Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10

erstmalig veröffentlicht: 04.06.2013, letzte Fassung: 10.11.2022
vorgehend
Landgericht Kassel, 9 O 2658/06, 09.06.2009
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 15 U 124/09, 14.10.2010

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

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Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 207/10 Verkündet am:
4. Juni 2013
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
a) Die im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründete
Verpflichtung einer nicht leistungsfähigen Gesellschafterin zur Rückzahlung erheblicher
Beträge, die der andere Gesellschafter einlegt und die vereinbarungsgemäß
dem im Interesse der Gesellschaft tätigen Ehemann der Gesellschafterin
zufließen, ist nicht sittenwidrig, wenn die Ehefrau aufgrund ihrer Gesellschafterstellung
ein adäquates wirtschaftliches Eigeninteresse an der mit den Zahlungen
verbundenen Förderung des Gesellschaftszwecks hat.
b) Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen erfordert
eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände, die
zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind.
 
BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - II ZR 207/10 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
 
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck darin besteht, Verwertungsrechte aus sicherheitstechnischen Konstruktionen und Erfindungen des Beklagten zu 2 zu nutzen. Gesellschafter sind der Unternehmer Ri. R. und die Beklagte zu 1, die Ehefrau des Beklagten zu 2. Die Klägerin begehrt den teilweisen Ausgleich des negativen Kapitalkontos der Beklagten zu 1. Die Beklagten halten dem insbesondere entgegen, dass die der Ausgleichspflicht zugrunde liegenden gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen sittenwidrig seien.
2
R. und der Beklagte zu 2 vereinbarten zu Beginn ihrer geschäftlichen Zusammenarbeit 1996 mündlich, dass der Beklagte zu 2 seine Erfindungsvorhaben und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik weiterführen und hierbei von dem an einer wirtschaftlichen Verwertung interessierten R. finanziert werden solle. Über das Vermögen des Beklagten zu 2 war damals ein Konkursverfahren eröffnet. Beide Beklagten waren nicht kreditwürdig. Nachdem R. an den Beklagten zu 2 insgesamt 293.784 DM gezahlt hatte, schlossen die Parteien unter Einbeziehung der Beklagten zu 1 am 4./6. Mai 1997 eine schriftliche Vereinbarung, deren Nr. 2 auszugsweise lautet: Alle Herstellungsrechte und Vertriebsrechte aus den Konstruktionen, Patenten und sonstigen Urheberrechten auf dem Gebiete der mechanischen, elektronisch angesteuerten und elektronisch überwachten Sicherheitstechnik werden von A. [den Beklagten] auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen , an der R. zu 60% (…) und Frau G. A. [die Beklagte zu 1] zu 40% (…) am Kapital, am Ertrag und am Verlust beteiligt sind. (…)
3
Der Beklagte zu 2 erschien den Beteiligten wegen des laufenden Konkursverfahrens als Gesellschafter und möglicher Zahlungsempfänger ungeeignet. Im Juni 1998 schlossen R. und die Beklagte zu 1 einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag , der die Verhältnisse der Klägerin regelt. Geschäftsführung und Vertretung oblagen ausschließlich R. . Außerdem enthält der Vertrag (künftig: GV) unter anderem folgende Regelungen: § 2 Gegenstand und Zweck des Unternehmens (1) Der Gegenstand der GbR ist, die gemäß Vertrag vom 04. bzw. 06.05.1997 (…) auf die GbR übertragenen Verwertungsrechte zu nut- zen. (2) Die Verwertungsrechte können ganz oder zum Teil weiterveräußert werden.
§ 3 Gesellschaftsvermögen (1) Die Gesellschafter bringen die Verwertungsrechte gemäß dem in § 2 (1) zitierten Vertrag in die Gesellschaft ein; eine Bewertung dieser Einlage erfolgt nicht. (2) Die notwendigen finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung der Konstruktionen und Sicherung der Patente und Urheberrechte legt R. ein. Die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von ihm bestimmt. Einmal eingelegte Mittel können auch wieder entnommen werden. Auch von R. für den Gesellschaftszweck aufgebrachte, an D. A. [den Beklagten zu 2] und andere unmittelbar gezahlte Beträge werden als Einlage von R. in die Gesellschaft behandelt. (3) A. [die Beklagte zu 1] erbringt keine Bareinlage. Wenn durch Entnahmen ein negatives Kapitalkonto entsteht, so ist dieses durch Einlagen auszugleichen. Auch unmittelbar von R. an D. A. gezahlte Beträge (s. § 3 (2)) gelten als Entnahme von A. § 4 Beginn und Dauer der Gesellschaft (1) Die Gesellschaft hat am 6.5.1997 begonnen und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. (…) § 5 Beteiligungsverhältnisse und Gewinnverteilung (1) R. ist am Kapital der GbR entsprechend seiner Einlage beteiligt, die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von R. bestimmt (s.auch § 3 (2)). (2) A. erbringt keine Einlage. (3) R. ist am Gewinn und Verlust mit 70% (…) und A. mit 30% (…) beteiligt, abweichend von der Vereinbarung vom 4.5./6.5.97. (4) Werden die Verwertungsrechte an eine Gesellschaft veräußert, an der A. nicht beteiligt ist, so stehen Gewinne aus laufenden Einnahmen nach der Übertragung der Verwertungsrechte nur A. zu. Die Gewinne aus der Übertragung unterliegen der Regelung nach Absatz (3).
4
Durch Vertrag vom 8. Juni 1998 veräußerte die Klägerin ihre Verwer- tungsrechte „mit Wirkung vom Tage der Feststellung der Serienreife des Produkts“ an die G. GmbH (künftig: G. ), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer R. ist. Diesem oblag auch die Feststellung der Serienreife. Die Klägerin verpflichtete sich in § 2 des Vertrages , auch alle zukünftigen Entwicklungen, Konstruktionen und Rechte auf die G. zu übertragen. § 5 des Vertrags lautet: Als Entgelt für die Übertragung der Rechte nach §§ 1 und 2 erhält die GbR von der GmbH a) eine einmalige Kaufpreiszahlung von DM 1.000.000,-- (…). b) eine jährlichen Lizenz von 30% (…) des jeweiligen Jahresüberschusses der G. vor Ertragssteuern und vor Abzug dieser Lizenz, soweit dieser aus der Verwertung der übertragenen Rechte herrührt. Die Lizenz wird auf die Dauer von zehn Jahren gezahlt (…).
5
Die „Serienreife des Produkts“, von der die Wirksamkeit der Übertragung der Verwertungsrechte und damit auch deren Vergütung abhängt, wurde in der Folgezeit nicht festgestellt. Ob die den Verwertungsrechten zugrunde liegenden Erfindungen des Beklagten zu 2 brauchbar sind, ist streitig.
6
Der Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 wies für das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 ein Minus von 1.204.684,68 € aus, das sich im Wesentlichen aus so bezeichneten Entnahmen und zu einem kleinen Teil aus Verlustanteilen zusammensetzte. Von 1997 bis 2006 flossen 1.053,975,90 € über die Beklagte zu 1 an den Beklagten zu 2, wovon nach der - bestrittenen - Darstellung der Beklagten 205.305,89 € zur Materialbeschaffung verwendet wurden. Den im Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 ausgewiesenen Endbestand bestätigte die Beklagte zu 1 durch Erklärung vom 13. März 2006. Am gleichen Tag übernahm der Beklagte zu 2 für die Ausgleichsverpflichtung die selbstschuldnerische Bürgschaft.
7
Das Landgericht hat der auf einen Teilbetrag von 200.000 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren ergab sich, dass die Klägerin nach 2004 Gewinne schrieb. Zum 31. Dezember 2008 wurde das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 infolge zwischenzeitlicher Gewinnzuweisungen lediglich noch mit 254.832,70 € im Minus geführt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
I. Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Oktober 2010 - 15 U 124/09, juris) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet :
10
Gegen die Beklagte zu 1 bestehe kein gesellschaftsvertraglicher Ausgleichsanspruch. Es sei nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1 nicht zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 bestimmte Geldbeträge entnommen und damit „echte“ Entnahmen getätigt habe. Zwar sei § 3 Abs. 3 (Satz 3) GV dahin auszu- legen, dass nicht nur unmittelbare Zahlungen an den Beklagten zu 2 als Entnahmen der Beklagten zu 1 gelten sollten, sondern auch und erst Recht Zah- lungen, die an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 geleistet wurden. Gleichwohl bestehe die in § 3 Abs. 3 (Satz 2) GV vorgesehene Ausgleichspflicht der Beklagten zu 1 nicht, weil die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Regelung sittenwidrig und damit nichtig sei (§ 138 Abs. 1 BGB).
11
Die Vertragsbestimmung enthalte eine einseitige Lastenverteilung, durch die die Beklagte zu 1 in nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt werde. Die Einzahlungen des R. hätten den Charakter von Vorschusszahlungen erhalten, da sie im Wesentlichen für den Beklagten zu 2 bestimmt gewesen und daher nach § 3 Abs. 2 GV als ausgleichspflichtige Entnahmen der Beklagten zu 1 zu werten seien. Demnach seien die Mittel für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks letztlich von der Beklagten zu 1 aufzubringen gewesen, die somit das wirtschaftliche Risiko getragen habe. Unerheblich sei, ob vereinbart gewesen sei, den Beklagten zu 2 für seine Entwicklungstätigkeit zu bezahlen. Denn die Zahlungen an ihn seien ersichtlich erforderlich gewesen, um den Gesellschaftszweck zu verwirklichen, dessen Finanzierung R. gesellschaftsvertraglich übernommen habe. Offensichtlich sei auch die Materialbeschaffung mit rund 205.000 € über den Beklagten zu 2 abgewickelt worden. Die in § 3 Abs. 3 GV getroffene Regelung führe weiter dazu, dass die in § 5 Abs. 3 GV vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung zu Lasten der Beklagten zu 1 weitgehend außer Kraft gesetzt worden sei, da die Beklagte zu 1 den durch die Zahlungen an den Beklagten zu 2 bewirkten „Verlust“ allein zu tragen habe. Die grobe Be- nachteiligung der Beklagten zu 1 werde durch billigenswerte Interessen des R. nicht gerechtfertigt. Er trage zwar bei einem Scheitern der Gesellschaft das Insolvenzrisiko der Beklagten zu 1. Dem sei aber durch seinen überwiegenden Gewinnanteil von 70% bereits Rechnung getragen.
12
Durch die in Rede stehende Regelung sei die bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages mittellose Beklagte zu 1 finanziell krass überfordert worden.
Den Parteien sei bekannt gewesen, dass zumindest hohe sechsstellige Beträge erforderlich wären, bevor die Klägerin Gewinne erzielen konnte. Auch angesichts der aus vorvertraglichen Zahlungen an den Beklagten zu 2 resultierenden Vorbelastungen, die sich nach dem Vermögensstatus für 1997 auf 540.000 DM und nach einem Vermerk des R. zum 15. April 1998 auf über 642.000 DM belaufen hätten, sei die Beklagte zu 1 mit Verbindlichkeiten belastet worden, zu deren Rückführung sie außerstande gewesen sei, wenn der Gesellschaftszweck nicht gewinnbringend hätte verwirklicht werden können.
13
Die in § 3 Abs. 3 GV getroffene Regelung sei auch Ausdruck einer verwerflichen Gesinnung des Gesellschafters R. , der seine Interessen in krasser Weise einseitig durchgesetzt habe. Die Beklagte zu 1 habe sich in einer prekären Lage und deutlich schwächeren Verhandlungsposition befunden. Sie habe an der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks nur ein mittelbares Interesse als Ehefrau des Beklagten zu 2 gehabt. Es ändere nichts, dass der Beklagte zu 2 durch die Zusammenarbeit mit R. in die Lage versetzt worden sei, seine Konstruktionen mit Aussicht auf Gewinn weiterzuentwickeln. Dies hätte es zwar billigenswert erscheinen lassen können, den Beklagten zu 2 entsprechend zu belasten. Eine Verlagerung der Entwicklungskosten und des wirtschaftlichen Risikos auf die an den geschäftlichen Tätigkeiten nicht beteiligte Beklagte zu 1 nur in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des Beklagten zu 2 sei damit aber nicht zu rechtfertigen. Diese Situation sei vergleichbar mit der einer nicht leistungsfähigen Ehefrau, die in eine Darlehensaufnahme zu geschäftlichen Zwecken ihres Ehemanns als Mitdarlehensnehmerin oder - wie hier - gar alleinige Darlehensnehmerin einbezogen werde.
14
Da die Beklagte zu 1 nicht zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet sei, fehle es für den Anspruch gegen den Beklagten zu 2 aus einer übernommenen Bürgschaft am Bestehen der Hauptschuld.
15
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
16
1. Die Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 3 GV durch das Berufungsgericht ist allerdings frei von Rechtsfehlern und wird von den Parteien in der Revisionsinstanz auch nicht beanstandet. Danach zählen zu den Entnahmen der Beklagten zu 1, die ihr Kapitalkonto belasten und von ihr nach Maßgabe von § 3 Abs. 3 Satz 2 GV durch Einlagen auszugleichen sind, nicht nur - dem Gesellschaftszweck dienende (§ 3 Abs. 2 Satz 4 GV) - Zahlungen, die R. unmittelbar an den Beklagten zu 2 leistet, sondern auch Zahlungen, die R. an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 erbringt.
17
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht indes die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zur Ausgleichspflicht der Beklagten zu 1 gemäß § 138 Abs. 1 BGB für nichtig gehalten. Mit der von ihm gegebenen Begründung kann eine Sittenwidrigkeit der in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffenen Regelung nicht angenommen werden.
18
a) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob eine gleichlautende Regelung in einem Gesellschaftsvertrag mit dem Beklagten zu 2 wirksam gewesen wäre, und maßgebend darauf abgestellt, dass die an den geschäftlichen Tätigkeiten unbeteiligte und nur mittelbar als Ehefrau interessierte Beklagte zu 1 nicht mit dem aus § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV folgenden wirtschaftlichen Risiko hätte belastet werden dürfen.
19
Hierbei hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, dass die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin wirtschaftliche Teilhaberin von Verwertungsrechten wurde, die ursprünglich dem Beklagten zu 2 als dem Erfinder und Entwickler zustanden. Dem von ihr übernommenen Risiko stand damit die Chance gegenüber, von einer gewinnbringenden Nutzung der Verwertungsrechte anteilig zu profitieren.
20
aa) In diesem Punkt unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von den - vom Berufungsgericht als vergleichbar angesehenen - Fällen der Einbeziehung einer nicht leistungsfähigen Ehefrau in eine den geschäftlichen Zwecken des Ehemanns dienende Darlehensaufnahme. Die hierzu ergangene Rechtsprechung betrifft die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge , deren Sittenwidrigkeit im Regelfall bejaht wird, wenn der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehenden Sicherungsgeber finanziell krass überfordert wird, da dies die Vermutung begründet, er habe die ihn übermäßig belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber habe dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, ZIP 2005, 432, 433; Urteil vom 19. Februar 2013 - XI ZR 82/11, ZIP 2013, 664 Rn. 9).
21
Auch bei Sicherungsgeschäften dieser Art liegt aber eine andere Beurteilung nahe, wenn der finanziell krass überforderte Bürge oder Mitverpflichtete an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, ZIP 2005, 432, 434; siehe auch BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, ZIP 2003, 1596, 1598). Insbesondere ist ein die Annahme der Sittenwidrigkeit hinderndes wirtschaftliches Eigeninteresse des Sicherungsgebers grundsätzlich anzunehmen, wenn der nicht nur unbedeutend beteiligte Gesellschafter einer kreditsuchenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Kommanditgesellschaft für die Gesellschaft bürgt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, ZIP 2003, 288, 289; Urteil vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2251).
22
Anders verhält es sich, wenn der Gesellschafter - für den Kreditgeber klar ersichtlich - lediglich die Funktion eines Strohmanns ohne eigene wirt- schaftliche Interessen und finanzielle Beteiligung wahrnimmt und die Stellung eines Gesellschafters nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, BGHZ 137, 329, 337; Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, ZIP 2001, 1954, 1955; Urteil vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2251). Ein eigenes finanzielles Interesse an der Gesellschaftsbeteiligung fehlt dem Gesellschafter, wenn er seinen Anteil treuhänderisch hält und die Erträge aus der Gesellschafterstellung nach § 667 BGB an den Treugeber abzuführen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, BGHZ 137, 329, 337).
23
bb) Im Streitfall hat sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befasst , ob die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, Gewinnanteile, die ihr als Gesellschafterin zufließen, an den Beklagten zu 2 weiterzureichen. Eine dahingehende , für R. klar ersichtliche, Verpflichtung der Beklagten zu 1 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch nicht unterstellt werden. Gegen die Annahme, die Beteiligten hätten einen Herausgabeanspruch des Beklagten zu 2 begründen wollen, spricht, dass die Gründung der Klägerin den Umständen nach dem Bestreben gedient haben dürfte, neben den Rechten aus den Erfindungen des Beklagten zu 2 auch die daraus erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile vor dem Zugriff der Gläubiger des Beklagten zu 2 zu schützen, der seinerseits darauf vertraut haben mag, dass etwaige Gewinne aus der Nutzung seiner Erfindungen, die seiner Ehefrau zufließen, im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft auch ihm zugutekommen werden.
24
b) Die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Ausgleichsregelung kann bei Einbeziehung des revisionsrechtlich zu unterstellenden wirtschaftlichen Eigeninteresses der Beklagten als Gesellschafterin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht als sittenwidrig angesehen werden. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine einseitige Lastenverteilung und grobe Benachteiligung der Beklagten zu 1 angenommen hat, rechtfertigen die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB schon deshalb nicht, weil sie ihrerseits nicht frei von Rechtsfehlern sind.
25
aa) Der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter wirksam vorsehen (BGH, Urteil vom 27. September 1965 - II ZR 186/63, WM 1965, 1284, 1286; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 705 Rn. 247). Die Verlustbeteiligung einzelner Gesellschafter kann beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 26. Januar 1967 - II ZR 127/65, WM 1967, 346, 347; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 722 Rn. 3, 5). Die Grenze zur Sittenwidrigkeit wird erst bei einer groben Ungleichbehandlung der Gesellschafter unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Vormachtstellung des einen oder des Vertrauens und der Unerfahrenheit des anderen Teils überschritten (vgl. MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 705 Rn. 134). Diese Voraussetzungen können beispielsweise bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Wert einer Einlage und dem hierfür vereinbarten Wertansatz erfüllt sein, sofern weitere Umstände wie eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hinzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1974 - II ZR 24/73, WM 1975, 325, 327; Urteil vom 9. Mai 1988 - II ZR 247/87, WM 1988, 1370,

1373).

26
bb) Die Einschätzung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 werde durch den Gesellschaftsvertrag grob benachteiligt, begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
27
Zwar trifft es zu, dass R. sich eine 70%ige Gewinnbeteiligung einräumen ließ, während andererseits die finanziellen Mittel, die durch R. dem Be- klagten zu 2 zur Weiterentwicklung seiner Konstruktionen unmittelbar oder über die Beklagte zu 1 zur Verfügung gestellt wurden, allein das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 belasten und von ihr zurückzuführen sind.
28
Damit sind aber keine Umstände aufgezeigt, die einen Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung ermöglichen und die Annahme eines Missverhältnisses rechtfertigen würden. Auch eine anderweitige grobe Benachteiligung kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Ausgangspunkt einer wertenden Betrachtung ist vielmehr die Überlegung, wie der Beklagte zu 2 als Erfinder bzw. die Beklagte zu 1, die an seiner Stelle den Ertrag der Erfindungen vereinnahmen soll, ohne Beteiligung des R. stünden. In diesem Fall hätten die Beklagten gleichfalls die Entwicklungskosten finanzieren und das Risiko tragen müssen, dass sich die Aufwendungen nicht amortisieren. Sie hätten außerdem für einen aufzunehmenden Kredit Zinsen zahlen müssen, während R. die in die Gesellschaft eingelegten Gelder zinslos gewährt hat. Allerdings hätten die Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Verwertung der Erfindungen nicht teilen müssen. Nach § 5 Abs. 3 GV beträgt der Gewinnanteil der Beklagten zu 1 lediglich 30%.
29
Eine Gegenüberstellung der jeweiligen Gewinnaussichten lässt sich aber nicht auf einen Vergleich prozentualer Gewinnbeteiligungen beschränken. Vielmehr erfordert die bei Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB vorzunehmende Gesamtwürdigung die Einbeziehung aller relevanten Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1988 - II ZR 247/87, WM 1988, 1370, 1373; Urteil vom 5. Mai 2003 - II ZR 112/01, ZIP 2003, 1442). Danach dürfte hier auch der Vertrag vom 8. Juni 1998 zwischen der Klägerin und der G. zu berücksichtigen sein, der mit dem schriftlich erklärten Einverständnis der Beklagten geschlossen wurde. Durch diesen Vertrag übertrug die Klägerin die Verwertungsrechte mit Wirkung ab Feststellung der Serienreife des Produkts an die G. . Als Vergütung sollte ein Betrag von 1.000.000 DM gezahlt werden, wovon gemäß § 5 Abs. 3 GV 30% auf die Beklagte zu 1 entfallen würden, sowie eine als Lizenz bezeichnete jährliche Gewinnbeteiligung in Höhe von 30% für die Dauer von 10 Jahren, die nach § 5 Abs. 4 GV der Beklagten zu 1 in voller Höhe zustünde. Es ist auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagten die Verwertungsrechte - unter der Voraussetzung ihrer praktischen Nutzbarkeit - unter marktüblichen Bedingungen ohne Beteiligung des R. mit einem wesentlich besseren Ertrag hätten veräußern oder lizenzieren können. Der Umstand, dass bei Zahlung des vereinbarten Festbetrages 70% auf R. entfallen (§ 5 Abs. 3 GV) hat nur geringe Aussagekraft, da R. zugleich alleiniger Gesellschafter der G. ist, die den Betrag aufzubringen hat.
30
Es kann, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass R. es übernommen hat, die Mittel, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks an den Beklagten zu 2 fließen und für die letztlich die Beklagte zu 1 aufzukommen hat, vorzuschießen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem damit verbundenen Ausfallrisiko des R. sei durch dessen höheren Gewinnanteil Rechnung getragen. Darin liegt schon deshalb keine überzeugende Bewertung des - möglicherweise erheblichen - Ausfallrisikos, weil § 5 Abs. 4 GV und der mit der G. geschlossene Rechteübertragungsvertrag unberücksichtigt geblieben sind.
31
III. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
32
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, dass die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Regelung wirksam ist, wird es sich gegebenenfalls mit der Frage zu befassen haben, ob und wann ein nach etwaigen weiteren Gewinnzuweisungen möglicherweise noch bestehender Ausgleichsanspruch der Klägerin fällig geworden ist. In § 3 Abs. 3 Satz 2 GV sind zeitliche Einschränkungen des dort begründeten Ausgleichsanspruchs zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Gleichwohl kann der Ausgleichsanspruch unbegründet sein, wenn und solange durch seine Geltendmachung zur Unzeit eine erfolgversprechende, wenngleich noch nicht ertragreiche Weiterentwicklung der Konstruktionen treuwidrig vereitelt und hierdurch der Gesellschaftszweck gefährdet wird.
33
Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass die nach dem Vertrag der Klägerin mit der G. vom 8. Juni 1998 maßgebende „Serienreife des Pro- dukts“ als festgestellt gilt, wenn die Serienreife nach objektivem Maßstab vor- liegt und ihre Feststellung von R. treuwidrig abgelehnt wird (§ 162 Abs. 1 BGB). Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die durch R. zu treffende Entscheidung in seinem freien Belieben stehen sollte.
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder Vorinstanzen: LG Kassel, Entscheidung vom 09.06.2009 - 9 O 2658/06 - OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 14.10.2010 - 15 U 124/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10

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(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 705 Inhalt des Gesellschaftsvertrags


Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10

bei uns veröffentlicht am 04.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 207/10 Verkündet am: 4. Juni 2013 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja   BGB § 138 A

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2002 - XI ZR 82/02

bei uns veröffentlicht am 10.12.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 82/02 Verkündet am: 10. Dezember 2002 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja.

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2002 - XI ZR 306/01

bei uns veröffentlicht am 17.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 306/01 Verkündet am: 17. September 2002 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 82/11

bei uns veröffentlicht am 19.02.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil XI ZR 82/11 Verkündet am: 19. Februar 2013 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 765, 13

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2001 - IX ZR 183/00

bei uns veröffentlicht am 18.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 183/00 Verkündet am: 18. September 2001 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 765, 138 Abs. 1 Bb Behauptet de

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2003 - II ZR 112/01

bei uns veröffentlicht am 05.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 112/01 Verkündet am: 5. Mai 2003 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99

bei uns veröffentlicht am 27.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 283/99 Verkündet am: 27. Mai 2003 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 286 (E) Vermag sich eine Partei an ein

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2005 - XI ZR 28/04

bei uns veröffentlicht am 25.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 28/04 Verkündet am: 25. Januar 2005 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ____
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juni 2013 - II ZR 207/10

bei uns veröffentlicht am 04.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 207/10 Verkündet am: 4. Juni 2013 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja   BGB § 138 A

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2013 - XI ZR 508/12

bei uns veröffentlicht am 10.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil XI ZR 508/12 Verkündet am: 10. Dezember 2013 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 767 BGB

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 207/10 Verkündet am:
4. Juni 2013
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
a) Die im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründete
Verpflichtung einer nicht leistungsfähigen Gesellschafterin zur Rückzahlung erheblicher
Beträge, die der andere Gesellschafter einlegt und die vereinbarungsgemäß
dem im Interesse der Gesellschaft tätigen Ehemann der Gesellschafterin
zufließen, ist nicht sittenwidrig, wenn die Ehefrau aufgrund ihrer Gesellschafterstellung
ein adäquates wirtschaftliches Eigeninteresse an der mit den Zahlungen
verbundenen Förderung des Gesellschaftszwecks hat.
b) Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen erfordert
eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände, die
zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind.
 
BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - II ZR 207/10 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
 
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck darin besteht, Verwertungsrechte aus sicherheitstechnischen Konstruktionen und Erfindungen des Beklagten zu 2 zu nutzen. Gesellschafter sind der Unternehmer Ri. R. und die Beklagte zu 1, die Ehefrau des Beklagten zu 2. Die Klägerin begehrt den teilweisen Ausgleich des negativen Kapitalkontos der Beklagten zu 1. Die Beklagten halten dem insbesondere entgegen, dass die der Ausgleichspflicht zugrunde liegenden gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen sittenwidrig seien.
2
R. und der Beklagte zu 2 vereinbarten zu Beginn ihrer geschäftlichen Zusammenarbeit 1996 mündlich, dass der Beklagte zu 2 seine Erfindungsvorhaben und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik weiterführen und hierbei von dem an einer wirtschaftlichen Verwertung interessierten R. finanziert werden solle. Über das Vermögen des Beklagten zu 2 war damals ein Konkursverfahren eröffnet. Beide Beklagten waren nicht kreditwürdig. Nachdem R. an den Beklagten zu 2 insgesamt 293.784 DM gezahlt hatte, schlossen die Parteien unter Einbeziehung der Beklagten zu 1 am 4./6. Mai 1997 eine schriftliche Vereinbarung, deren Nr. 2 auszugsweise lautet: Alle Herstellungsrechte und Vertriebsrechte aus den Konstruktionen, Patenten und sonstigen Urheberrechten auf dem Gebiete der mechanischen, elektronisch angesteuerten und elektronisch überwachten Sicherheitstechnik werden von A. [den Beklagten] auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen , an der R. zu 60% (…) und Frau G. A. [die Beklagte zu 1] zu 40% (…) am Kapital, am Ertrag und am Verlust beteiligt sind. (…)
3
Der Beklagte zu 2 erschien den Beteiligten wegen des laufenden Konkursverfahrens als Gesellschafter und möglicher Zahlungsempfänger ungeeignet. Im Juni 1998 schlossen R. und die Beklagte zu 1 einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag , der die Verhältnisse der Klägerin regelt. Geschäftsführung und Vertretung oblagen ausschließlich R. . Außerdem enthält der Vertrag (künftig: GV) unter anderem folgende Regelungen: § 2 Gegenstand und Zweck des Unternehmens (1) Der Gegenstand der GbR ist, die gemäß Vertrag vom 04. bzw. 06.05.1997 (…) auf die GbR übertragenen Verwertungsrechte zu nut- zen. (2) Die Verwertungsrechte können ganz oder zum Teil weiterveräußert werden.
§ 3 Gesellschaftsvermögen (1) Die Gesellschafter bringen die Verwertungsrechte gemäß dem in § 2 (1) zitierten Vertrag in die Gesellschaft ein; eine Bewertung dieser Einlage erfolgt nicht. (2) Die notwendigen finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung der Konstruktionen und Sicherung der Patente und Urheberrechte legt R. ein. Die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von ihm bestimmt. Einmal eingelegte Mittel können auch wieder entnommen werden. Auch von R. für den Gesellschaftszweck aufgebrachte, an D. A. [den Beklagten zu 2] und andere unmittelbar gezahlte Beträge werden als Einlage von R. in die Gesellschaft behandelt. (3) A. [die Beklagte zu 1] erbringt keine Bareinlage. Wenn durch Entnahmen ein negatives Kapitalkonto entsteht, so ist dieses durch Einlagen auszugleichen. Auch unmittelbar von R. an D. A. gezahlte Beträge (s. § 3 (2)) gelten als Entnahme von A. § 4 Beginn und Dauer der Gesellschaft (1) Die Gesellschaft hat am 6.5.1997 begonnen und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. (…) § 5 Beteiligungsverhältnisse und Gewinnverteilung (1) R. ist am Kapital der GbR entsprechend seiner Einlage beteiligt, die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von R. bestimmt (s.auch § 3 (2)). (2) A. erbringt keine Einlage. (3) R. ist am Gewinn und Verlust mit 70% (…) und A. mit 30% (…) beteiligt, abweichend von der Vereinbarung vom 4.5./6.5.97. (4) Werden die Verwertungsrechte an eine Gesellschaft veräußert, an der A. nicht beteiligt ist, so stehen Gewinne aus laufenden Einnahmen nach der Übertragung der Verwertungsrechte nur A. zu. Die Gewinne aus der Übertragung unterliegen der Regelung nach Absatz (3).
4
Durch Vertrag vom 8. Juni 1998 veräußerte die Klägerin ihre Verwer- tungsrechte „mit Wirkung vom Tage der Feststellung der Serienreife des Produkts“ an die G. GmbH (künftig: G. ), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer R. ist. Diesem oblag auch die Feststellung der Serienreife. Die Klägerin verpflichtete sich in § 2 des Vertrages , auch alle zukünftigen Entwicklungen, Konstruktionen und Rechte auf die G. zu übertragen. § 5 des Vertrags lautet: Als Entgelt für die Übertragung der Rechte nach §§ 1 und 2 erhält die GbR von der GmbH a) eine einmalige Kaufpreiszahlung von DM 1.000.000,-- (…). b) eine jährlichen Lizenz von 30% (…) des jeweiligen Jahresüberschusses der G. vor Ertragssteuern und vor Abzug dieser Lizenz, soweit dieser aus der Verwertung der übertragenen Rechte herrührt. Die Lizenz wird auf die Dauer von zehn Jahren gezahlt (…).
5
Die „Serienreife des Produkts“, von der die Wirksamkeit der Übertragung der Verwertungsrechte und damit auch deren Vergütung abhängt, wurde in der Folgezeit nicht festgestellt. Ob die den Verwertungsrechten zugrunde liegenden Erfindungen des Beklagten zu 2 brauchbar sind, ist streitig.
6
Der Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 wies für das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 ein Minus von 1.204.684,68 € aus, das sich im Wesentlichen aus so bezeichneten Entnahmen und zu einem kleinen Teil aus Verlustanteilen zusammensetzte. Von 1997 bis 2006 flossen 1.053,975,90 € über die Beklagte zu 1 an den Beklagten zu 2, wovon nach der - bestrittenen - Darstellung der Beklagten 205.305,89 € zur Materialbeschaffung verwendet wurden. Den im Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 ausgewiesenen Endbestand bestätigte die Beklagte zu 1 durch Erklärung vom 13. März 2006. Am gleichen Tag übernahm der Beklagte zu 2 für die Ausgleichsverpflichtung die selbstschuldnerische Bürgschaft.
7
Das Landgericht hat der auf einen Teilbetrag von 200.000 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren ergab sich, dass die Klägerin nach 2004 Gewinne schrieb. Zum 31. Dezember 2008 wurde das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 infolge zwischenzeitlicher Gewinnzuweisungen lediglich noch mit 254.832,70 € im Minus geführt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
I. Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Oktober 2010 - 15 U 124/09, juris) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet :
10
Gegen die Beklagte zu 1 bestehe kein gesellschaftsvertraglicher Ausgleichsanspruch. Es sei nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1 nicht zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 bestimmte Geldbeträge entnommen und damit „echte“ Entnahmen getätigt habe. Zwar sei § 3 Abs. 3 (Satz 3) GV dahin auszu- legen, dass nicht nur unmittelbare Zahlungen an den Beklagten zu 2 als Entnahmen der Beklagten zu 1 gelten sollten, sondern auch und erst Recht Zah- lungen, die an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 geleistet wurden. Gleichwohl bestehe die in § 3 Abs. 3 (Satz 2) GV vorgesehene Ausgleichspflicht der Beklagten zu 1 nicht, weil die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Regelung sittenwidrig und damit nichtig sei (§ 138 Abs. 1 BGB).
11
Die Vertragsbestimmung enthalte eine einseitige Lastenverteilung, durch die die Beklagte zu 1 in nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt werde. Die Einzahlungen des R. hätten den Charakter von Vorschusszahlungen erhalten, da sie im Wesentlichen für den Beklagten zu 2 bestimmt gewesen und daher nach § 3 Abs. 2 GV als ausgleichspflichtige Entnahmen der Beklagten zu 1 zu werten seien. Demnach seien die Mittel für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks letztlich von der Beklagten zu 1 aufzubringen gewesen, die somit das wirtschaftliche Risiko getragen habe. Unerheblich sei, ob vereinbart gewesen sei, den Beklagten zu 2 für seine Entwicklungstätigkeit zu bezahlen. Denn die Zahlungen an ihn seien ersichtlich erforderlich gewesen, um den Gesellschaftszweck zu verwirklichen, dessen Finanzierung R. gesellschaftsvertraglich übernommen habe. Offensichtlich sei auch die Materialbeschaffung mit rund 205.000 € über den Beklagten zu 2 abgewickelt worden. Die in § 3 Abs. 3 GV getroffene Regelung führe weiter dazu, dass die in § 5 Abs. 3 GV vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung zu Lasten der Beklagten zu 1 weitgehend außer Kraft gesetzt worden sei, da die Beklagte zu 1 den durch die Zahlungen an den Beklagten zu 2 bewirkten „Verlust“ allein zu tragen habe. Die grobe Be- nachteiligung der Beklagten zu 1 werde durch billigenswerte Interessen des R. nicht gerechtfertigt. Er trage zwar bei einem Scheitern der Gesellschaft das Insolvenzrisiko der Beklagten zu 1. Dem sei aber durch seinen überwiegenden Gewinnanteil von 70% bereits Rechnung getragen.
12
Durch die in Rede stehende Regelung sei die bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages mittellose Beklagte zu 1 finanziell krass überfordert worden.
Den Parteien sei bekannt gewesen, dass zumindest hohe sechsstellige Beträge erforderlich wären, bevor die Klägerin Gewinne erzielen konnte. Auch angesichts der aus vorvertraglichen Zahlungen an den Beklagten zu 2 resultierenden Vorbelastungen, die sich nach dem Vermögensstatus für 1997 auf 540.000 DM und nach einem Vermerk des R. zum 15. April 1998 auf über 642.000 DM belaufen hätten, sei die Beklagte zu 1 mit Verbindlichkeiten belastet worden, zu deren Rückführung sie außerstande gewesen sei, wenn der Gesellschaftszweck nicht gewinnbringend hätte verwirklicht werden können.
13
Die in § 3 Abs. 3 GV getroffene Regelung sei auch Ausdruck einer verwerflichen Gesinnung des Gesellschafters R. , der seine Interessen in krasser Weise einseitig durchgesetzt habe. Die Beklagte zu 1 habe sich in einer prekären Lage und deutlich schwächeren Verhandlungsposition befunden. Sie habe an der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks nur ein mittelbares Interesse als Ehefrau des Beklagten zu 2 gehabt. Es ändere nichts, dass der Beklagte zu 2 durch die Zusammenarbeit mit R. in die Lage versetzt worden sei, seine Konstruktionen mit Aussicht auf Gewinn weiterzuentwickeln. Dies hätte es zwar billigenswert erscheinen lassen können, den Beklagten zu 2 entsprechend zu belasten. Eine Verlagerung der Entwicklungskosten und des wirtschaftlichen Risikos auf die an den geschäftlichen Tätigkeiten nicht beteiligte Beklagte zu 1 nur in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des Beklagten zu 2 sei damit aber nicht zu rechtfertigen. Diese Situation sei vergleichbar mit der einer nicht leistungsfähigen Ehefrau, die in eine Darlehensaufnahme zu geschäftlichen Zwecken ihres Ehemanns als Mitdarlehensnehmerin oder - wie hier - gar alleinige Darlehensnehmerin einbezogen werde.
14
Da die Beklagte zu 1 nicht zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet sei, fehle es für den Anspruch gegen den Beklagten zu 2 aus einer übernommenen Bürgschaft am Bestehen der Hauptschuld.
15
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
16
1. Die Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 3 GV durch das Berufungsgericht ist allerdings frei von Rechtsfehlern und wird von den Parteien in der Revisionsinstanz auch nicht beanstandet. Danach zählen zu den Entnahmen der Beklagten zu 1, die ihr Kapitalkonto belasten und von ihr nach Maßgabe von § 3 Abs. 3 Satz 2 GV durch Einlagen auszugleichen sind, nicht nur - dem Gesellschaftszweck dienende (§ 3 Abs. 2 Satz 4 GV) - Zahlungen, die R. unmittelbar an den Beklagten zu 2 leistet, sondern auch Zahlungen, die R. an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 erbringt.
17
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht indes die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zur Ausgleichspflicht der Beklagten zu 1 gemäß § 138 Abs. 1 BGB für nichtig gehalten. Mit der von ihm gegebenen Begründung kann eine Sittenwidrigkeit der in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffenen Regelung nicht angenommen werden.
18
a) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob eine gleichlautende Regelung in einem Gesellschaftsvertrag mit dem Beklagten zu 2 wirksam gewesen wäre, und maßgebend darauf abgestellt, dass die an den geschäftlichen Tätigkeiten unbeteiligte und nur mittelbar als Ehefrau interessierte Beklagte zu 1 nicht mit dem aus § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV folgenden wirtschaftlichen Risiko hätte belastet werden dürfen.
19
Hierbei hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, dass die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin wirtschaftliche Teilhaberin von Verwertungsrechten wurde, die ursprünglich dem Beklagten zu 2 als dem Erfinder und Entwickler zustanden. Dem von ihr übernommenen Risiko stand damit die Chance gegenüber, von einer gewinnbringenden Nutzung der Verwertungsrechte anteilig zu profitieren.
20
aa) In diesem Punkt unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von den - vom Berufungsgericht als vergleichbar angesehenen - Fällen der Einbeziehung einer nicht leistungsfähigen Ehefrau in eine den geschäftlichen Zwecken des Ehemanns dienende Darlehensaufnahme. Die hierzu ergangene Rechtsprechung betrifft die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge , deren Sittenwidrigkeit im Regelfall bejaht wird, wenn der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehenden Sicherungsgeber finanziell krass überfordert wird, da dies die Vermutung begründet, er habe die ihn übermäßig belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber habe dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, ZIP 2005, 432, 433; Urteil vom 19. Februar 2013 - XI ZR 82/11, ZIP 2013, 664 Rn. 9).
21
Auch bei Sicherungsgeschäften dieser Art liegt aber eine andere Beurteilung nahe, wenn der finanziell krass überforderte Bürge oder Mitverpflichtete an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, ZIP 2005, 432, 434; siehe auch BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, ZIP 2003, 1596, 1598). Insbesondere ist ein die Annahme der Sittenwidrigkeit hinderndes wirtschaftliches Eigeninteresse des Sicherungsgebers grundsätzlich anzunehmen, wenn der nicht nur unbedeutend beteiligte Gesellschafter einer kreditsuchenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Kommanditgesellschaft für die Gesellschaft bürgt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, ZIP 2003, 288, 289; Urteil vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2251).
22
Anders verhält es sich, wenn der Gesellschafter - für den Kreditgeber klar ersichtlich - lediglich die Funktion eines Strohmanns ohne eigene wirt- schaftliche Interessen und finanzielle Beteiligung wahrnimmt und die Stellung eines Gesellschafters nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, BGHZ 137, 329, 337; Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, ZIP 2001, 1954, 1955; Urteil vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2251). Ein eigenes finanzielles Interesse an der Gesellschaftsbeteiligung fehlt dem Gesellschafter, wenn er seinen Anteil treuhänderisch hält und die Erträge aus der Gesellschafterstellung nach § 667 BGB an den Treugeber abzuführen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, BGHZ 137, 329, 337).
23
bb) Im Streitfall hat sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befasst , ob die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, Gewinnanteile, die ihr als Gesellschafterin zufließen, an den Beklagten zu 2 weiterzureichen. Eine dahingehende , für R. klar ersichtliche, Verpflichtung der Beklagten zu 1 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch nicht unterstellt werden. Gegen die Annahme, die Beteiligten hätten einen Herausgabeanspruch des Beklagten zu 2 begründen wollen, spricht, dass die Gründung der Klägerin den Umständen nach dem Bestreben gedient haben dürfte, neben den Rechten aus den Erfindungen des Beklagten zu 2 auch die daraus erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile vor dem Zugriff der Gläubiger des Beklagten zu 2 zu schützen, der seinerseits darauf vertraut haben mag, dass etwaige Gewinne aus der Nutzung seiner Erfindungen, die seiner Ehefrau zufließen, im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft auch ihm zugutekommen werden.
24
b) Die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Ausgleichsregelung kann bei Einbeziehung des revisionsrechtlich zu unterstellenden wirtschaftlichen Eigeninteresses der Beklagten als Gesellschafterin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht als sittenwidrig angesehen werden. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine einseitige Lastenverteilung und grobe Benachteiligung der Beklagten zu 1 angenommen hat, rechtfertigen die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB schon deshalb nicht, weil sie ihrerseits nicht frei von Rechtsfehlern sind.
25
aa) Der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter wirksam vorsehen (BGH, Urteil vom 27. September 1965 - II ZR 186/63, WM 1965, 1284, 1286; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 705 Rn. 247). Die Verlustbeteiligung einzelner Gesellschafter kann beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 26. Januar 1967 - II ZR 127/65, WM 1967, 346, 347; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 722 Rn. 3, 5). Die Grenze zur Sittenwidrigkeit wird erst bei einer groben Ungleichbehandlung der Gesellschafter unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Vormachtstellung des einen oder des Vertrauens und der Unerfahrenheit des anderen Teils überschritten (vgl. MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 705 Rn. 134). Diese Voraussetzungen können beispielsweise bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Wert einer Einlage und dem hierfür vereinbarten Wertansatz erfüllt sein, sofern weitere Umstände wie eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hinzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1974 - II ZR 24/73, WM 1975, 325, 327; Urteil vom 9. Mai 1988 - II ZR 247/87, WM 1988, 1370,

1373).

26
bb) Die Einschätzung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 werde durch den Gesellschaftsvertrag grob benachteiligt, begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
27
Zwar trifft es zu, dass R. sich eine 70%ige Gewinnbeteiligung einräumen ließ, während andererseits die finanziellen Mittel, die durch R. dem Be- klagten zu 2 zur Weiterentwicklung seiner Konstruktionen unmittelbar oder über die Beklagte zu 1 zur Verfügung gestellt wurden, allein das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 belasten und von ihr zurückzuführen sind.
28
Damit sind aber keine Umstände aufgezeigt, die einen Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung ermöglichen und die Annahme eines Missverhältnisses rechtfertigen würden. Auch eine anderweitige grobe Benachteiligung kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Ausgangspunkt einer wertenden Betrachtung ist vielmehr die Überlegung, wie der Beklagte zu 2 als Erfinder bzw. die Beklagte zu 1, die an seiner Stelle den Ertrag der Erfindungen vereinnahmen soll, ohne Beteiligung des R. stünden. In diesem Fall hätten die Beklagten gleichfalls die Entwicklungskosten finanzieren und das Risiko tragen müssen, dass sich die Aufwendungen nicht amortisieren. Sie hätten außerdem für einen aufzunehmenden Kredit Zinsen zahlen müssen, während R. die in die Gesellschaft eingelegten Gelder zinslos gewährt hat. Allerdings hätten die Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Verwertung der Erfindungen nicht teilen müssen. Nach § 5 Abs. 3 GV beträgt der Gewinnanteil der Beklagten zu 1 lediglich 30%.
29
Eine Gegenüberstellung der jeweiligen Gewinnaussichten lässt sich aber nicht auf einen Vergleich prozentualer Gewinnbeteiligungen beschränken. Vielmehr erfordert die bei Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB vorzunehmende Gesamtwürdigung die Einbeziehung aller relevanten Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1988 - II ZR 247/87, WM 1988, 1370, 1373; Urteil vom 5. Mai 2003 - II ZR 112/01, ZIP 2003, 1442). Danach dürfte hier auch der Vertrag vom 8. Juni 1998 zwischen der Klägerin und der G. zu berücksichtigen sein, der mit dem schriftlich erklärten Einverständnis der Beklagten geschlossen wurde. Durch diesen Vertrag übertrug die Klägerin die Verwertungsrechte mit Wirkung ab Feststellung der Serienreife des Produkts an die G. . Als Vergütung sollte ein Betrag von 1.000.000 DM gezahlt werden, wovon gemäß § 5 Abs. 3 GV 30% auf die Beklagte zu 1 entfallen würden, sowie eine als Lizenz bezeichnete jährliche Gewinnbeteiligung in Höhe von 30% für die Dauer von 10 Jahren, die nach § 5 Abs. 4 GV der Beklagten zu 1 in voller Höhe zustünde. Es ist auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagten die Verwertungsrechte - unter der Voraussetzung ihrer praktischen Nutzbarkeit - unter marktüblichen Bedingungen ohne Beteiligung des R. mit einem wesentlich besseren Ertrag hätten veräußern oder lizenzieren können. Der Umstand, dass bei Zahlung des vereinbarten Festbetrages 70% auf R. entfallen (§ 5 Abs. 3 GV) hat nur geringe Aussagekraft, da R. zugleich alleiniger Gesellschafter der G. ist, die den Betrag aufzubringen hat.
30
Es kann, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass R. es übernommen hat, die Mittel, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks an den Beklagten zu 2 fließen und für die letztlich die Beklagte zu 1 aufzukommen hat, vorzuschießen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem damit verbundenen Ausfallrisiko des R. sei durch dessen höheren Gewinnanteil Rechnung getragen. Darin liegt schon deshalb keine überzeugende Bewertung des - möglicherweise erheblichen - Ausfallrisikos, weil § 5 Abs. 4 GV und der mit der G. geschlossene Rechteübertragungsvertrag unberücksichtigt geblieben sind.
31
III. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
32
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, dass die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Regelung wirksam ist, wird es sich gegebenenfalls mit der Frage zu befassen haben, ob und wann ein nach etwaigen weiteren Gewinnzuweisungen möglicherweise noch bestehender Ausgleichsanspruch der Klägerin fällig geworden ist. In § 3 Abs. 3 Satz 2 GV sind zeitliche Einschränkungen des dort begründeten Ausgleichsanspruchs zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Gleichwohl kann der Ausgleichsanspruch unbegründet sein, wenn und solange durch seine Geltendmachung zur Unzeit eine erfolgversprechende, wenngleich noch nicht ertragreiche Weiterentwicklung der Konstruktionen treuwidrig vereitelt und hierdurch der Gesellschaftszweck gefährdet wird.
33
Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass die nach dem Vertrag der Klägerin mit der G. vom 8. Juni 1998 maßgebende „Serienreife des Pro- dukts“ als festgestellt gilt, wenn die Serienreife nach objektivem Maßstab vor- liegt und ihre Feststellung von R. treuwidrig abgelehnt wird (§ 162 Abs. 1 BGB). Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die durch R. zu treffende Entscheidung in seinem freien Belieben stehen sollte.
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder Vorinstanzen: LG Kassel, Entscheidung vom 09.06.2009 - 9 O 2658/06 - OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 14.10.2010 - 15 U 124/09 -

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 207/10 Verkündet am:
4. Juni 2013
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
 
a) Die im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründete
Verpflichtung einer nicht leistungsfähigen Gesellschafterin zur Rückzahlung erheblicher
Beträge, die der andere Gesellschafter einlegt und die vereinbarungsgemäß
dem im Interesse der Gesellschaft tätigen Ehemann der Gesellschafterin
zufließen, ist nicht sittenwidrig, wenn die Ehefrau aufgrund ihrer Gesellschafterstellung
ein adäquates wirtschaftliches Eigeninteresse an der mit den Zahlungen
verbundenen Förderung des Gesellschaftszwecks hat.
b) Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen erfordert
eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände, die
zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind.
 
BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - II ZR 207/10 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
 
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die
Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck darin besteht, Verwertungsrechte aus sicherheitstechnischen Konstruktionen und Erfindungen des Beklagten zu 2 zu nutzen. Gesellschafter sind der Unternehmer Ri. R. und die Beklagte zu 1, die Ehefrau des Beklagten zu 2. Die Klägerin begehrt den teilweisen Ausgleich des negativen Kapitalkontos der Beklagten zu 1. Die Beklagten halten dem insbesondere entgegen, dass die der Ausgleichspflicht zugrunde liegenden gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen sittenwidrig seien.
2
R. und der Beklagte zu 2 vereinbarten zu Beginn ihrer geschäftlichen Zusammenarbeit 1996 mündlich, dass der Beklagte zu 2 seine Erfindungsvorhaben und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik weiterführen und hierbei von dem an einer wirtschaftlichen Verwertung interessierten R. finanziert werden solle. Über das Vermögen des Beklagten zu 2 war damals ein Konkursverfahren eröffnet. Beide Beklagten waren nicht kreditwürdig. Nachdem R. an den Beklagten zu 2 insgesamt 293.784 DM gezahlt hatte, schlossen die Parteien unter Einbeziehung der Beklagten zu 1 am 4./6. Mai 1997 eine schriftliche Vereinbarung, deren Nr. 2 auszugsweise lautet: Alle Herstellungsrechte und Vertriebsrechte aus den Konstruktionen, Patenten und sonstigen Urheberrechten auf dem Gebiete der mechanischen, elektronisch angesteuerten und elektronisch überwachten Sicherheitstechnik werden von A. [den Beklagten] auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen , an der R. zu 60% (…) und Frau G. A. [die Beklagte zu 1] zu 40% (…) am Kapital, am Ertrag und am Verlust beteiligt sind. (…)
3
Der Beklagte zu 2 erschien den Beteiligten wegen des laufenden Konkursverfahrens als Gesellschafter und möglicher Zahlungsempfänger ungeeignet. Im Juni 1998 schlossen R. und die Beklagte zu 1 einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag , der die Verhältnisse der Klägerin regelt. Geschäftsführung und Vertretung oblagen ausschließlich R. . Außerdem enthält der Vertrag (künftig: GV) unter anderem folgende Regelungen: § 2 Gegenstand und Zweck des Unternehmens (1) Der Gegenstand der GbR ist, die gemäß Vertrag vom 04. bzw. 06.05.1997 (…) auf die GbR übertragenen Verwertungsrechte zu nut- zen. (2) Die Verwertungsrechte können ganz oder zum Teil weiterveräußert werden.
§ 3 Gesellschaftsvermögen (1) Die Gesellschafter bringen die Verwertungsrechte gemäß dem in § 2 (1) zitierten Vertrag in die Gesellschaft ein; eine Bewertung dieser Einlage erfolgt nicht. (2) Die notwendigen finanziellen Mittel für die Weiterentwicklung der Konstruktionen und Sicherung der Patente und Urheberrechte legt R. ein. Die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von ihm bestimmt. Einmal eingelegte Mittel können auch wieder entnommen werden. Auch von R. für den Gesellschaftszweck aufgebrachte, an D. A. [den Beklagten zu 2] und andere unmittelbar gezahlte Beträge werden als Einlage von R. in die Gesellschaft behandelt. (3) A. [die Beklagte zu 1] erbringt keine Bareinlage. Wenn durch Entnahmen ein negatives Kapitalkonto entsteht, so ist dieses durch Einlagen auszugleichen. Auch unmittelbar von R. an D. A. gezahlte Beträge (s. § 3 (2)) gelten als Entnahme von A. § 4 Beginn und Dauer der Gesellschaft (1) Die Gesellschaft hat am 6.5.1997 begonnen und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. (…) § 5 Beteiligungsverhältnisse und Gewinnverteilung (1) R. ist am Kapital der GbR entsprechend seiner Einlage beteiligt, die Höhe ist variabel und wird ausschließlich von R. bestimmt (s.auch § 3 (2)). (2) A. erbringt keine Einlage. (3) R. ist am Gewinn und Verlust mit 70% (…) und A. mit 30% (…) beteiligt, abweichend von der Vereinbarung vom 4.5./6.5.97. (4) Werden die Verwertungsrechte an eine Gesellschaft veräußert, an der A. nicht beteiligt ist, so stehen Gewinne aus laufenden Einnahmen nach der Übertragung der Verwertungsrechte nur A. zu. Die Gewinne aus der Übertragung unterliegen der Regelung nach Absatz (3).
4
Durch Vertrag vom 8. Juni 1998 veräußerte die Klägerin ihre Verwer- tungsrechte „mit Wirkung vom Tage der Feststellung der Serienreife des Produkts“ an die G. GmbH (künftig: G. ), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer R. ist. Diesem oblag auch die Feststellung der Serienreife. Die Klägerin verpflichtete sich in § 2 des Vertrages , auch alle zukünftigen Entwicklungen, Konstruktionen und Rechte auf die G. zu übertragen. § 5 des Vertrags lautet: Als Entgelt für die Übertragung der Rechte nach §§ 1 und 2 erhält die GbR von der GmbH a) eine einmalige Kaufpreiszahlung von DM 1.000.000,-- (…). b) eine jährlichen Lizenz von 30% (…) des jeweiligen Jahresüberschusses der G. vor Ertragssteuern und vor Abzug dieser Lizenz, soweit dieser aus der Verwertung der übertragenen Rechte herrührt. Die Lizenz wird auf die Dauer von zehn Jahren gezahlt (…).
5
Die „Serienreife des Produkts“, von der die Wirksamkeit der Übertragung der Verwertungsrechte und damit auch deren Vergütung abhängt, wurde in der Folgezeit nicht festgestellt. Ob die den Verwertungsrechten zugrunde liegenden Erfindungen des Beklagten zu 2 brauchbar sind, ist streitig.
6
Der Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 wies für das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 ein Minus von 1.204.684,68 € aus, das sich im Wesentlichen aus so bezeichneten Entnahmen und zu einem kleinen Teil aus Verlustanteilen zusammensetzte. Von 1997 bis 2006 flossen 1.053,975,90 € über die Beklagte zu 1 an den Beklagten zu 2, wovon nach der - bestrittenen - Darstellung der Beklagten 205.305,89 € zur Materialbeschaffung verwendet wurden. Den im Vermögensstatus der Klägerin zum 31. Dezember 2004 ausgewiesenen Endbestand bestätigte die Beklagte zu 1 durch Erklärung vom 13. März 2006. Am gleichen Tag übernahm der Beklagte zu 2 für die Ausgleichsverpflichtung die selbstschuldnerische Bürgschaft.
7
Das Landgericht hat der auf einen Teilbetrag von 200.000 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren ergab sich, dass die Klägerin nach 2004 Gewinne schrieb. Zum 31. Dezember 2008 wurde das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 infolge zwischenzeitlicher Gewinnzuweisungen lediglich noch mit 254.832,70 € im Minus geführt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
I. Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Oktober 2010 - 15 U 124/09, juris) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet :
10
Gegen die Beklagte zu 1 bestehe kein gesellschaftsvertraglicher Ausgleichsanspruch. Es sei nicht dargetan, dass die Beklagte zu 1 nicht zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 bestimmte Geldbeträge entnommen und damit „echte“ Entnahmen getätigt habe. Zwar sei § 3 Abs. 3 (Satz 3) GV dahin auszu- legen, dass nicht nur unmittelbare Zahlungen an den Beklagten zu 2 als Entnahmen der Beklagten zu 1 gelten sollten, sondern auch und erst Recht Zah- lungen, die an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 geleistet wurden. Gleichwohl bestehe die in § 3 Abs. 3 (Satz 2) GV vorgesehene Ausgleichspflicht der Beklagten zu 1 nicht, weil die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Regelung sittenwidrig und damit nichtig sei (§ 138 Abs. 1 BGB).
11
Die Vertragsbestimmung enthalte eine einseitige Lastenverteilung, durch die die Beklagte zu 1 in nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt werde. Die Einzahlungen des R. hätten den Charakter von Vorschusszahlungen erhalten, da sie im Wesentlichen für den Beklagten zu 2 bestimmt gewesen und daher nach § 3 Abs. 2 GV als ausgleichspflichtige Entnahmen der Beklagten zu 1 zu werten seien. Demnach seien die Mittel für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks letztlich von der Beklagten zu 1 aufzubringen gewesen, die somit das wirtschaftliche Risiko getragen habe. Unerheblich sei, ob vereinbart gewesen sei, den Beklagten zu 2 für seine Entwicklungstätigkeit zu bezahlen. Denn die Zahlungen an ihn seien ersichtlich erforderlich gewesen, um den Gesellschaftszweck zu verwirklichen, dessen Finanzierung R. gesellschaftsvertraglich übernommen habe. Offensichtlich sei auch die Materialbeschaffung mit rund 205.000 € über den Beklagten zu 2 abgewickelt worden. Die in § 3 Abs. 3 GV getroffene Regelung führe weiter dazu, dass die in § 5 Abs. 3 GV vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung zu Lasten der Beklagten zu 1 weitgehend außer Kraft gesetzt worden sei, da die Beklagte zu 1 den durch die Zahlungen an den Beklagten zu 2 bewirkten „Verlust“ allein zu tragen habe. Die grobe Be- nachteiligung der Beklagten zu 1 werde durch billigenswerte Interessen des R. nicht gerechtfertigt. Er trage zwar bei einem Scheitern der Gesellschaft das Insolvenzrisiko der Beklagten zu 1. Dem sei aber durch seinen überwiegenden Gewinnanteil von 70% bereits Rechnung getragen.
12
Durch die in Rede stehende Regelung sei die bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages mittellose Beklagte zu 1 finanziell krass überfordert worden.
Den Parteien sei bekannt gewesen, dass zumindest hohe sechsstellige Beträge erforderlich wären, bevor die Klägerin Gewinne erzielen konnte. Auch angesichts der aus vorvertraglichen Zahlungen an den Beklagten zu 2 resultierenden Vorbelastungen, die sich nach dem Vermögensstatus für 1997 auf 540.000 DM und nach einem Vermerk des R. zum 15. April 1998 auf über 642.000 DM belaufen hätten, sei die Beklagte zu 1 mit Verbindlichkeiten belastet worden, zu deren Rückführung sie außerstande gewesen sei, wenn der Gesellschaftszweck nicht gewinnbringend hätte verwirklicht werden können.
13
Die in § 3 Abs. 3 GV getroffene Regelung sei auch Ausdruck einer verwerflichen Gesinnung des Gesellschafters R. , der seine Interessen in krasser Weise einseitig durchgesetzt habe. Die Beklagte zu 1 habe sich in einer prekären Lage und deutlich schwächeren Verhandlungsposition befunden. Sie habe an der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks nur ein mittelbares Interesse als Ehefrau des Beklagten zu 2 gehabt. Es ändere nichts, dass der Beklagte zu 2 durch die Zusammenarbeit mit R. in die Lage versetzt worden sei, seine Konstruktionen mit Aussicht auf Gewinn weiterzuentwickeln. Dies hätte es zwar billigenswert erscheinen lassen können, den Beklagten zu 2 entsprechend zu belasten. Eine Verlagerung der Entwicklungskosten und des wirtschaftlichen Risikos auf die an den geschäftlichen Tätigkeiten nicht beteiligte Beklagte zu 1 nur in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des Beklagten zu 2 sei damit aber nicht zu rechtfertigen. Diese Situation sei vergleichbar mit der einer nicht leistungsfähigen Ehefrau, die in eine Darlehensaufnahme zu geschäftlichen Zwecken ihres Ehemanns als Mitdarlehensnehmerin oder - wie hier - gar alleinige Darlehensnehmerin einbezogen werde.
14
Da die Beklagte zu 1 nicht zur Zahlung an die Klägerin verpflichtet sei, fehle es für den Anspruch gegen den Beklagten zu 2 aus einer übernommenen Bürgschaft am Bestehen der Hauptschuld.
15
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
16
1. Die Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 3 GV durch das Berufungsgericht ist allerdings frei von Rechtsfehlern und wird von den Parteien in der Revisionsinstanz auch nicht beanstandet. Danach zählen zu den Entnahmen der Beklagten zu 1, die ihr Kapitalkonto belasten und von ihr nach Maßgabe von § 3 Abs. 3 Satz 2 GV durch Einlagen auszugleichen sind, nicht nur - dem Gesellschaftszweck dienende (§ 3 Abs. 2 Satz 4 GV) - Zahlungen, die R. unmittelbar an den Beklagten zu 2 leistet, sondern auch Zahlungen, die R. an die Beklagte zu 1 zur Weiterleitung an den Beklagten zu 2 erbringt.
17
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht indes die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zur Ausgleichspflicht der Beklagten zu 1 gemäß § 138 Abs. 1 BGB für nichtig gehalten. Mit der von ihm gegebenen Begründung kann eine Sittenwidrigkeit der in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffenen Regelung nicht angenommen werden.
18
a) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob eine gleichlautende Regelung in einem Gesellschaftsvertrag mit dem Beklagten zu 2 wirksam gewesen wäre, und maßgebend darauf abgestellt, dass die an den geschäftlichen Tätigkeiten unbeteiligte und nur mittelbar als Ehefrau interessierte Beklagte zu 1 nicht mit dem aus § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV folgenden wirtschaftlichen Risiko hätte belastet werden dürfen.
19
Hierbei hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, dass die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin wirtschaftliche Teilhaberin von Verwertungsrechten wurde, die ursprünglich dem Beklagten zu 2 als dem Erfinder und Entwickler zustanden. Dem von ihr übernommenen Risiko stand damit die Chance gegenüber, von einer gewinnbringenden Nutzung der Verwertungsrechte anteilig zu profitieren.
20
aa) In diesem Punkt unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von den - vom Berufungsgericht als vergleichbar angesehenen - Fällen der Einbeziehung einer nicht leistungsfähigen Ehefrau in eine den geschäftlichen Zwecken des Ehemanns dienende Darlehensaufnahme. Die hierzu ergangene Rechtsprechung betrifft die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge , deren Sittenwidrigkeit im Regelfall bejaht wird, wenn der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehenden Sicherungsgeber finanziell krass überfordert wird, da dies die Vermutung begründet, er habe die ihn übermäßig belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber habe dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, ZIP 2005, 432, 433; Urteil vom 19. Februar 2013 - XI ZR 82/11, ZIP 2013, 664 Rn. 9).
21
Auch bei Sicherungsgeschäften dieser Art liegt aber eine andere Beurteilung nahe, wenn der finanziell krass überforderte Bürge oder Mitverpflichtete an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04, ZIP 2005, 432, 434; siehe auch BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, ZIP 2003, 1596, 1598). Insbesondere ist ein die Annahme der Sittenwidrigkeit hinderndes wirtschaftliches Eigeninteresse des Sicherungsgebers grundsätzlich anzunehmen, wenn der nicht nur unbedeutend beteiligte Gesellschafter einer kreditsuchenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Kommanditgesellschaft für die Gesellschaft bürgt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, ZIP 2003, 288, 289; Urteil vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2251).
22
Anders verhält es sich, wenn der Gesellschafter - für den Kreditgeber klar ersichtlich - lediglich die Funktion eines Strohmanns ohne eigene wirt- schaftliche Interessen und finanzielle Beteiligung wahrnimmt und die Stellung eines Gesellschafters nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, BGHZ 137, 329, 337; Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, ZIP 2001, 1954, 1955; Urteil vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, ZIP 2002, 2249, 2251). Ein eigenes finanzielles Interesse an der Gesellschaftsbeteiligung fehlt dem Gesellschafter, wenn er seinen Anteil treuhänderisch hält und die Erträge aus der Gesellschafterstellung nach § 667 BGB an den Treugeber abzuführen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, BGHZ 137, 329, 337).
23
bb) Im Streitfall hat sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage befasst , ob die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, Gewinnanteile, die ihr als Gesellschafterin zufließen, an den Beklagten zu 2 weiterzureichen. Eine dahingehende , für R. klar ersichtliche, Verpflichtung der Beklagten zu 1 kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch nicht unterstellt werden. Gegen die Annahme, die Beteiligten hätten einen Herausgabeanspruch des Beklagten zu 2 begründen wollen, spricht, dass die Gründung der Klägerin den Umständen nach dem Bestreben gedient haben dürfte, neben den Rechten aus den Erfindungen des Beklagten zu 2 auch die daraus erwachsenden wirtschaftlichen Vorteile vor dem Zugriff der Gläubiger des Beklagten zu 2 zu schützen, der seinerseits darauf vertraut haben mag, dass etwaige Gewinne aus der Nutzung seiner Erfindungen, die seiner Ehefrau zufließen, im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft auch ihm zugutekommen werden.
24
b) Die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Ausgleichsregelung kann bei Einbeziehung des revisionsrechtlich zu unterstellenden wirtschaftlichen Eigeninteresses der Beklagten als Gesellschafterin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht als sittenwidrig angesehen werden. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine einseitige Lastenverteilung und grobe Benachteiligung der Beklagten zu 1 angenommen hat, rechtfertigen die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB schon deshalb nicht, weil sie ihrerseits nicht frei von Rechtsfehlern sind.
25
aa) Der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter wirksam vorsehen (BGH, Urteil vom 27. September 1965 - II ZR 186/63, WM 1965, 1284, 1286; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 705 Rn. 247). Die Verlustbeteiligung einzelner Gesellschafter kann beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 26. Januar 1967 - II ZR 127/65, WM 1967, 346, 347; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 722 Rn. 3, 5). Die Grenze zur Sittenwidrigkeit wird erst bei einer groben Ungleichbehandlung der Gesellschafter unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Vormachtstellung des einen oder des Vertrauens und der Unerfahrenheit des anderen Teils überschritten (vgl. MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 705 Rn. 134). Diese Voraussetzungen können beispielsweise bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Wert einer Einlage und dem hierfür vereinbarten Wertansatz erfüllt sein, sofern weitere Umstände wie eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hinzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1974 - II ZR 24/73, WM 1975, 325, 327; Urteil vom 9. Mai 1988 - II ZR 247/87, WM 1988, 1370,

1373).

26
bb) Die Einschätzung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 werde durch den Gesellschaftsvertrag grob benachteiligt, begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
27
Zwar trifft es zu, dass R. sich eine 70%ige Gewinnbeteiligung einräumen ließ, während andererseits die finanziellen Mittel, die durch R. dem Be- klagten zu 2 zur Weiterentwicklung seiner Konstruktionen unmittelbar oder über die Beklagte zu 1 zur Verfügung gestellt wurden, allein das Kapitalkonto der Beklagten zu 1 belasten und von ihr zurückzuführen sind.
28
Damit sind aber keine Umstände aufgezeigt, die einen Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung ermöglichen und die Annahme eines Missverhältnisses rechtfertigen würden. Auch eine anderweitige grobe Benachteiligung kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Ausgangspunkt einer wertenden Betrachtung ist vielmehr die Überlegung, wie der Beklagte zu 2 als Erfinder bzw. die Beklagte zu 1, die an seiner Stelle den Ertrag der Erfindungen vereinnahmen soll, ohne Beteiligung des R. stünden. In diesem Fall hätten die Beklagten gleichfalls die Entwicklungskosten finanzieren und das Risiko tragen müssen, dass sich die Aufwendungen nicht amortisieren. Sie hätten außerdem für einen aufzunehmenden Kredit Zinsen zahlen müssen, während R. die in die Gesellschaft eingelegten Gelder zinslos gewährt hat. Allerdings hätten die Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Verwertung der Erfindungen nicht teilen müssen. Nach § 5 Abs. 3 GV beträgt der Gewinnanteil der Beklagten zu 1 lediglich 30%.
29
Eine Gegenüberstellung der jeweiligen Gewinnaussichten lässt sich aber nicht auf einen Vergleich prozentualer Gewinnbeteiligungen beschränken. Vielmehr erfordert die bei Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB vorzunehmende Gesamtwürdigung die Einbeziehung aller relevanten Umstände, die zur Zeit des Vertragsschlusses gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1988 - II ZR 247/87, WM 1988, 1370, 1373; Urteil vom 5. Mai 2003 - II ZR 112/01, ZIP 2003, 1442). Danach dürfte hier auch der Vertrag vom 8. Juni 1998 zwischen der Klägerin und der G. zu berücksichtigen sein, der mit dem schriftlich erklärten Einverständnis der Beklagten geschlossen wurde. Durch diesen Vertrag übertrug die Klägerin die Verwertungsrechte mit Wirkung ab Feststellung der Serienreife des Produkts an die G. . Als Vergütung sollte ein Betrag von 1.000.000 DM gezahlt werden, wovon gemäß § 5 Abs. 3 GV 30% auf die Beklagte zu 1 entfallen würden, sowie eine als Lizenz bezeichnete jährliche Gewinnbeteiligung in Höhe von 30% für die Dauer von 10 Jahren, die nach § 5 Abs. 4 GV der Beklagten zu 1 in voller Höhe zustünde. Es ist auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagten die Verwertungsrechte - unter der Voraussetzung ihrer praktischen Nutzbarkeit - unter marktüblichen Bedingungen ohne Beteiligung des R. mit einem wesentlich besseren Ertrag hätten veräußern oder lizenzieren können. Der Umstand, dass bei Zahlung des vereinbarten Festbetrages 70% auf R. entfallen (§ 5 Abs. 3 GV) hat nur geringe Aussagekraft, da R. zugleich alleiniger Gesellschafter der G. ist, die den Betrag aufzubringen hat.
30
Es kann, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass R. es übernommen hat, die Mittel, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks an den Beklagten zu 2 fließen und für die letztlich die Beklagte zu 1 aufzukommen hat, vorzuschießen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem damit verbundenen Ausfallrisiko des R. sei durch dessen höheren Gewinnanteil Rechnung getragen. Darin liegt schon deshalb keine überzeugende Bewertung des - möglicherweise erheblichen - Ausfallrisikos, weil § 5 Abs. 4 GV und der mit der G. geschlossene Rechteübertragungsvertrag unberücksichtigt geblieben sind.
31
III. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
32
Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, dass die in § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 GV getroffene Regelung wirksam ist, wird es sich gegebenenfalls mit der Frage zu befassen haben, ob und wann ein nach etwaigen weiteren Gewinnzuweisungen möglicherweise noch bestehender Ausgleichsanspruch der Klägerin fällig geworden ist. In § 3 Abs. 3 Satz 2 GV sind zeitliche Einschränkungen des dort begründeten Ausgleichsanspruchs zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Gleichwohl kann der Ausgleichsanspruch unbegründet sein, wenn und solange durch seine Geltendmachung zur Unzeit eine erfolgversprechende, wenngleich noch nicht ertragreiche Weiterentwicklung der Konstruktionen treuwidrig vereitelt und hierdurch der Gesellschaftszweck gefährdet wird.
33
Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass die nach dem Vertrag der Klägerin mit der G. vom 8. Juni 1998 maßgebende „Serienreife des Pro- dukts“ als festgestellt gilt, wenn die Serienreife nach objektivem Maßstab vor- liegt und ihre Feststellung von R. treuwidrig abgelehnt wird (§ 162 Abs. 1 BGB). Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die durch R. zu treffende Entscheidung in seinem freien Belieben stehen sollte.
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder Vorinstanzen: LG Kassel, Entscheidung vom 09.06.2009 - 9 O 2658/06 - OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 14.10.2010 - 15 U 124/09 -

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 28/04 Verkündet am:
25. Januar 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Verbürgt sich der finanziell kraß überforderte Ehepartner für ein staatlich gefördertes
Existenzgründungsdarlehen des anderen, so genügt es zur Widerlegung der
Vermutung eines Handelns aus emotionaler Verbundenheiten nicht, daß der Bürge
in dem künftigen Gewerbebetrieb an verantwortlicher Stelle mitarbeiten soll.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2003 aufgehoben und das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 22. November 2001 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Bür gschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte und ihr Ehemann waren über viele Jahr e im Transportgewerbe tätig. Im Jahre 1997 verdienten die Eheleute zusammen mehr als 200.000 DM brutto, wovon rund 70.000 DM auf die als Prokuristin tätige Beklagte entfielen. Als beide ihren Arbeitsplatz verloren hatten , wandte sich der Ehemann der Beklagten im September 1998 an die klagende Sparkasse, um staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen und weitere Kredite über insgesamt ca. 1,2 Millionen DM für die von ihm beabsichtigte Gründung einer Einzelfirma zu erhalten. Nach dem vorgelegten Gründungskonzept sollte der Betrieb auf dem Gebiet des Transportwesens tätig werden. Ferner war vorgesehen, daß die Beklagte die Büroleitung zusammen mit der Auftragsbearbeitung übernimmt und ab März 1999 ein steigerungsfähiges Jahresgehalt von 75.000 DM brutto bezieht. Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 gründeten die Eheleute eine GmbH, die später das Unternehmen des Ehemannes der Beklagten übernehmen und fortführen sollte, aber den Geschäftsbetrieb nie aufgenommen hat.
Am 26. Februar 1999 bewilligte die Klägerin die be antragten Kredite zu unterschiedlichen Zinssätzen. Die damals 51 Jahre alte arbeitslose Beklagte übernahm dafür am selben Tag eine Höchstbetragsbürgschaft über 300.000 DM. Außerdem bestellte sie mit notarieller Urkunde vom 6. April 2000 an ihrem Wohnungseigentum eine wertausschöpfende Grundschuld von 400.000 DM. Ab Juli 1999 bezog sie als Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes ein Monatsgehalt von 2.365 DM netto.
Die Existenzgründung ihres Ehemannes scheiterte. N ach Einstellung des Gewerbebetriebes wurde im November 2000 über sein Vermö-
gen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die ausgereichten Geschäftskredite wurden deshalb von der Klägerin fristlos gekündigt.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Höchstbetr agsbürgschaft auf Zahlung von 300.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Die Beklagte hält die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig.
Beide Vorinstanzen haben dem Zahlungsbegehren der Klägerin antragsgemäß stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Höchstbetragsbürgscha ft der Beklagten über 300.000 DM für wirksam erachtet und zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft verstoße nicht gegen die guten Sitt en. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten lasse sich trotz ihrer Arbeitslosigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht feststellen. Vor dem beruflichen Hintergrund der Beklagten habe die Klägerin nämlich darauf
vertrauen dürfen, daß die Planung ihres Ehemannes aufgehen und sie schon alsbald als Büroleiterin seines Betriebes jährlich 75.000 DM brutto verdienen werde. Das sogar noch für steigerungsfähig gehaltene Gehalt der Beklagten habe ausgereicht, um die nach ihren Angaben auf die verbürgten Existenzgründungsdarlehen entfallende Zinslast von höchstens 4,58% p.a. aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens dauerhaft allein zu tragen. Daß die Sicherheit der Einkünfte von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig gewesen sei, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung, da die Klägerin ein Scheitern der überzeugenden Geschäftsidee nicht habe ernsthaft in Betracht ziehen müssen.
Darüber hinaus habe die Beklagte an der Kreditaufn ahme ersichtlich ein eigenes wirtschaftliches Interesse gehabt. Dieses ergebe sich daraus, daß sie in dem Betrieb als leitende Angestellte mitarbeiten und Jahreseinkünfte von 75.000 DM erhalten sollte. Da die Beklagte bei Abgabe der Bürgschaftserklärung arbeitslos gewesen sei und sich nach ihrem Vortrag bei der Arbeitssuche vermutlich Schwierigkeiten ergeben hätten, sei die Existenzgründung ihres seinerzeit ebenfalls erwerbslosen Ehemannes für sie beide eine gute Lösung gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Beruf ungsurteil allerdings nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Darstellung des Tatbestands nicht den Anforderungen des § 543 Abs. 2 ZPO a.F. entspreche.
Der Senat hat die entsprechende Rüge der Revision geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts v erstößt die Höchstbetragsbürgschaft der Beklagten gemäß § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist daher nichtig.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesger ichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 36 f.; zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und Senat BGHZ 156, 302, 307 m.w.Nachw.). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und/oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Fall krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 2003 aaO, m.w.Nachw. und BGHZ 156, aaO).


b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft über 300.000 DM im Februar 1999 kraß finanziell überfordert, weil sie die Zinsen von 4,58% für das verbürgte Existenzgründungsdarlehen über 230.000 DM und von 10% variabel für den Kontokorrentkredit über 100.000 DM aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein nicht aufbringen konnte.
aa) Da die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft a rbeitslos war, konnte sie zunächst nicht das Geringste zur vertragsgemäßen Erfüllung der Zinsansprüche der Klägerin aus dem verbürgten Existenzgründungsdarlehen und dem Kontokorrentkredit ihres Ehemannes beitragen. Daß die den Wert ihrer Eigentumswohnung unstreitig ausschöpfende Grundschuld über 400.000 DM erst im April 2000, also weit nach Vertragsschluß bestellt wurde, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Die Bestellung der Grundschuld ist bereits in den Darlehensverträgen vom 26. Februar 1999 vorgesehen.
bb) Aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und v ernünftigen Kreditgebers war auch nicht mit einer die krasse finanzielle Überforderung der Beklagten beseitigenden Verbesserung ihres finanziellen Leistungsvermögens bis zum ungewissen Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu rechnen.
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkenn enden Senats sind bei der gebotenen Prognose grundsätzlich alle erwerbsrelevanten Umstände und Verhältnisse - wie z.B. Alter, Schul- und Berufsausbildung sowie etwaige besondere familiäre oder vergleichbare Belastungen - des
erkennbar finanzschwachen Bürgen oder Mithaftenden zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteile vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024, vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126 und vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797). Erst wenn danach bei lebensnaher Betrachtung feststeht, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines eigenen Einkommens und/oder Vermögens bis zum Vertragsende allein aufbringen kann, ist eine krasse finanzielle Überforderung zu bejahen.
(2) So ist es hier. Die Klägerin durfte die damals 51-jährige Beklagte - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht im Vertrauen auf die Realisierbarkeit des Gründungskonzepts ihres Ehemannes in die von den staatlichen Förderstellen vorgeschriebene Bürgenhaftung für das ausgereichte Existenzgründungsdarlehen und den Kontokorrentkredit nehmen. Zwar sollte sie danach als leitende Angestellte des Gewerbebetriebes ab dem 1. März 1999 im Jahr 75.000 DM brutto und in absehbarer Zeit sogar noch mehr verdienen. Dieser Plan beruhte aber auf einer unrealistischen Marktanalyse und Überschätzung der künftigen Ertragskraft des tatsächlich nur bis zum Herbst 2000 werbend tätigen Unternehmens. In Wirklichkeit hat die Beklagte denn auch unstreitig nie das vorgesehene Gehalt bezogen, sondern seit dem 1. Juli 1999 lediglich im Monat 2.365 DM netto verdient. Außerdem läßt das Berufungsgericht unberücksichtigt, daß das weitgehend fremdfinanzierte und offenbar von vornherein nicht lebensfähige Unternehmen bei Eintritt des Sicherungsfalles entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein würde, das vorgesehene Gehalt der Beklagten also nicht von der Insolvenz des
Hauptschuldners unabhängig war. Daß die Klägerin diesen wichtigen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung gerade bei besonders risikohaften Existenzgründungen häufig eintretenden Umstand nach dem Schutzzweck des § 138 Abs. 1 BGB berücksichtigen mußte, versteht sich von selbst (Nobbe/Kirchhof BKR 2002, 5, 9; Schimansky WM 2002, 2437, 2440).
(3) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderun g bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch keine hinreichend gesicherte Aussicht, daß die Beklagte aufgrund ihrer Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung in absehbarer Zeit bei einem Konkurrenzunternehmen oder anderswo eine Anstellung mit einem dem vorgesehenen vergleichbaren Gehalt findet. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine näheren Feststellungen getroffen, sondern lediglich auf die sich für die Beklagte bei der Arbeitssuche vermutlich ergebenden Schwierigkeiten hingewiesen. Der Einwand der Revisionserwiderung , daß die Beklagte von 1984 bis 1998 zu relativ hohen Bezügen gearbeitet habe und sogar Prokuristin gewesen sei, greift nicht. Denn abgesehen davon, daß ihr Ehemann das Unternehmen der früheren Arbeitgeberin leitete, darf in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie sie bei Vertragsschluß herrschten, nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Beklagte damals bereits 51 Jahre alt war und nach der Lebenserfahrung ältere Arbeitnehmer große Probleme haben, einen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu finden.
(4) Bei Übernahme der Bürgschaft über 300.000 DM d urch die damals arbeitslose Beklagte war aus der maßgebenden Sicht eines vernünftigen und seriösen Kreditgebers nicht damit zu rechnen, daß die Be-
klagte bei Eintritt des Sicherungsfalles die laufenden Zinsen der verbürgten Kredite mit Hilfe des pfändbaren Teils ihres Einkommens werde aufbringen können. Die Zinsen beliefen sich auf 10.000 DM jährlich für den verbürgten Kontokorrentkredit über 100.000 DM zu 10% Zinsen variabel sowie ausgehend von 200.000 DM auf 9.160 DM für das verbürgte staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen zu 4,58% Zinsen. Um die insgesamt 19.160 DM jährlich, d.h. 1.596,67 DM monatlich betragenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen zu können, hätte die niemandem unterhaltspflichtige Beklagte nach der im Jahre 1999 geltenden Pfändungstabelle ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 3.500 DM erzielen müssen. Ein solches Einkommen hat die Beklagte nach Übernahme der Bürgschaft unstreitig nie erhalten und es bestand angesichts des Alters der Beklagten von damals 51 Jahren auch keine realistische Aussicht, daß sie ein solches Gehalt außerhalb des Unternehmens ihres Ehemannes erzielen konnte. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten ist danach gegeben.

c) Der Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB stehen entge gen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen. Die tatsächliche Vermutung, daß die Beklagte die ruinöse Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen und die Klägerin dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, ist nicht widerlegt bzw. entkräftet.
aa) Daß das Einzelunternehmen des Ehemannes der Be klagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages die Existenzgrundlage der ganzen Familie bilden sollte, ist - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Erwerb eines blo-
ßen mittelbaren geldwerten Vorteils aus der Unternehmensfinanzierung - wie etwa eine häufig nur schwer feststellbare und flüchtige Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards oder die Aussicht auf einen Arbeitsplatz - wiegt nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats das bei Betriebsmittelkrediten und erst recht bei Existenzgründungsdarlehen erfahrungsgemäß ganz besonders große Bürgschaftsbzw. Mithaftungsrisiko bei weitem nicht auf. Vielmehr wird der erkennbar nicht hinreichend solvente Ehepartner durch die Bindung der Fördermaßnahme an seine Bürgschafts- oder Mithaftungserklärung in eine wirtschaftlich sinnlose Garantenstellung für den ungewissen wirtschaftlichen Erfolg einer Berufsentscheidung des anderen gedrängt und möglicherweise bis zum Lebensende finanziell unzumutbar belastet (Senat BGHZ 135, 66, 71 f.). Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer erheblichen und sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer oder Gesellschafter führen (Senat BGHZ 146, 37, 45 f. und Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 798).
bb) Allerdings ergibt sich in aller Regel eine and ere rechtliche Beurteilung , wenn der ersichtlich finanziell kraß überforderte Bürge oder Mitverpflichtete aufgrund konkreter und rechtlich hinreichend gesicherter Vereinbarungen mit dem Kreditnehmer an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt werden soll. Da der Betroffene hier freiwillig das unternehmerische Risiko eingehen will und sich seine Rechtsstellung bei wertender Betrachtung häufig nicht wesentlich von der eines echten Mitdarlehensnehmers unterscheidet, ist es der kreditgebenden Bank grundsätzlich gestattet, ihn ohne Rücksicht auf eine geringe finanzielle Leistungsfähigkeit in die darlehensvertragliche Haftung
einzubinden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, WM 2003, 1563, 1565). Hierfür spricht ferner, daß Gesellschafter einer kreditsuchenden GmbH gewöhnlich ohne weiteres in die Mithaftung genommen werden können (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, WM 2003, 275, 276 m.w.Nachw.) und hierfür unter Umständen auch ein unmittelbar bevorstehender Erwerb einer bedeutsamen Beteiligung an der Hauptschuldnerin ausreichen kann.
So ist es hier aber nicht. Zwar war geplant, daß d ie von den Eheleuten mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 gegründete und der Beklagten zu 25,1% gehörende GmbH zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt das kreditfinanzierte Einzelunternehmen ihres Ehemannes mit allen Aktiva sowie Passiva übernimmt und weiterführt. Diese in dem Gründungskonzept dargelegte und der Klägerin bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages bekannte Absicht der Eheleute reicht aber, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, für sich genommen nicht aus, um von einer rechtlich oder wirtschaftlich hinreichend gesicherten Beteiligung der Beklagten an dem Einzelunternehmen ihres Ehemannes auszugehen.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger
9
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats liegt eine krasse finanzielle Überforderung eines Bürgen bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn der Bürge voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft allein tragen kann oder - anders gewendet - wenn eine auf den Zeitpunkt der Abgabe der Bürgschaftserklärung bezogene Prognose ergibt, dass der Bürge allein voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, auf Dauer die laufenden Zinsen der gesicherten Forderung mit Hilfe des pfändbaren Teils seines Einkommens und Vermögens aufzubringen. In diesem Fall ist nach der allge- meinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich besonders nahe stehende Bürge die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner gestellt und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (Senatsurteile vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 121/02, BGHZ 156, 302, 306, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651, vom 25. April 2006 - XI ZR 330/05, FamRZ 2006, 1024, 1025, vom 16. Juni 2009 - XI ZR 539/07, WM 2009, 1460 Rn. 18 und vom 24. November 2009 - XI ZR 332/08, WM 2010, 32 Rn. 11 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 28/04 Verkündet am:
25. Januar 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Verbürgt sich der finanziell kraß überforderte Ehepartner für ein staatlich gefördertes
Existenzgründungsdarlehen des anderen, so genügt es zur Widerlegung der
Vermutung eines Handelns aus emotionaler Verbundenheiten nicht, daß der Bürge
in dem künftigen Gewerbebetrieb an verantwortlicher Stelle mitarbeiten soll.
BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 28/04 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2003 aufgehoben und das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 22. November 2001 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Bür gschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte und ihr Ehemann waren über viele Jahr e im Transportgewerbe tätig. Im Jahre 1997 verdienten die Eheleute zusammen mehr als 200.000 DM brutto, wovon rund 70.000 DM auf die als Prokuristin tätige Beklagte entfielen. Als beide ihren Arbeitsplatz verloren hatten , wandte sich der Ehemann der Beklagten im September 1998 an die klagende Sparkasse, um staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen und weitere Kredite über insgesamt ca. 1,2 Millionen DM für die von ihm beabsichtigte Gründung einer Einzelfirma zu erhalten. Nach dem vorgelegten Gründungskonzept sollte der Betrieb auf dem Gebiet des Transportwesens tätig werden. Ferner war vorgesehen, daß die Beklagte die Büroleitung zusammen mit der Auftragsbearbeitung übernimmt und ab März 1999 ein steigerungsfähiges Jahresgehalt von 75.000 DM brutto bezieht. Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 gründeten die Eheleute eine GmbH, die später das Unternehmen des Ehemannes der Beklagten übernehmen und fortführen sollte, aber den Geschäftsbetrieb nie aufgenommen hat.
Am 26. Februar 1999 bewilligte die Klägerin die be antragten Kredite zu unterschiedlichen Zinssätzen. Die damals 51 Jahre alte arbeitslose Beklagte übernahm dafür am selben Tag eine Höchstbetragsbürgschaft über 300.000 DM. Außerdem bestellte sie mit notarieller Urkunde vom 6. April 2000 an ihrem Wohnungseigentum eine wertausschöpfende Grundschuld von 400.000 DM. Ab Juli 1999 bezog sie als Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes ein Monatsgehalt von 2.365 DM netto.
Die Existenzgründung ihres Ehemannes scheiterte. N ach Einstellung des Gewerbebetriebes wurde im November 2000 über sein Vermö-
gen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die ausgereichten Geschäftskredite wurden deshalb von der Klägerin fristlos gekündigt.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Höchstbetr agsbürgschaft auf Zahlung von 300.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Die Beklagte hält die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig.
Beide Vorinstanzen haben dem Zahlungsbegehren der Klägerin antragsgemäß stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat die Höchstbetragsbürgscha ft der Beklagten über 300.000 DM für wirksam erachtet und zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft verstoße nicht gegen die guten Sitt en. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten lasse sich trotz ihrer Arbeitslosigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht feststellen. Vor dem beruflichen Hintergrund der Beklagten habe die Klägerin nämlich darauf
vertrauen dürfen, daß die Planung ihres Ehemannes aufgehen und sie schon alsbald als Büroleiterin seines Betriebes jährlich 75.000 DM brutto verdienen werde. Das sogar noch für steigerungsfähig gehaltene Gehalt der Beklagten habe ausgereicht, um die nach ihren Angaben auf die verbürgten Existenzgründungsdarlehen entfallende Zinslast von höchstens 4,58% p.a. aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens dauerhaft allein zu tragen. Daß die Sicherheit der Einkünfte von dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängig gewesen sei, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung, da die Klägerin ein Scheitern der überzeugenden Geschäftsidee nicht habe ernsthaft in Betracht ziehen müssen.
Darüber hinaus habe die Beklagte an der Kreditaufn ahme ersichtlich ein eigenes wirtschaftliches Interesse gehabt. Dieses ergebe sich daraus, daß sie in dem Betrieb als leitende Angestellte mitarbeiten und Jahreseinkünfte von 75.000 DM erhalten sollte. Da die Beklagte bei Abgabe der Bürgschaftserklärung arbeitslos gewesen sei und sich nach ihrem Vortrag bei der Arbeitssuche vermutlich Schwierigkeiten ergeben hätten, sei die Existenzgründung ihres seinerzeit ebenfalls erwerbslosen Ehemannes für sie beide eine gute Lösung gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Beruf ungsurteil allerdings nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die Darstellung des Tatbestands nicht den Anforderungen des § 543 Abs. 2 ZPO a.F. entspreche.
Der Senat hat die entsprechende Rüge der Revision geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts v erstößt die Höchstbetragsbürgschaft der Beklagten gemäß § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist daher nichtig.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesger ichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 36 f.; zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und Senat BGHZ 156, 302, 307 m.w.Nachw.). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines laufenden Einkommens und/oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Fall krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 2003 aaO, m.w.Nachw. und BGHZ 156, aaO).


b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft über 300.000 DM im Februar 1999 kraß finanziell überfordert, weil sie die Zinsen von 4,58% für das verbürgte Existenzgründungsdarlehen über 230.000 DM und von 10% variabel für den Kontokorrentkredit über 100.000 DM aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein nicht aufbringen konnte.
aa) Da die Beklagte bei Übernahme der Bürgschaft a rbeitslos war, konnte sie zunächst nicht das Geringste zur vertragsgemäßen Erfüllung der Zinsansprüche der Klägerin aus dem verbürgten Existenzgründungsdarlehen und dem Kontokorrentkredit ihres Ehemannes beitragen. Daß die den Wert ihrer Eigentumswohnung unstreitig ausschöpfende Grundschuld über 400.000 DM erst im April 2000, also weit nach Vertragsschluß bestellt wurde, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Die Bestellung der Grundschuld ist bereits in den Darlehensverträgen vom 26. Februar 1999 vorgesehen.
bb) Aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und v ernünftigen Kreditgebers war auch nicht mit einer die krasse finanzielle Überforderung der Beklagten beseitigenden Verbesserung ihres finanziellen Leistungsvermögens bis zum ungewissen Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu rechnen.
(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkenn enden Senats sind bei der gebotenen Prognose grundsätzlich alle erwerbsrelevanten Umstände und Verhältnisse - wie z.B. Alter, Schul- und Berufsausbildung sowie etwaige besondere familiäre oder vergleichbare Belastungen - des
erkennbar finanzschwachen Bürgen oder Mithaftenden zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteile vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024, vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126 und vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797). Erst wenn danach bei lebensnaher Betrachtung feststeht, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines eigenen Einkommens und/oder Vermögens bis zum Vertragsende allein aufbringen kann, ist eine krasse finanzielle Überforderung zu bejahen.
(2) So ist es hier. Die Klägerin durfte die damals 51-jährige Beklagte - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht im Vertrauen auf die Realisierbarkeit des Gründungskonzepts ihres Ehemannes in die von den staatlichen Förderstellen vorgeschriebene Bürgenhaftung für das ausgereichte Existenzgründungsdarlehen und den Kontokorrentkredit nehmen. Zwar sollte sie danach als leitende Angestellte des Gewerbebetriebes ab dem 1. März 1999 im Jahr 75.000 DM brutto und in absehbarer Zeit sogar noch mehr verdienen. Dieser Plan beruhte aber auf einer unrealistischen Marktanalyse und Überschätzung der künftigen Ertragskraft des tatsächlich nur bis zum Herbst 2000 werbend tätigen Unternehmens. In Wirklichkeit hat die Beklagte denn auch unstreitig nie das vorgesehene Gehalt bezogen, sondern seit dem 1. Juli 1999 lediglich im Monat 2.365 DM netto verdient. Außerdem läßt das Berufungsgericht unberücksichtigt, daß das weitgehend fremdfinanzierte und offenbar von vornherein nicht lebensfähige Unternehmen bei Eintritt des Sicherungsfalles entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein würde, das vorgesehene Gehalt der Beklagten also nicht von der Insolvenz des
Hauptschuldners unabhängig war. Daß die Klägerin diesen wichtigen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung gerade bei besonders risikohaften Existenzgründungen häufig eintretenden Umstand nach dem Schutzzweck des § 138 Abs. 1 BGB berücksichtigen mußte, versteht sich von selbst (Nobbe/Kirchhof BKR 2002, 5, 9; Schimansky WM 2002, 2437, 2440).
(3) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderun g bestand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch keine hinreichend gesicherte Aussicht, daß die Beklagte aufgrund ihrer Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung in absehbarer Zeit bei einem Konkurrenzunternehmen oder anderswo eine Anstellung mit einem dem vorgesehenen vergleichbaren Gehalt findet. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine näheren Feststellungen getroffen, sondern lediglich auf die sich für die Beklagte bei der Arbeitssuche vermutlich ergebenden Schwierigkeiten hingewiesen. Der Einwand der Revisionserwiderung , daß die Beklagte von 1984 bis 1998 zu relativ hohen Bezügen gearbeitet habe und sogar Prokuristin gewesen sei, greift nicht. Denn abgesehen davon, daß ihr Ehemann das Unternehmen der früheren Arbeitgeberin leitete, darf in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie sie bei Vertragsschluß herrschten, nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Beklagte damals bereits 51 Jahre alt war und nach der Lebenserfahrung ältere Arbeitnehmer große Probleme haben, einen ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatz zu finden.
(4) Bei Übernahme der Bürgschaft über 300.000 DM d urch die damals arbeitslose Beklagte war aus der maßgebenden Sicht eines vernünftigen und seriösen Kreditgebers nicht damit zu rechnen, daß die Be-
klagte bei Eintritt des Sicherungsfalles die laufenden Zinsen der verbürgten Kredite mit Hilfe des pfändbaren Teils ihres Einkommens werde aufbringen können. Die Zinsen beliefen sich auf 10.000 DM jährlich für den verbürgten Kontokorrentkredit über 100.000 DM zu 10% Zinsen variabel sowie ausgehend von 200.000 DM auf 9.160 DM für das verbürgte staatlich geförderte Existenzgründungsdarlehen zu 4,58% Zinsen. Um die insgesamt 19.160 DM jährlich, d.h. 1.596,67 DM monatlich betragenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen zu können, hätte die niemandem unterhaltspflichtige Beklagte nach der im Jahre 1999 geltenden Pfändungstabelle ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens 3.500 DM erzielen müssen. Ein solches Einkommen hat die Beklagte nach Übernahme der Bürgschaft unstreitig nie erhalten und es bestand angesichts des Alters der Beklagten von damals 51 Jahren auch keine realistische Aussicht, daß sie ein solches Gehalt außerhalb des Unternehmens ihres Ehemannes erzielen konnte. Eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten ist danach gegeben.

c) Der Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB stehen entge gen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen. Die tatsächliche Vermutung, daß die Beklagte die ruinöse Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen und die Klägerin dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, ist nicht widerlegt bzw. entkräftet.
aa) Daß das Einzelunternehmen des Ehemannes der Be klagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages die Existenzgrundlage der ganzen Familie bilden sollte, ist - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Erwerb eines blo-
ßen mittelbaren geldwerten Vorteils aus der Unternehmensfinanzierung - wie etwa eine häufig nur schwer feststellbare und flüchtige Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards oder die Aussicht auf einen Arbeitsplatz - wiegt nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats das bei Betriebsmittelkrediten und erst recht bei Existenzgründungsdarlehen erfahrungsgemäß ganz besonders große Bürgschaftsbzw. Mithaftungsrisiko bei weitem nicht auf. Vielmehr wird der erkennbar nicht hinreichend solvente Ehepartner durch die Bindung der Fördermaßnahme an seine Bürgschafts- oder Mithaftungserklärung in eine wirtschaftlich sinnlose Garantenstellung für den ungewissen wirtschaftlichen Erfolg einer Berufsentscheidung des anderen gedrängt und möglicherweise bis zum Lebensende finanziell unzumutbar belastet (Senat BGHZ 135, 66, 71 f.). Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer erheblichen und sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer oder Gesellschafter führen (Senat BGHZ 146, 37, 45 f. und Senatsurteil vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 798).
bb) Allerdings ergibt sich in aller Regel eine and ere rechtliche Beurteilung , wenn der ersichtlich finanziell kraß überforderte Bürge oder Mitverpflichtete aufgrund konkreter und rechtlich hinreichend gesicherter Vereinbarungen mit dem Kreditnehmer an dem finanzierten Objekt in einem nennenswerten Umfang beteiligt werden soll. Da der Betroffene hier freiwillig das unternehmerische Risiko eingehen will und sich seine Rechtsstellung bei wertender Betrachtung häufig nicht wesentlich von der eines echten Mitdarlehensnehmers unterscheidet, ist es der kreditgebenden Bank grundsätzlich gestattet, ihn ohne Rücksicht auf eine geringe finanzielle Leistungsfähigkeit in die darlehensvertragliche Haftung
einzubinden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, WM 2003, 1563, 1565). Hierfür spricht ferner, daß Gesellschafter einer kreditsuchenden GmbH gewöhnlich ohne weiteres in die Mithaftung genommen werden können (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, WM 2003, 275, 276 m.w.Nachw.) und hierfür unter Umständen auch ein unmittelbar bevorstehender Erwerb einer bedeutsamen Beteiligung an der Hauptschuldnerin ausreichen kann.
So ist es hier aber nicht. Zwar war geplant, daß d ie von den Eheleuten mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1998 gegründete und der Beklagten zu 25,1% gehörende GmbH zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt das kreditfinanzierte Einzelunternehmen ihres Ehemannes mit allen Aktiva sowie Passiva übernimmt und weiterführt. Diese in dem Gründungskonzept dargelegte und der Klägerin bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages bekannte Absicht der Eheleute reicht aber, wie auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, für sich genommen nicht aus, um von einer rechtlich oder wirtschaftlich hinreichend gesicherten Beteiligung der Beklagten an dem Einzelunternehmen ihres Ehemannes auszugehen.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 56 2 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 283/99
Verkündet am:
27. Mai 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Vermag sich eine Partei an ein Geschehen nicht zu erinnern, kann sie dazu
gleichwohl eine ihr günstige Behauptung unter Zeugenbeweis stellen, wenn
sie hinreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, daß der Zeuge - anders als
sie selbst - das notwendige Wissen hat.
Zur Annahme eines auf einen freien Willensentschluß hindeutenden und ein
Handeln allein aus emotionaler Verbundenheit widerlegenden Eigeninteresses
des finanziell kraß überforderten Bürgen an dem verbürgten Darlehen
seiner Lebensgefährtin genügt, daß eine rechtliche Beteiligung des Bürgen
an dem finanzierten Objekt konkret vorgesehen ist. Das trifft insbesondere
zu, wenn bei Übernahme der Bürgschaft der Entwurf eines notariellen Vertrags
vorliegt, durch den der Bürge hälftiges Miteigentum an dem Objekt erhalten
soll.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99 - OLG Hamm
LG Hagen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Mai 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 8. September 1998 im Kostenpunkt aufgehoben und insoweit abgeändert, als der Beklagte zur Zahlung von mehr als 250.000 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 1. September 1997 verurteilt worden ist. Im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revisionsinstanz - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Bürgschaft in Anspruch. Sie gewährte der Lebensgefährtin des Beklagten, Frau M. L. (im folgenden auch: Hauptschuldnerin) am 30. August 1994 ein ERP-Existenzgründungsdarlehen über 585.000 DM und am 6. Oktober 1994 zwei Hausbankdarlehen über 120.000 DM und 15.000 DM. Weiterhin räumte sie Frau L. am 6. Oktober 1994 einen Kontokorrentkredit über 100.000 DM ein. Die Kredite dienten gemeinsam mit einem Frau L. am 1. Juli/30. August 1994 durch die D. A. bank gewährten EKH-Eigenkapitalhilfedarlehen in Höhe von 380.000 DM dem Kauf und der Modernisierung des Hotels "W. " in St. (S. ), das Frau L. betreiben wollte.
Der Beklagte übernahm unter dem 26. September 1994 zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrag von 1.145.000 DM. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte, der seine ursprüngliche Arbeitsstelle aufgegeben hatte, bereits für den Hotelbetrieb von Frau L. tätig. Der Beklagte und Frau L. beabsichtigten, das Hotel gemeinsam zu führen. Es war geplant, den Beklagten "eigentumsmäßig" zur Hälfte zu beteiligen ; ein entsprechender notarieller Vertrag lag im Entwurf vor. Wegen eines Gebührenstreits mit dem Amtsgericht kam es im folgenden nicht zu einer Übereignung. Als die Aufgabe des Hotelbetriebs abzusehen war, wurde der Vertrag annulliert.
Mit Schreiben vom 7. August 1997 kündigte die Klägerin der Hauptschuldnerin wegen der Aufgabe des Hotelbetriebs die von ihr gewährten Darlehen sowie namens und in Vollmacht der D. A. bank auch das EKH-Darlehen. Die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin gegenüber der
Klägerin beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf 689.579,78 DM. Ebenfalls mit Schreiben vom 7. August 1997 nahm die Klägerin den Beklagten aus dessen Bürgschaft in Anspruch und forderte ihn auf, den offenen Debet-Saldo mit Einschluß des EKH-Darlehens in Höhe von insgesamt 1.069.579,78 DM bis zum 31. August 1997 auszugleichen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Teilbetrag von 350.000 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils einigte sich die Klägerin am 16. Dezember 1998 mit der Hauptschuldnerin und dem Beklagten , daß diese gesamtschuldnerisch nur noch für einen Betrag von 250.000 DM nebst Zinsen aus dem im Obligo stehenden Kreditengagement der Klägerin haften. Von dieser Vereinbarung blieb das EKH-Darlehen in Höhe von 380.000 DM ausdrücklich ausgenommen.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und wegen des 250.000 DM nebst Zinsen übersteigenden Betrages (EKH-Darlehen) zur Klageabweisung, im übrigen zur Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die von dem Beklagten übernommene Bürgschaft sei wirksam. Insbesondere habe es sich nicht um eine gegen das Schriftformgebot verstoßende sogenannte Blankobürgschaft gehandelt. Der Bürgschaftsvertrag sei trotz der Höhe des Bürgschaftsbetrages auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Zwar dürfte ein Mißverhältnis zwischen dem Verpflichtungsumfang und der Leistungsfähigkeit des Beklagten bestehen. Beide Lebensgefährten hätten in ihrer Selbstauskunft vom 20. September 1994 ein "sonstiges Vermögen" (Guthaben, Wertpapiere) in Höhe von 30.000 DM und 70.000 DM angegeben. Diese für sich genommen nicht unbedeutende Summe falle gegenüber dem Höchstbetragsrahmen der Bürgschaft von 1.145.000 DM nicht ins Gewicht. Auch das in der Selbstauskunft des Beklagten angegebene monatliche "Fixum + Provision in Höhe von 1.500,00 DM" habe für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beklagten keine Bedeutung. Indessen hätten der Beklagte und die Hauptschuldnerin vorgehabt, das Hotel "W. " gemeinsam zu betreiben. Der Durchführung dieses Vorhabens hätten nicht nur die Kredite der Hauptschuldnerin, sondern auch die Bürgschaft des Beklagten gedient. Diese sei deshalb für ihn ein wirtschaftlich sinnvolles Geschäft gewesen, das maßgeblich von unabhängigen, eigenverantwortlichen Erwägungen des Beklagten gesteuert worden sei, die ihre Ursache außerhalb seiner persönlichen Beziehung zu der Hauptschuldnerin gehabt hätten. Soweit der Beklagte behaupte, die Zeugin Str. - Zweigstellenleiterin der Klägerin - habe vor Unterzeichnung der Bürgschaft ausdrücklich erklärt, daß sie diese nur "pro-forma" benötige, sei dem wegen des Vorhabens, das Hotel "W. " gemeinsam mit der Hauptschuldnerin zu betreiben, keine Bedeutung beizumessen.
Die Klägerin sei auch berechtigt, den Beklagten über den aus dem Gesamtobligo verbleibenden Betrag von 250.000 DM hinaus in Höhe von weiteren 100.000 DM aus dem EKH-Darlehen der D. A. bank in Anspruch zu nehmen. Aus Sinn und Zweck des Darlehensvertrages zwischen der Hauptschuldnerin und der D. A. bank folge, daß die darin mit der Verwaltung des Darlehens betraute Klägerin rechtlich die Stellung einer mittelbaren Stellvertreterin wahrnehmen sollte. Nach den Vertragsbestimmungen sei vorrangig die Klägerin Ansprechpartnerin der Hauptschuldnerin und des Beklagten gewesen, die durch die Weiterleitung der ihr als Hausbank zur Verfügung gestellten Darlehensvaluta jedenfalls im eigenen Namen berechtigt und verpflichtet werden sollte.

II.


Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft die Voraussetzungen einer Blankobürgschaft verneint, greift durch.
Fehlt in der Bürgschaftsurkunde mindestens eines der zur Wahrung der Schriftform unabdingbaren Merkmale und hat der Bürge einen anderen mündlich ermächtigt, die fehlenden Angaben zu ergänzen, handelt es sich um eine unwirksame Bürgschaft (BGHZ 132, 119, 122 f). Danach ist die Schriftform nur gewahrt, wenn die Urkunde außer dem Willen, für fremde Schuld einzustehen, auch die Bezeichnung des Gläubigers, des Hauptschuldners und der verbürg-
ten Forderung enthält (BGHZ 76, 187, 189; BGH, Urt. v. 3. Dezember 1992 - IX ZR 29/92, NJW 1993, 724, 725; v. 30. März 1995 - IX ZR 98/94, NJW 1995, 1886 f).
Der Beklagte hat behauptet, er habe die Bürgschaftsurkunde unterzeichnet , als weder die Person des Bürgen noch die Höhe von Darlehens- und Bürgschaftsverpflichtung eingetragen gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der gemäß § 141 ZPO angehörte Beklagte allerdings erklärt, er wisse nicht mehr, ob das Bürgschaftsformular blanko von ihm unterzeichnet worden sei. Er könne sich weder auf die eine noch auf die andere Richtung festlegen.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht von einer Beweisaufnahme abgesehen. Der Beklagte hat in der Berufungsbegründung substantiiert ausgeführt, das Bürgschaftsformular sei bei der Unterzeichnung durch ihn nicht ausgefüllt gewesen. Einer Partei darf nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Sie kann deshalb genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen (BGH, Urt. v. 25. März 1987 - IVa ZR 224/85, NJW 1988, 60, 63 m.w.N.; v. 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99, ZIP 2002, 1408, 1410). Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (BGH, Urt. v. 4. März 1991 - II ZR 90/90, NJW-RR 1991, 888, 891 m.w.N.; v. 23. April 1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709; v. 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968; v. 25. April 1995 - VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111,
2112; v. 17. September 1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361). Bei der An- nahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 1991, aaO; v. 25. Februar 1992, aaO; v. 25. April 1995, aaO; v. 17. September 1998, aaO).
Hier hat der Beklagte für die Richtigkeit seiner Behauptungen die Zeuginnen L. und Str. benannt und zugleich hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß diese Zeuginnen - anders als er selbst - wissen und bekunden können, die Bürgschaftsurkunde habe nicht den zu einer formwirksamen Bürgschaft nötigen Inhalt gehabt, als er sie unterschrieb.
2. Ein weiterer Verfahrensverstoß ist dem Berufungsgericht bei der Verneinung der tatsächlichen Voraussetzungen für eine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft unterlaufen.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings eine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft allein wegen krasser Überforderung des Beklagten und seiner emotionalen Verbindung zur Hauptschuldnerin abgelehnt.
aa) Zwar wird der Beklagte - wie das Berufungsgericht richtig ausführt - durch die Bürgschaft wirtschaftlich kraß überfordert. Es bestand auch eine emotionale Verbundenheit zur Hauptschuldnerin, weil der Beklagte mit ihr in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebte; insofern sind Lebensgefährten und Ehepartner gleich zu behandeln (BGH, Urt. v. 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, NJW 2002, 744, 745 m.w.N.). Unter diesen Umständen wird widerleglich vermutet, daß die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus
emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen wurde und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (BGH, Urt. v. 4. Dezember 2001, aaO; v. 26. April 2001 - IX ZR 337/98, NJW 2001, 2466, 2467 m.w.N.; v. 13. November 2001 - XI ZR 82/01, NJW 2002, 746).
bb) Diese tatsächliche Vermutung ist jedoch widerlegt. Der Beklagte hat sich bei der Übernahme der Bürgschaft von einer realistischen Einschätzung des wirtschaftlichen Risikos leiten lassen.
Ein auf einen freien Willensentschluß hindeutendes und ein Handeln allein aus emotionaler Verbundenheit widerlegendes Eigeninteresse des finanziell kraß überforderten Partners an der Darlehensgewährung ist grundsätzlich zu bejahen, wenn er zusammen mit dem Lebensgefährten ein gemeinsames Interesse an der Kreditgewährung hat oder ihm aus der Verwendung der Darlehensvaluta unmittelbare und ins Gewicht fallende geldwerte Vorteile erwachsen sind (BGHZ 146, 37, 42, 45; BGH, Urt. v. 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, NJW 2000, 1182, 1184; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 12). Bei wirtschaftlicher Betrachtung besteht dann kein wesentlicher Unterschied zu den Fällen, in denen die Lebensgefährten den Kredit als gleichberechtigte Vertragspartner aufgenommen und verwandt haben. Als eigener geldwerter Vorteil kommt auch der Erwerb von Miteigentum an den mit den Krediten finanzierten Gegenständen in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 27. Januar 2000, aaO S. 1184).
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Beklagte zusammen mit der Hauptschuldnerin ein gemeinsames Interesse an der Kreditgewährung hatte. Der von der Klägerin finanzierte Hotel- und Restaurantbetrieb sei als Investitionsmodell für die Zukunft beider Lebenspartner gedacht
gewesen. Der Beklagte habe mit seiner Lebensgefährtin eine neue Existenz in den neuen Bundesländern aufbauen wollen. Deshalb hat das Berufungsgericht die Bürgschaft als Investition zum Aufbau einer Existenz und den beabsichtigten Betrieb des Hotels als "joint venture" beider Lebenspartner gewertet. Der Beklagte habe selbst erklärt, von ihm und der Hauptschuldnerin sei beabsichtigt gewesen, das Hotel gemeinsam zu führen. Es sei geplant gewesen, ihn später eigentumsmäßig zur Hälfte zu beteiligen. Ein entsprechender notarieller Vertrag sei bereits entworfen worden. Zu einer Übereignung sei es aber wegen eines langwierigen Gebührenstreits mit dem Amtsgericht nicht gekommen. Es sei dann auch die Aufgabe des Hotelbetriebs abzusehen gewesen, so daß der Vertrag annulliert worden sei. Unbestritten hat der Beklagte zudem etwa 120.000 DM in das Objekt investiert.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Interesse des Beklagten an dem Vorhaben der Hauptschuldnerin habe sich auf Hoffnungen und Erwartungen beschränkt. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Bürgschaftserklärung weder rechtlich noch wirtschaftlich an dem Projekt der Hauptschuldnerin beteiligt gewesen. Anders als die Revision meint, kommt es nicht darauf an, ob die Erwartungen des Bürgen, am Erfolg des Unternehmens beteiligt zu werden, rechtlich abgesichert sind. Ob ein wirtschaftliches Eigeninteresse vorliegt, ist in erster Linie eine tatsächliche Frage. Daher genügt es für ein wirtschaftliches Eigeninteresse des Bürgen, wenn für ihn bei Abgabe seiner Bürgschaftserklärung eine realistische Aussicht besteht, unmittelbar von der Kreditgewährung zu profitieren. Hier lag bereits der Entwurf eines notariellen Vertrages vor, mit dem der Beklagte hälftiges Eigentum am Hotel erhalten sollte. Daß sich diese Aussichten nach der Bürgschaftserklärung aus Gründen zerschlugen, die die Klägerin nicht zu vertreten hat, beseitigt das bei der Bürgschaftserklärung be-
stehende wirtschaftliche Eigeninteresse des Beklagten nicht. Daher genügt es, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der - nach der Planung der Lebensgefährten - auch dem Beklagten unmittelbar zugute kommenden Verwendung des Darlehens und der Bürgschaft nicht zu leugnen ist (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, NJW 1999, 135 zur Umschuldung bei Krediten , die ein Ehegatte aufgenommen hat). So liegt der Fall hier.
cc) Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin die Bürgschaft auch oder allein deshalb verlangt hat, weil sie die Nachteile möglicher Vermögensverschiebungen ausgleichen wollte. Da die Bürgschaft angesichts des von wirtschaftlich vernünftigen Erwägungen geleiteten Eigeninteresses des Beklagten von der Klägerin nicht in sittenwidriger Weise erlangt ist, führt es nicht zur Sittenwidrigkeit, wenn die von der Gläubigerin verfolgten (anderen) Motive für die Bürgschaftsbestellung nicht vorliegen oder ein Schutz vor Vermögensverschiebungen rechtlich nicht erheblich sein sollte (so nunmehr BGH, Urt. v. 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, NJW 2002, 2228 ff; v. 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, NJW 2002, 2230 ff). Daher kann dahinstehen, ob die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Schlüssigkeit der entsprechenden Einwendungen des Beklagten zutreffen.

b) Eine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft ist jedoch zu bejahen, wenn die Behauptung des Beklagten zutreffen sollte, die Zweigstellenleiterin der Klägerin habe vor Unterzeichnung der Bürgschaft erklärt, die Bürgschaft sei eine Formsache, sie benötige diese nur pro forma.
Wirkt das Kreditinstitut selbst in unzulässiger Weise auf die Entschließung des finanziell überforderten Bürgen ein, indem es durch Angestellte die
Tragweite der Bürgschaft verharmlost oder verschleiert, insbesondere die Unterschrift als reine Formalität darstellt, kann dies die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft begründen (vgl. BGHZ 120, 272, 277; BGH, Urt. v. 24. Februar 1994 - IX ZR 227/93, NJW 1994, 1341, 1343; v. 8. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, NJW 1999, 135, 136). Dabei kommt es jedoch auf die Gesamtumstände an. So fehlt es an einer sittenwidrigen Beeinträchtigung der Willensfreiheit, wenn es sich für die Beteiligten erkennbar nur um eine allgemeine Redensart ohne inhaltliche Aussage über Umfang und Bedeutung des Risikos handelt (BGH, Urt. v. 5. Januar 1955 - IV ZR 112/54, WM 1955, 375, 376; v. 24. Februar 1994, aaO S. 1344; vgl. auch BGH, Urt. v. 15. April 1997 - IX ZR 112/96, NJW 1997, 3230, 3231).
Im Streitfall liegt eine unzulässige Einflußnahme der Klägerin auf den Beklagten vor, wenn sich die Richtigkeit seiner Behauptungen beweisen sollte. In der Klageerwiderung des Beklagten heißt es insoweit:
"Der Beklagte wies darauf hin, daß er nach Kündigung seines Anstellungsvertrages bei seiner Arbeitgeberin zunächst über kein Einkommen verfügte und hoffte, zukünftig ein angemessenes Einkommen in dem geplanten Hotelbetrieb seiner Lebensgefährtin erarbeiten zu können. Gerade für den Fall, daß das Hotel nicht rentabel betrieben werden konnte und infolgedessen Kredite notleidend werden könnten, hätte ja auch der Beklagte kein Einkommen mehr, so daß die Erfüllung einer Bürgschaftsverpflichtung genau für den Fall, daß die Bürgschaft in Anspruch genommen werden müßte, mangels eines Einkommens des Beklagten gar nicht erfüllt werden könnte (und zwar unabhängig von der Höhe der Bürgschaft). Die Zweigstellenleiterin der Klägerin erklärte daraufhin, daß sie die Bürgschaft nur pro forma benötige, woraufhin der Beklagte das Bürgschaftsformular schließlich unterschrieb."

Zum Beweis für dieses Vorbringen hat der Beklagte sich auf das Zeugnis der Hauptschuldnerin berufen. In der Berufungsbegründung hat der Beklagte ausgeführt:
"Ein weiterer besonderer Umstand, welcher die Bürgschaft als Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden erscheinen läßt, liegt darin begründet, daß die Zeugin Str. vor Unterzeichnung des Vertrages ausdrücklich erklärt hat, daß sie die Bürgschaft nur 'pro forma' benötige."
Zum Beweis für diese Behauptung hat sich der Beklagte wiederum auf das Zeugnis der Hauptschuldnerin und zusätzlich auf das von H. Str. , der Zweigstellenleiterin der Klägerin, berufen. Schließlich hat der Beklagte in der Berufungsinstanz im Schriftsatz vom 12. April 1999 vorgetragen:
"Bei der Bürgschaftsübernahme erbat deren [d.h. der Klägerin] Mitarbeiterin Str. vom Beklagten eine Einkommensbescheinigung seines Arbeitgebers. Der Beklagte erklärte dazu, daß er ohnehin früher als freier Handelsvertreter tätig gewesen sei und zudem diese Tätigkeit schon lange nicht mehr ausübe. ... Als Reaktion darauf erklärte die klägerische Mitarbeiterin Str. , daß es dann auch so gehe, weil die Bürgschaft ja ohnehin nur eine Formsache sei."
Zum Beweis für dieses Vorbringen hat der Beklagte sich erneut auf das Zeugnis der Hauptschuldnerin und von H. Str. berufen.
Erweisen sich diese Behauptungen als richtig, wurde insbesondere die Erklärung des Beklagten, er könne im Bürgschaftsfall gar nicht zahlen, mit dem
Hinweis beantwortet, die Klägerin benötige die Bürgschaft nur pro forma, konnte der Beklagte dem entnehmen, er werde unter den von ihm geschilderten Umständen im Bürgschaftsfall nicht in Anspruch genommen werden. Wenn er im Vertrauen darauf die Bürgschaftsurkunde unterschrieb, handelt die Klägerin anstößig, wenn sie den durch die Bürgschaft finanziell kraß überforderten Beklagten gleichwohl an seiner Erklärung festhält; der Bürgschaftsvertrag ist dann wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

III.


Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist aufzuheben.
1. Soweit die Klägerin 250.000 DM nebst Zinsen wegen der Verbürgung für die von ihr ausgelegten Kredite begehrt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die für die Behauptungen des Beklagten zur "Blanko-" und zur "pro-forma-Bürgschaft" angetretenen Beweise erheben kann.
2. Soweit die Klage auf eine Verbürgung des EKH-Darlehens gestützt wird, ist die Sache zur Endentscheidung reif. In diesem Umfang ist die Klage abzuweisen, weil dieses Darlehen von der Bürgschaft nicht umfaßt wird.

a) Der Grund dafür ist freilich nicht in der Unwirksamkeit der formularmäßig weiten Zweckerklärung zu suchen (vgl. insoweit § 9 Abs. 1 AGBG [jetzt § 307 Abs. 1 BGB n.F.]; BGHZ 130, 19, 32 f). Die von der Klägerin geltend gemachten Kredite sind sämtlich Anlaßkredite für die Bürgschaft gewesen. Maß-
geblich ist der objektive Anlaß, der sich nach dem aktuellen Sicherungsbedürfnis des Gläubigers und der Wahrung des Verbots der Fremddisposition richtet (BGHZ 130, 19, 33 f). Bei Abgabe der Bürgschaftserklärung waren den Beteiligten unstreitig alle beantragten Kreditmittel bekannt, zu deren Sicherung die Bürgschaft dienen sollte, insbesondere standen Kreditbeträge und Kreditgeber bereits fest. Daß die Hauptschuldnerin einzelne Kreditverträge erst kurze Zeit nach der Bürgschaftserklärung rechtsverbindlich unterzeichnete, steht daher der Einordnung als Anlaßkredit nicht im Wege.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sichert die Bürgschaft jedoch nicht das EKH-Darlehen. Die D. A. bank ist nicht Gläubigerin der Bürgschaft; die Bürgschaftsurkunde bezeichnet allein die Klägerin als Gläubigerin.
Bei dem EKH-Darlehen handelt es sich auch nicht um Ansprüche der Klägerin, die von der Bürgschaft umfaßt sein könnten. Der Darlehensvertrag wurde zwischen der Hauptschuldnerin und der D. A. bank abgeschlossen. Die Hauptschuldnerin beantragte die Gewährung dieses Darlehens unmittelbar bei der D. A. bank. Die Klägerin sollte das Darlehen zwar verwalten, jedoch im Namen der D. A. bank. Hierzu erklärte sich die Klägerin im Begleitschreiben zum Darlehensantrag der Hauptschuldnerin ausdrücklich bereit. Dementsprechend ist die Klägerin verfahren ; soweit ersichtlich, hat sie Erklärungen bezüglich des Darlehens der D. A. bank immer in deren Namen abgegeben. Dies gilt insbesondere auch für die Kündigung der Kredite. Das EKH-Darlehen hat die Klägerin gesondert und ausdrücklich "namens und in Vollmacht der D. A. bank handelnd" gekündigt. Bei der Angabe der Gesamtverbindlichkeiten
in dem an die Hauptschuldnerin gerichteten Kündigungsschreiben bezog die Klägerin das EKH-Darlehen nicht ein. Danach besteht - wie die Revision zutreffend rügt - kein Anhaltspunkt für die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe im Hinblick auf das EKH-Darlehen die Stellung einer mittelbaren Stellvertreterin wahrnehmen sollen. Dazu hätte die Klägerin zumindest im eigenen Namen handeln müssen. Dies hat sie an keiner Stelle getan; auch das Berufungsgericht zeigt ein solches Handeln der Klägerin in bezug auf das EKH-Darlehen nicht auf. Bei der Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 hat die Klägerin das EKH-Darlehen ausdrücklich ausgenommen und ausgeführt, daß dieses "neben der Forderung der Klägerin besteht und im Obligo der D. A. bank in B. steht". Damit hat die Klägerin selbst klar zu erkennen gegeben, daß auch sie bezüglich des EKH-Darlehens nicht von einer eigenen Forderung gegen die Hauptschuldnerin ausging. Daß die D. A. bank nach der Auffassung des Berufungsgerichts "möglichst weit außen vorgehalten werden sollte", mag zwar als Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse zutreffen, enthält jedoch keinen Anknüpfungspunkt für die allein nach rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende Frage, ob die Klägerin Ansprüche aus dem EKH-Darlehen im eigenen Namen geltend machen durfte. Auch die Klägerin hat hierzu im Prozeß nichts vorgetragen. Vielmehr hat sie erklärt, daß das EKH-Darlehen "von der D. A. bank über die Klägerin als eingeschaltete Primärbank gewährt worden" sei. Dies genügt nicht, um die Forderung aus dem EKH-Darlehen zu einer eigenen Forderung der Klägerin zu machen, die durch die Bürgschaft gesichert wird.
Kreft Kirchhof Fischer Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen
Raebel Kreft

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 82/02 Verkündet am:
10. Dezember 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Wirksamkeit ruinöser
Gesellschafterbürgschaften gelten in der Regel auch für Minderheitsgesellschafter
der kreditsuchenden GmbH, und zwar auch dann, wenn der
Betroffene nicht mit der Geschäftsführung betraut ist. Nur bei unbedeutenden
Bagatell- und Splitterbeteiligungen kann nach dem Schutzgedanken
des § 138 Abs. 1 BGB eine andere rechtliche Beurteilung in Betracht kommen.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 10. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die
Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Januar 2002 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts BadenBaden vom 3. April 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Autohaus B. GmbH (nachfolgend: B. GmbH) nahm im Jahre 1992 bei der beklagten Bank einen Geschäftskredit auf. Zur Sicherung
ihrer Ansprüche übernahmen der Kläger und beide Mitgesellschafter eine Höchstbetragsbürgschaft über 350.000 DM und erhöhten die Haftungssumme im nächsten Jahr auf 400.000 DM. Als die Kreditlinie nochmals erweitert wurde, schlossen die Beteiligten am 4. Mai 1995 einen Bürgschaftsvertrag bis zum Höchstbetrag von 469.000 DM.
Der Kläger hatte im November 1992 an der B. GmbH, deren Stammkapital 50.000 DM betrug, einen nominellen Geschäftsanteil von 5.000 DM für 50.000 DM gekauft und war damals bei ihr als Kfz-Meister beschäftigt. Geschäftsführer war der Mehrheitsgesellschafter H.. Außer der Gesellschaftsbeteiligung besitzt der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Hausgrundstück.
Der Kläger, der den Bürgschaftsvertrag vom 4. Mai 1995 wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig erachtet und mit der Klage dessen Unwirksamkeit festgestellt haben will, hat u.a. vorgetragen : Das ihm und seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörende Hausgrundstück sei zum damaligen Zeitpunkt erheblich belastet und höchstens 390.000 DM wert gewesen. Mit dem von der B. GmbH bezogenen Gehalt habe er keinen erheblichen Beitrag zur Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung leisten können. Zur Unterzeichnung der Bürgschaft sei er durch den geschäftsführenden Mitgesellschafter H. gedrängt und durch verharmlosende Erklärungen veranlaßt worden.
Das Landgericht hat die Feststellungsklage des Klägers abgewiesen , das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat die Höchstbetragsbürgschaft des Klägers über 469.000 DM für sittenwidrig erachtet und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Bürgschaftsvertrag vom 4. Mai 1995 überfordere den Kläger finanziell in krasser Weise. Nach seinen Gehaltsbescheinigungen für das Jahr 1995 habe er bei der B. GmbH im Monat durchschnittlich 3.483,60 DM netto verdient und infolgedessen die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte monatliche Zinslast von 3.419,79 DM nicht allein auf Dauer tragen können. Die ihm gehörende Haushälfte sei unter Berücksichtigung der nachgewiesenen dinglichen Belastungen nicht so wertvoll, daß ein Verkaufserlös ihn dazu vermutlich in die Lage versetzen würde.
Außer der krassen finanziellen Überforderung lägen auch zusätzliche erschwerende und der Beklagten zurechenbare Umstände vor. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß sie die Kreditlinie der B. GmbH ohne die Bürgschaftserklärungen aller Gesellschafter nicht er-
weitert hätte. Der Kläger habe daher keine andere Wahl gehabt, als entweder die Vertragsurkunde auf Drängen des geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters H. zu unterzeichnen oder den Verlust seiner Arbeitsstelle in Kauf zu nehmen. Diese Zwangslage habe die Beklagte bewußt ausgenutzt.
Daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Kreditinstitut regelmäßig ein berechtigtes Interesse an einer Mithaftung aller maßgeblich beteiligten Gesellschafter habe, entlaste die Beklagte nicht. Der Kläger sei an der B. GmbH weder maßgeblich beteiligt noch für die entstehenden Forderungen der Beklagten rechtlich und wirtschaftlich verantwortlich gewesen. Ein besonderes Interesse des Klägers am Fortbestehen der Gesellschaft sei nicht festzustellen, zumal er keine Gewinnausschüttung erhalten habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt der Bürgschaftsvertrag der Parteien vom 4. Mai 1995 nicht gegen die guten Sitten.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. Zivilsenats und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem
Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; Senatsurteile vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1348, für BGHZ vorgesehen; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648 sowie XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651).
2. Diese Grundsätze gelten jedoch abgesehen davon, daß es hier an einem persönlichen Näheverhältnis des Klägers zu einem Mitgesellschafter fehlt, grundsätzlich nicht für Bürgschaftserklärungen von GmbHGesellschaftern für Verbindlichkeiten der GmbH.

a) Nach der Rechtsprechung des vormals für das Bürgschaftsrecht zuständigen IX. Zivilsenats (BGHZ 137, 329, 336 ff.; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM 1998, 235, 236, insoweit in BGHZ 137, 292 ff. nicht abgedruckt, und vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157; BGH, Beschluß vom 28. Februar 2002 - IX ZR 153/00, WM 2002, 923; BGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 443/00, WM 2002, 2278 f.) und des erkennenden Senats (Urteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, aaO S. 1648 und vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, Umdr. S. 11 f.) hat - wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat - ein Kreditinstitut, das einer GmbH oder KG ein Darlehen gewährt , grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Gesellschaftskrediten Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen,
ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei kann die Bank im all- gemeinen davon ausgehen, daß die Beteiligung an der Gesellschaft aus eigenem finanziellen Interesse erfolgt und die Bürgschaft für den betreffenden Gesellschafter kein unzumutbares Risiko darstellt.

b) Zwar hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil vom 18. September 2001 (IX ZR 183/00, aaO S. 2157; vgl. ferner Urteil vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM aaO S. 236) seine Rechtsprechung ohne nähere Begründung auf "maßgeblich" beteiligte GmbH-Gesellschafter beschränkt , überdies ist an gleicher Stelle von für die Gesellschaftsschulden "rechtlich und wirtschaftlich verantwortlichen" Personen die Rede. Dies ist aber nicht dahingehend zu verstehen, daß sich grundsätzlich nur Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter oder Geschäftsführer-Gesellschafter für ihre eigene finanzielle Leistungsfähigkeit weit übersteigende Betriebsmittelkredite wirksam verbürgen könnten. Wie seinem Urteil vom 16. Januar 1997 (IX ZR 250/97, WM 1997, 511, 513) zu entnehmen ist, ist dies auch bei einer Beteiligung in Höhe von 10% an der darlehensnehmenden GmbH möglich, ohne daß der betroffene Gesellschafter als Geschäftsführer für deren Kreditaufnahmeverhalten verantwortlich sein muß. In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der erkennende Senat in dem erst nach der angefochtenen Entscheidung veröffentlichten Urteil vom 15. Januar 2002 (XI ZR 98/01, aaO S. 436) die beklagte Bürgin, die bei Vertragsschluß 25% der Geschäftsanteile der Hauptschuldnerin (GmbH) hielt, ohne zur Geschäftsführung befugt zu sein, als "maßgeblich" beteiligt angesehen.

c) Im vorliegenden Streitfall gilt nichts anderes. Mit dem Begriff der "maßgeblichen Beteiligung" des Bürgen an der kreditsuchenden GmbH bzw. KG oder ähnlichen Formulierungen sollen lediglich unbedeutende Bagatell- oder Splitterbeteiligungen ausgeschieden werden. Nur bei ihnen kann es - namentlich bei ertragsschwachen und auch über kein ins Gewicht fallendes Eigenkapital verfügenden Gesellschaften - ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt sein, den unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht nennenswert an der Kreditnehmerin beteiligten finanzschwachen Bürgen nach dem Schutzgedanken des § 138 Abs. 1 BGB im Ergebnis wie einen bloßen Strohmanngesellschafter ohne jedes Eigeninteresse an der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung zu behandeln (zum Strohmanngesellschafter vgl. Senatsurteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, aaO S. 437; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, aaO S. 1648 f. und vom 17. September 2002 - XI ZR 306/01, Umdr. S. 12 f. m.w.Nachw.). Ein solcher Ausnahmefall ist hier aber nicht gegeben.
Eine Beteiligung in Höhe von 10% an einer werbenden GmbH, wie sie der Kläger bei Abgabe der Bürgschaftserklärungen an der B. GmbH hielt, stellt gewöhnlich einen erheblichen Vermögenswert dar. Außerdem repräsentiert sie nach der allgemeinen Verkehrsanschauung einen nennenswerten Anteil am Gesellschaftskapital. Dies ist auch die Vorstellung des Gesetzgebers. § 50 GmbHG läßt einen Anteil von 10% am Stammkapital der Gesellschaft zur Ausübung der bedeutsamen Minderheitsrechte genügen. Daß sich ein solcher Minderheitsgesellschafter - ähnlich wie ein Strohmann ohne jedes eigene wirtschaftliche Interesse - von den Wünschen des ihm persönlich besonders nahe stehenden und die Geschäftspolitik bestimmenden Mehrheitsgesellschafters oder Dritten leiten läßt und weitgehend fremdbestimmte Bürgschaftserklärungen abgibt, ist
bei lebensnaher Betrachtung nicht zu erwarten. Die Beklagte durfte des- halb annehmen, dem Kläger sei es im Hinblick auf seine Beteiligung an der Hauptschuldnerin und nicht nur aus Sorge um seinen Arbeitsplatz persönlich wichtig, daß diese ihren Geschäftsbetrieb weiter führen konnte und nicht insolvent wurde. Es wäre daher verfehlt, wollte man der Beklagten vorwerfen, sich mit seiner finanziellen Leistungsfähigkeit nicht befaßt und von ihr die Kreditvergabe abhängig gemacht zu haben.
Eine andere Betrachtungsweise läge im übrigen auch nicht im Interesse der Gesellschafter, die das Bürgenrisiko im Innenverhältnis ohne Rücksicht auf die Größe des jeweiligen Anteilsbesitzes verteilen wollen. Überdies kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Anteilsbesitz auf zahlreiche Gesellschafter gleichmäßig verteilt ist und es wechselnde Mehrheiten gibt. Daß auch Gesellschaften mit derartigen Beteiligungsverhältnissen grundsätzlich in der Lage sein müssen, sich das zur Betriebsführung notwendige Fremdkapital mit Hilfe von Bürgschaften ihrer mehr oder weniger finanzkräftigen Gesellschafter zu verschaffen, liegt auf der Hand.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Nichtigkeitssanktion des § 138 Abs. 1 BGB auch nicht durch den Kläger besonders belastende und der Beklagten zurechenbare Umstände oder Verhältnisse ausgelöst.
Die Tatsache, daß ein Gesellschafter der Hauptschuldnerin von der kreditgebenden Bank vor die Alternative gestellt wird, entweder eine ihn wirtschaftlich ruinierende Bürgschaft zu übernehmen oder aber die Nichtgewährung eines Geschäftskredits und die sich daraus ergebenden
rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile hinzunehmen, stellt für sich genommen keine unzulässige Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit dar (vgl. Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 15). Daß der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter der B. GmbH, der Zeuge H., die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten und den Kläger zur Abgabe der streitgegenständlichen Bürgschaftserklärung widerrechtlich genötigt hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch dem Sachvortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Sein weiterer Vorwurf, über die rechtliche Bedeutung und Tragweite der streitgegenständlichen Bürgschaft arglistig getäuscht worden zu sein, ist vor dem Hintergrund der vorher im Auftrag der Gesellschaft abgegebenen Bürgschaftserklärungen sowie der als Gesellschafter und Kfz-Meister gewonnenen geschäftlichen Erfahrungen ohne Substanz. Überdies ist nicht ersichtlich, daß H. als Vertreter oder Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) der Beklagten tätig geworden ist oder sie sich sein Handeln aus anderen Gründen zurechnen lassen müßte.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die landgerichtliche Entscheidung wiederherstellen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 306/01 Verkündet am:
17. September 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Juli 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage aus einer als Garantie bezeichneten Erklärung für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft in Anspruch.
Die Mutter der Beklagten entschloß sich im Jahr 1996 zur Fortführung eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens, dessen Betriebsleiterin sie früher gewesen war. Zu die-
sem Zweck trat sie als Komplementärin in die KG ein. Die Beklagte übernahm eine Kommanditeinlage von 810.000 DM. Stille Gesellschafterin der KG wurde gemäß Gesellschafts- und Beteiligungsvertrag vom 10. Dezember 1996 die M. Beteiligungsgesellschaft mbH (M.) mit einer Einlage von ebenfalls 810.000 DM. Für die Beteiligung war an die M. u.a. ein Festentgelt in Höhe von zunächst jährlich 7,75% der Beteiligungssumme zu zahlen, das sich mit Ablauf des dritten Verlustjahres auf jährlich 8,25% erhöhen sollte.
Gemäß § 6 des Vertrages, der mit "Rückzahlungsgarantien" überschrieben ist, garantierten die Beklagte und ihre Mutter der M. u.a. die Rückzahlung der Einlage und die Zahlung rückständigen Beteiligungsentgelts. Als weitere Garantin trat die Klägerin auf. Im Innenverhältnis zu ihr waren aber die Beklagte und ihre Mutter allein verpflichtet.
Die Beklagte, eine damals 30 Jahre alte Diplomjuristin, verheiratet und kinderlos, war seit 1992 als selbständige Finanz- und Versorgungsberaterin tätig. Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für 1996 betrugen ihre jährlichen Einnahmen 18.241 DM. In einer Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 hatte sie ihr Jahreseinkommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hingegen auf 64.000 DM beziffert. Ihr Bankguthaben hatte sie dort mit 21.000 DM und den Wert von Grundeigentum , das mit Grundpfandrechten in Höhe von 145.000 DM belastet war, mit 145.000 DM angegeben. Die Klägerin hat den Verkehrswert des belasteten , der Beklagten nur zu ein halb zustehenden Grundstücks hingegen auf 300.000 DM beziffert. Sie hat zudem eine Gewinnermittlung der Beklagten vorgelegt, die für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 30. Sep-
tember 1995 einen Gewinn von 73.310,86 DM und für das Vorjahr einen solchen von 46.906,01 DM auswies.
Nachdem die KG im November 1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hatte, kündigte die M. ihre Beteiligung fristlos und nahm die Klägerin aus der Garantie auf Zahlung von 690.000 DM in Anspruch. Die Klägerin verlangt ihrerseits von der Beklagten und deren - mittlerweile rechtskräftig verurteilter - Mutter Zahlung.
Die Beklagte macht die Sittenwidrigkeit der als Garantie bezeichneten Erklärung wegen krasser finanzieller Überforderung geltend. Sie sei nicht in der Lage gewesen, auch nur das laufende zinsähnliche Beteiligungsentgelt aus ihrem pfändbaren Einkommen zu tilgen. Die Gesellschafterstellung habe sie nur als Strohfrau und die Garantie nur aufgrund familiären Drucks übernommen. Sie sei geschäftsunerfahren gewesen. Auch seien ihr gegenüber die aus der Übernahme der Garantie folgenden Risiken verharmlost worden.
Das Landgericht hat der Teilklage auf Zahlung von 200.000 DM nebst Zinsen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Bei der getroffenen Vereinbarung handele es sich trotz der anders lautenden Bezeichnung nicht um eine Garantie, sondern um eine Bürgschaft , da die Verpflichtung der Beklagten die Verbindlichkeiten der KG gegenüber der M. unstreitig nur akzessorisch habe sichern sollen und die Beklagte als Kommanditistin kein starkes eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erfüllung der Hauptverpflichtung gehabt habe. Die Bürgschaft sei wegen krasser finanzieller Überforderung der Bürgin sittenwidrig. Die Beklagte sei bei Berücksichtigung ihres pfändbaren Einkommens und Vermögens nicht in der Lage, auch nur die für die stille Beteiligung anfallenden laufenden Verbindlichkeiten von jährlich rund 70.000 DM zu tragen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin von dem in der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 angegebenen Jahreseinkommen von 64.000 DM und dem von der Klägerin behaupteten Verkehrswert des Grundstücks in Höhe von 300.000 DM ausgehe. Aus dem in der Gewinnermittlung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1995 ausgewiesenen Gewinn von 73.310,86 DM lasse sich zwar theoretisch ein Jahresgewinn von rund 98.000 DM hochrech-
nen. Ein solcher Gewinn könne aber nicht zugrunde gelegt werden, da er die realistische Einkommenserwartung nicht zutreffend wiedergebe, nachdem in der Gewinnermittlung zugleich ausgewiesen sei, daß die Beklagte im Jahr zuvor lediglich 46.906,01 DM Gewinn erwirtschaftet habe. Die Klägerin habe ferner berücksichtigen müssen, daß die Beklagte für die Übernahme des Kommanditanteils von 810.000 DM noch den Kaufpreis in einer Rate zu 110.000 DM und sieben jährlichen Folgeraten von 100.000 DM habe zahlen müssen. Auf den mit dem Erwerb des Kommanditanteils verbundenen Vermögenszuwachs komme es nicht an, da der Kommanditanteil im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners keinen Wert mehr habe. Die Beklagte habe die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit zu ihrer Mutter übernommen. Mit dem Erwerb der bloßen Kommanditistenstellung habe sie keinen eigenen geldwerten Vorteil erlangt , zumal sie nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftliche Eigenkapital der KG einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme erreicht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings die Auslegung des Berufungsgerichts, es handele sich bei der sogenannten Rückzahlungsgarantie - entgegen dem Wortlaut - um eine Bürgschaft. Die Auslegung einer Individualvereinbarung durch den Tatrichter kann revisions-
rechtlich nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gesetzliche und allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder auf Verfahrensverstößen beruht (BGH, Urteile vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, WM 2000, 1289, 1291 f., vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688). Derartige Fehler werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind nicht erkennbar.
Angesichts der für das Revisionsverfahren bindenden Feststellung des Berufungsgerichts, die Verpflichtung der Beklagten habe nach dem unstreitigen Sachverhalt nur akzessorisch sein sollen, hält sich das Berufungsgericht mit seiner Auslegung vielmehr innerhalb des dem Tatrichter zur Verfügung stehenden Spielraums. Die Auslegung ist jedenfalls möglich, da das wichtigste Auslegungskriterium dafür, ob in einer Haftungserklärung eine Garantie oder aber eine Bürgschaft zu sehen ist, die Frage ist, ob der für eine fremde Schuld Eintretende unter allen Umständen für den Leistungserfolg einstehen will, also unabhängig vom Entstehen und Fortbestand der fremden Schuld; im Zweifel ist zum Schutz des Verpflichteten eine Bürgschaft anzunehmen (Schmitz in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 92 Rdn. 5).
2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte werde durch die Übernahme der Bürgschaft finanziell kraß überfordert.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen
Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er innerhalb der vertraglich festgelegten Kreditlaufzeit voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens dauerhaft aufbringen kann (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002 1347, 1348 und XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 sowie vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Bei der Beurteilung der krassen finanziellen Überforderung von Bürgen und Mithaftenden ist pfändbares Vermögen in der Weise zu berücksichtigen, daß der ermittelte Wert von der Bürgschafts- oder mitübernommenen Schuld abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens des Bürgen oder Mithaftenden die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

b) So ist es hier, ohne daß es auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Ratenzahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Erwerb des Kommanditanteils ankommt.
aa) Richtig und von der Revision nicht beanstandet ist zunächst, daß das Berufungsgericht das für die stille Einlage von 810.000 DM zu entrichtende jährliche Entgelt als zinsähnliche Leistung behandelt hat. Daraus resultiert eine monatliche Belastung der Beklagten in Höhe von 4.595,10 DM, selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin nur das laufende Festentgelt für die stille Beteiligung in Höhe von anfänglich 7,75%
berücksichtigt und von den - bestrittenen - Vermögensverhältnissen der Beklagten ausgeht, wie sie sich aus der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 unter Berücksichtigung des von der Klägerin behaupteten Grundstücksverkehrswertes ergeben.
Das pfändbare Vermögen der Beklagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages betrug entgegen der Auffassung der Revision nur 98.500 DM. Die Beklagte verfügte über ein Bankguthaben von 21.000 DM und war zu ein halb mitbeteiligt an einem Grundstück mit einem Verkehrswert von 300.000 DM, das mit valutierenden Grundpfandrechten von 145.000 DM belastet war. Diese Belastung ist der banküblichen Praxis entsprechend bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten vermögensmindernd zu berücksichtigen; denn im Falle der Veräußerung des Grundstücksanteils der Beklagten stünde nur der um die Belastung geminderte Erlös zur Erfüllung ihrer Bürgschaftsschuld zur Verfügung (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1349 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Dies wären hier, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, 77.500 DM. Diese sowie das Bankguthaben von 21.000 DM sind danach von der Bürgschaftsschuld von 810.000 DM abzuziehen, so daß sich bei Berücksichtigung des Festentgelts von jährlich 7,75% die genannte monatliche Belastung von 4.595,10 DM ergibt.
Der Wert des noch nicht bezahlten Kommanditanteils der Beklagten war entgegen der Ansicht der Revision nicht anzusetzen. Er war, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Falle der Insolvenz der Hauptschuldnerin wertlos und stand deshalb gerade bei Eintritt des
Bürgschaftsfalls als Vermögensgegenstand zur Befriedigung der Gläubigerin nicht zur Verfügung.
bb) Die laufende Zinslast konnte die Beklagte allein nicht aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen. Nach der vom Berufungsgericht zugrundegelegten Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 verfügte die Beklagte über jährliche Einnahmen von 64.000 DM. Das in der Gewinnermittlung für 1995 ausgewiesene höhere Einkommen hat das Berufungsgericht zu Recht nicht berücksichtigt. Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe einen Jahresgewinn von 98.000 DM ermittelt, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf verwiesen , daß angesichts der im übrigen wesentlich niedriger liegenden Jahresgewinne realistischerweise nicht von der nachhaltigen Erzielbarkeit eines solchen Jahreseinkommens ausgegangen werden könne. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch das in der Selbstauskunft angegebene Jahreseinkommen der gleichfalls als Bürgin haftenden Mutter der Beklagten sowie ihres Ehemannes unberücksichtigt gelassen. Die Beklagte haftete für die Bürgschaftsschuld über 810.000 DM gemäß § 769 BGB zusammen mit ihrer Mutter als Gesamtschuldnerin, d.h. die Gläubigerin konnte von ihr die gesamte Leistung verlangen. Es ist danach allein auf die Leistungsfähigkeit der Beklagten abzustellen. Das Einkommen ihrer Mutter resultierte nur aus deren Tätigkeit für die Hauptschuldnerin, verminderte das Risiko der Beklagten bei Eintritt des Bürgschaftsfalles also nicht. Das Einkommen des Ehemannes der Beklagten ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nur insofern von Bedeutung, als bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages ihres Einkommens keine Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Auszugehen ist daher von einem
Jahreseinkommen der Beklagten in Höhe von 64.000 DM, d.h. monatlichen Einkünften von 5.333,33 DM. Der 1996 nach § 850 c ZPO monatlich pfändbare Betrag beläuft sich danach auf 3.337,03 DM und bleibt damit erheblich hinter der monatlichen Belastung zurück.
3. Nicht rechtsfehlerfrei ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, die krasse finanzielle Überforderung habe hier die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft der Beklagten zur Folge.

a) Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Familienangehöriger entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senat BGHZ 146, 37 ff.; Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436 f., jeweils m.w.Nachw.) gelten für die Bürgschaft der Beklagten als einziger Kommanditistin der Hauptschuldnerin grundsätzlich nicht.
aa) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maßgeblich beteiligten Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen , ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM 1998, 235, 236, insoweit in BGHZ 137, 292 ff. nicht abgedruckt; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 516; vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436). Das gilt - wie der Senat bereits mit
Urteil vom 28. Mai 2002 (XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648) in einem ebenfalls die Beklagte betreffenden Verfahren entschieden hat - in glei- cher Weise, wenn der Kredit einer Kommanditgesellschaft gewährt und vom Kommanditisten eine entsprechende Sicherheit verlangt wird. Auch in diesem Fall kann die kreditgebende Bank im allgemeinen davon ausgehen , daß bei einem Gesellschafterbürgen, der einen bedeutsamen Gesellschaftsanteil hält, das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht und er schon deshalb durch die Haftung kein unzumutbares Risiko auf sich nimmt. Auch hier begründen daher weder die krasse finanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seine emotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschenden Dritten die Vermutung der Sittenwidrigkeit (vgl. Senatsurteile vom 15. Januar 2002 aaO S. 436 f. und vom 28. Mai 2002 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
bb) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter - wie die Beklagte dies behauptet - lediglich die Funktion eines Strohmannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daß derjenige , der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger entsprechend (Senatsurteile vom 15. Januar 2002 aaO S. 437 m.w.Nachw. und vom 28. Mai 2002 aaO S. 1649). Wird die Bank in die wirtschaftlichen Hintergründe der Gesellschaftsgründung so einbezogen, daß für sie die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschließen. Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daß
derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeit übernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt , ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie in den typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeiten von Personen, denen er emotional eng verbunden ist (BGHZ 137, 329, 337; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157; Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649).

b) Das Berufungsgericht hat bislang weder zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Beklagte lediglich als Strohfrau ohne eigene wirtschaftliche Interessen Gesellschafterin geworden war, ausreichende Feststellungen getroffen noch zu der Frage, ob das der Klägerin bekannt war oder sie davor die Augen verschlossen hat.
Zwar hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrer Mutter übernommen. Es fehlt aber an Feststellungen, daß die Verbundenheit zu ihrer Mutter für die Beklagte der einzige Beweggrund zur Übernahme der Bürgschaft war. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es bei einem Gesellschafterbürgen außerdem zusätzlicher - bisher fehlender - Feststellungen dazu, daß für das Kreditinstitut das mangelnde eigene wirtschaftliche Interesse des Bürgen und die Übernahme nur aus persönlicher Verbundenheit klar ersichtlich war. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß die Beklagte nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftli-
che Eigenkapital einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme er- reicht habe, läßt es unberücksichtigt, daß die Beklagte mittelfristig gesehen durchaus wirtschaftliche Interessen mit der KG verfolgt haben könnte.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme auch aufgrund besonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer Umstände sittenwidrig sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausgenutzt oder die Willensbildung und Entschließungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer seelischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträchtigt hat (vgl. BGHZ 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137, 329, 333; BGH, Urteile vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592; vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512 sowie Senatsurteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 437 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649). Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigt aber auch dies die Annahme der Sittenwidrigkeit der Bürgschaft hier nicht.
1. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin habe ihre geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt. Wie der Senat
mit Urteil vom 28. Mai 2002 (XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649) entschieden hat, scheidet dieser Umstand, der in der Praxis bei einem Kommanditisten ohnedies so gut wie nie zu bejahen sein wird (Nobbe/ Kirchhof aaO S. 15), hier angesichts der Berufsausbildung der Beklagten als Diplomjuristin und ihrer seit 1992 ausgeübten Tätigkeit als Finanzund Versorgungsberaterin aus.
2. Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Beklagten, sie sei von ihrem Vater massiv unter Druck gesetzt worden. Hieraus läßt sich schon deshalb keine zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führende seelische Zwangslage der Beklagten herleiten, weil nicht dargetan ist, daß diese Umstände der Gläubigerin bekannt geworden sind.
3. Soweit die Beklagte behauptet hat, ihr gegenüber sei die Übernahme der Bürgschaft verharmlost worden, handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft (mit)begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 46/99, WM 2002, 919, 922 und Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649 m.w.Nachw.). Allerdings hat sich das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten überzeugen können. Das Berufungsgericht hat sich mit den gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffen - von seinem Standpunkt aus konsequent - bislang noch nicht befaßt.

IV.


Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Richter am Bundes- Bungeroth gerichtshof Dr. Siol ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen Nobbe
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 183/00
Verkündet am:
18. September 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Behauptet der Bürge, der als Mehrheitsgesellschafter oder Geschäftsführer
die Haftung für die Gesellschaftsschulden übernommen hat, dies sei ohne eigenes
wirtschaftliches Interesse allein aus enger persönlicher Verbundenheit
zu einem Dritten geschehen, hat er sowohl diese Tatsache als auch die
Kenntnis des Gläubigers davon zu beweisen. Weder aus der krassen finanziellen
Überforderung des Bürgen noch aus dessen emotionaler Verbundenheit
mit der die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person folgt eine
tatsächliche Vermutung zu Lasten des Kreditgebers (Fortführung von BGHZ
137, 329).
BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00 - OLG Celle
LG Hannover
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Kayser

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 22. März 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der im Jahre 1969 geborene Beklagte war seit September 1988 Alleingesellschafter der C. GmbH und seit dem 1. Februar 1990 auch deren alleiniger Geschäftsführer. Mit Vertrag vom 23. September 1991 gewährte die Klägerin der GmbH einen Kontokorrentkredit bis zum Betrag von 200.000 DM. In einer Urkunde vom selben Tage verbürgte sich der Beklagte für alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin aus der Geschäftsverbindung mit der Gesellschaft. Am 4. Januar 1994 nahm die GmbH ein Festzinsdarlehen in Höhe von 355.000 DM bei der Klägerin auf.

Der Beklagte erteilte seinem Vater am 10. Dezember 1992 in notarieller Form uneingeschränkte Vollmacht zur Vertretung der GmbH. Am 29. Dezember 1994 kündigte die Klägerin die Geschäftsverbindung. Zu diesem Zeitpunkt belief sich ihre Forderung aus den Kreditverträgen auf insgesamt rund 1.346.000 DM. Die Gesellschaft ist insolvent. Am 23. Januar 1995 wurde der Beklagte als Geschäftsführer abberufen und dessen Vater zum Geschäftsführer bestellt.
Die Klägerin hat den Beklagten erstinstanzlich in Höhe von 50.000 DM wegen der Forderung aus dem Darlehen vom 4. Januar 1994 als Bürgen in Anspruch genommen. Im Berufungsrechtszug hat sie die Klage auf 70.000 DM erhöht. Der Beklagte hat eingewandt, der Klägerin sei bekannt gewesen, daß er seine Funktionen in der Gesellschaft nur als Strohmann seines Vaters ausgeübt habe. Sämtliche Verhandlungen habe die Klägerin nur mit dem Vater geführt. Der Beklagte sei dabei nie in Erscheinung getreten. Die Unterschriften unter den Verträgen habe er nach den Vorgaben des Vaters geleistet. Er habe zu jener Zeit eine Ausbildung absolviert und damals wie heute nur über geringe Einkünfte verfügt, so daß er finanziell nie in der Lage gewesen sei, die Hauptforderung in nennenswertem Umfang zu tilgen.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Der Tatrichter ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daû die Klägerin in zulässiger Weise Berufung eingelegt hat.
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin, die in erster Instanz den Bürgen wegen eines Teils der Forderung aus dem Darlehensvertrag vom 4. Januar 1994 in Anspruch genommen hat, habe abweichend davon im Berufungsrechtszug in erster Linie die Deckung von Ansprüchen aus dem Kontokorrentvertrag verlangt. In diesem Falle wäre der Hauptantrag unzulässig. Auch bei einheitlicher Verbürgung mehrerer Forderungen bildet die Sicherung der einzelnen Hauptschuld einen eigenständigen Streitgegenstand; denn selbständige, voneinander unabhängige Ansprüche beruhen auf verschiedenen Lebenssachverhalten (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1990 - IX ZR 111/89, WM 1990, 969, 970; Kreft, WM-Sonderbeilage Nr. 5/1997 S. 64). Wechselt der Gläubiger zur Begründung seines gegen den Bürgen erhobenen Anspruchs die Hauptschuld aus, nimmt er eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO vor. § 511 ZPO setzt voraus, daû der Rechtsmittelkläger die vom erstinstanzlichen Urteil ausgehende Beschwer zumindest teilweise beseitigen will (BGH, Urteil
vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, soweit ein Bürgschaftsanspruch mit der Berufung vorrangig auf eine bis dahin nicht geltend gemachte Forderung gestützt wird.
2. Indessen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz den Streitgegenstand nicht in dieser Weise geändert. Das kann der Senat ohne Bindung an die Auslegung des Tatrichters selbst feststellen, weil es um die Wertung einer Prozeûhandlung geht, welche das Revisionsgericht uneingeschränkt selbst vorzunehmen hat.
Die Berufungsbegründung der Klägerin zeigt zunächst auf, warum entgegen der Meinung des Landgerichts die Erstreckung der Bürgschaft auf den Darlehensvertrag vom 4. Januar 1994 wirksam geworden sei. Erst im Anschluû daran heiût es, die Bürgschaft decke jedenfalls den Kontokorrentkredit, der den Anlaû zur Verbürgung begründet habe, wenn man der Ansicht des Landgerichts zur Unwirksamkeit der weiten Zweckerklärung folge. Aus der Berufungsbegründung läût sich daher keine Umstellung des Klagegrundes herleiten. Sie ergibt sich auch nicht aus sonstigen Umständen. Vielmehr hat die Klägerin den Beklagten lediglich hilfsweise wegen der Kontokorrentforderung in Anspruch genommen.

II.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung, der Bürgschaftsvertrag sei gemäû § 138 Abs. 1 BGB nichtig, ausgeführt:
Für die Klägerin habe sich aufgedrängt, daû die GmbH trotz der Eintragungen im Handelsregister wirtschaftlich das Unternehmen des Vaters gewesen sei und der Beklagte keine Entscheidungsbefugnis besessen habe. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten nie mit dem Beklagten persönlich verhandelt. Keine Kontobelastung sei vom Beklagten verfügt worden. Daher sei die Aussage seines als Zeugen vernommenen Vaters glaubhaft, er habe im Zusammenhang mit der Erschlieûung eines Baugebiets in G. dem Vorstandsvorsitzenden der Rechtsvorgängerin der Klägerin erzählt, der Beklagte führe nicht die Geschäfte ; er sei vielmehr noch Lehrling. In Anbetracht aller Umstände sei für die Klägerin klar ersichtlich gewesen, daû der Beklagte sich ohne eigenes wirtschaftliches Interesse aufgrund enger emotionaler Bindung zum Vater in unterlegener Position darauf eingelassen habe, für diesen den Strohmann abzugeben. Die von der Klägerin im Senatstermin gegenbeweislich zum Vorbringen des Beklagten gestellten Anträge seien gemäû § 528 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen.
Der Beklagte sei durch die Bürgschaft finanziell aussichtslos überfordert worden; denn er habe während der Ausbildung weniger als 1.000 DM monatlich verdient und beziehe gegenwärtig als Verheirateter, der zudem für zwei Kinder zu sorgen habe, nur einen Nettolohn von etwa 2.500 DM. Das in den Selbstauskünften vom 29. Januar 1993 und 14. Februar 1994 erwähnte Immobilienvermögen sei hoch belastet gewesen. Das dort weiter genannte Geschäftsführergehalt von 6.500 DM monatlich sei für die Klägerin anhand der Geschäftskonten als fiktiv erkennbar gewesen.

III.


Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Klageabweisung nicht.
1. Die Anwendung der in der Rechtsprechung des Senats zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften finanziell überforderter Lebenspartner und Verwandter erarbeiteten Grundsätze scheitert allerdings nicht schon daran, daû der Beklagte nicht unmittelbar für seinen Vater, sondern für eine GmbH gebürgt hat, an der er selbst beteiligt war. Gehörte die Gesellschaft, wirtschaftlich gesehen, zu wesentlichen Teilen einer mit dem Bürgen eng verbundenen Person, befindet sich derjenige, der die Haftung übernehmen soll, nicht selten in einer für Verwandten- oder Ehegattenbürgschaften typischen Konfliktsituation. Dies kann dazu führen, daû die Entscheidung, sich an einer Gesellschaft zu beteiligen , nicht auf wirtschaftlichen Überlegungen beruht, sondern allein deshalb erfolgt, um dem anderen einen Gefallen zu tun. In einem solchen Falle entstehen für den Bürgen dieselben Gefahren wie bei einer unmittelbaren Haftung für Verbindlichkeiten des ihm nahestehenden Hauptschuldners. Daher kann der Bürge auch in vergleichbarer Weise schutzbedürftig sein (BGHZ 137, 329, 336).
2. Im Streitfall war der Beklagte Alleingesellschafter und -geschäftsführer der Hauptschuldnerin, als er die Bürgschaft erteilte. Ein Kreditinstitut , das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, die persönliche Haftung maûgeblich beteiligter Gesellschafter sowie der Geschäftsführer für Geschäftskredite zu verlangen. Die
gängige Bankpraxis, die Kreditgewährung davon abhängig zu machen, daû die rechtlich und wirtschaftlich verantwortlichen Personen für die entstehenden Forderungen eintreten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei darf die Bank im allgemeinen davon ausgehen, daû derjenige, der sich an einer Gesellschaft beteiligt, dies aus eigenen finanziellen Interessen tut und schon deshalb durch die Haftung kein ihm unzumutbares Risiko auf sich nimmt. Für den Kreditgeber besteht grundsätzlich keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, aus welchen Gründen die Beteiligung an der Gesellschaft erfolgt und die Haftung für deren Schulden übernommen wird (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteil vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592; vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 513).
Dies gilt in der Regel selbst gegenüber Gesellschaftern, denen nur die Funktion eines Strohmannes zukommt. Da Strohmanngeschäfte ernst gemeint und infolgedessen rechtlich wirksam sind (vgl. BGHZ 21, 378, 381; 31, 258, 263 f; BGH, Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, NJW 1995, 727), braucht der Kreditgeber sich grundsätzlich nicht darum zu kümmern, warum der Strohmann bereit ist, die Bürgschaft zu erteilen. Er darf davon ausgehen, dieser handele aus wirtschaftlich vernünftigen, allein von ihm selbst verantworteten Gründen, solange ihm nicht das Gegenteil bekannt ist. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der wirtschaftliche Inhaber eines Unternehmens seine Ehefrau oder einen Verwandten als Gesellschafter vorschiebt, weil er selbst in dieser Funktion nicht auftreten will. Wird die Bank jedoch in die wirtschaftlichen Hintergründe der Gesellschaftsgründung so einbezogen, daû für sie die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschlieûen. Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daû derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt wird
und die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeit übernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie in den typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeiten von Personen, denen er emotional eng verbunden ist (BGHZ 137, 329, 336 f). Nur in solchen Fällen muû sich die Haftungsübernahme an den Kriterien messen lassen, die der Senat allgemein für Bürgschaften finanziell überforderter Bürgen entwickelt hat (zu Kinderbürgschaften insbesondere BGHZ 125, 206, 213 ff; BGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 - IX ZR 333/95, WM 1996, 2194, 2195 f).
3. Da der Gläubiger bei den beschriebenen Gesellschafter- und Geschäftsführerbürgschaften grundsätzlich davon ausgehen darf, für diese Personengruppe sei die Haftungsübernahme mit einem eigenen unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse verbunden und stelle daher ein zumutbares, ausschlieûlich selbst zu verantwortendes Risiko dar, trifft den Bürgen die volle Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung eines Sachverhalts, der dazu führen kann, daû der Bürgschaftsvertrag gleichwohl als sittenwidrig anzusehen ist. In diesen Fällen folgen demnach weder aus der krassen finanziellen Überforderung noch aus der emotionalen Verbundenheit des Bürgen mit der die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person tatsächliche Vermutungen zu Lasten des Kreditgebers.
4. Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen, aus denen sich der vom Beklagten zu beweisende Ausnahmetatbestand ergibt.

a) Selbst wenn es - wie das Berufungsgericht meint - für die Klägerin schon vor Abschluû des Bürgschaftsvertrages auf der Hand lag, daû das Un-
ternehmen dem Vater des Beklagten wirtschaftlich gehörte, besagt dies lediglich , für die Gläubigerin sei die "Strohmann"-Eigenschaft des Beklagten offensichtlich deutlich hervorgetreten. Die Klägerin als Kreditgeber brauchte sich jedoch auch dann keine Gedanken zu machen über die Motive und Absichten, die einer solchen Handlungsweise zugrunde lagen. Die Klägerin durfte ohne weiteres davon ausgehen, eigene finanzielle Interessen hätten den Beklagten bewogen, die Gesellschafterfunktion als Strohmann wahrzunehmen, solange ihr kein mit einer solchen Annahme unvereinbarer Sachverhalt bekannt war. Da Vertreter der Klägerin nie persönlich mit dem Beklagten verhandelt haben, ist es unerheblich, ob sie bei einer solchen Gelegenheit erkannt hätten, daû der Beklagte sich bei dem Entschluû, Gesellschafter zu werden, ausschlieûlich von seiner inneren Abhängigkeit gegenüber dem Vater hatte leiten lassen.

b) Im übrigen hat der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag im Jahre 1991 von seinem Bruder acht Eigentumswohnungen übereignet erhalten. Da sich die GmbH mit dem An- und Verkauf sowie der Verwaltung von Immobilien befaûte, war ein solcher Vorgang geeignet, im Geschäftsverkehr zumindest den Anschein eines eigenen wirtschaftlichen Interesses des Gesellschafters zu begründen. Dies gilt selbst dann, wenn die Wohnungen, wie der Beklagte behauptet , damals wertausschöpfend belastet waren; denn das schloû die Absicht nicht aus, sie gewinnbringend an Dritte zu veräuûern. Im übrigen brauchte sich die Klägerin - anders als im Regelfall einer Verwandtenbürgschaft - über die Werthaltigkeit des Eigentums an Immobilien nicht zu informieren , weil ein berechtigtes Interesse des Kreditgebers an der Bürgschaft des Mehrheitsgesellschafters unabhängig von dessen persönlicher finanzieller Leistungsfähigkeit besteht. Davon abgesehen überstieg der Wert der Immobilien
nach einer vom Beklagten im Jahre 1994 unterzeichneten Selbstauskunft die Belastungen um mehr als 700.000 DM.

c) Der Vater des Beklagten hat bekundet, im Zusammenhang mit der Erschlieûung eines Baugebiets in G. dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Rechtsvorgängerin der Klägerin erklärt zu haben, er allein führe die Geschäfte , der Beklagte sei noch Lehrling. Ob für den Vertreter der Klägerin schon aufgrund dieses Hinweises auf der Hand lag, daû der Beklagte keine eigenen wirtschaftlichen Interessen mit seiner Gesellschafterstellung verband, kann dahingestellt bleiben. Die Aussage des Zeugen läût schon nicht erkennen , daû das berichtete Gespräch vor Abschluû des Bürgschaftsvertrages stattgefunden hat.

d) Alle weiteren vom Berufungsgericht herangezogenen Umstände haben sich ebenfalls erst nach Abschluû des Bürgschaftsvertrages ereignet und vermögen nichts darüber auszusagen, welche Kenntnisse die Klägerin von dem Sinn und Zweck der Gesellschafterstellung des Beklagten bei Gewährung des ersten Kredits und der in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erteilten Bürgschaft besaû.

e) Nach den im Berufungsurteil enthaltenen Feststellungen waren der Klägerin bei Abschluû des Bürgschaftsvertrages somit keine Tatsachen bekannt , aus denen sich für sie ohne weiteres ergab, daû der Beklagte lediglich aus seiner persönlichen Verbundenheit mit dem Vater heraus die Stellung des Gesellschafters übernommen hatte, ohne damit eigene unmittelbare wirtschaftliche Interessen zu verbinden (vgl. dazu BGHZ 137, 329, 340 f). Auf der
Grundlage der vom Tatrichter getroffenen Feststellungen ist der Bürgschaftsvertrag nicht nach § 138 Abs. 1 BGB zu beanstanden.

IV.


Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die formularmäûig erteilte Bürgschaft mit der weiten, auf die gesamte Geschäftsverbindung bezogenen Zweckerklärung nicht nach § 9 AGBG zu beanstanden, wenn die Haftung vom Allein- oder Mehrheitsgesellschafter sowie einem Geschäftsführer der GmbH übernommen worden ist (BGHZ 132, 6, 9; BGH, Urteil vom 2. Juli 1998 - IX ZR 255/97, NJW 1998, 2815, 2816; vom 10. November 1998 - XI ZR 347/97, ZIP 1998, 2145; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 517). Im Rahmen der gemäû § 9 AGBG geltenden typisierenden Betrachtungsweise kommt eine Privilegierung des "Strohmannes" schon wegen der uneingeschränkten Wirksamkeit der von ihm eingenommenen Rechtsstellung nicht in Betracht.

V.


Die Sache ist auch nicht im Sinne der Klage entscheidungsreif.
1. Es ist nicht auszuschlieûen, daû der Beklagte, wäre er rechtzeitig auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze (BGHZ 137, 329 ff) hingewiesen worden, seinen Vortrag in den wesentlichen Punkten hinreichend ergänzt hätte. Dazu muû ihm noch Gelegenheit gegeben werden. Sollte das Berufungsgericht den erhobenen Einwand sodann auf der Grundlage der Vorgaben des Revisionsurteils als erheblich ansehen, werden die von beiden Parteien angebotenen Beweise auszuschöpfen sein.
2. Gelangt das Berufungsgericht zu der Feststellung, der Beklagte sei ohne eigenes wirtschaftliches Interesse - allein um seinem Vater einen Gefallen zu tun - Gesellschafter geworden und die Klägerin habe dies zwar nicht vor Erteilung der Bürgschaft, aber zu einem späteren Zeitpunkt erfahren, wird zu prüfen sein, ob es als ein Verstoû gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzusehen ist, den Bürgen wegen Forderungen aus Krediten in Anspruch zu nehmen , die erst in Kenntnis des wahren Sachverhalts vereinbart wurden. In diesem Falle gewinnt der auf den Kontokorrentkredit gestützte Hilfsanspruch Bedeutung.
3. Bei der Zurückverweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Kreft Kirchhof Fischer
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ganter Kayser ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Kreft

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 306/01 Verkündet am:
17. September 2002
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin
Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. Juli 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt die Beklagte im Wege der Teilklage aus einer als Garantie bezeichneten Erklärung für Verbindlichkeiten einer Kommanditgesellschaft in Anspruch.
Die Mutter der Beklagten entschloß sich im Jahr 1996 zur Fortführung eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens, dessen Betriebsleiterin sie früher gewesen war. Zu die-
sem Zweck trat sie als Komplementärin in die KG ein. Die Beklagte übernahm eine Kommanditeinlage von 810.000 DM. Stille Gesellschafterin der KG wurde gemäß Gesellschafts- und Beteiligungsvertrag vom 10. Dezember 1996 die M. Beteiligungsgesellschaft mbH (M.) mit einer Einlage von ebenfalls 810.000 DM. Für die Beteiligung war an die M. u.a. ein Festentgelt in Höhe von zunächst jährlich 7,75% der Beteiligungssumme zu zahlen, das sich mit Ablauf des dritten Verlustjahres auf jährlich 8,25% erhöhen sollte.
Gemäß § 6 des Vertrages, der mit "Rückzahlungsgarantien" überschrieben ist, garantierten die Beklagte und ihre Mutter der M. u.a. die Rückzahlung der Einlage und die Zahlung rückständigen Beteiligungsentgelts. Als weitere Garantin trat die Klägerin auf. Im Innenverhältnis zu ihr waren aber die Beklagte und ihre Mutter allein verpflichtet.
Die Beklagte, eine damals 30 Jahre alte Diplomjuristin, verheiratet und kinderlos, war seit 1992 als selbständige Finanz- und Versorgungsberaterin tätig. Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für 1996 betrugen ihre jährlichen Einnahmen 18.241 DM. In einer Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 hatte sie ihr Jahreseinkommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hingegen auf 64.000 DM beziffert. Ihr Bankguthaben hatte sie dort mit 21.000 DM und den Wert von Grundeigentum , das mit Grundpfandrechten in Höhe von 145.000 DM belastet war, mit 145.000 DM angegeben. Die Klägerin hat den Verkehrswert des belasteten , der Beklagten nur zu ein halb zustehenden Grundstücks hingegen auf 300.000 DM beziffert. Sie hat zudem eine Gewinnermittlung der Beklagten vorgelegt, die für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 30. Sep-
tember 1995 einen Gewinn von 73.310,86 DM und für das Vorjahr einen solchen von 46.906,01 DM auswies.
Nachdem die KG im November 1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hatte, kündigte die M. ihre Beteiligung fristlos und nahm die Klägerin aus der Garantie auf Zahlung von 690.000 DM in Anspruch. Die Klägerin verlangt ihrerseits von der Beklagten und deren - mittlerweile rechtskräftig verurteilter - Mutter Zahlung.
Die Beklagte macht die Sittenwidrigkeit der als Garantie bezeichneten Erklärung wegen krasser finanzieller Überforderung geltend. Sie sei nicht in der Lage gewesen, auch nur das laufende zinsähnliche Beteiligungsentgelt aus ihrem pfändbaren Einkommen zu tilgen. Die Gesellschafterstellung habe sie nur als Strohfrau und die Garantie nur aufgrund familiären Drucks übernommen. Sie sei geschäftsunerfahren gewesen. Auch seien ihr gegenüber die aus der Übernahme der Garantie folgenden Risiken verharmlost worden.
Das Landgericht hat der Teilklage auf Zahlung von 200.000 DM nebst Zinsen stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Bei der getroffenen Vereinbarung handele es sich trotz der anders lautenden Bezeichnung nicht um eine Garantie, sondern um eine Bürgschaft , da die Verpflichtung der Beklagten die Verbindlichkeiten der KG gegenüber der M. unstreitig nur akzessorisch habe sichern sollen und die Beklagte als Kommanditistin kein starkes eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erfüllung der Hauptverpflichtung gehabt habe. Die Bürgschaft sei wegen krasser finanzieller Überforderung der Bürgin sittenwidrig. Die Beklagte sei bei Berücksichtigung ihres pfändbaren Einkommens und Vermögens nicht in der Lage, auch nur die für die stille Beteiligung anfallenden laufenden Verbindlichkeiten von jährlich rund 70.000 DM zu tragen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin von dem in der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 angegebenen Jahreseinkommen von 64.000 DM und dem von der Klägerin behaupteten Verkehrswert des Grundstücks in Höhe von 300.000 DM ausgehe. Aus dem in der Gewinnermittlung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1995 ausgewiesenen Gewinn von 73.310,86 DM lasse sich zwar theoretisch ein Jahresgewinn von rund 98.000 DM hochrech-
nen. Ein solcher Gewinn könne aber nicht zugrunde gelegt werden, da er die realistische Einkommenserwartung nicht zutreffend wiedergebe, nachdem in der Gewinnermittlung zugleich ausgewiesen sei, daß die Beklagte im Jahr zuvor lediglich 46.906,01 DM Gewinn erwirtschaftet habe. Die Klägerin habe ferner berücksichtigen müssen, daß die Beklagte für die Übernahme des Kommanditanteils von 810.000 DM noch den Kaufpreis in einer Rate zu 110.000 DM und sieben jährlichen Folgeraten von 100.000 DM habe zahlen müssen. Auf den mit dem Erwerb des Kommanditanteils verbundenen Vermögenszuwachs komme es nicht an, da der Kommanditanteil im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners keinen Wert mehr habe. Die Beklagte habe die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit zu ihrer Mutter übernommen. Mit dem Erwerb der bloßen Kommanditistenstellung habe sie keinen eigenen geldwerten Vorteil erlangt , zumal sie nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftliche Eigenkapital der KG einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme erreicht habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision allerdings die Auslegung des Berufungsgerichts, es handele sich bei der sogenannten Rückzahlungsgarantie - entgegen dem Wortlaut - um eine Bürgschaft. Die Auslegung einer Individualvereinbarung durch den Tatrichter kann revisions-
rechtlich nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gesetzliche und allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder auf Verfahrensverstößen beruht (BGH, Urteile vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98, WM 2000, 1289, 1291 f., vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, WM 2000, 1195, 1196 und vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688). Derartige Fehler werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind nicht erkennbar.
Angesichts der für das Revisionsverfahren bindenden Feststellung des Berufungsgerichts, die Verpflichtung der Beklagten habe nach dem unstreitigen Sachverhalt nur akzessorisch sein sollen, hält sich das Berufungsgericht mit seiner Auslegung vielmehr innerhalb des dem Tatrichter zur Verfügung stehenden Spielraums. Die Auslegung ist jedenfalls möglich, da das wichtigste Auslegungskriterium dafür, ob in einer Haftungserklärung eine Garantie oder aber eine Bürgschaft zu sehen ist, die Frage ist, ob der für eine fremde Schuld Eintretende unter allen Umständen für den Leistungserfolg einstehen will, also unabhängig vom Entstehen und Fortbestand der fremden Schuld; im Zweifel ist zum Schutz des Verpflichteten eine Bürgschaft anzunehmen (Schmitz in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 92 Rdn. 5).
2. Im Ergebnis zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte werde durch die Übernahme der Bürgschaft finanziell kraß überfordert.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen
Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er innerhalb der vertraglich festgelegten Kreditlaufzeit voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens dauerhaft aufbringen kann (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; BGH, Urteile vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002 1347, 1348 und XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351 sowie vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Bei der Beurteilung der krassen finanziellen Überforderung von Bürgen und Mithaftenden ist pfändbares Vermögen in der Weise zu berücksichtigen, daß der ermittelte Wert von der Bürgschafts- oder mitübernommenen Schuld abgezogen wird. Nur wenn der pfändbare Teil des Einkommens des Bürgen oder Mithaftenden die auf den so ermittelten Schuldbetrag entfallenden laufenden Zinsen voraussichtlich nicht abdeckt, liegt eine krasse finanzielle Überforderung vor (Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

b) So ist es hier, ohne daß es auf die vom Berufungsgericht berücksichtigten Ratenzahlungsverpflichtungen der Beklagten aus dem Erwerb des Kommanditanteils ankommt.
aa) Richtig und von der Revision nicht beanstandet ist zunächst, daß das Berufungsgericht das für die stille Einlage von 810.000 DM zu entrichtende jährliche Entgelt als zinsähnliche Leistung behandelt hat. Daraus resultiert eine monatliche Belastung der Beklagten in Höhe von 4.595,10 DM, selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin nur das laufende Festentgelt für die stille Beteiligung in Höhe von anfänglich 7,75%
berücksichtigt und von den - bestrittenen - Vermögensverhältnissen der Beklagten ausgeht, wie sie sich aus der Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 unter Berücksichtigung des von der Klägerin behaupteten Grundstücksverkehrswertes ergeben.
Das pfändbare Vermögen der Beklagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages betrug entgegen der Auffassung der Revision nur 98.500 DM. Die Beklagte verfügte über ein Bankguthaben von 21.000 DM und war zu ein halb mitbeteiligt an einem Grundstück mit einem Verkehrswert von 300.000 DM, das mit valutierenden Grundpfandrechten von 145.000 DM belastet war. Diese Belastung ist der banküblichen Praxis entsprechend bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten vermögensmindernd zu berücksichtigen; denn im Falle der Veräußerung des Grundstücksanteils der Beklagten stünde nur der um die Belastung geminderte Erlös zur Erfüllung ihrer Bürgschaftsschuld zur Verfügung (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1349 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Dies wären hier, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, 77.500 DM. Diese sowie das Bankguthaben von 21.000 DM sind danach von der Bürgschaftsschuld von 810.000 DM abzuziehen, so daß sich bei Berücksichtigung des Festentgelts von jährlich 7,75% die genannte monatliche Belastung von 4.595,10 DM ergibt.
Der Wert des noch nicht bezahlten Kommanditanteils der Beklagten war entgegen der Ansicht der Revision nicht anzusetzen. Er war, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Falle der Insolvenz der Hauptschuldnerin wertlos und stand deshalb gerade bei Eintritt des
Bürgschaftsfalls als Vermögensgegenstand zur Befriedigung der Gläubigerin nicht zur Verfügung.
bb) Die laufende Zinslast konnte die Beklagte allein nicht aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen. Nach der vom Berufungsgericht zugrundegelegten Selbstauskunft vom 20. Juni 1996 verfügte die Beklagte über jährliche Einnahmen von 64.000 DM. Das in der Gewinnermittlung für 1995 ausgewiesene höhere Einkommen hat das Berufungsgericht zu Recht nicht berücksichtigt. Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe einen Jahresgewinn von 98.000 DM ermittelt, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat vielmehr zu Recht darauf verwiesen , daß angesichts der im übrigen wesentlich niedriger liegenden Jahresgewinne realistischerweise nicht von der nachhaltigen Erzielbarkeit eines solchen Jahreseinkommens ausgegangen werden könne. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch das in der Selbstauskunft angegebene Jahreseinkommen der gleichfalls als Bürgin haftenden Mutter der Beklagten sowie ihres Ehemannes unberücksichtigt gelassen. Die Beklagte haftete für die Bürgschaftsschuld über 810.000 DM gemäß § 769 BGB zusammen mit ihrer Mutter als Gesamtschuldnerin, d.h. die Gläubigerin konnte von ihr die gesamte Leistung verlangen. Es ist danach allein auf die Leistungsfähigkeit der Beklagten abzustellen. Das Einkommen ihrer Mutter resultierte nur aus deren Tätigkeit für die Hauptschuldnerin, verminderte das Risiko der Beklagten bei Eintritt des Bürgschaftsfalles also nicht. Das Einkommen des Ehemannes der Beklagten ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nur insofern von Bedeutung, als bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages ihres Einkommens keine Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Auszugehen ist daher von einem
Jahreseinkommen der Beklagten in Höhe von 64.000 DM, d.h. monatlichen Einkünften von 5.333,33 DM. Der 1996 nach § 850 c ZPO monatlich pfändbare Betrag beläuft sich danach auf 3.337,03 DM und bleibt damit erheblich hinter der monatlichen Belastung zurück.
3. Nicht rechtsfehlerfrei ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, die krasse finanzielle Überforderung habe hier die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft der Beklagten zur Folge.

a) Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Familienangehöriger entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senat BGHZ 146, 37 ff.; Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436 f., jeweils m.w.Nachw.) gelten für die Bürgschaft der Beklagten als einziger Kommanditistin der Hauptschuldnerin grundsätzlich nicht.
aa) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maßgeblich beteiligten Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen , ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteile vom 11. Dezember 1997 - IX ZR 274/96, WM 1998, 235, 236, insoweit in BGHZ 137, 292 ff. nicht abgedruckt; vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 516; vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157 und Senatsurteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436). Das gilt - wie der Senat bereits mit
Urteil vom 28. Mai 2002 (XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648) in einem ebenfalls die Beklagte betreffenden Verfahren entschieden hat - in glei- cher Weise, wenn der Kredit einer Kommanditgesellschaft gewährt und vom Kommanditisten eine entsprechende Sicherheit verlangt wird. Auch in diesem Fall kann die kreditgebende Bank im allgemeinen davon ausgehen , daß bei einem Gesellschafterbürgen, der einen bedeutsamen Gesellschaftsanteil hält, das eigene wirtschaftliche Interesse im Vordergrund steht und er schon deshalb durch die Haftung kein unzumutbares Risiko auf sich nimmt. Auch hier begründen daher weder die krasse finanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seine emotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschenden Dritten die Vermutung der Sittenwidrigkeit (vgl. Senatsurteile vom 15. Januar 2002 aaO S. 436 f. und vom 28. Mai 2002 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
bb) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter - wie die Beklagte dies behauptet - lediglich die Funktion eines Strohmannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daß derjenige , der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger entsprechend (Senatsurteile vom 15. Januar 2002 aaO S. 437 m.w.Nachw. und vom 28. Mai 2002 aaO S. 1649). Wird die Bank in die wirtschaftlichen Hintergründe der Gesellschaftsgründung so einbezogen, daß für sie die wirklichen Motive des Bürgen klar hervortreten, so darf sie davor nicht die Augen verschließen. Erkennt das Kreditinstitut infolge der ihm offenbarten Tatsachen, daß
derjenige, der die Haftung übernehmen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters nur aus emotionaler Abhängigkeit übernommen hat, er also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt , ist der überforderte Bürge in gleicher Weise schutzwürdig wie in den typischen Fällen von Haftungserklärungen für die Verbindlichkeiten von Personen, denen er emotional eng verbunden ist (BGHZ 137, 329, 337; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157; Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649).

b) Das Berufungsgericht hat bislang weder zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Beklagte lediglich als Strohfrau ohne eigene wirtschaftliche Interessen Gesellschafterin geworden war, ausreichende Feststellungen getroffen noch zu der Frage, ob das der Klägerin bekannt war oder sie davor die Augen verschlossen hat.
Zwar hat die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Bürgschaft aus emotionaler Verbundenheit mit ihrer Mutter übernommen. Es fehlt aber an Feststellungen, daß die Verbundenheit zu ihrer Mutter für die Beklagte der einzige Beweggrund zur Übernahme der Bürgschaft war. Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es bei einem Gesellschafterbürgen außerdem zusätzlicher - bisher fehlender - Feststellungen dazu, daß für das Kreditinstitut das mangelnde eigene wirtschaftliche Interesse des Bürgen und die Übernahme nur aus persönlicher Verbundenheit klar ersichtlich war. Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß die Beklagte nach dem Beteiligungsvertrag auf Tantiemezahlungen und Gewinnausschüttungen solange verzichtet habe, bis das wirtschaftli-
che Eigenkapital einen Anteil von mindestens 10% der Bilanzsumme er- reicht habe, läßt es unberücksichtigt, daß die Beklagte mittelfristig gesehen durchaus wirtschaftliche Interessen mit der KG verfolgt haben könnte.

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).
Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine finanziell belastende Bürgschaftsübernahme auch aufgrund besonderer erschwerender, dem Kreditinstitut zurechenbarer Umstände sittenwidrig sein. Das ist etwa der Fall, wenn das Kreditinstitut die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen ausgenutzt oder die Willensbildung und Entschließungsfreiheit durch Irreführung, Schaffung einer seelischen Zwangslage oder die Ausübung unzulässigen Drucks beeinträchtigt hat (vgl. BGHZ 125, 206, 210; 128, 230, 232; 132, 328, 329 f.; 137, 329, 333; BGH, Urteile vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592; vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512 sowie Senatsurteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 437 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649). Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigt aber auch dies die Annahme der Sittenwidrigkeit der Bürgschaft hier nicht.
1. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin habe ihre geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt. Wie der Senat
mit Urteil vom 28. Mai 2002 (XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649) entschieden hat, scheidet dieser Umstand, der in der Praxis bei einem Kommanditisten ohnedies so gut wie nie zu bejahen sein wird (Nobbe/ Kirchhof aaO S. 15), hier angesichts der Berufsausbildung der Beklagten als Diplomjuristin und ihrer seit 1992 ausgeübten Tätigkeit als Finanzund Versorgungsberaterin aus.
2. Ohne Erfolg bleibt auch der Hinweis der Beklagten, sie sei von ihrem Vater massiv unter Druck gesetzt worden. Hieraus läßt sich schon deshalb keine zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaft führende seelische Zwangslage der Beklagten herleiten, weil nicht dargetan ist, daß diese Umstände der Gläubigerin bekannt geworden sind.
3. Soweit die Beklagte behauptet hat, ihr gegenüber sei die Übernahme der Bürgschaft verharmlost worden, handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft (mit)begründen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 46/99, WM 2002, 919, 922 und Senatsurteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1649 m.w.Nachw.). Allerdings hat sich das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten überzeugen können. Das Berufungsgericht hat sich mit den gegen diese Beweiswürdigung gerichteten Angriffen - von seinem Standpunkt aus konsequent - bislang noch nicht befaßt.

IV.


Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Nobbe Richter am Bundes- Bungeroth gerichtshof Dr. Siol ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen Nobbe
Joeres Mayen

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 112/01 Verkündet am:
5. Mai 2003
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 138 Ca Abs. 1; § 705
Ein Verstoß gegen das Konzessionserfordernis (Einschaltung eines Strohmanns) für
den Betrieb einer Spielhalle begründet nicht die Nichtigkeit eines zum Zwecke des
Erwerbs und des Betriebs der Spielhalle abgeschlossenen Gesellschaftsvertrags.
BGH, Urt. v. 5. Mai 2003 - II ZR 112/01 - OLG Hamm
LG Bochum
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Graf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. März 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien kamen 1991 überein, gemeinsam eine zum Verkauf stehende Spielhalle zu übernehmen und zu betreiben. Für diesen Zweck beantragten sie am 23. Mai 1991 bei der D. Bank ein Darlehen über 150.000,00 DM, wobei im Darlehensvertrag sowohl der Kläger als auch der Beklagte als Kreditnehmer aufgeführt waren. Der ausgezahlte Kreditbetrag wurde unter anderem zum Kauf der Spielhalle verwendet. Im August 1991 wurde der Spielbetrieb zunächst unter der Leitung des Beklagten aufgenommen. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt hatten die Parteien zusätzlich vereinbart, daß der Veräußerer der Spielhalle auch weiterhin als Konzessions-
inhaber auftreten sollte, da der Kläger wegen seiner Beschäftigung bei der R. AG hierfür nach Auffassung der Parteien nicht in Betracht kam und sie im übrigen davon ausgingen, der Beklagte könne wegen eigener Steuerrückstände keine Konzession erhalten. Der bisherige Verkäufer führte dementsprechend in eigenem Namen unter anderem die Vergnügungsteuer für die Spielhalle ab und erhielt seine Aufwendungen von den Parteien erstattet. Gegen Ende des Jahres 1991 beendete der Beklagte, der in der Spielhalle zunächst auch tätig war, nach Meinungsverschiedenheiten diese Tätigkeit. Der Kläger führte den Betrieb danach allein fort, stellte ihn Ende April 1992 dann aber endgültig ein. Das bei der D. Bank aufgenommene Darlehen führte er in der Folge aus eigenen Mitteln zurück. Nachdem der Kläger den Beklagten 1993 zunächst auf hälftigen Ausgleich wegen des rückgeführten Darlehens in Anspruch genommen und eine entsprechende Klage beim Landgericht B. erhoben hatte, nahm er diese auf den Einwand des Beklagten hin, es müsse zunächst eine Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens stattfinden, und nach Erörterung der Sachund Rechtslage in einem vor dem Landgericht durchgeführten Verhandlungstermin zurück. Mit Schreiben vom 6. April 1999 kündigte der Kläger die "bestehende" Gesellschaft bürgerlichen Rechts, überreichte Bilanzen aus den Jahren 1991 und 1992 und forderte Ausgleich der Hälfte des Verlusts. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da nach seiner Auffassung die Gesellschaft nicht erst zum 30. April 1992, sondern bereits zum 31. Juli 1991 aufgelöst worden sei und für diesen Stichtag keine Auseinandersetzungsbilanz vom Kläger vorgelegt worden war.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung. I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, eine Nachschußpflicht des Beklagten bestehe deswegen nicht, weil der mündlich geschlossene Gesellschaftsvertrag nach § 138 BGB nichtig sei. Weil die Parteien unter Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen den Veräußerer der Spielhalle auch weiterhin als Konzessionsträger gegenüber den staatlichen Behörden hätten auftreten lassen, müsse ihrer Vereinbarung aus übergeordneten gesellschaftlichen Gesichtspunkten die Anerkennung versagt werden. Eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die nur unter Umgehung wichtiger gesetzlicher Vorschriften umgesetzt werden könne, sei nicht hinnehmbar und verstoße gegen die guten Sitten. Diese Auffassung des Oberlandesgerichts begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. II. Die Revision hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Gesellschaftszweck des Betriebs einer Spielhalle nicht gegen die guten Sitten verstößt. In gleicher Weise gilt dies für die zeitlich davorliegende Entscheidung der Parteien, einen Spielhallenbetrieb käuflich zu erwerben und diesen gemeinsam zu finanzieren. Für die Beurteilung, ob ein Vertrag sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, sind allein die Umstände zur Zeit des Vertrags-
schlusses maßgebend (BGHZ 107, 92, 96 ff.; Urt. v. 5. März 1998 - I ZR 250/95, BGHR § 138 BGB, Gesellschaftsvertrag 1, Sittenwidrigkeit). Selbst wenn aber - wozu bislang keine Feststellungen getroffen worden sind - die Parteien bereits bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages die Absicht gehabt hätten, gegenüber den staatlichen Behörden einen Strohmann als Konzessionsträger auftreten zu lassen, könnte ein daraus resultierender Rechtsverstoß bei der Beantragung der Konzession die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags nicht berühren (Sen.Urt. v. 24. Mai 1976 - II ZR 16/75, WM 1976, 1026, 1027). Das gewerbsmäßige Betreiben einer Spielhalle bedarf zwar einer Erlaubnis gemäß § 33 i GewO; diese Erlaubnis ist zu versagen, soweit ein Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten oder die für die Veranstaltung von anderen Spielen erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (§§ 33 c Abs. 2, 33 d Abs. 3 GewO). Das Konzessionserfordernis bezweckt aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht den Schutz vor möglichen steuerlichen Manipulationen eines Spielhallenbetreibers. Aus diesen Gründen kann auch offenbleiben, worauf die Revision zusätzlich hinweist, ob das Bestehen von Steuerschulden des Beklagten eine Verweigerung der Spielhallenkonzession tatsächlich gerechtfertigt hätte. III. Da die Parteien zum Zwecke des Erwerbs und des Betriebs der Spielhalle wirksam eine Gesellschaft eingegangen sind, ist diese nach deren Auflösung gemäß §§ 730 ff. BGB auseinanderzusetzen. Der Senat kann in der Sache nicht selber entscheiden, da das Berufungsgericht - unter Berücksichtigung seiner Rechtsansicht folgerichtig - keine
Feststellungen zum Zeitpunkt der Kündigung der Gesellschaft wie auch zur Höhe des eingetretenen Fehlbetrages und einer daraus resultierenden Nachschußpflicht gemäß § 735 BGB getroffen hat. Vorsitzender Richter am BGH Dr. h.c. Röhricht kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben Goette Goette Kurzwelly Münke Graf

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.