Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2007 - V ZR 179/06

bei uns veröffentlicht am30.03.2007
vorgehend
Landgericht Berlin, 13 O 173/05, 03.11.2005
Kammergericht, 8 U 263/05, 19.06.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 179/06 Verkündet am:
30. März 2007
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Eigentümer kann sich der Haftung als Zustandsstörer (§ 1004 Abs. 1 BGB) nicht
durch Verzicht auf sein Eigentum entziehen.
BGH, Urt. v. 30. März 2007 - V ZR 179/06 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 19. Juni 2006 aufgehoben, soweit über Räumungs- und Beseitigungsansprüche erkannt worden ist. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 13 des Landgerichts Berlin vom 3. November 2005 wird insoweit zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 67 % und der Beklagte 33 %, von denen der Rechtsmittelinstanzen der Kläger 63 % und der Beklagte 37%.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Das klagende Land ist Eigentümer einer Gründstücksfläche, auf dem G. M. aufgrund eines mit dem Land geschlossenen Mietvertrags eine Bootsanlage betrieben und hierzu Gebäude und andere Baulichkeiten errichtet hatte, die nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien als nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden gelten und im Eigentum der Mieterin bleiben sollten. 1992 wurde die Bootsanlage an U. B. veräußert, der mit dem Land ebenfalls einen Mietvertrag abschloss. Dieser Vertrag sah unter Berücksichtigung einer ausgeübten Verlängerungsoption eine Vertragsdauer bis Ende 2001 vor. Im September 1996 veräußerte U. B. die Bootsanlage an den Beklagten. Nachdem ein Ankauf des Grundstücks durch den Beklagten gescheitert war, bemühte sich dieser Ende 2001 um den Abschluss eines Mietvertrages. Das Land lehnte dies ab. Es verlangt die Herausgabe und die Räumung des Areals, die Beseitigung von zur Bootsanlage gehörenden Bauten sowie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
2
Nach teilweiser Klagerücknahme hat das Landgericht der Klage stattgegeben. In der Berufungsverhandlung vor dem Kammergericht hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu Protokoll erklärt, sein Mandant gebe - für den Fall, dass das Berufungsgericht von einem fortdauernden Besitz des Beklagten ausgehen sollte - einen etwaigen Besitz an der Fläche auf. Mit der Entfernung sämtlicher auf dem Grundstück vorhandenen Aufbauten durch das Land sei der Mandant einverstanden.
3
Das Kammergericht hat das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Das Land möchte mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, einem Räumungsanspruch stehe das Fehlen eines Mietvertrages entgegen. Herausgabe könne nicht verlangt werden, weil das Land nicht bewiesen habe, dass der Beklagte wenigstens bei Eintritt der Rechtshängigkeit noch Besitzer der Fläche gewesen sei. Für Ansprüche auf Nutzungsentschädigung fehle es an der von den §§ 987 f. BGB vorausgesetzten Vindikationslage. Die Voraussetzungen des § 1004 BGB lägen nicht vor. Da die Bauten nicht auf Veranlassung des Beklagten errichtet worden seien, komme eine Zurechnung als Handlungsstörer nicht in Betracht. Zustandsstörer sei der Beklagte nicht mehr, weil die Erklärung seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zur Aufgabe des Eigentums geführt hätten. Die Revision sei zuzulassen, soweit es um die Frage gehe, ob die Haftung als Zustandsstörer nach § 1004 Abs. 1 BGB durch Aufgabe des Eigentums an der störenden Sache ende.

II.

5
1. Die Revision ist nur zulässig, soweit sich das Land gegen die Abweisung des Räumungs- und Beseitigungsverlangens wendet. Im Übrigen steht der Statthaftigkeit des Rechtsmittels die fehlende Zulassung entgegen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
6
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbstständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. nur Senat, Beschl. v. 29. Januar 2004, V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, m.w.N.; ferner BGH, BGHZ 101, 276, 278; BGH, Urt. v. 20. Mai 2003, XI ZR 248/02, VersR 2003, 1396, 1397, v. 4. Juni 2003, VIII ZR 91/02, NJW-RR 2003, 1192, 1193, und v. 5. November 2003, VIII ZR 320/02, NJW-RR 2004, 426 f.; Urt. v. 12. Dezember 2006, VI ZR 4/06, Rdn. 4 m.w.N., zur Veröffentlichung bestimmt). Zumindest die zuletzt genannte Alternative liegt vor, weil das Land die Abweisung der Klage wegen der Ansprüche auf Herausgabe und Nutzungsentschädigung hätte hinnehmen und demgemäß sein Rechtsmittel auf das Räumungs- und Beseitigungsverlangen hätte beschränken können.
7
b) Der Annahme einer beschränkten Revisionszulassung steht nicht entgegen , dass die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keine Einschränkung enthält. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und demgemäß von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen die Beschränkung klar ergibt (vgl. nur Senat, Beschl. v. 29. Januar 2004, aaO; Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR 84/04, BauR 2005, 444; BGH, Urt. v. 3. März 2005, IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716; jeweils m.w.N.). So liegt es hier, weil sich die von dem Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffes stellt (vgl. dazu nur BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 362; Urt. v. 3. März 2005, aaO). Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich deutlich, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nur mit Blick auf die Frage bejaht hat, ob die Haftung als Zustandsstörer nach § 1004 Abs. 1 BGB durch Aufgabe des Eigentums an der störenden Sache endet. Erheblich ist diese Rechtsfrage allein für die Streitgegenstände Räumung und Beseitigung. Für die weiteren - auf Herausgabe und Nutzungsentschädigung gerichteten - Klageansprüche ist sie bedeutungslos.
8
2. In dem zugelassenen Umfang hat das Rechtsmittel auch in der Sache Erfolg.
9
a) Die Verneinung von Ansprüchen aus § 1004 BGB hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
10
aa) Verfehlt ist schon der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass sich der Eigentümer einer Haftung als Zustandsstörer nicht durch Verzicht auf sein Eigentum entziehen kann (vgl. BGHZ 18, 253, 258; 41, 393, 397; Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367; so auch die ganz überwiegende Auffassung im Schrifttum, etwa AnwKomm-BGB/Keukenschrijver, § 1004 Rdn. 49; Soergel /Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 98; vgl. auch MünchKommBGB /Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 28, 52 m.w.N. auch zum Streitstand; ebenso für das öffentliche Recht BVerwG NJW 1999, 231 f.). Daran hält der Senat fest. Der gegenteilige Standpunkt des Berufungsgerichts führte dazu, dass die Vorschrift des § 1004 BGB die ihr zugedachte Aufgabe, zusammen mit § 985 BGB das Eigentum und die damit verbundene Sachherrschaft in umfassender Weise zu schützen (vgl. Senatsurt. v. 4. Februar 2005, aaO, m.w.N.), nur noch unvollständig erfüllen könnte. Das ist deshalb nicht hinnehmbar, weil deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche wegen des Verschuldenserfordernisses keinen dem negatorischen Beseitigungsanspruch gleichwertigen Eigentumsschutz gewährleisten (Senat, aaO).
11
Dem steht nicht entgegen, dass ein Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB infolge der Veräußerung der störenden Sache entfallen kann (vgl. Senat, BGHZ 41, 393, 397 f.; Urt. v. 10. Juli 1998, V ZR 60/97, NJW 1998, 3273). Denn der Wegfall der Haftung beruht in solchen Fällen zum einen darauf, dass der Störer infolge der auf den Rechtsnachfolger übergehenden umfassenden Sachherrschaft in der Regel nicht mehr in der Lage ist, die Störung zu beseiti- gen (vgl. Senat, aaO), und zum anderen darauf, dass die Beseitigung der Störung bei Übernahme der umfassenden Sachherrschaft nunmehr Sache des Erwerbers als Ausdruck seiner Verantwortlichkeit als Zustandsstörer ist (vgl. MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, Rdn. 50). In den Dereliktionsfällen trifft weder das eine noch das andere zu.
12
bb) Davon abgesehen lässt sich der Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vor dem Berufungsgericht nicht der für eine Dereliktion (§ 959 BGB) erforderliche Verzichtswille entnehmen. Einer dahin gehenden Auslegung steht entgegen, dass nur dem Land gestattet worden ist, die Sachen von dem Grundstück zu beseitigen.
13
b) Nach allem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO. Weitere Feststellungen kommen nicht in Betracht.
14
aa) Die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB liegen vor. Insbesondere stellt der weitere Verbleib der als Scheinbestandteile nach § 95 BGB zu qualifizierenden Bauten auf dem Grundstück des Landes eine dem Beklagten als Zustandsstörer zurechenbare Eigentumsbeeinträchtigung dar. Zwar ist eine Störung dem Eigentümer nicht schon allein wegen seines Eigentums zuzurechnen. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass die Beeinträchtigung zumindest mittelbar auch auf seinem Willen beruht (std. Senatsrechtsprechung, vgl. nur, BGHZ 19, 126, 129 f.; 122, 283, 284; 155, 99, 105; Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist jedoch auch dann gegeben, wenn die Störung - wie hier - mit dem maßgebenden Willen desjenigen aufrechterhalten wird, der infolge Eigentumserwerbs die Herrschaft über die störenden Sachen übernommen hat (Senat, BGHZ 29, 314, 317; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, WM 2001, 208; Urt. v.
1. Dezember 2006, V ZR 112/06, Rdn. 12 m.w.N., zur Veröffentlichung bestimmt ; vgl. auch MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, Rdn. 50 f. m.w.N.).
15
bb) Die Eigentumsbeeinträchtigungen braucht das Land nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Dass die Bauten mit seiner Zustimmung errichtet worden sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil es entscheidend darauf ankommt, ob gegenwärtig noch eine schuldrechtliche oder dingliche Grundlage für die Eigentumsbeeinträchtigung gegeben ist (Senatsurt. v. 26. Januar 2007, V ZR 175/06, Rdn. 9 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
16
(1) Aus eigenem Recht steht dem Beklagten keine Duldungspflicht zur Seite. Der mit dem Land geschlossene notarielle Kaufvertrag besteht nicht mehr. Zum Abschluss eines Mietvertrages zwischen den Parteien ist es nicht gekommen.
17
(2) Einer Duldungspflicht aus abgeleitetem Recht entsprechend § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurt. v. 5. Mai 2006, V ZR 139/05, NJW-RR 2006, 1160, 1161 m.w.N.) steht entgegen, dass G. M. die Errichtung der Baulichkeiten nur zum vorübergehenden Verbleib gestattet worden war. Aus dem zwischen dem Land und dem unmittelbaren Rechtsvorgänger des Beklagten , U. B. , geschlossenen Mietvertrags kann der Beklagte schon deshalb nichts für sich herleiten, weil dieser Vertrag Ende 2001 ausgelaufen war.

III.

18
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 03.11.2005 - 13 O 173/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 19.06.2006 - 8 U 263/05 -

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 244/03
vom
29. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Januar 2004 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt Räntsch

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Juli 2003 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 171.200,18 festgesetzt.

Gründe:


I.


Mit notariellem Vertrag vom 30. September 1999 kauften die Kläger von dem Beklagten Wohnungseigentum zum Preis von 371.008 DM. Die Kläger zahlten den Kaufpreis nahezu vollständig und bezogen die Wohnung. Noch vor Eintragung einer Auflassungsvormerkung für die Kläger belastete der Beklagte das Wohnungseigentum mit einer Grunddienstbarkeit, die u.a. die Einrichtung eines Kinderspielplatzes zugunsten der jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zum Gegenstand hat. Die Kläger forderten den Beklagten vergeblich auf, diese Belastung zu beseitigen.

Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen sie den Beklagten auf Schadens- ersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch. Das Landgericht hat ihrer Klage weitgehend stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 171.200,18 um Zug gegen Rückgabe des Wohnungseigentums und Löschung der Auflassungsvormerkung verurteilt. Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil haben die Kläger die Zahlung weiterer 25.117,15 ! nschlußberufung mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung eingelegt hat. Das Oberlandesgericht hat Berufung und Anschlußberufung zurückgewiesen. Es bejaht einen Schadensersatzanspruch der Kläger, hält aber die von den Klägern mit der Berufung weiterverfolgten Positionen nicht für erstattungsfähig, darunter auch deren Aufwendungen für das zur Kaufpreisfinanzierung aufgenommene Darlehen. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die vollständige Klageabweisung.

II.

Die Revision des Beklagten ist nicht zulässig.
Der Statthaftigkeit der Revision des Beklagten steht die fehlende Zulassung des Rechtsmittels entgegen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Insoweit hat das Berufungsgericht die Revision in dem angefochtenen Urteil nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
1. Im Tenor des Berufungsurteils ist die Zulassung der Revision zwar ohne Beschränkung ausgesprochen, in den Entscheidungsgründen führt das Berufungsgericht aber hinsichtlich der Zulassung der Revision aus, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob die "Finanzierungskosten des Kaufpreises als Vertragskosten … nicht erstattungsfähig" seien. Hieraus ergibt sich eine Beschränkung der Revisionszulassung.
a) Die - hier anzuwendende - Neuregelung des Revisionsverfahrens durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses hat nichts an der Möglichkeit geändert, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (Begründung zu § 543 Abs. 2 ZPO-RegE, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 543 Rdn. 33; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 20; vgl. auch Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002, V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721). Auf diese Weise wird eine unnötige Belastung des Revisionsgerichts vermieden (BGHZ 2, 396, 398; 7, 62, 63).
b) Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht von der Möglichkeit einer beschränkten Zulassung der Revision Gebrauch gemacht. Dem steht das Fehlen einer Beschränkung im Tenor des Berufungsurteils nicht entgegen; denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 8. März 1995, VIII ZR 156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486). Entscheidend ist, ob sich aus ihnen eine Beschränkung der Zulassung der Revision mit der gebotenen Deutlichkeit ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 1983, III ZR 119/82, NJW 1984, 615). Hierfür
dürfen sich die Ausführungen nicht lediglich mit einer Begründung für die Zulassung der Revision befassen, vielmehr muß aus den Entscheidungsgründen der Wille des Berufungsgerichts, die Revision in bestimmter Hinsicht zu beschränken , klar und eindeutig hervorgehen (BGHZ 102, 293, 295; BGH, Urt. v. 19. November 1991, VI ZR 171/91, NJW 1992, 1093; Urt. v. 11. Oktober 1994, VI ZR 303/93, NJW 1995, 452, Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, aaO; Senat, Urt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, VIZ 2003, 526, 527). aa) Eine hinreichend klare Beschränkung der Zulassung bejaht der Bundesgerichtshof namentlich dann, wenn sich die von dem Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 16. März 1988, VIII ZR 184/87, NJW 1988, 1778; Urt. v. 3. Mai 1988, VI ZR 276/87, NJW 1989, 774; Urt. v. 30. November 1995, III ZR 240/94, NJW 1996, 527; Urt. v. 16. Januar 1996, XI ZR 116/95, NJW 1996, 926, 927). bb) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die für die Zulassung maßgebende Rechtsfrage der Erstattungsfähigkeit von Finanzierungskosten beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung bezieht sich ausschließlich auf den entsprechenden Rechnungsposten des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Hierbei handelt es sich um einen selbständigen Teil des Streitstoffs. Ein solcher ist insbesondere gegeben, wenn - wie hier der Fall - ein abtrennbarer Teil des Gesamtstreitstoffes einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre (BGH, Urt. v. 16. März 1988, VIII ZR 184/87, NJW 1988, 1778, insoweit in BGHZ 104, 6 nicht abgedruckt). Insoweit ist unerheblich, daß lediglich ein unselbständiger Rechnungsposten (vgl. Senat, Urt. v. 24. September 1999, V ZR 71/99, NJW 1999, 3625) betroffen ist. Auch über ihn hätte das Berufungsgericht durch ein abweisendes Teilurteil entscheiden können, weil diese Position
ziffernmäßig bestimmt und individualisiert ist (vgl. Senat, Urt. v. 21. Februar 1992, V ZR 253/90, NJW 1992, 1769, 1770). 2. Der Teil des Streitstoffs, auf den sich die Zulassung demnach beschränkt , besteht in den 14.408,60 #" $ %" '&( ) * +-, /.0"1 , "e- rung des Kaufpreises aufgenommenen Darlehens als Ersatz für die Zinsen, die Bearbeitungskosten und das "Aufhebungsentgelt" geltend machen. Nachdem das Berufungsgericht die Abweisung der Klage insoweit bestätigt hat, kann die Revision des Beklagten, mit der er sich gegen seine Verurteilung wendet, von der Zulassung der Revision nicht erfaßt sein. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 248/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO n.F. § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2
Eine unwirksame Beschränkung der Zulassung einer Revision durch das
Berufungsgericht führt auch nach § 543 ZPO n.F. dazu, daß allein die
Beschränkung, nicht aber die Zulassung der Revision unwirksam ist mit
der Folge, daß die Revision unbeschränkt zugelassen ist.
BGB a.F. § 276 (Fb)
Eine etwa gegebene Aufklärungspflichtverletzung der Bank, die es unterlassen
hat, den Darlehensnehmer über die Nachteile einer Finanzierung
mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung zu unterrichten,
rechtfertigt keinen Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückabwicklung
des Darlehensvertrages, sondern nur auf Ersatz der durch die
gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages, den er mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung geschlossen hat. Er begehrt die Erstattung gezahlter Zinsen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 37.500,25 (= 73.344,12 DM) nebst Zinsen, die Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehen, die Rückabtretung der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihm alle weiteren im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Ei-
gentumswohnung entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zur Finanzierung des Kaufpreises von 69.215 DM für eine im November 1990 zu Steuersparzwecken erworbene Eigentumswohnung, von 14.542 DM für einen Tiefgaragenplatz und der Nebenkosten nahm der Kläger mit Vertrag vom 19./22. November 1990 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Darlehen über 102.000 DM auf. Die Tilgung des Festdarlehens war zunächst ausgesetzt und sollte über eine gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde dem Kläger nicht erteilt.
Seit Januar 2001 leistet der Kläger auf das Darlehen keine Zahlungen mehr. Er hat seine am 19. November 1990 in den Geschäftsräumen der Beklagten abgegebene auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen und macht geltend, der Vermittler W. B. habe ihn Ende Oktober 1990 mehrfach in seiner Privatwohnung aufgesucht und zum Abschluß der Verträge überredet. Außerdem treffe die Beklagte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden. Insbesondere habe sie es pflichtwidrig unterlassen , auf die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises, die darin "versteckte Innenprovision" sowie auf die Nachteile hinzuweisen, die sich aus einer Finanzierung durch Festkredit und Kapitallebensversicherung ergäben.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Re- vision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A.


Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf etwaige Ansprüche, die dem Kläger aus einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages nach § 3 HWiG zustehen können, beschränkt.
Zwar hat das Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen ausschließlich damit begründet, daß sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) möglicherweise Auswirkungen auf den Anwendungsbereich der nationalen Regelung des § 1 Abs. 1 HWiG ergeben könnten. Zu Recht weist die Revisionserwiderung auch darauf hin, daß sich eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur aus dem Urteilstenor, sondern auch aus der Begründung ergeben kann, die für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 356/98, NJW 2000, 1794, 1796, m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 144, 59 nicht abgedruckt ). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung enthalten
die Urteilsgründe hier aber jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; jeweils m.w.Nachw.). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf Ansprüche aus § 3 HWiG aus, da es sich insoweit nur um eine von mehreren möglichen Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungs- und Freistellungsanspruch handelt.
Bei einer unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung muß das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedruckt). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (MünchKomm-Wenzel, ZPO 2. Aufl., Aktualisierungsband § 543 Rdn. 29; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 16). Dies folgt schon daraus, daß das Revisionsgericht an die Zulassung, soweit sie reicht, gebunden ist (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auch wenn sich die Entscheidung des Berufungsgerichts als fehlerhaft erweist (MünchKommWenzel aaO Rdn. 44).

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Ein Widerruf gemäß § 1 HWiG a.F. scheide aus, da bei Abschluß des Darlehensvertrages eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation im Sinne des § 1 HWiG a.F. nicht mehr vorgelegen habe. Aufklärungspflichten habe die Beklagte nicht verletzt. Ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers müsse sie sich nicht über § 278 BGB zurechnen lassen. Auch ein Einwendungsdurchgriff scheide aus, da Kaufvertrag und Darlehensvertrag kein verbundenes Geschäft seien.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt , daß der Kläger seine zum Abschluß des Darlehensvertrages führende Willenserklärung nicht wirksam gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen hat.


a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einem Widerruf allerdings nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88, WM 1989, 354, 355; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, NJW 2003, 824; jeweils m.w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines die Voraussetzungen des § 1 HWiG a.F. erfüllenden Darlehensvertrages kann bei dem Kreditgeber nicht entstehen, wenn dem Kunden - wie hier - keine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erteilt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, läßt keinen Schluß darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen.

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht in einer Haustürsituation geschlossen. Es fehle angesichts des zeitlichen Abstands von rund drei Wochen zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung des Klägers im Oktober 1990 und dem in den Räumen der Bank gestellten Antrag auf Gewährung eines Darlehens am 19. November 1990 sowie angesichts des zwischenzeitlich vom Kläger abgegebenen notariell beurkundeten Angebots zum Abschluß des
Kaufvertrages an der Fortdauer des Überrumpelungseffekts, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz schützen wolle.
Zwar setzt § 1 Abs. 1 HWiG a.F. nicht den Abschluß des Vertrages in der Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich war. Auch wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (BGHZ 131, 385, 392 m.w.Nachw.). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluß durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGHZ 123, 380, 393 m.w.Nachw.), ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (Senatsurteile vom 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Einen konkreten Verfahrensfehler zeigt die Revision nicht auf, sondern wendet sich unbehelflich gegen die tatrichterliche Würdigung.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) ist insoweit ohne Bedeutung. Der Europäische Gerichtshof hat darin zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäfts-
räumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985) keine Stellung genommen, sondern eine Haustürsituation im Sinne dieser Richtlinie vorausgesetzt (aaO S. 2436).
2. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verneint hat.

a) Eine kreditgebende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, daß die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18. April 1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895, 898; Senatsurteile
vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217, vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902, vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise die Annahme einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten rechtfertigen würden. Auch die Revision zeigt solche Umstände nicht auf.
aa) Ihr Einwand, das Berufungsgericht hätte angesichts eines weit überteuerten Kaufpreises, der doppelt so hoch wie der Wert der Wohnung gewesen sei, eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs bejahen müssen, greift nicht. Wie auch die Revision nicht verkennt, begründet ein Wissensvorsprung der Bank darüber, daß der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428, vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563, vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679 und Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 sowie vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen.

Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 m.w.Nachw., vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision aber nicht der Fall. Nicht jedes , auch nicht jedes auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann von einem besonders groben Mißverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 298, 302 ff. m.w.Nachw.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Ein solches Mißverhältnis bestand hier aber nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers nicht. Einem Wert der Eigentumswohnung von mindestens 38.000 DM stand danach ein Kaufpreis von 69.215 DM gegenüber. Die hieraus folgende Überteuerung von rund 80% genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Feststellung der Sittenwidrigkeit allein nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Der Hinweis der Revision auf den Gesamtkaufpreis von 83.757 DM rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Von diesem Betrag entfielen nämlich ausweislich des
notariellen Kaufvertrages 14.542 DM auf den Kauf eines Tiefgaragenstellplatzes.
bb) Die Beklagte war auch nicht wegen einer im Kaufpreis enthal- tenen "versteckten Innenprovision" aufklärungspflichtig. Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen ist das finanzierende Kreditinstitut grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über eine im finanzierten Kaufpreis enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, daß die Bank - anders als hier - von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, Umdruck S. 8 ff.; so für den Immobilienverkäufer auch BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, Umdruck S. 5 ff.).
Der Hinweis der Revision auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. März 1999 (1 StR 50/99, NStZ 1999, 555 f.) geht fehl. Der 1. Strafsenat hat dort lediglich eine Verurteilung von Vertriebsmitarbeitern wegen Betrugs aufgehoben, weil ein Vermögensschaden der Anleger nicht ordnungsgemäß festgestellt worden war. Für die Aufklärungspflicht einer kreditgebenden Bank ist die Entscheidung ohne Bedeutung, so daß eine von der Revision angeregte Anrufung der Vereinigten Großen Senate nicht in Betracht kommt.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte ihre Auf- klärungspflichten auch nicht dadurch verletzt, daß sie nicht auf etwaige wirtschaftliche Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch Festkredit kombiniert mit einer neu abgeschlossenen Lebensversicherung hingewiesen hat.
Die Bank ist im Regelfall nicht gehalten, den Kreditsuchenden von sich aus auf mögliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der von ihm gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in den Fällen, in denen sie dem Kunden anstelle eines von ihm gewünschten üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem der verfolgte Zweck ebensogut erreichbar ist (Senatsurteil BGHZ 111, 117, 120; BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, WM 1989, 665, 666). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Abgesehen davon hat der insoweit darlegungs - und beweispflichtige Kläger die wirtschaftlichen Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Annuitätenkredit nicht substantiiert dargetan (zu dieser Voraussetzung vgl. OLG Köln WM 2000, 127, 129). Die pauschale , ohne jeden Bezug zum konkreten Fall aufgestellte Behauptung, die gewählte Finanzierung sei um 1/3 teurer als ein Annuitätendarlehen, reicht hierfür nicht.
Überdies könnte eine etwaige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten grundsätzlich nicht zu der vom Kläger begehrten Rückabwicklung des Darlehensvertrages, sondern nur zum Ersatz der Vermögensdifferenz, also des Schadens führen, dessen Eintritt die Ein-
haltung der Pflicht verhindern sollte (Senatsurteile BGHZ 116, 209, 213 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/01, Umdruck S. 10; BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, ZIP 2003, 806 f. m.w.Nachw.). Der Klä- ger könnte danach allenfalls die durch eine ungünstige Finanzierung entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, aaO S. 667).
3. Die Beklagte muß sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ein Fehlverhalten des Vermittlers B. durch unrichtige Erklärungen über den Wert und die Rentabilität der Eigentumswohnung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

III.


Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Wassermann Mayen Appl

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 4/06 Verkündet am:
12. Dezember 2006
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Revision kann grundsätzlich nicht auf eine erfolgte Übertragung auf den Einzelrichter
gestützt werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt bei verfassungskonformer
Auslegung von § 526 Abs. 3 ZPO nur unter den engen Voraussetzungen
der Willkür in Betracht.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 4/06 - LG Lüneburg
AG Celle
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. November 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Am 3. Juni 2003 kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem der PKW der Klägerin, den ihr Ehemann fuhr, und der bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherte PKW der Beklagten zu 1, dessen Fahrerin und Halterin sie selbst war, beschädigt wurden. Die Klägerin hat von den Beklagten vollen Ersatz ihres Schadens verlangt und Zahlung von 1.685,54 € begehrt. Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage von der Klägerin und deren Ehemann sowie dem Haftpflichtversicherer (als Drittwiderbeklagten) hälftigen Ersatz ihres Schadens von insgesamt 2.003,00 € verlangt und Zahlung von 1.001,50 € begehrt. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme der Widerklage in vollem Umfang und der Klage in Höhe von 829,27 € stattgegeben und dabei jeweils eine Haftungsquote von 50 % zugrunde gelegt. Gegen dieses Urteil hat nur die Klägerin Berufung eingelegt und ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Landgericht hat im ersten Termin als Kollegium über die Sache verhandelt und den Rechtsstreit später "im vermuteten Einverständnis der Parteien" der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Diese hat nach weiterer Beweisaufnahme eine Haftungsquote von 80 % zum Nachteil der Beklagten bejaht und diese als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 663,42 € verurteilt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht bejaht die Zulässigkeit der Berufung und meint, es sei unschädlich, dass ein Rechtsmittel nur hinsichtlich der teilweisen Klageabweisung , nicht aber auch hinsichtlich der stattgebenden Entscheidung über die Widerklage eingelegt worden sei, denn hierbei handele es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Zur Klärung dieser Rechtsfrage hat es die Revision zugelassen. In der Sache ist es der Auffassung, dass die Beklagte zu 1 den Verkehrsunfall überwiegend verschuldet habe und die Klägerin sich lediglich die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs mit einer Quote von 20 % anrechnen lasse müsse.

II.

3
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision stand.
4
1. Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung beschränken wollte, da eine solche Beschrän- kung jedenfalls unzulässig wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Revision nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbstständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278; BGH, Urteile vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - VersR 2003, 1396, 1397; vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02 - NJW-RR 2003, 1192, 1193 und vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02 - NJW-RR 2004, 426 f.). Auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung kann die Revision nicht wirksam beschränkt werden (BGH, Urteile vom 6. Mai 1987 - IVb ZR 52/86 - NJW 1987, 3264; vom 3. Mai 2001 - XII ZR 62/99 - NJW 2001, 2259 und vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - VersR 2006, 427, 428; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 543, Rn. 10; Albers in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 543, Rn. 10; a.A.: Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 546, Rn. 28; Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 543, Rn. 11). Zwar kann über die Zulässigkeit der Berufung durch Zwischenurteil nach § 303 ZPO entschieden werden; dieses ist jedoch nicht selbstständig, sondern nur zusammen mit dem Endurteil anfechtbar (BGHZ 102, 232, 234). Soweit es danach an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung fehlt, ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam. Das bedeutet, dass die Revision in einem solchen Fall unbeschränkt zugelassen ist (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 4. April 2006 - VI ZR 151/05 - VersR 2006, 931; BGH, Urteile vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38, insoweit nicht in BGHZ 88, 85 abgedruckt; vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - aaO und vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - z. V. b.).
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2. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass die Einzelrichterin nicht befugt gewesen sei, anstelle des Kollegiums zu entscheiden, weil bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden sei (§ 526 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Nach § 526 Abs. 3 ZPO kann ein Rechtsmittel nicht auf eine erfolgte Übertragung auf den Einzelrichter gestützt werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Übertragungsbeschluss unanfechtbar sein (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 99). Die Revision kann daher nicht mit der Verfahrensrüge begründet werden, das Berufungsgericht habe die Voraussetzungen von § 526 Abs. 1 ZPO verkannt oder es liege ein Fehlgebrauch des Ermessens vor (Meyer-Seitz in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPOReform 2002 mit Zustellungsreformgesetz, § 526 ZPO, Rn. 15; Wieczorek /Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 526, Rn. 20; MünchKomm ZPO/Rimmelspacher, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 526, Rn. 33; HKWöstmann , ZPO, § 526, Rn. 11; vgl. aber Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 526, Rn. 12; Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 526 Rn. 9). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt bei verfassungskonformer Auslegung von § 526 Abs. 3 ZPO nur unter den engen Voraussetzungen der Willkür in Betracht , da in einem solchen Fall eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter und damit ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gegeben wäre (Wieczorek/Schütze/Gerken, aaO). Dies wird von der Revision nicht geltend gemacht und ist vorliegend auch nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob ein Verstoß gegen § 526 Abs. 1 Nr. 4 ZPO durch Rügeverzicht geheilt werden kann (vgl. BGHZ 147, 397, 400).
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3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei trotz der Beschränkung auf den Urteilsausspruch zur Klage zulässig, begegnet keinen Bedenken und wird von den Parteien im Revisionsrechtszug auch nicht mehr in Zweifel gezogen.
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a) Wie sich schon aus § 520 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ergibt, muss der Berufungskläger die ihm nachteilige erstinstanzliche Entscheidung nicht in vollem Umfang seiner Beschwer angreifen. Er kann das Rechtsmittel auf abgrenzbare Teile beschränken. So kann die Anfechtung auf einen von mehreren Streitge- genständen, aber auch auf einen quantitativ abgegrenzten Teil des Streitgegenstandes begrenzt werden (Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 520, Rn. 29). Bei einander gegenüberstehenden Ansprüchen ist eine Beschränkung der Anfechtung auf den einen oder anderen Anspruch zulässig, mag die Gegenforderung im Wege der Zurückbehaltung, der Aufrechnung oder der Widerklage geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - VIII ZR 294/99 - NJW-RR 2001, 1572 m.w.N.). Das gilt auch, wenn Gegenstand von Klage und Widerklage Forderungen aus demselben Lebenssachverhalt wie z.B. einem Verkehrsunfall sind. Dem steht nicht entgegen, dass bei einer Teilanfechtung die Entscheidung über den nicht angegriffenen Teil in Rechtskraft erwächst, denn diese erfasst nicht den Rest der geltend gemachten Ansprüche. Nach § 322 Abs. 1 ZPO reicht die Rechtskraft eines Urteils so weit, als über den erhobenen (prozessualen ) Anspruch entschieden ist. Sie beschränkt sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, d.h. auf die Rechtsfolge, die auf eine Klage oder Widerklage aufgrund eines bestimmten Sachverhalts bei Schluss der mündlichen Verhandlung den Entscheidungssatz bildet. Einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut, werden dagegen von der Rechtskraft nicht erfasst (Senatsurteil vom 5. Juli 1977 - VI ZR 268/75 - VersR 1978, 59 f.; BGH, Urteile vom 12. Dezember 1975 - IV ZR 101/74 - NJW 1976, 1095 und vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - NJW 1983, 2032).
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b) Erwächst ein Urteil über zwei mit Klage und Widerklage geltend gemachte gegenseitige Ansprüche aus einem Verkehrsunfall nur hinsichtlich eines dieser Ansprüche in Rechtskraft, tritt dadurch hinsichtlich des Gegenanspruchs keine Bindungswirkung ein. Bei der Entscheidung über den noch anhängigen Anspruch kann das Gericht, wenn es zu einer anderen Bewertung des Lebenssachverhalts gelangt, eine von der Begründung des früheren Urteils abweichende Entscheidung treffen. Das gilt insbesondere für die Bemessung der Haf- tungsquote im Rahmen der gemäß §§ 254 Abs. 1 BGB, 17 Abs. 1 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile. Dem steht nicht entgegen, dass bei der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ein Teilurteil gemäß § 301 Abs. 1 ZPO grundsätzlich auch dann nicht ergehen dürfte, wenn es eine Frage entscheiden würde, die sich im weiteren Verfahren über einen anderen Anspruch noch einmal stellt, wenn es sich dabei nur um eine Vorfrage handelt, die nicht in Rechtskraft erwächst (BGH, Urteil vom 28. November 2002 - VII ZR 270/01 - NJW-RR 2003, 303 f. m.w.N.). § 301 Abs. 1 ZPO regelt allein die Zulässigkeit gerichtlicher Entscheidungen. Aus dieser Vorschrift lässt sich eine Beschränkung der Dispositionsbefugnis der Parteien (vgl. §§ 253, 308, 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht herleiten.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Celle, Entscheidung vom 21.03.2005 - 11 C 677/04 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.11.2005 - 3 S 40/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 84/04 Verkündet am:
8. Oktober 2004
Kanik
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Am 26. Februar 2002 stürzte ein ca. 15 m bis 18 m hoher Walnußbaum, der auf dem Grundstück der Beklagten stand, bei windigem Wetter um und fiel teilweise auf das Grundstück des Klägers. Dort wurden Pflanzen und Rankelemente beschädigt.
Mit der Behauptung, der Baum sei mit über 80 Jahren überaltert und erkrankt gewesen, er habe spätestens seit dem Jahr 2000 verschiedene auf einen Krankheitsbefall hindeutende Anzeichen wie schütteres Blattwerk, abgestorbene Äste, eingetrocknete Blattknospen, ausgetrocknete R inde, braune
trockene Stellen unter der teilweise abgefallenen Rinde und starker Rückgang von Menge und Größe der Früchte aufgewiesen, was die Beklagten hätten erkennen können, verlangt der Kläger von den Beklagten die Zahlung von 1.223,80 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht sie - nach Beweisaufnahme - abgewiesen.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, de ren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, dem Kläger stehe kein delikt srechtlicher Schadensersatzanspruch zu, weil den Beklagten keine Verletzung der ihnen hinsichtlich des Baumes obliegenden Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen sei. Für sie habe bis zum Umstürzen des Baumes kein Anlaß bestanden, ihn durch einen Fachmann untersuchen zu lassen und gegebenenfalls daran anschließend besondere Maßnahmen zur Sicherung oder Entfernung des Baumes zu treffen. Die von dem Kläger behaupteten Krankheitserscheinungen - mit Ausnahme der angeblich abgefallenen Rinde - seien aus der Sicht eines Laien keine Anzeichen für einen Krankheitsbefall. Ein teilweises Abfallen der Baumrinde habe der Kläger nicht bewiesen.
Das Berufungsgericht verneint auch einen nachbarrechtliche n Ausgleichsanspruch des Klägers. Die Beklagten seien nicht Störer hinsichtlich der durch das Umstürzen des Baumes bei dem Kläger eingetretenen Eigentumsbeeinträchtigung. Diese sei durch ein Naturereignis, nämlich durch Windeinwirkung entstanden; das könne den Beklagten nicht zugerechnet werden. Daß sie den - zunächst gesunden und widerstandsfähigen - Baum auf ihrem Grundstück stehen ließen, begründe keine Störereigenschaft, denn von gegenüber normalen Einwirkungen der Naturkräfte hinreichend widerstandsfähigen Bäumen gehe keine Gefahr für das Nachbargrundstück aus. Auch wenn man zugunsten des Klägers unterstelle, der Baum habe vor dem Umstürzen infolge Überalterung oder Krankheit seine ursprüngliche Widerstandskraft gegen starke Windeinwirkung eingebüßt, ergebe sich kein anderes Ergebnis. Denn ein solcher Verlust der Widerstandskraft habe nur durch eine fachmännische Untersuchung festgestellt werden können, zu der die Beklagten rechtlich nicht verpflichtet gewesen seien.
Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Die Revision ist insgesamt zulässig. Entgegen der von dem P rozeßbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung läßt sich dem Berufungsurteil nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, daß das Berufungsgericht die Revision beschränkt auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch zulassen wollte.
1. Nach der Entscheidungsformel des Berufungsurteils hat das Berufungsgericht die Revision unbeschränkt zugelassen, denn sie enthält keinen einschränkenden Zusatz. Allerdings kann sich die Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (siehe nur BGHZ 153, 358, 360 m.w.N.). Sie muß dann jedoch eindeutig daraus hervorgehen (vgl. BGH, Urt. v. 5. Februar 1998, III ZR 103/97, WM 1998, 870, 871). Daran fehlt es hier.
2. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, "weil - mit Blick auf die vorzitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf - eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bei der Beurteilung von Fällen der vorliegenden, nicht ganz selten vorkommenden Art erforderlich erscheint". Daß hierin eine Beschränkung der Zulassung auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch und nicht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision hätte liegen sollen, ist nicht zum Ausdruck gekommen. Denn das Berufungsgericht hat - auch nicht mit dem Hinweis auf die in ZMR 2003, 917 abgedruckte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf - keine Rechtsfrage formuliert, deretwegen es die Revision zugelassen hat. Es hat vielmehr ganz allgemein die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen für notwendig erachtet. Damit ist die Revision unbeschränkt zugelassen.

III.


1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen verschuldensa bhängigen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten
wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) verneint. Zu seiner Auffassung ist es, wie der Kläger mit Erfolg rügt, verfahrensfehlerhaft gelangt, weil es insoweit seiner Entscheidung nur die - entgegen §§ 160 Abs. 3 Nr. 4, 161 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht protokollierten - Aussagen der Zeugen und des Sachverständigen zu den von dem Kläger behaupteten erkennbaren Krankheitszeichen zugrunde gelegt hat. Es ist jedoch dem weiteren - beweisbewehrten - Vortrag des Klägers nicht nachgegangen, daß der Baum bei ordnungsgemäßem Beschnitt widerstandsfähiger gewesen und auch bei starkem Wind nicht umgestürzt und daß bei einem Beschnitt durch ein Fachunternehmen der Krankheitszustand des Baumes aufgefallen wäre. Treffen diese Behauptungen zu, waren die Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht verpflichtet, ausreichende Maßnahmen gegen das Umstürzen des Baumes zu ergreifen.

a) Der Eigentümer eines Grundstücks hat im Rahmen des Mö glichen dafür zu sorgen, daß von den dort stehenden Bäumen keine Gefahr für andere ausgeht, der Baumbestand vielmehr so angelegt ist, daß er im Rahmen des nach forstwissenschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere auch gegen Umstürzen aufgrund fehlender Standfestigkeit gesichert ist (Senat, Urt. v. 21. März 2003, V ZR 319/02, NJW 2003, 1732, 1733 m.w.N.; Urt. v. 2. Juli 2004, V ZR 33/04, Umdruck S. 5 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]). Danach waren die Beklagten nicht nur verpflichtet , den Baum in angemessenen Abständen auf Krankheitsbefall zu überwachen (Senat, Urt. v. 2. Juli 2004, Umdruck S. 8), sondern auch solche Pflegemaßnahmen vorzunehmen, welche für das Beibehalten der Standfestigkeit notwendig waren. Falls sich dabei Krankheitszeichen gezeigt hätten, wäre eine eingehende fachmännische Untersuchung des Baumes erforderlich gewesen;
wenn dabei die mangelnde Standfestigkeit erkannt worden wäre, hätten rechtzeitig geeignete Maßnahmen gegen ein Umstürzen ergriffen werden müssen (Senat, Urt. v. 2. Juli 2004, aaO).

b) Das alles haben die Beklagten nicht getan, obwohl e in anderer Nachbar sie - unstreitig - zu einem Beschnitt des Baumes aufgefordert hatte. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß sie die Gefahr einer Beschädigung des Nachbargrundstücks sorgfaltswidrig nicht erkannt haben.
2. Fehlerhaft hat das Berufungsgericht auch einen verschu ldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog verneint.

a) Allerdings hat es die Begründetheit der Klage zu R echt auch unter diesem Gesichtspunkt geprüft. Zwar hat der Kläger einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch, der selbständig neben dem deliktsrechtlichen Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB steht (Senat, BGHZ 120, 239, 249; 155, 99, 107 f.), bisher nicht ausdrücklich geltend gemacht. Aber beide Ansprüche werden von der auf Ersatz aller durch das Umstürzen des Baumes entstandenen Schäden gerichteten Klage erfaßt, sind also auch Streitgegenstand geworden. Da der vorgetragene Sachverhalt den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch von vornherein mit erfaßt, liefe ein das Rechtsschutzziel auf die unerlaubte Handlung beschränkende Auslegung des Klagebegehrens dem erkennbaren Rechtsschutzwillen des Klägers zuwider. Denn beide prozessualen Ansprüche verfolgen trotz ihrer Unterschiedlichkeit das gleiche prozessuale Ziel und konkurrieren nicht miteinander (Senat, Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 48/96, WM 1997, 2262, 2263 m.w.N.).


b) Jedoch hat die Begründung des Berufungsgerichts, mit der es den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch verneint hat, keinen Bestand. Es hat die Voraussetzungen, unter denen die Beklagten als Störer angesehen werden können, verkannt.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, i nsbesondere des Senats (siehe nur Senat, Urt. v. 21. März 2003, V ZR 319/02, NJW 2003, 1732, 1733 m.w.N.), ist der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gem. § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden. Danach kommt hier ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Beeinträchtigung in Betracht , die infolge faktischen Duldungszwangs nicht rechtzeitig verhindert werden konnte. Ein solcher Zwang kann sich u.a. daraus ergeben, daß der Betroffene die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte. So liegt es hier. Dem Kläger war es vor dem Umstürzen des Baumes nicht möglich, gegen die Beklagten mit Erfolg den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen. Denn eine von dem Baum ausgehende Gefahr der ernsthaft drohenden Beeinträchtigung seines Grundstücks, die ein Einschreiten erforderte (vgl. Senat, BGHZ 155, 99, 106), war für ihn nicht erkennbar.
bb) Dem steht nicht etwa der Vortrag des Klägers in de n Tatsacheninstanzen entgegen, in welchem er den Beklagten die schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen hat, weil sie trotz erkennbarer Krankheitszeichen untätig geblieben sind. Dem kann nicht entnommen werden, daß der Kläger selbst Krankheitszeichen und die mangelnde Standfestigkeit des Baumes erkannt hatte, so daß er gegen die Beklagten nach § 1004 Abs. 1 BGB hätte vorgehen können und somit keinem faktischen Duldungszwang unterlegen gewesen wäre. Das hätte zum Ausschluß des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs geführt (Senat, Urt. v. 21. März 2003, aaO). Daß der Kläger insoweit zu seinem Nachteil vortragen wollte, ist nicht anzunehmen. Sein bisheriger Vortrag bezieht sich vielmehr nur auf den deliktsrechtlichen Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB. Unter dem Gesichtspunkt der hier gegebenen alternativen Klagenhäufung (Senat, Urt. v. 4. Juli 1997, aaO) ist es ihm jedoch nicht verwehrt, einerseits zu dem deliktsrechtlichen Anspruch die Erkennbarkeit von Krankheitszeichen an dem Baum vorzutragen und andererseits hinsichtlich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs davon abzurücken, zumal auch die Beweisaufnahme derartige Anzeichen nicht ergeben hat.
3. Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es muß den von dem Kläger angebotenen Sachverständigenbeweis zu den bisher übergangenen Behauptungen erheben und sodann über den deliktsrechtlichen Anspruch neu entscheiden. Falls es diesen Anspruch wiederum verneint, wird es auch die Entscheidung über den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch neu treffen müssen. Dabei wird es die neuere Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigen haben, wonach der Eigentümer, der auf seinem Grundstück ei-
nen Baum unterhält, welcher allein infolge seines Alters auf das Nachbargrundstück stürzen kann, Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB ist (Senat, Urt. v. 21. März 2003, aaO), und wonach durch Naturereignisse ausgelöste Störungen dem Eigentümer zugerechnet werden können, wenn sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine "Sicherungspflicht" , also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen ergibt. Hierfür ist u.a. entscheidend, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, NJW 2004, 1037, 1039 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen]). Unter diesen Gesichtspunkten, zu welchen die Parteien noch ergänzend vortragen können, kann sich eine Verantwortlichkeit der Beklagten für das Umstürzen des Baumes ergeben.
Wenzel Tropf Lemke
Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 45/04 Verkündet am:
3. März 2005
Preuß,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist die von dem Berufungsgericht als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage aus
seiner Sicht nur für einen Teil der Klageforderung von Bedeutung, kann sich aus
den Entscheidungsgründen die Beschränkung der Zulassung der Revision auf den
hiervon berührten Teil der Klageforderung ergeben.
BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 45/04 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Kayser, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 22. Januar 2004 wird als unzulässig verworfen.
Damit verliert die Anschlußrevision der Beklagten ihre Wirkung.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Januar 2000 er öffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese war Komplementärin der selbst nicht von der Insolvenz betroffenen H. & Co. GmbH KG (fortan: KG). Die Schuldnerin und die KG unterhielten mehrere Konten bei der Beklagten. Auf dem Konto der KG war ein Betriebsmittelkredit verbucht, den die Beklagte der Schuldnerin, der KG und dem Geschäftsführer der Schuldnerin, der zu-
gleich Kommanditist der KG ist, bewilligt hatte und den sie in Höhe der in Anspruch genommenen Kreditsumme von 1.107.626,29 DM mit Schreiben vom 18. Oktober 1999 zum 5. November 1999 fällig stellte. Mit Beschluß vom 21. Oktober 1999 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter, beauftragte ihn mit der Sicherung und Erhaltung des Vermögens der Schuldnerin und ordnete gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO einen allgemeinen Zustimmungsvorbehalt an. Mit Faxschreiben vom selben Tag forderte der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf seine Bestellung zum vorläufigen Verwalter auf, alle für die Schuldnerin auf dem Konto der KG eingehenden Zahlungen auf das für das Insolvenzeröffnungsverfahren eingerichtete näher bezeichnete Sonderkonto weiterzuleiten.
In der Folgezeit versandte die Schuldnerin an ihre Kun den teilweise weiterhin Rechnungen, in denen das Konto der KG bei der Beklagten angegeben war. Zwischen dem 21. Oktober 1999 und dem 19. Juni 2000 verbuchte die Beklagte auf diesem Konto Zahlungseingänge in Höhe von 317.571,04 DM und verrechnete sie mit dem dort bestehenden Debetsaldo. Diesen Betrag hat der Kläger abzüglich einer Zahlung von 1.086 DM von der Beklagten beansprucht, weil die Zahlungseingänge der Schuldnerin gebührten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberland esgericht hat ihr in Höhe von (67.772,32 € + 6.874,19 € =) 74.646,51 € stattgegeben. Ausweislich der Empfängerbezeichnungen seien die Zahlungseingänge in dieser Höhe zweifelsfrei für die Schuldnerin bestimmt gewesen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen, weil der Nachweis einer für die Beklagte eindeutig erkennbaren Bezeichnung der Zahlungsempfänger nicht erbracht sei. Die Zurückweisung der Berufung betrifft ferner eine am 21. Oktober 1999 ein-
gegangene Überweisung sowie am gleichen Tag erfolgte Vorbehaltsgutschriften zweier Schecks über (1.052 € + 24.599,84 € =) 25.651,84 €. Die Revision des Klägers richtet sich nur gegen die Zurückweisung der Berufung betreffend die Scheckgutschriften. Die Beklagte erstrebt mit der Anschlußrevision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Der Statthaftigkeit der Revision des Klägers steht die f ehlende Zulassung des Rechtsmittels entgegen (§ 543 Abs. 1 ZPO). Insoweit hat das Berufungsgericht die Revision in dem angefochtenen Urteil nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Damit verliert die unselbständige Anschlußrevision ihre Wirkung (§ 554 Abs. 4 ZPO).

I.


Der Entscheidungssatz des Berufungsurteils enthält zwar kein en Zusatz, durch den die Zulassung der Revision eingeschränkt wird. In den Entscheidungsgründen führt das Berufungsgericht jedoch hinsichtlich der Zulassung der Revision aus, eine grundsätzliche Bedeutung liege in der Frage, "ob bei einer Divergenz von Empfängerbezeichnung und Kontonummer auch im beleglosen Überweisungsverkehr die Empfängerbezeichnung maßgeblich" sei. Hieraus ergibt sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Teile des prozessualen Anspruchs, bezüglich derer die Rechtsfrage zu Lasten der Beklagten entscheidungserheblich geworden ist.

1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sin d für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils heranzuziehen (BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 360; BGH, Urt. v. 12. November 2003 - XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324; Beschl. v. 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366; Urt. v. 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264; v. 28. Oktober 2004 - VII ZR 18/03, z.V.b.). In diesen Fällen ist jedoch erforderlich, daß sich die Beschränkung der Zulassung klar ergibt; der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als unzureichend angesehen, wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, daß es die Zulassung der Revision auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstandes hat beschränken wollen (BGHZ 153, 358, 361 m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
2. Im Streitfall liegt in dem Hinweis des Berufungsge richts auf die Streitfrage zur Divergenz von Empfängerbezeichnung und Kontonummer nicht nur eine Begründung, sondern eine hinreichend klar zum Ausdruck gekommene Beschränkung der Zulassung.

a) Das Berufungsgericht hat Zahlungsansprüche des Klägers in Höhe von 74.646,51 € aus Anfechtung (§§ 129, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO) und Auftrag (§§ 667, 675 BGB) durchgreifen lassen. Aus seiner Sicht war entscheidungserheblich , ob die Zahlungseingänge nach dem Inhalt der Überweisungsaufträge für die Insolvenzschuldnerin bestimmt waren, was sich nur aus der Empfängerbezeichnung in den Überweisungsaufträgen ergeben konnte. Das Berufungsgericht hat hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ge-
sehen: Für den beleggebundenen Überweisungsverkehr sei anerkannt, daß bei einer Divergenz von Empfängerbezeichnung und Kontonummer die Empfängerbezeichnung maßgeblich sei, weil der Name eine wesentlich sicherere Individualisierung ermögliche. Allerdings habe sich die Beklagte des beleglosen Überweisungsverkehrs bedient, bei dem die in der Belegform eingereichten Überweisungsaufträge automatisch eingelesen und lediglich die Daten an die Empfängerbank weitergeleitet würden (EZÜ-Verfahren). Für diese Art des Zahlungsverkehrs sei umstritten, ob es auf die Kontonummer oder die Empfängerbezeichnung ankomme. Den Vorzug verdiene die zweitgenannte Auffassung, der sich der Senat anschließe. Für die mit der Revision angegriffene Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Scheckzahlungen waren aus Sicht des Berufungsgerichts andere Erwägungen als die Bestimmung der Empfängerzuständigkeit im EZÜ-Verfahren maßgeblich: Die entsprechenden Gutschriften auf dem Konto der KG seien am 21. Oktober 1999, mithin erst "am Tag der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens" erfolgt. An diesem Tage habe die Beklagte von dem Kläger die Weisung erhalten, die Zahlungen auf das Sonderkonto umzuleiten. Dessen Faxschreiben sei erst um 16.32 Uhr abgesandt worden. Zugunsten der Beklagten sei davon auszugehen, daß ihr bei Vornahme der Buchung die Weisung noch nicht bekannt gewesen sei.

b) Bei einer Gesamtschau der Entscheidungsgründe ergibt sich auf der Grundlage dieser Begründung der Wille des Berufungsgerichts, die Revision auf den zugesprochenen Teil der Klage zu beschränken. Eine hinreichend klare Beschränkung bejaht der Bundesgerichtshof namentlich dann, wenn sich die von dem Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (BGHZ 48, 134, 136; 153, 358, 362; BGH, Urt. v. 16. Januar 1996 - XI ZR 116/95, NJW
1996, 926, 927; Beschl. v. 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366).
Das ist hier der Fall. Die Streitfrage, die das Beruf ungsgericht geklärt wissen wollte, ob es nämlich auch im belegfreien Überweisungsverkehr (EZÜVerfahren ) hinsichtlich der Bestimmung des Zahlungsempfängers vorrangig auf die in den Überweisungsaufträgen vermerkte Empfängerbezeichnung ankommt , stellte sich nur hinsichtlich des zugesprochenen Teils der Klage. Die übrigen Überweisungen wiesen nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Schuldnerin als Zahlungsempfängerin aus. Für den von dem Kläger weiterverfolgten Anspruch wegen der von der Beklagten eingezogenen Schecks wurde die Streitfrage aus Sicht des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich, weil nach seiner tatrichterlichen Würdigung die Beklagte bei Vornahme der Buchung die Weisung des Klägers noch nicht erhalten hatte. Es ist deshalb davon auszugehen, daß das Berufungsgericht die Revision nur insoweit zulassen wollte, als sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung wegen der von ihr im EZÜ-Verfahren eingezogenen Beträge wenden würde.

c) Eine Beschränkung mit diesem Inhalt ist zulässig. Es ist m öglich, die Revision hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zuzulassen, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. BGHZ 101, 276, 278; BGH, Urt. v. 5. November 2003 - VIII ZR 320/02, WM 2004, 853; v. 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264, 3265). Dies ist hier hinsichtlich des zugesprochenen Teils der Klageforderung ohne Zweifel der Fall.
3. Hat das Berufungsgericht die Revision - wie hier - w irksam mit Beschränkung auf eine bestimmte Rechtsfrage zugelassen, so wirkt die Zulassung nicht für die Partei, zu deren Gunsten die Rechtsfrage entschieden ist. Dies gilt auch dann, wenn sie das Urteil aus einem völlig anderen Grunde anzugreifen beabsichtigt (BGH, Urt. v. 5. November 2003 - VIII ZR 320/02, aaO). Die Frage der Bestimmung des Zahlungsempfängers im EZÜ-Verfahren hat das Berufungsgericht entsprechend der Auffassung des Klägers in dem Sinne entschieden, daß auf den in dem Überweisungsauftrag genannten Empfangsberechtigten und nicht auf den Inhaber des mitgeteilten Empfängerkontos abzustellen ist. Die von dem Kläger eingelegte Revision ist deshalb unzulässig.

II.


Damit erledigt sich auch die - unselbständige - Anschlußr evision (§ 554 Abs. 4 ZPO). Verliert sie ihre Wirkung dadurch, daß die Revision - wie hier - als unzulässig verworfen wird, sind die Kosten des Revisionsverfahrens verhältnismäßig zu verteilen (BGHZ 80, 146, 147, 149). Dies führt zu der ausgesprochenen Kostenquotelung.
Fischer Kayser Vill
Cierniak Lohmann

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 142/04 Verkündet am:
4. Februar 2005
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Beseitigungspflicht des für eine Bodenkontamination auf dem Nachbargrundstück
Verantwortlichen ist nicht auf das Abtragen und Entsorgen des verunreinigten
Erdreichs beschränkt, sondern umfaßt auch die anschließende Wiederherstellung
des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks.
BGH, Urt. v. 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - LG Aurich
AG Aurich
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Februar 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 28. Mai 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am Abend des 30. Juni 2002 trat unter nicht näher geklärten Umständen in einem auf dem Grundstück des Beklagten stehenden Schuppen eine kohlenwasserstoffhaltige Flüssigkeit aus, die sich auf dem den Klägern gehörenden Nachbargrundstück ausbreitete. Die hierdurch verunreinigten Gehwegplatten , Kantensteine und Bodenschichten wurden auf Veranlassung der zuständigen Ordnungsbehörde entfernt; dabei wurden zahlreiche Pflanzen zerstört. Durch die Wiederherstellung ihres Grundstücks sind den Klägern Kosten in Höhe von 910,38 € entstanden, deren Erstattung sie von dem Beklagten verlangen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision
verfolgen die Kläger ihre Klage weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch der Kläger nach § 823 Abs. 1 BGB, weil nicht erwiesen sei, daß der Beklagte die Bodenverunreinigung verschuldet habe. Auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 684 BGB in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB stehe den Klägern nicht zu. Die über die Beseitigung der Bodenverunreinigung hinausgehende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks sei von dem Abwehranspruch nicht umfaßt. Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nur im Ergebnis stand.

II.

1. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Eigentümer , der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, weil er ein Geschäft des Störers besorgt hat (§§ 683, 684 BGB) oder - wenn sich die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen - weil der Störer unter Ersparung eigener Aufwendungen von seiner Be-
seitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt bereichert ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 98, 235, 240; 110, 313, 314 f.; 142, 227, 237; Senat, BGHZ 60, 235, 243; 97, 231, 234; 106, 142, 143; zuletzt Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604) und der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur (Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 69; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 90; Palandt /Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 1004 Rdn. 30; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 118; Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 12 Rdn. 22; Larenz /Canaris, Schuldrecht II/2, 13. Aufl., S. 701; Wolf, Sachenrecht, 20. Aufl., Rdn. 320; gegen einen Bereicherungsanspruch Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 153).
b) Richtig ist auch, daß die Verunreinigung eines Grundstücks mit Kohlenwasserstoffen eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Hierunter ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen (Senat, BGHZ 66, 37, 39; 156, 172, 175; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954). Gelangen ohne den Willen des Eigentümers fremde Gegenstände oder Stoffe auf sein Grundstück oder in dessen Erdreich, beeinträchtigen sie die dem Eigentümer durch § 903 BGB garantierte umfassende Sachherrschaft, zu der es auch gehört, fremde Gegenstände oder Stoffe von dem eigenen Grundstück fernzuhalten. Deshalb sind diese Gegenstände oder Stoffe bis zu ihrer Entfernung allein durch ihre Anwesenheit eine Quelle fortdauernder Eigentumsstörungen (Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Mertens, NJW 1972,
1783, 1785; Lohse, AcP 201 [2001], 902, 924). Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer sein Eigentum an der störenden Sache aufgegeben oder - wie hier - durch Verbindung mit dem beeinträchtigten Grundstück verloren hat (§ 946 BGB). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in der Verunreinigung des Erdreichs mit Milchpulverrückständen (BGHZ 110, 313, 315), mit Chemikalien (Senat, Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, WM 1966, 643, 644 f.; Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846) oder mit Öl (BGHZ 142, 227, 237; vgl. auch BGHZ 98, 235, 241) eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums gesehen (ebenso Erman/Ebbing, § 1004 Rdn. 93; Soergel /Mühl, § 1004 Rdn. 29; Baur, AcP 175 [1975], 177, 179 f.). Soweit demgegenüber im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Beeinträchtigung ende mit dem Verlust des Eigentums an der störenden Sache , weil deren bisheriger Eigentümer von diesem Zeitpunkt an keine dem Grundstückseigentümer zugewiesene Befugnisse mehr in Anspruch nehme (AK-BGB/Kohl, § 1004 Rdn. 50 f.; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 112; Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, S. 113, 116; ders. in Festschrift für Gernhuber, S. 315, 336 f.; Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rdn. 1273 f.; Gursky, JZ 1996, 683, 684; Kahl, LM BGB § 1004 Nr. 217 unter 2 b; Lobinger, JuS 1997, 981, 983), kann dem nicht gefolgt werden (Senat, BGHZ 41, 393, 397; Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Erman /Ebbing, § 1004 Rdn. 132; Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 25, 28; Palandt/Bassenge, § 1004 Rdn. 28; Larenz/Canaris, aaO, S. 681, 689; Mertens, NJW 1972, 1783, 1785; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 472; Roth, JZ 1998, 94, 95). Die Beschränkung der den negatorischen Beseitigungsanspruch auslösenden Beeinträchti-
gung auf Eingriffe in die rechtliche Integrität des Eigentums, auf eine faktische „Rechtsusurpation“, hätte zur Folge, daß die Vorschrift des § 1004 BGB die ihr zugedachte Aufgabe, zusammen mit § 985 BGB das Eigentum und die damit verbundene Sachherrschaft in umfassender Weise zu schützen (Mertens, NJW 1972, 1783), nur noch unvollständig erfüllen könnte. Tatsächlich muß dem Eigentum auch dann Geltung verschafft werden können, wenn der Eigentümer – wie im Fall einer Bodenkontamination – an der Ausübung seiner uneingeschränkten Sachherrschaft gehindert ist, ohne daß sich der hierfür Verantwortliche irgendwelche Eigentümerbefugnisse anmaßt. Insoweit genügt es nicht, den Eigentümer auf deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche zu verweisen (so jedoch Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 43 f., 113; Picker in Festschrift für Gernhuber, S. 315, 338; Wilhelm, aaO, Rdn. 1273; Gursky, JZ 1996, 683, 684; Lobinger, JuS 1997, 981, 983), weil diese wegen des Verschuldenserfordernisses keinen dem negatorischen Beseitigungsanspruch gleichwertigen Eigentumsschutz gewährleisten. Hinzu kommt, daß es dem Störer auf der Grundlage der Usurpationstheorie möglich wäre, sich der Beseitigungspflicht und der damit verbundenen Pflicht zur Kostentragung durch die Aufgabe des Eigentums an der auf dem fremden Grundstück befindlichen Sache zu entziehen. Dies widerspräche jedoch der § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zugrunde liegenden Wertung (vgl. Motive III, S. 425), daß der Störer alles zur Störungsbeseitigung Erforderliche auf eigene Kosten vorzunehmen hat (Larenz/Canaris, aaO, S. 689, 696; Roth, JZ 1998, 94, 95). 2. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränke sich die Beseitigungspflicht des für eine Bodenkontamination Verantwortlichen auf das Abtragen und Entsorgen
des verunreinigten Erdreichs, umfasse also nicht die anschließende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks.
a) Nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB muß der Störer die fortdauernde (Senat, BGHZ 28, 110, 113) Eigentumsbeeinträchtigung beseitigen. Dies bedeutet , daß er den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen hat (Motive III, S. 423; Soergel/Mühl, § 1004 Rdn. 112). Geschuldet ist daher jedenfalls die Beseitigung der Störungsquelle (Erman/Ebbing, § 1004 Rdn. 64; Erman/Hefermehl, § 1004 Rdn. 7; Jauernig, § 1004 Rdn. 7; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 71; Baur/Stürner, aaO, Rdn. 7, 20; Larenz/Canaris, aaO, S. 698, 700; Mertens, NJW 1972, 1783, 1785; Stickelbrock , AcP 197 [1997], 456, 464 ff.), im Fall einer Bodenverunreinigung also der auf dem Grundstück oder in dessen Erdreich befindlichen Schadstoffe. Dies gilt auch dann, wenn diese Stoffe aufgrund ihrer engen Verbindung mit dem Erdreich nicht isoliert entfernt werden können, ihre Beseitigung mithin – wie hier - den Aushub des Bodens und dessen anschließende Entsorgung erfordert (Senat , Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Erman /Hefermehl, § 1004 Rdn. 21; Jauernig, § 1004 Rdn. 7; Wolf, aaO, Rdn. 319; Kluth, WiB 1996, 275; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 480). Indem die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Durchführung der Störungsbeseitigung ausschließlich dem Störer überträgt (vgl. Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 143), weist sie ihm gleichzeitig das Risiko zu, aufgrund der technischen Gegebenheiten insoweit eine erweiterte Leistung erbringen zu müssen, als es zu der Beseitigung der reinen Störung an sich erforderlich wäre. Wenn das eine nicht ohne das andere möglich ist, erstreckt sich deshalb die Pflicht zur
Beseitigung einer Bodenverunreinigung auch auf die Beseitigung des Erdreichs und dessen Entsorgung (Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846).
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des Senats, ist der Störer darüber hinaus auch zur Beseitigung solcher Eigentumsbeeinträchtigungen verpflichtet, die zwangsläufig durch die Beseitigung der primären Störung entstehen. Erfordert etwa die Beseitigung störender Baumwurzeln, die von dem Nachbargrundstück in eine Abwasserleitung eingedrungen sind, die Zerstörung dieser Leitung, hat der Störer eine neue Abwasserleitung zu verlegen (Senat, BGHZ 97, 231, 236 f.; Urt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826, 2828; Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396; BGH, Urt. v. 8. Dezember 1999, IV ZR 40/99, NJW 2000, 1194, 1196 f.). Muß zur Beseitigung solcher Baumwurzeln ein auf dem beeinträchtigten Grundstück befindlicher Tennisplatzbelag oder ein Plattenweg entfernt werden, ist der Störer zur Wiederherstellung dieser Anlagen verpflichtet (Senat, BGHZ 135, 235, 238; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604). Wird das Eigentum an einem Grundstück durch eine dort verbliebene Fernwärmeleitung beeinträchtigt, kann der Grundstückseigentümer nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB neben der Entfernung der Leitung auch die Wiederherstellung der durch diese Maßnahme beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks verlangen (Senat, Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954). Derartige Beeinträchtigungen infolge der Störungsbeseitigung unterscheiden sich von solchen Beeinträchtigungen, die als weitere Folge der primären Störung entstanden sind. Nur hinsichtlich dieser weiteren Störungsfolgen stellt sich die von dem Berufungsgericht angespro-
chene Frage, wie die verschuldensunabhängige negatorische Haftung ihrem Umfang nach von der verschuldensabhängigen deliktsrechtlichen Haftung abzugrenzen ist (Senat, BGHZ 97, 231, 237). Beeinträchtigungen, die aus der Störungsbeseitigung selbst resultieren, sind dagegen nach dem Zweck des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne weiteres von der Beseitigungspflicht umfaßt (Larenz/Canaris, aaO, S. 701; vgl. auch Herrmann, JR 1998, 242, 243; Roth, JZ 1998, 94, 95; Wolf, LM § 254 BGB [Bb] Nr. 13; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 466). Denn das Ziel des negatorischen Beseitigungsanspruchs, den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen, würde offensichtlich verfehlt, wenn der Eigentümer die Beseitigung einer Störung nur unter Inkaufnahme anderer, möglicherweise sogar weitergehender Beeinträchtigungen verlangen könnte. Um eine derartige Entwertung des negatorischen Beseitigungsanspruchs zu vermeiden, sprechen sich auch Vertreter eines engen Beeinträchtigungsbegriffs für eine verschuldensunabhängige Verpflichtung des Störers zum Ersatz von Begleitschäden der Störungsbeseitigung aus (Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 156; Wilhelm, aaO, Rdn. 1283; Vollkommer , NJW 1999, 3539). Zwar stützen sie diese Verpflichtung nicht auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern auf die analoge Anwendung der §§ 867 Satz 2, 962 Satz 3, 1005 BGB, ohne jedoch hierdurch zu abweichenden Ergebnissen zu gelangen. War es also zur Beseitigung der in das Grundstück der Kläger eingedrungenen Kohlenwasserstoffe erforderlich, die verunreinigten Bodenschichten einschließlich der darauf befindlichen Pflanzen und baulichen Anlagen zu entfernen, traf den für die Kontamination Verantwortlichen unabhängig von einem Verschulden auch die Pflicht zur Wiederherstellung der durch die Störungsbeseitigung beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks.
3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist der Beklagte für die Verunreinigung des im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücks weder deliktsrechtlich als Täter (§ 823 Abs. 1 BGB) noch negatorisch als Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verantwortlich.
a) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch der Kläger abgelehnt hat, werden von der Revision nicht angegriffen. Das Urteil läßt insoweit auch keine materiellen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB mit der Begründung verneint, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis für ein „schadensursächliches Verschulden“ des Beklagten nicht erbracht. Trotz der insoweit mißverständlichen Formulierung hat das Berufungsgericht den Anspruch nicht etwa an fehlendem Verschulden des Beklagten im Sinne von § 276 BGB scheitern lassen. Vielmehr ist es von der ernsthaften Möglichkeit ausgegangen, daß die Bodenverunreinigung in Abwesenheit des Beklagten durch Dritte, insbesondere durch die mit ihm verfeindeten Nachbarn, vorsätzlich herbeigeführt worden sein könnte, um den Beklagten zu schädigen. Damit hat es bereits eine kausale Verletzungshandlung des Beklagten als nicht erwiesen erachtet. Auch eine Eigentumsverletzung durch pflichtwidriges Unterlassen kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Zwar hat es der Beklagte unstreitig versäumt, seinen Schuppen gegen das Eindringen unbefugter Dritter zu sichern. Anlaß zu solchen Sicherungsmaßnahmen hätte er jedoch allenfalls dann gehabt, wenn er dort tatsächlich umweltgefährdende Stoffe gelagert hätte. Dies steht nach der von
der von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Beweiswürdigung des Amtsgerichts aber ebenfalls nicht fest. Denkbar ist demnach, daß die für die Bodenverunreinigung etwa verantwortlichen Dritten selbst die schädliche Flüssigkeit zunächst in den Schuppen des Beklagten verbracht haben.
b) Ist somit nicht erwiesen, daß die Kontaminierung des den Klägern gehörenden Grundstücks auf ein Verhalten - also auf ein positives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen - des Beklagten zurückzuführen ist, kann er auch nicht als Handlungsstörer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden. Denn Handlungsstörer ist nur derjenige, der eine Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten oder seine Willensbetätigung adäquat verursacht hat (Senat, BGHZ 49, 340, 347; 144, 200, 203; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232), wobei die Umstände, aus denen sich die Verantwortlichkeit des in Anspruch Genommenen ergeben soll, von dem Anspruchsteller nachzuweisen sind (MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 103; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 232).
c) Der Beklagte ist auch nicht Zustandsstörer allein deshalb, weil die Störung von seinem Grundstück ausgegangen ist. Vielmehr müßte die Eigentumsbeeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückzuführen sein (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 111; 90, 255, 266; 120, 239, 254; 122, 283, 284; 142, 66, 69; 155, 99, 105; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, NJWRR 2001, 1208). Dies wäre der Fall, wenn der Beklagte die in eine Eigentumsbeeinträchtigung mündende Gefahr hätte beherrschen können (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70; 155, 99, 105), insbesondere wenn er die Gefahrenlage selbst geschaffen (vgl. Senat, BGHZ 122, 283, 284 f.; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634; Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03,
NJW 2004, 3701, 3702 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; Erman /Ebbing, § 1004 Rdn. 133; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 47; Armbrüster, NJW 2003, 3087, 3088) oder die von Dritten geschaffene Gefahrenlage aufrechterhalten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 12. Februar 1985, VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773, 1774; Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659 f; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232). Ist die schädliche Flüssigkeit dagegen ohne Wissen und Wollen des Beklagten von Dritten auf sein Grundstück verbracht und dort freigesetzt worden, konnte er die hiermit verbundene Gefahr für das Grundstückseigentum der Kläger nicht abwenden. Da ein solcher Geschehensablauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ernsthaft möglich ist und die Kläger das Gegenteil nicht bewiesen haben, steht nicht fest, daß der Beklagte Zustandsstörer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Wenzel Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 142/04 Verkündet am:
4. Februar 2005
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Beseitigungspflicht des für eine Bodenkontamination auf dem Nachbargrundstück
Verantwortlichen ist nicht auf das Abtragen und Entsorgen des verunreinigten
Erdreichs beschränkt, sondern umfaßt auch die anschließende Wiederherstellung
des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks.
BGH, Urt. v. 4. Februar 2005 - V ZR 142/04 - LG Aurich
AG Aurich
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Februar 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und
die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 28. Mai 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Am Abend des 30. Juni 2002 trat unter nicht näher geklärten Umständen in einem auf dem Grundstück des Beklagten stehenden Schuppen eine kohlenwasserstoffhaltige Flüssigkeit aus, die sich auf dem den Klägern gehörenden Nachbargrundstück ausbreitete. Die hierdurch verunreinigten Gehwegplatten , Kantensteine und Bodenschichten wurden auf Veranlassung der zuständigen Ordnungsbehörde entfernt; dabei wurden zahlreiche Pflanzen zerstört. Durch die Wiederherstellung ihres Grundstücks sind den Klägern Kosten in Höhe von 910,38 € entstanden, deren Erstattung sie von dem Beklagten verlangen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision
verfolgen die Kläger ihre Klage weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch der Kläger nach § 823 Abs. 1 BGB, weil nicht erwiesen sei, daß der Beklagte die Bodenverunreinigung verschuldet habe. Auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683, 684 BGB in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB stehe den Klägern nicht zu. Die über die Beseitigung der Bodenverunreinigung hinausgehende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks sei von dem Abwehranspruch nicht umfaßt. Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nur im Ergebnis stand.

II.

1. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Eigentümer , der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen kann, weil er ein Geschäft des Störers besorgt hat (§§ 683, 684 BGB) oder - wenn sich die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen - weil der Störer unter Ersparung eigener Aufwendungen von seiner Be-
seitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt bereichert ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 98, 235, 240; 110, 313, 314 f.; 142, 227, 237; Senat, BGHZ 60, 235, 243; 97, 231, 234; 106, 142, 143; zuletzt Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604) und der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur (Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 69; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 90; Palandt /Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 1004 Rdn. 30; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 118; Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 12 Rdn. 22; Larenz /Canaris, Schuldrecht II/2, 13. Aufl., S. 701; Wolf, Sachenrecht, 20. Aufl., Rdn. 320; gegen einen Bereicherungsanspruch Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 153).
b) Richtig ist auch, daß die Verunreinigung eines Grundstücks mit Kohlenwasserstoffen eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Hierunter ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen (Senat, BGHZ 66, 37, 39; 156, 172, 175; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954). Gelangen ohne den Willen des Eigentümers fremde Gegenstände oder Stoffe auf sein Grundstück oder in dessen Erdreich, beeinträchtigen sie die dem Eigentümer durch § 903 BGB garantierte umfassende Sachherrschaft, zu der es auch gehört, fremde Gegenstände oder Stoffe von dem eigenen Grundstück fernzuhalten. Deshalb sind diese Gegenstände oder Stoffe bis zu ihrer Entfernung allein durch ihre Anwesenheit eine Quelle fortdauernder Eigentumsstörungen (Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Mertens, NJW 1972,
1783, 1785; Lohse, AcP 201 [2001], 902, 924). Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer sein Eigentum an der störenden Sache aufgegeben oder - wie hier - durch Verbindung mit dem beeinträchtigten Grundstück verloren hat (§ 946 BGB). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in der Verunreinigung des Erdreichs mit Milchpulverrückständen (BGHZ 110, 313, 315), mit Chemikalien (Senat, Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, WM 1966, 643, 644 f.; Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846) oder mit Öl (BGHZ 142, 227, 237; vgl. auch BGHZ 98, 235, 241) eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums gesehen (ebenso Erman/Ebbing, § 1004 Rdn. 93; Soergel /Mühl, § 1004 Rdn. 29; Baur, AcP 175 [1975], 177, 179 f.). Soweit demgegenüber im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Beeinträchtigung ende mit dem Verlust des Eigentums an der störenden Sache , weil deren bisheriger Eigentümer von diesem Zeitpunkt an keine dem Grundstückseigentümer zugewiesene Befugnisse mehr in Anspruch nehme (AK-BGB/Kohl, § 1004 Rdn. 50 f.; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 112; Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, S. 113, 116; ders. in Festschrift für Gernhuber, S. 315, 336 f.; Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl., Rdn. 1273 f.; Gursky, JZ 1996, 683, 684; Kahl, LM BGB § 1004 Nr. 217 unter 2 b; Lobinger, JuS 1997, 981, 983), kann dem nicht gefolgt werden (Senat, BGHZ 41, 393, 397; Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Erman /Ebbing, § 1004 Rdn. 132; Jauernig, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 25, 28; Palandt/Bassenge, § 1004 Rdn. 28; Larenz/Canaris, aaO, S. 681, 689; Mertens, NJW 1972, 1783, 1785; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 472; Roth, JZ 1998, 94, 95). Die Beschränkung der den negatorischen Beseitigungsanspruch auslösenden Beeinträchti-
gung auf Eingriffe in die rechtliche Integrität des Eigentums, auf eine faktische „Rechtsusurpation“, hätte zur Folge, daß die Vorschrift des § 1004 BGB die ihr zugedachte Aufgabe, zusammen mit § 985 BGB das Eigentum und die damit verbundene Sachherrschaft in umfassender Weise zu schützen (Mertens, NJW 1972, 1783), nur noch unvollständig erfüllen könnte. Tatsächlich muß dem Eigentum auch dann Geltung verschafft werden können, wenn der Eigentümer – wie im Fall einer Bodenkontamination – an der Ausübung seiner uneingeschränkten Sachherrschaft gehindert ist, ohne daß sich der hierfür Verantwortliche irgendwelche Eigentümerbefugnisse anmaßt. Insoweit genügt es nicht, den Eigentümer auf deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche zu verweisen (so jedoch Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 43 f., 113; Picker in Festschrift für Gernhuber, S. 315, 338; Wilhelm, aaO, Rdn. 1273; Gursky, JZ 1996, 683, 684; Lobinger, JuS 1997, 981, 983), weil diese wegen des Verschuldenserfordernisses keinen dem negatorischen Beseitigungsanspruch gleichwertigen Eigentumsschutz gewährleisten. Hinzu kommt, daß es dem Störer auf der Grundlage der Usurpationstheorie möglich wäre, sich der Beseitigungspflicht und der damit verbundenen Pflicht zur Kostentragung durch die Aufgabe des Eigentums an der auf dem fremden Grundstück befindlichen Sache zu entziehen. Dies widerspräche jedoch der § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zugrunde liegenden Wertung (vgl. Motive III, S. 425), daß der Störer alles zur Störungsbeseitigung Erforderliche auf eigene Kosten vorzunehmen hat (Larenz/Canaris, aaO, S. 689, 696; Roth, JZ 1998, 94, 95). 2. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränke sich die Beseitigungspflicht des für eine Bodenkontamination Verantwortlichen auf das Abtragen und Entsorgen
des verunreinigten Erdreichs, umfasse also nicht die anschließende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks.
a) Nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB muß der Störer die fortdauernde (Senat, BGHZ 28, 110, 113) Eigentumsbeeinträchtigung beseitigen. Dies bedeutet , daß er den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen hat (Motive III, S. 423; Soergel/Mühl, § 1004 Rdn. 112). Geschuldet ist daher jedenfalls die Beseitigung der Störungsquelle (Erman/Ebbing, § 1004 Rdn. 64; Erman/Hefermehl, § 1004 Rdn. 7; Jauernig, § 1004 Rdn. 7; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 71; Baur/Stürner, aaO, Rdn. 7, 20; Larenz/Canaris, aaO, S. 698, 700; Mertens, NJW 1972, 1783, 1785; Stickelbrock , AcP 197 [1997], 456, 464 ff.), im Fall einer Bodenverunreinigung also der auf dem Grundstück oder in dessen Erdreich befindlichen Schadstoffe. Dies gilt auch dann, wenn diese Stoffe aufgrund ihrer engen Verbindung mit dem Erdreich nicht isoliert entfernt werden können, ihre Beseitigung mithin – wie hier - den Aushub des Bodens und dessen anschließende Entsorgung erfordert (Senat , Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846; Erman /Hefermehl, § 1004 Rdn. 21; Jauernig, § 1004 Rdn. 7; Wolf, aaO, Rdn. 319; Kluth, WiB 1996, 275; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 480). Indem die Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Durchführung der Störungsbeseitigung ausschließlich dem Störer überträgt (vgl. Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 143), weist sie ihm gleichzeitig das Risiko zu, aufgrund der technischen Gegebenheiten insoweit eine erweiterte Leistung erbringen zu müssen, als es zu der Beseitigung der reinen Störung an sich erforderlich wäre. Wenn das eine nicht ohne das andere möglich ist, erstreckt sich deshalb die Pflicht zur
Beseitigung einer Bodenverunreinigung auch auf die Beseitigung des Erdreichs und dessen Entsorgung (Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846).
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des Senats, ist der Störer darüber hinaus auch zur Beseitigung solcher Eigentumsbeeinträchtigungen verpflichtet, die zwangsläufig durch die Beseitigung der primären Störung entstehen. Erfordert etwa die Beseitigung störender Baumwurzeln, die von dem Nachbargrundstück in eine Abwasserleitung eingedrungen sind, die Zerstörung dieser Leitung, hat der Störer eine neue Abwasserleitung zu verlegen (Senat, BGHZ 97, 231, 236 f.; Urt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826, 2828; Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396; BGH, Urt. v. 8. Dezember 1999, IV ZR 40/99, NJW 2000, 1194, 1196 f.). Muß zur Beseitigung solcher Baumwurzeln ein auf dem beeinträchtigten Grundstück befindlicher Tennisplatzbelag oder ein Plattenweg entfernt werden, ist der Störer zur Wiederherstellung dieser Anlagen verpflichtet (Senat, BGHZ 135, 235, 238; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604). Wird das Eigentum an einem Grundstück durch eine dort verbliebene Fernwärmeleitung beeinträchtigt, kann der Grundstückseigentümer nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB neben der Entfernung der Leitung auch die Wiederherstellung der durch diese Maßnahme beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks verlangen (Senat, Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 954). Derartige Beeinträchtigungen infolge der Störungsbeseitigung unterscheiden sich von solchen Beeinträchtigungen, die als weitere Folge der primären Störung entstanden sind. Nur hinsichtlich dieser weiteren Störungsfolgen stellt sich die von dem Berufungsgericht angespro-
chene Frage, wie die verschuldensunabhängige negatorische Haftung ihrem Umfang nach von der verschuldensabhängigen deliktsrechtlichen Haftung abzugrenzen ist (Senat, BGHZ 97, 231, 237). Beeinträchtigungen, die aus der Störungsbeseitigung selbst resultieren, sind dagegen nach dem Zweck des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne weiteres von der Beseitigungspflicht umfaßt (Larenz/Canaris, aaO, S. 701; vgl. auch Herrmann, JR 1998, 242, 243; Roth, JZ 1998, 94, 95; Wolf, LM § 254 BGB [Bb] Nr. 13; Stickelbrock, AcP 197 [1997], 456, 466). Denn das Ziel des negatorischen Beseitigungsanspruchs, den dem Inhalt des Eigentums entsprechenden Zustand wiederherzustellen, würde offensichtlich verfehlt, wenn der Eigentümer die Beseitigung einer Störung nur unter Inkaufnahme anderer, möglicherweise sogar weitergehender Beeinträchtigungen verlangen könnte. Um eine derartige Entwertung des negatorischen Beseitigungsanspruchs zu vermeiden, sprechen sich auch Vertreter eines engen Beeinträchtigungsbegriffs für eine verschuldensunabhängige Verpflichtung des Störers zum Ersatz von Begleitschäden der Störungsbeseitigung aus (Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 156; Wilhelm, aaO, Rdn. 1283; Vollkommer , NJW 1999, 3539). Zwar stützen sie diese Verpflichtung nicht auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern auf die analoge Anwendung der §§ 867 Satz 2, 962 Satz 3, 1005 BGB, ohne jedoch hierdurch zu abweichenden Ergebnissen zu gelangen. War es also zur Beseitigung der in das Grundstück der Kläger eingedrungenen Kohlenwasserstoffe erforderlich, die verunreinigten Bodenschichten einschließlich der darauf befindlichen Pflanzen und baulichen Anlagen zu entfernen, traf den für die Kontamination Verantwortlichen unabhängig von einem Verschulden auch die Pflicht zur Wiederherstellung der durch die Störungsbeseitigung beeinträchtigten Gestaltung des Grundstücks.
3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist der Beklagte für die Verunreinigung des im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücks weder deliktsrechtlich als Täter (§ 823 Abs. 1 BGB) noch negatorisch als Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) verantwortlich.
a) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch der Kläger abgelehnt hat, werden von der Revision nicht angegriffen. Das Urteil läßt insoweit auch keine materiellen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB mit der Begründung verneint, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis für ein „schadensursächliches Verschulden“ des Beklagten nicht erbracht. Trotz der insoweit mißverständlichen Formulierung hat das Berufungsgericht den Anspruch nicht etwa an fehlendem Verschulden des Beklagten im Sinne von § 276 BGB scheitern lassen. Vielmehr ist es von der ernsthaften Möglichkeit ausgegangen, daß die Bodenverunreinigung in Abwesenheit des Beklagten durch Dritte, insbesondere durch die mit ihm verfeindeten Nachbarn, vorsätzlich herbeigeführt worden sein könnte, um den Beklagten zu schädigen. Damit hat es bereits eine kausale Verletzungshandlung des Beklagten als nicht erwiesen erachtet. Auch eine Eigentumsverletzung durch pflichtwidriges Unterlassen kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Zwar hat es der Beklagte unstreitig versäumt, seinen Schuppen gegen das Eindringen unbefugter Dritter zu sichern. Anlaß zu solchen Sicherungsmaßnahmen hätte er jedoch allenfalls dann gehabt, wenn er dort tatsächlich umweltgefährdende Stoffe gelagert hätte. Dies steht nach der von
der von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Beweiswürdigung des Amtsgerichts aber ebenfalls nicht fest. Denkbar ist demnach, daß die für die Bodenverunreinigung etwa verantwortlichen Dritten selbst die schädliche Flüssigkeit zunächst in den Schuppen des Beklagten verbracht haben.
b) Ist somit nicht erwiesen, daß die Kontaminierung des den Klägern gehörenden Grundstücks auf ein Verhalten - also auf ein positives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen - des Beklagten zurückzuführen ist, kann er auch nicht als Handlungsstörer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden. Denn Handlungsstörer ist nur derjenige, der eine Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten oder seine Willensbetätigung adäquat verursacht hat (Senat, BGHZ 49, 340, 347; 144, 200, 203; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232), wobei die Umstände, aus denen sich die Verantwortlichkeit des in Anspruch Genommenen ergeben soll, von dem Anspruchsteller nachzuweisen sind (MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 103; Staudinger/Gursky, § 1004 Rdn. 232).
c) Der Beklagte ist auch nicht Zustandsstörer allein deshalb, weil die Störung von seinem Grundstück ausgegangen ist. Vielmehr müßte die Eigentumsbeeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückzuführen sein (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 111; 90, 255, 266; 120, 239, 254; 122, 283, 284; 142, 66, 69; 155, 99, 105; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, NJWRR 2001, 1208). Dies wäre der Fall, wenn der Beklagte die in eine Eigentumsbeeinträchtigung mündende Gefahr hätte beherrschen können (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 70; 155, 99, 105), insbesondere wenn er die Gefahrenlage selbst geschaffen (vgl. Senat, BGHZ 122, 283, 284 f.; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634; Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03,
NJW 2004, 3701, 3702 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; Erman /Ebbing, § 1004 Rdn. 133; MünchKomm-BGB/Medicus, § 1004 Rdn. 47; Armbrüster, NJW 2003, 3087, 3088) oder die von Dritten geschaffene Gefahrenlage aufrechterhalten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 12. Februar 1985, VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773, 1774; Senat, Urt. v. 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659 f; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232). Ist die schädliche Flüssigkeit dagegen ohne Wissen und Wollen des Beklagten von Dritten auf sein Grundstück verbracht und dort freigesetzt worden, konnte er die hiermit verbundene Gefahr für das Grundstückseigentum der Kläger nicht abwenden. Da ein solcher Geschehensablauf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ernsthaft möglich ist und die Kläger das Gegenteil nicht bewiesen haben, steht nicht fest, daß der Beklagte Zustandsstörer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Wenzel Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
V ZR 443/99 Verkündet am:
22. September 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist
der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch
durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung
auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen
ist.
BGH, Urt. v. 22. September 2000 - V ZR 443/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Oktober 1999 aufgehoben und das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 1998 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 24. November 1995 erwarben die Kläger in Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einer Erbengemeinschaft das Grundstück S. A. 62 in B. -P. B. . Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 28. Juni 1996. Der Beklagte war bei Einreichung der Klage am 8. Juli 1998 Eigentümer des Nachbargrundstücks

S.

A. 61, welches mit bestandskräftigem Bescheid des Amtes zur Regelung
offener Vermögensfragen Mitte-P. B. am 11. November 1998 restituiert worden ist.
Beide mit zum Teil gewerblich genutzten Altbau-Miethäusern bebaute Grundstücke standen vor der Wiedervereinigung im Eigentum des Volkes; Rechtsträger war jeweils der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung B. - P. B. . Dieser errichtete Anfang der 80er Jahre auf dem jetzigen Grundstück der Kläger einen etwa 2 x 4 m großen eingeschossigen Anbau. Der Zugang dazu ist ausschließlich durch einen Durchbruch in der Brandwand von dem NachbargrundstückS. A. 61 möglich. Ferner befindet sich im Erdgeschoß des auf dem Grundstück der Kläger gelegenen Seitenflügels ihres Miethauses ein 3,5 x 5,6 m großer Raum, der durch eine vor dem Erwerb der Kläger hergestellte Öffnung der Grenzwand zwischen den Grundstücken S. A. 61 und 62 erschlossen wird. Der Zugang zu einem angrenzenden Raum des Hauses der Kläger wurde seinerzeit zugemauert.
Sowohl der Anbau als auch der Raum im Seitenflügel des Miethauses der Kläger werden derzeit von einem Dritten gewerblich genutzt.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe die Räume an den Dritten vermietet , haben die Kläger verlangt, den Beklagten zu verurteilen, den Anbau zu beseitigen, die Maueröffnung und den Wanddurchbruch zu dem Raum im Seitenflügel ihres Miethauses zu schließen, den Zugang zu dem angrenzenden Raum zu öffnen sowie Auskunft über die Höhe des erzielten Mietzinses für die Vermietung des Anbaus und des Raums im Seitenflügel ihres Hauses zu erteilen und ihn nebst Zinsen auszuzahlen. Das Landgericht hat den Auskunftsund Zahlungsanspruch abgewiesen und der Klage im übrigen stattgegeben.
Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt er weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die während des Rechtsstreits erfolgte Restitution des bisher dem Beklagten gehörenden Grundstücks nach dem auch hier anzuwendenden Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit keinen Einfluß auf die Passivlegitimation des Beklagten. Er sei Zustandsstörer gewesen, weil das Aufrechterhalten des das Eigentum der Kläger fortlaufend beeinträchtigenden Zustands auf seinen Willen zurückgegangen sei. Ob die Kläger Eigentümer des Anbaus geworden seien, sei unerheblich. Sie seien auch nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 320 Abs. 1 ZGB und § 912 Abs. 1 BGB nicht vorlägen.

II.


Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die Kläger waren trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden, obwohl das Urteil inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge beruht
(vgl. BGHZ 37, 79, 81 f; Senatsurt. v. 6. Juni 1986, V ZR 96/85, NJW 1986, 3086).
2. Ob das Berufungsgericht zu Recht von einer fortdauernden Eigentumsbeeinträchtigung der Kläger ausgeht, kann dahinstehen. Zwar knüpft das Gesetz die Rechtsfolge des § 1004 BGB an jegliche Beeinträchtigung an, die der Eigentümer nicht dulden muß; allein der dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand begründet den Abwehranspruch (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39 m.w.N.). Die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers ist so lange beeinträchtigt, wie die Eigentumsstörung nicht beseitigt ist (Senatsurt. v. 11. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). In Anlehnung an die Grundsätze des Eigengrenzüberbaus könnte hier bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Eigentumsbeeinträchtigung gegeben sein. Jedoch sind Zweifel daran deswegen angebracht, weil die Baumaßnahmen seinerzeit von dem Berechtigten ausschließlich auf dem jetzt den Klägern gehörenden Grundstück ausgeführt wurden und die Kläger das Eigentum in dem baulich veränderten Zustand erlangt haben (s. dazu Staudinger/Gursky [1999], § 1004 Rdn. 41 ff). Dies bedarf aber keiner Vertiefung, weil der Beklagte für eine etwaige Störung nicht verantwortlich ist.

a) Nach allgemeiner Auffassung richtet sich der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gegen denjenigen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten - d.h. positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen - adäquat verursacht hat (vgl. nur Senat, BGHZ 49, 340, 347; Senatsurt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177; Staudinger/Gursky,aaO, Rdn. 93 mit umfangr. Nachw.), aber auch gegen denjenigen, der zwar nicht selbst gehandelt hat, durch dessen maßgebenden Willen aber der eigentumsbeeinträchti-
gende Zustand aufrechterhalten wird, von dessen Willen also die Beseitigung dieses Zustands abhängt (vgl. Senatsurt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360, 1361 m.w.N.; 19. Januar 1996, V ZR 298/94, NJW-RR 1996, 659; 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1998, 2168, 2169; Staudinger/Gursky, aaO, Rdn. 94 m. umfangr. Nachw.). Danach ist der Eigentümer eines Grundstücks für dessen gefahrenträchtigen Zustand verantwortlich und kann nach § 1004 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden, weil die Aufrechterhaltung des Zustands auf seinen Willen zurückgeht, ohne daß es darauf ankäme, welchen eigenen Beitrag er hierzu geleistet hat und ob er den störenden Zustand kannte (Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO).

b) Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Haftung des Beklagten aus. Dafür kommt es allerdings nicht darauf an, daß die Baumaßnahmen, die das Eigentum der Kläger nach wie vor beeinträchtigen, seit vielen Jahren abgeschlossen sind. Denn an einer einmal eingetretenen Verantwortlichkeit eines Störers kann sich durch das Verhalten des Pflichtigen nichts ändern, wenn die Beeinträchtigung fortbesteht (Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Entscheidend ist vielmehr, daß der Beklagte die baulichen Veränderungen nicht vorgenommen und es sich bei ihnen seinerzeit gar nicht um die Beeinträchtigung fremden Eigentums gehandelt hat. Auch der Umstand, daß der Beklagte bei Klageerhebung Eigentümer des an das Grundstück der Kläger angrenzenden Grundstücks war, macht ihn nicht zum Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB. Eine solche Haftung kommt nämlich nur dann in Betracht , wenn die störenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück von dem Grundstück des Eigentümers ausgehen oder zu besorgen sind (s. nur Senat, BGHZ 122, 283, 284 f; Senatsurt. v. 19. Januar 1996, aaO). Um es mit einem vom Senat bereits in anderem Zusammenhang angeführten ähnlichen Beispiel
(Senatsurt. v. 1. Dezember 1995, aaO) zu verdeutlichen: Der Grundstückseigentümer muß den Stein, den der Voreigentümer auf das Nachbargrundstück geworfen hat, nicht beseitigen. Denn die bei dem Nachbarn eingetretene Eigentumsstörung steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Zustand des Grundstücks des Eigentümers, sondern beruht ausschließlich auf dem Handeln des Voreigentümers. Der einzige Bezug zwischen Störung und Grundstück wird durch die Identität des Störers mit dem früheren Grundstückseigentümer hergestellt. Das reicht für die Begründung der Haftung des späteren Eigentümers nicht aus. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts läuft darauf hinaus, daß der Grundstückseigentümer für jede Störungshandlung eines Voreigentümers verantwortlich ist, auch wenn sie keinen Bezug zu dem Zustand des Grundstücks aufweist. Das kann nicht richtig sein. Zur Beseitigung des eigentumsbeeinträchtigenden Zustands eines Grundstücks ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks, der ihn weder durch positives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen geschaffen hat, nur verpflichtet, wenn die Beeinträchtigung auf einen gefahrenträchtigen Zustand seines Grundstücks zurückzuführen ist.
In dem vorliegenden Fall hat die zugemauerte Türöffnung in dem Miethaus der Kläger mit dem Zustand des benachbarten Grundstücks ebensowenig etwas zu tun wie der Durchbruch in der Mauer dieses Hauses. Beide Gegebenheiten beruhen nicht etwa auf Gefahren oder sonstigen Umständen, die von dem anderen Grundstück ausgehen. Nichts anderes gilt für den auf dem Grundstück der Kläger errichteten Anbau. Auch seine Existenz läßt sich nicht auf einen bestimmten Zustand des bei Klageerhebung dem Beklagten gehörenden Grundstücks zurückführen. Etwas anderes könnte allenfalls für die
Wanddurchbrüche auf diesem Grundstück gelten. Deren Beseitigung verlangen die Kläger indes nicht.

c) Auf die vom Berufungsgericht weiter erörterte Problematik des Eigentums an dem Anbau und der Duldungspflicht nach §§ 912 Abs. 1, 1004 Abs. 2 BGB kommt es somit nicht an.
3. Der Anspruch der Kläger ist auch nicht aus § 823 BGB begründet. Der Beklagte hat keine unerlaubte Handlung im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift begangen, weil er die baulichen Maßnahmen nicht durchgeführt hat und nicht zu ihrer Beseitigung verpflichtet ist. Ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB) kann dem Beklagten nach dem bisher Gesagten ebenfalls nicht vorgeworfen werden.
4. Auch ein Anspruch der Kläger unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kommt nicht in Betracht. Dieses Rechtsinstitut dient nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarlicher Interessenkonflikte (vgl. Senat, BGHZ 113, 384, 389 ff). Hier liegt indes keine Situation vor, die eine solche Korrektur erfordert.
5. Ob die während des Rechtsstreits erfolgte Eigentumsänderung an dem früher dem Beklagten gehörenden Grundstück zum Verlust seiner Passivlegitimation geführt hat, bedarf somit keiner Entscheidung.
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben. Da die Sache nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil zur Endentschei-
dung reif ist, hat der Senat abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dies führt zur Abweisung der Klage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Schneider Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 112/06 Verkündet am:
1. Dezember 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Beeinträchtigt der Zustand einer Wohnung das Eigentum eines Dritten und geht dies
auf rechtswidriges Handeln des Wohnungseigentümers zurück, kann der Dritte den
Mieter der Wohnung auf Duldung der Störungsbeseitigung in Anspruch nehmen.
BGH, Urt. v. 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06 - KG
LGBerlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 21. März 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind Mieter einer dem Streithelfer gehörenden Wohnung. Dieser hatte ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer einen Balkon der Wohnung zu einem Wintergarten umgebaut und Fenster durch einen Balkon ersetzt.
2
Auf Antrag der Klägerin, die Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, wurde der Streithelfer durch rechtskräftigen Beschluss des Kammergerichts zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Wohnung verpflichtet. Die Klägerin beabsichtigt, die hierfür erforderlichen Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen. Sie hat die Beklagten deshalb auf Duldung des Rückbaus in Anspruch genommen.
3
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hält die Beklagten nach § 1004 Abs. 1 BGB für verpflichtet, den Rückbau zu dulden. Sie seien Zustandsstörer, da die Beseitigung des das Miteigentum der Klägerin beeinträchtigenden baulichen Zustands der Wohnung allein von ihrem Willen abhänge. Auf eine Handlungspflicht der Beklagten komme es nicht an. Diese zusätzliche Voraussetzung sei nur von Bedeutung, wenn von einem Untätigen die Herstellung des rechtmäßigen Zustands verlangt, nicht aber, wenn dieser, wie hier, lediglich auf Duldung der notwendigen Maßnahmen in Anspruch genommen werde. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts München (NZM 2003, 445) überzeuge nicht. Sie lasse unberücksichtigt, dass der Vermieter dem Mieter nicht mehr an Rechten übertragen könne, als er selber habe, und führe dazu, dass ein Wohnungseigentümer einen eigenmächtig geschaffenen baulichen Zustand seiner Wohnung durch deren Vermietung auf unbegrenzte Zeit aufrechterhalten könne.

II.

5
Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
Das Berufungsgericht nimmt zu Recht an, dass die Beklagten verpflichtet sind, die Baumaßnahmen zu dulden, die zur Beseitigung des das Eigentums- recht der Klägerin beeinträchtigenden Zustands der von ihnen gemieteten Wohnung erforderlich sind. Das folgt aus der Vorschrift des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach derjenige, dessen Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird, von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen kann.
7
1. Die erforderliche Eigentumsbeeinträchtigung - hierunter fällt jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand (vgl. Senat, Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 m.w.N.) - ist gegeben. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Streithelfer durch den Anbau eines Wintergartens und eines Balkons im Gemeinschaftseigentum stehende Bauteile des Hauses massiv verändert ; hierdurch hat er, weil die nach § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer fehlte, in rechtswidriger Weise in das Miteigentum der Klägerin eingegriffen.
8
2. Die Beklagten sind Störer im Sinne des § 1004 BGB.
9
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sie allerdings keine Handlungsstörer sind. Hierunter ist nur derjenige zu verstehen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten, d.h. durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen, adäquat verursacht hat (vgl. Senat, BGHZ 144, 200, 203; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368 m.w.N.). Die Beklagten haben die baulichen Veränderungen an der von ihnen gemieteten Wohnung und damit den Eingriff in das Gemeinschaftseigentum aber weder selbst vorgenommen noch in irgendeiner Weise veranlasst.
10
b) Die Beklagten sind jedoch Zustandsstörer.
11
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt das allerdings nicht schon daraus, dass sie sich weigern, den zur Störungsbeseitigung erforderlichen Rückbau zu dulden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für sich genommen weder die Sachherrschaft über die störende Sache noch die damit einhergehende Möglichkeit, die Störung zu beenden , um jemanden als Störer im Sinne des § 1004 BGB anzusehen (Senat, BGHZ 28, 110, 112; 90, 255, 260; BGHZ 114, 183, 187). Denn es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Eigentümer oder der Besitzer allein kraft seines Eigentums bzw. seines Besitzes für beeinträchtigende Einwirkungen einer Sache verantwortlich ist (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 112; 90, 255, 260; 122, 283, 284; BGHZ 114, 183, 187; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 46).
12
Zustandsstörer ist vielmehr derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird (Senat, Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360, 1361; Urt. v. 22. September 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Urt. v. 24. Januar 2003, V ZR 175/02, NJW-RR 2003, 953, 955). Das setzt Zweierlei voraus:
13
(1) Notwendig ist zunächst, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat (vgl. Senat , BGHZ 62, 388, 393; 95, 307, 308; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 120). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da die Beklagten als unmittelbare Besitzer der Wohnung, deren baulicher Zustand dem Eigentumsrecht der Klägerin widerspricht, in der Lage sind, die Beeinträchtigung zu beseitigen. Dem steht der Einwand der Revision, die Beklagten seien als Mieter nicht berechtigt, wesentliche bauliche Veränderung an der Wohnung vorzunehmen, nicht entgegen. Denn die Beklagten werden nicht auf Beseitigung der Störung, sondern lediglich auf deren Duldung und damit auf eine ihnen auch rechtlich mögliche Handlung in Anspruch genommen.
14
(2) Darüber hinaus muss dem Inanspruchgenommenen die Beeinträchtigung zurechenbar sein (vgl. MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 45; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 122). Hierzu genügt es - wie dargelegt - nicht, dass der Inanspruchgenommene Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht (Senat, BGHZ 28, 110, 111; 90, 255, 266; 120, 239, 254; 122, 283, 284; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634; Urt. v. 4. Februar 2005, V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368; BGH, Urt. v. 12. Februar 1985, VI ZR 193/83, NJW 1985, 1773, 1774; Urt. v. 18. April 1991, III ZR 1/90, WM 1991, 1609, 1610). Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (Senat, BGHZ 142, 66, 69 f.; 155, 99, 105; vgl. auch Wenzel, NJW 2005, 241).
15
Das gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unabhängig davon , ob der Beeinträchtigte die Beseitigung der Störung oder lediglich deren Duldung verlangt. Die Störereigenschaft des Inanspruchgenommenen gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen eines auf § 1004 BGB gestützten Anspruchs (zu sonstigen auf Duldung der Beseitigung gerichteten Ansprüchen: MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 94).
16
bb) Das angefochtene Urteil erweist sich in diesem Punkt gleichwohl als richtig (§ 561 ZPO), da den Beklagten die Aufrechterhaltung der Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin zuzurechnen ist.
17
Allerdings kann den Beklagten als Mietern die Verantwortung für den - von ihnen nicht geschaffenen - baulichen Zustand der Wohnung nicht auferlegt werden. Eine Zurechnung der davon ausgehenden Beeinträchtigung kommt jedoch unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie die Beeinträchtigung willentlich aufrechterhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagten rein passiv verhalten. Sie tragen nur insoweit zur Aufrechterhaltung des baulichen Zustands der Wohnung bei, als sie die aufgrund ihrer Sachherrschaft tatsächlich und im übrigen auch rechtlich gegebene Möglichkeit, die Störung durch den Eigentümer beseitigen zu lassen, nicht nutzen. Da dies ein bloßes Unterlassen darstellt, kann ihnen ihr Verhalten nur zugerechnet werden, wenn sie aus irgendeinem Rechtsgrund zur Duldung der Störungsbeseitigung verpflichtet sind (vgl. Senat, BGHZ 28, 110, 111; 41, 393, 397 f.; Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995 2633, 2634; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, NJW-RR 2001, 1208). Das folgt aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz , wonach ein Unterlassen nur zu einer Haftung führen kann, wenn eine Pflicht zum Handeln - bzw. hier zur Duldung - besteht.
18
Eine Duldungspflicht besteht indessen. Wie das Berufungsgericht der Sache nach zutreffend erkannt hat, folgt sie daraus, dass die Beklagten ihr Besitzrecht an der Wohnung von dem Streithelfer ableiten und deshalb gegenüber Dritten, die dingliche Ansprüche in Bezug auf die Wohnung geltend machen, keine weitergehenden Rechte als der Streithelfer haben (vgl. Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., Nach § 13 Rdn. 4; Müller, ZMR 2001, 506, 510). Ebenso, wie ein Mieter die Wohnung gemäß § 985 BGB an den wahren Eigentümer herausgeben muss, wenn sie dem Vermieter nicht gehört und dieser auch nicht zur Ver- mietung berechtigt ist (vgl. § 986 Abs. 1 BGB), beschränkt ein gegen den Vermieter gerichteter - mit dem Vindikationsanspruch des § 985 BGB eng verwandter (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 1 f.) - Eigentumsstörungsanspruch aus § 1004 BGB das Recht des Mieters an dem ungestörten Besitz der Wohnung und verpflichtet ihn, die Beseitigung einer von der Wohnung ausgehenden Störung zu dulden. Ein solcher Anspruch steht der Klägerin hier zu. Der Streithelfer hat die baulichen Veränderungen seiner Wohnung, die das (Mit-)Eigentum der Klägerin beeinträchtigen, selbst veranlasst und ist daher nicht nur aufgrund der zwischen Wohnungseigentümern bestehenden Sonderverbindung , sondern auch als Handlungsstörer gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu deren Beseitigung verpflichtet. Dieser dingliche Anspruch der Klägerin gegen den Streithelfer begründet die Verpflichtung der Beklagten, den Rückbau zu dulden. Dass der Mietvertrag sie zur Nutzung der Wohnung in dem bestehenden Zustand berechtigt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Vertrag wirkt nur schuldrechtlich, also lediglich in dem Verhältnis zwischen den Beklagten und dem Streithelfer (vgl. BGH, Urt. v. 18. Januar 1995, XII ZR 30/93, NJW-RR 1995, 715; Urt. v. 29. November 1995, XII ZR 230/94, NJW 1996, 714, 715).
19
3. Rechtsfehlerfrei und von der Revision auch nicht angegriffen nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf bloße Duldung der Beseitigung des beeinträchtigenden Zustands gerichtet sein kann (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 660). Eine solche beschränkte Inanspruchnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn mehrere Störer für die Beeinträchtigung verantwortlich sind, da jeder Störer nur in dem Maße haftet, wie er in zurechenbarer Weise an der Beeinträchtigung mitwirkt (vgl. BGH, Urt. v. 3. Februar 1976, VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 1004 Rdn. 122; MünchKomm-BGB/Medicus, 4. Aufl., § 1004 Rdn. 75). Besteht der Beitrag des Besitzers - wie hier - nur darin, dass er sich kraft seiner Sachherrschaft der Beseitigung der Störung wi- dersetzt, kann er deshalb – sofern er Störer ist - auf Duldung der Beseitigung in Anspruch genommen werden (vgl. Senat, BGHZ 41, 393, 398 f.; Staudinger /Gursky, BGB [2006], § 1004 Rdn. 118 u. 150; Westermann, Lehrbuch des Sachenrechts, 7. Aufl., S. 267; Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II 2, 13. Aufl., S. 687; a.A. OLG München NZM 2003, 445).

III.

20
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 03.06.2005 - 3 O 474/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.03.2006 - 4 U 97/05 -

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 175/06 Verkündet am:
26. Januar 2007
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Teileigentümergemeinschaft, deren Mitglieder Miteigentümer eines nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilten Grundstücks sind (im Folgenden Teileigentümer). In dem darauf errichteten Gebäude befindet sich eine Tiefgarage, die über eine Sprinkleranlage verfügt. 1968/1969 wurde auf dem Nachbargrundstück, das der Beklagten seit 2004 gehört, ein Gebäude errichtet, in dessen Untergeschoss ebenfalls Stellflächen für Fahrzeuge hergestellt wurden. Auch dieser Parkraum wurde mit einer Sprinkleranlage versehen , die mit derjenigen der Teileigentümer verbunden wurde. 1999 wurden die Tiefgarage auf dem Nachbargrundstück vergrößert und die dort installierte Sprinkleranlage erweitert.
2
Den für die Funktionsfähigkeit der Sprinkleranlagen erforderlichen Leitungsdruck stellt eine Kompressionsanlage sicher, die zu dem Rohrleitungssystem der Teileigentümer gehört. Der Betrieb der Sprinkleranlage der Beklagten führt dazu, dass der Kompressor vermehrt eingesetzt werden muss. Ob die Verbindung der beiden Sprinkleranlagen mit Zustimmung der Klägerin hergestellt wurde, ist ebenso streitig, wie die Frage, wann die Klägerin von der Verbindung der Rohrsysteme erfuhr. Jedenfalls forderte die Klägerin im Oktober 2000 von der Beklagten für die anteilige Mitbenutzung ihrer Anlage in den Jahren 1996 bis 1999 einen Betrag von 3.240,52 DM, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte. Da es für die Folgezeit nicht zu einer Verständigung kam, erklärte die Klägerin wiederholt die Kündigung eines etwaigen Nutzungsverhältnisses , zuletzt im Dezember 2004 gegenüber der Beklagten. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte die Beklagte ab.
3
Die darauf erhobene Unterlassungsklage hat das Landgericht abgewiesen. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht die Beklagte unter Einräumung einer Schonfrist verurteilt, es zu unterlassen, die Sprinkleranlage der Klägerin zu nutzen. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, es liege eine Wiederholung gleichartiger Rechtsverletzungen vor, deren Unterlassung die Klägerin nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen könne. Da der Kern der Eigentumsbeeinträchtigung nicht in dem mehr als dreißig Jahre zurückliegenden Anschluss an das Rohrleitungssystem der Klägerin zu sehen sei, sondern in dessen fortwäh- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=163&S=154 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=116&S=392 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=116&S=392&I=395 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NZM&B=2006&S=81 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NZM&B=2006&S=81&I=82 - 4 - render Nutzung, sei der Anspruch nicht verjährt. Zur Duldung sei die Klägerin nicht verpflichtet. Insbesondere sei durch die Kündigung eine eventuelle Nutzungsgestattung oder ein etwa abgeschlossener Leihvertrag jedenfalls deshalb beendet worden, weil sich die Investitionen der Beklagten nach Ablauf von 30 Jahren amortisiert hätten. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung oder einen Rechtsmissbrauch lägen nicht vor.

II.

5
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil es an Feststellungen zur Prozessführungsbefugnis der Klägerin fehlt.
6
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats bildet die Wohnungseigentümergemeinschaft - für die Teileigentümergemeinschaft gilt nach § 1 Abs. 6 WEG nichts anderes - einen teilrechtsfähigen Verband, der Partei eines Rechtsstreits sein kann (vgl. Senat, BGHZ 163, 154, 158 ff.; Beschl. v. 30. März 2006, V ZB 17/06, NJW 2006, 2087, 2088). Der Verband ist jedoch weder Mitglied der Eigentümergemeinschaft noch Miteigentümer. Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum stehen daher weder dem Verband zu, noch können sie von ihm ohne einen entsprechenden Beschluss der Wohnungs- oder Teileigentümer gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschl. v. 30. März 2006, aaO; vgl. auch Senat, BGHZ 116, 392, 395; Wenzel, ZWE 2006, 2, 6 u. 462, 467 f.; Briesemeister, ZWE 2006, 15; Demharter, NZM 2006, 81, 82). Da dieser rechtliche Gesichtspunkt bislang keine Rolle gespielt hat, ist der Klägerin Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.
7
2. Für den Fall, dass das Berufungsgericht auf Grund der neuen Verhandlung zur Bejahung der Prozessführungsbefugnis der Klägerin gelangen sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:
8
a) Die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB liegen vor. Der Zugriff auf das zur Tiefgarage der Teileigentümer gehörende Sprinkleranlagensystem stellt eine der Beklagten als Störerin zuzurechnende Eigentumsbeeinträchtigung dar. Der Betrieb der Sprinkleranlage der Beklagten führt insbesondere dazu, dass der im Eigentum der Teileigentümer stehende Kompressor vermehrt zur Aufrechterhaltung des für den Brandschutz erforderlichen Leitungsdrucks in Betrieb gesetzt wird. Nach § 903 BGB steht es jedoch im Belieben der Teileigentümer, ihre Brandschutzvorrichtungen allein für ihr Eigentum einzusetzen und andere von jeder Einwirkung hierauf auszuschließen. Die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen folgt spätestens aus der verweigerten Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
9
Eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Berufung auf Staudinger/Gursky, BGB (2005), § 1004 Rdn. 196 gemeint hat, ein einmal gegebenes - hier streitiges - Einverständnis mit der Mitbenutzung der Sprinkleranlage, begründe eine Duldungspflicht (oder lasse gar die Eigentumsbeeinträchtigung entfallen), so ist dies falsch. Ohnehin wäre die Klägerin nicht an ein Einverständnis gebunden, das sie der Rechtsvorgängerin der Beklagten gegeben hätte; § 566 BGB gilt nämlich nicht. Davon abgesehen bindet eine unentgeltliche Gestattung nicht ewig. Etwas anderes nimmt auch Gursky nicht an. Er führt vielmehr zutreffend aus: "für § 1004 Abs. 2 BGB kann … nur entscheidend sein, ob gegenwärtig die notwendige schuldrechtliche oder dingliche Unterlage für die Eigentumsbeeinträchtigung gegeben ist". Daran fehlt es spätestens nach Kündigung eines etwaigen Nutzungsverhältnisses. Diese Kündigung bedurfte - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - keines "wichtigen Grundes". Solches sieht das Gesetz für ordentliche Kündigungen gerade nicht vor. Vielmehr ist bei unentgeltlichen Gestattungsverträgen sogar grundsätzlich von einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit auszugehen (vgl. für die Leihe § 604 Abs. 3 BGB).

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b) Entgegen der Auffassung der Revision ist der Unterlassungsanspruch nicht verjährt (zur Verjährbarkeit des Anspruchs aus § 1004 BGB nach § 195 BGB a.F. vgl. Senatsurt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036 m.w.N.). Zu Recht hat das Oberlandesgericht nicht isoliert auf die vor über dreißig Jahren hergestellte Verbindung der Rohrsysteme abgestellt. In Fällen der vorliegenden Art geht es nicht nur um die natürliche Fortwirkung einer beeinträchtigenden Einwirkung (vgl. Senat, BGHZ 60, 234, 241), sondern um die Wiederholung gleichartiger Rechtsverletzungen, die jeweils einen neuen - selbständigen - Unterlassungsanspruch auslöst (vgl. Senatsurt. v. 22. Juni 1990, NJW 1990, 2555, 2556 u. v. 21. Oktober 2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 236). Die Verbindung der Rohrleistungssysteme bildet lediglich die notwendige Voraussetzung für die wiederholten Zugriffe auf das im Eigentum der Teileigentümer stehende Sprinkleranlagensystem, insbesondere auf deren Kompressionsanlage, ohne die - bei den mehrfach am Tag auftretenden Druckabfällen in den Leitungen - ein funktionsfähiger Brandschutz nicht aufrechterhalten werden könnte. Bei jedem Druckabfall macht sich damit die Beklagte etwas zu Eigen, was nach § 903 BGB allein den Teileigentümern zugewiesen ist. Schon dies erhellt, dass die von der Revision befürwortete Fokussierung nur auf die vor über dreißig Jahren vorgenommene Verbindung der Rohrsysteme zu kurz greift. Das gilt umso mehr, als die Eigentumsbeeinträchtigungen infolge der Erweiterung der Sprinkleranlage im Jahr 1999 intensiviert worden sind. Davon abgesehen führte die Rechtsauffassung der Revision letztlich dazu, dass die Teileigentümer nicht nur die Verbindung der Rohre hinnehmen , sondern darüber hinaus ihre Sprinkleranlage und auch Löschwasser solange für die Beklagte vorhalten müssten, wie sie ihre eigene Sprinkleranlage nutzen. Dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand.
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c) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
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aa) Da jeder Zugriff auf das Sprinklersystem der Teileigentümer einen eigenständigen Unterlassungsanspruch auslöst, scheitert die Annahme einer Verwirkung schon an dem dafür erforderlichen Zeitmoment (vgl. Senat, Urt. v. 21. Oktober 2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 236).
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bb) Von Rechtsmissbrauch kann schon deshalb keine Rede sein, weil es nicht Sache der Teileigentümer ist, Brandschutzeinrichtungen für das Eigentum der Beklagten vorzuhalten. Abgesehen davon verweist die Revision weder auf Vorbringen, wonach es der Beklagten schlechterdings unmöglich ist, selbst für einen wirksamen Brandschutz Sorge zu tragen, noch auf Vorbringen, aus dem sich eine Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen ergibt.
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cc) Vor diesem Hintergrund lässt sich etwas anderes auch nicht aus den Grundsätzen über das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis herleiten, nach denen die Herrschaftsmacht des Eigentümers gemäß § 242 BGB nur in zwingenden Ausnahmefällen eingeschränkt werden kann (Senatsurt. v. 5. Mai 2006, V ZR 139/05, NJW-RR 2006, 1160, 1161 f. m.w.N.).
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.12.2005 - 8 O 11/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.06.2006 - I-9 U 12/06 -

(1) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wieder übernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.

(2) Der Besitzer einer Sache, die nach § 931 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigentümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.