Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - I ZR 123/03

bei uns veröffentlicht am30.03.2006
vorgehend
Landgericht Bonn, 14 O 69/02, 26.09.2002
Oberlandesgericht Köln, 3 U 146/02, 08.04.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 123/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
BGB §§ 133 B, 157 Ga;
AGB Deutsche Post AG (Stand: 1.3.2001) Abschn. 2 Abs. 2 Nr. 7
Trotz der Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen
Post, wonach sie keinen Vertrag über die Beförderung von Sendungen
mit bestimmtem Inhalt (hier: ungefasste Edelsteine in einem Wert von mehr als
1.000 DM) schließe, kommt ein Beförderungsvertrag über eine an sich ausgeschlossene
Sendung zustande, wenn die fragliche Sendung von Mitarbeitern
der Post in Unkenntnis des Inhalts am Schalter entgegengenommen wird.
AGB Deutsche Post AG (Stand: 1.3.2001) Abschn. 6 Abs. 2 Satz 4
Die Regelung in Abschn. 6 Abs. 2 Satz 4 der AGB der Deutschen Post AG, wonach
diese nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschn. 2 Abs. 2 ihrer
AGB haftet, stellt keine Leistungsbeschreibung dar und lässt beim Vorliegen
der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern die volle Haftung
der Deutschen Post AG unberührt.
Zur Haftungsabwägung, wenn die Deutsche Post AG beim Verlust einer Sendung
ein grobes Verschulden i.S. von § 435 HGB trifft und der Absender hätte
wissen müssen, dass die Deutsche Post AG die Sendung bei Angabe ihres
Werts mit größerer Sorgfalt behandelt hätte.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 123/03 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. April 2003 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Entscheidung zum Mitverschulden aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer des F. R. , der in I. eine Werkstätte für Edelsteinschmuck betreibt (im Weiteren: Versicherungsnehmer ). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts einer Sendung aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Versicherungsnehmer hat am 12. September 2001 drei ungefasste Diamanten im Gesamtwert von 7.400 € an M. R. (im Weiteren: Absenderin ) nach München übersandt. Die Absenderin lieferte die Steine am 13. September 2001 bei einer Niederlassung der Beklagten in München zur Rückübersendung per Expressbrief an den Versicherungsnehmer ein. Der Einlieferungsbeleg enthielt neben einem Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Frachtdienst Inland (PAKET/ EXPRESS NATIONAL) (im Weiteren: AGB) die Angabe: "Der Absender versichert , dass die eingelieferte(n) Sendung(en) keine ausgeschlossenen Güter (Verbotsgut) gemäß Abschnitt 2 Absatz 2 enthält/enthalten."
3
Die Sendung mit den Steinen des Versicherungsnehmers wurde zuletzt am 14. September 2001 um 9.08 Uhr in der Niederlassung der Beklagten in Frankfurt per Scanner erfasst. Ihr weiterer Verbleib konnte nicht aufgeklärt werden. Die Klägerin, die den Schaden des Versicherungsnehmers reguliert hat, nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Ersatz des dem Versicherungsnehmer entstandenen Schadens nebst Zinsen in Anspruch.
4
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , dass sie der Klägerin im Hinblick auf ihre AGB keinen Schadensersatz zu leisten habe.
5
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der AGB (Stand: 1. März 2001) hatten folgenden Wortlaut: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Transportunternehmen (Einlieferung bzw. Abholung) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt , Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen : … 7. Express-Sendungen, die ungefasste Edelsteine im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM/511,29 € enthalten; … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf Sendungen mit den in Absatz 2 genannten Inhalten oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung oder Überprüfung der Sendungen berechtigt. Der Absender trägt die alleinige Verantwortung und das Risiko für alle Folgen, die aus einem - auch nach anderen Bestimmungen als diesen AGB - unzulässigen Güterversand resultieren. … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. (2) Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen (vgl. Abschnitt 2 Abs. 2) sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …"
6
Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 4.933,33 € stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG Köln VersR 2003, 1148).
7
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
8
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für teilweise begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
10
Zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB durch die Annahme und Beförderung der Sendung ein Frachtvertrag i.S. des § 407 HGB zustande gekommen. Die Beklagte habe keinen Gebrauch von den in Abschnitt 2 Abs. 3 AGB enthaltenen Möglichkeiten gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB erklärte Anfechtung greife nicht durch, weil die Beklagte ein arglistiges Verhalten der Absenderin nicht dargelegt habe. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB enthaltenen Bestimmungen legten nicht die vertraglichen Leistungspflichten fest, sondern regelten einen Haftungsausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Expressbrief sei weder ein Brief noch eine briefähnliche Sendung. Mangels hinrei- chenden Sachvortrags sei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB zu vermuten.
11
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Diamanten per Expressbrief sei äußerst riskant. Der Absenderin habe allerdings die sehr klein gedruckte Erklärung auf dem Einlieferungsbeleg, dass die Sendung keine verbotenen Güter enthalte, nicht auffallen müssen. Ihr sei aber vorzuwerfen, dass sie sich nicht über die AGB sowie die Möglichkeit informiert habe, einen Brief mit derart wertvollem Inhalt sicher zu versenden. Das Mitverschulden der Absenderin sei für den Schadenseintritt ursächlich gewesen. Die Sendung hätte nur mit dem von der Beklagten betriebenen Werttransportdienst befördert werden können. Dieser sei zwar teurer als der Expressdienst; bei ihm werde das Transportgut aber mit größerer Sorgfalt behandelt. Der überwiegende Verursachungsbeitrag falle der Beklagten zur Last, deren Leute sich strafbar gemacht hätten.
12
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht und zu Lasten der Klägerin einen Mitverursachungsbeitrag von einem Drittel angenommen hat. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die vom Berufungsgericht im Rahmen des § 425 Abs. 2 HGB vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Schadensverursachungsanteile. Keinen Erfolg hat dagegen die Anschlussrevision der Klägerin.
13
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
14
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Beklagten und der Absenderin zustande gekommen ist. Es hat daher auch bei der Frage, auf wessen Sicht es für die Beurteilung der Rechte aus dem Frachtvertrag ankommt, mit Recht entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Person des Versicherungsnehmers, sondern auf die Person der Absenderin abgestellt. Der Umstand allein, dass die Ware zuvor von dem Versicherungsnehmer an die Absenderin versandt worden war, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Davon unberührt bleibt die Berechtigung des Versicherungsnehmers bzw. - nach dem erfolgten Rechtsübergang - der Klägerin , die im Hinblick auf den Verlust des Gutes aus dem Frachtvertrag bestehenden Ansprüche gegen die Beklagte im eigenen Namen geltend zu machen (§ 421 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB).
15
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Die Übernahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch die Mitarbeiter der Beklagten am Schalter konnte aus der Sicht der Absenderin nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 BGB). Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
16
aa) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f. m.w.N.).
17
bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verstän- digen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348). Diese Grundsätze gelten auch für Klauseln, die leistungsbeschreibender Art sind (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBGesetz , 9. Aufl., § 5 Rdn. 3a und § 8 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdn. 19 und Bd. 2a § 307 Rdn. 19).
18
cc) Nach dem Wortlaut von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB will die Beklagte bei ungefassten Edelsteinen im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM (= 511,29 €) allerdings keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Diese Bestimmung darf jedoch nicht isoliert gesehen werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 4 und Abschnitt 6 AGB zu beurteilen , die auf sie Bezug nehmen. Danach wird vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall erklärt, dass die Beklagte erst nach der Übergabe der Sendung Kenntnis davon erhält, dass diese verbotene Güter enthält. Abschnitt 6 regelt u.a. die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob diese Klausel auch intransparent ist.
19
dd) Die Regelungen könnten aus der Sicht eines verständigen Postkunden im Übrigen nur dann einen Sinn ergeben, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus der Regelung in ihrem Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 mithin nicht entnom- men werden, dass die Beklagte das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über sogenannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will.
20
ee) Die vorstehende Beurteilung der Klausel entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lfg. 1/97, § 54 Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
21
c) Mit Recht hat das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Anfechtung ihrer Vertragserklärung nach § 123 BGB mangels Darlegung eines arglistigen Verhaltens der Absenderin nicht durchgreifen lassen. Allerdings ist ein Vertrag zugunsten Dritter auch dann nach § 123 BGB anfechtbar , wenn der Dritte selbst getäuscht hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 123 Rdn. 12; MünchKomm.BGB/Kramer aaO § 123 Rdn. 25). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Versicherungsnehmer jedoch am Vertragsschluss zwischen der Beklagten und der Absenderin in keiner Weise beteiligt. Damit fehlte es schon an einer Täuschung durch den Versicherungsnehmer der Klägerin.
22
d) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Absenderin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Ver- tragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Das Berufungsgericht hat die dafür erforderlichen Voraussetzungen ersichtlich als nicht erfüllt angesehen. Die Revision erhebt in dieser Hinsicht keine Rügen. Eine von der Absenderin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.).
23
2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
24
a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung im Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB einen Haftungsausschluss oder die einer Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der Beklagten darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, Tz 21 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsausschluss für Verbotsgut nicht aus der dortigen Regelung, sondern aus Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB entnommen. Die zuletzt genannte Klausel schränkt die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein. Sie stellt daher , wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, keine Leistungsbeschreibung dar.
25
b) Offen bleiben kann des Weiteren, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt oder, soweit sie Briefe oder briefähnliche Sendungen betrifft, wirksam ist. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte selbst danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für solche Fälle eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt dort anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, enthält Abschnitt 6 der AGB der Beklagten nach seinem Wortlaut und nach seiner Systematik gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen kundenfreundlich auszulegen sind, allein in Bezug auf diesen Bereich für bedingungsgerechte Sendungen eine Haftungsbegrenzung und für Verbotsgüter einen Haftungsausschluss.
26
c) Das Berufungsgericht hat auch ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Einlassungsobliegenheit der Beklagten überspannt.
27
Die Beklagte konnte den Eintritt des Schadens und den Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nur insoweit eingrenzen, als sie festgestellt hat, dass das Transportgut nach seinem Eingang in dem Umschlagslager in Frankfurt verloren gegangen ist. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen vom 31. Mai und 20. September 2002 lässt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht hinreichend erkennen, dass sie über ein Siche- rungssystem verfügte, das es ihr ermöglicht hätte, den Verlauf der einzelnen Sendungen und die ausreichende Eingrenzung etwaiger Verlustfälle in örtlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nachzuvollziehen. Die in allgemeiner Form gehaltene Darstellung der Sicherheitsvorkehrungen in dem Umschlagslager reicht insoweit nicht aus (vgl. BGHZ 129, 345, 350; BGH, Urt. v. 4.3.2004 - I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 462). Bei dem Umschlag von Gütern handelt es sich um einen besonders schadensanfälligen Bereich, der deshalb insbesondere Ausgangskontrollen erfordert (vgl. BGHZ 158, 322, 330). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, ob in dem Umschlagslager in Frankfurt eine Ausgangskontrolle der Sendungen erfolgt, die es ermöglichte, Angaben über deren weiteren Verbleib zu machen. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten gezogen.
28
3. Die Revision der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richtet.
29
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann es für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden auch ausreichen, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertsendungen durch den Frachtführer hätte kennen müssen. Ein Mitverschulden ist bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, Tz 21).
30
b) Ein entsprechendes Kennenmüssen der Absenderin hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht. Aus Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 3 Abs. 3 AGB ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Versendungsart Expressbrief bei Edelsteinen nur bis zur Wertgrenze von 511,29 € anbietet. Davon abgesehen liegt es nach der Lebenserfahrung auf der Hand, dass die Beklagte im Rahmen ihres umfassenden Dienstleistungsangebots für Wertgegenstände besondere Versendungsmöglichkeiten mit höheren Sicherheitsstandards bereithält.
31
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht auch davon ausgegangen, dass die von der Absenderin unterlassene Wertdeklaration für den Schadenseintritt mit ursächlich gewesen ist. Es hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte die Sendung, wenn deren Inhalt ihren Bediensteten offen gelegt worden wäre, nur mit dem von ihr betriebenen Werttransport befördert und dabei mit größerer Sorgfalt behandelt worden wäre. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht zu Lasten der Beklagten von einer vorsätzlichen Straftat eines ihrer Mitarbeiter ausgegangen ist. Eine derartige Straftat ist im Rechtsstreit weder behauptet noch festgestellt worden. Die genaue Ursache für den Verlust der Sendung konnte vielmehr nicht aufgeklärt werden. Im Hinblick darauf ist eine neue Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile an dem Schadenseintritt geboten, wobei auf Seiten der Beklagten nicht von einem strafbaren Verhalten eines ihrer Mitarbeiter, sondern lediglich von einem Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen ist.
32
4. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Absenderin ein den Klageanspruch min- derndes Mitverschulden am Schadenseintritt trifft (vgl. zu vorstehend 3.). Der von ihm angenommene Mitverursachungsanteil der Absenderin von einem Drittel lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
33
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht den Schadensmitverursachungsanteil der Absenderin im Hinblick auf das von ihm zu Unrecht angenommene vorsätzliche Verhalten eines Beschäftigten der Beklagten lediglich auf ein Drittel beschränkt hat. In diesem Umfang war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen. Ebenfalls erfolglos war die Anschlussrevision der Klägerin.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 26.09.2002 - 14 O 69/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.04.2003 - 3 U 146/02 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - I ZR 123/03

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Handelsgesetzbuch - HGB | § 421 Rechte des Empfängers. Zahlungspflicht


(1) Nach Ankunft des Gutes an der Ablieferungsstelle ist der Empfänger berechtigt, vom Frachtführer zu verlangen, ihm das Gut gegen Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Frachtvertrag abzuliefern. Ist das Gut beschädigt oder verspätet abgeliefert wor

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - I ZR 123/03 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 186/03 Verkündet am: 15. Februar 2007 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Der Frachtführer hat Handlungen und Unterlassungen seiner Leute in gleichem Umfange zu vertreten wie eigene Handlungen und Unterlassungen, wenn die Leute in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Gleiches gilt für Handlungen und Unterlassungen anderer Personen, deren er sich bei Ausführung der Beförderung bedient.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern.

(2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.

(3) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn

1.
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und
2.
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.
Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.

(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446 Absatz 2 nur durch Vereinbarung abgewichen werden, die im Einzelnen ausgehandelt wird, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen wird. Der Frachtführer kann sich jedoch auf eine Bestimmung im Ladeschein, die von den in Satz 1 genannten Vorschriften zu Lasten des aus dem Ladeschein Berechtigten abweicht, nicht gegenüber einem im Ladeschein benannten Empfänger, an den der Ladeschein begeben wurde, sowie gegenüber einem Dritten, dem der Ladeschein übertragen wurde, berufen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag

1.
zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen, oder
2.
für den Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen ungünstiger ist als der in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehene Betrag.
Ferner kann abweichend von Absatz 1 durch vorformulierte Vertragsbedingungen die vom Absender nach § 414 zu leistende Entschädigung der Höhe nach beschränkt werden.

(3) Ist der Absender ein Verbraucher, so kann in keinem Fall zu seinem Nachteil von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften abgewichen werden, es sei denn, der Frachtvertrag hat die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand.

(4) Unterliegt der Frachtvertrag ausländischem Recht, so sind die Absätze 1 bis 3 gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag sowohl der Ort der Übernahme als auch der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern.

(2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.

(3) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn

1.
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und
2.
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.
Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Nach Ankunft des Gutes an der Ablieferungsstelle ist der Empfänger berechtigt, vom Frachtführer zu verlangen, ihm das Gut gegen Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Frachtvertrag abzuliefern. Ist das Gut beschädigt oder verspätet abgeliefert worden oder verlorengegangen, so kann der Empfänger die Ansprüche aus dem Frachtvertrag im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend machen; der Absender bleibt zur Geltendmachung dieser Ansprüche befugt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Empfänger oder Absender im eigenen oder fremden Interesse handeln.

(2) Der Empfänger, der sein Recht nach Absatz 1 Satz 1 geltend macht, hat die noch geschuldete Fracht bis zu dem Betrag zu zahlen, der aus dem Frachtbrief hervorgeht. Ist ein Frachtbrief nicht ausgestellt oder dem Empfänger nicht vorgelegt worden oder ergibt sich aus dem Frachtbrief nicht die Höhe der zu zahlenden Fracht, so hat der Empfänger die mit dem Absender vereinbarte Fracht zu zahlen, soweit diese nicht unangemessen ist.

(3) Der Empfänger, der sein Recht nach Absatz 1 Satz 1 geltend macht, hat ferner ein Standgeld oder eine Vergütung nach § 420 Absatz 4 zu zahlen, ein Standgeld wegen Überschreitung der Ladezeit und eine Vergütung nach § 420 Absatz 4 jedoch nur, wenn ihm der geschuldete Betrag bei Ablieferung des Gutes mitgeteilt worden ist.

(4) Der Absender bleibt zur Zahlung der nach dem Vertrag geschuldeten Beträge verpflichtet.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 394/99 Verkündet am:
6. April 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-------------------------------------
BGB §§ 276 Fa, 434, 440 Abs. 1
Verletzt ein Verkäufer seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten dadurch, daß er
den Käufer über einen Umstand nicht ordnungsgemäß unterrichtet, der einen
Rechtsmangel darstellt, so werden auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichtete
Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht durch die
Gewährleistungsansprüche wegen des Rechtsmangels ausgeschlossen.
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise
auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet werden, wenn feststeht,
daß ohne das schädigende Verhalten ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten
günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre. Läßt sich diese Feststellung
nicht treffen, so kann der Geschädigte, der an dem Vertrag festhalten will, als Ersatz
des negativen Interesses verlangen, so gestellt zu werden, als wäre es ihm bei
Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren
Preis abzuschließen.
BGH, Urt. v. 6. April 2001 - V ZR 394/99 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die Richterin
Dr. Lambert-Lang und die Richter Tropf, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 13. Zivilsenat in Freiburg - vom 13. Oktober 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 7. September 1993 kauften die Kläger und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom Beklagten zwei gewerblich genutzte Grundstücke zum Preis von 4.950.000 DM. Nach vollständiger Kaufpreiszahlung wurde das Eigentum am 26. April 1994 umgeschrieben. Eine etwa 4.000 m² große Teilfläche eines der Grundstücke war durch Vertrag vom 21. Dezember 1979 an die H. H. KG vermietet, die dort einen Autound Reifenservicebetrieb eingerichtet hatte. Die den Klägern vor Vertragsabschluß vom Makler übergebene Vertragsurkunde bestimmte unter § 3 eine Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31. Dezember 1994, wobei der Mieterin
ein "Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses um einmal fünf Jahre" eingeräumt wurde.
Die Kläger hatten das Grundstück erworben, um dort ein Boardinghouse zu errichten. Im Oktober 1993 verhandelten sie mit der H. H. KG über eine vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages. Nach ihrem Vortrag erfuhren die Kläger erst jetzt, daß der Beklagte der Mieterin durch eine Vereinbarung vom Mai 1993 eine weitere Option auf Verlängerung des Vertragsverhältnisses um nochmals fünf Jahre nach dem 31. Dezember 1999 eingeräumt hatte. Unter dem 22./30. Januar 1995 einigten sich die Kläger mit der Mieterin auf einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag. Danach wurde eine Hoffläche von etwa 1.000 m² "entmietet" und von den Klägern für den Bau des Boardinghouses genutzt. Außerdem wurde das Mietverhältnis bis zum 31. Dezember 2009 verlängert und der Mietzins reduziert. Die Kläger begannen noch im selben Jahr mit den Bauarbeiten, so daß das Boardinghouse im Oktober 1996 eröffnet werden konnte.
Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Zahlung von 300.000 DM als Schadensersatz, weil er mit der Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses bis Ende 2004 einen Mangel des Grundstücks arglistig verschwiegen habe. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch aus culpa in contrahendo. Der Beklagte habe zwar seine Pflicht zur Aufklärung über das Bestehen der weiteren Option verletzt, die Differenz zu einem bei pflichtgemäßer Unterrichtung vereinbarten geringeren Kaufpreis könne aber nicht als Schaden geltend gemacht werden. Nach neuerer Rechtsprechung sei nämlich für einen Anspruch , der auf Ersatz des positiven Interesses aus einem nicht zustande gekommenen Vertrag gerichtet werde, der Nachweis erforderlich, daß der günstigere Vertrag tatsächlich abgeschlossen worden wäre. Umstände, die eine solche Feststellung ermöglichen könnten, seien aber nicht geltend gemacht. Der Schadensersatzanspruch könne auch nicht auf einen Rechtsmangel gestützt werden. Da die weitere Option einen behebbaren Mangel darstelle, habe eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gegenüber dem Beklagten erfolgen müssen. Daß diese entbehrlich gewesen sei, weil die Mieterin ohnehin zu keinem Verzicht auf die Option bereit gewesen wäre, habe nicht festgestellt werden können.
Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB verneint.
Die weitere Verlängerungsoption zugunsten der H. H. KG als Mieterin, von der die Kläger nach den ihnen zugänglich gemachten Vertragsunterlagen nicht ausgehen konnten, stellt einen Rechtsmangel dar. Die Verpflichtung des Verkäufers aus § 434 BGB, den Kaufgegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, erstreckt sich bei einem Grundstückskauf auch auf ein bestehendes Mietverhältnis (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1991, V ZR 225/90, NJW-RR 1992, 201, 202; Urt. v. 8. November 1991, V ZR 139/90, NJW 1992, 905; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534). Da die Option auf Verlängerung eines Mietverhältnisses grundsätzlich als behebbarer Rechtsmangel anzusehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 105/86, NJW-RR 1988, 79; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534, 535), scheitert ein Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB aber daran, daß die Kläger dem Beklagten weder eine Frist zur Beseitigung des Rechtsmangels verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt haben, noch besondere Umstände gegeben sind, die diese Voraussetzung entbehrlich machen. Das Berufungsgericht hat eine offensichtliche Zwecklosigkeit der Fristsetzung nicht feststellen können. Dies ist frei von Rechtsfehlern und wird mit der Revision nicht angegriffen.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß seien nicht erfüllt.

a) Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet werden, wenn ohne das schädigende Verhalten mit einem Dritten oder auch demselben Vertragspartner ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Be-
dingungen zustande gekommen wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901 m.w.N.). Einen solchen Anspruch haben die Kläger mit dem Vortrag verfolgt, bei Kenntnis des weiteren Optionsrechts wäre ein um 300.000 DM niedrigerer Kaufpreis vereinbart worden. Der Ersatz des Erfüllungsinteresses setzt allerdings - was das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Feststellung voraus, daß der Vertrag ohne das pflichtwidrige Verhalten zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen geschlossen worden wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO). Daß das Berufungsgericht diese Feststellung nicht hat treffen können, wird von der Revision hingenommen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Nichts spricht dafür, daß sich der Beklagte auf einen um 300.000 DM geringeren Kaufpreis eingelassen hätte. Er hatte kein nachhaltiges Interesse an dem Grundstücksverkauf, war doch die Initiative zu diesem Geschäft nicht von ihm, sondern von dem Makler, den die Kläger beauftragt hatten, ausgegangen. Überdies erklärte der Beklagte, nachdem die Kläger ihn auf die weitere Option angesprochen hatten, sogleich seine Bereitschaft, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Es kann daher offen bleiben, ob ein solcher auf das Erfüllungsinteresse gerichteter Anspruch neben den Vorschriften der Rechtsmängelhaftung (§§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB) Anwendung finden kann.

b) Das Berufungsgericht hat es jedoch fehlerhaft unterlassen, das Klagebegehren unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens zu prüfen. Ein solcher Anspruch ist nicht durch die Vorschriften der §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB ausgeschlossen (vgl. BGHZ 65, 246, 253; Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, V ZR 206/83, NJW 1985, 2697, 2698; Urt. v. 17. Mai 1991, V ZR 92/90, NJW 1991, 2700; Urt. v. 11. Oktober 1991, V ZR 159/90, NJW-RR 1992, 91, 92; Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW
1994, 2947, 2949; Urt. v. 19. November 1999, V ZR 321/98, NJW 2000, 803, 804).
aa) Auch wenn das wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu ersetzende Vertrauensinteresse in bestimmten Fällen wirtschaftlich dem Erfüllungsinteresse entsprechen kann, liegen der Haftung aus culpa in contrahendo und der Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB die Verletzung unterschiedlicher Rechtspflichten zugrunde (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, XI ZR 235/99, WM 2000, 1840, 1841; vgl. auch BGHZ 142, 51, 62, 64). Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß folgt aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründet wird, vom tatsächlichen Zustandekommen eines Vertrages und seiner Wirksamkeit weitgehend unabhängig ist und zur verkehrsüblichen Sorgfalt sowie zu loyalem und redlichem Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner verpflichtet (Senat, BGHZ 6, 30, 333; BGHZ 49, 77, 82; 66, 51, 54; BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1840 f). Deshalb richtet sich der Anspruch nicht auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung, sondern auf den Ausgleich der Nachteile, die durch die Verletzung des bei der Vertragsanbahnung in den Vertragspartner gesetzten Vertrauens entstanden sind (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 197; BGH, Urt. v. 2. März 1988, VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1841). Der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo ist nicht durch das Erfüllungsinteresse begrenzt, sondern kann dieses auch übersteigen (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 193; 69, 53, 56). Dagegen knüpft der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 325 ff BGB an die Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten an, die erst durch den Vertragsschluß festgelegt werden (vgl. zu § 326 BGB: Senat, Urt. v. 28. November 1956, V ZR 77/55, NJW 1957, 217; BGH, Urt. v.
1. Oktober 1986, VIII ZR 132/85, NJW 1987, 251, 253). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte (vgl. BGHZ 99, 182, 197; Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46 f; Urt. v. 21. Januar 2000, V ZR 387/98, NJW 2000, 1256).
bb) Erfüllt - wie hier - ein Lebenssachverhalt die Tatbestandsmerkmale mehrerer Anspruchsgrundlagen, ohne daß einer der Haftungstatbestände nach seinem Sinn und Zweck oder einer ausdrücklichen Regelung den Vorrang beanspruchen kann, so ist ein Fall der Anspruchskonkurrenz gegeben, bei dem sämtliche Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. GSZ, BGHZ 13, 88, 95; auch BGHZ 17, 214, 217; 66, 315, 319; 100, 190, 201). Bei einem Zusammentreffen in der geschilderten Weise kommt einem Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 Abs.1 BGB gegenüber einem solchen aus culpa in contrahendo kein Vorrang zu. Im Unterschied zu den Regelungen für Sachmängel in den §§ 459 ff BGB (vgl. hierzu Senat, BGHZ 60, 319, 321 ff) handelt es sich bei den Bestimmungen über die Rechtsmängelgewährleistung im Kaufrecht nicht um abschließende Sonderregelungen (vgl. Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, aaO). Für Rechtsmängel verweist § 440 Abs. 1 BGB lediglich pauschal auf die §§ 320 bis 327 BGB; es fehlt nicht nur an Regelungen mit einer den §§ 459 ff BGB vergleichbaren systematischen Geschlossenheit (BGHZ 110, 196, 203), sondern auch an einer § 477 BGB entsprechenden besonderen Verjährungsbestimmung. Überdies kennt die Rechtsmängelhaftung keine dem § 463 Satz 2 BGB (vgl. hierzu Senat BGHZ 60, 319, 321) vergleichbare , einschränkende Sonderregelung des Verschuldens bei Vertragsschluß. § 444 BGB, der den Verkäufer zur Aufklärung über die rechtlichen Verhältnisse der Kaufsache verpflichtet, erfaßt nur die vertraglichen, nicht aber
auch die vorvertraglichen Hinweispflichten (vgl. RGZ 52, 167, 168; Soergel /Huber, BGB, 12. Aufl., § 444 Rdn. 3).
cc) Daß sie dem Beklagten keine Gelegenheit zur Beseitigung des Rechtsmangels gaben, begründet keinen Verstoß der Kläger gegen die ihnen obliegende Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB). Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Kläger hätten mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß anstelle des Erfüllungsanspruchs aus § 434 BGB gegen das Gebot des eigenen Interesses verstoßen. Überdies läßt sich dem Vortrag des Beklagten nicht hinreichend entnehmen, daß es ihm durch Leistungen, deren Wert hinter den von den Klägern geforderten 300.000 DM zurückbleibt, gelungen wäre, die Mieterin zum Verzicht auf die verlängerte Mietoption zu bewegen.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist mit dem Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 24. Juni 1998 (aaO) keine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zum Ersatz des Vertrauensinteresses durch Anpassung eines Vertrages nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo verbunden. Die Entscheidung bestätigt diese vielmehr mit dem Hinweis, die Vorinstanz habe in Übereinstimmung mit der - durch Zitate belegten - ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einen Anspruch auf Vertragsanpassung unter den gegebenen Umständen in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise verneint. Auch in der Literatur (vgl. Stoll, JZ 1999, 95 ff; Lorenz , NJW 1999, 1001 f) ist die Entscheidung nicht anders verstanden worden.

d) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Kläger unzutreffend über die mögliche Dauer des mit der
H. H. KG geschlossenen Mietverhältnisses unterrichtet. Mit der Vereinbarung vom 13. Mai/1. Juli 1993 hatten der Beklagte und die Mieterin den bestehenden Mietvertrag um ein Gestaltungsrecht ergänzt, das es der Mieterin erlaubte, bis zum 31. Dezember 1998 durch eine entsprechende Erklärung das Mietverhältnis um weitere fünf Jahre zu verlängern. Diese Vertragsverlängerung ist durch die beiderseitig unterschriebene Urkunde nach § 566 BGB formwirksam vereinbart, weil auf die ursprüngliche Vertragsurkunde Bezug genommen und der im übrigen unveränderte Fortbestand des dort Vereinbarten zum Ausdruck gebracht wird (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 1992, XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283, 2284).
Durch das zumindest fahrlässige Verschweigen der zweiten Verlängerungsoption verletzte der Beklagte schuldhaft seine vorvertraglichen Pflichten. Macht nämlich der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben, die für den Kaufentschluß des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese Angaben richtig sein (BGHZ 74, 103, 110; Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 66/86, NJWRR 1988, 458, 459; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Dies gilt bei der Unterrichtung über das bestehende Mietverhältnis selbst dann, wenn der Beklagte von der beabsichtigten Umgestaltung des Anwesens durch Errichtung eines Boardinghouses nichts wußte. Bereits im Hinblick auf § 571 Abs. 1 BGB ist die Dauer eines Mietverhältnisses wegen der damit eingeschränkten Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers grundsätzlich für dessen Kaufentschluß von Bedeutung.

e) Der Anspruch aus culpa in contrahendo ist regelmäßig auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet (BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; BGH, Urt. v.
6. Juni 2000, aaO). Danach sind die Kläger so zu stellen, wie sie bei Offenbarung der für ihren Kaufentschluß maßgeblichen Umstände stünden (vgl. Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77). Wenn der Geschädigte , wie hier die Kläger, an dem Vertrag festhalten will, obwohl dieser infolge der Pflichtverletzung zu für ihn ungünstigen Bedingungen zustande gekommen ist, so ist er so zu behandeln, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (BGHZ 69, 53, 58; BGH, Urt. v. 11. Februar 1999, IX ZR 352/97, NJW 1999, 2032, 2034). Schaden ist danach der Betrag, um den die Kläger im Streitfall wegen der fehlenden Mitteilung über das weitere Optionsrecht der Mieterin das Grundstück zu teuer erworben haben (vgl. BGHZ 114, 87, 94; Senat , Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 8. Oktober 1993, aaO; BGH, Urt. v. 1. April 1981, VIII ZR 51/80, NJW 1981, 2050, 2051; Urt. v. 27. September 1988, XI ZR 4/88, NJW-RR 1989, 150, 151; Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1325). Dies erfordert - im Unterschied zur Geltendmachung des Erfüllungsinteresses (vgl. BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO) - nicht den Nachweis, daß sich der Vertragsgegner auf einen Vertragsschluß zu einem niedrigeren Preis eingelassen hätte (vgl. BGHZ 69, 53, 58; 114, 87, 94; BGH, Urt. v. 27. September 1988, aaO; Senat, Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690). Entscheidend ist allein, wie sich der Getäuschte bei Kenntnis der ihm verheimlichten Umstände verhalten hätte; verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten des aufklärungspflichtigen Verkäufers (vgl. BGHZ 114, 87, 94).
3. Den Betrag, um den sie das Grundstück vom Beklagten zu teuer erwarben , haben die Kläger allerdings bislang nicht dargetan. Sie haben ihren Schaden vielmehr mit den Mieteinnahmen begründet, die ihnen in Höhe von
319.000 DM der Zeit von Januar 1994 bis Dezember 1999 oder - in zweiter Linie - in Höhe von 307.501,49 DM in der Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2004 wegen des Nachgebens gegenüber der H. H. KG in der Vereinbarung vom 22./25. Januar 1995 entgangen sein sollen. Diese Aufwendungen sind jedoch nicht zu ersetzen; denn sie unterfallen nicht dem Schutzzweck des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Dessen Grundlage ist enttäuschtes Vertrauen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, V ZR 168/78, NJW 1981, 1035, 1036). Die von den Klägern mit der Mieterin getroffene Vereinbarung beruht jedoch nicht darauf, daß die Kläger weiterhin darauf vertrauten, zutreffend über die Dauer des Mietverhältnisses unterrichtet worden zu sein. Grund war vielmehr der Entschluß der Kläger, trotz der als falsch erkannten Auskunft am Vertrag festzuhalten und das beabsichtigte Boardinghouse auch unter den gegebenen Bedingungen zu errichten. Dem Verschulden des Beklagten zurechenbare Folge des Vertrauens der Kläger war nur der Abschluß des Kaufvertrages, nicht aber die Nachteile, die sich erst aus der Entscheidung der Kläger ergaben, trotz der erkannten längeren Dauer des Mietverhältnisses keine Rückabwicklung des Vertrages zu fordern (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, aaO; auch BGH, Urt. v. 2. Juni 1980, VIII ZR 64/79, NJW 1980, 2408, 2410).
Die Kläger können die ihnen angeblich entgangenen Mieteinnahmen auch nicht mit der Begründung als Vertrauensschaden ersetzt verlangen, sie hätten davon ausgehen dürfen, über die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises hinaus keine weiteren Investitionen tätigen zu müssen. Zwar kann das Vertrauen des Getäuschten, daß sein Gesamtaufwand für die vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen werde (vgl. BGHZ 111, 75, 82), geschützt sein. Im vorliegenden Fall bestand für eine solche Annahme
der Kläger indes keine dem Beklagten zurechenbare Grundlage. So behaupten die Kläger selbst nicht, den Beklagten über die von ihnen beabsichtigte Nutzung des Grundstücks informiert zu haben. Der Beklagte wußte aus dem Schreiben des von den Klägern beauftragten Maklers vom 13. Juli 1992 lediglich , daß "ein Investor" an dem Erwerb interessiert war. Waren aber die Pläne der Kläger weder Basis noch Gegenstand der Vertragsverhandlungen, so konnten die Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten nicht darauf vertrauen , mit dem Kaufpreis sei auch die von ihnen beabsichtigte Ä nderung der Nutzung des Anwesens erkauft.
Selbst wenn sich die Kläger die Ausführungen des Sachverständigen aus dem im ersten Rechtszug eingeholten schriftlichen Gutachten zu eigen gemacht hätten, wäre auch dies kein für die Ermittlung des Vertrauensschadens erheblicher Vortrag. Der Sachverständige hat mit dem "Nachteil ... aus der nicht realisierten Investition" nichts anderes als den Gewinn ermittelt, der den Klägern bei einer verspäteten Fertigstellung des Bauvorhabens entgangen wäre. Dieser ist aber für die Berechnung der - nicht durch eine Verzögerung verursachten - Vermögensnachteile, die die Kläger hier als Schadensersatz geltend machen können, ohne Belang.
4. Damit festgestellt werden kann, ob und ggf. in welchem Umfang den Klägern ein Schaden dadurch entstanden ist, daß sie wegen der unzutreffenden Information über die Dauer des Mietverhältnisses das Grundstück zu teuer erworben haben, werden sie - bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - vortragen und unter Beweis stellen müssen, welcher Minderwert des Grundstücks sich gegenüber einem Ende 1999 auslaufenden Mietverhältnis mit
der H. H. KG durch die Verlängerungsoption bis Ende 2004 ergibt (vgl. Senat, Urt. v. 10. Juli 1987, aaO; BGH, Urt. v. 27. September 1988 aaO).
Das bisherige Vorbringen der Kläger reicht nicht aus, um den für die Anpassung des Kaufpreises maßgeblichen Minderwert ermitteln zu können. Zwar haben die Kläger im ersten Rechtszug behauptet, durch ein Mietverhältnis von längerer Dauer sei der Verkehrswert eines zu Ausbau- oder Neubauzwecken erworbenen Grundstücks um 10 % gemindert. Die Parteien haben indes die Nutzung des Grundstücks für die Errichtung eines Boardinghouses oder auch nur für eine bauliche Umgestaltung nicht zum Vertragszweck gemacht. Es kann daher nur maßgeblich sein, welche Bedeutung der Geschäftsverkehr gewöhnlich einer Verlängerungsoption, wie sie hier vereinbart wurde, für die Wertermittlung beilegt. Den Absichten einzelner Interessenten, auf die der vom Landgericht beauftragte Sachverständige bei der Erläuterung seines Gutachtens abgestellt hat, kommt unter den hier gegebenen Umständen keine entscheidende Bedeutung zu.

III.


Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Da Entscheidungsreife fehlt, muß die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erfolgen.
Das Berufungsgericht hat sich dadurch, daß es nur einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch in Betracht gezogen hat, den Blick auf die Möglichkeit des Ersatzes des Vertrauensschadens ver-
stellt. Bei zutreffender rechtlicher Sicht hätte es - zumal der Beweisbeschluß des Landgerichts vom 12. Februar 1997 eine unerhebliche Behauptung zum Gegenstand hatte - Anlaß gehabt, die Kläger nach § 139 ZPO im Hinblick auf den ihnen etwa entstandenen Schaden zu einem ergänzenden Vortrag anzuhalten. Dies ist ihm durch die Zurückverweisung der Sache (§ 565 ZPO) wieder zu ermöglichen (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 122; Urt. v. 2. Dezember 1994, V ZR 193/93, NJW 1995, 587, 589).
Die Kläger erhalten auf diese Weise auch Gelegenheit, ihren Klageantrag zu überdenken. Da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zum Gesellschaftsvermögen zählen soll, ist von Mitgläubigerschaft auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 1995, I ZR 172/93, NJW 1996, 1407, 1409). Die Kläger können daher nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Leistung an alle Gläubiger verlangen. Zu diesen dürfte
aber auch die R. straße 1 - Grundstücksverwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung zählen, die ebenfalls als Gesamtschuldnerin hinsichtlich des Kaufpreises an dem Kaufvertrag mit dem Beklagten beteiligt war.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 103/04 Verkündet am:
1. Dezember 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Durch einen Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen kann
von der gesetzlichen Haftungsregelung nur im Wege einer im Einzelnen ausgehandelten
Vereinbarung und nicht durch eine vorformulierte Bestimmung in Allgemeinen
Beförderungsbedingungen eines Frachtführers abgewichen werden.
BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - I ZR 103/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Juni 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der S. GmbH in Bergheim (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte , die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte führte für die Versicherungsnehmerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen im Wege der Sammelladung durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 2002) zugrunde. Darin enthalten ist u.a. folgende Bestimmung: 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Transport , Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung. Um die vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges, insbesondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation, an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U.-Systems nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket.
3
Die Versicherungsnehmerin nahm als Versenderin an dem sog. EDIVerfahren der Beklagten teil. Danach druckt die Versenderin mit einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software Barcode-Paketkontrollnummern aus und versieht die versandfertigen Pakete mit diesen Kontrollnummern. Anschließend übermittelt sie der Beklagten per Datenfernübertragung eine Versandliste , in der auch die Kontrollnummern aufgeführt sind. Die Pakete werden von der Versenderin in ein von der Beklagten überlassenes Behältnis (Feeder, Container) geladen, das dann im Beisein des Abholfahrers der Beklagten verplombt wird. Der Fahrer bestätigt, ohne vorher den Inhalt des Behältnisses überprüft zu haben, auf einem Schreiben den Empfang einer bestimmten Anzahl von Paketen zu einem bestimmten Zeitpunkt; die Liste mit den Kontrollnummern steht ihm dabei nicht zur Verfügung. Die Beklagte hat die Möglichkeit, alle Pakete beim ersten Eingang zu scannen und die Kontrollnummern der eingegange- nen Pakete mit den Nummern auf der per Datenfernleitung übermittelten Versandliste zu vergleichen.
4
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Frühjahr 2002 mit dem Transport von Paketen mit Computerteilen im Gesamtwert von 5.788,32 €, ohne eine Wertdeklaration vorzunehmen. Der Wert der einzelnen Sendungen lag zwischen 228 € und 2.083,94 €. Die Pakete erreichten die Empfänger nicht. Den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden regulierte die Klägerin gegen Abtretung der Ersatzansprüche.
5
Die Klägerin hat behauptet, ihre Versicherungsnehmerin habe der Beklagten die Pakete übergeben. Die Beklagte hafte für deren Verlust unbeschränkt.
6
Die Beklagte hat bestritten, Gewahrsam an den Paketen erlangt zu haben. Sollte ein Schadensersatzanspruch bestehen, sei die Haftung beschränkt. Das Unterlassen von Schnittstellenkontrollen begründe kein leichtfertiges Verhalten , weil in Nr. 2 ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen wirksam ein Verzicht auf eine Transportwegkontrolle vereinbart worden sei. Jedenfalls sei der Klägerin ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen Unterlassens der Wertdeklaration zuzurechnen.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 5.788,32 € nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
8
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
10
Die Beklagte hafte für den Verlust der Pakete, der während ihrer Obhutszeit eingetreten sei, gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt. Die Beklagte , die der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast über die Transportwege und die organisatorischen Sicherungsmaßnahmen - insbesondere die notwendigen Schnittstellenkontrollen - nicht nachgekommen sei, treffe ein qualifiziertes Verschulden. Eine Änderung des Sorgfaltsmaßstabes des § 426 HGB könne gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nur durch eine Individualvereinbarung erfolgen. Zum Abschluss einer solchen habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
11
Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Höhe des geltend gemachten Schadens begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin sei der Klägerin nicht zuzurechnen, weil sich dem Sachvortrag der Beklagten nicht entnehmen lasse, dass sie bei richtiger Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dadurch zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre.
12
II. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
13
Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Haftung der Beklagten wegen Verlusts des Transportguts gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB, § 398 BGB, § 67 VVG angenommen.
14
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen der vertraglichen Haftung der Beklagten gemäß § 425 Abs. 1 HGB bejaht.
15
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und sich ihre Haftung nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers gemäß §§ 425 ff. HGB und aufgrund vertraglicher Einbeziehung nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.
16
b) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Pakete in Empfang genommen hat. Die dagegen gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den in der Klageerwiderung der Beklagten unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag übergangen, dass Sendungen im Bereich der Beklagten nicht gescannt worden seien, wie sich aus dem internen EDV-Code der Beklagten ergebe, vermag sie damit einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht aufzuzeigen. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz einen Verfahrensfehler des Landgerichts insoweit nicht gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1, § 520 Abs. 3 ZPO geltend gemacht. Sie hat entgegen der Ansicht der Revision dieses Vorbringen auch in der Berufungsinstanz nicht wiederholt. Die von der Revision angeführte Berufungsbegründung der Beklagten vom 16. Januar 2004 enthält zu der Bedeutung der internen EDV-Codierung keinen Vortrag. Die Beweiswürdigung der Vorinstanzen kann auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Zutreffend hat bereits das Landgericht darauf abgestellt, die Beklagte habe weder geltend gemacht, die betreffenden 1Z-Paketnummern seien auf den ihr im sog. EDI-Verfahren übermittelten Versandlisten nicht aufgeführt gewesen, noch habe sie unverzüglich bean- standet, dass die Pakete mit den betreffenden 1Z-Nummern nicht in dem dazugehörigen Container gewesen seien. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass danach eine Vermutung für den Empfang der Pakete durch die Beklagte besteht (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403, 404), die diese nicht widerlegt hat.
17
c) Da die Beklagte eine Ablieferung der in Empfang genommenen Pakete nicht darlegen kann, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass sie im Gewahrsamsbereich der Beklagten in Verlust geraten sind.
18
2. Die Revision wendet sich weiter ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führt die Beklagte keine Schnittstellenkontrollen durch. Das begründet den Vorwurf des leichtfertigen Verhaltens (BGHZ 158, 322, 327 ff.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401; Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 120/02, Umdruck S. 11 bis 14; Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209). Ein Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen ist zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin nicht vereinbart worden. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine solche Vereinbarung sei aufgrund Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zustande gekommen.
19
a) Ob sich die Bestimmung der Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten lediglich auf die Dokumentation der Schnittstellenkontrollen bezieht oder sich auch auf die Durchführung der Kontrollen selbst erstreckt , ist fraglich. Denn der Begriff der "Kontrolle des Transportwegs" in Nr. 2 Abs. 2 Satz 3 wird durch den nachfolgenden Zusatz, durch den "insbesondere" die Ein- und Ausgangsdokumentation angesprochen wird, zumindest näher erläutert. Wie der Senat bereits entschieden hat, umfasst ein in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten enthaltener Verzicht auf die "Kontrolle des Transportwegs durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen" nur den Verzicht auf die Dokumentation (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 284/99, TranspR 2002, 306, 308 f.).
20
b) Die Frage, ob Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten einen Verzicht auf die Durchführung der Kontrollen selbst enthält, kann jedoch offen bleiben, weil die Klausel, wenn sie diesen Inhalt hätte, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unwirksam wäre. Nach dieser Vorschrift kann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung abgewichen werden.
21
aa) Auf Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen ist, sofern sie einen Verzicht auf Schnittstellenkontrollen enthält, § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB anzuwenden, weil diese Klausel dann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB abweicht. Der Gesetzgeber hat in den Katalog derjenigen Regelungen, die nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich sind, die haftungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 425, 426 HGB aufgenommen. Für die Frage, ob die Klausel dem Anwendungsbereich von § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unterfällt, kommt es daher nur darauf an, ob sie die Haftungsregelung der §§ 425, 426 HGB modifiziert. Unerheblich ist dagegen, ob sie im Sinne der allgemeinen AGB-Kontrolle als eine Leistungsbeschreibung anzusehen ist, wie die Revision geltend macht. Denn vertragliche Abweichungen von der Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB sollen unabhängig davon, ob sie nach der allgemeinen AGB-rechtlichen Einordnung als der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen oder als kontrollfähige Einschränkungen, Ausgestaltungen oder Modifikationen des Hauptleistungsversprechens anzusehen wären (vgl. dazu BGHZ 147, 354, 360; 148, 74, 78; 152, 262, 265; 153, 148, 152; zu § 307 BGB: BGH, Urt. v. 30.11.2004 - XI ZR 200/03, NJW 2005, 1275), grundsätzlich nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung möglich sein (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 86).
22
Das Leistungsversprechen der Beklagten ist auf die Beförderung von Transportgut gerichtet. Gegenstand der von der Beklagten geschuldeten Leistung ist der Beförderungserfolg, also die Ablieferung des vollständigen und unbeschädigten Gutes beim Empfänger (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 407 HGB Rdn. 13). Von der Haftung für den Verlust des Transportguts ist die Beklagte nach der Vorschrift des § 426 HGB nur befreit, wenn der Verlust auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden konnte und deren Folgen sie nicht abwenden konnte. Eine Haftungsbefreiung ist bei einem Verstoß gegen wesentliche Sorgfaltspflichten ausgeschlossen. Zu den wesentlichen Sorgfaltspflichten des Frachtführers oder Spediteurs gehört der Schutz des Transportguts vor Verlust. Er hat daher, wenn der Umschlag von Transportgut wie im Streitfall besonders verlustanfällig ist, die Beförderung so zu organisieren , dass Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbestände frühzeitig festgehalten werden können (vgl. BGHZ 149, 337, 347 f.; 158, 322, 330; BGH TranspR 2004, 399, 401).
23
Sofern durch Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen das Erfordernis von Schnittstellenkontrollen abbedungen worden sein sollte, liefe dies somit auf eine Einschränkung der nach § 426 HGB geforderten wesentlichen Sorgfaltsanforderungen hinaus, die gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung möglich wäre.
24
bb) Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, ist Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten - entgegen dem Vor- bringen der Revision - nicht gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB im Einzelnen ausgehandelt worden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass über die Beförderungsbedingungen tatsächlich verhandelt worden sei oder zumindest die ernsthafte Bereitschaft der Beklagten als Verwenderin der Bedingungen bestanden hätte, den Inhalt der Klauseln zur Disposition zu stellen.
25
Die Revision macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, ein Aushandeln der Klausel habe vorgelegen, weil die Beklagte mehrere Beförderungsarten angeboten habe, unter denen die Versenderin habe wählen können (Standardsendung , Wertsendung und Expresssendung). Insbesondere enthalte Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen den Hinweis, dass der Versender, soweit er eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünsche, die Beförderung als Wertpaket wählen könne.
26
Zwar trifft es zu, dass es einem Aushandeln nicht entgegensteht, wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen der anderen Vertragspartei alternative Leistungen angeboten werden, die Angebotsalternativen mit verschiedenen Entgelten verbunden sind (BGHZ 153, 148, 151 f.). Allein aus dem Angebot verschiedener Alternativen ergibt sich allerdings noch nicht das Vorliegen einer Individualvereinbarung. Es kommt vielmehr darauf an, ob in der dem Vertragspartner eingeräumten Möglichkeit, zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen, ein Aushandeln im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 1 Abs. 2 AGBG gesehen werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn der Kunde, wie im vorliegenden Fall, nur die Wahl zwischen bestimmten, vom Verwender vorgegebenen Alternativen hat (BGH, Urt. v. 3.12.1991 - XI ZR 77/91, NJW 1992, 503, 504; Urt. v. 7.2.1996 - IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676, 1677).
27
cc) Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist nicht wegen der Besonderheiten des von der Beklagten betriebenen Massengeschäfts als wirksam zu erachten.
28
Die in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB enthaltene Einschränkung, dass eine Individualvereinbarung nur erforderlich ist, wenn die Vereinbarung keinen Vertrag über die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen betrifft, kann entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die von der Beklagten betriebene Massenbeförderung von Paketen angewendet werden. Wie sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes ergibt (BT-Drucks. 13/8445, S. 86; vgl. ferner Koller aaO § 449 HGB Rdn. 29/30; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 32. Aufl., § 449 HGB Rdn. 1), bezieht sich die Ausnahme für briefähnliche Sendungen in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht auf den Transport von Paketsendungen und sonstiger Frachtpost, da diese dem Normalfall der Güterbeförderung näher stehen als dem postalischen Massenverkehr , bei dem die Briefsendungen ohne direkten Kundenkontakt über Briefkästen eingeliefert werden (vgl. auch BGHZ 149, 337, 349 f.).
29
dd) Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB ist auch nicht von Verfassungs wegen geboten. Entgegen dem Vorbringen der Revision verstößt die Ansicht, Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten sei, soweit darin eine Abweichung von dem Haftungsmaßstab der §§ 425 ff. HGB liege, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht wirksam vereinbart worden, nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Revision übersieht, dass § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB eine entsprechende Abrede nicht grundsätzlich ausschließt, sondern nur das Erfordernis einer Individualvereinbarung begründet. Darin liegt kein nach Art. 12 Abs. 1 GG unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit der Beklagten.
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3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin verneint. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
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III. Danach ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 04.12.2003 - 86 O 20/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 22.06.2004 - 3 U 8/04 -

(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446 Absatz 2 nur durch Vereinbarung abgewichen werden, die im Einzelnen ausgehandelt wird, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen wird. Der Frachtführer kann sich jedoch auf eine Bestimmung im Ladeschein, die von den in Satz 1 genannten Vorschriften zu Lasten des aus dem Ladeschein Berechtigten abweicht, nicht gegenüber einem im Ladeschein benannten Empfänger, an den der Ladeschein begeben wurde, sowie gegenüber einem Dritten, dem der Ladeschein übertragen wurde, berufen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag

1.
zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen, oder
2.
für den Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen ungünstiger ist als der in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehene Betrag.
Ferner kann abweichend von Absatz 1 durch vorformulierte Vertragsbedingungen die vom Absender nach § 414 zu leistende Entschädigung der Höhe nach beschränkt werden.

(3) Ist der Absender ein Verbraucher, so kann in keinem Fall zu seinem Nachteil von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften abgewichen werden, es sei denn, der Frachtvertrag hat die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand.

(4) Unterliegt der Frachtvertrag ausländischem Recht, so sind die Absätze 1 bis 3 gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag sowohl der Ort der Übernahme als auch der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 200/01 Verkündet am:
4. März 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2001 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen insoweit aufgehoben, als die Beklagte zu mehr als 189.123,50 DM nebst 5 % Zinsen aus 20.951,50 DM seit dem 28. Januar 2000 und aus 168.172 DM seit dem 3. Februar 2000 verurteilt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12. September 2000 auch im Umfang der Aufhebung abgeändert; die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt als Transportversicherer der V.-GmbH in Mainz und der P.-GmbH in Linden die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt , aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen Verlustes von Transportgut in zwei Fällen auf Schadensersatz in Anspruch. Die betreffenden Transportaufträge wurden der Beklagten am 9. April und 10. November 1999 erteilt. Der Auftrag der P.-GmbH betraf einen Transport nach Settimo Torinese/ Italien.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für die eingetretenen Schäden unbeschränkt. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen, da ihr wegen mangelhafter Betriebsorganisation qualifiziertes Verschulden anzulasten sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 193.801,50 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und die Ansicht vertreten, aufgrund des ausdrücklichen Einverständnisses der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin, daß eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen nicht durchgeführt werde, sei sie von ihrer Einlassungsobliegenheit hinsichtlich der einzelnen Schadensfälle befreit. Ihre Be-
triebsorganisation sei im übrigen ausreichend und werde in allen ihren Centern und Hauptumschlagbasen umgesetzt.
Ferner hat die Beklagte geltend gemacht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerinnen anrechnen lassen, weil diese als Dauerkunden ihre Transportorganisation gekannt und ihr gleichwohl laufend Beförderungsaufträge erteilt hätten. In bezug auf den Schadensfall der P.-GmbH hat die Beklagte behauptet, der Sendungsverlust sei dadurch verursacht worden, daß der Auslieferungsfahrer ihres italienischen Subunternehmers am 11. November 1999 auf der Strecke zwischen Bergamo und Turin von drei bewaffneten Tätern überfallen und die gesamte Lkw-Ladung einschließlich der streitgegenständlichen Sendung der P.-GmbH geraubt worden sei.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten in Höhe von 190.123,50 DM nebst Zinsen für begründet erachtet.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) ihrer Versicherungsnehmerinnen einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die Versicherungsnehmerinnen hätten ihre Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wirksam an die Klägerin abgetreten.
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen berufen, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, daß die Schäden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden seien. Hinsichtlich des der P.-GmbH entstandenen Schadens unterliege die Beklagte ebenfalls der Haftung nach den §§ 425 ff. HGB, weil der Schadensort unbekannt geblieben sei. Es könne insbesondere nicht davon ausgegangen werden, daß sich zumindest vier der insgesamt fünf Pakete auf dem angeblich in Italien überfallenen Lkw befunden hätten.
Die Klägerin müsse sich kein haftungsausschließendes oder auch nur haftungsminderndes Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin P.-GmbH wegen deren Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten entgegenhalten lassen. Die am 10. November 1999 der Beklagten übergebenen Pakete seien unstreitig als Expreßpakete aufgegeben worden. Dem Vorbringen der Beklagten könne nicht entnommen werden, daß die P.-GmbH vor Erteilung dieses Beförderungsauftrags Kenntnis davon gehabt habe oder hätte haben müssen , daß die Beklagte die für Expreßpakete gegen Entgelt angebotenen zusätz-
lichen Sicherheitsvorkehrungen nicht erbringe. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf ein eigenes schadensursächliches Mitverschulden der Klägerin berufen, weil diese es unterlassen habe, ihre Kenntnis von den Organisationsmängeln der Beklagten an ihre Versicherungsnehmerin weiterzugeben. Denn die Beklagte habe nicht dargetan, in welchem von der Klägerin gegen die Beklagte geführten Regreßprozeß es um den Verlust von Expreßpaketen und um die diesbezügliche Organisation der Beklagten gegangen sei.
B. Die Revision hat im wesentlichen keinen Erfolg.
I. Zum Schadensersatzanspruch aus dem Transportauftrag der V.-GmbH:
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für den Verlust der ihr von der V.-GmbH zum Transport übergebenen zwei Packstücke nach § 425 Abs. 1 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin sei aufgrund der von der V.-GmbH am 20. Oktober 1999 erklärten Abtretung alleinige Inhaberin der ursprünglich der Versiche-
rungsnehmerin gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzansprüche geworden.
Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Anspruchsberechtigung offengelassen, ob die Klägerin alleiniger Transportversicherer oder lediglich zusammen mit derR. Versicherung Mitversicherer gewesen sei. Das erweist sich im Ergebnis als unschädlich. Auch wenn die von der Klägerin dargelegte Zahlung auf den Schaden der V.-GmbH vor der Abtretung von deren Ersatzansprüchen erfolgt ist, wofür entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts die Aktenlage spricht, ändert dies nichts an deren alleiniger Anspruchsberechtigung. Ist die Klägerin Alleinversicherer, ergibt sich ihre Anspruchsberechtigung aus § 67 VVG. Ist sie - wie die Beklagte behauptet hat - nur Mitversicherer neben derR. Versicherung, ergibt sich ihre Anspruchsberechtigung im übrigen aus der Zession. Ein Forderungsübergang gemäß § 67 VVG auf dieR. Versicherung kommt nur in Betracht, soweit diese den Schaden ersetzt hat. Dem Vortrag der Parteien sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß dies der Fall gewesen sei und daß die Klägerin (auch) im Namen eines Mitversicherers oder für diesen eine Versicherungsleistung hat bewirken wollen (§ 267 Abs. 1 BGB). Einem Gläubiger kommt die schuldbefreiende Wirkung einer Leistung und dem Versicherer der hieran anknüpfende Forderungsübergang nach § 67 VVG nicht zu, wenn ein anderer (Versicherer) - wie hier die Klägerin - eine vermeintlich eigene Schuld erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1969 - IV ZR 633/68, NJW 1970, 134; Jauernig/Vollkommer, BGB, 10. Aufl., § 267 Rdn. 9).
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden unbeschränkt.
Die Beklagte - so hat das Berufungsgericht ausgeführt - sei ihrer Einlassungsobliegenheit auch nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, daß seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, daß sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls der Leichtfertigkeit rechtfertigten. In solchen Fällen könne aus dem Schweigen des Fixkostenspediteurs auch auf das Bewußtsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts geschlossen werden. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs - und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Vortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich aus dem unstreitigen Sachverhalt Anhaltspunkte für ein solches Verschulden ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken , den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf seines Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 = NJW 2003, 3626, m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt.
v. 6.10.1994 - I ZR 179/92, TranspR 1995, 106, 110 = VersR 1995, 320, zu § 15 Abs. 2 GüKUMT, m.w.N.; BGHZ 127, 275, 284).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 ff.), wobei die dortige Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
Entgegen der Auffassung der Revision ändert sich an den dargestellten Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen nichts durch den mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin vereinbarten Dokumentationsverzicht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 15. November 2001 (I ZR 284/99, TranspR 2002, 306 = VersR 2003, 1012) ausgesprochen, daß die in Rede stehende Vereinbarung unklar gefaßt ist und ihr nicht entnommen werden kann, daß der Kunde eines Paketdienstunternehmens auf die Durchführung von Kontrollen im Schnittstellenbereich verzichtet. Dementsprechend kann der Dokumentationsverzicht auch keinen Einfluß auf die Einlassungsobliegenheit der Beklagten haben (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 176).

b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß die Darlegungs - und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gemäß §§ 435, 461 Abs. 1 Satz 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, daß der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i.S. von § 428 HGB
leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt haben, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Hinsichtlich der Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachliche Änderung mit sich gebracht (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 469, m.w.N.).

c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beklagte ihrer umfassenden Einlassungsobliegenheit nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Dazu hätte sie insbesondere die Kontrollmaßnahmen in bezug auf die Einhaltung ihrer Betriebsorganisation im einzelnen darlegen müssen. Ferner hätte sie vortragen müssen, welche Ermittlungsmaßnahmen sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Sendung eingeleitet hat und was ihre Nachforschungen, und dabei vor allem die Befragung der jeweiligen Mitarbeiter, die mit den Paketen in Berührung gekommen sein mußten, ergeben haben. Überdies hätte dargelegt werden müssen, wie die konkrete Lagerstelle gegen unbefugten Zugriff Dritter oder eigener Mitarbeiter gesichert war. Das ist nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, es sei der Beklagten nicht zuzumuten gewesen, detailliert zur Organisation ihrer Subunternehmerin vorzutragen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß es sich bei eingesetzten Subunternehmern um "andere Leute" i.S. von § 428 Satz 2 HGB handelt, deren sich der Fixkostenspediteur bei Ausführung der Beförderung bedient. Die Beklagte muß sich deshalb so behandeln lassen, als ob sie anstelle der ihr gemäß § 428 HGB zugerechneten Personen selbst gehandelt hätte (vgl. Koller, Transportrecht , 5. Aufl., § 428 HGB Rdn. 14).

d) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards, die den Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB rechtfertigten.
Wenn - wie im Streitfall - der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Spediteur sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während der Spediteur nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterläßt er dies, ist nicht nur der Schluß auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit , sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluß auf das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGHZ 145, 170, 183), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 470).
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts
verbunden sein muß (vgl. BGHZ 74, 162, 168). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zuläßt, ist auszugehen, wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471; Herber, TranspR 2003, 164, 165 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dem steht schon entgegen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß in der theoretischen und praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum schwerwiegende Mängel nicht vorgelegen haben (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471, m.w.N.).
4. Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich ein Mitverschulden der V.-GmbH nicht damit begründen, daß diese als Dauerkundin der Beklagten deren Transportorganisation und -gepflogenheiten vor Erteilung des hier in Rede stehenden Auftrags gekannt habe.
Eine Anspruchsminderung gemäß § 254 Abs. 1 BGB kann zwar in Betracht kommen, wenn der Versender einen Spediteur mit der Transportdurch-
führung beauftragt, von dem er weiß oder zumindest hätte wissen müssen, daß es in dessen Unternehmen aufgrund von groben Organisationsmängeln immer wieder zu Verlusten kommt (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1999 - I ZR 70/97, TranspR 1999, 410, 411 = VersR 2000, 474; Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 259 = VersR 2003, 1017). Die Kenntnis und Billigung der Transportorganisation der Beklagten reicht jedoch für sich allein zur Begründung eines Mitverschuldens nicht aus. Denn es ist im allgemeinen ausschließlich Sache des Fixkostenspediteurs, den Transportablauf, in den der Auftraggeber in der Regel keinen näheren Einblick hat, so zu organisieren, daß die ihm anvertrauten Güter weder Schaden nehmen noch in Verlust geraten. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin brauchte ohne besonderen Anlaß die Eignung, Befähigung und Ausstattung ihres Vertragspartners nicht in Zweifel zu ziehen und zu überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 182/99, TranspR 2002, 302, 304; BGH TranspR 2003, 255, 259).
II. Zum Schadensersatzanspruch aus dem Transportauftrag der P.-GmbH:
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Aktivlegitimation der Klägerin sei mit Blick auf das im Rahmenvertrag vom 15. September 1995 zwischen der P.-GmbH und der Beklagten vereinbarte Abtretungsverbot zu verneinen.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß das formularmäßig vereinbarte Abtretungsverbot unwirksam ist, soweit davon auch die Abtretung von Schadensersatzansprüchen der P.-GmbH gegen die Beklagte wegen Verlustes von Transportgut an die klagende Transportversicherung erfaßt wird (vgl. BGHZ 82, 162, 171). Die Vorschrift des § 354a HGB steht dieser Beurteilung nicht entgegen, da die von der Rechtsprechung zu § 399 BGB ent-
wickelten Rechtsgrundsätze neben dieser Bestimmung weiter gelten (vgl. Palandt /Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 399 Rdn. 10).
2. Die Revision wendet sich des weiteren ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den der P.-GmbH während des Transports nach Settimo Torinese entstandenen Schaden in Höhe von 169.172 DM gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 CMR komme nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht, weil Gegenstand des Frachtvertrages zwischen der P.-GmbH und der Beklagten nicht der grenzüberschreitende Transport mit einem Lkw gewesen sei. Die Art des Transportmittels sei nicht vertraglich bestimmt gewesen. In einem solchen Fall habe der Frachtführer gemäß § 315 BGB das Recht, das Beförderungsmittel nach billigem Ermessen auszuwählen. Dem Vorbringen der Beklagten sei zu entnehmen , daß die grenzüberschreitende Beförderung von Köln nach Bergamo, wo ihre, der Beklagten, italienische Schwestergesellschaft eine Hauptumschlagbasis betreibe, mit dem Flugzeug erfolgt sei. Bleibe der Schadensort - wie im vorliegenden Fall - unbekannt, komme bei Verträgen über die sogenannte multimodale Beförderung nach dem seit dem 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Transportrecht das einheitlich ausgestaltete Frachtrecht mit der Folge zur Anwendung , daß der Multimodalbeförderer nach § 425 Abs. 1 HGB hafte. Im vorliegenden Fall könne der Schadensort nicht festgestellt werden. Die Beklagte habe insbesondere nicht substantiiert dargelegt, daß sich die abhanden gekommenen vier Pakete in dem Lkw befunden hätten, der angeblich am 11. November 1999 von drei bewaffneten Personen überfallen und ausgeraubt worden sei. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten zum Nachweis für ihre Behauptung, vier der fünf von der P.-GmbH versandten Pakete seien bei einem Raubüberfall am 11. November 1999 verlorengegangen, vorgelegten Unterlagen (Anlage BfB 6 zum Schriftsatz vom 22.1.2001) und sonstigen Beweisantritte für nicht ausreichend gehalten, um den Schadensnachweis zu führen. Das läßt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen (§ 565a ZPO a.F.).
bb) Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf seinen Standpunkt in der letzten mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2001 hingewiesen und Verkündungstermin auf den 20. Juni 2001 anberaumt. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht damit seiner Hinweispflicht nicht ausreichend nachgekommen sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nach den §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO a.F. nur dann, wenn es die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmißverständlich hingewiesen und ihnen die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 8.2.1999 - II ZR 261/97, NJW 1999, 2123, 2124; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 139 Rdn. 4 f., 14). Diesen Anforderungen genügt der in der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts erteilte Hinweis.
Das Sitzungsprotokoll läßt nicht erkennen, daß der Beklagten die Möglichkeit zur sachdienlichen Ergänzung ihres Sachvortrags verwehrt worden ist. Es weist nicht aus, daß die Beklagte um Vertagung oder um Schriftsatznachlaß
gebeten hat oder daß ein dahingehendes Antragsrecht verwehrt worden sei. Die Revision enthält auch keine entsprechende Rüge. Das Gericht ist grundsätzlich nicht gehalten, von sich aus eine Schriftsatzfrist einzuräumen (vgl. auch § 139 Abs. 5 ZPO n.F.). Auch in der Zeitspanne von über einem Monat bis zum Verkündungstermin hat die Beklagte zum Hinweis des Gerichts nicht Stellung genommen oder wegen der nunmehr von der Revision vorgebrachten Schwierigkeiten bei der Recherche um Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) nachgesucht. Die Beklagte hat die nach dem aufklärenden Hinweis zu Gebote stehenden prozessualen Möglichkeiten in der Tatsacheninstanz nicht genutzt. Ihre Rüge aus § 139 ZPO erweist sich deshalb als unbegründet.

b) Die vom Berufungsgericht zur Begründung der Haftungsvoraussetzungen des § 435 HGB getroffenen Feststellungen zur unzureichenden Einlassung der Beklagten über ihre Kontrollorganisation (auch) im Expreßgutbereich erweisen sich als rechtsfehlerfrei.
Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , die der Beklagten am 10. November 1999 übergebenen Pakete der P.-GmbH seien "unstreitig als Expreßpakete" aufgegeben worden. Diese Feststellung ist mit einem Berichtigungsantrag (§ 320 Abs. 1 ZPO) nicht in Frage gestellt worden. Sie findet zudem ihre Stütze in den von der Klägerin zu den Akten gereichten Transportpapieren.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , ein Abzug von der Schadensersatzforderung der P.-GmbH in Höhe von 1.000 DM sei nicht vorzunehmen, weil die Beklagte für ihre Behauptung , sie habe den genannten Betrag an die P.-GmbH geleistet, keinen Beweis angetreten habe. Die Zahlung von 1.000 DM an die P.-GmbH war unstreitig.
Die Klägerin hat selbst vorgetragen, die P.-GmbH habe von ihr Entschädigung abzüglich einer Teilzahlung der Beklagten in Höhe von 1.000 DM gefordert. In der Berufungsbegründung hat die Beklagte zudem vorgetragen, es sei ihre Entschädigungsleistung in Höhe von 1.000 DM abzuziehen. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Somit war ein Beweisangebot für die Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.000 DM nicht erforderlich.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 234/02 Verkündet am:
8. Mai 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wer den Wert der zum Versand gebrachten Ware nicht angibt, obwohl er weiß,
daß diese bei einer entsprechenden Angabe besonderen Sicherungen unterstellt
wird, hat sich das daraus folgende Mitverschulden als schadensursächlich
anrechnen zu lassen, wenn sein Verhalten dem Schuldner die Möglichkeit
nimmt, den Ort des Schadenseintritts einzugrenzen und auf diese Weise von
einer mit dem Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens begründeten Schadenshaftung
freizukommen.
BGH, Urt. v. 8. Mai 2003 - I ZR 234/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 8. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu deren Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der K. GmbH in H. (im weiteren: K. GmbH). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt , aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Beklagte führte für die K. GmbH, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen im Wege der Sammelladung durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die Beförderungsbedingungen der Beklagten mit Stand September 1996 zugrunde. Diese enthielten unter anderem folgende Bestimmungen :
1 Allgemeines ... Die Transporte werden auf Grundlage dieser Beförderungsbedingungen durchgeführt. In Deutschland ... gelten weiterhin jeweils die Regelungen der ADSp (ausgenommen §§ 39 - 41)... ... 10 Haftung ... In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von ... DM 1.000,- pro Sendung ... oder bis zu dem nach § 54 ADSp... ermittelten Erstattungsbetrag , je nachdem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung auf der Vorderseite des Frachtbriefs, und wenn der in der Tariftabelle aufgeführte Zuschlag entsprechend der Frankatur auf der Vorderseite des Frachtbriefs entrichtet wird. Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, daß sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt. ...

Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U., seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen. Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. ... ... Die K. GmbH die Beklagte am 20. Februar 1997 unter anderem mit dem Transport von vier Paketen zu der Firma S. in F. beauftragt, ohne hierbei eine Wertdeklaration vorzunehmen. Die Beklagte hat die von ihr am selben Tag übernommenen Pakete beim Empfänger nicht ausgeliefert, da diese zu einem unbekannten Zeitpunkt an einem unbekannten Ort abhanden gekommen waren.
Die Klägerin hat den der K. GmbH dadurch entstandenen Schaden gegen Abtretung der dieser gegenüber der Beklagten zustehenden Ersatzansprüche reguliert. Sie hat die Beklagte deswegen auf Zahlung von 59.425 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der infolge des Verlusts der Pakete entstandene und gemäß § 51a ADSp a.F. i.V. mit Ziffer 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten in der geltend gemachten Höhe begründete vertragliche Schadensersatzanspruch der K. GmbH sei mit der Schadensregulierung durch die Klägerin auf diese übergegangen. Der Anspruch sei auch nicht im Hinblick auf die unterbliebene Wertdeklaration gemäß § 254 BGB zu mindern. Der Umstand, daß der Versender nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 149, 337, 353) in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten könne, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandle , von einer Wertdeklaration absehe und bei Verlust gleichwohl den vollen Schadensersatz verlange, ändere daran nichts. Die Beklagte müsse, da bei einem groben Mangel in ihrer Betriebsorganisation dessen Schadensursächlichkeit vermutet werde, im Rahmen des § 254 BGB im einzelnen darlegen und beweisen, daß bei einer Wertdeklaration in bezug auf den konkreten Laufweg des abhanden gekommenen Pakets ein lückenlos ineinander greifendes Kontroll - und Überwachungssystem zur Verfügung gestanden und auch praktiziert worden wäre. Im Streitfall müßte daher feststehen, daß die Beklagte bei den wertdeklarierten Paketen die notwendigen Schnittstellenkontrollen während des gesamten Laufwegs durchgeführt hätte. Der Betriebsorganisation der Beklagten und deren Arbeitsanweisung für Wertpakete sei jedoch zu entnehmen, daß zwar ein Eingangsscan erfolge und dieser an das Auslieferungscenter übermittelt werde, auf dem Laufweg dann aber keine weiteren Schnittstellenkontrollen mehr stattfänden.
II. Diese Beurteilung unterliegt, soweit die Aktivlegitimation der Klägerin und die Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht wird, keinen Bedenken und wird in dieser Hinsicht auch von der Revision nicht angegriffen. Sie hält der rechtlichen Nachprüfung aber insoweit nicht stand, als das Berufungsgericht ein den Klageanspruch gemäß § 254 BGB minderndes Mitverschulden der K. GmbH verneint hat.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Versender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt. Es hat auch nicht verkannt , daß sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB daraus ergeben kann, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schädiger im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen (vgl. BGHZ 149, 337, 353). Bei seinen Erwägungen zur fehlenden Kausalität der unterlassenen Wertdeklaration für den eingetretenen Schaden ist es den Besonderheiten des Falls jedoch nicht gerecht geworden. Der Transportweg einer dem Wert nach deklarierten Sendung unterliegt weiterreichenden Kontrollen als der Weg einer nicht deklarierten Sendung. Zwar kann nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen zu den auch bei wertdeklarierten Sendungen verbleibenden Lücken in der Kontrolle bei den Schnittstellen nicht ausgeschlossen werden, daß die Sendung gerade in diesem Bereich verloren gegangen ist und die Angabe des Werts der Ware deren Verlust daher nicht verhindert hätte. Das rechtfertigt es für die Konstellation des Streitfalls aber nicht, den Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassenen
Hinweises auf den Wert der Ware an der fehlenden Kausalität scheitern zu lassen.
Ungeklärt ist, in welcher Phase des Transports der Schaden eingetreten ist. Er kann also auch in einem Bereich eingetreten sein, in dem die Beklagte ihre Sorgfalt bei dem Transport der wertdeklarierten Ware nicht oder nicht in grob fahrlässiger Weise verletzt hätte. Die Haftung wegen grob fahrlässiger Pflichtverletzung beruht auf dem Vorwurf unzureichender Kontrolle der Schnittstellen und der daraus folgenden Vermutung, daß die Ware in diesem besonders gefährdeten Bereich verlorengegangen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 345 f.). Das damit auf einer Vermutung beruhende Haftungsrisiko wird aber eingeschränkt , wenn die Ware in ihrem Wert deklariert worden ist. Der Weg einer wertdeklarierten Ware wird von der Beklagten weitergehend kontrolliert und läßt sich bei einem Verlust genauer nachvollziehen als der einer nicht deklarierten Sendung. Hat der Versender den Wert angegeben, erhöhen sich die Möglichkeiten der Beklagten, die Vermutung, daß ihr grob fahrlässiges Verhalten für den Eintritt des Schadens ursächlich gewesen ist, durch den Nachweis zu widerlegen , daß die Ware in einem gesicherten Bereich verlorengegangen ist.
Wer den Wert der zum Versand gebrachten Ware nicht angibt, obwohl er weiß, daß diese bei einer entsprechenden Angabe besonderen Sicherungen unterstellt wird, hat sich das daraus folgende Mitverschulden als schadensursächlich anrechnen zu lassen, wenn sein Verhalten dem Schuldner die Möglichkeit nimmt, den Ort des Schadenseintritts einzugrenzen und auf diese Weise von einer mit dem Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens begründeten Schadenshaftung freizukommen.
III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es war aufzuheben.
Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Beru- fungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Reichweite des für wertdeklarierte Sendungen gesicherten Bereichs ein Gesichtspunkt für die Quote des Mitverschuldens sein kann. Je größer der gesicherte Bereich ist, um so größer kann die Quote des Mitverschuldens des Versenders sein, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlaßt.
Ullmann Starck Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 80/03 Verkündet am:
19. Januar 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) des Paketversenders
wegen unterlassener Wertdeklaration kann es ausreichen, dass der
Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur
/Frachtführer hätte kennen müssen. Von einem Kennenmüssen der Anwendung
höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen
werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs
ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes
höher haften will (Fortführung von BGHZ 149, 337 und BGH, Urt. v. 8.5.2003
- I ZR 234/02, TranspR 2003, 317).
Hiervon ist auch in den Fällen auszugehen, die dem Haftungsregime der CMR
unterfallen, auch wenn es in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs
heißt, dass dann die im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen
Anwendung finden.
BGH, Urt. v. 19. Januar 2006 - I ZR 80/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 20. Februar 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 8.939,02 € (Summe der für die Schadensfälle 1, 2, 9, 16 bis 18, 21 und 23 geltend gemachten Ersatzbeträge) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2001 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt und dabei ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der H. GmbH in K. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin), die insbesondere Navigationsautoradiosysteme vertreibt. Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte führte für die Versicherungsnehmerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: Februar 1998) zugrunde , die u.a. folgende Bestimmungen enthalten: "… 2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: …
b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle anders festgelegt. … … 10. Haftung In den Fällen, in denen die im WA oder im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden … wird die Haf- tung durch diese Bestimmungen geregelt und entsprechend dieser Bestimmungen begrenzt. In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von … DM 1.000 pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp … ermittelten Erstattungsbetrag, je nach dem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung … . Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt. … Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen. Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. …"
3
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Zeitraum von Oktober 2000 bis September 2001 in 24 Fällen (in den Fällen 1, 2, 6, 14 und 16 handelte es sich um grenzüberschreitende Straßentransporte) mit der Beförderung von Paketen, die Navigationsautoradiosysteme oder Zubehör enthielten. Die Sendungen kamen bei den jeweiligen Empfängern aus ungeklärten Umständen nicht an. In den Schadensfällen 1, 2, 9, 16 bis 18, 21 und 23 lag der Wert des abhanden gekommenen Gutes jeweils unter 5.000 DM.
4
Die Versicherungsnehmerin hatte den Wert der Sendungen in allen Verlustfällen nicht besonders deklariert, weshalb die Beklagte ihre Ersatzleistung unter Berufung auf Nr. 10 ihrer Beförderungsbedingungen auf jeweils 1.000 DM beschränkt hat. Die Klägerin hat ihrer Versicherungsnehmerin den durch die Warenverluste verbliebenen Restschaden in Höhe von 102.409,44 € ersetzt.
5
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt. Ein Mitverschulden wegen der unterlassenen Wertdeklaration komme nicht in Betracht, da der Beklagten die Eigenart der zum Versand gebrachten Güter allgemein bekannt gewesen sei. Im Übrigen hätte die Beklagte die Waren auch im Falle einer Wertdeklaration nicht sicherer transportiert.
6
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 102.409,44 € nebst Zinsen zu zahlen.
7
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin, den Inhalt der Sendungen sowie im Fall 24 die Erlangung von Gewahrsam an der Sendung bestritten. Sie ist ferner der Auffassung, sie verfüge über eine ausreichende Betriebsorganisation, so dass ein qualifiziertes Verschulden nicht gegeben sei. Die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration zurechnen lassen. Im Falle der Wertangabe wären die Pakete mit einem Wert von über 5.000 DM - wie im Einzelnen ausgeführt - sicherer befördert worden.
8
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der Schadensersatzforderung für den Verlustfall 4 (= 15.752,12 €) in Höhe von 86.657,32 € stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dieser auch den für den Schadensfall 4 geltend gemachten Ersatzbetrag zuerkannt. Die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.

9
Mit der vom Senat beschränkt auf die Frage des Mitverschuldens zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus abgetretenem (§ 398 BGB) Recht ihrer Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR (Schadensfälle 1, 2, 6, 14 und 16) und §§ 435, 459 HGB zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
11
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich aus den vorgelegten Abtretungserklärungen ihrer Versicherungsnehmerin.
12
Der Beklagten, die als Fixkostenspediteurin der Frachtführerhaftung unterliege , falle ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB zur Last. Dies folge daraus, dass sie zum Ablauf des Betriebes und den konkret ergriffenen Sicherungsmaßnahmen nichts vorgetragen habe und insoweit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen sei.
13
Hinsichtlich der Höhe des Schadens sei bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem jeweiligen Paket enthalten gewesen seien. Diesen Anscheinsbeweis habe die Beklagte nicht erschüttert. Der Einwand des Mitverschuldens sei schon deshalb nicht berechtigt, weil der Beklagten der erhebliche Wert der ihr zur Beförderung übergebenen Güter von vornherein bekannt gewesen sei.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht in den Verlustfällen 3 bis 8, 10 bis 15, 19, 20, 22 und 24 ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint hat, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
15
1. In den Verlustfällen 1, 2, 9, 16 bis 18, 21 und 23 wendet sich die Revision im Ergebnis vergeblich gegen die Nichtberücksichtigung eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin. Denn in diesen Fällen hat das Unterlassen einer Wertdeklaration nicht zur Entstehung der Schäden beigetragen.
16
Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten werden von ihr nur Wertpakete , bei denen der deklarierte Wert mehr als 5.000 DM beträgt, unter besonderen Kontrollmaßnahmen befördert. In den oben genannten Fällen lag der Handelswert des transportierten Gutes jeweils unter 5.000 DM. Schon aus diesem Grunde kann die unterlassene Wertangabe nicht für die eingetretenen Schäden (mit-)ursächlich geworden sein.
17
2. In den übrigen Schadensfällen hat das Berufungsgericht dagegen zu Unrecht ein Mitverschulden (§ 425 Abs. 2 HGB, § 254 BGB) der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint.
18
a) Die Anwendung des § 254 BGB kommt auch in den dem Haftungsregime der CMR unterfallenden Transporten (Schadensfälle 6 und 14) in Betracht. Unabhängig davon, ob das Haftungssystem der CMR im Rahmen der Haftung nach Art. 17 Abs. 1 CMR den Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB ausschließt, kann der Frachtführer jedenfalls im Rahmen der verschärften Haftung nach Art. 29 CMR einwenden, dass es der Ersatzberechtigte vor Vertragsschluss trotz Kenntnis oder Kennenmüssen der Tatsache, dass mit der Angabe des tatsächlichen Werts der Sendung gegen höheren Tarif auch eine sicherere Beförderung verbunden ist, unterlassen hat, den wirklichen Wert des zu transportierenden Gutes anzugeben (§ 254 Abs. 1 BGB) und der Frachtführer deshalb keinen Anlass gesehen hat, besondere Vorsorgemaßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen. Im Rahmen der Haftung nach Art. 29 CMR kann sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden zudem aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergeben, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, den Schädiger im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kannte noch kennen musste (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = NJW-RR 2003, 1473). Insoweit ist lückenfüllend nationales Recht heranzuziehen (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 9; Koller, Transportrecht , 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 8).
19
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB, Art. 29 Abs. 1 CMR zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394).
20
c) Nicht beigetreten werden kann dem Berufungsgericht jedoch in seiner Ansicht, ein Mitverschulden sei schon deshalb zu verneinen, weil der Beklagten der Wert des Beförderungsguts bekannt gewesen sei. Die getroffenen Feststel- lungen tragen diese Beurteilung nicht. Auch die übrigen Voraussetzungen für ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin lassen sich nicht verneinen.
21
aa) Ein Versender kann in einen gemäß § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei richtiger Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = NJW-RR 2005, 265). Hätte der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur kennen müssen, kann auch das für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen. Denn gemäß § 254 Abs. 1 BGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGHZ 74, 25, 28; BGH, Urt. v. 17.10.2000 - VI ZR 313/99, NJW 2001, 149, 150, jeweils zu § 254 BGB; Koller aaO, § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23). Von einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Denn zur Vermeidung der versprochenen höheren Haftung werden erfahrungsgemäß höhere Sicherheitsstandards gewählt.
22
Dem Versender wird durch Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Kenntnis vermittelt, dass die Beklagte nur bei einer Wertdeklaration über die in Nr. 10 genannte Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp a.F.) haften will. Bereits aus der versprochenen Haftung bis zum deklarierten Wert ergibt sich, dass die Beklagte alles daran setzen wird, Haftungsrisiken möglichst auszuschließen. Die- se Haftung ist von der Zahlung eines Wertzuschlags nach der Tariftabelle der Beklagten abhängig. Die erhöhte Transportvergütung legt zusätzlich nahe, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet hat, wertdeklarierte Sendungen sorgfältiger zu behandeln. Dem steht nicht entgegen, dass Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Möglichkeit eröffnet , die Wertzuschläge als Prämie für eine Versicherung weiterzugeben. Ein verständiger Versender, der die Möglichkeit der Versendung von Wertpaketen gegen höhere Vergütung ebenso kennt wie die erhöhte Haftung der Beklagten in diesem Fall, wird davon ausgehen, dass die Beklagte bei der Beförderung von Wertpaketen erhöhte Sorgfalt aufwendet. Er wird zur Vermeidung eigenen Schadens den Wert der Sendung deklarieren, wenn dieser den in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs genannten Haftungshöchstbetrag überschreitet.
23
Hiervon ist auch in den Fällen auszugehen, die dem Haftungsregime der CMR unterfallen, auch wenn es in den Beförderungsbedingungen der Beklagten heißt, dass dann die im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden. Denn es kann angenommen werden, dass die Beklagte zur Vermeidung einer über die Haftungshöchstgrenze hinausgehenden Haftung ganz allgemein höhere Sicherheitsstandards wählen wird. Die Annahme, die Beklagte werde ihre Sicherheitsstandards davon abhängig machen, ob das übernommene Gut im selben Staat abgeliefert wird oder nicht, liegt eher fern.
24
Danach hätte die Versicherungsnehmerin zumindest wissen müssen, dass die Beklagte Wertpakete im Vergleich zu Standardsendungen mit größerer Sorgfalt behandelt.
25
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert der Mitverschuldenseinwand der Beklagten nicht an der fehlenden Kausalität der un- terlassenen Wertdeklarationen für die eingetretenen Schäden, weil der Beklagten ohnehin bekannt gewesen sei, dass Güter von erheblichem Wert befördert werden sollten.
26
Die Kausalität eines Mitverschuldens lässt sich in solchen Fällen nur verneinen , wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1952 - II ZR 56/52, VersR 1953, 14; MünchKomm.BGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 72; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 254 Rdn. 38). So hat der Senat den Mitverschuldenseinwand nicht für begründet erachtet, wenn der Frachtführer bei einer Nachnahmesendung aufgrund des einzuziehenden Betrags vom Wert des Gutes Kenntnis hat (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209 = NJW-RR 2005, 1058). Im vorliegenden Fall ist indes eine entsprechende Kenntnis der Beklagten nicht festgestellt. Die Versicherungsnehmerin hatte vielmehr einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten, da sie den Wert der zum Versand gebrachten Ware genau kannte, während der Beklagten allenfalls bewusst sein musste, dass sich in den Paketen Navigationsautoradiosysteme und/oder Zubehör befanden, die möglicherweise höherwertig waren. Der Wert der jeweils versandten Ware lag - wie sich aus den Wertangaben zu den Schadensfällen 9 und 21 ergibt - auch nicht immer deutlich über 2.000 DM. Der Beklagten konnte daher nicht allein aus dem Umstand, dass sie den Gegenstand des Unternehmens der Versicherungsnehmerin kannte, die Kenntnis unterstellt werden, dass ihr jeweils Güter von erheblichem Wert zur Beförderung übergeben würden.
27
3. Der Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration scheitert auch dann nicht an der fehlenden Kausalität, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein bei der Entstehung des Schadens mit- wirkendes Verschulden der Versender kommt vielmehr auch in Betracht, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ebenfalls Lücken in der Schnittstellenkontrolle verbleiben und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Sendung gerade in diesem Bereich verloren gegangen ist und die Angabe des Wertes der Ware daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318).
28
4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die unterlassenen Wertangaben auf den in Verlust geratenen Sendungen die Schäden mit verursacht haben, weil die Beklagte bei richtiger Wertangabe und entsprechender Bezahlung des höheren Beförderungstarifs ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann nicht zu den Verlusten gekommen wäre. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Transportweg einer dem Wert nach deklarierten Sendung weiterreichenden Kontrollen als der Weg einer nicht wertdeklarierten Sendung unterliege. Diesem Vorbringen wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben. Gelingt der Beklagten dieser Beweis nicht, wird sich das Berufungsgericht mit dem Einwand des Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auseinanderzusetzen haben.
29
5. Die Haftungsabwägung nach § 254 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH TranspR 2004, 399, 402).
30
Im Rahmen der Haftungsabwägung ist zu beachten, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Wa- re außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 10).
31
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung. Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst.
32
III. Danach konnte das angefochtene Urteil teilweise keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht in den unter II. genannten Verlustfällen ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.09.2002 - 415 O 157/01 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.02.2003 - 6 U 183/02 -

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.