Bundesgerichtshof Urteil, 6. Mai 2021 - III ZR 72/20
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
Eingereicht durch
Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner
Bundesgerichtshof
Urteil
BGH, 06.05.2021 - III ZR 72/20
vorgehend:
OLG Koblenz, 17.10.2019 - 1 EK 1/19
BGH, 29.10.2020 - III ZR 72/20
BGH, 17.12.2020 - III ZR 72/20
BGH, 15.04.2021 - III ZR 72/20
1. Im Hinblick auf den eine Verfahrensvereinfachung anstrebenden Gesetzeszweck ist der Tatrichter nur bei Vorliegen besonderer Umstände gehalten, von dem normierten Pauschalsatz (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) aus Billigkeitsgründen gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG abzuweichen. Erforderlich ist, dass sich das zu beurteilende Verfahren durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von anderen Verfahren dieser Art abhebt, so dass die konkreten Auswirkungen der überlangen Verfahrensdauer die Pauschalhöhe als unbillig erscheinen lassen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, BGHZ 199, 87 und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13, NJW 2014, 1816).
2. In Verfahren, die Fragen des Sorge- und Umgangsrechts insbesondere gegenüber Kleinkindern zum Gegenstand haben, kommt bei einer dem Gericht zuzurechnenden erheblichen Verfahrensverzögerung (hier: 37 Monate) eine schwerwiegende Beeinträchtigung des betroffenen Elternteils in seinem Recht auf Umgang mit seinem Kind (Art. 6 Abs. 2 GG, § 1684 Abs. 1 BGB) und seinem Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) in Betracht, die nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG die Erhöhung des gesetzliches Pauschalsatzes rechtfertigen kann.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. Oktober 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage hinsichtlich der Entschädigung für immaterielle Nachteile (Klageantrag zu 1) bei einer festgestellten Verfahrensverzögerung von insgesamt 37 Monaten in Höhe eines 3.700 € übersteigenden Betrags abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Entschädigung wegen überlanger Dauer familiengerichtlicher Verfahren in Anspruch.
Die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte trennten sich im November 2011. Aus der Beziehung gingen die Kinder W. , geboren am 10. Januar 2010, und N. , geboren am 18. Juli 2012, hervor. Letztere wurde bereits am Tage nach ihrer Geburt aus dem Haushalt der Klägerin herausgenommen. Nach einem zeitweiligen Aufenthalt in einer Pflegefamilie leben beide Kinder seit Ende Mai 2013 im Haushalt ihres Vaters, der auch das alleinige Sorgerecht innehat.
Im Februar 2014 gestellte Anträge der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung des Umgangsrechts wies das Amtsgericht M. - Familiengericht - mit Beschlüssen vom 28. April und 2. Mai 2014 rechtskräftig zurück. Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. Mai 2014, das Umgangs- und Sorgerecht für die beiden Kinder im Hauptsacheverfahren zu regeln. In beiden Verfahren verhandelte das Familiengericht erstmals am 29. September 2014 mündlich zur Sache. Auf Grund einer Zwischenvereinbarung der Kindeseltern zum Umgangsrecht ruhten die Verfahren bis zu ihrer Wiederaufnahme am 23. Januar 2015. Nach Durchführung eines weiteren Anhörungstermins am 22. Juni 2015 ordnete das Familiengericht mit Beschluss vom 13. Juli 2015 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ausgestaltung des Umgangsrechts an. In der Folgezeit wurden die zunächst vorgesehene Sachverständige auf Antrag der Klägerin ausgewechselt und sowohl die zweite Sachverständige als auch die zuständige Richterin von der Klägerin wegen Besorgnis der Befangenheit erfolgreich abgelehnt. Mit Beschluss vom 23. November 2016 bestellte die nunmehr zuständige Familienrichterin die Diplompsychologin S. zur Sachverständigen, die mit Schreiben vom 30. November 2016 mitteilte, dass sie auf Grund ihrer Arbeitslage erst im Mai 2017 mit der Erstellung des Gutachtens beginnen könne und dieses voraussichtlich im September 2017 abschließen werde. Entgegen der Bitte der Klägerin beließ es das Familiengericht bei der Bestellung der Sachverständigen. Diese legte ihr Gutachten am 5. Februar 2018 vor.
Mit Schriftsatz vom 12. September 2017 rügte die Klägerin sowohl im Umgangs- als auch im Sorgerechtsverfahren gegenüber dem Familiengericht gemäß § 155b FamFG die Nichtbeachtung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots nach § 155 FamFG. Mit Beschlüssen vom 9. Oktober 2017 wies das Familiengericht die Beschleunigungsrügen zurück. Dagegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 jeweils Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG ein. Mit Beschlüssen vom 24. November 2017 stellte das Oberlandesgericht Koblenz fest, dass die bisherige Verfahrensführung nicht ausreichend dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG entspreche.
Ebenfalls unter dem 12. September 2017 beantragte die Klägerin beim Familiengericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Regelung des Umgangsrechts, da eine im Februar 2017 getroffene einstweilige Regelung, die acht begleitete Umgangskontakte mit den Kindern von jeweils einer Stunde zum Gegenstand hatte, im September 2017 endete. Auf die Beschleunigungsbeschwerde der Klägerin stellte das Oberlandesgericht Koblenz mit Beschluss vom 22. Mai 2018 die unzureichende Beachtung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots nach § 155 Abs. 1 FamFG fest, woraufhin das Familiengericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 29. Mai 2018 zurückwies.
Nach Anhörung der Kinder am 25. Juni 2018 entschied das Familiengericht mit Beschlüssen vom 11. und 12. Juli 2018 abschließend über das Umgangs- und Sorgerecht (u.a. zweiwöchige begleitete Umgänge der Klägerin mit ihren Kindern). Dagegen legte die Klägerin jeweils Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht Koblenz weitete daraufhin durch einstweilige Anordnung das Umgangsrecht der Klägerin ab dem 29. Januar 2019 zeitlich aus und gestattete ihr darüber hinaus einen monatlichen unbegleiteten Umgang zunächst mit ihrem Sohn und später probeweise mit ihrer Tochter.
Die Klägerin hat geltend gemacht, bei angemessener Beschleunigung hätten das Umgangs- und Sorgerechtsverfahren binnen eines halben Jahres abgeschlossen werden können. Tatsächlich habe das amtsgerichtliche Verfahren jedoch fast viereinhalb Jahre (von Februar 2014 bis Juli 2018) gedauert. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Hinweis auf EGMR, NJW 2015, 1433 - Kuppinger II/Deutschland) und des verfassungsrechtlich verankerten Justizgewährungsanspruchs sei hinsichtlich des immateriellen Schadens ein Entschädigungsbetrag von mindestens 15.000 € gerechtfertigt (Klageantrag zu 1). Darüber hinaus hat sie Freistellung von Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung begehrt, dass sämtliche ihr seit 2014 auferlegten Gerichtskosten von dem Beklagten zu tragen seien (Klageanträge zu 2 und 3).
Das beklagte Land hat unter Zugrundelegung des gesetzlichen Regelsatzes (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) eine Entschädigung für immaterielle Nachteile in Höhe von 3.700 € bei Annahme einer Verzögerung von insgesamt 37 Monaten in den beiden Hauptsacheverfahren zum Umgangs- und Sorgerecht sowie in dem Verfahren der einstweiligen Anordnung anerkannt.
Das Oberlandesgericht hat das beklagte Land dem Anerkenntnis gemäß durch Teilanerkenntnisurteil zur Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile von 3.700 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Senat unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde die Revision zugelassen, soweit der Klageantrag zu 1 bei einer festgestellten Verfahrensverzögerung von insgesamt 37 Monaten in Höhe einer den Regelbetrag (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) übersteigenden Entschädigung für immaterielle Nachteile abgewiesen worden ist. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung für immaterielle Nachteile von mindestens 15.000 € gerichteten Klageantrag zu 1 weiter.
Gründe
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt im tenorierten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Bezüglich des Hauptsacheverfahrens zum Umgangsrecht (Verfahrensbeginn am 21. Mai 2014) sei eine Verfahrensverzögerung von drei Monaten eingetreten, weil der erste Verhandlungstermin entgegen § 155 Abs. 2 FamFG erst am 29. September 2014 stattgefunden habe. Durch die Weigerung des Familiengerichts, die Sachverständige S. , die zu einer zeitnahen Gutachtenerstattung nicht in der Lage gewesen sei, durch einen anderen Sachverständigen zu ersetzen, sei in dem Zeitraum von Dezember 2016 bis November 2017 eine weitere Verfahrensverzögerung von zwölf Monaten eingetreten. Entsprechendes gelte für das Hauptsacheverfahren zum Sorgerecht, so dass in beiden Verfahren für eine Verzögerung von 15 Monaten der vom beklagten Land anerkannte Entschädigungsbetrag von jeweils 1.500 € in Ansatz zu bringen sei. Bezüglich des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Regelung des Umgangsrechts liege eine Verfahrensverzögerung von sieben Monaten vor, weil das Familiengericht dem Verfahren vom 25. Oktober 2017 bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 22. Mai 2018 über die Beschleunigungsbeschwerde keinen Fortgang gegeben habe. Dafür könne die Klägerin - wie vom beklagten Land anerkannt - eine Entschädigung von 700 € beanspruchen.
Der gesetzliche Regelsatz von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) sei angemessen und nicht unbillig im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG, da die Nachteile, die die Klägerin durch die Verfahrensverzögerung erlitten habe, im Vergleich zum Durchschnittsfall weder geringer noch höher erschienen. Besondere Umstände, die eine Abweichung aus Billigkeitsgründen rechtfertigen könnten und mit Verzögerungen, die zur Fortdauer einer Freiheitsentziehung, zu einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung, einer Existenzgefährdung oder einer ganz erheblichen psychischen Belastung führten, vergleichbar wären, seien hier nicht gegeben (Hinweis auf Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, BGHZ 199, 87 und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13, NJW 2014, 1816). Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Umgangs- und Sorgerecht für zwei Kinder betroffen sei. Des Weiteren spreche das sehr bestimmte Auftreten der Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung gegen eine ganz erhebliche psychische Belastung und schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung. Auf das Urteil des EGMR vom 15. Januar 2015 (NJW 2015, 1433 - Kuppinger II/Deutschland) könne sich die Klägerin nicht stützen, weil der Gerichtshof dort eine Entschädigung für immaterielle Schäden von 15.000 € bei einer Verfahrensverzögerung von vier Jahren zugesprochen habe und Entscheidungen europarechtlicher Gerichte bei der Bemessung des nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG angemessenen Entschädigungsbetrags ohnehin nicht bindend seien.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit das Oberlandesgericht den gesetzlichen Regelsatz von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) für angemessen erachtet und eine diesen Regelbetrag übersteigende Entschädigung für immaterielle Nachteile abgelehnt hat.
1. Das Oberlandesgericht hat allerdings ohne Rechtsfehler und von beiden Parteien nicht beanstandet entschädigungsrechtlich relevante Verzögerungen in den drei familiengerichtlichen Ausgangsverfahren von insgesamt 37 Monaten festgestellt (Verfahrensverzögerungen von jeweils 15 Monaten in den Hauptsacheverfahren zum Umgangs- und Sorgerecht sowie von sieben Monaten in dem Verfahren der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Regelung des Umgangsrechts). Die Unangemessenheit der Verfahrensdauer ist dem beklagten Land zuzurechnen und bei der Bestimmung der Entschädigungshöhe zugrunde zu legen.
2. Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Erwägungen des Oberlandesgerichts, mit denen es ein Abweichen vom gesetzlichen Regelsatz aus Billigkeitsgründen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) abgelehnt hat, da wesentliche Umstände unberücksichtigt geblieben sind.
a) aa) § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG sieht zur Bemessung der Höhe der Entschädigung für immaterielle Nachteile einen Pauschalsatz in Höhe von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung vor. Ist dieser Betrag nach den Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG). Mit der Pauschalierung in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG unter Verzicht auf einen einzelfallbezogenen Nachweis sollen Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung, die eine zusätzliche und unnötige Belastung für die Gerichte bedeuten würden, vermieden und zugleich eine zügige Erledigung der Entschädigungsansprüche im Interesse der Betroffenen ermöglicht werden (Senat, Urteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, BGHZ 199, 87 Rn. 46; vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 55 und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13, NJW 2014, 1816 Rn. 50). Im Hinblick auf den eine Verfahrensvereinfachung anstrebenden Gesetzeszweck ist der Tatrichter nur bei Vorliegen besonderer Umstände gehalten, von dem normierten Pauschalsatz aus Billigkeitserwägungen (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) abzuweichen (Senat, Urteile vom 14. November 2013 aaO und vom 13. März 2014 aaO Rn. 51; s. auch BSGE 118, 102 Rn. 39; 124, 136 Rn. 50 und BSG, Urteil vom 7. September 2017 - B 10 ÜG 3/16 R, juris Rn. 33 [insbesondere in atypischen Sonderfällen]; Begründung zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, BT-Drucks. 17/3802, S. 20 [in Ausnahmefällen]).
bb) Nach der Senatsrechtsprechung kommen für eine Abweichung nach oben insbesondere Fälle in Betracht, in denen die Verzögerung zur Fortdauer einer Freiheitsentziehung oder zu einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt hat (vgl. Senat, Urteile vom 14. November 2013 aaO und vom 13. März 2014 aaO). Allein der Umstand, dass es zu einer Verzögerung einer Kindschaftssache gekommen ist, rechtfertigt noch keine Erhöhung des Regelsatzes (vgl. Senat, Urteil vom 13. März 2014 aaO; OLG Karlsruhe, NJOZ 2013, 802, 808 [Scheidungsverfahren]). Es stünde mit dem Sinn der Pauschalierung nicht in Einklang, wenn die mit der Natur eines Verfahrens typischerweise einhergehenden Folgen einer überlangen Verfahrensdauer - wie zum Beispiel eine besondere emotionale Betroffenheit - stets als eine Besonderheit angesehen würden, die eine Abweichung vom Pauschalsatz rechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe aaO; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 1321 [Stand: 1. Februar 2021]; s. auch BSGE 124, 136 Rn. 52 [zum Opferentschädigungsverfahren]). Vielmehr muss sich das zu beurteilende Verfahren durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von anderen Verfahren dieser Art abheben (vgl. BSGE 118, 102 Rn. 39 und 124, 136 Rn. 51 f; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. Oktober 2018 - 16 EK 10/18, juris Rn. 97), so dass die konkreten Auswirkungen der überlangen Verfahrensdauer die Pauschalhöhe als unbillig erscheinen lassen (Senat, Urteil vom 13. März 2014 aaO Rn. 51; Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 GVG Rn. 227 [bezüglich Sorgerechtsstreitigkeiten]).
cc) Eine solche sich von anderen Verfahren abhebende entschädigungsrelevante Besonderheit kann sich aus der herausragenden Bedeutung des Ausgangsverfahrens für die Verfahrensbeteiligten und den damit korrespondierenden - über die verfahrenstypischen Folgen hinausgehenden - nachteiligen Auswirkungen der überlangen Verfahrensdauer ergeben (vgl. Röhl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 198 GVG Rn. 128 [Stand: 10. Dezember 2020]; Hk-ZPO/Rathmann, 8. Aufl., § 198 GVG Rn. 22; Böcker, DStR 2011, 2173, 2177; Schmidt, NVwZ 2015, 1710, 1715 f; s. auch BSGE 118, 102 Rn. 39; OLG Hamm, Urteil vom 10. August 2016 - 11 EK 5/15, juris Rn. 42; OLG Zweibrücken, NJW 2017, 1328 Rn. 29; OLG Karlsruhe aaO [jeweils bezüglich geringer Bedeutung des Verfahrens]). Insofern gilt für § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG nichts anderes als für die Entscheidungen nach § 198 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 GVG beziehungsweise § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 GVG, die unter Würdigung der Gesamtumstände zu treffen sind und bei denen ebenfalls insbesondere die Bedeutung des Verfahrens für die Verfahrensbeteiligten im Rahmen der Abwägung in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2013 aaO Rn. 25 [zu § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG]; Ott aaO § 198 GVG Rn. 162; BT-Drucks. 17/3802, S. 20 [jeweils zu § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG]; BVerwGE 147, 146 Rn. 66 und BVerwG, NVwZ 2018, 909 Rn. 40 [jeweils zu § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 GVG]).
dd) Die Prüfung der Erhöhung des gesetzlichen Pauschalsatzes aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, der über die Entschädigungsklage entscheidet. Bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den unbestimmten Rechtsbegriff der Unbilligkeit gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG hat das Revisionsgericht den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu respektieren und ist in seiner Prüfung darauf beschränkt, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (vgl. Senat, Urteile vom 14. November 2013 aaO Rn. 34 und vom 13. März 2014 aaO Rn. 37).
b) Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs und der dargelegten Grundsätze erweist sich die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass keine besonderen, ein Anheben des Pauschalsatzes rechtfertigenden Umstände gegeben seien, als rechtsfehlerhaft, da in dem angefochtenen Urteil, was die Revision zu Recht beanstandet, die für die Billigkeitsentscheidung nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG ausschlaggebenden Umstände nicht gewürdigt werden und durch das einseitige Abstellen auf die nach Auffassung des Entschädigungsgerichts nicht sehr erhebliche psychische Belastung der Klägerin der rechtliche Rahmen im Kern verkannt wird.
Das Oberlandesgericht beschränkt sich auf die Feststellung, dass die Klägerin durch die Verfahrensverzögerung keine vom Durchschnittsfall abweichenden Nachteile erlitten habe und insbesondere aufgrund ihres sehr bestimmten Auftretens in der mündlichen Verhandlung nicht der Eindruck entstanden sei, die Verfahrensverzögerung habe bei ihr zu einer ganz erheblichen psychischen Belastung und dadurch zu einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt. In die nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG gebotene Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalls hätte das Oberlandesgericht indes die besondere persönliche Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und die mit der erheblichen Verfahrensverzögerung einhergehende schwerwiegende Beeinträchtigung der Klägerin in ihrem Recht auf Umgang mit ihren Kindern (Art. 6 Abs. 2 GG, § 1684 Abs. 1 BGB) sowie ihrem Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) einbeziehen müssen. Hierbei hätte sich das Oberlandesgericht insbesondere mit den Besonderheiten des vorliegenden Falles, nämlich dem sehr jungen Alter der beiden Kinder und der durch zunehmenden Zeitablauf wachsenden und hier erkennbar bestehenden sehr großen Gefahr einer (endgültigen) Entfremdung zwischen der Klägerin und ihren Kindern, eingehend auseinandersetzen müssen.
aa) Die zeitnahe Entscheidung des Umgangs- und Sorgerechtsverfahrens war für die Klägerin von besonderer persönlicher Bedeutung.
(1) In gerichtlichen Verfahren, die Fragen des Sorge- und Umgangsrechts zum Gegenstand haben, geht es für alle Verfahrensbeteiligten naturgemäß um besonders bedeutende, die weitere Zukunft maßgeblich beeinflussende Entscheidungen, die in der Regel auch unmittelbaren Einfluss auf die persönlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern nehmen (vgl. BVerfG, NJW 2001, 961, 962). In Verfahren, die das Verhältnis einer Person zu ihrem Kind betreffen, obliegt den Gerichten daher eine besondere Förderungspflicht, weil immer die Gefahr besteht, dass allein der fortschreitende Zeitablauf irreparable Folgen für das Verhältnis zwischen dem Kind und den Eltern haben und zu einer faktischen Entscheidung der Sache führen kann. Insbesondere bei kleinen Kindern ist die Gefahr irreparabler Folgen durch fortschreitenden Zeitablauf besonders groß. Denn kleine Kinder empfinden bezogen auf objektive Zeitspannen den Verlust der Bezugsperson - anders als ältere Kinder oder gar Erwachsene - schneller als endgültig. In diesen Fällen schreitet die Gefahr der Entfremdung, die für das Verfahren Fakten schaffen kann, mit jeder Verfahrensverzögerung fort, so dass die Möglichkeiten einer Zusammenführung schwinden und letztendlich zunichte gemacht werden können, wenn Eltern und Kind sich nicht sehen dürfen. Bei sehr kleinen Kindern besteht deshalb eine Verpflichtung zur "größtmöglichen Beschleunigung" des Verfahrens (vgl. Senat, Urteil vom 13. März 2014 - III ZR 91/13, NJW 2014, 1816 Rn. 41; s. auch BVerfG, NJW 1997, 2811, 2812 und NJW 2001, 961, 962; EGMR, NJW 2006, 2241 Rn. 100 - Süss/Deutschland; Urteil vom 12. Juli 2007 - 39741/02, juris Rn. 44 - N./Deutschland; FamRZ 2011, 1283 Rn. 45 - Kuppinger I/Deutschland und NJW 2015, 1433 Rn. 102, 138 - Kuppinger II/Deutschland; BT-Drucks. 17/3802, S. 18).
Demgemäß gilt für Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie für Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls nach § 155 Abs. 1 FamFG ein gesetzliches Vorrang- und Beschleunigungsgebot. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kommt zudem in Verfahren, die das Sorge- und Umgangsrecht betreffen, neben der Pflicht, in angemessener Zeit zu einer Entscheidung zu gelangen (Art. 6 Abs. 1 EMRK), das Recht einer jeden Person auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) als zusätzlicher Prüfungsmaßstab in Betracht. Der Gerichtshof verlangt deshalb bei Verfahren, in denen die Dauer deutliche Auswirkungen auf das Familienleben hat, zur effektiven Rüge der Verfahrensdauer im Sinne des Art. 13 EMRK einen Rechtsbehelf, der zugleich präventiv ist und Wiedergutmachung ermöglicht (EGMR, NJW 2015, 1433 Rn. 137 - Kuppinger II/Deutschland). In Umsetzung dieser Rechtsprechung hat der deutsche Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des FamFG sowie zur Änderung des SGG, der VwGO, der FGO und des GKG vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2222) die Bestimmungen der §§ 155b und 155c in das FamFG eingefügt. Nach § 155b Abs. 1 Satz 1 FamFG kann ein Beteiligter in einer Kindschaftssache des § 155Abs. 1 FamFG durch eine Beschleunigungsrüge, die gemäß § 155b Abs. 3 FamFG zugleich als Verzögerungsrüge im Sinne des § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG gilt, geltend machen, dass die bisherige Verfahrensdauer nicht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 FamFG entspricht. Anders als bei der Verzögerungsrüge muss das Ausgangsgericht spätestens innerhalb eines Monats über die Beschleunigungsrüge durch Beschluss entscheiden. Dieser kann nach § 155c FamFG innerhalb einer Frist von zwei Wochen mit der Beschleunigungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Vor diesem Hintergrund hatten die in Rede stehenden Verfahren zum Sorge- und Umgangsrecht für die Klägerin als Mutter von zwei sehr kleinen Kindern besondere persönliche Bedeutung. Die Tragweite dessen, was für die Klägerin in den Verfahren auf dem Spiel stand, verpflichtete das Familiengericht zur größtmöglichen Verfahrensbeschleunigung.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts waren die Kinder zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung im Mai 2014 ein Jahr und zehn Monate (N. ) beziehungsweise vier Jahre und vier Monate alt (W. ). Das jüngere, sehr kleine Kind wurde bereits am Tage nach der Geburt aus dem Haushalt der Klägerin herausgenommen und hatte nie mit ihr in einem Haushalt zusammengelebt. Kontinuierliche Umgangskontakte der Klägerin mit ihren beiden Kindern waren aufgrund des zerrütteten Verhältnisses der Eltern ohne gerichtliche Regelung nicht realisierbar. So hatte die Klägerin ab Juni 2016 (Beschluss des AG M. vom 13. Februar 2017, S. 3 = GA II 340) vorübergehend überhaupt keinen Umgangskontakt mehr mit ihren Kindern. Von März bis September 2017 (Beschluss des AG M. aaO S. 2 = GA II 339) waren es nur acht kurze Kontakte. Die nächste Umgangsregelung traf das Familiengericht erst mit Beschluss vom 11. Juli 2018. In der Zwischenzeit wurden der Klägerin trotz Beantragung einer vorläufigen Umgangsregelung im Wege der einstweiligen Anordnung keine Umgangskontakte ermöglicht. Die Gefahr, dass der fortschreitende Zeitablauf irreparable Folgen für das Verhältnis zwischen der Klägerin und ihren beiden Kleinkindern und damit erhebliche Auswirkungen auf das Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK) der Klägerin hatte, war daher besonders groß. Dies brachte für das Familiengericht die Verpflichtung mit sich, das Verfahren außergewöhnlich zügig zu führen und erforderlichenfalls besondere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um jegliche unnötigen Verzögerungen zu verhindern (vgl. EGMR, FamRZ 2011, 1283 Rn. 45 f - Kuppinger I/Deutschland und BeckRS 2016, 127405 Rn. 89 - Moog/Deutschland).
bb) Angesichts dessen führte die dem beklagten Land zuzurechnende erhebliche Verfahrensverzögerung von 37 Monaten - bereits nach den bislang getroffenen Feststellungen und erst recht nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag der Klägerin - zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Kindesmutter in ihrem Recht auf Umgang mit ihren Kindern (Art. 6 Abs. 2 GG, § 1684 Abs. 1 BGB) und ihrem Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK), die in ihrem Gewicht mit einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung vergleichbar ist und daher nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG eine Erhöhung des gesetzlichen Pauschalsatzes rechtfertigt.
Die Verzögerung hatte erhebliche Auswirkungen auf das Privat- und Familienleben der Klägerin, weil ihr - vom Familiengericht letztlich zugesprochenes und im Beschwerdeverfahren zeitlich ausgeweitetes - Umgangsrecht durch Zeitablauf faktisch entwertet wurde. Während des Verfahrens blieben mit Ausnahme von acht kurzen Umgangskontakten von März bis September 2017 die Umgangsrechte der Mutter mit ihren beiden sehr kleinen Kindern ungeregelt, was zu einer nachhaltigen Unterbrechung der sich gerade im frühkindlichen Alter maßgeblich ausbildenden Mutter-Kind-Beziehung führte und insbesondere beim jüngeren Kind, das nie mit der Klägerin in einem Haushalt zusammengelebt hatte, eine stabile Mutter-Kind-Beziehung nicht entstehen lassen konnte. Während das ältere Kind nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 29. Mai 2019, S. 71 = GA I 156) zumindest auf positive Erfahrungen aus den ersten zwei Lebensjahren in der Obhut der Mutter zurückgreifen kann und sich wenigstens um eine Rekonstruktion der einst tiefen und vertrauensvollen Beziehung zur Klägerin bemüht, ist das jüngere Kind sehr verunsichert, schwankend und distanziert geworden und nimmt nur noch sporadisch an Umgangsterminen mit der Klägerin teil. Die verlorene gemeinsame Zeit, die für die Entwicklung, Aufrechterhaltung und Fortentwicklung der frühkindlichen Bindungen der beiden sehr kleinen Kinder zur Klägerin wesentlich war und eine erhebliche Entfremdung zwischen der Klägerin und ihren Kindern zur Folge hatte, kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht wiedergutgemacht werden. Vielmehr birgt sie angesichts des Alters der Kinder die Gefahr einer steigenden Entfremdung und das Risiko einer dauerhaft stark belasteten Mutter-Kind-Beziehung. Dies ist vorliegend besonders gravierend, da die Kinder nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden klägerischen Vortrag Umgang mit ihrer Mutter ausdrücklich wünschten (vgl. Schriftsätze vom 29. Mai 2019, S. 71 = GA I 156 und vom 16. August 2019, S. 44 = GA II 248; s. auch Beschluss des AG M. vom 13. Februar 2017, S. 4 = GA II 341). Insoweit unterscheidet sich der Fall von demjenigen, der dem Senatsurteil vom 13. März 2014 (III ZR 91/13, NJW 2014, 1816) zugrunde lag. Dort lehnte ein knapp 13-jähriges Kind nach seinem klar geäußerten Willen gerichtlich erzwungene Umgangskontakte mit seinem Vater von Anfang an ab. Zudem hatte dessen Umgangsbegehren in der Sache keinen Erfolg, so dass eine faktische Entwertung des von Rechts wegen bestehenden Umgangsrechts nicht stattgefunden hatte (aaO Rn. 41).
III.
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit der Klageantrag zu 1 in Höhe einer den Regelbetrag (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) übersteigenden Entschädigung für immaterielle Nachteile abgewiesen worden ist. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das - gegebenenfalls nach weiteren Tatsachenfeststellungen - eine erneute tatrichterliche Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen haben wird. Mangels Entscheidungsreife ist eine eigene Entscheidung des Senats nicht möglich (§ 563Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Der EGMR hat in der Vergangenheit Verfahren, die das Verhältnis einer Person zu ihrem sehr jungen Kind betrafen und in denen Verfahrensverzögerungen einen (zusätzlichen) Verstoß gegen Art. 8 EMRK begründeten, besonderes Gewicht beigemessen und höhere Entschädigungssummen zugesprochen (z.B. EGMR, NJW-RR 2007, 1225 Rn. 123 - Bianchi/Schweiz [15.000 €]; Urteil vom 12. Juli 2007 - 39741/02, juris Rn. 88 - S.N./Deutschland [8.000 €]; BeckRS 2011, 80398 Rn. 100 - K.-R./Deutschland [10.000 € bei zwei betroffenen Kindern]; FamRZ 2011, 1283 Rn. 61 - Kuppinger I/Deutschland [5.200 € - allein wegen der Dauer des Umgangsverfahrens von knapp fünf Jahren bei einem sehr kleinen Kind]; Urteil vom 10. Februar 2011 - 1521/06, juris Rn. 88 - T./Deutschland [7.000 €]; FamRZ 2012, 1123 - Bergmann/Tschechien [10.000 €]; NJW 2015, 1433 - Kuppinger II/Deutschland [15.000 €] und BeckRS 2016, 127405 Rn. 108 Moog/Deutschland [10.000 €]). Soweit das Oberlandesgericht das Urteil des EGMR vom 15. Januar 2015 (Kuppinger II/Deutschland aaO) für nicht einschlägig erachtet hat, weil der EGMR dort eine Verfahrensverzögerung von vier Jahren zugrunde gelegt habe, trifft dies nicht zu. Dabei hat es übersehen, dass der EGMR - bei einer Gesamtdauer des Umgangsverfahrens von vier Jahren und vier Monaten - nur eine Verzögerung von "etwa einem Monat" und "mehreren Wochen" angenommen hat (aaO Rn. 108).
Dem Oberlandesgericht ist zwar zuzustimmen, dass der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 41 EMRK keine verbindlichen Richtlinien für die im vorliegenden Fall nach § 198 Abs. 2 GVG festzulegende Entschädigungssumme entnommen werden können (vgl. BVerfGE 111, 307, 319 ff mwN; s. auch BVerfG, NJW 1997, 2811, 2812 [zur überlangen Verfahrensdauer]). Es ergeben sich daraus jedoch für die Billigkeitsentscheidung nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG zumindest Anhaltspunkte dafür, wann besondere Umstände in Betracht kommen, die eine Erhöhung des Pauschalsatzes rechtfertigen (vgl. Roderfeld in Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, § 198 GVG Rn. 82; Lorenz, Die Dogmatik des Entschädigungsanspruchs aus § 198 GVG, 2018, S. 219 f; s. auch BVerfG, NJW 1997 aaO [zur überlangen Verfahrensdauer]; EGMR, NJW 2007, 1259 Rn. 177 - Scordino/Italien), zumal bei der nach § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG erforderlichen einzelfallbezogenen Entschädigungsbemessung mit der Bedeutung des Verfahrens und den nachteiligen Auswirkungen der überlangen Verfahrensdauer dieselben Kriterien heranzuziehen sind, die auch der EGMR als maßgeblich ansieht.
Herrmann
Remmert
Reiter
Kessen
Herr
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 6. Mai 2021 - III ZR 72/20
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Bundesgerichtshof Urteil, 6. Mai 2021 - III ZR 72/20 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Ein Beteiligter in einer in § 155 Absatz 1 bestimmten Kindschaftssache kann geltend machen, dass die bisherige Verfahrensdauer nicht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot nach der genannten Vorschrift entspricht (Beschleunigungsrüge). Er hat dabei Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass das Verfahren nicht vorrangig und beschleunigt durchgeführt worden ist.
(2) Das Gericht entscheidet über die Beschleunigungsrüge spätestens innerhalb eines Monats nach deren Eingang durch Beschluss. Hält das Gericht die Beschleunigungsrüge für begründet, hat es unverzüglich geeignete Maßnahmen zur vorrangigen und beschleunigten Durchführung des Verfahrens zu ergreifen; insbesondere ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen.
(3) Die Beschleunigungsrüge gilt zugleich als Verzögerungsrüge im Sinne des § 198 Absatz 3 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes.
(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.
(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.
(1) Der Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 kann von dem Beteiligten innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe mit der Beschwerde angefochten werden. § 64 Absatz 1 gilt entsprechend. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt; es hat die Akten unverzüglich dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 vorzulegen.
(2) Über die Beschleunigungsbeschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, wenn das Amtsgericht den Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 gefasst hat. Hat das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof den Beschluss gefasst, so entscheidet ein anderer Spruchkörper desselben Gerichts.
(3) Das Beschwerdegericht entscheidet unverzüglich nach Aktenlage; seine Entscheidung soll spätestens innerhalb eines Monats ergehen. § 68 Absatz 2 gilt entsprechend. Das Beschwerdegericht hat festzustellen, ob die bisherige Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Absatz 1 entspricht. Stellt es fest, dass dies nicht der Fall ist, hat das Gericht, dessen Beschluss angefochten worden ist, das Verfahren unter Beachtung der rechtlichen Beurteilung des Beschwerdegerichts unverzüglich vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(4) Hat das Gericht innerhalb der Monatsfrist des § 155b Absatz 2 Satz 1 keine Entscheidung über die Beschleunigungsrüge getroffen, kann der Beteiligte innerhalb einer Frist von zwei Monaten bei dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 die Beschleunigungsbeschwerde einlegen. Die Frist beginnt mit Eingang der Beschleunigungsrüge bei dem Gericht. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.
(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.
(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.
(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 600 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09. April 2016 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 80 % und das beklagte Land 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt vom beklagten Land Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.900 € für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines Kostenfestsetzungsverfahrens.
3Grundlage des beim Amtsgericht F zum Aktenzeichen ### C ##/11 geführten Kostenfestsetzungsverfahrens war eine zu Gunsten des Klägers im Berufungsverfahren ## S ###/11 LG F am 16. März 2012 ergangene Kostengrundentscheidung. Der Kläger beantragte am 27. April 2012 die Festsetzung von Kosten in Höhe von 32,40 € gegen den unterlegenen Prozessgegner. Unter dem 28. September 2012 brachte er weitere Kosten in Höhe von 51 € in Ansatz und beantragte nunmehr unter Einschluss der am 27. April 2012 geltend gemachten Kosten, die noch nicht festgesetzt waren, die Festsetzung in Höhe von insgesamt 83,40 €. In dem Schreiben führte er aus, dass eine Bescheidung seines Antrages vom 27. April 2012 wohl bislang unterbleiben sei, weil die Akte sich beim Oberlandesgericht Hamm befinde, wofür er Verständnis zeige. Tatsächlich befand die Akte sich zur Bearbeitung einer Streitwertbeschwerde zum Aktenzeichen #-## W ##/## beim Oberlandesgericht Hamm bis zu dem dort am 03. Mai 2013 gefassten Beschluss über die Beschwerde, von dem der Kläger nach seinem Vortrag über seinen Anwalt anschließend in Kenntnis gesetzt worden ist.
4Unter dem 28. September 2014 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge. Der Präsident des Amtsgerichts F teilte dem Kläger darauf mit Schreiben vom 05. November 2014 mit, die Akte habe sich bis zum 24. Mai 2013 beim Landgericht F bzw. OLG Hamm befunden und nach Aktenrückkehr seien am 11. Juni 2013 und 25. Juni 2013 zu Gunsten der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers Kostenfestsetzungsbeschlüsse ergangen, wodurch das Kostenfestsetzungsverfahren abgeschlossen sei. Ohne Akte hätten die Kostenfestsetzungsanträge nicht bearbeitet werden können.
5Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 17. November 2014 auf seinen unbeschiedenen Antrag vom 27. April 2012 hingewiesen hatte, teilte der Präsident des Amtsgerichts F am 23. Dezember 2014 mit, dass dieser Antrag nunmehr lose in der Akte gefunden worden sei, ohne dass sich feststellen lasse, wie es dazu gekommen sei. Zugleich bat er um Entschuldigung für die entstandene Verzögerung und teilte mit, dass die Akte nunmehr unverzüglich zur Bearbeitung des Antrages vom 27. April 2012 der Rechtspflegerin zugeleitet werde.
6Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 erhob der Kläger erneut eine Verzögerungsrüge und verlangte u.a. Abschriften seines Kostenfestsetzungsantrages und seines weiteren Schriftsatzes, mit welchem er weitere Positionen zur Festsetzung angemeldet habe.
7Am 14. September 2015 wurde sodann ein Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, mit welchem dem Antrag des Klägers vom 27. April 2012 stattgegeben wurde. Am 22. September 2015 wurde dem Kläger eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.
8Der Kläger erhob anschließend mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 erneut Verzögerungsrüge und wies auf seinen weiteren Antrag vom 28. September 2012 hin. Diesem Antrag, der sich nach Vortrag des Landes lediglich in Abschrift und ohne Eingangsstempel in der Akte befunden habe, wurde sodann mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09. Dezember 2015 entsprochen.
9Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 19. Februar 2016 für eine Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 1.200 € Prozesskostenhilfe bewilligt und den weitergehenden Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass sich aus dem zwischen den Parteien nicht streitigen Sachverhalt eine unangemessene Verfahrensverzögerung im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG von rund 29 Monaten, nämlich zwischen Juli 2013 und November 2015 ergebe. Eine Entschädigung könne der Kläger allerdings nur für die letzten 12 Monate (Dezember 2014 bis November 2015) beanspruchen; für die davor liegenden 17 Monate bis einschließlich November 2014 reiche eine Wiedergutmachung durch bloße Feststellung aus. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Senatsbeschlusses vom 19. Februar 2016 verwiesen.
10Mit seiner – teilweise auf eigene Kosten erhobenen – Klage verlangt der Kläger Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 2.900 €. Er ist der Auffassung, ihm stehe für die vom Senat im Beschluss vom 19. Februar 2016 beanstandete Verzögerungsdauer von 29 Monaten (Juli 2013 bis November 2015) die Regelentschädigung von 100 € pro Monat zu. Für die Zeit von Juli 2013 bis November 2014 sei entgegen der Auffassung des Senats die bloße Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer keine ausreichende Wiedergutmachung im Sinne von § 198 Abs. 4 GVG. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass ihm sein im Antrag vom 28. September 2012 mitgeteiltes Verständnis für das Ausbleiben einer Entscheidung infolge des Aktenversands sowie seine Passivität bis zur Erhebung der ersten Verzögerungsrüge am 28. September 2014 nicht angelastet werden dürften. Indem das Amtsgericht vorliegend trotz positiver Kenntnis über die bislang unterbliebene Einordnung und Bearbeitung der Kostenfestsetzungsanträge weiterhin verfahrensfördernde Maßnahmen unterlassen habe, sei es billig, das Land haften zu lassen; es könne möglicherweise ein Fall des § 198 Abs. 4 S. 3 GVG vorliegen. Jedenfalls falle die Würdigung der Gesamtumstände klar zu Gunsten des Klägers aus und es deute nichts auf ein unzulässiges „dulde und liquidiere“ durch ihn oder auf eine für ihn untergeordnete Bedeutung des Verfahrens hin.
11Der Kläger beantragt,
12das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Höhe von 2.900 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
13Das beklagte Land beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Es ist der Ansicht, die vom Kläger geltend gemachte Verzögerung rechtfertige keinen Entschädigungsanspruch. Es liege schon kein immaterieller Nachteil vor. Die widerlegbare Vermutung aus § 198 Abs. 2 S. 1 GVG sei hier widerlegt. Denn eine seelische Unbill des Klägers in entschädigungsrelevantem Ausmaß sei nicht ersichtlich, weil das Kostenfestsetzungsverfahren nur einen geringen Betrag zum Gegenstand gehabt habe und nach der Rechtsprechung des BGH in Verfahren von geringer Bedeutung ein immaterieller Nachteil ausscheiden könne. Jedenfalls sei eine Wiedergutmachung durch Feststellung insgesamt ausreichend, weil das Verfahren eine äußerst geringe Bedeutung gehabt habe und der einzige Nachteil für den Kläger die überlange Bearbeitungsdauer gewesen sei. Zumindest sei eine Entschädigung von 1.200 € mit Blick auf die Forderungshöhe von 83,40 € im Ausgangsverfahren unbillig hoch.
16Entscheidungsgründe
17Die Entschädigungsklage ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
181.
19Die Klage ist zulässig. Die Klagefrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG ist eingehalten, ohne dass es auf die Frage der Fristwahrung durch Anbringung des Prozesskostenhilfegesuchs vom 27. Oktober 2015 ankommt. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren ist erst durch den Beschluss des Amtsgerichts F vom 09. Dezember 2015 abgeschlossen worden und die Klage ist im Umfang des mit Schriftsatz vom 08. März 2016 formulierten Zahlungsantrages – nach Einzahlung des für den über die Prozesskostenhilfebewilligung hinausgehenden Klageantrag angeforderten Vorschusses – am 08. April 2016 zugestellt worden.
202.
21Die Klage ist nur teilweise begründet. Dem Kläger steht gem. § 198 Abs. 1 und 2 GVG ein Entschädigungsanspruch für immaterielle Nachteile wegen unangemessener Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens im Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 in Höhe von 600 € zu. Zwar lag auch in dem weiter zum Gegenstand der Klage gemachten Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 eine unangemessene Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG vor; insoweit ist aber die Vermutung aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG für das Vorliegen eines immateriellen Nachteils widerlegt und unabhängig davon jedenfalls bereits eine ausreichende Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 GVG erfolgt.
22a.
23Nach § 198 Abs. 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Eine Entschädigung kann nur verlangt werden, wenn eine Verzögerungsrüge erhoben worden ist (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG) und Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 Satz 2 GVG).
24Danach gilt hier:
25aa.
26Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG aus den im Urteil vom 10.07.2014 – B 10 ÜG 8/13 R – dargelegten Gründen (dort Rn. 16 ff., zitiert nach juris). Diese Erwägungen gelten auch für das hier in Rede stehende Kostenfestsetzungsverfahren auf der Grundlage der §§ 103 ff. ZPO.
27bb.
28Nach dem zwischen den Parteien nicht streitigen Verfahrensablauf ist es im Kostenfestsetzungsverfahren zu einer unangemessenen Verzögerung von 29 Monaten gekommen. Dem liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
29Die am 27. April 2012 und 28. September 2012 eingereichten Kostenfestsetzungsanträge waren mit Rückkehr der Akten aus der Rechtsmittelinstanz am 24. Mai 2013 entscheidungsreif. Eine Bearbeitung ohne die Prozessakten war nicht möglich, worauf der Präsident des Amtsgerichts in seinem Schreiben vom 05. November 2014 zutreffend hingewiesen hat. Anlass, die Prozessakten zum Zwecke der Kostenfestsetzung vorher vorübergehend aus der Rechtsmittelinstanz zurückzufordern, bestand nicht. Das wäre allenfalls in Betracht gekommen, wenn der Kläger auf eine Dringlichkeit der begehrten Kostenfestsetzung hingewiesen hätte oder sie sich sonst aus den Umständen ergeben hätte. Beides ist nicht der Fall. Die Höhe der zur Festsetzung beantragten Kosten von insgesamt 83,40 € sprach eindeutig gegen eine Dringlichkeit. Ein Hinweis des Klägers auf eine solche Dringlichkeit ist nicht ersichtlich; vielmehr hat der Kläger in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 28. September 2012 Verständnis dafür zum Ausdruck gebracht, dass eine Kostenfestsetzung im Hinblick auf die beim Oberlandesgericht befindlichen Akten noch nicht erfolgt war. Auch ohne die Prozessakten konnten und mussten allerdings die Kostenfestsetzungsanträge an den Kostenschuldner zur Stellungnahme übermittelt werden, so dass mit Aktenrückkehr Entscheidungsreife eintrat.
30Nach Entscheidungsreife ist eine angemessene Bearbeitungszeit einzuräumen, weil nicht sämtliche entscheidungsreifen Verfahren gleichzeitig entschieden werden können und müssen. Weil sich mit zunehmender Verfahrensdauer allerdings die Verpflichtung des mit dem Verfahren befassten Gerichts zur nachhaltigen Beschleunigung verdichtet (vgl. BVerfG, NJW 2008, 17; BGH, NJW 2011, 1072), musste hier berücksichtigt werden, dass seit der ersten Antragstellung bereits mehr als ein Jahr vergangen war. Daher war spätestens bis Ende Juni 2013 eine Entscheidung geboten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil über die – seinerzeit ebenfalls noch unbeschiedenen – Kostenfestsetzungsanträge der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers aus dem Jahre 2012 am 11. Juni 2013 und 25. Juni 2013 entschieden worden war. Gründe, die Entscheidung über die Anträge des Klägers zurückzustellen, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Soweit die unterbliebene Entscheidung auf die fehlende oder unzureichende Einordnung der Kostenfestsetzungsanträge des Klägers in die Akte zurückzuführen ist, fällt dies allein in den Verantwortungsbereich des Landes.
31Unter Berücksichtigung der erst im Dezember 2015 erfolgten abschließenden Bescheidung der Kostenfestsetzungsanträge des Klägers erstreckt sich die unangemessene Verfahrensverzögerung im Sinne von § 198 Abs. 1 GVG auf den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2015 (= 29 Monate). Dem kann für die Zeit bis zur Erhebung der ersten Verzögerungsrüge des Antragstellers vom 28. September 2014 nicht entgegengehalten werden, dass er nicht früher eine Bearbeitung seiner Anträge angemahnt hat. Denn abgesehen von der Obliegenheit zur Erhebung der Verzögerungsrüge sind die Verfahrensbeteiligten nicht verpflichtet, aktiv darauf hinzuarbeiten, dass das Gericht das Verfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss bringt (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.02.2015 – 5 C 5/14 D – Rn. 37, zitiert nach juris).
32Das schließt es allerdings nicht aus, eine diesbezügliche Passivität als Indiz für eine geringe Bedeutung der Sache im Rahmen der – später zu beantwortenden - Frage zu berücksichtigen, ob die Vermutung aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG widerlegt ist oder eine Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 GVG ausreicht (zum Letzteren: vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015 – L 8 SF 128/12 EK -, Rn. 52, zitiert nach juris; Reiter in Ad Legendum 2015, Seite 151, 155).
33cc.
34Der Kläger hat die gem. § 198 Abs. 3 GVG notwendige Verzögerungsrüge mit seinen Schreiben vom 28. September 2014, 28. Juli 2015 und 26. Oktober 2015 erhoben.
35dd.
36Danach liegen für den hier maßgeblichen Zeitraum von 29 Monaten grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Entschädigung vor. Das gilt auch für den vor dem 28. September 2014 liegenden Zeitraum. Denn die Verzögerungsrüge wahrt – anders als im Anwendungsbereich der Übergangsregelung des Art. 23 Satz 2 und 3 ÜGRG - auch Ansprüche für Zeiträume, die vor ihrer Anbringung liegen (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014 – III ZR 335/13, Rn. 31 und OVG NRW, Urteil vom 28.09.2015 – 13 D 12/15 -, Rn. 72, jeweils zitiert nach juris; Reiter a.a.O.).
37ee.
38Die unangemessene Verzögerung von 29 Monaten rechtfertigt keine höhere Entschädigung als 600 €.
39Der Kläger hat nach der gesetzlichen Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG Nachteile nicht vermögenrechtlicher Art im Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 erlitten. Dafür steht ihm eine Entschädigung zu, die der Senat abweichend von der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Regelentschädigung von 1.200 € pro Jahr hier auf der Grundlage des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG aus Billigkeitsgründen auf 600 € bemisst. Für die Zeit davor ist die gesetzliche Vermutung aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG widerlegt und – wenn man das anders sehen wollte – jedenfalls eine gem. § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ausreichende Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG bereits erfolgt.
40(1)
41Die gesetzliche Vermutung im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG für einen vom Kläger erlittenen immateriellen Nachteil ist für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 widerlegt.
42Die gesetzliche Vermutung wird nicht bereits generell widerlegt, wenn das Ausgangsverfahren eine sehr geringe finanzielle Bedeutung für den Entschädigungskläger hat. Der Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit soll unter anderem gerade eine lange Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Ansprüche und die damit verbundenen seelischen Folgen vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R – Rn. 59, zitiert nach juris.).
43Gemessen daran ist aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung für die Zeit von Juli 2013 bis November 2014 von einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung für einen immateriellen Nachteil auszugehen. Dafür spricht, dass hier eine nennenswerte Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Kostenerstattungsansprüche nicht zu verzeichnen war, weil – worauf der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes im Senatstermin am 10. August 2016 zutreffend hingewiesen hat – eine rechtskräftige Kostengrundentscheidung vorlag und im Kostenfestsetzungsverfahren nur noch über die – hier ersichtlich nicht zweifelhafte - Erstattungsfähigkeit der angemeldeten Kosten zu befinden war. Unter weiterer Berücksichtigung der äußerst geringen Höhe des zur Festsetzung angemeldeten Betrages und der daraus abzuleitenden minimalen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, die auch dadurch belegt wird, dass der Kläger bis zur Erhebung seiner ersten Verzögerungsrüge am 28. September 2014 weder eine Sachstandsanfrage angebracht noch sonst Erkundigungen zur Bearbeitung seiner Anträge vorgenommen hat, lässt sich eine durch die zögerliche Bearbeitung verursachte seelische Beeinträchtigung bis zum Erhalt der (inhaltlich unzutreffenden) Antwort vom 05. November 2014 auf die erste Verzögerungsrüge vom 28. September 2014 nicht annehmen. Die vom Kläger im Prozesskostenhilfeverfahren angeführte psychische Beeinträchtigung mit pathologischem Wert ist weder konkretisiert worden noch in irgendeiner Weise nachvollziehbar, obwohl der Senat darauf im Beschluss vom 19. Februar 2016 hingewiesen hatte.
44(2)
45Unabhängig von vorstehenden Erwägungen scheidet ein Entschädigungsanspruch für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 aber auch deshalb aus, weil eine Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG bereits erfolgt ist, die gem. § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ausreicht.
46Auch wenn die Kostenfestsetzungsanträge des Klägers – wie dargelegt - bereits seit Juli 2013 ohne Grund nicht bearbeitet worden sind, so ist aus den bereits angeführten Gründen zu konstatieren, dass der Kläger dem Verfahren bis zur Erhebung seiner ersten Verzögerungsrüge am 28. September 2014 keine besondere Bedeutung beigemessen hat, weil er bis zu diesem Zeitpunkt weder eine Sachstandsanfrage angebracht noch sonst Erkundigungen zur Bearbeitung seiner Anträge vorgenommen hat. Zwar oblagen dem Kläger keine Hinweispflichten gegenüber dem Gericht; aus der Passivität lässt sich aber ein Rückschluss auf die (bis dahin) fehlende Bedeutung und damit das Ausreichen einer Wiedergutmachung durch bloße Feststellung ziehen (vgl. Reiter, a.a.O.). Wenn – wie der Kläger im Prozesskostenhilfeverfahren angeführt hat – die bis dahin ausgebliebene Festsetzung eines Betrages von 83,40 € seine Lebensführung fühlbar beeinträchtigt hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass er nicht länger als 2 Jahre zuwartet, um sich - erstmals mittels einer Verzögerungsrüge - nach dem Verfahrensstand zu erkundigen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger nicht unmittelbar mit Eingang der Verzögerungsrüge eine abschließende Bearbeitung erwarten konnte, diese vielmehr realistisch nach gerichtsinterner Klärung des Vorgangs spätestens im November 2014 anzunehmen war, ist bis zum Erhalt der (inhaltlich fehlerhaften) Mitteilung vom 05. November 2014 eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend.
47Eine solche Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG ist vorliegend in zweierlei Hinsicht erfolgt. Zum einen hat der Präsident des Amtsgerichts F sich im Schreiben vom 23. Dezember 2014 für die bis dahin eingetretene Verzögerung ausdrücklich entschuldigt. Zum anderen hat der Senat im Prozesskostenhilfebeschluss vom 19. Februar 2016 die unangemessene Verfahrensdauer für den Zeitraum von Juli 2013 bis November 2014 festgestellt. Auch wenn es sich insoweit nicht um einen förmlichen Feststellungsauspruch im kontradiktorischen Verfahren handelt, ist für den Senat ein Rechtsschutzinteresse für eine (erneute) Feststellung, mit der der Kläger sich ausweislich der auf eigene Kosten erhobenen weitergehenden Klage nicht begnügt, nicht gegeben, weshalb vorliegend kein Raum für einen solchen – gem. § 198 Abs. 4 Satz 2 GVG auch ohne Antrag möglichen – Ausspruch besteht.
48(3)
49Der Kläger hat nach der gesetzlichen Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG Nachteile nichtvermögenrechtlicher Art im Zeitraum von Dezember 2014 bis November 2015 erlitten. Für diesen Zeitraum ist die Vermutung nicht widerlegt. Dafür steht ihm eine Entschädigung zu, die der Senat abweichend von der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Regelentschädigung von 1.200 € pro Jahr hier auf der Grundlage des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG aus Billigkeitsgründen auf 600 € bemisst.
50(a)
51Nach Anbringung der Verzögerungsrüge vom 28. September 2014 konnte und durfte der Kläger erwarten, dass nunmehr die angemahnte und seit langem überfällige Bearbeitung seiner Kostenfestsetzungsanträge unverzüglich erfolgen und – unter Berücksichtigung einer zuzubilligenden angemessenen Bearbeitungszeit – jedenfalls bis spätestens Ende November 2014 abgeschlossen sein wird.
52Stattdessen erhielt er am 05. November 2014 zunächst die unrichtige Nachricht, das Kostenfestsetzungsverfahren sei seit langem abgeschlossen. Auch nachdem dieser Fehler auf Reklamation des Klägers festgestellt und mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 nebst Entschuldigung eine unverzügliche Bearbeitung angekündigt worden war, hat es nahezu ein weiteres Jahr gedauert und zwei weitere Verzögerungsrügen gebraucht, bevor die Ankündigung umgesetzt war.
53Damit ist für die Zeit ab Dezember 2014 zum einen die Vermutung eines immateriellen Nachteils nicht (mehr) widerlegt und zum anderen auch die bloße Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer für eine Wiedergutmachung nicht (mehr) ausreichend. Denn bei dieser Sachlage musste sich auch für einen unbefangenen Beobachter der Eindruck aufdrängen, dass die Anträge des Klägers nicht ernst genommen werden, die Entschuldigung ein bloßes Lippenbekenntnis war und eine Bearbeitung trotz anderslautender Bekundungen auch weiterhin grundlos verweigert wird. Der damit verbundene und erst mit Erhalt des Schreibens vom 05. November 2014 verursachte erhebliche Ärger, der durchaus als seelische Unbill eingeordnet werden kann, ist ohne weiteres nachvollziehbar.
54(b)
55Abweichend von der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Regelentschädigung von 1.200 € pro Jahr bemisst der Senat die angemessene Entschädigung auf der Grundlage des § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG aus Billigkeitsgründen auf 600 €. Dabei hat der Senat sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:
56Der Regelentschädigung steht nicht von vornherein entgegen, dass damit der Wert der Kostenforderung, die Gegenstand des überlangen Kostenfestsetzungsverfahrens war, um ein Vielfaches überschritten würde. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 26.02.2015 – 5 C 5/14 D -, Rn. 55, zitiert nach juris).
57Andererseits können ein außergewöhnlich geringes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des überlang dauernden Verfahrens und auch eine geringe Bedeutung durchaus berücksichtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2015 – B 10 ÜG 11/13, Rn. 39; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.02.2013 – OVG 3 A 11.12 – Rn. 40, juris). Schließlich ist auch in der Rechtsprechung des EGMR, die Anlass für den Erlass des ÜGRG war, anerkannt, dass die Geringfügigkeit des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Betrages dazu führen kann, dass eine nach Art. 34 EMRK wegen überlanger Verfahrensdauer erhobene Individualbeschwerde gem. Art. 35 Abs. 3 lit. b) EMRK für unzulässig erklärt werden kann (vgl. EGMR, Entscheidung vom 03.11.2010 – 12977/09, 15856/09, 15890/09, 15892/09, 16119/09 -, Rn. 59 ff., juris).
58Auch wenn die seit Dezember 2014 zu verzeichnenden Verzögerungen schwer nachvollziehbar sind und auf ein erhebliches Organisationsdefizit im Rahmen der Aktenbearbeitung hindeuten, ändert das nichts daran, dass die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger äußerst gering war und blieb und deshalb eine deutlich unterhalb des vom Gesetzgeber in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zu Grunde gelegten Regelfalls anzunehmende Konstellation vorliegt. Bei Abwägung aller maßgeblichen Umstände entspricht nach Auffassung des Senats im Ergebnis eine Herabsetzung der Entschädigung um 50 % der Billigkeit.
59ff.
60Die Voraussetzungen für die vom Kläger erwogene kumulative Feststellung gem. § 198 Abs. 4 Satz 3 GVG liegen bei dieser Sachlage mangels eines schwerwiegenden Falles ersichtlich nicht vor.
61b.
62Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 288, 291 BGB.
633.
64Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Voraussetzungen des § 201 Abs. 4 GVG liegen nicht vor. Denn die teilweise Klageabweisung ist nicht deshalb erfolgt, weil der Senat eine für ausreichend befundene Feststellung im Klageverfahren ausgesprochen hat. Eine solche Feststellung ist durch den Senat nicht erfolgt. Vielmehr ist der Kläger mit seiner Vorstellung zum Entschädigungsbetrag nicht durchgedrungen, weshalb gem. § 201 Abs. 2 S. 1 GVG die Regelung des § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2013 – III ZR 376/12 – Rn. 50, juris).
65Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
664.
67Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe dafür gem. §§ 201 Abs. 2 GVG, 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht ersichtlich sind.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.
(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.
(1) Ein Beteiligter in einer in § 155 Absatz 1 bestimmten Kindschaftssache kann geltend machen, dass die bisherige Verfahrensdauer nicht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot nach der genannten Vorschrift entspricht (Beschleunigungsrüge). Er hat dabei Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass das Verfahren nicht vorrangig und beschleunigt durchgeführt worden ist.
(2) Das Gericht entscheidet über die Beschleunigungsrüge spätestens innerhalb eines Monats nach deren Eingang durch Beschluss. Hält das Gericht die Beschleunigungsrüge für begründet, hat es unverzüglich geeignete Maßnahmen zur vorrangigen und beschleunigten Durchführung des Verfahrens zu ergreifen; insbesondere ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen.
(3) Die Beschleunigungsrüge gilt zugleich als Verzögerungsrüge im Sinne des § 198 Absatz 3 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.
(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.
(1) Der Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 kann von dem Beteiligten innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe mit der Beschwerde angefochten werden. § 64 Absatz 1 gilt entsprechend. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt; es hat die Akten unverzüglich dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 vorzulegen.
(2) Über die Beschleunigungsbeschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, wenn das Amtsgericht den Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 gefasst hat. Hat das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof den Beschluss gefasst, so entscheidet ein anderer Spruchkörper desselben Gerichts.
(3) Das Beschwerdegericht entscheidet unverzüglich nach Aktenlage; seine Entscheidung soll spätestens innerhalb eines Monats ergehen. § 68 Absatz 2 gilt entsprechend. Das Beschwerdegericht hat festzustellen, ob die bisherige Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Absatz 1 entspricht. Stellt es fest, dass dies nicht der Fall ist, hat das Gericht, dessen Beschluss angefochten worden ist, das Verfahren unter Beachtung der rechtlichen Beurteilung des Beschwerdegerichts unverzüglich vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(4) Hat das Gericht innerhalb der Monatsfrist des § 155b Absatz 2 Satz 1 keine Entscheidung über die Beschleunigungsrüge getroffen, kann der Beteiligte innerhalb einer Frist von zwei Monaten bei dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 die Beschleunigungsbeschwerde einlegen. Die Frist beginnt mit Eingang der Beschleunigungsrüge bei dem Gericht. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.