Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2006 - I ZR 198/03

bei uns veröffentlicht am28.09.2006
vorgehend
Landgericht Bonn, 14 O 171/02, 23.01.2003
Oberlandesgericht Köln, 3 U 28/03, 05.08.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 198/03 Verkündet am:
28. September 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Die Vorlage einer erst zehn Tage nach der Einlieferung einer Sendung erstellten
Rechnung reicht für den Nachweis, dass die Sendung die in der Rechnung
angegebenen Waren enthalten hat, nicht aus.
BGH, Urt. v. 28. September 2006 - I ZR 198/03 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen sowie der Anschlussrevision des Klägers das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 5. August 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 3.673,22 € (Schadensfälle G. und W. ) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juli 2002 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der sich mit dem Handel von Diamanten befasst, nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts von drei am 15. und 17. Mai 2002 in der Zweigstelle der Beklagten in Düsseldorf eingelieferten Paketsendungen auf Schadensersatz in Anspruch. Die Pakete waren mit sogenannten "Freeway"-Paketmarken versehen, die der Kläger zuvor bei der Beklagten erworben und anschließend entsprechend der auf ihnen enthaltenen Anweisung ausgefüllt hatte. Mit "Freeway"-Paketmarken können Pakete entsprechend ihrem Gewicht, bis zu einem Höchstgewicht von 20 kg, vorfrankiert zur Beförderung in einer Filiale oder einer Agentur der Beklagten abgegeben oder einem Paketzusteller der Beklagten mitgegeben werden. Die Einlieferung kann auf dem mit Namen und Anschrift von Absender und Empfänger ausgefüllten oberen Abschnitt der Paketmarken quittiert werden. Die Paketmarken enthalten einen Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG PAKET/EXPRESS NATIONAL.
2
Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen PAKET/EXPRESS NATIONAL (im Folgenden: AGB), die bis dahin in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 nur für ExpressSendungen einen Beförderungsausschluss für Edelsteine im Wert von mehr als 1.000 DM enthielten, hat die Beklagte zum 1. März 2002 dahin geändert, dass Edelsteine mit einem Wert von mehr als 500 € von der Versendung ausgenommen sind. Die Änderung ihrer AGB hat die Beklagte branchenweit bekannt gemacht. Kunden, mit denen sie spezielle Verträge oder Rahmenverträge abgeschlossen hatte (sogenannte Geschäftskunden), hat sie unter Übersendung der neuen AGB angeschrieben. Diese Geschäftskunden hatten besondere vertragliche Verpflichtungen übernommen; beispielsweise hatten sie die Sendungen in bestimmter Form zu verpacken und darauf zu achten, dass äußerlich kein Hinweis auf den Inhalt gegeben wurde. Diesen Geschäftskunden räumte die Beklagte die Möglichkeit ein, bis zum 1. Juli 2002 die ab dem 1. März 2002 als Ausschlussgüter bezeichneten Waren wie Schmuck, Uhren und Edelsteine mit einem Warenwert über 500 € weiterhin zu versenden. Mit dem Kläger war ein solcher Geschäftskundenvertrag nicht geschlossen worden.
3
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der AGB (Stand: 1. März 2002) hatten folgenden Wortlaut: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Unternehmen (Einlieferung bzw. Abholung ) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt , Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen : … 6. Sendungen, die Geld, Edelmetalle, Schmuck, Uhren, Edelsteine , Scheck-, Kreditkarten, gültige Telefonkarten oder andere Zahlungsmittel oder Wertpapiere, für die im Schadensfall keine Sperrungen sowie Aufgebots- und Ersatzverfahren durchgeführt werden können (Valoren II. Klasse), im Gesamtwert von mehr als 500 € enthalten; … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf ausgeschlossene Sendungen oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung oder Überprüfung der Sendungen berechtigt. … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post AG oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. … (2) Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Verpflichtungen nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …"
4
Die von dem Kläger der Beklagten zur Beförderung übergebenen Pakete enthielten nach seiner Behauptung jeweils Brillanten, die der Kläger an Kunden in Marl (W. ), Engelskirchen (P. ) und Mönchengladbach (G. ) zu Preisen von 2.452,63 €, 550,20 € und 4.893,80 € verkauft hatte.
5
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.896,63 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , dass sie dem Kläger im Hinblick auf ihre AGB keinen Schadensersatz zu leisten habe.
7
Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 3.948,32 € stattgegeben und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückgewiesen (OLG Köln TranspR 2004, 28 = VersR 2003, 1598).
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

9
Der Kläger wendet sich mit seiner Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht, wegen eines Mitverschuldens des Klägers diesem aber nur einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte des eingetretenen Schadens zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Zwischen den Parteien sei trotz der Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB durch die Annahme und Beförderung der Sendungen ein Frachtvertrag i.S. des § 407 HGB zustande gekommen. Die Beklagte habe keinen Gebrauch von den in Abschnitt 2 Abs. 3 AGB enthaltenen Möglichkeiten gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB erklärte Anfechtung greife nicht durch. Ein arglistiges Verhalten des Klägers i.S. von § 123 Abs. 1 BGB habe die Beklagte nicht dargelegt. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 und Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB enthaltenen Bestimmungen regelten einen Haftungsausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Frachtvertrag habe auch nicht die Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen i.S. von § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB zum Gegenstand gehabt. Mangels hinreichenden Sachvortrags sei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB zu vermuten.
12
Der Kläger müsse sich jedoch ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Schmuckstücke im Wege des "Freeway"-Paketdienstes er- scheine riskant. Die Beklagte habe auf ihre AGB hingewiesen, nach denen sie bestimmte Güter grundsätzlich nicht befördern wolle. Bei Kenntnis vom Inhalt der Pakete hätte sie die Beförderung nach ihren AGB ablehnen oder den Absender auf eine andere Transportart verweisen können. Ein Absender begebe sich in einen beachtlichen Selbstwiderspruch, wenn er einerseits eine Sache aufgebe, obwohl er wisse oder wissen müsse, dass der Frachtführer die Haftung hierfür ablehne, andererseits im Schadensfall aber den vollen Ersatz verlange. Die Verschuldens- und Verursachungsanteile der Parteien seien in etwa gleich zu bewerten, so dass der Kläger von der Beklagten Ersatz der Hälfte des eingetretenen Schadens verlangen könne.
13
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht in den Schadensfällen G. und W. zum Nachteil der Beklagten entschieden hat. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen ihre Verurteilung im Schadensfall P. . Keinen Erfolg hat dagegen die Anschlussrevision des Klägers.
14
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
15
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Einlieferung der Sendungen bei der Zweigstelle der Beklagten trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB zwischen den Parteien wirksame Frachtverträge durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen sind. Wie der Senat für die insoweit inhaltlich übereinstimmenden AGB der Beklagten mit Stand vom 1. März 2001 entschieden hat, stehen diese der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nicht entgegen, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Verbotsgutklausel einen Vertrag schließen will, wenn sie Pakete tatsächlich und ohne Vorbehalt befördert, die - nicht erkennbar - nach ihren AGB ausgeschlossene Sendungen enthalten (BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03 Tz 15 ff., NJW-RR 2006, 1210 = TranspR 2006, 254, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 64 vorgesehen; vgl. ferner BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 176/03 Tz 18 f., TranspR 2006, 390). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die AGB der Beklagten in der zum 1. März 2002 geänderten Fassung in vollem Umfang Vertragsbestandteil geworden sind oder ob die Ausschlussklausel für Schmuck, Uhren und Edelsteine mit einem Warenwert von über 500 € nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 erst mit der Bereitstellung des Sonderdienstes "Valuepack" zum 1. Juli 2002 zur Anwendung kommen sollte, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.
16
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Anfechtung ihrer Vertragserklärung nicht durchgreifen lassen.
17
aa) Die auf Abschnitt 2 Abs. 4 der AGB gestützte Anfechtung hat das Berufungsgericht als unwirksam angesehen, weil eine Anfechtungserklärung nicht unter einer Bedingung, nämlich der nachträglichen Kenntniserlangung der Beklagten über die Aufgabe von ausgeschlossenen Sendungen, abgegeben werden könne. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Anfechtungserklärung hat Gestaltungscharakter und ist daher bedingungsfeindlich (vgl. BGH, Urt. v. 15.5.1968 - VIII ZR 29/66, NJW 1968, 2990; MünchKomm.BGB/ Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 143 Rdn. 5, m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten enthält Abschnitt 2 Abs. 4 der AGB keine Eventualanfechtung. Eine Eventualanfechtung liegt vor, wenn die Wirkung der Anfechtungserklärung nicht von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden (bedingte Anfechtung), sondern sich aus der künftigen Klarstellung eines im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung objektiv bereits bestehenden , für die Beteiligten aber ungewissen Rechtszustands ergeben soll (BGH NJW 1968, 2990 m.w.N.). Nach Abschnitt 2 Abs. 4 der AGB der Beklagten wird die "bereits jetzt" erklärte Anfechtung unter den Vorbehalt gestellt, dass die Beklagte erst nach der Übergabe der Sendung Kenntnis von deren Inhalt erlangt. Die Anfechtung knüpft damit an ein zukünftiges ungewisses Ereignis an, nämlich an die spätere Kenntniserlangung als solche und nicht etwa an den im Zeitpunkt der Einlieferung objektiv bereits gegebenen Umstand, dass die Sendung einen bestimmten Inhalt hat. Bei einem anderen Verständnis stünde die Klausel im Übrigen im Widerspruch zu der Regelung in Abschnitt 2 Abs. 3 der AGB. Dort behält sich die Beklagte ein Wahlrecht vor, ausgeschlossene Sendungen entweder nicht anzunehmen (Nr. 1), sie zurückzugeben (Nr. 2) oder zu befördern (Nr. 3), gegebenenfalls gegen ein Nachentgelt. Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass ein Vertrag zustande kommen soll, wenn die Beklagte von den beiden ersten Möglichkeiten keinen Gebrauch macht. Hinge die Wirkung der Anfechtung nach Abschnitt 2 Abs. 4 AGB nur von dem Inhalt der Sendung ab, wie die Revision der Beklagten meint, könnte dagegen auch im Falle von Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 3 AGB ein wirksamer Vertrag nicht zustande kommen.
18
bb) Die mit Schreiben der Beklagten vom 30. Juli 2002 erklärten Anfechtungen hat das Berufungsgericht als unwirksam angesehen, weil ein zur Anfechtung berechtigendes arglistiges Verhalten des Klägers i.S. des § 123 Abs. 1 BGB nicht feststellbar sei. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen der Revision der Beklagten hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
19
2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
20
a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB einen Haftungsausschluss enthält oder eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der Beklagten darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, NJW-RR 2006, 758 Tz 21 = TranspR 2006, 169 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsausschluss für Verbotsgut aus Art. 6 Abs. 2 Satz 4 AGB hergeleitet. Die zuletzt genannte Klausel schränkt die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein und stellt daher keine Leistungsbeschreibung dar (BGH NJW-RR 2006, 1210 Tz 24).
21
b) Ferner kann offen bleiben, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt oder, soweit sie Briefe oder briefähnliche Sendungen betrifft, wirksam ist. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB selbst bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für Fälle des qualifizierten Verschuldens i.S. des § 435 HGB eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt nur die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1210 Tz 25; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 176/03 Tz 26, TranspR 2006, 390).
22
c) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision der Beklagten erhebt insoweit auch keine Rügen.
23
d) Zum Inhalt und zum Wert der verloren gegangenen Sendungen hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zugrunde gelegt. Zur Begründung hat es sich auf die Rechtsprechung des Senats (BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159) bezogen, dass im gewerblichen Bereich nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass an den gewerblichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt worden seien. Die Beurteilung der Frage, auf welche Weise Inhalt und Wert einer verloren gegangenen Sendung festgestellt werden können, betrifft das Schätzungsermessen des Tatrichters (BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, BB 2006, 2324 Tz 29 = TranspR 2006, 448).
24
Die dagegen gerichteten Rügen bleiben ohne Erfolg, soweit das Berufungsgericht den Inhalt der an die Kunden G. in Mönchengladbach und W. in Marl gerichteten Sendungen vom 15. und 17. Mai 2002 aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen für erwiesen erachtet hat. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen vorgelegt werden. Vielmehr kann sich der Tatrichter die Überzeugung (§ 287 ZPO) von der Richtigkeit der Behauptung, es seien die in einer Rechnung oder in einem Lieferschein enthaltenen Waren zur Beförderung übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt.
25
Hinsichtlich der am 17. Mai 2002 der Beklagten übergebenen, an einen Empfänger P. in Engelskirchen gerichteten Sendung hat der Kläger lediglich eine an diesen Empfänger adressierte Rechnung mit Datum vom 27. Mai 2002 vorgelegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts legen Angaben in einer zehn Tage nach der Einlieferung der Sendung erstellten Rechnung allein - d.h. ohne Darlegung, aus welchem Grund und aufgrund welcher Unterlagen die Rechnung erst nachträglich erstellt worden ist - nicht die Vermutung nahe, dass die darin aufgeführten Waren auch tatsächlich an dem in dieser Rechnung bezeichneten Liefertag zum Versand gebracht worden sind. Der Umstand, dass die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2002 davon unterrichtet hat, ihre Ermittlungen zu der Sendung seien erfolglos abgeschlossen worden, lässt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Schluss zu, die Rechnung vom 27. Mai 2002 sei nicht erst nach Bekanntwerden des Schadensfalls erstellt worden. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 28. Mai 2002 - Anlage K 7 - ergibt sich vielmehr, dass der Kläger schon zu diesem Zeitpunkt einen Nachforschungsauftrag gestellt hatte. Im Übrigen lässt sich die Menge der in der Rechnung vom 27. Mai 2002 aufgeführten Brillanten nicht ohne weiteres mit dem Vortrag des Klägers vereinbaren, die Lieferung habe die Veräußerung von zehn kleineren Brillanten betroffen.
26
3. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers haben keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richten.
27
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er ein wertvolles Gut trotz Kenntnis, dass der Frachtführer dieses in der gewählten Transportart wegen des damit verbundenen Verlustrisikos nicht befördern will, ohne Hinweis auf die Art des Transportguts zur Beförderung übergibt und im Falle des Verlusts gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt.
28
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, der Kläger habe zumindest wissen müssen, dass die Beklagte eine Beförderung der eingeliefer- ten Waren und eine Haftung für deren Verlust im Wege des "Freeway"-Paketdienstes ablehne. Aus Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 und Abschnitt 3 Abs. 3 AGB ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte diese Versendungsart bei Edelsteinen nur bis zur Wertgrenze von 500 € anbietet. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die AGB der Beklagten in der zum 1. März 2002 geänderten Fassung Vertragsbestandteil geworden sind und der Kläger nicht davon ausgehen durfte, dass die (neue) Ausschlussregelung für Edelsteine aufgrund der Gewährung einer Übergangsfrist durch die Beklagte im Zeitpunkt der Einlieferung noch nicht zur Anwendung kommen sollte. Die dagegen gerichteten Angriffe der Anschlussrevision bleiben ohne Erfolg.
29
aa) Für die Einbeziehung der AGB genügt, da der Kläger als eingetragener Kaufmann Unternehmer i.S. des § 14 Abs. 1 BGB ist, jede auch stillschweigend erklärte Willensübereinstimmung, ohne dass die Erfordernisse nach § 305 Abs. 2 und 3 BGB gegeben sein müssen (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Berufungsgericht hat es daher mit Recht als ausreichend angesehen, dass auf den "Freeway"-Paketmarken auf die Geltung der AGB PAKET/EXPRESS NATIONAL hingewiesen worden ist. Ersichtlich ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass für den Kläger auch die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme der AGB bestand, etwa durch Anfordern bei der Beklagten (vgl. BGHZ 117, 190, 198). Der Kläger hat, worauf schon das Landgericht abgestellt hat, nicht vorgetragen, dass er an den fraglichen Einlieferungstagen die Aushändigung eines Exemplars der AGB verlangt und die Beklagte ihm diese verwehrt hätte.
30
bb) Der Hinweis auf die Geltung der AGB auf den "Freeway"-Paketmarken ist nach seinem objektiven Erklärungswert dahin zu verstehen, dass die AGB in der im Zeitpunkt der Verwendung der Paketmarken geltenden Fassung in den Vertrag einbezogen werden sollten, also in der zum 1. März 2002 geänderten Fassung. Die Auffassung des Berufungsgerichts, sowohl dem Rund- schreiben der Beklagten vom Februar 2002 als auch der "Kurzinformation Valuepack/AGB-Änderungen vom 18.2.2002" habe der Kläger nichts anderes entnehmen können, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Aus diesen Schreiben ergibt sich, dass hinsichtlich der neu eingeführten Ausschlussregelung für Schmuck, Uhren und Edelsteine für Filialkunden, die wie der Kläger bisher keinerlei schriftliche Individualvereinbarung im Bereich PAKET/ EXPRESS mit der Beklagten getroffen hatten, lediglich eine Übergangsfrist bis zum 2. April 2002 gewährt wurde.
31
b) Das Berufungsgericht hat die Verschuldens- und Verursachungsanteile des Klägers und der Beklagten als etwa gleich bewertet. Diese Haftungsverteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
32
aa) Die Abwägung der Verschuldens- und Verursachungsanteile im Rahmen des § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.2003 - VI ZR 161/02, NJW 2003, 1929, 1931 m.w.N.). Die Abwägung darf nicht schematisch erfolgen, sondern ist aufgrund der festgestellten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Diesen Maßstäben genügen die Erwägungen des Berufungsgerichts.
33
bb) Die Anschlussrevision rügt insoweit erfolglos, das Berufungsgericht hätte nicht lediglich von einem groben Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB ausgehen dürfen, sondern ein vorsätzliches Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten berücksichtigen müssen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, die drei verloren gegangenen Pakete seien von Mitarbeitern der Beklagten gestohlen worden.
Sein pauschales Vorbringen, es sei bekannt, dass im Gewahrsam der Beklagten regelmäßig auf wertvolle Sendungen gezielt Zugriff genommen werde, aufgrund des Schadensbildes und der zahllosen Vorschäden sei unwiderleglich von einer rechtswidrigen Zueignung durch Mitarbeiter der Beklagten auszugehen , genügt insoweit nicht.
34
cc) Der Ansicht der Revision der Beklagten, ein grobes Verschulden i.S. von § 435 HGB sei im vorliegenden Fall nicht zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen , weil sie bei einem pflichtgemäßen Verhalten des Klägers die Beförderung des Gutes abgelehnt hätte und daher gar nicht erst in die Lage geraten wäre, sich dem Vorwurf eines groben Verschuldens i.S. des § 435 HGB auszusetzen, kann gleichfalls nicht gefolgt werden. Die Berücksichtigung eines pflichtwidrigen Verhaltens des Verletzten als Mitverschulden i.S. von § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB setzt voraus, dass es bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat, also für den Eintritt des Schadens ursächlich geworden ist. Für das im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Maß der Verursachung kann demnach nicht darauf abgestellt werden, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten überhaupt hätte vermieden werden können. Vielmehr kommt es für die Haftungsverteilung wesentlich darauf an, in welchem Maße das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens wahrscheinlich gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1999 - XI ZR 249/98, NJW-RR 2000, 272, 273; MünchKomm.BGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 102 m.w.N.). Danach begegnet es im Hinblick auf die übrigen Umstände des Falles und insbesondere die Höhe der Schadensbeträge, die hier unterhalb der im Regelfall bei 5.000 € anzusetzenden Grenze eines ungewöhnlich hohen Schadens i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB liegen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208, 209), aus Rechtsgründen keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht das Unterlassen von Schnittstellenkontrollen durch die Beklagte auf der einen Seite und die Einlieferung der wertvol- len, nach den AGB der Beklagten von der Beförderung ausgeschlossenen Sendungen ohne Hinweis auf ihren Inhalt durch den Kläger auf der anderen Seite als gleichgewichtig angesehen hat. Von einer positiven Kenntnis des Klägers, dass es sich um Verbotsgut handelte, das die Beklagte nicht befördern wollte - bei deren Vorliegen ein vollständiger Ausschluss der Haftung des Frachtführers gerechtfertigt sein kann (BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03 Tz 35, TranspR 2006, 448) -, kann nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden.
35
III. Danach konnte das angefochtene Urteil teilweise keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht in dem Schadensfall P. die Beklagte zum Ersatz der Hälfte des geltend gemachten Schadens, also in Höhe von 275,10 €, verurteilt hat. In diesem Umfang war die Sache im Hinblick auf die vom Kläger zum Inhalt der betreffenden Sendung angetretenen Beweise zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen war die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Ebenfalls erfolglos war die Anschlussrevision des Klägers.
v.Ungern-Sternberg Bornkamm Büscher
Bergmann Schaffert
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 23.01.2003 - 14 O 171/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 05.08.2003 - 3 U 28/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2006 - I ZR 198/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2006 - I ZR 198/03

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e
Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2006 - I ZR 198/03 zitiert 16 §§.

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 14 Unternehmer


(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (2) Eine rechtsfähig

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Schadensteilung


(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade

Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

Handelsgesetzbuch - HGB | § 407 Frachtvertrag


(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. (2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen. (3) Die Vorschriften dieses U

Handelsgesetzbuch - HGB | § 428 Haftung für andere


Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer

Handelsgesetzbuch - HGB | § 449 Abweichende Vereinbarungen über die Haftung


(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2006 - I ZR 245/03

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2005 - I ZR 103/04

bei uns veröffentlicht am 01.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 103/04 Verkündet am: 1. Dezember 2005 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
11 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2006 - I ZR 198/03.

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Referenzen

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern.

(2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.

(3) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn

1.
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und
2.
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.
Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446 Absatz 2 nur durch Vereinbarung abgewichen werden, die im Einzelnen ausgehandelt wird, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen wird. Der Frachtführer kann sich jedoch auf eine Bestimmung im Ladeschein, die von den in Satz 1 genannten Vorschriften zu Lasten des aus dem Ladeschein Berechtigten abweicht, nicht gegenüber einem im Ladeschein benannten Empfänger, an den der Ladeschein begeben wurde, sowie gegenüber einem Dritten, dem der Ladeschein übertragen wurde, berufen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag

1.
zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen, oder
2.
für den Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen ungünstiger ist als der in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehene Betrag.
Ferner kann abweichend von Absatz 1 durch vorformulierte Vertragsbedingungen die vom Absender nach § 414 zu leistende Entschädigung der Höhe nach beschränkt werden.

(3) Ist der Absender ein Verbraucher, so kann in keinem Fall zu seinem Nachteil von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften abgewichen werden, es sei denn, der Frachtvertrag hat die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand.

(4) Unterliegt der Frachtvertrag ausländischem Recht, so sind die Absätze 1 bis 3 gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag sowohl der Ort der Übernahme als auch der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern.

(2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.

(3) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn

1.
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und
2.
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.
Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 123/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
BGB §§ 133 B, 157 Ga;
AGB Deutsche Post AG (Stand: 1.3.2001) Abschn. 2 Abs. 2 Nr. 7
Trotz der Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen
Post, wonach sie keinen Vertrag über die Beförderung von Sendungen
mit bestimmtem Inhalt (hier: ungefasste Edelsteine in einem Wert von mehr als
1.000 DM) schließe, kommt ein Beförderungsvertrag über eine an sich ausgeschlossene
Sendung zustande, wenn die fragliche Sendung von Mitarbeitern
der Post in Unkenntnis des Inhalts am Schalter entgegengenommen wird.
AGB Deutsche Post AG (Stand: 1.3.2001) Abschn. 6 Abs. 2 Satz 4
Die Regelung in Abschn. 6 Abs. 2 Satz 4 der AGB der Deutschen Post AG, wonach
diese nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschn. 2 Abs. 2 ihrer
AGB haftet, stellt keine Leistungsbeschreibung dar und lässt beim Vorliegen
der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern die volle Haftung
der Deutschen Post AG unberührt.
Zur Haftungsabwägung, wenn die Deutsche Post AG beim Verlust einer Sendung
ein grobes Verschulden i.S. von § 435 HGB trifft und der Absender hätte
wissen müssen, dass die Deutsche Post AG die Sendung bei Angabe ihres
Werts mit größerer Sorgfalt behandelt hätte.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 123/03 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. April 2003 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Entscheidung zum Mitverschulden aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer des F. R. , der in I. eine Werkstätte für Edelsteinschmuck betreibt (im Weiteren: Versicherungsnehmer ). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts einer Sendung aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Versicherungsnehmer hat am 12. September 2001 drei ungefasste Diamanten im Gesamtwert von 7.400 € an M. R. (im Weiteren: Absenderin ) nach München übersandt. Die Absenderin lieferte die Steine am 13. September 2001 bei einer Niederlassung der Beklagten in München zur Rückübersendung per Expressbrief an den Versicherungsnehmer ein. Der Einlieferungsbeleg enthielt neben einem Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Frachtdienst Inland (PAKET/ EXPRESS NATIONAL) (im Weiteren: AGB) die Angabe: "Der Absender versichert , dass die eingelieferte(n) Sendung(en) keine ausgeschlossenen Güter (Verbotsgut) gemäß Abschnitt 2 Absatz 2 enthält/enthalten."
3
Die Sendung mit den Steinen des Versicherungsnehmers wurde zuletzt am 14. September 2001 um 9.08 Uhr in der Niederlassung der Beklagten in Frankfurt per Scanner erfasst. Ihr weiterer Verbleib konnte nicht aufgeklärt werden. Die Klägerin, die den Schaden des Versicherungsnehmers reguliert hat, nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Ersatz des dem Versicherungsnehmer entstandenen Schadens nebst Zinsen in Anspruch.
4
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , dass sie der Klägerin im Hinblick auf ihre AGB keinen Schadensersatz zu leisten habe.
5
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der AGB (Stand: 1. März 2001) hatten folgenden Wortlaut: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Transportunternehmen (Einlieferung bzw. Abholung) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt , Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen : … 7. Express-Sendungen, die ungefasste Edelsteine im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM/511,29 € enthalten; … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf Sendungen mit den in Absatz 2 genannten Inhalten oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung oder Überprüfung der Sendungen berechtigt. Der Absender trägt die alleinige Verantwortung und das Risiko für alle Folgen, die aus einem - auch nach anderen Bestimmungen als diesen AGB - unzulässigen Güterversand resultieren. … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. (2) Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen (vgl. Abschnitt 2 Abs. 2) sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …"
6
Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 4.933,33 € stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG Köln VersR 2003, 1148).
7
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
8
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für teilweise begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
10
Zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB durch die Annahme und Beförderung der Sendung ein Frachtvertrag i.S. des § 407 HGB zustande gekommen. Die Beklagte habe keinen Gebrauch von den in Abschnitt 2 Abs. 3 AGB enthaltenen Möglichkeiten gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB erklärte Anfechtung greife nicht durch, weil die Beklagte ein arglistiges Verhalten der Absenderin nicht dargelegt habe. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB enthaltenen Bestimmungen legten nicht die vertraglichen Leistungspflichten fest, sondern regelten einen Haftungsausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Expressbrief sei weder ein Brief noch eine briefähnliche Sendung. Mangels hinrei- chenden Sachvortrags sei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB zu vermuten.
11
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Diamanten per Expressbrief sei äußerst riskant. Der Absenderin habe allerdings die sehr klein gedruckte Erklärung auf dem Einlieferungsbeleg, dass die Sendung keine verbotenen Güter enthalte, nicht auffallen müssen. Ihr sei aber vorzuwerfen, dass sie sich nicht über die AGB sowie die Möglichkeit informiert habe, einen Brief mit derart wertvollem Inhalt sicher zu versenden. Das Mitverschulden der Absenderin sei für den Schadenseintritt ursächlich gewesen. Die Sendung hätte nur mit dem von der Beklagten betriebenen Werttransportdienst befördert werden können. Dieser sei zwar teurer als der Expressdienst; bei ihm werde das Transportgut aber mit größerer Sorgfalt behandelt. Der überwiegende Verursachungsbeitrag falle der Beklagten zur Last, deren Leute sich strafbar gemacht hätten.
12
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht und zu Lasten der Klägerin einen Mitverursachungsbeitrag von einem Drittel angenommen hat. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die vom Berufungsgericht im Rahmen des § 425 Abs. 2 HGB vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Schadensverursachungsanteile. Keinen Erfolg hat dagegen die Anschlussrevision der Klägerin.
13
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
14
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Beklagten und der Absenderin zustande gekommen ist. Es hat daher auch bei der Frage, auf wessen Sicht es für die Beurteilung der Rechte aus dem Frachtvertrag ankommt, mit Recht entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Person des Versicherungsnehmers, sondern auf die Person der Absenderin abgestellt. Der Umstand allein, dass die Ware zuvor von dem Versicherungsnehmer an die Absenderin versandt worden war, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Davon unberührt bleibt die Berechtigung des Versicherungsnehmers bzw. - nach dem erfolgten Rechtsübergang - der Klägerin , die im Hinblick auf den Verlust des Gutes aus dem Frachtvertrag bestehenden Ansprüche gegen die Beklagte im eigenen Namen geltend zu machen (§ 421 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB).
15
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Die Übernahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch die Mitarbeiter der Beklagten am Schalter konnte aus der Sicht der Absenderin nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 BGB). Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
16
aa) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f. m.w.N.).
17
bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verstän- digen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348). Diese Grundsätze gelten auch für Klauseln, die leistungsbeschreibender Art sind (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBGesetz , 9. Aufl., § 5 Rdn. 3a und § 8 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdn. 19 und Bd. 2a § 307 Rdn. 19).
18
cc) Nach dem Wortlaut von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB will die Beklagte bei ungefassten Edelsteinen im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM (= 511,29 €) allerdings keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Diese Bestimmung darf jedoch nicht isoliert gesehen werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 4 und Abschnitt 6 AGB zu beurteilen , die auf sie Bezug nehmen. Danach wird vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall erklärt, dass die Beklagte erst nach der Übergabe der Sendung Kenntnis davon erhält, dass diese verbotene Güter enthält. Abschnitt 6 regelt u.a. die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob diese Klausel auch intransparent ist.
19
dd) Die Regelungen könnten aus der Sicht eines verständigen Postkunden im Übrigen nur dann einen Sinn ergeben, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus der Regelung in ihrem Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 mithin nicht entnom- men werden, dass die Beklagte das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über sogenannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will.
20
ee) Die vorstehende Beurteilung der Klausel entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lfg. 1/97, § 54 Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
21
c) Mit Recht hat das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Anfechtung ihrer Vertragserklärung nach § 123 BGB mangels Darlegung eines arglistigen Verhaltens der Absenderin nicht durchgreifen lassen. Allerdings ist ein Vertrag zugunsten Dritter auch dann nach § 123 BGB anfechtbar , wenn der Dritte selbst getäuscht hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 123 Rdn. 12; MünchKomm.BGB/Kramer aaO § 123 Rdn. 25). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Versicherungsnehmer jedoch am Vertragsschluss zwischen der Beklagten und der Absenderin in keiner Weise beteiligt. Damit fehlte es schon an einer Täuschung durch den Versicherungsnehmer der Klägerin.
22
d) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Absenderin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Ver- tragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Das Berufungsgericht hat die dafür erforderlichen Voraussetzungen ersichtlich als nicht erfüllt angesehen. Die Revision erhebt in dieser Hinsicht keine Rügen. Eine von der Absenderin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.).
23
2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
24
a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung im Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB einen Haftungsausschluss oder die einer Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der Beklagten darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, Tz 21 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsausschluss für Verbotsgut nicht aus der dortigen Regelung, sondern aus Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB entnommen. Die zuletzt genannte Klausel schränkt die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein. Sie stellt daher , wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, keine Leistungsbeschreibung dar.
25
b) Offen bleiben kann des Weiteren, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt oder, soweit sie Briefe oder briefähnliche Sendungen betrifft, wirksam ist. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte selbst danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für solche Fälle eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt dort anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, enthält Abschnitt 6 der AGB der Beklagten nach seinem Wortlaut und nach seiner Systematik gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen kundenfreundlich auszulegen sind, allein in Bezug auf diesen Bereich für bedingungsgerechte Sendungen eine Haftungsbegrenzung und für Verbotsgüter einen Haftungsausschluss.
26
c) Das Berufungsgericht hat auch ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Einlassungsobliegenheit der Beklagten überspannt.
27
Die Beklagte konnte den Eintritt des Schadens und den Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nur insoweit eingrenzen, als sie festgestellt hat, dass das Transportgut nach seinem Eingang in dem Umschlagslager in Frankfurt verloren gegangen ist. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen vom 31. Mai und 20. September 2002 lässt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht hinreichend erkennen, dass sie über ein Siche- rungssystem verfügte, das es ihr ermöglicht hätte, den Verlauf der einzelnen Sendungen und die ausreichende Eingrenzung etwaiger Verlustfälle in örtlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nachzuvollziehen. Die in allgemeiner Form gehaltene Darstellung der Sicherheitsvorkehrungen in dem Umschlagslager reicht insoweit nicht aus (vgl. BGHZ 129, 345, 350; BGH, Urt. v. 4.3.2004 - I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 462). Bei dem Umschlag von Gütern handelt es sich um einen besonders schadensanfälligen Bereich, der deshalb insbesondere Ausgangskontrollen erfordert (vgl. BGHZ 158, 322, 330). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, ob in dem Umschlagslager in Frankfurt eine Ausgangskontrolle der Sendungen erfolgt, die es ermöglichte, Angaben über deren weiteren Verbleib zu machen. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten gezogen.
28
3. Die Revision der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richtet.
29
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann es für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden auch ausreichen, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertsendungen durch den Frachtführer hätte kennen müssen. Ein Mitverschulden ist bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, Tz 21).
30
b) Ein entsprechendes Kennenmüssen der Absenderin hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht. Aus Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 3 Abs. 3 AGB ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Versendungsart Expressbrief bei Edelsteinen nur bis zur Wertgrenze von 511,29 € anbietet. Davon abgesehen liegt es nach der Lebenserfahrung auf der Hand, dass die Beklagte im Rahmen ihres umfassenden Dienstleistungsangebots für Wertgegenstände besondere Versendungsmöglichkeiten mit höheren Sicherheitsstandards bereithält.
31
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht auch davon ausgegangen, dass die von der Absenderin unterlassene Wertdeklaration für den Schadenseintritt mit ursächlich gewesen ist. Es hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte die Sendung, wenn deren Inhalt ihren Bediensteten offen gelegt worden wäre, nur mit dem von ihr betriebenen Werttransport befördert und dabei mit größerer Sorgfalt behandelt worden wäre. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht zu Lasten der Beklagten von einer vorsätzlichen Straftat eines ihrer Mitarbeiter ausgegangen ist. Eine derartige Straftat ist im Rechtsstreit weder behauptet noch festgestellt worden. Die genaue Ursache für den Verlust der Sendung konnte vielmehr nicht aufgeklärt werden. Im Hinblick darauf ist eine neue Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile an dem Schadenseintritt geboten, wobei auf Seiten der Beklagten nicht von einem strafbaren Verhalten eines ihrer Mitarbeiter, sondern lediglich von einem Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen ist.
32
4. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Absenderin ein den Klageanspruch min- derndes Mitverschulden am Schadenseintritt trifft (vgl. zu vorstehend 3.). Der von ihm angenommene Mitverursachungsanteil der Absenderin von einem Drittel lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
33
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht den Schadensmitverursachungsanteil der Absenderin im Hinblick auf das von ihm zu Unrecht angenommene vorsätzliche Verhalten eines Beschäftigten der Beklagten lediglich auf ein Drittel beschränkt hat. In diesem Umfang war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen. Ebenfalls erfolglos war die Anschlussrevision der Klägerin.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 26.09.2002 - 14 O 69/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.04.2003 - 3 U 146/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 176/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Wird der Frachtführer wegen Beschädigung von Transportgut auf vollen Schadensersatz
in Anspruch genommen, muss der Ersatzberechtigte Anhaltspunkte
vortragen, die darauf schließen lassen, dass der Schaden auf ein qualifiziertes
Verschulden zurückzuführen ist. Diese können sich etwa aus der Art und dem
Ausmaß der Beschädigung des Gutes ergeben. Der Frachtführer muss sich auf
diesen Vortrag einlassen und mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten
Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte.
Ihn trifft insoweit eine Recherchepflicht.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2006 - I ZR 176/03 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen der Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Der Kläger übergab einer Schaltermitarbeiterin der Beklagten am 17. November 1999 in Berlin eine Paketsendung zur Beförderung nach Karlsruhe. Hierfür füllte er einen Einlieferungsschein der "Deutsche Post Express GmbH" (dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Beklagten) aus, den er der Schaltermitarbeiterin übergab. Der Einlieferungsbeleg enthielt auf der Vorderseite den Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG für den Frachtdienst Inland (im Weiteren: AGB) sowie darauf, dass diese in der Postfiliale zur Einsichtnahme bereitgehalten würden.
3
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2 und 6 der AGB (Stand: 1.7.1999) hatten unter anderem folgenden Wortlaut: "2. Vertragsverhältnis - Begründung/Ausschluss/Beteiligte - (1) Rechte und Pflichten im Geltungsbereich dieser AGB werden durch Abschluss eines Beförderungsvertrages zwischen der Deutschen Post und dem Absender begründet. In der Regel kommt dieser Vertrag durch die Übergabe von Sendungen oder deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post (Einlieferung bzw. Abholung ) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. Abweichende Bedingungen sind schriftlich zu vereinbaren. (2) Von der Beförderung ausgeschlossen sind (ausgeschlossene Sendungen): … 5. Sendungen mit einem tatsächlichen Wert von mehr als 50.000 DM … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format und Gewicht usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Das Recht der Deutschen Post, ein Vertragsangebot abzulehnen, bleibt, soweit nicht eine gesetzliche Verpflichtung entgegensteht, auch in anderen Fällen unberührt. … 6. Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. … (2) Im Übrigen haftet die Deutsche Post für Verlust und Beschädigung von bedingungsgerechten Sendungen und für die nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu bestimmten Höchstbeträgen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit , soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. …"
4
Das Paket wurde am 19. November 1999 an den Adressaten ausgeliefert , der den Empfang der Sendung als ordnungsgemäß quittierte. Mit Schreiben vom 24. November 1999 reklamierte der Kläger gegenüber der Beklagten die Beschädigung des beförderten Gutes. Die Beklagte hat eine Schadensregulierung abgelehnt.

5
Der Kläger hat behauptet, in dem Paket habe sich (neben einem wertlosen Instrument) eine Geige mit einem Schätzwert von 60.000 DM befunden. Dieses Instrument habe er der Beklagten in unbeschädigtem Zustand und ordnungsgemäß verpackt zur Beförderung übergeben. Bei der Auslieferung an den Empfänger sei die Geige beschädigt gewesen. Bei dem Schaden, durch dessen Behebung Kosten i.H. von 4.698 DM entstanden seien, habe es sich um einen Bodenstimmriss vom Saitenhalter bis zum Steg des Instruments gehandelt. Die Beschädigung habe zu einer Wertminderung der Geige i.H. von 18.000 DM (= 30 % des Schätzwertes) geführt. Von dem Wertminderungsbetrag hat der Kläger in erster Instanz lediglich 15.000 DM geltend gemacht.
6
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.698 DM nebst Zinsen zu zahlen.
7
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , ihr stehe gegen den Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zu, weil der Kläger mit der Einlieferung der Geige , die nach seinen eigenen Angaben einen Schätzwert von 60.000 DM gehabt habe, gegen § 2 Abs. 2 der zum Vertragsinhalt gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen habe. Der Kläger müsse sie, die Beklagte, so stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den Wert der Sendung stünde. In diesem Fall wäre es nicht zum Abschluss eines Frachtvertrages gekommen.
8
Im Übrigen sei ihre Haftung gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB ausgeschlossen , weil die Verpackung nicht dazu geeignet gewesen sei, die Geige vor typischen Einwirkungen eines Sammeltransports (mehrfaches Umlagern, Überstauen ) zu schützen.
9
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 18.400 DM (3.400 DM Reparaturkosten und 15.000 DM Wertminderung ) nebst Zinsen verurteilt.
10
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat im Wege der Anschlussberufung die Zahlung eines weiteren Wertminderungsbetrages i.H. von 3.000 DM nebst Zinsen begehrt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
11
Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 1.533,88 € (= 3.000 DM) nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


12
I. Das Berufungsgericht hat den von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
13
Es könne offen bleiben, ob es zwischen den Parteien zum Abschluss eines Vertrages über die Beförderung der streitgegenständlichen Sendung gekommen sei. Eine Haftung der Beklagten für eine etwaige Beschädigung der Geige sei nach Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB der Beklagten, die Bestandteil eines möglichen Beförderungsvertrages geworden seien, ausgeschlossen. Bei der Regelung in Abschnitt 6 Abs. 2 AGB handele es sich nicht um eine überraschende Klausel i.S. von § 3 AGBG a.F.. Die in Rede stehende Klausel sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 7 AGBG a.F. unwirksam. Nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V. mit Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 1 ihrer AGB sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, überhaupt für den Kläger tätig zu werden. Sie habe die Sendung nur wegen der von dem Kläger unterlassenen Angabe über den tatsächlichen Wert des Inhaltes zur Beförderung angenommen. Daher erscheine es als mit dem Regelungszweck des § 11 Nr. 7 AGBG a.F. vereinbar, wenn die Beklagte ihre Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ihrer Mitarbeiter ausschließe. Da die Beklagte die Sendung im Falle der Kenntnis des von dem Kläger behaupteten Wertes nicht zur Beförderung entgegengenommen hätte, scheide ihre Haftung vollständig aus.
14
Auch wenn von einem wirksamen Zustandekommen eines Beförderungsvertrages ausgegangen werde und man annehme, dass der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten geregelte Haftungsausschluss unwirksam sei, hätte die Klage im Ergebnis keinen Erfolg. Denn die Beklagte könnte einem etwaigen Schadensersatzanspruch des Klägers ihrerseits einen Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss entgegenhalten, der auf Freistellung von möglichen vertraglichen Schadensersatzansprüchen gerichtet sei. Der Kläger habe es in zurechenbarer Weise unterlassen, eine korrekte Angabe über den behaupteten Wert der eingelieferten Sendung zu machen. Hätte er den Wert bei der Einlieferung zutreffend angegeben, hätte die Beklagte nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen die Sendung nicht angenommen und es wäre nicht zum Abschluss eines Transportvertrages gekommen.

15
Soweit der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch darauf stütze, dass die Beklagte es vertragswidrig unterlassen habe, die von ihm gewünschte Transportversicherung zu vermitteln, ergebe sich daraus ebenfalls keine Haftung der Beklagten. Bei korrekter Angabe des Wertes der Sendung wäre es nicht zum Abschluss eines Beförderungsvertrages und damit auch nicht zum Abschluss einer Transportversicherung gekommen.
16
Da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zustehe, könne auch seine unselbständige Anschlussberufung keinen Erfolg haben.
17
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
18
1. Zwischen den Parteien ist trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Die Entgegennahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch eine Schaltermitarbeiterin der Beklagten konnte aus der Sicht des Klägers nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 BGB). Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
19
a) Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die AGB der Beklagten seien gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1b AGBG a.F. wirksam in einen etwaigen Transportvertrag zwischen den Parteien einbezogen worden. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Befreiung von § 2 AGBG a.F. gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1b AGBG a.F. im Wesentlichen nur für die Bedingungen zur Beförderung von Briefen und adressierten Katalogen mit einem Einzelgewicht von weniger als 200 g gilt (vgl. MünchKomm.BGB /Basedow, 4. Aufl., § 23 AGBG Rdn. 26; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 23 Rdn. 36c), während es hier um eine Paketsendung geht. Das steht der vom Berufungsgericht angenommenen Einbeziehung der AGB der Beklagten in einen zwischen den Parteien geschlossenen Beförderungsvertrag jedoch nicht entgegen, da - wie der Senat aufgrund des unstreitigen Sachverhalts selbst entscheiden kann - die Einbeziehungsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 AGBG a.F. erfüllt sind. Auf dem von dem Kläger zu den Akten gereichten "Einlieferungsbeleg Express", den er vor Einlieferung des Paketes von der Schaltermitarbeiterin der Beklagten ausgehändigt erhalten und teilweise selbst ausgefüllt hat, ist auf der Vorderseite der deutlich erkennbare Hinweis enthalten, dass "die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG für den Frachtdienst Inland gelten, die in (der) Postfiliale zur Einsichtnahme bereitgehalten werden". Damit ist den Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGBG a.F. genügt (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1986 - VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112, 113 = ZIP 1986, 1126, 1128; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 305 Rdn. 29; MünchKomm.BGB/Basedow aaO § 2 AGBG Rdn. 8).
20
b) Gemäß Abschnitt 2 Abs. 2 AGB kommt zwischen dem Absender und der Deutschen Post AG in der Regel durch die Übergabe von Sendungen oder deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post (Einlieferung bzw. Abholung ) nach Maßgabe der geltenden AGB ein Beförderungsvertrag zustande. Eine Einlieferung der streitgegenständlichen Paketsendung ist im vorliegenden Fall erfolgt, da sie von der Schaltermitarbeiterin der Beklagten zur Beförderung angenommen wurde.
21
Der Annahme eines Vertragsschlusses steht nicht die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB entgegen, wonach Sendungen mit einem tatsächli- chen Wert von mehr als 50.000 DM von der Beförderung ausgeschlossen sind (zur Auslegung einer vergleichbaren Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 17 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die Bestimmung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AGB zu beurteilen. Nach diesen Bestimmungen steht es der Beklagten frei, eine nicht bedingungsgerechte Sendung jederzeit an den Auftraggeber zurückzugeben oder diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 AGB zu erheben. Diese Regelungen wären überflüssig, wenn über (unerkannt) nicht bedingungsgerechte Sendungen ein Vertrag schon nicht zustande käme (vgl. BGH, Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 75/03, Urteilsumdruck S. 10).
22
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch wegen des streitgegenständlichen Transportschadens zu.
23
a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz mit der Begründung verneint, eine Haftung der Beklagten für eine etwaige Beschädigung der nach der Behauptung des Klägers in dem streitgegenständlichen Paket befindlichen Geige sei nach Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB der Beklagten ausgeschlossen. Dem eigenen Vortrag des Klägers zufolge habe es sich bei dem eingelieferten Paket um eine Sendung gehandelt, die nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB von der Beförderung ausgeschlossen gewesen sei. Gemäß Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 1 AGB sei die Beklagte daher berechtigt gewesen , ein Vertragsangebot des Klägers abzulehnen, was sie auch getan hätte, wenn sie den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Unter diesen Um- ständen widerspreche es nicht dem Regelungszweck des § 11 Nr. 7 AGBG a.F., wenn die Beklagte ihre Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ihrer Mitarbeiter vollständig ausschließe. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
24
b) In der Revisionsinstanz ist auf der Grundlage des bisherigen Sachund Streitstandes zu unterstellen, dass die der Beklagten zur Beförderung übergebene Geige während des Transports durch ein qualifiziertes Verschulden (§ 435 HGB) der Mitarbeiter der Beklagten beschädigt worden ist.
25
Nach Abschnitt 6 Abs. 1 AGB haftet die Beklagte für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen". Diese Klausel ist nach dem Zusammenhang der AGB der Beklagten gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zweifel kundenfreundlich auszulegen sind (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 25), dahin zu verstehen, dass die in den vorangegangenen und nachfolgenden Bedingungen geregelten Haftungsausschlüsse und Haftungsbegrenzungen bei qualifiziertem Verschulden der Beklagten nicht gelten sollen. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob eine Haftung der Beklagten gemäß Abschnitt 6 Abs. 2 ihrer AGB wirksam ausgeschlossen ist, kommt es daher nicht an.
26
Befördert die Beklagte eine "nicht bedingungsgerechte" Sendung aufgrund eines wirksam zustande gekommenen Beförderungsvertrags unter Einbeziehung ihrer AGB, dann richtet sich ihre Haftung nicht nur nach Abschnitt 6 Abs. 2 ihrer AGB, sondern, was das Berufungsgericht verkannt hat, auch nach deren Abschnitt 6 Abs. 1, in dem keine Unterscheidung zwischen Verbotsgütern und so genannten bedingungsgerechten Sendungen vorgesehen ist. Die Beklagte selbst geht danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung aus (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 25). Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.
27
Diese Auslegung widerspricht nicht den vom Berufungsgericht erörterten Interessen von Verwender und Absender. Insbesondere wird ein Frachtführer, der nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen an sich nur Güter mit einem geringeren Wert befördern will, dadurch nicht gezwungen, Sicherungen in seiner Betriebsorganisation vorzusehen, die für den Transport wesentlich wertvollerer Güter ausgerichtet sind, weil ein Versender risikolos diesen Transportweg wählen und Güter von hohem Wert zur Beförderung an den Frachtführer übergeben könnte. Die Haftung nach Maßgabe von Abschnitt 6 Abs. 1 AGB trifft die Beklagte nur bei qualifiziertem Verschulden. Nur insoweit trägt sie demnach auch das Risiko eines Verlusts oder einer Beschädigung von Gütern, bei denen sie ansonsten ihre Haftung nach Abschnitt 6 Abs. 2 und Abs. 3 ihrer AGB beschränkt oder ausgeschlossen hat. Es werden von ihr insoweit auch keine Sicherungsmaßnahmen verlangt, die bei Leistungen, die auf die Beförderung von Paketen mit einem Höchstwert von 50.000 DM gerichtet sind, zur Erfüllung des Vertragszwecks nicht erbracht werden müssen. Um ihren vertraglichen Pflichten zu genügen, muss die Beklagte lediglich solche Schutzvorkehrungen treffen, die nach der Art und dem Wert der von ihr nach Maßgabe ihrer AGB beförderten Güter geboten sind (BGH, Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 75/03, Urteilsumdruck S. 12 f.). Übergibt ein Versender der Beklagten andere als "bedin- gungsgerechte Sendungen" im Sinne ihrer AGB, ohne die Beklagte darauf hinzuweisen , kann das Unterlassen, insbesondere der Angabe eines höheren Werts, außerdem zu einer Verringerung der Schadensersatzpflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens des Absenders führen (vgl. BGHZ 149, 337, 352 ff.; BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206 f.).
28
3. Die Revision wendet sich auch mit Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , Schadensersatzansprüche des Klägers seien jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten ein eigener Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss zustehe, der auf Freistellung von etwaigen vertraglichen Schadensersatzansprüchen des Klägers gerichtet sei.
29
a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Eine von dem Kläger möglicherweise verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen, weil diese Form des Schadensersatzes nicht in den Schutzbereich einer eventuell verletzten Aufklärungspflicht fällt.
30
Der Grundsatz, dass derjenige, der pflichtwidrig ein schädigendes Ereignis verursacht, dem Geschädigten für alle daraus entstandenen Schadensfolgen haftet, gilt nicht ohne Einschränkungen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte. Das trifft nicht nur für den Bereich des Deliktsrechts, sondern auch im Vertragsrecht zu. Auch hier muss der Schaden nach Art und Entstehungsweise aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Pflicht bestimmt war. Für vorvertragliche Schuldverhältnisse gilt nichts anderes (vgl. BGHZ 95, 199, 209 f.; 116, 209, 212; BGH, Urt. v. 17.10.1990 - IV ZR 197/89, VersR 1990, 1396, 1398).
31
b) Nach dem Inhalt der AGB der Beklagten soll die Mitteilung des Absenders , dass es sich bei der Sendung um Verbotsgut handelt, nicht generell und von vornherein den Abschluss eines Beförderungsvertrags mit der Beklagten verhindern. Bis zu einem tatsächlichen Wert von 50.000 DM ist die Beklagte nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 ihrer AGB ohnehin bereit, die Sendung zu befördern. Bei einem darüber hinausgehenden Wert steht es ihr gemäß Abschnitt 2 Abs. 3 AGB frei, ein Leistungsverweigerungsrecht auszuüben, vom Vertrag zurückzutreten oder diesen durchzuführen. Der Zweck einer eventuellen Mitteilungspflicht besteht danach ersichtlich nicht darin, einen Vertragsschluss zu verhindern, sondern der Beklagten die Möglichkeit zu geben, von einem eventuellen Risiko Kenntnis zu nehmen und ihr verschiedene Verhaltensmöglichkeiten auf diese Kenntnis zu belassen. Dementsprechend besteht der Schaden der Beklagten nicht in dem Vertragsschluss als solchem, so dass die Beklagte auch nicht dessen Aufhebung bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht beanspruchen kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 22). Ein Fehlverhalten des Versenders ist allein unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zu berücksichtigen.
32
4. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Beschädigung der Geige durch ein qualifiziertes Verschulden der Mitarbeiter der Beklagten verursacht worden ist, was die Beklagte auch in der Berufungsinstanz in Abrede gestellt hat.
33
Bei den insoweit noch gebotenen Feststellungen ist zu beachten, dass der Geschädigte Anhaltspunkte vortragen muss, die darauf schließen lassen, dass der Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden zurückzuführen ist. Diese können sich etwa aus der Art und dem Ausmaß der Beschädigung des Gutes ergeben. Da nur der beklagte Frachtführer Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung machen kann, hat er sich auf diesen Vortrag einzulassen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft mithin eine Recherchepflicht. Kann er trotz angemessener Nachforschungen keine Angaben zur Schadensentstehung machen, kann daraus nicht die Vermutung für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens hergeleitet werden. Es gelten insoweit nicht die Grundsätze wie bei einem Verlust des Gutes, bei dem die mangelnde Aufklärung des Ersatzberechtigten im Allgemeinen auf dem Fehlen von Schnittstellenkontrollen beruht, weil der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht (mehr) eingegrenzt werden können (vgl. BGHZ 158, 322, 330, m.w.N.). Kann der Frachtführer trotz angemessener Recherchen nichts zur Entstehung der Beschädigung des Gutes beitragen, bleibt der Ersatzberechtigte für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens des Transporteurs oder seiner Leute gegebenenfalls beweisfällig.
34
Dem Frachtführer bleibt es auch unbenommen, sich auf einen der besonderen Haftungsausschlussgründe nach § 427 Abs. 1 HGB zu berufen und dessen Voraussetzungen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Die Beklagte hat im Streitfall einen Haftungsausschluss gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB geltend gemacht. Dazu hat das Berufungsgericht bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen.
35
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Herr RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm istinUrlaub. Ullmann Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.10.2001 - 28 O 104/00 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.06.2003 - 12 U 301/01 -

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 103/04 Verkündet am:
1. Dezember 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Durch einen Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen kann
von der gesetzlichen Haftungsregelung nur im Wege einer im Einzelnen ausgehandelten
Vereinbarung und nicht durch eine vorformulierte Bestimmung in Allgemeinen
Beförderungsbedingungen eines Frachtführers abgewichen werden.
BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - I ZR 103/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Juni 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der S. GmbH in Bergheim (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte , die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte führte für die Versicherungsnehmerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen im Wege der Sammelladung durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 2002) zugrunde. Darin enthalten ist u.a. folgende Bestimmung: 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Transport , Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung. Um die vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges, insbesondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation, an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U.-Systems nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket.
3
Die Versicherungsnehmerin nahm als Versenderin an dem sog. EDIVerfahren der Beklagten teil. Danach druckt die Versenderin mit einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software Barcode-Paketkontrollnummern aus und versieht die versandfertigen Pakete mit diesen Kontrollnummern. Anschließend übermittelt sie der Beklagten per Datenfernübertragung eine Versandliste , in der auch die Kontrollnummern aufgeführt sind. Die Pakete werden von der Versenderin in ein von der Beklagten überlassenes Behältnis (Feeder, Container) geladen, das dann im Beisein des Abholfahrers der Beklagten verplombt wird. Der Fahrer bestätigt, ohne vorher den Inhalt des Behältnisses überprüft zu haben, auf einem Schreiben den Empfang einer bestimmten Anzahl von Paketen zu einem bestimmten Zeitpunkt; die Liste mit den Kontrollnummern steht ihm dabei nicht zur Verfügung. Die Beklagte hat die Möglichkeit, alle Pakete beim ersten Eingang zu scannen und die Kontrollnummern der eingegange- nen Pakete mit den Nummern auf der per Datenfernleitung übermittelten Versandliste zu vergleichen.
4
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Frühjahr 2002 mit dem Transport von Paketen mit Computerteilen im Gesamtwert von 5.788,32 €, ohne eine Wertdeklaration vorzunehmen. Der Wert der einzelnen Sendungen lag zwischen 228 € und 2.083,94 €. Die Pakete erreichten die Empfänger nicht. Den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden regulierte die Klägerin gegen Abtretung der Ersatzansprüche.
5
Die Klägerin hat behauptet, ihre Versicherungsnehmerin habe der Beklagten die Pakete übergeben. Die Beklagte hafte für deren Verlust unbeschränkt.
6
Die Beklagte hat bestritten, Gewahrsam an den Paketen erlangt zu haben. Sollte ein Schadensersatzanspruch bestehen, sei die Haftung beschränkt. Das Unterlassen von Schnittstellenkontrollen begründe kein leichtfertiges Verhalten , weil in Nr. 2 ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen wirksam ein Verzicht auf eine Transportwegkontrolle vereinbart worden sei. Jedenfalls sei der Klägerin ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen Unterlassens der Wertdeklaration zuzurechnen.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 5.788,32 € nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
8
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
10
Die Beklagte hafte für den Verlust der Pakete, der während ihrer Obhutszeit eingetreten sei, gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt. Die Beklagte , die der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast über die Transportwege und die organisatorischen Sicherungsmaßnahmen - insbesondere die notwendigen Schnittstellenkontrollen - nicht nachgekommen sei, treffe ein qualifiziertes Verschulden. Eine Änderung des Sorgfaltsmaßstabes des § 426 HGB könne gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nur durch eine Individualvereinbarung erfolgen. Zum Abschluss einer solchen habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
11
Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Höhe des geltend gemachten Schadens begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin sei der Klägerin nicht zuzurechnen, weil sich dem Sachvortrag der Beklagten nicht entnehmen lasse, dass sie bei richtiger Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dadurch zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre.
12
II. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
13
Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Haftung der Beklagten wegen Verlusts des Transportguts gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB, § 398 BGB, § 67 VVG angenommen.
14
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen der vertraglichen Haftung der Beklagten gemäß § 425 Abs. 1 HGB bejaht.
15
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und sich ihre Haftung nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers gemäß §§ 425 ff. HGB und aufgrund vertraglicher Einbeziehung nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.
16
b) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Pakete in Empfang genommen hat. Die dagegen gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den in der Klageerwiderung der Beklagten unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag übergangen, dass Sendungen im Bereich der Beklagten nicht gescannt worden seien, wie sich aus dem internen EDV-Code der Beklagten ergebe, vermag sie damit einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufzuzeigen. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz einen Verfahrensfehler des Landgerichts insoweit nicht gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1, § 520 Abs. 3 ZPO geltend gemacht. Sie hat entgegen der Ansicht der Revision dieses Vorbringen auch in der Berufungsinstanz nicht wiederholt. Die von der Revision angeführte Berufungsbegründung der Beklagten vom 16. Januar 2004 enthält zu der Bedeutung der internen EDV-Codierung keinen Vortrag. Die Beweiswürdigung der Vorinstanzen kann auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Zutreffend hat bereits das Landgericht darauf abgestellt, die Beklagte habe weder geltend gemacht, die betreffenden 1Z-Paketnummern seien auf den ihr im sog. EDI-Verfahren übermittelten Versandlisten nicht aufgeführt gewesen, noch habe sie unverzüglich bean- standet, dass die Pakete mit den betreffenden 1Z-Nummern nicht in dem dazugehörigen Container gewesen seien. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass danach eine Vermutung für den Empfang der Pakete durch die Beklagte besteht (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403, 404), die diese nicht widerlegt hat.
17
c) Da die Beklagte eine Ablieferung der in Empfang genommenen Pakete nicht darlegen kann, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass sie im Gewahrsamsbereich der Beklagten in Verlust geraten sind.
18
2. Die Revision wendet sich weiter ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führt die Beklagte keine Schnittstellenkontrollen durch. Das begründet den Vorwurf des leichtfertigen Verhaltens (BGHZ 158, 322, 327 ff.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401; Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 120/02, Umdruck S. 11 bis 14; Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209). Ein Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen ist zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin nicht vereinbart worden. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine solche Vereinbarung sei aufgrund Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zustande gekommen.
19
a) Ob sich die Bestimmung der Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten lediglich auf die Dokumentation der Schnittstellenkontrollen bezieht oder sich auch auf die Durchführung der Kontrollen selbst erstreckt , ist fraglich. Denn der Begriff der "Kontrolle des Transportwegs" in Nr. 2 Abs. 2 Satz 3 wird durch den nachfolgenden Zusatz, durch den "insbesondere" die Ein- und Ausgangsdokumentation angesprochen wird, zumindest näher erläutert. Wie der Senat bereits entschieden hat, umfasst ein in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten enthaltener Verzicht auf die "Kontrolle des Transportwegs durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen" nur den Verzicht auf die Dokumentation (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 284/99, TranspR 2002, 306, 308 f.).
20
b) Die Frage, ob Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten einen Verzicht auf die Durchführung der Kontrollen selbst enthält, kann jedoch offen bleiben, weil die Klausel, wenn sie diesen Inhalt hätte, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unwirksam wäre. Nach dieser Vorschrift kann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung abgewichen werden.
21
aa) Auf Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen ist, sofern sie einen Verzicht auf Schnittstellenkontrollen enthält, § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB anzuwenden, weil diese Klausel dann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB abweicht. Der Gesetzgeber hat in den Katalog derjenigen Regelungen, die nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich sind, die haftungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 425, 426 HGB aufgenommen. Für die Frage, ob die Klausel dem Anwendungsbereich von § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unterfällt, kommt es daher nur darauf an, ob sie die Haftungsregelung der §§ 425, 426 HGB modifiziert. Unerheblich ist dagegen, ob sie im Sinne der allgemeinen AGB-Kontrolle als eine Leistungsbeschreibung anzusehen ist, wie die Revision geltend macht. Denn vertragliche Abweichungen von der Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB sollen unabhängig davon, ob sie nach der allgemeinen AGB-rechtlichen Einordnung als der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen oder als kontrollfähige Einschränkungen, Ausgestaltungen oder Modifikationen des Hauptleistungsversprechens anzusehen wären (vgl. dazu BGHZ 147, 354, 360; 148, 74, 78; 152, 262, 265; 153, 148, 152; zu § 307 BGB: BGH, Urt. v. 30.11.2004 - XI ZR 200/03, NJW 2005, 1275), grundsätzlich nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung möglich sein (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 86).
22
Das Leistungsversprechen der Beklagten ist auf die Beförderung von Transportgut gerichtet. Gegenstand der von der Beklagten geschuldeten Leistung ist der Beförderungserfolg, also die Ablieferung des vollständigen und unbeschädigten Gutes beim Empfänger (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 407 HGB Rdn. 13). Von der Haftung für den Verlust des Transportguts ist die Beklagte nach der Vorschrift des § 426 HGB nur befreit, wenn der Verlust auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden konnte und deren Folgen sie nicht abwenden konnte. Eine Haftungsbefreiung ist bei einem Verstoß gegen wesentliche Sorgfaltspflichten ausgeschlossen. Zu den wesentlichen Sorgfaltspflichten des Frachtführers oder Spediteurs gehört der Schutz des Transportguts vor Verlust. Er hat daher, wenn der Umschlag von Transportgut wie im Streitfall besonders verlustanfällig ist, die Beförderung so zu organisieren , dass Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können (vgl. BGHZ 149, 337, 347 f.; 158, 322, 330; BGH TranspR 2004, 399, 401).
23
Sofern durch Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen abbedungen worden sein sollte, liefe dies somit auf eine Einschränkung der nach § 426 HGB geforderten wesentlichen Sorgfaltsanforderungen hinaus, die gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung möglich wäre.
24
bb) Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, ist Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten - entgegen dem Vor- bringen der Revision - nicht gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB im Einzelnen ausgehandelt worden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass über die Beförderungsbedingungen tatsächlich verhandelt worden sei oder zumindest die ernsthafte Bereitschaft der Beklagten als Verwenderin der Bedingungen bestanden hätte, den Inhalt der Klauseln zur Disposition zu stellen.
25
Die Revision macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, ein Aushandeln der Klausel habe vorgelegen, weil die Beklagte mehrere Beförderungsarten angeboten habe, unter denen die Versenderin habe wählen können (Standardsendung , Wertsendung und Expresssendung). Insbesondere enthalte Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen den Hinweis, dass der Versender, soweit er eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünsche, die Beförderung als Wertpaket wählen könne.
26
Zwar trifft es zu, dass es einem Aushandeln nicht entgegensteht, wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen der anderen Vertragspartei alternative Leistungen angeboten werden, die Angebotsalternativen mit verschiedenen Entgelten verbunden sind (BGHZ 153, 148, 151 f.). Allein aus dem Angebot verschiedener Alternativen ergibt sich allerdings noch nicht das Vorliegen einer Individualvereinbarung. Es kommt vielmehr darauf an, ob in der dem Vertragspartner eingeräumten Möglichkeit, zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen, ein Aushandeln im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 1 Abs. 2 AGBG gesehen werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn der Kunde, wie im vorliegenden Fall, nur die Wahl zwischen bestimmten, vom Verwender vorgegebenen Alternativen hat (BGH, Urt. v. 3.12.1991 - XI ZR 77/91, NJW 1992, 503, 504; Urt. v. 7.2.1996 - IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676, 1677).
27
cc) Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist nicht wegen der Besonderheiten des von der Beklagten betriebenen Massengeschäfts als wirksam zu erachten.
28
Die in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB enthaltene Einschränkung, dass eine Individualvereinbarung nur erforderlich ist, wenn die Vereinbarung keinen Vertrag über die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen betrifft, kann entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die von der Beklagten betriebene Massenbeförderung von Paketen angewendet werden. Wie sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes ergibt (BT-Drucks. 13/8445, S. 86; vgl. ferner Koller aaO § 449 HGB Rdn. 29/30; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 32. Aufl., § 449 HGB Rdn. 1), bezieht sich die Ausnahme für briefähnliche Sendungen in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht auf den Transport von Paketsendungen und sonstiger Frachtpost, da diese dem Normalfall der Güterbeförderung näher stehen als dem postalischen Massenverkehr , bei dem die Briefsendungen ohne direkten Kundenkontakt über Briefkästen eingeliefert werden (vgl. auch BGHZ 149, 337, 349 f.).
29
dd) Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB ist auch nicht von Verfassungs wegen geboten. Entgegen dem Vorbringen der Revision verstößt die Ansicht, Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten sei, soweit darin eine Abweichung von dem Haftungsmaßstab der §§ 425 ff. HGB liege, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht wirksam vereinbart worden, nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Revision übersieht, dass § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB eine entsprechende Abrede nicht grundsätzlich ausschließt, sondern nur das Erfordernis einer Individualvereinbarung begründet. Darin liegt kein nach Art. 12 Abs. 1 GG unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Beklagten.
30
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin verneint. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
31
III. Danach ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 04.12.2003 - 86 O 20/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.06.2004 - 3 U 8/04 -

(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446 Absatz 2 nur durch Vereinbarung abgewichen werden, die im Einzelnen ausgehandelt wird, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen wird. Der Frachtführer kann sich jedoch auf eine Bestimmung im Ladeschein, die von den in Satz 1 genannten Vorschriften zu Lasten des aus dem Ladeschein Berechtigten abweicht, nicht gegenüber einem im Ladeschein benannten Empfänger, an den der Ladeschein begeben wurde, sowie gegenüber einem Dritten, dem der Ladeschein übertragen wurde, berufen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag

1.
zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen, oder
2.
für den Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen ungünstiger ist als der in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehene Betrag.
Ferner kann abweichend von Absatz 1 durch vorformulierte Vertragsbedingungen die vom Absender nach § 414 zu leistende Entschädigung der Höhe nach beschränkt werden.

(3) Ist der Absender ein Verbraucher, so kann in keinem Fall zu seinem Nachteil von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften abgewichen werden, es sei denn, der Frachtvertrag hat die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand.

(4) Unterliegt der Frachtvertrag ausländischem Recht, so sind die Absätze 1 bis 3 gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag sowohl der Ort der Übernahme als auch der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 176/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Wird der Frachtführer wegen Beschädigung von Transportgut auf vollen Schadensersatz
in Anspruch genommen, muss der Ersatzberechtigte Anhaltspunkte
vortragen, die darauf schließen lassen, dass der Schaden auf ein qualifiziertes
Verschulden zurückzuführen ist. Diese können sich etwa aus der Art und dem
Ausmaß der Beschädigung des Gutes ergeben. Der Frachtführer muss sich auf
diesen Vortrag einlassen und mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten
Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte.
Ihn trifft insoweit eine Recherchepflicht.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2006 - I ZR 176/03 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen der Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Der Kläger übergab einer Schaltermitarbeiterin der Beklagten am 17. November 1999 in Berlin eine Paketsendung zur Beförderung nach Karlsruhe. Hierfür füllte er einen Einlieferungsschein der "Deutsche Post Express GmbH" (dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Beklagten) aus, den er der Schaltermitarbeiterin übergab. Der Einlieferungsbeleg enthielt auf der Vorderseite den Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG für den Frachtdienst Inland (im Weiteren: AGB) sowie darauf, dass diese in der Postfiliale zur Einsichtnahme bereitgehalten würden.
3
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2 und 6 der AGB (Stand: 1.7.1999) hatten unter anderem folgenden Wortlaut: "2. Vertragsverhältnis - Begründung/Ausschluss/Beteiligte - (1) Rechte und Pflichten im Geltungsbereich dieser AGB werden durch Abschluss eines Beförderungsvertrages zwischen der Deutschen Post und dem Absender begründet. In der Regel kommt dieser Vertrag durch die Übergabe von Sendungen oder deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post (Einlieferung bzw. Abholung ) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. Abweichende Bedingungen sind schriftlich zu vereinbaren. (2) Von der Beförderung ausgeschlossen sind (ausgeschlossene Sendungen): … 5. Sendungen mit einem tatsächlichen Wert von mehr als 50.000 DM … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format und Gewicht usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Das Recht der Deutschen Post, ein Vertragsangebot abzulehnen, bleibt, soweit nicht eine gesetzliche Verpflichtung entgegensteht, auch in anderen Fällen unberührt. … 6. Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. … (2) Im Übrigen haftet die Deutsche Post für Verlust und Beschädigung von bedingungsgerechten Sendungen und für die nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu bestimmten Höchstbeträgen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit , soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. …"
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Das Paket wurde am 19. November 1999 an den Adressaten ausgeliefert , der den Empfang der Sendung als ordnungsgemäß quittierte. Mit Schreiben vom 24. November 1999 reklamierte der Kläger gegenüber der Beklagten die Beschädigung des beförderten Gutes. Die Beklagte hat eine Schadensregulierung abgelehnt.

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Der Kläger hat behauptet, in dem Paket habe sich (neben einem wertlosen Instrument) eine Geige mit einem Schätzwert von 60.000 DM befunden. Dieses Instrument habe er der Beklagten in unbeschädigtem Zustand und ordnungsgemäß verpackt zur Beförderung übergeben. Bei der Auslieferung an den Empfänger sei die Geige beschädigt gewesen. Bei dem Schaden, durch dessen Behebung Kosten i.H. von 4.698 DM entstanden seien, habe es sich um einen Bodenstimmriss vom Saitenhalter bis zum Steg des Instruments gehandelt. Die Beschädigung habe zu einer Wertminderung der Geige i.H. von 18.000 DM (= 30 % des Schätzwertes) geführt. Von dem Wertminderungsbetrag hat der Kläger in erster Instanz lediglich 15.000 DM geltend gemacht.
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Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.698 DM nebst Zinsen zu zahlen.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , ihr stehe gegen den Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zu, weil der Kläger mit der Einlieferung der Geige , die nach seinen eigenen Angaben einen Schätzwert von 60.000 DM gehabt habe, gegen § 2 Abs. 2 der zum Vertragsinhalt gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen habe. Der Kläger müsse sie, die Beklagte, so stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den Wert der Sendung stünde. In diesem Fall wäre es nicht zum Abschluss eines Frachtvertrages gekommen.
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Im Übrigen sei ihre Haftung gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB ausgeschlossen , weil die Verpackung nicht dazu geeignet gewesen sei, die Geige vor typischen Einwirkungen eines Sammeltransports (mehrfaches Umlagern, Überstauen ) zu schützen.
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Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 18.400 DM (3.400 DM Reparaturkosten und 15.000 DM Wertminderung ) nebst Zinsen verurteilt.
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Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat im Wege der Anschlussberufung die Zahlung eines weiteren Wertminderungsbetrages i.H. von 3.000 DM nebst Zinsen begehrt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
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Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 1.533,88 € (= 3.000 DM) nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat den von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruch für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
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Es könne offen bleiben, ob es zwischen den Parteien zum Abschluss eines Vertrages über die Beförderung der streitgegenständlichen Sendung gekommen sei. Eine Haftung der Beklagten für eine etwaige Beschädigung der Geige sei nach Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB der Beklagten, die Bestandteil eines möglichen Beförderungsvertrages geworden seien, ausgeschlossen. Bei der Regelung in Abschnitt 6 Abs. 2 AGB handele es sich nicht um eine überraschende Klausel i.S. von § 3 AGBG a.F.. Die in Rede stehende Klausel sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 7 AGBG a.F. unwirksam. Nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V. mit Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 1 ihrer AGB sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, überhaupt für den Kläger tätig zu werden. Sie habe die Sendung nur wegen der von dem Kläger unterlassenen Angabe über den tatsächlichen Wert des Inhaltes zur Beförderung angenommen. Daher erscheine es als mit dem Regelungszweck des § 11 Nr. 7 AGBG a.F. vereinbar, wenn die Beklagte ihre Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ihrer Mitarbeiter ausschließe. Da die Beklagte die Sendung im Falle der Kenntnis des von dem Kläger behaupteten Wertes nicht zur Beförderung entgegengenommen hätte, scheide ihre Haftung vollständig aus.
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Auch wenn von einem wirksamen Zustandekommen eines Beförderungsvertrages ausgegangen werde und man annehme, dass der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten geregelte Haftungsausschluss unwirksam sei, hätte die Klage im Ergebnis keinen Erfolg. Denn die Beklagte könnte einem etwaigen Schadensersatzanspruch des Klägers ihrerseits einen Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss entgegenhalten, der auf Freistellung von möglichen vertraglichen Schadensersatzansprüchen gerichtet sei. Der Kläger habe es in zurechenbarer Weise unterlassen, eine korrekte Angabe über den behaupteten Wert der eingelieferten Sendung zu machen. Hätte er den Wert bei der Einlieferung zutreffend angegeben, hätte die Beklagte nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen die Sendung nicht angenommen und es wäre nicht zum Abschluss eines Transportvertrages gekommen.

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Soweit der Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch darauf stütze, dass die Beklagte es vertragswidrig unterlassen habe, die von ihm gewünschte Transportversicherung zu vermitteln, ergebe sich daraus ebenfalls keine Haftung der Beklagten. Bei korrekter Angabe des Wertes der Sendung wäre es nicht zum Abschluss eines Beförderungsvertrages und damit auch nicht zum Abschluss einer Transportversicherung gekommen.
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Da dem Kläger schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zustehe, könne auch seine unselbständige Anschlussberufung keinen Erfolg haben.
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Zwischen den Parteien ist trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Die Entgegennahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch eine Schaltermitarbeiterin der Beklagten konnte aus der Sicht des Klägers nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 BGB). Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
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a) Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die AGB der Beklagten seien gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1b AGBG a.F. wirksam in einen etwaigen Transportvertrag zwischen den Parteien einbezogen worden. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Befreiung von § 2 AGBG a.F. gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1b AGBG a.F. im Wesentlichen nur für die Bedingungen zur Beförderung von Briefen und adressierten Katalogen mit einem Einzelgewicht von weniger als 200 g gilt (vgl. MünchKomm.BGB /Basedow, 4. Aufl., § 23 AGBG Rdn. 26; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 23 Rdn. 36c), während es hier um eine Paketsendung geht. Das steht der vom Berufungsgericht angenommenen Einbeziehung der AGB der Beklagten in einen zwischen den Parteien geschlossenen Beförderungsvertrag jedoch nicht entgegen, da - wie der Senat aufgrund des unstreitigen Sachverhalts selbst entscheiden kann - die Einbeziehungsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs. 1 AGBG a.F. erfüllt sind. Auf dem von dem Kläger zu den Akten gereichten "Einlieferungsbeleg Express", den er vor Einlieferung des Paketes von der Schaltermitarbeiterin der Beklagten ausgehändigt erhalten und teilweise selbst ausgefüllt hat, ist auf der Vorderseite der deutlich erkennbare Hinweis enthalten, dass "die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG für den Frachtdienst Inland gelten, die in (der) Postfiliale zur Einsichtnahme bereitgehalten werden". Damit ist den Anforderungen des § 2 Abs. 1 AGBG a.F. genügt (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1986 - VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112, 113 = ZIP 1986, 1126, 1128; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 305 Rdn. 29; MünchKomm.BGB/Basedow aaO § 2 AGBG Rdn. 8).
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b) Gemäß Abschnitt 2 Abs. 2 AGB kommt zwischen dem Absender und der Deutschen Post AG in der Regel durch die Übergabe von Sendungen oder deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post (Einlieferung bzw. Abholung ) nach Maßgabe der geltenden AGB ein Beförderungsvertrag zustande. Eine Einlieferung der streitgegenständlichen Paketsendung ist im vorliegenden Fall erfolgt, da sie von der Schaltermitarbeiterin der Beklagten zur Beförderung angenommen wurde.
21
Der Annahme eines Vertragsschlusses steht nicht die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB entgegen, wonach Sendungen mit einem tatsächli- chen Wert von mehr als 50.000 DM von der Beförderung ausgeschlossen sind (zur Auslegung einer vergleichbaren Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 17 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die Bestimmung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AGB zu beurteilen. Nach diesen Bestimmungen steht es der Beklagten frei, eine nicht bedingungsgerechte Sendung jederzeit an den Auftraggeber zurückzugeben oder diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 AGB zu erheben. Diese Regelungen wären überflüssig, wenn über (unerkannt) nicht bedingungsgerechte Sendungen ein Vertrag schon nicht zustande käme (vgl. BGH, Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 75/03, Urteilsumdruck S. 10).
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2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe schon dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch wegen des streitgegenständlichen Transportschadens zu.
23
a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz mit der Begründung verneint, eine Haftung der Beklagten für eine etwaige Beschädigung der nach der Behauptung des Klägers in dem streitgegenständlichen Paket befindlichen Geige sei nach Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB der Beklagten ausgeschlossen. Dem eigenen Vortrag des Klägers zufolge habe es sich bei dem eingelieferten Paket um eine Sendung gehandelt, die nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 AGB von der Beförderung ausgeschlossen gewesen sei. Gemäß Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 1 AGB sei die Beklagte daher berechtigt gewesen , ein Vertragsangebot des Klägers abzulehnen, was sie auch getan hätte, wenn sie den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Unter diesen Um- ständen widerspreche es nicht dem Regelungszweck des § 11 Nr. 7 AGBG a.F., wenn die Beklagte ihre Haftung auch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ihrer Mitarbeiter vollständig ausschließe. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
24
b) In der Revisionsinstanz ist auf der Grundlage des bisherigen Sachund Streitstandes zu unterstellen, dass die der Beklagten zur Beförderung übergebene Geige während des Transports durch ein qualifiziertes Verschulden (§ 435 HGB) der Mitarbeiter der Beklagten beschädigt worden ist.
25
Nach Abschnitt 6 Abs. 1 AGB haftet die Beklagte für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen". Diese Klausel ist nach dem Zusammenhang der AGB der Beklagten gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zweifel kundenfreundlich auszulegen sind (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 25), dahin zu verstehen, dass die in den vorangegangenen und nachfolgenden Bedingungen geregelten Haftungsausschlüsse und Haftungsbegrenzungen bei qualifiziertem Verschulden der Beklagten nicht gelten sollen. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob eine Haftung der Beklagten gemäß Abschnitt 6 Abs. 2 ihrer AGB wirksam ausgeschlossen ist, kommt es daher nicht an.
26
Befördert die Beklagte eine "nicht bedingungsgerechte" Sendung aufgrund eines wirksam zustande gekommenen Beförderungsvertrags unter Einbeziehung ihrer AGB, dann richtet sich ihre Haftung nicht nur nach Abschnitt 6 Abs. 2 ihrer AGB, sondern, was das Berufungsgericht verkannt hat, auch nach deren Abschnitt 6 Abs. 1, in dem keine Unterscheidung zwischen Verbotsgütern und so genannten bedingungsgerechten Sendungen vorgesehen ist. Die Beklagte selbst geht danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung aus (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 25). Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.
27
Diese Auslegung widerspricht nicht den vom Berufungsgericht erörterten Interessen von Verwender und Absender. Insbesondere wird ein Frachtführer, der nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen an sich nur Güter mit einem geringeren Wert befördern will, dadurch nicht gezwungen, Sicherungen in seiner Betriebsorganisation vorzusehen, die für den Transport wesentlich wertvollerer Güter ausgerichtet sind, weil ein Versender risikolos diesen Transportweg wählen und Güter von hohem Wert zur Beförderung an den Frachtführer übergeben könnte. Die Haftung nach Maßgabe von Abschnitt 6 Abs. 1 AGB trifft die Beklagte nur bei qualifiziertem Verschulden. Nur insoweit trägt sie demnach auch das Risiko eines Verlusts oder einer Beschädigung von Gütern, bei denen sie ansonsten ihre Haftung nach Abschnitt 6 Abs. 2 und Abs. 3 ihrer AGB beschränkt oder ausgeschlossen hat. Es werden von ihr insoweit auch keine Sicherungsmaßnahmen verlangt, die bei Leistungen, die auf die Beförderung von Paketen mit einem Höchstwert von 50.000 DM gerichtet sind, zur Erfüllung des Vertragszwecks nicht erbracht werden müssen. Um ihren vertraglichen Pflichten zu genügen, muss die Beklagte lediglich solche Schutzvorkehrungen treffen, die nach der Art und dem Wert der von ihr nach Maßgabe ihrer AGB beförderten Güter geboten sind (BGH, Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 75/03, Urteilsumdruck S. 12 f.). Übergibt ein Versender der Beklagten andere als "bedin- gungsgerechte Sendungen" im Sinne ihrer AGB, ohne die Beklagte darauf hinzuweisen , kann das Unterlassen, insbesondere der Angabe eines höheren Werts, außerdem zu einer Verringerung der Schadensersatzpflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des mitwirkenden Verschuldens des Absenders führen (vgl. BGHZ 149, 337, 352 ff.; BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206 f.).
28
3. Die Revision wendet sich auch mit Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , Schadensersatzansprüche des Klägers seien jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten ein eigener Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss zustehe, der auf Freistellung von etwaigen vertraglichen Schadensersatzansprüchen des Klägers gerichtet sei.
29
a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Eine von dem Kläger möglicherweise verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen, weil diese Form des Schadensersatzes nicht in den Schutzbereich einer eventuell verletzten Aufklärungspflicht fällt.
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Der Grundsatz, dass derjenige, der pflichtwidrig ein schädigendes Ereignis verursacht, dem Geschädigten für alle daraus entstandenen Schadensfolgen haftet, gilt nicht ohne Einschränkungen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte. Das trifft nicht nur für den Bereich des Deliktsrechts, sondern auch im Vertragsrecht zu. Auch hier muss der Schaden nach Art und Entstehungsweise aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Pflicht bestimmt war. Für vorvertragliche Schuldverhältnisse gilt nichts anderes (vgl. BGHZ 95, 199, 209 f.; 116, 209, 212; BGH, Urt. v. 17.10.1990 - IV ZR 197/89, VersR 1990, 1396, 1398).
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b) Nach dem Inhalt der AGB der Beklagten soll die Mitteilung des Absenders , dass es sich bei der Sendung um Verbotsgut handelt, nicht generell und von vornherein den Abschluss eines Beförderungsvertrags mit der Beklagten verhindern. Bis zu einem tatsächlichen Wert von 50.000 DM ist die Beklagte nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 5 ihrer AGB ohnehin bereit, die Sendung zu befördern. Bei einem darüber hinausgehenden Wert steht es ihr gemäß Abschnitt 2 Abs. 3 AGB frei, ein Leistungsverweigerungsrecht auszuüben, vom Vertrag zurückzutreten oder diesen durchzuführen. Der Zweck einer eventuellen Mitteilungspflicht besteht danach ersichtlich nicht darin, einen Vertragsschluss zu verhindern, sondern der Beklagten die Möglichkeit zu geben, von einem eventuellen Risiko Kenntnis zu nehmen und ihr verschiedene Verhaltensmöglichkeiten auf diese Kenntnis zu belassen. Dementsprechend besteht der Schaden der Beklagten nicht in dem Vertragsschluss als solchem, so dass die Beklagte auch nicht dessen Aufhebung bei einer Verletzung der Aufklärungspflicht beanspruchen kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz 22). Ein Fehlverhalten des Versenders ist allein unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zu berücksichtigen.
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4. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Beschädigung der Geige durch ein qualifiziertes Verschulden der Mitarbeiter der Beklagten verursacht worden ist, was die Beklagte auch in der Berufungsinstanz in Abrede gestellt hat.
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Bei den insoweit noch gebotenen Feststellungen ist zu beachten, dass der Geschädigte Anhaltspunkte vortragen muss, die darauf schließen lassen, dass der Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden zurückzuführen ist. Diese können sich etwa aus der Art und dem Ausmaß der Beschädigung des Gutes ergeben. Da nur der beklagte Frachtführer Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung machen kann, hat er sich auf diesen Vortrag einzulassen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft mithin eine Recherchepflicht. Kann er trotz angemessener Nachforschungen keine Angaben zur Schadensentstehung machen, kann daraus nicht die Vermutung für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens hergeleitet werden. Es gelten insoweit nicht die Grundsätze wie bei einem Verlust des Gutes, bei dem die mangelnde Aufklärung des Ersatzberechtigten im Allgemeinen auf dem Fehlen von Schnittstellenkontrollen beruht, weil der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht (mehr) eingegrenzt werden können (vgl. BGHZ 158, 322, 330, m.w.N.). Kann der Frachtführer trotz angemessener Recherchen nichts zur Entstehung der Beschädigung des Gutes beitragen, bleibt der Ersatzberechtigte für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens des Transporteurs oder seiner Leute gegebenenfalls beweisfällig.
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Dem Frachtführer bleibt es auch unbenommen, sich auf einen der besonderen Haftungsausschlussgründe nach § 427 Abs. 1 HGB zu berufen und dessen Voraussetzungen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Die Beklagte hat im Streitfall einen Haftungsausschluss gemäß § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB geltend gemacht. Dazu hat das Berufungsgericht bislang ebenfalls noch keine Feststellungen getroffen.
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III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Herr RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Bornkamm istinUrlaub. Ullmann Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.10.2001 - 28 O 104/00 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.06.2003 - 12 U 301/01 -

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 104/00 Verkündet am:
24. Oktober 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Schadensersatzprozeß wegen Verlustes von Transportgut kann der Beweis
für die Anzahl der übergebenen Frachtstücke und den Zustand des
Gutes von dem Anspruchsberechtigten grundsätzlich durch eine von dem
Frachtführer oder seinem Fahrer ausgestellte Empfangsbestätigung (Übernahmequittung
) geführt werden. Sind die Güter in verschlossenen Behältnissen
(Kartons) zum Versand gebracht worden, ist bei kaufmännischen Absendern
prima facie anzunehmen, daß die im Lieferschein und in der dazu
korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten
waren. Es obliegt dann dem Schädiger, den zugunsten des Versenders
streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag auszuräumen.
BGH, Urt. v. 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. März 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, Transportversicherer der C. GmbH (im folgenden : Versicherungsnehmerin), nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Niederlassung der Versicherungsnehmerin in Bad Hersfeld beauftragte die Spedition E. GmbH (im folgenden: E-GmbH), fünf Euro -Paletten mit in Kartons verpackten Computern zur M. in Hürth zu
befördern. Die E-GmbH transportierte die Sendung zunächst zu ihrer Niederlassung in Köln, die den Beklagten mit dem Weitertransport zur Empfängerin in Hürth betraute. Dessen Fahrer T. nahm das Gut am 18. Februar 1998 bei der E-GmbH in Köln entgegen. Die Ware kam bei der Empfängerin jedoch nicht an, weil der Fahrer sie unterschlug. Er wurde deshalb u.a. wegen veruntreuender Unterschlagung rechtskräftig verurteilt.
Die Klägerin hat an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust der Ware - unter Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung - eine Entschädigung in Höhe von 124.810,26 DM geleistet. Die Versicherungsnehmerin bestätigte den Erhalt des genannten Ersatzbetrages mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 und trat zugleich ihre möglichen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Schadensereignis an die Klägerin ab. Mit Telefax vom selben Tag erklärte auch die E-GmbH die Abtretung sämtlicher Ansprüche aus dem Frachtvertrag mit dem Beklagten an die Klägerin.
Die Klägerin hat behauptet, dem Fahrer des Beklagten seien die in der Rechnung ihrer Versicherungsnehmerin vom 17. Februar 1998 sowie in dem damit korrespondierenden Lieferschein vom selben Tag aufgeführten Waren, deren Wert 126.410,26 DM netto betragen habe, übergeben worden.
Mit ihrer am 9. Februar 1999 eingereichten und dem Beklagten am 24. Februar 1999 zugestellten Klage hat die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 124.810,26 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin zum Umfang des seinem Fahrer übergebenen Gutes und dessen Wert entgegengetreten. Zudem hat er die Auffassung vertreten, etwaige Schadensersatzansprüche seien gemäß § 26 AGNB verjährt, da die Geltung der AGNB zwischen ihm und der E-GmbH ausdrücklich vereinbart worden sei. Für das Transportfahrzeug habe zum Zeitpunkt der von seinem Fahrer begangenen Unterschlagung eine Haftpflichtversicherung gegen Güterschäden bestanden.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne aus abgetretenem Recht der E-GmbH gemäß § 429 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung, im folgenden: HGB a.F.) in Verbindung mit § 398 BGB Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe verlangen. Dazu hat es ausgeführt :
Die E-GmbH sei als versendende Spediteurin und Vertragspartnerin des Beklagten nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berechtigt, den der Versicherungsnehmerin durch den Verlust des Transportgutes entstande-
nen Schaden geltend zu machen. Der Beklagte müsse sich das Verschulden seines Fahrers gemäß § 431 HGB a.F. zurechnen lassen.
Durch die Veruntreuung des Fahrers des Beklagten sei der Versicherungsnehmerin Ware im Wert von 126.410,26 DM netto abhanden gekommen. Der Beklagte bestreite ohne Erfolg, die in der Rechnung und in dem Lieferschein der Versicherungsnehmerin mit Datum vom 17. Februar 1998 aufgeführte Ware erhalten zu haben. Zwar trage grundsätzlich der Ersatzberechtigte die Darlegungs- und Beweislast für den behaupteten Schaden. Es spreche jedoch eine Vermutung für die Annahme, daß dem Fahrer des Beklagten die in der Rechnung vom 17. Februar 1998 ausgewiesene Ware übergeben worden sei, die der Beklagte nicht entkräftet habe. Die Vermutung rechtfertige sich vor allem aus der von dem Fahrer bei der Entgegennahme des Transportgutes unterzeichneten Empfangsbestätigung. Unter diesen Umständen bedürfe es keiner Vernehmung der von der Klägerin für den Umfang der Warenlieferung benannten Zeugen.
Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Die auf § 26 AGNB gestützte Verjährungseinrede bleibe ohne Erfolg, weil nach dem Vortrag des Beklagten nicht davon ausgegangen werden könne, daß die AGNB in den Frachtvertrag zwischen ihm und der E-GmbH einbezogen worden seien. Der Beklagte berufe sich auf die für ihn günstigen Regelungen dieses Klauselwerkes; er habe deshalb die tatsächlichen Voraussetzungen für deren Geltung darzulegen und zu beweisen. Dieser prozessualen Obliegenheit sei er nicht hinreichend nachgekommen. Insbesondere biete seine Behauptung, die Geltung der AGNB sei zwischen ihm und der E-GmbH "ausdrücklich vereinbart" worden, keine geeignete Grundlage für die Erhebung von Zeugenbeweisen.
Die somit geltende einjährige Verjährungsfrist gemäß § 439 Satz 1, § 414 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F., die am 18. Februar 1998 zu laufen begonnen habe, sei durch Einreichung der Klage am 9. Februar 1999 unterbrochen worden , da die Klage "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 2 ZPO a.F. zugestellt worden sei.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat im rechtlichen Ansatz zutreffend angenommen , daß sich die Haftung des Beklagten für den streitgegenständlichen Schaden nach § 429 Abs. 1 HGB a.F. beurteilt.
Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Transportrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588 ff.) findet auf die Ersatzpflicht für Gütertransportschäden , die - wie hier - vor dem 1. Juli 1998 eingetreten sind, keine Anwendung. Dies folgt insbesondere aus dem allgemein anerkannten, in Art. 170 und Art. 232 § 1 EGBGB enthaltenen Rechtsgrundsatz, wonach sich Inhalt und Wirkung eines Schuldverhältnisses nach der zum Zeitpunkt seiner Entstehung geltenden Rechtslage richten, sofern - wie im Streitfall - kein Dauerschuldverhältnis betroffen ist (vgl. nur BGHZ 149, 337, 344 m.w.N.).
2. Die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 429 Abs. 1 HGB a.F. i.V. mit § 398 BGB sei nicht verjährt, haben Erfolg.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede nur dann Erfolg hätte, wenn er
sich auf die sechsmonatige Verjährungsfrist gemäß § 26 Abs. 1 AGNB berufen könnte. Es hat die Anwendbarkeit dieser die gesetzliche Verjährungsfrist verkürzenden Regelung auf der bisherigen Tatsachengrundlage jedoch zu Unrecht verneint.

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei bislang nicht festgestellt, daß die Geltung der AGNB allgemeiner Handelsbrauch sei mit der Folge, daß diese nicht durch Individualvereinbarung in ein Vertragsverhältnis einbezogen werden müßten, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.

b) Die Revision rügt aber mit Recht, daß das Berufungsgericht eine Einbeziehung der AGNB in den zwischen der E-GmbH und dem Beklagten geschlossenen Frachtvertrag kraft individueller vertraglicher Vereinbarung verfahrensfehlerhaft verneint hat.
aa) Bei den AGNB handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1965 - Ib ZR 140/63, VersR 1966, 180, 181; BGHZ 129, 323, 326 ff.; MünchKomm.HGB/Dubischar, Vor § 1 AGNB Rdn. 1). Die Einbeziehung dieses Klauselwerks in einen Vertrag bedarf daher grundsätzlich einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung (MünchKomm.HGB/Dubischar, § 1 AGNB Rdn. 1; Koller, Transportrecht, 3. Aufl., § 1 AGNB Rdn. 3). Dabei müssen die formalisierten Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG a.F. (nunmehr: § 305 Abs. 2 BGB n.F.) gegenüber einem Kaufmann zwar nicht erfüllt sein (§ 24 Satz 1 Nr. 1 AGBG in der bis zum 30.6.1998 geltenden Fassung ). Vielmehr reicht es im kaufmännischen Geschäftsverkehr für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig aus, daß der Verwender im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß auf sie hinweist und der
Vertragspartner der Geltung nicht widerspricht (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1977 - I ZR 80/75, NJW 1978, 698; BGHZ 117, 190, 194). Jedoch können auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr - sofern ein entsprechender Handelsbrauch nicht besteht - Allgemeine Geschäftsbedingungen nur kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung Vertragsbestandteil werden. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Willensübereinstimmung der Vertragspartner (vgl. BGHZ 117, 190, 194 f.; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 42 ff.). Ein stillschweigender Einbeziehungswille kann dann gegeben sein, wenn Kaufleute im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung stets Verträge zu den Geschäftsbedingungen der einen Seite abgeschlossen haben und der Verwender unmißverständlich zu erkennen gegeben hat, daß er regelmäßig Geschäfte nur auf der Grundlage seiner eigenen Geschäftsbedingungen tätigen will (vgl. BGHZ 117, 190, 195; 129, 323, 324 f.; MünchKomm.BGB/Basedow, § 2 AGBG Rdn. 46). Auch durch eine Rahmenvereinbarung (§ 2 Abs. 2 AGBG a.F. = § 305 Abs. 3 BGB n.F.) konnte das Regelwerk der AGNB im voraus in künftig abzuschließende Verträge einbezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.1982 - I ZR 176/80, TranspR 1983, 73, 74 = VersR 1983, 339).
bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.
(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte , der aus den AGNB eine für ihn günstige Rechtsfolge herzuleiten sucht, darzulegen und zu beweisen hat, daß dieses Regelwerk Bestandteil des streitgegenständlichen Frachtvertrages zwischen ihm und der E-GmbH geworden ist (vgl. MünchKomm.BGB/Basedow, § 2 AGBG Rdn. 41).
(2) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Sachvortrag des Beklagten, die Geltung der AGNB sei zwischen ihm und der E-GmbH ausdrücklich vereinbart worden, sei nicht hinrei- chend substantiiert und daher keine geeignete Grundlage für die Erhebung des von dem Beklagten angebotenen Zeugenbeweises.
(a) An die Substantiierungslast des Darlegungspflichtigen dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast , wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind; dabei hängt es vom Einzelfall, insbesondere der Einlassung des Gegners und dem, was der Partei an näheren Angaben möglich und zumutbar ist, ab, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen noch weiter substantiieren muß (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 12.7.1984 - VII ZR 123/83, MDR 1985, 315; Urt. v. 23.4.1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; Urt. v. 13.7.1998 - II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409; Urt. v. 4.7.2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286, 3287; Urt. v. 8.5.2002 - I ZR 28/00, WRP 2002, 1077, 1081 - Vergleichsverhandlungen ).
(b) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem an den Beklagten gerichteten Schreiben der E-GmbH vom 14. Dezember 1994 ergebe sich trotz der Überschrift "Versicherungsbestätigung zum AGNB-Rahmenvertrag E. " nicht die Einbeziehung der AGNB in den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag , weil der Beklagte einen Rahmenvertrag mit der E-GmbH nicht vorgelegt habe und das Schreiben zudem mehr als drei Jahre vor dem hier zu beurteilenden Geschehnis abgefaßt worden sei. Die vom Beklagten in der Beru-
fungsverhandlung vorgelegte Ablichtung eines ausgefüllten Fragebogens für Subunternehmer der E-GmbH entbehre jeder Aussagekraft, weil das Formular, in dem unter der Rubrik "Versicherungsart" die Alternative "AGNB" angekreuzt sei, lediglich vom Beklagten selbst ausgefüllt worden sei und weder einen Beleg noch eine Bestätigung durch das Speditionsunternehmen enthalte.
(c) Das Berufungsgericht hat dem an den Beklagten gerichteten Schreiben der E-GmbH vom 14. Dezember 1994, das mit "Versicherungsbestätigung zum AGNB-Rahmenvertrag E. " überschrieben ist, verfahrensfehlerhaft keine hinreichende Indizwirkung für die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung des Beklagten beigemessen, die Geltung der AGNB sei zwischen ihm und der E-GmbH ausdrücklich vereinbart worden. Der vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtete Umstand, daß der Beklagte einen Rahmenvertrag nicht vorgelegt hat, spricht nicht zwingend gegen die Schlüssigkeit seines Vortrages, da eine derartige Vereinbarung nicht unbedingt schriftlich geschlossen worden sein muß. Ebensowenig steht dem Vorbringen des Beklagten zur Geltung der AGNB entgegen, daß das Schreiben mehr als drei Jahre vor dem streitgegenständlichen Schadensfall abgefaßt wurde. Denn der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, daß er bereits zum damaligen Zeitpunkt für die E-GmbH als Nahverkehrsunternehmer tätig war. Anhaltspunkte für die Annahme, daß sich daran bis zum in Rede stehenden Schadensereignis etwas geändert haben könnte, sind nicht ersichtlich. Dem Beklagten kann angesichts des lange zurückliegenden Zeitpunktes der behaupteten Vereinbarung über die Einbeziehung der AGNB in die mit der E-GmbH geschlossenen Beförderungsverträge auch nicht vorgehalten werden, daß er zu den näheren Umständen der Vereinbarung in der Berufungsverhandlung ohne vorherigen Hinweis, daß ein derartiger Vortrag erforderlich sein würde, keine Angaben machen konnte. Er hat einen Mitarbeiter der E-GmbH als Zeugen für die Richtigkeit seiner Behauptung betreffend die
Einbeziehung der AGNB in den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag benannt. Dieses Beweisangebot ist im Zusammenhang mit den vorgelegten Unterlagen hinreichend substantiiert. Dem hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen.
Sollte das Berufungsgericht nach Durchführung der erforderlichen Beweisaufnahme zu der Feststellung gelangen, daß die AGNB auch Gegenstand des in Rede stehenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Beklagten und der E-GmbH waren, wird es dem weiteren unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag des Beklagten, für das Transportfahrzeug habe zum Zeitpunkt der von seinem Fahrer begangenen Unterschlagung eine Haftpflichtversicherung gegen Güterschäden bestanden, nachzugehen haben.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Beklagte habe die zugunsten der Klägerin sprechende Vermutung , daß der Fahrer die in der Rechnung und in dem Lieferschein der Versicherungsnehmerin mit Datum vom 17. Februar 1998 aufgeführten Waren erhalten habe, nicht durch hinreichend substantiierten Vortrag entkräftet. Der Beklagte hat den Vortrag der Klägerin zur Übergabe des Transportguts in der behaupteten Menge, hinsichtlich der die Klägerin grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1964 - Ib ZR 222/62, VersR 1964, 1014, 1015; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 15/84, TranspR 1986, 459, 461 = VersR 1986, 1019; Urt. v. 16.1.1997 - I ZR 208/94, TranspR 1997, 294, 296 = VersR 1997, 1020), entgegen der Ansicht der Revision nicht wirksam bestritten.

a) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, der Fahrer des Beklagten habe bei der Entgegennahme des Transportgutes eine Empfangsbestätigung unterzeichnet, die ihrerseits auf die beigefügte Rollkarte Bezug ge-
nommen habe. Die Bestätigung habe den ausdrücklichen Hinweis: "Stückzahlenmäßig und in einwandfreiem Zustand laut Rollkarte übernommen" enthalten. Die Empfangsbestätigung des Fahrers stellte jedenfalls bei Berücksichtigung des Inhalts der Rollkarte, des Lieferscheins und der Rechnung ein geeignetes Beweismittel zugunsten der Klägerin dar mit der Folge, daß der Beklagte die dadurch begründete Vermutung zu entkräften habe, was ihm nicht gelungen sei. Er habe weder aussagekräftige Indizien vorgetragen und unter Beweis gestellt , die gegen die Richtigkeit der Angaben der Klägerin zur Schadenshöhe sprechen würden, noch habe er einen Gegenbeweis - etwa durch Berufung auf die von der Klägerin selbst benannten Zeugen - angetreten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

b) Der Beweis für die Anzahl der übergebenen Frachtstücke und den Zustand des Gutes kann von dem Anspruchsberechtigten grundsätzlich auch durch eine von dem Frachtführer oder seinem Fahrer ausgestellte Empfangsbestätigung (Übernahmequittung) geführt werden. Die formelle Beweiskraft einer solchen Empfangsbestätigung richtet sich nach § 416 ZPO. Ihre materielle Beweiskraft hängt - ebenso wie bei der Quittung i.S. von § 368 BGB - von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) und kann durch jeden Gegenbeweis, durch den die Überzeugung des Gerichts von ihrer inhaltlichen Richtigkeit erschüttert wird, entkräftet werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.4.1978 - V ZR 10/77, WM 1978, 849 m.w.N. zur Quittung gemäß § 368 BGB; Helm in Großkomm.HGB, 4. Aufl., § 429 Rdn. 106; MünchKomm.HGB/Dubischar, § 426 HGB Rdn. 24 f., § 429 HGB Rdn. 36 ff.; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 408 HGB Rdn. 27). Letzteres kommt etwa in Betracht, wenn die Empfangsbestätigung Angaben enthält, die der Unterzeichnende ersichtlich oder erwiesenermaßen nicht bestätigen konnte, wie beispielsweise Angaben über die Anzahl der in Kartons verpackten Waren
oder das nicht nachgewogene Gewicht einer Sendung. Denn die Beweiskraft einer Empfangsbestätigung bezieht sich im Zweifel nicht auf den Inhalt einer verschlossenen Sendung (vgl. BGH TranspR 1986, 459, 461; Koller, Transportrecht , 4. Aufl., § 425 HGB Rdn. 41; MünchKomm.HGB/Dubischar § 426 HGB Rdn. 25, § 429 HGB Rdn. 38).
Die von dem Fahrer des Beklagten unterzeichnete Empfangsbestätigung beweist danach zwar weder für sich allein noch in Verbindung mit der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Rollkarte, daß es sich bei dem unstreitig im Obhutsbereich des Beklagten in Verlust geratenen Transportgut um diejenige Ware gehandelt hat, die in der Rechnung der Versicherungsnehmerin vom 17. Februar 1998 und in dem Lieferschein vom selben Tag im einzelnen aufgeführt ist. Das hindert den Tatrichter jedoch nicht, sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dem Fahrer des Beklagten seien die in der Rechnung und in dem Lieferschein der Versicherungsnehmerin mit Datum vom 17. Februar 1998 aufgeführten Waren übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalles zu bilden, solange der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt. Im Streitfall sprechen für die Annahme, daß durch die Unterschlagung des Transportgutes ein Schaden in der behaupteten Höhe entstanden ist, folgende Gesichtspunkte:
Die Angaben in dem Lieferschein vom 17. Februar 1998 und in der vom selben Tag datierenden Rechnung legen die Vermutung nahe, daß die darin aufgeführten Waren auch tatsächlich von der Versicherungsnehmerin zum Versand gebracht worden sind. Dies ergibt sich vor allem aus dem Umstand, daß es sich sowohl bei der Versenderin als auch bei der Empfängerin der Ware um Gewerbetreibende handelt. Im gewerblichen Bereich spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß an den gewerb-
lichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt wurden. Sofern die Güter - wie hier - in verschlossenen Behältnissen (Kartons) zum Versand gebracht wurden, ist bei kaufmännischen Absendern zwar nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - aufgrund einer tatsächlichen Vermutung (§ 292 ZPO), die den vollen Gegenbeweis erfordert (vgl. Zöller/ Greger, ZPO, 23. Aufl., § 292 Rdn. 2), sondern prima facie anzunehmen, daß die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren (vgl. Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 425 HGB Rdn. 41). Es obliegt dann dem Schädiger, den zugunsten des Versenders streitenden Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag zu erschüttern.
Das ist dem Beklagten im Streitfall nicht gelungen. Er hat lediglich mit Nichtwissen bestritten, daß die in der Rechnung vom 17. Februar 1998 aufgeführten "EDV-Artikel" tatsächlich von der Versicherungsnehmerin an die in der Rechnung genannte Empfängerin verschickt worden sind. Das reicht zur Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht aus.
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe übersehen, daß der Beklagte vorgetragen habe, seinem Fahrer sei bei der Übernahme der Ware von der E-GmbH kein Lieferschein übergeben worden, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da der zugunsten der Klägerin sprechende Anscheinsbeweis an diesen Umstand nicht anknüpft. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Empfangsbestätigung des Fahrers stelle jedenfalls unter Berücksichtigung des Inhaltes der Rollkarte, des Lieferscheins und der Rechnung ein geeignetes Beweismittel zugunsten der Klägerin dar mit der Folge, daß der Beklagte die dadurch begründete Vermutung zu entkräften habe, sind - wie die Revision offenbar meint - nicht in dem Sinne zu verstehen, daß das Berufungsgericht hat an-
nehmen wollen, Voraussetzung für das Eingreifen der von ihm angenommenen Vermutung sei die Übergabe des Lieferscheins an den Fahrer des Beklagten.
III. Das angefochtene Urteil war danach auf die Revision des Beklagten aufzuheben. Da der Ausgang des Rechtsstreits noch von weitergehenden tatsächlichen Feststellungen abhängt, die im Revisionsverfahren nicht getroffen werden können, war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 245/03 Verkündet am:
13. Juli 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Hat ein Warenversender positive Kenntnis davon, dass die zur Beförderung
aufgegebene Sendung nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
Frachtführers sogenanntes Verbotsgut enthält, und klärt er den Frachtführer
hierüber vor Vertragsschluss nicht auf, kann dies bei einem Verlust der Sendung
im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge auch zu einem
vollständigen Ausschluss der Haftung des Transportunternehmers führen.
BGH, Urt. v. 13. Juli 2006 - I ZR 245/03 - LG Bonn
AG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 21. Oktober 2003 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 1/3, die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer des Schmuckwarenunternehmens B. GmbH in Pforzheim (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts einer Paketsendung aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Die Versicherungsnehmerin lieferte am 14. Mai 2002 in einer Zweigstelle der Beklagten ein Paket ohne Wertdeklaration ein, das für eine Empfängerin in Köln bestimmt war. Die Sendung ist auf dem Transportweg verloren gegangen. Nach Darstellung der Klägerin befanden sich in dem Paket verschiedene Schmuckstücke im Wert von insgesamt 3.721,97 €. Die Klägerin hat den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin reguliert.
3
Dem Transport lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten , PAKET/EXPRESS NATIONAL, Stand: 1. März 2002 (im Weiteren: AGB) zugrunde, die in den Abschnitten 2, 3 und 6 unter anderem folgende Regelungen enthielten: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Unternehmen (Einlieferung bzw. Abholung) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt, Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen: … 6. Sendungen, die Geld, Edelmetalle, Schmuck, Uhren, Edelsteine, Scheck-, Kreditkarten, gültige Telefonkarten oder andere Zahlungsmittel oder Wertpapiere, für die im Schadensfall keine Sperrungen sowie Aufgebots- und Ersatzverfahren durchgeführt werden können (Valoren II. Klasse), im Gesamtwert von mehr als 500 € enthalten. … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe, Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf ausgeschlossene Sendungen oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung und Überprüfung der Sendungen berechtigt. … … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post AG oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. … (2) Die Deutsche Post haftet im übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Verpflichtungen nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …“
4
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden unbeschränkt, da ihr ein grobes Organisationsverschulden anzulasten sei. Sie habe bezogen auf den in Rede stehenden Schaden nicht vorgetragen, wo und wann es zum Verlust der Sendung gekommen sei. Hieraus sei der Beklagten der Vorwurf des qualifizierten Verschuldens zu machen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.721,97 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , ihre Haftung für den streitgegenständlichen Verlust sei jedenfalls nach den Bestimmungen in ihren AGB, die gemäß § 310 Abs. 1 BGB in einen mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Frachtvertrag einbezogen worden seien , ausgeschlossen, weil die Versicherungsnehmerin Verbotsgut i.S. von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB eingeliefert habe.

7
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels verurteilt, an die Klägerin 2.481,31 € nebst Zinsen zu zahlen (LG Bonn VersR 2003, 1600).
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
9
Die Klägerin hat Anschlussrevision eingelegt, mit der sie den bislang erfolglosen Teil der Klageforderung weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Versicherungsnehmerin von einem Drittel einen Schadensersatzanspruch i.H. von 2.481,31 € nebst Zinsen aus § 425 Abs. 1, §§ 428, 435 HGB i.V. mit § 67 Abs. 1 VVG zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
11
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich aus § 67 Abs. 1 VVG. Die Beklagte sei aus dem mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Frachtvertrag , der durch die Einlieferung und Beförderung des in Verlust geratenen Pakets zustande gekommen sei, zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser Annahme stünden die in das Vertragsverhältnis wirksam einbezogenen AGB der Beklagten nicht entgegen. Die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB, wo- nach die Beklagte keine Verträge über Sendungen abschließe, die Schmuck im Wert von mehr als 500 € enthielten, verstoße gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sei deshalb unwirksam. Das ergebe sich aus der gebotenen Zusammenschau der Klausel mit den Bestimmungen in Abschnitt 2 Abs. 3 und 4 sowie Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB vorweg erklärte Anfechtung habe nicht zur Beseitigung des Frachtvertrags geführt, weil die Anfechtungserklärung unter einer unzulässigen aufschiebenden Bedingung - nachträgliche Kenntniserlangung von der Übernahme eines Verbotsgutes - abgegeben worden sei. Zudem stehe nicht fest, dass die Versicherungsnehmerin die Beklagte getäuscht habe.
12
Die Haftung der Beklagten sei auch nicht durch Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB ausgeschlossen, weil diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 449 Abs. 2 HGB gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Die Beklagte hafte unbeschränkt. Sie hätte darlegen müssen, welche organisatorischen Vorkehrungen sie zur Schadensverhinderung ergriffen habe. Daran fehle es vollständig. Der unterlassene Vortrag begründe die tatsächliche Vermutung für ein qualifiziertes Verschulden. Der Wert der verloren gegangenen Schmuckstücke in Höhe von insgesamt 3.721,97 € ergebe sich aus den von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnungen.
13
Der auf die Klägerin übergegangene Schadensersatzanspruch sei aber wegen eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin um ein Drittel gemindert. Die Versendung wertvollen Schmucks in einem einfachen Paket sei riskant. Das sei der Versicherungsnehmerin aus ihrer gewerblichen Tätigkeit auch bekannt gewesen. Überdies müsse berücksichtigt werden, dass die Versicherungsnehmerin der Beklagten durch die unterlassene Wertangabe die Möglichkeit genommen habe, sich für eine Zurückweisung der Sendung zu entschei- den. Das Mitverschulden sei auch schadensursächlich gewesen, weil die Beklagte die Beförderung der Sendung im einfachen Paketdienst verweigert hätte. Zu Lasten der Beklagten sei deren qualifiziertes Verschulden zu berücksichtigen.
14
II. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin sind unbegründet.
15
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach den §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
16
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten durch die Einlieferung und die Beförderung der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Die Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB steht dem nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt und deshalb unwirksam ist. Denn bereits die vorrangige Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der AGB aus der Sicht eines verständigen Postkunden ergibt, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Klausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 einen Vertrag schließen wollte (BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, TranspR 2006, 254, 255).
17
aa) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f. m.w.N.).

18
bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es aber auch auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348; BGH TranspR 2006, 254, 255). Diese Grundsätze gelten auch für Klauseln, die leistungsbeschreibender Art sind (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 5 Rdn. 3a und § 8 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB /Basedow, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdn. 19 und Bd. 2a § 307 Rdn. 19).
19
cc) Die Beklagte will nach dem Wortlaut von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB bei Schmuck im Gesamtwert von mehr als 500 € pro Sendung allerdings keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Diese Regelung ist jedoch nicht isoliert zu betrachten, sondern im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 3 und Abs. 4 sowie Abschnitt 6 AGB zu beurteilen, die auf sie Bezug nehmen. Danach steht es der Beklagten für den Fall, dass eine nicht bedingungsgerechte Sendung eingeliefert wird, frei, die Annahme zu verweigern (Abschnitt 3 Nr. 1), die Sendung zurückzugeben (Abschnitt 3 Nr. 2) oder zu befördern (Abschnitt 3 Nr. 3). In Abschnitt 4 wird vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall erklärt, dass die Beklagte erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon erhält, dass diese verbotene Güter enthält. Abschnitt 6 regelt u.a. die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern.

20
Alle diese Regelungen ergeben aus der Sicht eines verständigen Postkunden nur dann einen Sinn, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus der Regelung in deren Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 daher nicht entnommen werden, dass die Beklagte - handelnd durch ihre Mitarbeiter - das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über sogenannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will (BGH TranspR 2006, 254, 255 f.).
21
dd) Die vorstehende Beurteilung der Klausel entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lfg. 1/97, § 54 EVO Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
22
b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet angenommen, dass die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB von der Beklagten erklärte Anfechtung ihrer Vertragserklärung mangels Darlegung eines arglistigen Verhaltens der Versicherungsnehmerin der Klägerin nicht durchgreift.
23
c) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Versicherungsnehmerin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Im Streitfall führte eine von der Versicherungsnehmerin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Wert der Sendung aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt , dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.). Nach dem Inhalt der AGB sollte eine eventuell verletzte Aufklärungspflicht nicht einen Vertragsschluss als solchen verhindern (vgl. oben Ziff. 1a cc), so dass dieser nicht als Schaden der Beklagten anzusehen ist (BGH TranspR 2006, 254, 256).
24
2. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
25
a) Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB, wonach die Beklagte nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Abs. 2 AGB haftet, nicht um eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 f. m.w.N.), sondern um einen Haftungsausschluss. Die Klausel schränkt nach ih- rem eindeutigen Wortlaut die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256).
26
b) Offen bleiben kann, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für solche Fälle eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt dort anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen" , d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Abschnitt 6 der AGB der Beklagten ist nach seinem Wortlaut und nach seiner Systematik gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zweifel kundenfreundlich auszulegen sind, dahin zu verstehen, dass Haftungsbegrenzungen und Haftungsausschlüsse bei qualifiziertem Verschulden der Beklagten nicht gelten sollen (BGH TranspR 2006, 254, 256).
27
c) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB bejaht. Der Verlust der Sendung ist ungeklärt. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die Beklagte keinerlei Sachvortrag zu ihrer Betriebsorganisation, insbesondere zu der von ihr aufgewendeten Sorgfalt gehalten hat. Dies rechtfertigt den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 f.).

28
3. Vergeblich wendet sich die Revision der Beklagten des Weiteren dagegen , dass sich das Berufungsgericht hinsichtlich des Inhalts und des Werts der verloren gegangenen Sendung auf die von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnungen gestützt hat.
29
Die Beurteilung der Frage, auf welche Weise Inhalt und Wert einer verloren gegangenen Sendung festgestellt werden können, betrifft das Schätzungsermessen des Tatrichters im Einzelfall (BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 158 f.). Das angefochtene Urteil lässt insoweit keine Rechtsfehler erkennen. Die Revision zeigt solche auch nicht auf.
30
4. Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision der Klägerin dagegen, dass das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin angenommen hat. Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet die Revision der Beklagten die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich wegen der unterlassenen Wertdeklaration ihrer Versicherungsnehmerin ein Mitverschulden von nur einem Drittel anrechnen lassen.
31
a) Für die Beurteilung der Frage des Mitverschuldens ist seit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes die Bestimmung des § 425 Abs. 2 HGB maßgeblich (BGH TranspR 2003, 467, 471). Die Vorschrift greift jedoch den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 60). Die vom Senat zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen sind daher ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar (BGH TranspR 2003, 467, 471; BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206).
32
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis oder Kennenmüssens, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz beansprucht (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121, 122). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB genannten Gegenstände wegen des bei ihnen bestehenden besonderen Verlust- und Haftungsrisikos nicht in der Versendungsart PAKET/ EXPRESS NATIONAL befördern will. Die unterlassene Angabe derartiger Gegenstände hindert zwar nicht das Zustandekommen eines Frachtvertrags, sondern stellt einen im Rahmen von § 425 Abs. 2 HGB zu beachtenden Schadensverursachungsbeitrag dar. Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Versendungsart PAKET/EXPRESS NATIONAL für Schmuckstücke nur bis zu einem Wert von 500 € anbietet. Das reicht für das erforderliche Kennenmüssen der Versicherungsnehmerin aus (BGH TranspR 2006, 254, 257).
33
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die von der Versicherungsnehmerin unterlassene Wertangabe für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen ist. Dies setzt zwar grundsätzlich voraus, dass die Beklagte bei zutreffender Inhalts- und Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471). Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch liegt im vorliegenden Fall die Besonder- heit vor, dass die Beklagte bei einer korrekten Wertangabe der Versicherungsnehmerin jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung im einfachen Paketdienst, d.h. im Paketdienst ohne erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, zu verweigern. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Verlust vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2006, 121, 123 m.w.N.).
34
d) Die Gewichtung der einzelnen Verursachungsbeiträge obliegt dem Tatrichter (BGHZ 149, 337, 355). Revision und Anschlussrevision haben nicht aufgezeigt, dass dem Berufungsgericht dabei Rechtsfehler unterlaufen sind.
35
aa) Das Berufungsgericht ist im Rahmen seiner Abwägung der Verursachungsbeiträge mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Haftungsanteil der Versicherungsnehmerin erhöht hätte, wenn sie positive Kenntnis von der Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB gehabt hätte. Sie hätte sich dann bewusst über den Willen der Beklagten hinweggesetzt, Ausschlussgut nicht im einfachen Paketdienst anzunehmen. Bei einer solchen Fallgestaltung kann auch ein vollständiger Haftungsausschluss des Frachtführers gerechtfertigt sein.
36
Das Berufungsgericht hat aber verfahrensfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte durch die von ihr vorgelegten Beweismittel nicht hinreichend nachgewiesen hat, dass der Versicherungsnehmerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zum Zeitpunkt der Einlieferung der streitgegenständlichen Sendung positiv bekannt waren. Aus dem Sachvortrag der Beklagten ergibt sich nichts dazu, zu welchem Zeitpunkt die Versicherungsnehmerin Kenntnis von dem Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Zeitungsartikel und Schreiben erlangt hat.

37
bb) Auf Seiten der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht deren qualifiziertes Verschulden in die Haftungsabwägung mit einbezogen (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 257).
38
Soweit sich die Anschlussrevision der Klägerin dagegen wendet, dass das Berufungsgericht bei der Haftungsabwägung nicht ein bedingt vorsätzliches Verhalten der Beklagten berücksichtigt hat, weil diese die als möglich erkannte Gefahr von Diebstählen und Unterschlagungen billigend in Kauf genommen habe, sind keine Rechtsfehler des Berufungsgerichts erkennbar. Dass der Beklagten im konkreten Fall ein bedingt vorsätzliches Verhalten anzulasten ist, kann den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden. Somit erweist sich auch die Anschlussrevision als unbegründet.
39
III. Danach waren sowohl die Revision der Beklagten als auch die Anschlussrevision der Klägerin zurückzuweisen.

40
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 19.02.2003 - 9 C 524/02 -
LG Bonn, Entscheidung vom 21.10.2003 - 11 S 6/03 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 161/02 Verkündet am:
25. März 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nr. 2 c, 9 Abs. 3

a) Der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall ist zu bejahen, wenn bei
Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen
Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre.

b) Die kritische Verkehrssituation beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann, wenn
die ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, daß eine Gefahrensituation
unmittelbar entstehen kann.

c) Gibt der Vorfahrtberechtigte dem Wartepflichtigen durch einen Verkehrsverstoß
Anlaß, die Wartepflicht - namentlich infolge einer Fehleinschätzung der Verkehrssituation
- zu verletzen, so kann die kritische Verkehrssituation bereits vor der eigentlichen
Vorfahrtsverletzung eintreten.

d) Der Vertrauensgrundsatz kommt regelmäßig demjenigen nicht zugute, der sich
selbst über Verkehrsregeln hinwegsetzt, die auch dem Schutz des unfallbeteiligten
Verkehrsteilnehmers dienen.
BGH, Urteil vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02 - OLG Hamm
LG Siegen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. März 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß sich der Feststellungsausspruch nur auf zukünftige Schäden des Klägers bezieht und die Klage im übrigen abgewiesen wird. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 19. Mai 1998 auf einer Landstraße im Bereich der Gemeinde D. geltend, bei dem er als Motorradfahrer von dem ihm entgegenkommenden Beklagten zu 1 (künftig: der Beklagte), der mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw nach links in eine Autobahnauffahrt abbiegen wollte, beim Abbiegevorgang erfaßt und schwer verletzt wurde. Vor der Annäherung an die Unfallstelle durchfuhr der Kläger eine ansteigende Linkskurve. Der Beklagte hatte sich vor dem Abbiegen auf eine hierzu bestimmte Linksabbiegespur eingeordnet. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine vom Sachverständigen ermittelte Geschwindigkeit von 120 bis 150 km/h sei für den Unfall nicht mitursächlich gewesen, weil er auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h den Unfall nicht mehr hätte vermeiden können, als die Vorfahrtsverletzung durch den Beklagten für ihn erkennbar geworden sei. Vorher habe er keine Veranlassung gehabt, seine Geschwindigkeit zu reduzieren, sondern darauf vertrauen können, daß der Beklagte sein Vorfahrtsrecht beachten werde. Vorprozessual bezahlte die Beklagte zu 2 an den Kläger 120.000 DM, von denen sie in der Klageerwiderung 80.000 DM auf den Schmerzensgeldanspruch und 40.000 DM auf die Sachschäden des Klägers verrechnete. Das Landgericht hat dem Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 DM zuerkannt, den Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Sachschäden dem Grunde nach zu 80 % für gerechtfertigt erklärt und festgestellt , daß die Beklagten dem Kläger zum Ersatz seiner zukünftigen immateriellen Schäden zu 100 % sowie seiner zukünftigen materiellen Schäden zu 80 %
verpflichtet sind, soweit kein Forderungsübergang auf Sozialversicherungsträger stattfindet. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und festgestellt, daß die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu 2/3 und sämtliche immateriellen Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 1/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Verkehrsunfall vom 19. Mai 1998 von beiden Fahrzeugführern schuldhaft mitverursacht worden sei. Die unfallursächliche schuldhafte Vorfahrtsverletzung des Beklagten stehe zu Recht außer Streit. Aber auch den Kläger treffe ein Mitverschulden an der Entstehung des Unfalls, da er die an der Unfallstelle zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 20 km/h überschritten habe und dies als kausal für das Unfallgeschehen zu bewerten sei. Zwar sei nach dem eingeholten Gutachten der Unfall auch bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h nicht zu vermeiden gewesen, wenn man eine Reaktion des Klägers erst zu dem Zeitpunkt verlange, in dem er habe erkennen können, daß der Unfallgegner ihm die Vorfahrt nicht gewähren und in seine Fahrspur hineinfahren werde. Jedoch sei im Hinblick auf das dem Kläger erkennbare Verkehrsgeschehen eine frühere Reaktion von ihm zu fordern gewesen. Im Regelfall dürfe der Vorfahrtbe-
rechtigte auf die Beachtung seines Vorfahrtsrechts vertrauen. In der konkreten Situation hätten jedoch besondere Umstände vorgelegen, aufgrund derer der Kläger schon im Zeitpunkt des ersten Sichtkontakts mit einer Vorfahrtsverletzung durch den Beklagten habe rechnen müssen, falls er seine überhöhte Geschwindigkeit beibehalte, so daß er schon aus diesem Grunde spätestens zu diesem Zeitpunkt seine Geschwindigkeit auf 100 km/h hätte reduzieren müssen. Er habe nämlich aufgrund der Besonderheiten der Unfallörtlichkeit damit rechnen müssen, daß er im Falle einer weiteren Annäherung mit seiner überhöhten Geschwindigkeit vom Beklagten nicht rechtzeitig wahrgenommen, dieser seine Geschwindigkeit falsch einschätzen und abbiegen werde. Ein frühzeitiges Verlangsamen sei vom Kläger umso mehr zu fordern gewesen, als er nach eigenem Bekunden die Stelle gekannt und gewußt habe, daß es dort schon viele gleichartige Unfälle gegeben habe. Deshalb könne er sich vorliegend nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen. Hätte der Kläger seine Geschwindigkeit beim ersten Sichtkontakt zum Pkw des Beklagten auf 100 km/h verringert, so wäre der Unfall bei der vom Sachverständigen angenommenen Abbiegegeschwindigkeit des Pkw des Beklagten von 18 km/h vermieden worden. Bei der Abwägung der Verursachungsanteile liege die entscheidende Unfallursache im Vorfahrtverstoß des Beklagten. Sein Verschulden wiege allerdings deshalb nicht allzu schwer, weil zu seinen Gunsten davon auszugehen sei, daß sich der Kläger mit 150 km/h der Unfallstelle genähert und deshalb erst direkt vor dem Anfahrtbeginn für den Beklagten sichtbar geworden sei. Da die Geschwindigkeit des Klägers für den Beklagten nicht sofort erkennbar gewesen sei, sei darin, daß er den begonnenen Abbiegevorgang nicht wieder abgebrochen habe, noch keine grobe Fahrlässigkeit zu sehen. Unter Berücksichtigung der erhöhten Betriebsgefahr beim Linksabbiegen sei eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Beklagten angemessen.
Auf dieser Grundlage sei bei Abwägung aller Gesichtspunkte, namentlich des beiderseitigen Ausmaßes der Unfallverursachung und der Schwere der vom Kläger erlittenen Unfallverletzungen, ein Schmerzensgeld von 80.000 DM angemessen. Die Zahlung der Beklagten zu 2 habe deshalb das Schmerzensgeld und alle vom Kläger geltend gemachten materiellen Schäden abgegolten, weshalb nur noch die Haftung beider Beklagten für zukünftige Schäden des Klägers im Raum stehe.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte , für dessen Haftpflicht die Beklagte zu 2 einzustehen hat, den Verkehrsunfall und den daraus entstandenen Schaden des Klägers schuldhaft dadurch verursacht hat, daß er entgegen § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO nach links abbog, ohne den entgegenkommenden Kläger durchfahren zu lassen, der sein Vorrecht nicht deshalb verloren hatte, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr (Senatsurteile vom 11. Januar 1977 - VI ZR 268/74 - VersR 1977, 524, 525 und vom 21. Januar 1986 - VI ZR 35/85 - VersR 1986, 579). 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Kläger habe durch Überschreiten der außerhalb geschlossener Ortschaften nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 c StVO vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 20 km/h den Unfall schuldhaft mitverursacht.

a) Allerdings kann ein späterer Unfall einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht allein schon deshalb zugerechnet werden, weil das Fahrzeug bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit erst später an die Unfallstelle gelangt wäre, vielmehr muß sich in dem Unfall gerade die auf das zu schnelle Fahren zurückzuführende erhöhte Gefahrenlage aktualisieren. Der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen Geschwindigkeitsüberschreitung und Unfall ist zu bejahen, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre (vgl. Senatsurteile vom 22. Dezember 1959 - VI ZR 215/58 - VersR 1960, 183, 184; vom 27. November 1962 - VI ZR 240/61 - VersR 1963, 165, 166; vom 11. Januar 1977 - VI ZR 268/74 - aaO und vom 7. April 1987 - VI ZR 30/86 - VersR 1987, 821, 822; vgl. auch BGHSt 33, 61, 63 f. m.w.N.).
b) Die kritische Verkehrslage beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann, wenn die ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, daß eine Gefahrensituation unmittelbar entstehen kann (vgl. Senatsurteile vom 27. November 1962 - VI ZR 240/61 - aaO; vom 11. Januar 1977 - VI ZR 268/74 - aaO; vom 25. September 1990 - VI ZR 19/90 - VersR 1990, 1366, 1367 und vom 5. Mai 1992 - VI ZR 262/91 - VersR 1992, 890; vgl. auch VGS BGHZ 14, 232, 239 = BGHSt 7, 118, 124; BGH, Urteil vom 26. Juli 1963 - 4 StR 258/63 - VRS 25, 262, 263 f.; BGHSt 24, 31, 34 m.w.N.; BGH, Urteil vom 21. März 1978 - 4 StR 683/77 - VRS 54, 436, 437; BGHSt 33, 61, 63 ff.; OLG Celle VRS 63, 72, 73; OLG Köln VRS 70, 373, 374 f.; OLG Frankfurt JR 1994, 77, 78 m. Anm. Lange; OLG Düsseldorf VRS 88, 268 f.; OLG Köln VersR 2001, 1577, 1578; OLG Karlsruhe VRS 100, 460, 461). Für einen vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer ist dies in Bezug auf seinen Vorrang zwar nicht bereits der Fall, wenn nur die abstrakte, stets gegebene Gefahr eines Fehlverhaltens anderer besteht, vielmehr müssen erkennbare Umstände eine bevorstehende Verletzung seines Vorrechts nahelegen. Von Bedeutung sind hierbei neben der
Fahrweise des Wartepflichtigen alle Umstände, die sich auf dessen Fahrweise auswirken können, also auch die Fahrweise des Bevorrechtigten selbst. Gibt er dem Wartepflichtigen durch einen Verkehrsverstoß Anlaß, die Wartepflicht - namentlich infolge einer Fehleinschätzung der Verkehrslage - zu verletzen, so kann die kritische Verkehrslage bereits vor der eigentlichen Vorfahrtsverletzung eintreten.
c) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht aufgrund der von ihm im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen ohne Rechtsfehler davon ausgehen, daß der Kläger bereits beim ersten möglichen Sichtkontakt zum Pkw des Beklagten konkret damit rechnen mußte, daß der Beklagte sein Vorfahrtsrecht verletzen könnte. Die überhöhte Geschwindigkeit des Klägers war auch im Hinblick auf die Besonderheit der Unfallörtlichkeit geeignet, den Beklagten die Verkehrslage falsch einschätzen zu lassen und ihn zu veranlassen, noch vor dem Kläger abzubiegen, obgleich ihm dies nicht mehr gefahrlos möglich war (vgl. VGS BGHZ 14, 232, 234 = BGHSt 7, 118, 120). Das Berufungsgericht hat sich verfahrensfehlerfrei aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens und der diesem beigefügten Lichtbilder die Überzeugung gebildet, daß der vor einem Wald auf seinem Motorrad aus einer ansteigenden Kurve sich nähernde Kläger für den Beklagten als schmale Silhouette nur schwer erkennbar war. Zwar habe der Beklagte während der Entschlußdauer zum Anfahren den Kläger erstmals sehen, jedoch noch nicht dessen gefahrene Geschwindigkeit erkennen können, wofür er nochmals einige Sekunden benötigt habe. Dies hätte sich auch der Kläger sagen und deshalb damit rechnen müssen , daß der Pkw, der sich für ihn erkennbar auf der Linksabbiegerspur befand, den Abbiegevorgang einleiten und durchführen werde. Hiergegen ist aus Rechtsgründen auch deshalb nichts zu erinnern, weil der Kläger - worauf das Berufungsgericht mit Recht abhebt (vgl. BGHSt 15,
191, 193) - nach seinem eigenen Vortrag wußte, daß es an der späteren Unfall- stelle zuvor bereits viele Unfälle infolge falschen Linksabbiegens gegeben hatte.
d) Entgegen der Auffassung der Revision kann sich der Kläger vorliegend - was die Vermeidbarkeit des Verkehrsunfalls anbelangt - nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf zwar ein Verkehrsteilnehmer, der sich selbst regelgerecht verhält, grundsätzlich darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer ebenfalls die Verkehrsregeln einhalten, z.B. sein Vorfahrtsrecht beachten (vgl. Senatsurteile vom 15. Mai 1973 - VI ZR 62/72 - VersR 1973, 765, 766 und vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 98/91 - VersR 1992, 203, 204; VGS BGHZ 14, 232, 235 f. = BGHSt 7, 118, 122; BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72 - VersR 1975, 37, 38 m.w.N.; BGHSt 9, 92, 93 f.; BGHSt 12, 81, 83; BGHSt 13, 169, 172 f.). Der Vertrauensgrundsatz kommt jedoch regelmäßig demjenigen nicht zugute, der sich selbst über die Verkehrsregeln hinwegsetzt (Senatsurteil vom 15. November 1966 - VI ZR 57/65 - VersR 1967, 157, 158; vom 15. Mai 1973 - VI ZR 62/72 - aaO und vom 3. Dezember 1991 - VI ZR 98/91 - aaO; BGH, Urteile vom 19. September 1974 - III ZR 73/72 - aaO S. 38 f. m.w.N.; vom 21. Februar 1985 - III ZR 205/83 – VersR 1985, 637, 639 und vom 6. Februar 1958 - 4 StR 687/57 - bei juris; BGHSt 9, 92, 93 f.; BGHSt 13, 169, 172 f.; BGHSt 15, 191, 193; OLG Frankfurt JR 1994, 77 mit Anm. Lampe; OLG Karlsruhe VRS 100, 460, 461). Dies gilt freilich nicht uneingeschränkt. Dient eine Verkehrsregel nur dem Schutz vor bestimmten Gefahren des Straßenverkehrs, so zeigt ein Verkehrsverstoß gegen diese Regel nur die Vorhersehbarkeit derjenigen Gefahr an, zu deren Abwehr die verletzte Vorschrift bestimmt ist. Dem-
entsprechend büßt der Verletzer den Schutz des Vertrauensgrundsatzes nur gegenüber solchen Verkehrsteilnehmern ein, die an dem Verkehrsvorgang beteiligt sind, dessen typischen Gefahren die verletzte Vorschrift begegnen soll (BGH, Urteil vom 19. September 1974 - III ZR 73/72 - aaO m.w.N.). Die vom Kläger übertretene allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Landstraßen schützt jeden Verkehrsteilnehmer; sie dient insbesondere auch dazu, Quer- und Kreuzungsverkehr ohne die aus hohen Geschwindigkeiten drohenden besonderen Gefahren zu ermöglichen (vgl. Senatsurteile vom 11. Januar 1977 - VI ZR 268/74 - aaO; vom 14. Februar 1984 - VI ZR 229/82 - VersR 1984, 440 und vom 25. September 1990 - VI ZR 19/90 - aaO; vgl. auch VGS BGHZ 14, 232, 234 und 238 = BGHSt 7, 118, 120 f. und 126; BGHSt 33, 61, 65; OLG Koblenz VersR 1990, 1021 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. März 1990 - VI ZR 204/89). Indem der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der ihm wegen einschlägiger Unfälle bekannten Stelle um - wovon insoweit zu seinen Gunsten auszugehen ist - 20 km/h überschritt, durfte er sich auf ein regelgerechtes Verkehrsverhalten des Beklagten nicht mehr verlassen.
c) Im Ergebnis mit Recht geht das Berufungsgericht ferner davon aus, daß der Kläger den Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hätte vermeiden können. aa) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei ohne konkrete Feststellungen hinsichtlich der angenommenen Abbiegegeschwindigkeit des Beklagten verfahrensfehlerhaft von einem rechnerischen Mittelwert von 18 km/h ausgegangen, hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat diese Geschwindigkeit nicht lediglich unterstellt, sondern hat sich aufgrund der Angaben des Sachverständigen in Verbindung mit den sonstigen Umständen des vorliegen-
den Falles in tatrichterlicher Würdigung verfahrensfehlerfrei eine entsprechende Überzeugung gebildet, indem es darauf hinweist, daß es weder gegenteiligen Vortrag der Parteien, noch Spuren auf der Fahrbahn noch sonstige Anhaltspunkte für eine andere als die vom Sachverständigen angenommene mittlere Abbiegegeschwindigkeit gebe, etwa infolge eines Bremsvorgangs. bb) Darüber hinaus käme dem Kläger vorliegend entgegen der Annahme des Berufungsgerichts im Rahmen der Vermeidbarkeitsprüfung keine Zeit für eine Verringerung der Geschwindigkeit auf 100 km/h bei Beginn der kritischen Verkehrslage zugute. Anders als bei der Verletzung einer situationsbedingten Beschränkung der zulässigen Geschwindigkeit, etwa nach § 3 Abs. 2 a StVO, bei der erst das Vorliegen bestimmter Umstände eine Verminderung der Geschwindigkeit unter das bis dahin zulässige Maß gebietet (vgl. Senatsurteil vom 23. April 2002 - VI ZR 180/01 - VersR 2002, 911, 912 m.w.N.) und dem verkehrsgerecht Fahrenden deshalb bei Eintritt der kritischen Verkehrslage eine Reaktions- und Bremszeit zuzubilligen ist, ist der Verkehrsteilnehmer, der die allgemein zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ständig gehalten, seine Geschwindigkeit auf das zulässige Maß zu reduzieren. Deswegen besteht für diesen das rechtmäßige Alternativverhalten, welches (fiktiv) der Kausalitätsprüfung zugrunde zu legen ist, nicht in einem sofortigen Abbremsen auf die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit, sondern in der Einhaltung dieser Geschwindigkeit bereits bei Beginn der kritischen Verkehrslage (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 1977 - VI ZR 268/74 - aaO; BGHSt 33, 61, 63 f.). Diese Betrachtungsweise ist auch deshalb geboten, weil ansonsten die haftungsrechtliche Zurechnung eines Schadens zu einer Geschwindigkeitsüberschreitung desto eher entfiele, je stärker die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wurde. Hiernach folgt aus den Feststellungen des Berufungsgerichts für den vorliegenden Fall, daß der Kläger den Unfall erst recht hätte vermeiden können,
wenn er bereits zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrslage nicht schneller als 100 km/h gefahren wäre. 3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die vom Berufungsgericht vorgenommene Haftungsverteilung.
a) Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87 - VersR 1988, 1373 und vom 5. März 2002 - VI ZR 398/00 - VersR 2002, 613, 615 f.; jeweils m.w.N.; BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - X ZR 139/96 - NJW 2000, 217, 219 m.w.N. und vom 14. September 1999 - X ZR 89/97 - NJW 2000, 280, 281 f.). In erster Linie ist hierbei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (Senatsurteil vom 20. Januar 1998 - VI ZR 59/97 - VersR 1998, 474, 475 m.w.N.). Die Abwägung kann nicht schematisch erfolgen. Sie ist aufgrund aller festgestellten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Diese Maßstäbe hat das Berufungsgericht nicht verkannt.
b) Die Revision rügt insoweit erfolglos, das Berufungsgericht habe das Verhalten des Beklagten zu Unrecht nicht als grob fahrlässig gewertet. Die tatrichterliche Beurteilung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision ebenfalls nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände
außer Betracht gelassen hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985; BGHZ 145, 337, 340 jeweils m.w.N.). Daß das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten verneint hat, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Zwar beging der Beklagte einen objektiv schweren Verkehrsverstoß, indem er abbog und dadurch das Vorrecht des Klägers verletzte, was bei verkehrsgerechtem Verhalten des Klägers angesichts des Schutzcharakters des § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO zugunsten des Gegenverkehrs ein starkes Anzeichen für ein schweres Verschulden ergeben hätte. Jedoch begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte könne die Verkehrslage diesbezüglich lediglich fahrlässig falsch eingeschätzt haben, nach den getroffenen Feststellungen keinen rechtlichen Bedenken. Insoweit konnte das Berufungsgericht im Rahmen der vom Sachverständigen im Bereich zwischen 120 bis 150 km/h angegebenen Geschwindigkeit des Klägers zugunsten des Beklagten ohne Rechtsfehler davon ausgehen, daß der Kläger mit einer Geschwindigkeit von 150 km/h fuhr, als der Beklagte seinen Abbiegevorgang einleitete. Denn die Tatsachen, aus denen sich eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten ergeben könnte, stehen zur Beweislast des Klägers. Eine Fehleinschätzung des Wartepflichtigen hat das Berufungsgericht angesichts einer derartigen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht für ausgeschlossen erachten müssen.

III.

Nach alledem muß der Revision der Erfolg versagt bleiben. Das Berufungsurteil ist lediglich nach § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen durch den Senat (BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 - IV ZR 155/90 - NJW-RR 1991, 1278 m.w.N.) entsprechend den diesbezüglich eindeutigen Entscheidungsgründen dahin zu berichtigen, daß sich der Feststellungsausspruch nur auf zukünftige materielle und immaterielle Schäden des Klägers bezieht und die Klage im übrigen abgewiesen wird.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 265/03 Verkündet am:
1. Dezember 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines
ungewöhnlich hohen Schadens (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) setzt nicht die Feststellung
voraus, dass der Frachtführer Wertsendungen generell sicherer befördert.
Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1
BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises
auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen
hätte.
BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - I ZR 265/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. November 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt , wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte führt für die Klägerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung steht, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen durch.
Den dabei geschlossenen Verträgen liegen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zugrunde.
2
Die im Streitfall maßgeblichen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: Februar 1998) enthielten neben dem Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen u.a. folgende Regelungen: "… 2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: …
b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle anders festgelegt. … … 10. Haftung In den Fällen, in denen die im WA oder im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden … wird die Haftung von U. durch diese Bestimmungen geregelt und entsprechend dieser Bestimmungen begrenzt. In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von … DM 1.000 pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp … ermittelten Erstattungsbetrag , je nach dem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung … . Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt. … Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen. Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. …"
3
Die Klägerin übergab der Beklagten am 18. September 2000 fünf Kartons zur Beförderung von Raunheim nach Rosmalen (Niederlande). Die Sendung gelangte per Lkw in das Lager der Schwestergesellschaft der Beklagten in Eindhoven (Niederlande), ging dann aber verloren. Den Wert der Sendung hatte die Klägerin nicht angegeben.
4
Die Klägerin hat behauptet, in den Paketen hätten sich 2.218 Speichermodule mit einem Handelswert von insgesamt 316.286,90 DM befunden. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse den Schaden wegen qualifizierten Verschuldens in voller Höhe ersetzen. Ein Mitverschulden wegen unterlassener Wertdeklaration sei ihr nicht anzulasten, da die fehlende Wertangabe für den Schadenseintritt nicht kausal gewesen sei. Denn die Beklagte befördere Wertsendungen nicht anders als Standardsendungen.
5
Nachdem der Transportversicherer der Klägerin dieser den Schaden ersetzt hat, hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die (näher bezeichnete) Transportversicherung der Klägerin 176.722,40 € nebst Zinsen zu zahlen.

6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , über eine ausreichende Betriebsorganisation zu verfügen, so dass ihr ein qualifiziertes Verschulden nicht angelastet werden könne. Jedenfalls müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden wegen der unterlassenen Wertdeklaration entgegenhalten lassen. Hätte die Klägerin den Wert der Sendung angegeben, wäre diese während des Transports besser kontrolliert worden.
7
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 161.714,87 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
8
Mit ihrer vom Senat beschränkt auf die Frage des Mitverschuldens zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
10
Der Beklagten falle ein qualifiziertes Verschulden i.S. von Art. 29 CMR zur Last, da sie an ihren Umschlagstellen keine ausreichenden Eingangs- und Ausgangskontrollen durchführe. Die Klägerin habe hierauf auch nicht verzichtet.
11
Die Klägerin habe nach den für das Berufungsgericht bindenden Feststellungen des Landgerichts bewiesen, dass die in Verlust geratene Warensendung einen Handelswert von insgesamt 316.286,90 DM gehabt habe.
12
Eine Mithaftung der Klägerin gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB komme nicht in Betracht, weil kein ungewöhnlich hoher Schaden eingetreten sei. Ein solcher Schaden sei erst oberhalb eines Wertes von 50.000 US-Dollar pro Paket anzunehmen, da die Beklagte nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen Pakete mit einem Inhalt bis zu diesem Wert als Standardsendungen befördern wolle und deshalb auch bis zu diesem Wert mit einem Schadenseintritt rechnete. Im vorliegenden Fall hätten sich in keinem der Pakete Waren mit einem Wert von mehr als 36.455,11 € befunden. Der Beklagten sei zudem bereits vor der hier in Rede stehenden Versendung bekannt gewesen, dass die Klägerin Speichermodule herstelle und versende.
13
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint hat, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Klägerin müsse sich das Unterlassen eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) anrechnen lassen.
15
a) Die Anwendung des § 254 BGB kommt auch bei einem dem Haftungsregime der CMR unterfallenden Transport in Betracht. Unabhängig davon, ob das Haftungssystem der CMR im Rahmen der Haftung nach Art. 17 Abs. 1 CMR den Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB ausschließt, kann der Frachtfüh- rer jedenfalls im Rahmen der verschärften Haftung nach Art. 29 CMR einwenden , dass es der Ersatzberechtigte vor Vertragsschluss trotz Kenntnis oder Kennenmüssen der Tatsache, dass mit der Angabe des tatsächlichen Wertes der Sendung gegen höheren Tarif auch eine sicherere Beförderung verbunden ist, unterlassen hat, den wirklichen Wert des zu transportierenden Gutes anzugeben (§ 254 Abs. 1 BGB).
16
Im Rahmen der Haftung nach Art. 29 CMR kann sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden zudem aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergeben, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, den Frachtführer im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kannte noch kennen musste und der Frachtführer deshalb keinen Anlass gesehen hat, besondere Vorsorgemaßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = NJW-RR 2003, 1473). Insoweit ist lückenfüllend nationales Recht heranzuziehen (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 9; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 8).
17
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR i.V. mit § 435 HGB zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394).
18
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein ungewöhnlich hoher Schaden i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB liege erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 USDollar vor, weil die Beklagte nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen bereit sei, Pakete mit einem Inhalt bis zu diesem Wert als Standardsendungen zu befördern.
19
aa) Bei dem Mitverschuldenseinwand nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber Kenntnis davon hatte oder hätte wissen müssen, dass der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Den Auftraggeber trifft vielmehr eine allgemeine Obliegenheit, auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, um seinem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert, wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird (vgl. BGH TranspR 2005, 311, 314 f.).
20
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 US-Dollar vor. Die Voraussetzung einer ungewöhnlichen Höhe des Schadens lässt sich nicht in einem bestimmten Betrag oder in einer bestimmten Wertrelation (etwa zwischen dem unmittelbar gefährdeten Gut und dem Gesamtschaden ) angeben (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 254 Rdn. 75). Die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, kann vielmehr regelmäßig nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei ist maßgeblich auf die Sicht des Schädigers abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2002 - II ZR 355/00, NJW 2002, 2553, 2554; OLG Hamm NJW-RR 1998, 380; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 254 Rdn. 28). Es ist dabei auch in Rechnung zu stellen, welche Höhe Schäden erfahrungsgemäß - also nicht nur selten - erreichen. Da insoweit die Sicht des Schädigers maßgeblich ist, ist vor allem zu berücksichtigen, in welcher Höhe dieser, soweit für ihn die Möglichkeit einer vertraglichen Disposition besteht, Haftungsrisiken einerseits vertraglich eingeht und andererseits von vornherein auszuschließen bemüht ist. Angesichts dessen, dass hier in erster Hinsicht ein Betrag von 1.000 DM und in zweiter Hinsicht 50.000 US-Dollar im Raum stehen, liegt es aus der Sicht des Senats nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens i.S. des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert der Sendung 5.000 €, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten , übersteigt.
21
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts befanden sich in vier der fünf abhanden gekommenen Pakete jeweils 500 Speichermodule, die einen Handelswert von 142,60 DM (72,91 €) je Einzelstück hatten. Dementsprechend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Wert des Inhalts dieser verloren gegangenen Pakete jeweils 36.455,11 € betragen hat. In dem fünften abhanden gekommenen Paket waren noch 218 der insgesamt 2.218 versandten Speichermodule enthalten, so dass der Wert des Inhaltes dieses Pakets bei 15.894,38 € gelegen hat. Danach hat bereits im Falle des Verlustes auch nur eines Pakets aus der der Beklagten am 18. September 2000 zum Transport übergebenen Sendung die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens gedroht.
22
d) Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens setzt nicht die Feststellung voraus, dass der Frachtführer Wertsendungen generell sicherer befördert. Mit dem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens muss dem Frachtführer die Gelegenheit gegeben werden, im konkreten Fall Sicherungsmaßnahmen zur Abwendung eines drohenden Schadens zu ergreifen oder die Durchführung des Auftrags abzulehnen. Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn die Beklagte trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - dazu bislang keine Feststellungen getroffen.
23
2. Der Mitverschuldenseinwand der Beklagten scheitert entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht an der fehlenden Kausalität der unterlassenen Wertdeklaration für den eingetretenen Schaden, weil die Beklagte aufgrund des ihr bekannten Unternehmensgegenstandes der Klägerin mit einem hohen Warenwert habe rechnen müssen.
24
Die Kausalität eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertangabe lässt sich in solchen Fällen nur verneinen, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1952 - II ZR 56/52, VersR 1953, 14; MünchKomm.BGB/ Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 72; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 254 Rdn. 38). So hat der Senat den Mitverschuldenseinwand nicht für begründet erachtet, wenn der Frachtführer bei einer Nachnahmesendung aufgrund des einzuziehenden Betrags vom Wert des Gutes Kenntnis hat (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209 = NJW-RR 2005, 1058). Im vorliegenden Fall ist indes eine entsprechende Kenntnis der Beklagten nicht festgestellt. Die Klägerin hatte vielmehr einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten, da sie den Wert der zum Versand gebrachten Ware genau kannte, während der Beklagten allenfalls bewusst sein musste, dass sich in den Paketen Ware befand, die möglicherweise höherwertig war. Der Beklagten kann allein aus dem Umstand, dass sie den Unternehmensgegenstand der Klägerin kannte, nicht die Kenntnis unterstellt werden, dass ihr jeweils Güter von erheblichem Wert zur Beförderung übergeben würden.
25
3. Die Haftungsabwägung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 402).
26
III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin wegen des unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens verneint hat. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.11.2002 - 13 O 530/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.11.2003 - I-18 U 236/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 245/03 Verkündet am:
13. Juli 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Hat ein Warenversender positive Kenntnis davon, dass die zur Beförderung
aufgegebene Sendung nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
Frachtführers sogenanntes Verbotsgut enthält, und klärt er den Frachtführer
hierüber vor Vertragsschluss nicht auf, kann dies bei einem Verlust der Sendung
im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge auch zu einem
vollständigen Ausschluss der Haftung des Transportunternehmers führen.
BGH, Urt. v. 13. Juli 2006 - I ZR 245/03 - LG Bonn
AG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 21. Oktober 2003 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 1/3, die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer des Schmuckwarenunternehmens B. GmbH in Pforzheim (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts einer Paketsendung aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Die Versicherungsnehmerin lieferte am 14. Mai 2002 in einer Zweigstelle der Beklagten ein Paket ohne Wertdeklaration ein, das für eine Empfängerin in Köln bestimmt war. Die Sendung ist auf dem Transportweg verloren gegangen. Nach Darstellung der Klägerin befanden sich in dem Paket verschiedene Schmuckstücke im Wert von insgesamt 3.721,97 €. Die Klägerin hat den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin reguliert.
3
Dem Transport lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten , PAKET/EXPRESS NATIONAL, Stand: 1. März 2002 (im Weiteren: AGB) zugrunde, die in den Abschnitten 2, 3 und 6 unter anderem folgende Regelungen enthielten: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Unternehmen (Einlieferung bzw. Abholung) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt, Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen: … 6. Sendungen, die Geld, Edelmetalle, Schmuck, Uhren, Edelsteine, Scheck-, Kreditkarten, gültige Telefonkarten oder andere Zahlungsmittel oder Wertpapiere, für die im Schadensfall keine Sperrungen sowie Aufgebots- und Ersatzverfahren durchgeführt werden können (Valoren II. Klasse), im Gesamtwert von mehr als 500 € enthalten. … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe, Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf ausgeschlossene Sendungen oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung und Überprüfung der Sendungen berechtigt. … … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post AG oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. … (2) Die Deutsche Post haftet im übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Verpflichtungen nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …“
4
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden unbeschränkt, da ihr ein grobes Organisationsverschulden anzulasten sei. Sie habe bezogen auf den in Rede stehenden Schaden nicht vorgetragen, wo und wann es zum Verlust der Sendung gekommen sei. Hieraus sei der Beklagten der Vorwurf des qualifizierten Verschuldens zu machen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.721,97 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , ihre Haftung für den streitgegenständlichen Verlust sei jedenfalls nach den Bestimmungen in ihren AGB, die gemäß § 310 Abs. 1 BGB in einen mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Frachtvertrag einbezogen worden seien , ausgeschlossen, weil die Versicherungsnehmerin Verbotsgut i.S. von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB eingeliefert habe.

7
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels verurteilt, an die Klägerin 2.481,31 € nebst Zinsen zu zahlen (LG Bonn VersR 2003, 1600).
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
9
Die Klägerin hat Anschlussrevision eingelegt, mit der sie den bislang erfolglosen Teil der Klageforderung weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Versicherungsnehmerin von einem Drittel einen Schadensersatzanspruch i.H. von 2.481,31 € nebst Zinsen aus § 425 Abs. 1, §§ 428, 435 HGB i.V. mit § 67 Abs. 1 VVG zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
11
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich aus § 67 Abs. 1 VVG. Die Beklagte sei aus dem mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Frachtvertrag , der durch die Einlieferung und Beförderung des in Verlust geratenen Pakets zustande gekommen sei, zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser Annahme stünden die in das Vertragsverhältnis wirksam einbezogenen AGB der Beklagten nicht entgegen. Die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB, wo- nach die Beklagte keine Verträge über Sendungen abschließe, die Schmuck im Wert von mehr als 500 € enthielten, verstoße gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sei deshalb unwirksam. Das ergebe sich aus der gebotenen Zusammenschau der Klausel mit den Bestimmungen in Abschnitt 2 Abs. 3 und 4 sowie Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB vorweg erklärte Anfechtung habe nicht zur Beseitigung des Frachtvertrags geführt, weil die Anfechtungserklärung unter einer unzulässigen aufschiebenden Bedingung - nachträgliche Kenntniserlangung von der Übernahme eines Verbotsgutes - abgegeben worden sei. Zudem stehe nicht fest, dass die Versicherungsnehmerin die Beklagte getäuscht habe.
12
Die Haftung der Beklagten sei auch nicht durch Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB ausgeschlossen, weil diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 449 Abs. 2 HGB gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Die Beklagte hafte unbeschränkt. Sie hätte darlegen müssen, welche organisatorischen Vorkehrungen sie zur Schadensverhinderung ergriffen habe. Daran fehle es vollständig. Der unterlassene Vortrag begründe die tatsächliche Vermutung für ein qualifiziertes Verschulden. Der Wert der verloren gegangenen Schmuckstücke in Höhe von insgesamt 3.721,97 € ergebe sich aus den von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnungen.
13
Der auf die Klägerin übergegangene Schadensersatzanspruch sei aber wegen eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin um ein Drittel gemindert. Die Versendung wertvollen Schmucks in einem einfachen Paket sei riskant. Das sei der Versicherungsnehmerin aus ihrer gewerblichen Tätigkeit auch bekannt gewesen. Überdies müsse berücksichtigt werden, dass die Versicherungsnehmerin der Beklagten durch die unterlassene Wertangabe die Möglichkeit genommen habe, sich für eine Zurückweisung der Sendung zu entschei- den. Das Mitverschulden sei auch schadensursächlich gewesen, weil die Beklagte die Beförderung der Sendung im einfachen Paketdienst verweigert hätte. Zu Lasten der Beklagten sei deren qualifiziertes Verschulden zu berücksichtigen.
14
II. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin sind unbegründet.
15
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach den §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
16
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten durch die Einlieferung und die Beförderung der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Die Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB steht dem nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt und deshalb unwirksam ist. Denn bereits die vorrangige Auslegung (§§ 133, 157 BGB) der AGB aus der Sicht eines verständigen Postkunden ergibt, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Klausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 einen Vertrag schließen wollte (BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, TranspR 2006, 254, 255).
17
aa) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f. m.w.N.).

18
bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es aber auch auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348; BGH TranspR 2006, 254, 255). Diese Grundsätze gelten auch für Klauseln, die leistungsbeschreibender Art sind (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 5 Rdn. 3a und § 8 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB /Basedow, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdn. 19 und Bd. 2a § 307 Rdn. 19).
19
cc) Die Beklagte will nach dem Wortlaut von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB bei Schmuck im Gesamtwert von mehr als 500 € pro Sendung allerdings keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Diese Regelung ist jedoch nicht isoliert zu betrachten, sondern im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 3 und Abs. 4 sowie Abschnitt 6 AGB zu beurteilen, die auf sie Bezug nehmen. Danach steht es der Beklagten für den Fall, dass eine nicht bedingungsgerechte Sendung eingeliefert wird, frei, die Annahme zu verweigern (Abschnitt 3 Nr. 1), die Sendung zurückzugeben (Abschnitt 3 Nr. 2) oder zu befördern (Abschnitt 3 Nr. 3). In Abschnitt 4 wird vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall erklärt, dass die Beklagte erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon erhält, dass diese verbotene Güter enthält. Abschnitt 6 regelt u.a. die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern.

20
Alle diese Regelungen ergeben aus der Sicht eines verständigen Postkunden nur dann einen Sinn, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus der Regelung in deren Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 daher nicht entnommen werden, dass die Beklagte - handelnd durch ihre Mitarbeiter - das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über sogenannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will (BGH TranspR 2006, 254, 255 f.).
21
dd) Die vorstehende Beurteilung der Klausel entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lfg. 1/97, § 54 EVO Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
22
b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet angenommen, dass die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB von der Beklagten erklärte Anfechtung ihrer Vertragserklärung mangels Darlegung eines arglistigen Verhaltens der Versicherungsnehmerin der Klägerin nicht durchgreift.
23
c) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Versicherungsnehmerin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Im Streitfall führte eine von der Versicherungsnehmerin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Wert der Sendung aber nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt , dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.). Nach dem Inhalt der AGB sollte eine eventuell verletzte Aufklärungspflicht nicht einen Vertragsschluss als solchen verhindern (vgl. oben Ziff. 1a cc), so dass dieser nicht als Schaden der Beklagten anzusehen ist (BGH TranspR 2006, 254, 256).
24
2. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
25
a) Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB, wonach die Beklagte nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Abs. 2 AGB haftet, nicht um eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 f. m.w.N.), sondern um einen Haftungsausschluss. Die Klausel schränkt nach ih- rem eindeutigen Wortlaut die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 256).
26
b) Offen bleiben kann, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für solche Fälle eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt dort anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen" , d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Abschnitt 6 der AGB der Beklagten ist nach seinem Wortlaut und nach seiner Systematik gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zweifel kundenfreundlich auszulegen sind, dahin zu verstehen, dass Haftungsbegrenzungen und Haftungsausschlüsse bei qualifiziertem Verschulden der Beklagten nicht gelten sollen (BGH TranspR 2006, 254, 256).
27
c) Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB bejaht. Der Verlust der Sendung ist ungeklärt. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die Beklagte keinerlei Sachvortrag zu ihrer Betriebsorganisation, insbesondere zu der von ihr aufgewendeten Sorgfalt gehalten hat. Dies rechtfertigt den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 f.).

28
3. Vergeblich wendet sich die Revision der Beklagten des Weiteren dagegen , dass sich das Berufungsgericht hinsichtlich des Inhalts und des Werts der verloren gegangenen Sendung auf die von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnungen gestützt hat.
29
Die Beurteilung der Frage, auf welche Weise Inhalt und Wert einer verloren gegangenen Sendung festgestellt werden können, betrifft das Schätzungsermessen des Tatrichters im Einzelfall (BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 158 f.). Das angefochtene Urteil lässt insoweit keine Rechtsfehler erkennen. Die Revision zeigt solche auch nicht auf.
30
4. Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision der Klägerin dagegen, dass das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin angenommen hat. Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet die Revision der Beklagten die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich wegen der unterlassenen Wertdeklaration ihrer Versicherungsnehmerin ein Mitverschulden von nur einem Drittel anrechnen lassen.
31
a) Für die Beurteilung der Frage des Mitverschuldens ist seit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes die Bestimmung des § 425 Abs. 2 HGB maßgeblich (BGH TranspR 2003, 467, 471). Die Vorschrift greift jedoch den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 60). Die vom Senat zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen sind daher ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB übertragbar (BGH TranspR 2003, 467, 471; BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206).
32
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis oder Kennenmüssens, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz beansprucht (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, TranspR 2006, 121, 122). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB genannten Gegenstände wegen des bei ihnen bestehenden besonderen Verlust- und Haftungsrisikos nicht in der Versendungsart PAKET/ EXPRESS NATIONAL befördern will. Die unterlassene Angabe derartiger Gegenstände hindert zwar nicht das Zustandekommen eines Frachtvertrags, sondern stellt einen im Rahmen von § 425 Abs. 2 HGB zu beachtenden Schadensverursachungsbeitrag dar. Aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Versendungsart PAKET/EXPRESS NATIONAL für Schmuckstücke nur bis zu einem Wert von 500 € anbietet. Das reicht für das erforderliche Kennenmüssen der Versicherungsnehmerin aus (BGH TranspR 2006, 254, 257).
33
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die von der Versicherungsnehmerin unterlassene Wertangabe für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen ist. Dies setzt zwar grundsätzlich voraus, dass die Beklagte bei zutreffender Inhalts- und Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471). Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Jedoch liegt im vorliegenden Fall die Besonder- heit vor, dass die Beklagte bei einer korrekten Wertangabe der Versicherungsnehmerin jedenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, die Beförderung im einfachen Paketdienst, d.h. im Paketdienst ohne erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, zu verweigern. Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Verlust vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2006, 121, 123 m.w.N.).
34
d) Die Gewichtung der einzelnen Verursachungsbeiträge obliegt dem Tatrichter (BGHZ 149, 337, 355). Revision und Anschlussrevision haben nicht aufgezeigt, dass dem Berufungsgericht dabei Rechtsfehler unterlaufen sind.
35
aa) Das Berufungsgericht ist im Rahmen seiner Abwägung der Verursachungsbeiträge mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Haftungsanteil der Versicherungsnehmerin erhöht hätte, wenn sie positive Kenntnis von der Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB gehabt hätte. Sie hätte sich dann bewusst über den Willen der Beklagten hinweggesetzt, Ausschlussgut nicht im einfachen Paketdienst anzunehmen. Bei einer solchen Fallgestaltung kann auch ein vollständiger Haftungsausschluss des Frachtführers gerechtfertigt sein.
36
Das Berufungsgericht hat aber verfahrensfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte durch die von ihr vorgelegten Beweismittel nicht hinreichend nachgewiesen hat, dass der Versicherungsnehmerin die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zum Zeitpunkt der Einlieferung der streitgegenständlichen Sendung positiv bekannt waren. Aus dem Sachvortrag der Beklagten ergibt sich nichts dazu, zu welchem Zeitpunkt die Versicherungsnehmerin Kenntnis von dem Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Zeitungsartikel und Schreiben erlangt hat.

37
bb) Auf Seiten der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Recht deren qualifiziertes Verschulden in die Haftungsabwägung mit einbezogen (vgl. BGH TranspR 2006, 254, 257).
38
Soweit sich die Anschlussrevision der Klägerin dagegen wendet, dass das Berufungsgericht bei der Haftungsabwägung nicht ein bedingt vorsätzliches Verhalten der Beklagten berücksichtigt hat, weil diese die als möglich erkannte Gefahr von Diebstählen und Unterschlagungen billigend in Kauf genommen habe, sind keine Rechtsfehler des Berufungsgerichts erkennbar. Dass der Beklagten im konkreten Fall ein bedingt vorsätzliches Verhalten anzulasten ist, kann den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden. Somit erweist sich auch die Anschlussrevision als unbegründet.
39
III. Danach waren sowohl die Revision der Beklagten als auch die Anschlussrevision der Klägerin zurückzuweisen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 19.02.2003 - 9 C 524/02 -
LG Bonn, Entscheidung vom 21.10.2003 - 11 S 6/03 -