassung) für jeden Auftrag als vereinbart, ergänzend gelten die nachstehenden Bedingungen. … 10. Unsere Rechnungen sind sofort fällig und netto Kasse zu begleichen. Gegenüber unseren Forderungen ist eine Aufrechnung oder Zurückbehaltung nur mit fälligen Gegenansprüchen des Auftraggebers, die von uns anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind, zulässig."
3
Die schriftlichen Angebote der Klägerin nahm die Beklagte im Regelfall telefonisch an. Das Angebot der Klägerin vom 28. Januar 2000 hat die Beklagte mit Telefaxschreiben vom 9. Februar 2000 angenommen, das u.a. folgende Formulierung enthält: "… hiermit beauftragen wir Sie mit o.g. Transport zu einem Frachtpreis in Höhe von 15.500 DM zu den Konditionen gemäß Ihrem o.g. Angebot."
4
Die Beklagte hat in keinem Fall der Einbeziehung der ADSp und/oder der "Besonderen Bedingungen" widersprochen.
5
Bei einem von der Klägerin am 15. September 1999 im Auftrag der Beklagten durchgeführten Transport kam es zu einer Beschädigung des Transportguts. Für die Behebung der Schäden stellte die Beklagte der Klägerin am 18. November 1999 Reparaturkosten in Höhe von 58.025,18 DM netto (= 29.667,80 €) in Rechnung. Mit diesem Betrag hat sie gegenüber der Klageforderung die Aufrechnung erklärt.
6
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, aufgrund der wirksamen Einbeziehung der ADSp und der "Besonderen Bedingungen" in die Vertragsverhältnisse zwischen den Parteien sei die Beklagte gehindert, gegen ihre Ansprüche aus den Transportverträgen aufzurechnen.
7
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 38.061,06 € nebst Zinsen zu zahlen.
8
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat während des erstinstanzlichen Verfahrens Hilfswiderklage erhoben und insoweit beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 58.025,18 DM (= 29.667,80 €) zuzüglich Zinsen zu verurteilen.
9
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe den Transportschaden schuldhaft herbeigeführt, weil sie das Transportgut nicht ordnungsgemäß verzurrt habe. Die Hilfswiderklage werde für den Fall erhoben, dass die von ihr erklärte Aufrechnung nicht zulässig sei.
10
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsansprüche durch Teilurteil stattgegeben. Über die Hilfswiderklage ist bislang nicht entschieden worden.
11
Die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage hinsichtlich des 7.840,90 € übersteigenden Betrags nebst anteiliger Zinsen erstrebt hat, hatte nur insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht die restliche Forderung aus der Rechnung vom 10. Dezember 2001 in Höhe von 552,36 € nebst Zinsen abgewiesen hat (OLG Nürnberg TranspR 2003, 349).
12
Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte (weiterhin) die Abweisung der Klage, soweit sie zur Zahlung eines 7.840,90 € übersteigenden Betrags nebst anteiliger Zinsen verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:


13
I. Das Berufungsgericht hat Frachtvergütungsansprüche der Klägerin in Höhe von 37.508,70 € für begründet erachtet und die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nicht zugelassen. Dazu hat es ausgeführt:
14
Die Beklagte habe die Klageforderung in Höhe von 37.508,70 € (= 73.360,65 DM) unstreitig gestellt. Die darüber hinaus geltend gemachte Teilforderung von 552,36 € aus der Rechnung vom 10. Dezember 2001 sei nicht begründet, weil es hierfür an einem schlüssigen Sachvortrag der Klägerin fehle.
15
Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit der von ihr behaupteten Schadensersatzforderung scheitere an Ziffer 19 ADSp, wonach eine Aufrechnung nur mit fälligen Gegenansprüchen zulässig sei, denen ein Einwand nicht entgegenstehe. Gegen die AGB-Konformität dieser Regelung bestünden keine Bedenken. Die ADSp und die "Besonderen Bedingungen" seien wirksam und vorrangig in die streitgegenständlichen Einzelverträge einbezogen worden. Die Klägerin habe alle Angebote unter Bezugnahme auf die ADSp und die "Besonderen Bedingungen" abgegeben. Diese Angebote habe die Beklagte überwiegend telefonisch und ohne Einschränkungen angenommen. In einem Fall (Angebot vom 28. Januar 2000) habe die Beklagte die "Konditionen" der Klägerin ausdrücklich schriftlich akzeptiert. Die Einbeziehung der ADSp und der "Besonderen Bedingungen" scheitere nicht am "Einkaufsvertrag" und an den "Einkaufsbedingungen" der Beklagten, auf die im "Einkaufsvertrag" Bezug genommen werde.
16
Der Anwendbarkeit des Aufrechnungsverbots gemäß Ziffer 19 ADSp stehe nicht entgegen, dass in Ziffer 10 der ergänzend einbezogenen "Besonderen Bedingungen" eine Aufrechnungsklausel enthalten sei, die gegen § 9 AGBG (a.F.) verstoße, weil sie es ermögliche, die Aufrechnung auch bei unbestrittenen Forderungen von einer Anerkennung abhängig zu machen. Denn bei einem Wegfall von Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" entfalle nicht gleichzeitig das Aufrechnungsverbot gemäß Ziffer 19 ADSp. Die ergänzende Vereinbarung der "Besonderen Bedingungen" beseitige nicht die Grundvereinbarung der ADSp.
17
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
18
1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsurteil sei schon gemäß § 547 Nr. 6 ZPO aufzuheben, weil es nicht mit Gründen versehen sei; das angefochtene Urteil lasse nicht erkennen, welches Ziel die Beklagte mit ihrer Berufung verfolgt habe.
19
a) Das Berufungsgericht hat für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands in zulässiger Weise (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Eine solche Verweisung kann sich allerdings nicht auf den in der zweiten Instanz gestellten Berufungsantrag der Beklagten erstrecken. Eine Aufnahme der Berufungsanträge in das Berufungsurteil ist auch nach dem seit dem 1. Januar 2002 geltenden Zivilprozessrecht nicht entbehrlich (vgl. BGHZ 156, 216, 218; BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 122/03, NJW-RR 2004, 494; Urt. v. 13.1.2004 - XI ZR 5/03, NJW-RR 2004, 573; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 540 Rdn. 3; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 540 Rdn. 2). Enthält das Berufungsurteil - wie hier - keine wörtliche Wiedergabe des Berufungsantrags, so muss es wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH NJW-RR 2004, 573). Bei einer teilweisen Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils muss der Umfang des in die Berufungsinstanz gelangten Streitgegenstands erkennbar sein (BGH, Urt. v. 26.2.2003 - VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 540 Rdn. 8).
20
b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich das von der Beklagten mit der Berufung verfolgte Ziel mit der erforderlichen Deutlichkeit aus dem Zusammenhang der Gründe des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe die von der Klägerin erhobenen und vom Landgericht zuerkannten Ansprüche in Höhe von 37.508,70 € unstreitig gestellt. Mit der Berufung habe sich die Beklagte lediglich gegen die Zuerkennung des mit der Klageerweiterung geltend gemachten Betrags von 552,36 € gewandt. Aus den weiteren Darlegungen des Berufungsgerichts wird zudem hinreichend deutlich , dass die Beklagte darüber hinaus die Annahme des Landgerichts angegriffen hat, sie könne nicht mit der von ihr behaupteten Schadensersatzforderung gegen die (unstreitigen) Transportvergütungsansprüche der Klägerin aufrech- nen. Das reicht zur Konkretisierung des Berufungsbegehrens der Beklagten aus.
21
2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass der Wirksamkeit der von der Beklagten erklärten Aufrechnung das Aufrechnungsverbot gemäß Ziffer 19 ADSp entgegensteht.
22
a) Vergeblich wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die ADSp seien wirksam in die streitgegenständlichen Einzelverträge über Schwerlasttransporte einbezogen worden.
23
Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin ihre Angebote über die Durchführung von Schwerlasttransporten jeweils unter "Zugrundelegung der ADSp" sowie der "Besonderen Bedingungen" abgegeben hat. Die Beklagte habe die schriftlichen Angebote der Klägerin im Regelfall telefonisch angenommen, ohne dass dabei der Einbeziehung der ADSp und/oder der "Besonderen Bedingungen" widersprochen worden sei. Damit haben die Parteien die Geltung der ADSp aufgrund einer für den jeweiligen Einzelvertrag getroffenen Abrede ausdrücklich vereinbart. Das bestätigt auch das Telefaxschreiben der Beklagten vom 9. Februar 2000 betreffend das Angebot der Klägerin vom 28. Januar 2000, in dem es u.a. heißt: "… hiermit beauftragen wir Sie mit o.g. Transport … zu den Konditionen gemäß Ihrem o.g. Angebot". Unerheblich ist, dass die ADSp nach ihrer Ziffer 2.3 auf Schwerlasttransporte grundsätzlich keine Anwendung finden. Denn es bleibt den Parteien unbenommen, die Geltung eines branchenfremden Regelwerks für den konkret abgeschlossenen Vertrag ausdrücklich zu vereinbaren (vgl. MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 46).
24
b) Die Revision rügt aber mit Erfolg, dass das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen hat, die Parteien hätten das in Ziffer 19 ADSp enthaltene Aufrechnungsverbot wirksam vereinbart, obwohl Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" , die nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls in die hier in Rede stehenden Einzelverträge über Schwerlasttransporte einbezogen worden sind, ein weitergehendes Aufrechnungsverbot vorsieht.
25
aa) Die Einbeziehung mehrerer Klauselwerke in ein und denselben Vertrag ist allerdings grundsätzlich zulässig. Sie wird jedoch dann unzulässig, wenn die Verwendung mehrerer Klauselwerke dazu führt, dass unklar ist, welche der darin enthaltenen konkurrierenden Regelungen gelten soll (vgl. BGH, Urt. v. 21.6.1990 - VII ZR 308/89, NJW 1990, 3197, 3198; Koller, Transportrecht , 5. Aufl., Vor Ziffer 1 ADSp Rdn. 21). Dies ist hier der Fall.
26
Sowohl in den ADSp (Ziffer 19) als auch in den "Besonderen Bedingungen" (dort Ziffer 10) ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen sich die Klägerin auf ein Aufrechnungsverbot berufen kann. Das Rangverhältnis, in dem Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" zu Ziffer 19 ADSp steht, ist nicht eindeutig. Es lässt sich auch nicht durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen klarstellen.
27
Gemäß Ziffer 1 der "Besonderen Bedingungen" sollen für jeden Auftrag die ADSp in der jeweils neuesten Fassung als vereinbart gelten und die "Besonderen Bedingungen" ergänzend angewendet werden. Der Wortlaut von Ziffer 1 der "Besonderen Bedingungen" spricht für die Annahme, dass die Vertragsparteien eine vorrangige Geltung der ADSp vereinbart haben mit der Folge , dass die "Besonderen Bedingungen" nur ergänzend zur Anwendung kommen , soweit in den ADSp keine Regelung enthalten ist. Das würde im vorlie- genden Fall zur Anwendbarkeit des Aufrechnungsverbots gemäß Ziffer 19 ADSp führen, gegen dessen Wirksamkeit keine rechtlichen Bedenken bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.1999 - I ZR 84/97, TranspR 1999, 347, 348, m.w.N. zu § 32 ADSp in der Fassung vom 1.3.1989, der inhaltlich im Wesentlichen Ziffer 19 ADSp entsprochen hat). Die Unwirksamkeit des in Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" enthaltenen Aufrechnungsverbots hätte dann keine Auswirkungen auf die Anwendbarkeit der vorrangig geltenden Ziffer 19 ADSp.
28
Etwas anderes ergibt sich aber dann, wenn auf den Sinnzusammenhang der beiden in die jeweiligen Einzelverträge einbezogenen Klauselwerke abgestellt wird. Dann ist die Annahme nahe liegend, dass in erster Linie die "Besonderen Bedingungen" gelten sollen, soweit darin eine einschlägige Regelung enthalten ist. Die Klägerin hat für die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausschließlich Schwerlasttransporte durchgeführt. Für diese Art von Transporten hat sie die in die Einzelverträge einbezogenen "Besonderen Bedingungen" speziell aufgestellt, was für deren vorrangige Geltung gegenüber den nur insgesamt in Bezug genommenen ADSp spricht. Bei dem in Ziffer 10 dieses Klauselwerks enthaltenen Aufrechnungsverbot handelt es sich um eine eigenständige, aus sich heraus verständliche Regelung, die abschließend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen es einem Auftraggeber der Klägerin verwehrt ist, mit einer Gegenforderung gegenüber einem Frachtvergütungsanspruch aufzurechnen.
29
Die Unklarheit des Rangverhältnisses wird nicht dadurch aufgehoben, dass das Aufrechnungsverbot gemäß Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" als solches wegen Verstoßes gegen den hier noch anwendbaren § 9 AGBG (a.F.) unwirksam ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1993 - VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657, 658). Den Parteivereinbarungen kann nicht entnommen werden, dass bei Unwirksamkeit des in Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" enthaltenen Aufrechnungsverbots Ziffer 19 ADSp angewendet werden soll.
30
bb) Die Unklarheit des Rangverhältnisses der Regelungen der Ziffer 10 der "Besonderen Bedingungen" und der Ziffer 19 ADSp hat zur Folge, dass keine von ihnen angewendet werden kann (vgl. Koller aaO Vor Ziffer 1 ADSp Rdn. 21). Dies führt dazu, dass die gesetzlichen Bestimmungen (§§ 387 ff. BGB) zur Anwendung kommen, denen jedoch für den vorliegenden Fall kein Aufrechnungsverbot entnommen werden kann. Der Beklagten ist es danach nicht verwehrt, gegen die Frachtvergütungsansprüche der Klägerin mit einer Schadensersatzforderung aufzurechnen.
31
3. Zur Berechtigung der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung sind bislang keine Feststellungen getroffen worden. Das wird in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren nachzuholen sein.
32
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
v.Ungern-Sternberg Bornkamm Pokrant
Schaffert Büscher
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 14.05.2002 - 2 HKO 10940/01 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 29.01.2003 - 12 U 1926/02 -

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

Haftet der Frachtführer wegen der Verletzung einer mit der Ausführung der Beförderung des Gutes zusammenhängenden vertraglichen Pflicht für Schäden, die nicht durch Verlust oder Beschädigung des Gutes oder durch Überschreitung der Lieferfrist entstehen, und handelt es sich um andere Schäden als Sach- oder Personenschäden, so ist auch in diesem Falle die Haftung begrenzt, und zwar auf das Dreifache des Betrages, der bei Verlust des Gutes zu zahlen wäre.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 263/01 Verkündet am:
17. Juni 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Eine vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998
vom Spediteur erstellte Beförderungsbedingung, wonach die in den Bedingungen
vorgesehenen Haftungsbegrenzungen nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit
gelten sollen, ist, wenn sie einem nach dem 1. Juli 1998 geschlossenen
Vertrag zugrunde gelegt wird, dahin auszulegen, daß die vorgesehenen
Haftungsbegrenzungen erst bei dem verschärften Verschuldensgrad des neu
gefaßten § 435 HGB nicht gelten.
BGH, Urt. v. 17. Juni 2004 - I ZR 263/01 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 13. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportassekuradeur. Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem Recht des Pelzhauses C. in K. (im folgenden: Versicherungsnehmerin) wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte am 11. April 2000 mit der Beförderung eines Pakets, das einen Pelzmantel enthielt, von K. nach Kr. . Auf dem Absendebeleg war als Serviceart "Standard" angekreuzt. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 1998) zugrunde.
Die Beklagte hat die Ersatzleistung unter Berufung auf ihre Beförderungsbedingungen auf 1.000 DM beschränkt.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe den durch den Verlust der Sendung entstandenen Schaden durch Zahlung von 21.000 DM an die Versicherungsnehmerin reguliert. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte für den eingetretenen Verlust unbeschränkt. Die Beklagte könne sich weder auf gesetzliche noch auf die in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen, da ihr grobes Organisationsverschulden zur Last falle. Dies führe zur unbeschränkten Haftung der Beklagten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 17.862,07 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Haftung sei gemäß Ziff. 10 Abs. 1 ihrer Beförderungsbedingungen auf 1.000 DM begrenzt. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 435 HGB

lägen nicht vor. Ein leichtfertiges Verhalten in dem Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts könne ihr nicht angelastet werden, da lediglich ein geringer Bruchteil von Sendungen abhandenkomme. Jedenfalls sei ein überwiegendes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration anzunehmen. Bei Angabe des tatsächlichen Warenwertes hätte sie das Paket als sogenanntes Wertpaket behandelt und demzufolge weitere Kontrollmaßnahmen durchgeführt. Auch der Klägerin müsse ein Mitverschulden vorgeworfen werden, da sie es unterlassen habe, die Versicherungsnehmerin auf die Notwendigkeit einer Wertdeklaration hinzuweisen und ihr zudem aus vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten bekannt gewesen sei, daß sie, die Beklagte , auf Schnittstellenkontrollen verzichte.
Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache in vollem Umfang stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus abgetretenem (§ 398 BGB) Recht der Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 425 Abs. 1 HGB i.V. mit Ziff. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten zuerkannt. Hierzu hat es ausgeführt:

Da sich die Beklagte mit der Versicherungsnehmerin über einen bestimmten Satz an Beförderungskosten geeinigt habe und sie zudem die Versendung der Pakete zusammen mit Gütern anderer Versender als Sammelladung besorge, träfen sie gemäß §§ 459, 460 Abs. 2 HGB ausschließlich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers.
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Beförderungsbedingungen berufen, weil davon auszugehen sei, daß der Schaden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten verursacht worden sei. Der Umstand, daß die Versicherungsnehmerin eine Wertdeklaration unterlassen habe, führe nicht zur Annahme eines Mitverschuldens, das sich die Klägerin zurechnen lassen müsse. Die Beklagte habe zwar behauptet, sie hätte bei Angabe des tatsächlichen Wertes der Sendung gegebenenfalls weitergehende Kontrollmaßnahmen durchgeführt. Sie habe jedoch in ihren Beförderungsbedingungen klargestellt, daß bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit alle Haftungsbeschränkungen - mithin auch diejenige, wonach bei unterbliebener Wertdeklaration nur bis zu einem bestimmten Betrag gehaftet werde - entfielen. An diese dem Wortlaut nach eindeutige Regelung in den von ihr verwendeten Beförderungsbedingungen müsse sich die Beklagte festhalten lassen. Es komme nicht darauf an, ob die Haftungsvoraussetzungen des § 435 HGB n.F. erfüllt seien. Ein haftungsminderndes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin ergebe sich auch nicht daraus, daß sie nach einem Transportverlust vom 24. Januar 2000 nicht ein anderes Unternehmen mit der Paketversendung beauftragt habe. Dazu habe aus der Sicht der Versicherungsnehmerin keine Veranlassung bestanden, da es sich bei dem Verlust vom Januar 2000 unstreitig

um den ersten nach etwa 8.000 problemlos durchgeführten Transporten gehandelt habe.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Revision der Beklagten ist uneingeschränkt zulässig.
Das Berufungsgericht hat die Revision im Urteilstenor ohne beschränkenden Zusatz zugelassen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, "die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil die Beklagte überregional tätig und die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zum Mitverschulden der Kunden bei unterlassener Wertangabe gegenüber einer auf grober Fahrlässigkeit der Beklagten beruhenden Haftung uneinheitlich ist". Damit ist die Revision der Beklagten nicht allein auf den Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration der Versenderin beschränkt worden.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht angenommen, daß sich die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB richten. Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - bei wirksamer vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in

§ 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGHZ 153, 308, 310 f.).
3. Die Revision wendet sich im Ergebnis erfolglos gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden unbeschränkt.

a) Mit Recht beanstandet die Revision allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts , die unbeschränkte Haftung der Beklagten ergebe sich schon aus deren Beförderungsbedingungen, wonach die in Ziff. 10 Abs. 2 enthaltene - im Vergleich zu § 431 HGB zugunsten des Versenders nach oben abweichende - summenmäßige Haftungsbeschränkung dann nicht gelten soll, wenn der Beklagten Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt (Ziff. 10 Abs. 5). Es komme in einem solchen Fall nicht darauf an, ob die strengeren Haftungsvoraussetzungen des § 435 HGB erfüllt seien.
Dem kann nicht beigetreten werden. Nach Ziff. 10 Abs. 1 der Beförderungsbedingungen wird in den Fällen, in denen das Warschauer Abkommen oder das CMR-Abkommen nicht gelten, die Haftung durch die Beförderungsbedingungen der Beklagten "geregelt". Die nachfolgenden "Haftungsbegrenzungen" sollen nicht gelten bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Beklagten (Ziff. 10 Abs. 5). Da die Bedingungen der Beklagten zum Umfang der dann gegebenen Haftung keine Ausführungen enthalten, kann nur das im Gesetz vorgesehene Haftungsregime greifen. Dieses sieht für den Frachtführer nach dem zum 1. Juli 1998 in Kraft getretenen und für die Abwicklung des streitgegenständlichen Vertrags maßgeblichen § 435 HGB eine unbegrenzte Haftung nur

vor, wenn der Frachtführer vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. An das (lediglich) grob fahrlässige Verhalten knüpft die vom Gesetzgeber des Jahres 1998 geregelte Frachtführerhaftung - in Abweichung von dem zuvor geltenden Recht (§ 430 Abs. 3 HGB a.F.) - keine verschärfte Haftung. Es ist aus dem Gesamtzusammenhang der Haftungsbedingungen in Ziff. 10, die auf eine Haftungsbegrenzung angelegt sind, nicht ersichtlich, daß die Beklagte über den gesetzlichen Haftungsrahmen hinaus für Transportschäden einstehen wollte. Die im Februar 1998, und damit noch unter der Geltung des § 430 HGB a.F., erstellte Vertragsbedingung der Beklagten ist folglich dahin auszulegen, daß die Haftungsbegrenzungen dann nicht gelten sollen, wenn bei verschärftem Verschuldensgrad auch das Gesetz eine verschärfte Frachtführerhaftung vorsieht, das heißt also mit Inkrafttreten des § 435 HGB nur, wenn nach den dort genannten Voraussetzungen die gesetzlich oder vertraglich vorgesehenen Haftungsbegrenzungen nicht gelten.

b) Nach § 435 HGB gelten die im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, daß die Beklagte es unstreitig unterlassen hat, bei der Beförderung von Standardsendungen Schnittstellenkontrollen durchzuführen. Auf dieser tatsächlichen Grundlage

kann der Senat selbst entscheiden, daß der Beklagten in bezug auf den streitgegenständlichen Verlust ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.

c) Die aufgrund des Transportrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588) mit Wirkung vom 1. Juli 1998 in Kraft getretene Neufassung des § 435 HGB ist Ausdruck des schon bis dahin im gesamten Transportrecht geltenden Prinzips, daß dem Frachtführer die ihm wegen vertragstypischer Risiken eingeräumten Haftungsprivilegien nicht zugute kommen sollen, wenn ihn oder eine Person, deren er sich bei der Ausführung der Beförderung bedient, ein qualifiziertes Verschulden trifft (vgl. § 430 Abs. 3 HGB a.F.; § 607a Abs. 4, § 660 Abs. 3 HGB, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 CMR, Art. 44 CIM, Art. 25 WA 1955; s. auch die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
aa) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen (vgl. BGHZ 145, 170, 183; BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 205/01, Umdr. S. 9, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein allerdings nicht aus, um auf das Bewußtsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann

anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Danach ist im vorliegenden Fall von einem qualifizierten Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB auszugehen.
bb) Wie der Senat in seinem Urteil vom 25. März 2004 (Umdr. S. 12) entschieden hat, ist bei einer Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers, die Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, im Regelfall der Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens gerechtfertigt, weil es sich hierbei um elementare Vorkehrungen gegen Verlust von Ware handelt.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision kann aus der Organisation des Warenumschlags durch die Beklagte auch auf deren Bewußtsein geschlossen werden, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Wer, wie die Beklagte im Streitfall, elementare Sorgfaltsvorkehrungen unterläßt, handelt in dem Bewußtsein, daß es aufgrund des Mangels dieser Vorkehrungen zu einem Schadenseintritt kommen kann. Wer also Schnittstellenkontrollen unterläßt, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen, daß es darauf entscheidend ankommt, hat das Bewußtsein, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden an dem anvertrauten Gut entstehen (vgl. BGHZ 74, 162, 172; BGH, Urt. v. 25.3.2004, Umdr. S. 15).
Auf das Verhältnis der Schadensfälle zur Anzahl der umgeschlagenen Sendungen kommt es nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00,

TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 177; Urt. v. 25.3.2004, Umdr. S. 15 m.w.N.).
4. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin müsse sich die unterlassene Wertdeklaration bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden der Versicherungsnehmerin anrechnen lassen.

a) Das Berufungsgericht hat seine Beurteilung darauf gestützt, daß die Beklagte in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen klargestellt habe, daß bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit alle Haftungsbeschränkungen, mithin auch diejenige, wonach bei unterbliebener Wertdeklaration nur bis zu einem bestimmten Betrag gehaftet werde, entfielen. An dieser dem Wortlaut nach eindeutigen Regelung müsse sich die Beklagte festhalten lassen. Ließe man eine bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausdrücklich für unwirksam erklärte Haftungsbegrenzung über die Rechtsinstitute des Mitverschuldens oder des treuwidrigen Verhaltens wieder aufleben, entstünde ein klarer Wertungswiderspruch. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Ein Versender gerät in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt. Mit seinem Verzicht auf die vom Spediteur angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen setzt der Versender das Transportgut bewußt einem erhöhten Verlustrisiko aus

mit der Folge, daß ihm der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 BGB anteilig zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 467, 471 m.w.N.). Ein anspruchsminderndes Mitverschulden kann sich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353). Auch gegenüber einem qualifizierten Verschulden des Schädigers kann der Einwand des Mitverschuldens des Geschädigten gerechtfertigt sein. Die Vorschrift des § 435 HGB zur verschärften Haftung des Frachtführers schließt eine Mithaftung des Versenders oder Empfängers aufgrund von schadensursächlichen Umständen aus deren Bereich nicht aus (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471).

c) Nach dem Vortrag der Beklagten unterliegt der Transportweg einer dem Wert nach deklarierten Sendung weiterreichenden Kontrollen als der Weg einer nicht deklarierten Sendung. Zwar kann auch bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden. Das rechtfertigt es jedoch grundsätzlich nicht, den Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassenen Hinweises auf den Wert der Ware an der fehlenden Kausalität scheitern zu lassen.
Ungeklärt ist im vorliegenden Fall, in welcher Phase des Transports der Schaden eingetreten ist. Er kann also auch in einem Bereich eingetreten sein, in dem die Beklagte ihre Sorgfalt bei dem Transport von wertdeklarierter Ware nicht oder nicht in krasser Weise verletzt hat. Die Haftung wegen qualifizierten Verschuldens beruht auf dem Vorwurf unzureichender Kontrolle der Schnittstel-

len und der daraus folgenden Vermutung, daß die Ware in diesem besonders gefährdeten Bereich verlorengegangen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 345 f.; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = NJW-RR 2003, 1473; Urt. v. 25.3.2004, Umdr. S. 14 f.). Das damit auf einer Vermutung beruhende Haftungsrisiko wird eingeschränkt, wenn die Ware in ihrem Wert deklariert worden ist. Der Weg einer wertdeklarierten Ware wird nach der Darstellung der Beklagten weitergehend kontrolliert und läßt sich bei einem Verlust genauer nachvollziehen als der einer nicht deklarierten Sendung. Hat der Versender den Wert angegeben, erhöhen sich die Möglichkeiten der Beklagten, die Vermutung , daß ein besonders krasser Pflichtenverstoß für den Eintritt des Schadens ursächlich gewesen ist, durch den Nachweis zu widerlegen, daß die Ware in einem gesicherten Bereich verlorengegangen ist (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318).

d) Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob die unterlassene Wertangabe auf der in Verlust geratenen Sendung den Schaden tatsächlich deshalb (mit-)verursacht hat, weil die Beklagte bei richtiger Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann nicht zu dem Verlust gekommen wäre. Die Beklagte hat unter Hinweis auf ihre Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgetragen, durch die fehlende Wertangabe habe die Versicherungsnehmerin ihr die Möglichkeit genommen, die bei Wertpaketen vorgesehenen weiteren Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, die gerade den Eintritt des Schadens verhindern sollten. Diesem Vorbringen wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben.

Die Haftungsabwägung nach § 254 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 51, 275, 279; 149, 337, 355 m.w.N.), so daß die Sache auch aus diesem Grund zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
5. Entgegen der Ansicht der Revision läßt sich im Streitfall ein Mitverschulden oder auch der Einwand des Rechtsmißbrauchs nicht darüber hinaus damit begründen, daß die Versicherungsnehmerin die Geschäftsbeziehung zur Beklagten nach dem Verlust einer Sendung im Januar 2000 fortgesetzt hat.

a) Eine Anspruchsminderung gemäß § 254 Abs. 1 BGB, bei dem es sich um eine konkrete gesetzliche Ausprägung des in § 242 BGB enthaltenen allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben handelt, kann dann in Betracht kommen, wenn der Versender einen Spediteur mit der Transportdurchführung beauftragt, von dem er weiß oder zumindest hätte wissen müssen, daß es in dessen Unternehmen aufgrund von groben Organisationsmängeln immer wieder zu Verlusten kommt. Die Auftragserteilung beinhaltet unter solchen Umständen die Inkaufnahme eines Risikos, dessen Verwirklichung allein dem Schädiger anzulasten unbillig erscheint und mit dem § 254 BGB zugrundeliegenden Gedanken von Treu und Glauben unvereinbar ist (BGH, Urt. v. 29.4.1999 - I ZR 70/97, TranspR 1999, 410, 411 = VersR 2000, 474).

b) Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat es sich bei dem Transportverlust vom 24. Januar 2000 unstreitig um den ersten Verlust nach etwa 8.000 problemlos durchgeführten Transporten gehandelt. Auf dieser tatsächlichen Grundlage ist es aus Rechtsgründen nicht

zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, die Versicherungsnehmerin habe keine Veranlassung gehabt, einen anderen Transporteur mit der Paketversendung zu beauftragen. Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus dem Umstand, daß der Versicherungsnehmerin die Transportorganisation der Beklagten vor Erteilung des streitgegenständlichen Auftrags bekannt war. Denn die Kenntnis und Billigung der Transportorganisation der Beklagten reicht für sich allein zur Begründung eines Mitverschuldens nicht aus. Es ist im allgemeinen ausschließlich Sache des Fixkostenspediteurs, den Transportablauf - in den der Auftraggeber in der Regel keinen näheren Einblick hat - so zu organisieren, daß die ihm anvertrauten Güter weder Schaden nehmen noch in Verlust geraten. Ohne besonderen Anlaß brauchte die Versicherungsnehmerin die Eignung, Befähigung und Ausstattung ihres Vertragspartners nicht in Zweifel zu ziehen und zu überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 259 m.w.N.).
6. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin nicht darauf gestützt hat, daß auf dem Absendebeleg im Versenderfeld das Wort "Pelze" enthalten war.
Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte selbst im Versenderfeld das beanstandete Wort "Pelze" als Bestandteil der Firma des Versenders vorgedruckt. Zudem folgt aus der Bezeichnung des Versenders mit dessen Firma nicht ohne weiteres ein Hinweis darauf, daß das Paket wertvolle Pelzwaren enthalten könnte. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht festgestellt, daß weder aus dem Paket selbst noch

aus den mitlaufenden Begleitpapieren für einen potentiellen Täter erkennbar war, daß das Paket einen wertvollen Pelzmantel enthielt. Die Verneinung eines Mitverschuldens der Versenderin ist auf dieser tatsächlichen Grundlage revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)