Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2003 - II ZR 150/02

bei uns veröffentlicht am31.03.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 150/02 Verkündet am:
31. März 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Der Geschäftsführer einer GmbH verletzt seine Pflicht, das Gesellschaftsvermögen
zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung
aller künftigen Insolvenzgläubiger zusammenzuhalten, auch dann,
wenn er bei Insolvenzreife der Gesellschaft Mittel von einem Dritten
zu dem Zweck erhält, eine bestimmte Schuld zu tilgen, und kurze
Zeit später dementsprechend die Zahlung an den Gesellschaftsgläubiger
bewirkt.
BGH, Urteil vom 31. März 2003 - II ZR 150/02 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Graf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. April 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 15. September 1999 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. Beteiligungsgesellschaft mbH. Die Beklagten waren Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb von Geschäftsanteilen an der Bau K. W. GmbH (Bau KW GmbH) und die Gründung gleichartiger Unternehmen. Die Bau KW GmbH befindet sich seit dem 11. Juni 1999 in der Insolvenz.

Aufgrund eines zwischen der Gemeinschuldnerin und der Bau KW GmbH bestehenden Organschaftsverhältnisses hatte erstere Umsatz- und Ge- werbesteuern zu entrichten. Dies geschah in der Weise, daß die Bau KW GmbH als Organgesellschaft wenige Tage vor dem Fälligkeitstermin für eine Gutschrift in Höhe des geschuldeten Steuerbetrages auf dem Konto der Gemeinschuldnerin sorgte und diese sodann einem Mitarbeiter der Bau KW GmbH einen von ihr ausgestellten, auf das genannte Konto bezogenen Scheck zur Weiterleitung an die zuständige Steuerbehörde aushändigte. Bei Einlösung der Schecks durch die Steuerbehörden war somit sichergestellt, daß das Konto der Gemeinschuldnerin gedeckt war.
Auf diese Weise veranlaßten die Beklagten zwischen dem 20. Januar 1999 und 21. April 1999 vier Zahlungen über insgesamt 433.308,40 DM. Die Erstattung eines Teilbetrages von 330.000,00 DM ist Gegenstand der von dem Kläger erhobenen, auf § 64 Abs. 2 GmbHG gestützten Klage. Er hat behauptet, die Gemeinschuldnerin sei bereits zum Jahresende 1998 überschuldet gewesen. Die beklagten Geschäftsführer haben dies in Abrede gestellt und sich im übrigen darauf berufen, daß sie sich auf die am 12. April 1999 von der Streithelferin erstellte vorläufige Bilanz, die ein Eigenkapital von mehr als 1,8 Mio. DM ausgewiesen habe, hätten verlassen dürfen und deswegen jedenfalls ohne Verschulden die Zahlungen an die Steuerbehörden bewirkt hätten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf das Rechtsmittel der Beklagten abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, der seinen Klageanspruch weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Dieses hat angenommen, selbst wenn die Gemeinschuldnerin bereits Ende des Jahres 1998 insolvent gewesen sein sollte, hätten die von den Beklagten bewirkten Zahlungen einen Ersatzanspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG nicht auslösen können, weil bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Leistungen an die Steuerbehörden nicht zu einer Masseschmälerung geführt hätten. Zeitgleich mit den Auszahlungen seien nämlich dem Gesellschaftsvermögen die zweckgebundenen Einzahlungen der Bau KW GmbH zugeflossen, mit denen diese den aufgrund des Organschaftsverhältnisses bestehenden Aufwendungsersatzanspruch der Gemeinschuldnerin vorab befriedigt habe. Dies beruht, wie die Revision mit Recht geltend macht, auf Rechtsirrtum.
2. Da das Berufungsgericht das Vorhandensein einer Insolvenzsituation der Gemeinschuldnerin bereits für die erste Zahlung im Januar 1999 unterstellt und auch die Frage nicht geprüft hat, ob die von den Beklagten bewirkten Zahlungen ausnahmsweise mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren (§ 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, s. dazu Sen.Urt., BGHZ 146, 264, 274 ff.), ist zugunsten des Klägers revisionsrechtlich zu unterstellen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Entstehen der Erstattungspflicht nach § 64 Abs. 2 GmbHG - auch in der vollen geltend gemachten Höhe - zu Lasten der Beklagten erfüllt sind.
3. Danach war die von den Beklagten als Geschäftsführern der Gemein- schuldnerin veranlaßte Zahlung der Umsatz- und Gewerbesteuern nach § 64 Abs. 2 GmbHG verboten und hat einen Ersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe ausgelöst. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, hat die genannte Vorschrift nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt BGHZ 143, 184 ff.; BGHZ 146, 264 ff. m.w.N.) zum Ziel, Masseverkürzungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens zu verhindern bzw. für den Fall, daß der Geschäftsführer dieser Massesicherungspflicht nicht nachkommt, sicherzustellen , daß das Gesellschaftsvermögen wieder aufgefüllt wird, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht.
Dieser Zielsetzung des Gesetzes widerspricht es, wenn das Berufungsgericht - in diesem Zusammenhang zu Unrecht von "formaler" Betrachtung sprechend - eine Masseverkürzung mit der Begründung verneinen will, daß die Gemeinschuldnerin zeitgleich mit der Zahlung von der Organgesellschaft eine entsprechend hohe Einzahlung erhalten hat, durch welche diese den Aufwendungsersatzanspruch der Organträgerin vorab hat erfüllen wollen. Hätten sich die Beklagten als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin normgerecht verhalten , dann wäre der als Vorleistung der Bau KW GmbH dem Konto der Gemeinschuldnerin gutgeschriebene Betrag in deren Vermögen verblieben und hätte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger zur Verfügung gestanden; die Steuerbehörden hätten sich mit einer Quote von rund 30 % der Forderung zufriedengeben müssen , statt zu Lasten aller anderen Gesellschaftsgläubiger volle Befriedigung zu erhalten, und auch die Bau KW GmbH hätte sich wegen ihrer Vorauszahlung auf den künftig entstehenden Aufwendungsersatzanspruch wie alle anderen Gläubiger am Insolvenzverfahren beteiligen müssen.

Allenfalls dann, wenn mit den von dem Geschäftsführer bewirkten Zahlungen ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt und dort verblieben ist, kann erwogen werden, eine Masseverkürzung und damit einen Erstattungsanspruch gegen das Organmitglied zu verneinen (Sen.Urt. v. 11. September 2000 - II ZR 370/99, WM 2000, 2158 = ZIP 2000, 1896; ebenso Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG 4. Aufl. § 64 Rdn. 43, 57 f. m.w.N.; Heidenhain, LM Nr. 18 zu § 64 GmbHG; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rdn. 23 f.), weil dann der Sache nach lediglich ein Aktiventausch vorliegt. Darum handelt es sich indessen - wie oben ausgeführt - im vorliegenden Fall nicht; vielmehr hat die Bezahlung der Steuerschulden mit den auf dem Gesellschaftskonto vorhandenen Mitteln zu einer masseverkürzenden vorrangigen Befriedigung der Steuergläubiger geführt, der kein im Gesellschaftsvermögen verbliebener Gegenwert gegenübersteht.
Ob die Zahlung an die Steuerbehörden obendrein anfechtbar war, oder die Anfechtung in Anwendung des § 142 InsO ausscheidet, spielt in diesem Zusammenhang - entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten und deren Streithelferin - keine Rolle. Abgesehen davon, daß die Ersatzpflicht nach § 64 Abs. 2 GmbHG unabhängig von insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbeständen besteht (vgl. Sen.Urt., BGHZ 131, 325, 328 ff.), handelt es sich bei der Voraberfüllung des Aufwendungsersatzanspruchs der Gemeinschuldnerin durch die Bau KW GmbH und die Zahlung an die Steuerbehörden weder um ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO, noch ist die Gemeinschuldnerin in die Zahlungsvorgänge nach Art einer Bank eingeschaltet worden; vielmehr hat sie ihre eigene Verbindlichkeit als Organträgerin gegenüber den Steuerbehörden erfüllt.
II. Von seinem abweichenden Standpunkt aus hat das Berufungsgericht - folgerichtig - nicht geprüft, ob die Gemeinschuldnerin zur Zeit der hier in Rede stehenden Zahlungen insolvent war, ob die Leistungen an das Finanzamt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren, sowie ob der Ersatzanspruch in der vollen geltend gemachten Höhe besteht und nicht - wie in den Vorinstanzen angesprochen - bereits durch Erstattung der nur auf dem Wege der Vorauszahlung entrichteten Umsatzsteuern die Verkürzung der Masse - jedenfalls teilweise - behoben ist. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht , ggfs. nach Ergänzung des Sachvortrages durch die Parteien, die Gelegenheit, die fehlenden Feststellungen zu treffen.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Graf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2003 - II ZR 150/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2003 - II ZR 150/02

Referenzen - Gesetze

Insolvenzordnung - InsO | § 142 Bargeschäft


(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner un
Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2003 - II ZR 150/02 zitiert 3 §§.

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(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner un

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Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2003 - II ZR 150/02 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 370/99 Verkündet am:
11. September 2000
Boppel
Justizinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Anwendbarkeit des § 64 Abs. 2 GmbHG bei dem vom Geschäftsführer einer
konkursreifen GmbH veranlaßten Einzug eines Kundenschecks auf ein debitorisches
Bankkonto der Gesellschaft (Fortführung von BGHZ 143, 184).

b) Der Ersatzanspruch einer GmbH gegenüber ihrem Geschäftsführer aus § 64
Abs. 2 GmbHG ist im Fall ihrer masselosen Insolvenz der Pfändung durch einen
Gesellschaftsgläubiger zugänglich.
BGH, Urteil v. 11. September 2000 - II ZR 370/99 - OLG Celle
LG Stade
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 1. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 25. März 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte war Geschäftsführer der im November 1994 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen D. GmbH. Er reichte am 16. und 23. Januar 1995 zwei Kundenschecks im Gesamtbetrag von 66.000,-- DM zum Einzug auf das - mit einem höheren Debet belastete - Geschäftskonto der
GmbH bei der Städtischen Sparkasse B. ein. Am 26. Januar 1995 stellte er namens der GmbH Konkursantrag, der durch Beschluß des Amtsgerichts B. v om 3. April 1995 mangels Masse zurückgewiesen wurde. Durch Beschluß dieses Gerichts vom 18. April 1997 wurde gemäß § 2 Abs. 3 LöschG ein Liquidator für die am 10. August 1995 im Handelsregister gelöschte GmbH bestellt.
Die Klägerin hat aufgrund eines (rechtskräftigen) Vollstreckungsbescheides gegen die D. GmbH vom 2. März 1998 wegen einer Forderung von 96.133,48 DM einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 17. März 1998 erwirkt, durch den eine angebliche Schadensersatzforderung der GmbH gegen den Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG wegen des Scheckeinzugs gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen wurde. Diesen Anspruch macht die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 11.999,-- DM geltend. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe mit der Scheckeinreichung auf das debitorische Konto eine ihm gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG verbotene "Zahlung" an die Bank geleistet.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


I. Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision der Klägerin durch Ver-
säumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 82). II. Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte der Klägerin in Höhe des eingeklagten Teilbetrages Ersatz der auf das debitorische Konto der GmbH eingezogenen Scheckbeträge gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG i.V.m. §§ 829, 835 Abs. 1, 836 Abs. 1 ZPO.
1. Das Berufungsgericht hat - insoweit unangefochten - festgestellt, daß die D. GmbH seit November 1994 keine Löhne und Gehälter mehr habe zahlen können und bei Einreichung der beiden Kundenschecks durch den Beklagten am 16. und 23. Januar 1995 überschuldet sowie zahlungsunfähig gewesen sei. Das erschließt sich auch schon aus dem wenige Tage später - am 26. Januar 1995 - gestellten Konkursantrag und dessen Zurückweisung mangels Masse.
Sonach befand sich die D. GmbH zur Zeit der beiden Scheckeinreichungen in einer wirtschaftlichen Situation, in der der Beklagte als ihr Geschäftsführer bei Meidung seiner Ersatzpflicht gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG keine ihr verwertbares Vermögen mindernden "Zahlungen" mehr leisten durfte (vgl. Sen.Urt. v. 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184 = ZIP 2000, 184). Von der Erkennbarkeit der Konkursreife der GmbH für den Beklagten ist mangels gegenteiligen Nachweises auszugehen (vgl. Senat aaO).
2. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Scheckeinreichung auf das debitorische Konto einer
konkursreifen GmbH sei keine ihr Vermögen schmälernde "Zahlung" im Sinne von § 64 Abs. 2 GmbHG, sondern eine Maßnahme der Zufuhr finanzieller Mittel. Das Berufungsgericht stützt sich dabei auf Erwägungen, die es schon in seinem in einem anderen Rechtsstreit ergangenen Urteil vom 19. August 1998 (9 U 23/98, veröffentl. in OLG-Report 1998, 339) niedergelegt hat. Jenes Urteil hat der erkennende Senat im Revisionsverfahren II ZR 273/98 durch Urteil vom 29. November 1999 (aaO), das dem Berufungsgericht bei Abfassung seines in vorliegender Sache ergangenen Urteils vom 1. Dezember 1999 noch nicht bekannt war, aufgehoben und entschieden, daß das mit der Ersatzpflicht des Geschäftsführers bewehrte Zahlungsverbot des § 64 Abs. 2 GmbH grundsätzlich auch den Scheckeinzug auf ein debitorisches Gesellschaftskonto erfaßt. An dieser Entscheidung, die im Schrifttum bisher überwiegend Zustimmung gefunden hat (vgl. Frings, GmbHR 2000, 184; Noack, EWiR 2000, 295; einschr. Heidenhain in Anm. LM Nr. 18 zu § 64 GmbHG), ist festzuhalten. Aus ihren Gründen , auf die Bezug genommen wird, ergibt sich, daß die Erwägungen des Berufungsgerichts das angefochtene Urteil nicht zu tragen vermögen.
Ob im Ergebnis anderes dann gelten würde, wenn der durch den Schekkeinzug erweiterte Kreditspielraum zu gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG privilegierten Zahlungen (so das Berufungsgericht) oder zur Schaffung eines in das Gesellschaftsvermögen gelangten und dort voll erhalten gebliebenen Gegenwerts genutzt worden wäre (vgl. Heidenhain aaO), bedarf hier keiner Entscheidung , weil derartige Sachverhalte nicht festgestellt sind und dafür - in Anbetracht des wenige Tage nach dem Scheckeinzug beantragten, masselosen Konkurses - auch keine Anhaltspunkte vorliegen.
III. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Vielmehr steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG aus übergegangenem Recht der Gemeinschuldnerin (§ 836 Abs. 1 ZPO) zu.
1. Zwar bezweckt das Zahlungsverbot des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, die verteilungsfähige Vermögensmasse einer konkursreifen GmbH im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger als künftiger Insolvenzgläubiger zu erhalten (vgl. Sen.Urt. v. 29. November 1999 aaO), weshalb der Erstattungsanspruch der GmbH aus § 64 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraussetzt und von dem Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter zwecks Auffüllung der Masse geltend zu machen ist (vgl. Fleck, GmbHR 1974, 224, 230; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 64 Rdn. 38). Zutreffend wird jedoch im Schrifttum dem Fall der Konkurseröffnung derjenige ihrer Ablehnung mangels Masse gleichgestellt (vgl. die vorigen Nachweise), weil kein vernünftiger Grund besteht, den Geschäftsführer gerade in diesem besonders krassen Fall einer Vermögensverschlechterung der GmbH von der Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG freizustellen (Fleck aaO). Ist die Eröffnung des Konkursverfahrens - wie im vorliegenden Fall - mangels Masse abgelehnt worden, so kann der insolvenzrechtliche Gesichtspunkt der verhältnismäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger keine ausschlaggebende Rolle mehr spielen (vgl. Senat, BGHZ 53, 71, 74), und ist daher dem einzelnen Gläubiger der Zugriff auf den gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG der Gesellschaft zugeordneten Anspruch im Wege der Einzelzwangsvollstreckung eröffnet (vgl. auch Fleck aaO). Insoweit gilt hier ähnliches wie für die Pfändung einer rückständigen Einlageforderung der Gesellschaft (§ 19 Abs. 1 GmbHG) im Falle ihrer masselosen Insolvenz (vgl. dazu
BGHZ 53, 71, 74; Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 229/91, ZIP 1992, 992 sowie K. Schmidt, ZHR 157 [1993], 291, 317 f.).
2. Die Auflösung der Gesellschaft kraft Gesetzes bei Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse (vgl. § 1 LöschG, seit 1. Januar 1999 § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) steht einer Einzelzwangsvollstreckung in dem sich anschließenden Liquidationsstadium ebensowenig entgegen (vgl. Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO zu 1 b) wie die Löschung der GmbH wegen Vermögenslosigkeit nach dem im vorliegenden Fall einschlägigen § 2 LöschG (seit 1. Januar 1999 § 141 a FGG). Die Löschung hat für sich allein keine rechtsgestaltende , zur Vollbeendigung der GmbH führende Wirkung. Stellt sich nachträglich heraus, daß die GmbH noch Vermögen hat, zu dem auch ein Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG gehört, wird nunmehr ihre Abwicklung bzw. Liquidation durchgeführt (BGHZ 48, 303, 307). Dementsprechend wurde im vorliegenden Fall durch Gerichtsbeschluß vom 18. April 1997 gemäß § 2 Abs. 3 LöschG ein Liquidator bestellt. Dadurch ist nach der vorhandenen Gesetzeslage nicht die Situation eines Insolvenzverfahrens entstanden, die eine Einzelzwangsvollstreckung durch einen Gesellschaftsgläubiger ausschlösse (vgl. auch Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO, ZIP 1992, 992, 993 f.; kritisch zur Gesetzeslage Scholz/K. Schmidt, GmbHG 8. Aufl. Anh. § 60 Rdn. 7 f.; K. Schmidt, ZHR 1993, 291, 319 ff. sowie GesR 3. Aufl. § 11 VI 5 a). Da der Liquidator zwar befugt, infolge der Mittellosigkeit der GmbH aber gehindert ist, deren Anspruch gegenüber dem Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG durchzusetzen und den Erlös an die Klägerin und etwaige weitere Gläubiger zu verteilen, würde die Versagung einer Einzelzwangsvollstreckung in solchem Fall praktisch auf eine Befreiung des Geschäftsführers von seiner Erstattungspflicht zu Lasten des Titelgläubi-
gers hinauslaufen. Das wäre ein nicht hinnehmbares Ergebnis (vgl. auch Sen.Urt. v. 15. Juni 1992 aaO).
IV. Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden und auf die Revision des Klägers die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.
Röhricht Hesselberger Goette Kurzwelly Kraemer

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.