Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2007 - V ZR 175/06

bei uns veröffentlicht am26.01.2007
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 8 O 11/05, 07.12.2005
Oberlandesgericht Düsseldorf, 9 U 12/06, 26.06.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 175/06 Verkündet am:
26. Januar 2007
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Teileigentümergemeinschaft, deren Mitglieder Miteigentümer eines nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilten Grundstücks sind (im Folgenden Teileigentümer). In dem darauf errichteten Gebäude befindet sich eine Tiefgarage, die über eine Sprinkleranlage verfügt. 1968/1969 wurde auf dem Nachbargrundstück, das der Beklagten seit 2004 gehört, ein Gebäude errichtet, in dessen Untergeschoss ebenfalls Stellflächen für Fahrzeuge hergestellt wurden. Auch dieser Parkraum wurde mit einer Sprinkleranlage versehen , die mit derjenigen der Teileigentümer verbunden wurde. 1999 wurden die Tiefgarage auf dem Nachbargrundstück vergrößert und die dort installierte Sprinkleranlage erweitert.
2
Den für die Funktionsfähigkeit der Sprinkleranlagen erforderlichen Leitungsdruck stellt eine Kompressionsanlage sicher, die zu dem Rohrleitungssystem der Teileigentümer gehört. Der Betrieb der Sprinkleranlage der Beklagten führt dazu, dass der Kompressor vermehrt eingesetzt werden muss. Ob die Verbindung der beiden Sprinkleranlagen mit Zustimmung der Klägerin hergestellt wurde, ist ebenso streitig, wie die Frage, wann die Klägerin von der Verbindung der Rohrsysteme erfuhr. Jedenfalls forderte die Klägerin im Oktober 2000 von der Beklagten für die anteilige Mitbenutzung ihrer Anlage in den Jahren 1996 bis 1999 einen Betrag von 3.240,52 DM, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte. Da es für die Folgezeit nicht zu einer Verständigung kam, erklärte die Klägerin wiederholt die Kündigung eines etwaigen Nutzungsverhältnisses , zuletzt im Dezember 2004 gegenüber der Beklagten. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lehnte die Beklagte ab.
3
Die darauf erhobene Unterlassungsklage hat das Landgericht abgewiesen. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht die Beklagte unter Einräumung einer Schonfrist verurteilt, es zu unterlassen, die Sprinkleranlage der Klägerin zu nutzen. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, es liege eine Wiederholung gleichartiger Rechtsverletzungen vor, deren Unterlassung die Klägerin nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen könne. Da der Kern der Eigentumsbeeinträchtigung nicht in dem mehr als dreißig Jahre zurückliegenden Anschluss an das Rohrleitungssystem der Klägerin zu sehen sei, sondern in dessen fortwäh- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=163&S=154 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=116&S=392 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=116&S=392&I=395 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NZM&B=2006&S=81 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NZM&B=2006&S=81&I=82 - 4 - render Nutzung, sei der Anspruch nicht verjährt. Zur Duldung sei die Klägerin nicht verpflichtet. Insbesondere sei durch die Kündigung eine eventuelle Nutzungsgestattung oder ein etwa abgeschlossener Leihvertrag jedenfalls deshalb beendet worden, weil sich die Investitionen der Beklagten nach Ablauf von 30 Jahren amortisiert hätten. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung oder einen Rechtsmissbrauch lägen nicht vor.

II.

5
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil es an Feststellungen zur Prozessführungsbefugnis der Klägerin fehlt.
6
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats bildet die Wohnungseigentümergemeinschaft - für die Teileigentümergemeinschaft gilt nach § 1 Abs. 6 WEG nichts anderes - einen teilrechtsfähigen Verband, der Partei eines Rechtsstreits sein kann (vgl. Senat, BGHZ 163, 154, 158 ff.; Beschl. v. 30. März 2006, V ZB 17/06, NJW 2006, 2087, 2088). Der Verband ist jedoch weder Mitglied der Eigentümergemeinschaft noch Miteigentümer. Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum stehen daher weder dem Verband zu, noch können sie von ihm ohne einen entsprechenden Beschluss der Wohnungs- oder Teileigentümer gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschl. v. 30. März 2006, aaO; vgl. auch Senat, BGHZ 116, 392, 395; Wenzel, ZWE 2006, 2, 6 u. 462, 467 f.; Briesemeister, ZWE 2006, 15; Demharter, NZM 2006, 81, 82). Da dieser rechtliche Gesichtspunkt bislang keine Rolle gespielt hat, ist der Klägerin Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben.
7
2. Für den Fall, dass das Berufungsgericht auf Grund der neuen Verhandlung zur Bejahung der Prozessführungsbefugnis der Klägerin gelangen sollte, weist der Senat auf Folgendes hin:
8
a) Die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB liegen vor. Der Zugriff auf das zur Tiefgarage der Teileigentümer gehörende Sprinkleranlagensystem stellt eine der Beklagten als Störerin zuzurechnende Eigentumsbeeinträchtigung dar. Der Betrieb der Sprinkleranlage der Beklagten führt insbesondere dazu, dass der im Eigentum der Teileigentümer stehende Kompressor vermehrt zur Aufrechterhaltung des für den Brandschutz erforderlichen Leitungsdrucks in Betrieb gesetzt wird. Nach § 903 BGB steht es jedoch im Belieben der Teileigentümer, ihre Brandschutzvorrichtungen allein für ihr Eigentum einzusetzen und andere von jeder Einwirkung hierauf auszuschließen. Die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen folgt spätestens aus der verweigerten Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
9
Eine Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Berufung auf Staudinger/Gursky, BGB (2005), § 1004 Rdn. 196 gemeint hat, ein einmal gegebenes - hier streitiges - Einverständnis mit der Mitbenutzung der Sprinkleranlage, begründe eine Duldungspflicht (oder lasse gar die Eigentumsbeeinträchtigung entfallen), so ist dies falsch. Ohnehin wäre die Klägerin nicht an ein Einverständnis gebunden, das sie der Rechtsvorgängerin der Beklagten gegeben hätte; § 566 BGB gilt nämlich nicht. Davon abgesehen bindet eine unentgeltliche Gestattung nicht ewig. Etwas anderes nimmt auch Gursky nicht an. Er führt vielmehr zutreffend aus: "für § 1004 Abs. 2 BGB kann … nur entscheidend sein, ob gegenwärtig die notwendige schuldrechtliche oder dingliche Unterlage für die Eigentumsbeeinträchtigung gegeben ist". Daran fehlt es spätestens nach Kündigung eines etwaigen Nutzungsverhältnisses. Diese Kündigung bedurfte - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - keines "wichtigen Grundes". Solches sieht das Gesetz für ordentliche Kündigungen gerade nicht vor. Vielmehr ist bei unentgeltlichen Gestattungsverträgen sogar grundsätzlich von einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit auszugehen (vgl. für die Leihe § 604 Abs. 3 BGB).

10
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist der Unterlassungsanspruch nicht verjährt (zur Verjährbarkeit des Anspruchs aus § 1004 BGB nach § 195 BGB a.F. vgl. Senatsurt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036 m.w.N.). Zu Recht hat das Oberlandesgericht nicht isoliert auf die vor über dreißig Jahren hergestellte Verbindung der Rohrsysteme abgestellt. In Fällen der vorliegenden Art geht es nicht nur um die natürliche Fortwirkung einer beeinträchtigenden Einwirkung (vgl. Senat, BGHZ 60, 234, 241), sondern um die Wiederholung gleichartiger Rechtsverletzungen, die jeweils einen neuen - selbständigen - Unterlassungsanspruch auslöst (vgl. Senatsurt. v. 22. Juni 1990, NJW 1990, 2555, 2556 u. v. 21. Oktober 2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 236). Die Verbindung der Rohrleistungssysteme bildet lediglich die notwendige Voraussetzung für die wiederholten Zugriffe auf das im Eigentum der Teileigentümer stehende Sprinkleranlagensystem, insbesondere auf deren Kompressionsanlage, ohne die - bei den mehrfach am Tag auftretenden Druckabfällen in den Leitungen - ein funktionsfähiger Brandschutz nicht aufrechterhalten werden könnte. Bei jedem Druckabfall macht sich damit die Beklagte etwas zu Eigen, was nach § 903 BGB allein den Teileigentümern zugewiesen ist. Schon dies erhellt, dass die von der Revision befürwortete Fokussierung nur auf die vor über dreißig Jahren vorgenommene Verbindung der Rohrsysteme zu kurz greift. Das gilt umso mehr, als die Eigentumsbeeinträchtigungen infolge der Erweiterung der Sprinkleranlage im Jahr 1999 intensiviert worden sind. Davon abgesehen führte die Rechtsauffassung der Revision letztlich dazu, dass die Teileigentümer nicht nur die Verbindung der Rohre hinnehmen , sondern darüber hinaus ihre Sprinkleranlage und auch Löschwasser solange für die Beklagte vorhalten müssten, wie sie ihre eigene Sprinkleranlage nutzen. Dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand.
11
c) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
12
aa) Da jeder Zugriff auf das Sprinklersystem der Teileigentümer einen eigenständigen Unterlassungsanspruch auslöst, scheitert die Annahme einer Verwirkung schon an dem dafür erforderlichen Zeitmoment (vgl. Senat, Urt. v. 21. Oktober 2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 236).
13
bb) Von Rechtsmissbrauch kann schon deshalb keine Rede sein, weil es nicht Sache der Teileigentümer ist, Brandschutzeinrichtungen für das Eigentum der Beklagten vorzuhalten. Abgesehen davon verweist die Revision weder auf Vorbringen, wonach es der Beklagten schlechterdings unmöglich ist, selbst für einen wirksamen Brandschutz Sorge zu tragen, noch auf Vorbringen, aus dem sich eine Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen ergibt.
14
cc) Vor diesem Hintergrund lässt sich etwas anderes auch nicht aus den Grundsätzen über das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis herleiten, nach denen die Herrschaftsmacht des Eigentümers gemäß § 242 BGB nur in zwingenden Ausnahmefällen eingeschränkt werden kann (Senatsurt. v. 5. Mai 2006, V ZR 139/05, NJW-RR 2006, 1160, 1161 f. m.w.N.).
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.12.2005 - 8 O 11/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.06.2006 - I-9 U 12/06 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 566 Kauf bricht nicht Miete


(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte un
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(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden.

(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(4) Wohnungseigentum und Teileigentum können nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird.

(5) Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück und das Gebäude, soweit sie nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen.

(6) Für das Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 17/06
vom
30. März 2006
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Auslegung der in das Grundbuch eingetragenen Befugnis eines Wohnungseigentümers
, auf dem Dach des gemeinschaftlichen Gebäudes "eine Funkfeststation" zu
betreiben, führt nicht dazu, dass der Betrieb einer Mehrzahl solcher Anlagen gestattet
wäre.
BGH, Beschl. v. 30. März 2006 - V ZB 17/06 - OLG München
LG München I
AG München
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 30. März 2006 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. Januar 2005 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 10. August 2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahren. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Verfahrens beträgt 15.000 €.

Gründe:


I.


1
Beteiligten Die sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage in O. . Die Antragsgegnerin ist die Wohnungseigentümerin der Einheit Nr. 89. Die Antragsteller sind die übrigen Wohnungseigentümer. Nach § 22 der in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist der jeweilige Eigentümer der Einheit Nr. 89 berechtigt, "… auf dem Dach des Gebäudes eine standortbezogene Funkfeststation und/oder Antennenanlage einschließlich aller hierfür erforderlichen Einrichtungen und Anlagen, insbesondere Stromanschluss , Stromzähler, Technikeinheit uneingeschränkt zu errichten , wieder aufzubauen, baulich zu ändern, instand zu setzen, instand zu halten, dauernd zu unterhalten und zu nutzen. ... Eine Funkfeststation besteht insbesondere aus der Versorgungseinheit , den Antennenträgern und der Antennenanlage. …"
2
Auf dem Dach des Gebäudes befindet sich derzeit eine Mobilfunkanlage. Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Montage zweier weiterer Anlagen.
3
Hiergegen wenden sich die Antragsteller. Das Amtsgericht hat einem entsprechenden Unterlassungsantrag stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen. Es meint, das Vorhaben der Antragsgegnerin bedeute eine nach der Gemeinschaftsordnung zulässige bauliche Änderung der vorhandenen Anlage. Das Oberlandesgericht München möchte der hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde der Antragsteller stattgeben. Es sieht sich daran durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Februar 2002 (NZM 2002, 612) gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


4
Vorlage Die ist statthaft (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
5
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, das Vorhaben der Antragsgegnerin bedeute die Errichtung weiterer eigenständiger Funkfeststationen neben der bereits vorhandenen Anlage. Dies sei von der Gemeinschaftsordnung nicht gedeckt. Die Gestattung, "eine" Funkfeststation zu errichten, sei im Sinne eines Zahlworts zu verstehen. Da die vorhandene Funkfeststation bei Beschluss der Gemeinschaftsordnung bestanden habe, spreche vieles dafür, dass die bestehende Anlage rechtlich abgesichert werden sollte. Dem entspreche der spätere Versuch des ursprünglichen Eigentümers der Wohnanlage, die Gestattung auf die Errichtung mehrerer Funkanlagen zu erweitern.
6
Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Köln in der Vergleichsentscheidung , die eine nahezu wortgleiche Gemeinschaftsordnung betrifft, die Ansicht , der Berechtigte sei zur Errichtung weiterer Anlagen befugt. Die Formulierung "eine Funkfestanlage" sei im Sinne eines unbestimmten Artikels zu verstehen , dessen Zweck in der Abgrenzung gegenüber anderen möglichen technischen Einrichtungen bestehe und keine Beschränkung der Anzahl der Anlagen bedeute.
7
Die Divergenz zwischen dem vorlegenden Oberlandesgericht und dem Oberlandesgericht Köln rechtfertigt die Vorlage. Zwar betrifft die Abweichung lediglich die Auslegung eines Rechtsgeschäfts, nämlich einer in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung als Bestandteil einer Teilungserklärung. Da die in Rede stehende Regelung jedoch über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus Verwendung findet, weist sie normähnlichen Charakter auf und ist deshalb einer bundesrechtlichen Vorschrift im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG gleichzustellen (vgl. Senat, BGHZ 113, 374, 376; 121, 236, 238; BGH, BGHZ 88, 302, 304; 92, 18, 21).

III.


8
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 27, 29, 22 Abs. 1 FGG). Sie hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
9
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts können die Antragsteller nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG von der Antragsgegnerin verlangen, die Montage weiterer Mobilfunkanlagen zu unterlassen.
10
1. Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit der Beteiligtenbezeichnung in der Antragsschrift die Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Antragsgegnerin als Antragsteller angesehen. Das trifft zu.
11
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats bildet die Wohnungseigentümergemeinschaft einen teilrechtsfähigen Verband, der Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens sein kann (Senat, BGHZ 163, 154 ff.). Soweit zur Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Gebäudes und des Grundstücks der Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten erforderlich ist, erfolgt dies durch den insoweit rechtsfähigen Verband, der aus den abgeschlossenen Verträgen berechtigt und verpflichtet wird. Gerichtliche Verfahren wegen Ansprüchen aus solchen Verträgen sind von dem bzw. gegen den Verband anhängig zu machen. Im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander sind die Ansprüche auf Erfüllung der regelmäßigen und besonderen Beiträge dem Verband zugeordnet und daher von diesem gegenüber den Wohnungseigentümern gerichtlich geltend zu machen.
12
Der Verband ist jedoch weder Mitglied der Eigentümergemeinschaft noch Miteigentümer des Grundstücks. Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum an dem Grundstück stehen daher weder dem Verband zu, noch können sie ohne einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer von dem Verband gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. Senat, BGHZ 116, 332, 335; ferner Wenzel, ZWE 2006, 2, 6; Briesemeister, ZWE 2006, 15; Demharter, NZM 2006, 81, 82). Dem entspricht die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin durch die Antragsteller. Ein den Verband ermächtigender Beschluss der Wohnungseigentümer , von der Antragsgegnerin gerichtlich zu verlangen, die Errichtung weiterer Mobilfunkstationen auf dem Dach des Gebäudes zu unterlassen, ist nicht getroffen.
13
2. Der Antrag ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil die Antragsteller im vorliegenden Verfahren durch ihren gemeinschaftlichen Bevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, nicht wirksam vertreten wären. Der Bevollmächtigte der Antragsteller ist von der Verwalterin der Eigentümergemeinschaft beauftragt worden, die Interessen der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin gerichtlich geltend zu machen. Nach § 7 Abs. 3 des Verwaltervertrages vom 22. August 2001 ist der Verwalter "in gerichtlichen Verfahren ... ermächtigt, nach Genehmigung durch den Verwaltungsbeirat auch einen fachkundigen Rechtsanwalt ... einzuschalten und Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsstreits/Rechtsnachteils erforderlich sind". Diese Regelung soll dem Verwalter in Angelegenheiten, die keinen Aufschub bis zur nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung dulden , die Befugnis geben, die Ansprüche Wohnungseigentümer im Hinblick auf ihre Mitberechtigung an dem Grundstück und dem Gebäude zu wahren. Hieran hat sich durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Entscheidung des Senats vom 2. Juni 2005, BGHZ 163, 154 ff, nur insoweit etwas geändert, als die interessengerechte Auslegung der in dem Verwaltervertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalterin (vgl. Abramenko, ZMR 2006, 6, 7) enthaltenen Bestimmung nunmehr dahin führt, dass der Verwalter in den genannten Fällen bevollmächtigt ist, die Ansprüche des Verbands in dessen Namen und die gemeinschaftsbezogenen Ansprüche aus dem Miteigentum im Namen der Wohnungseigentümer wahrzunehmen und hierzu einem Rechtsanwalt Untervollmacht zu erteilen.
14
Die Voraussetzungen der Bestimmung liegen vor. Bei Antragstellung am 6. Juli 2004 lag ein Eilbedürfnis vor. Die Montage weiterer Funkeinrichtungen auf dem Dach des Hauses durch die Antragsgegnerin stand unmittelbar bevor. Die Zustimmung des Verwaltungsbeirats mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Geltendmachung der hiergegen gerichteten Ansprüche der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin durch die Verwalterin ist am 15. Juni 2004 erteilt worden.
15
3. Die Entscheidung, ob eine Neuerrichtung oder - wie das Beschwerdegericht meint - lediglich eine bauliche Änderung einer Funkfeststation vorliegt, hängt maßgeblich davon ab, was nach der Gemeinschaftsordnung unter einer solchen Anlage zu verstehen ist.
16
Die Gemeinschaftsordnung definiert eine Funkfeststation als Einrichtung, die aus drei Bauteilen besteht, nämlich den Antennenträgern, der Antennenanlage und der Versorgungseinheit. Daraus ergibt sich, dass jede Einheit, die über diese Bauteile verfügt, nach dem Verständnis der Gemeinschaftsordnung eine Funkfeststation darstellt. Ist ein Vorhaben daher - wie im vorliegenden Fall - auf die Montage sämtlicher drei Komponenten gerichtet, so bedeutet dies keine Erweiterung einer bestehenden, sondern die Errichtung einer weiteren Anlage.
17
Ein solches Recht gewährt § 22 GO der Antragsgegnerin nicht. Die Auslegung der Gemeinschaftsordnung, die der Senat als Gericht der sofortigen weiteren Beschwerde selbst vornehmen kann (Senat, BGHZ 139, 288, 292; 157, 322, 331; 160, 354, 361 f), ergibt, dass lediglich die Aufstellung einer einzigen Funkfeststation gestattet ist.
18
a) Bei der Auslegung einer in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ist - wie bei der Auslegung von Grundbucheintragungen allgemein - auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung können nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, BGHZ 113, 374, 378; 121, 236, 239; 139, 288, 292; 156, 192, 197; 160, 354, 362). Soweit die Gemeinschaftsordnung ein Sondernutzungsrecht gewährt , ist dies zwar hinsichtlich der örtlichen Situation der Fall, nicht jedoch hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der Ordnung und ihrer einzelnen Regelungen , soweit sich diese nicht aus dem Grundbuchinhalt ergeben (KG NJW-RR 1989, 140; OLG Karlsruhe, ZMR 2001, 385, 386; KK-WEG/Elzer, § 3 Rdn. 38; Kreuzer in Festschrift für Merle, S. 203, 206).
19
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann den von dem vorlegenden Gericht für wesentlich angesehenen Auslegungskriterien keine Bedeutung beigemessen werden. Weder die Tatsache, dass bei Abfassung der Gemeinschaftsordnung bereits eine Funkfestanlage vorhanden war, noch der Gesichtspunkt, dass eine spätere Änderung der Gemeinschaftsord- nung gescheitert ist, sind dem unbefangenen Betrachter bekannt oder für diesen ohne weiteres erkennbar. Diese Umstände ergeben sich weder aus der tatsächlichen Situation noch aus dem Grundbuch. Sie müssen bei der gebotenen Auslegung daher außer Betracht bleiben. Maßgeblich für die Entscheidung, ob § 22 GO zur Errichtung mehrerer Mobilfunkanlagen berechtigt, sind vielmehr allein der Wortlaut, der Regelungszweck und die Systematik dieser Bestimmung.
20
b) Aus dem Wortlaut der Regelung allein lassen sich noch keine eindeutigen Erkenntnisse zu deren Auslegung gewinnen. Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, wird das Wort "ein" in der deutschen Sprache sowohl als Zahlwort als auch als unbestimmter Artikel gebraucht. Aus dem Regelungszweck und der Systematik des § 22 GO ergibt sich jedoch, dass die Bezeichnung im vorliegenden Fall (jedenfalls auch) im Sinne eines Zahlworts zu verstehen ist.
21
aa) Enthält eine Gemeinschaftsordnung eine dem § 22 GO entsprechende Vorschrift, so besteht deren Zweck maßgeblich darin, die widerstreitenden Interessen des jeweiligen Berechtigten einerseits und der übrigen Wohnungseigentümer andererseits im Hinblick auf die Nutzung des Dachs zu regeln. Ein Regelungsbedarf besteht dabei aus Sicht beider Seiten in zweierlei Hinsicht.
22
So ist es zunächst erforderlich, die Qualität der erlaubten Nutzung zu regeln und diese gegenüber unzulässigen anderen Gebrauchsformen abzugrenzen. Insoweit weist das Oberlandesgericht Köln zutreffend darauf hin, dass durch die Erlaubnis zur Errichtung einer Funkfeststation eine Nutzung durch andere mögliche technische Einrichtungen ausgeschlossen werden soll.
23
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln verfolgt die Vorschrift jedoch darüber hinaus noch ein weiteres Ziel. Aus Sicht der Beteiligten besteht ein Regelungsbedarf im Allgemeinen nicht nur in qualitativer, sondern auch und erst recht in quantitativer Hinsicht. Die Anzahl der erlaubten Funkfeststationen auf dem Dach des gemeinschaftlichen Gebäudes ist nämlich für sämtliche Beteiligten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Dabei stehen sich die Interessen des jeweiligen Berechtigten und der übrigen Wohnungseigentümer gegenüber. Während der Berechtigte bei Errichtung mehrerer Anlagen höhere Mieteinnahmen von den Mobilfunkbetreibern erzielen wird, kann dies bei den Wohnungen der anderen Eigentümer zu einem gravierenden Wertverlust führen (vgl. Kniep, WuM 2002, 598, 600; Bobka, RDM-Informationsdienst für Sachverständige 2003, 10, 16). Angesichts dieser widerstreitenden Interessen ist davon auszugehen, dass die Bestimmung im Zweifel nicht nur zur Art, sondern auch zum Umfang der erlaubten Nutzung eine Regelung herbeiführen soll.
24
bb) Dieses Ergebnis wird durch die systematische Auslegung der Bestimmung bestätigt. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die Gemeinschaftsordnung dem Berechtigten nicht nur die Errichtung einer Festfunkstation , sondern auch deren Wiederaufbau gestattet. Für die gesonderte Benennung dieser Befugnis besteht nur dann ein Grund, wenn sich die Erlaubnis zur Errichtung einer Anlage auf ein einmaliges Ereignis bezieht. Anders ist die ausdrückliche Gestattung des Wiederaufbaus nicht sinnvoll zu erklären. Wenn die Errichtung von Funkfeststationen jederzeit in beliebiger Anzahl zulässig sein soll, fehlt es an einem Bedürfnis, die Befugnis zum Wiederaufbau einer Anlage zu regeln. Die Regelung hat nur dann einen vernünftigen Gegenstand, wenn die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Berechtigung auf die Errichtung einer einzigen Anlage beschränkt ist. Nur in diesem Fall kann die Frage nach der Be- fugnis zur Wiedererrichtung der Anlage nach deren Zerstörung oder Beseitigung Bedeutung gewinnen.

IV.


25
Die Entscheidung über die Gerichtskosten der Beschwerderechtszüge folgt aus § 47 Satz 1 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, diese der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil sie unterlegen ist. Hingegen besteht kein Anlass , von dem in Wohnungseigentumssachen geltenden Grundsatz aus § 47 Satz 2 WEG abzuweichen, wonach die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
26
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie orientiert sich an den nicht angegriffenen Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.
Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.01.2005 - 1 T 15984/04 -
OLG München, Entscheidung vom 23.01.2006 - 34 Wx 16/05 -

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.

(2) Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.

(3) Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.

(4) Überlässt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.

(5) Die Verjährung des Anspruchs auf Rückgabe der Sache beginnt mit der Beendigung der Leihe.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL-VERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
V ZR 98/03 Verkündet am:
12. Dezember 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Störer kann nicht nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden,
wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet
, sondern auch, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise
aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können.
BGH, Teil-Vers.- und Schlußurt. v. 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 6. März 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 21. November 2001 abgeändert, soweit diese Urteile zum Nachteil der Klägerin ergangen sind.
Über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus wird die Beklagte zu 2 verurteilt, den auf dem Grundstück K. straße 3 in K. an der westlichen Grundstücksgrenze im Abstand von ca. 2,75 m zur nördlichen Grundstücksgrenze unmittelbar neben der Garage des Grundstücks H. straße 18 in K. stehenden Nadelbaum zu entfernen.
Die Revisionen der Beklagten werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen die Beklagte zu 1 zu 5/8 und die Beklagte zu 2 zu 3/8; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte zu 1 zu 6/11 und die Beklagte zu 2 zu 5/11.

Das Urteil ist im Hauptausspruch und hinsichtlich 1/6 der von der Beklagten zu 2 zu tragenden Kosten vorläufig vollstreck- bar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks in K. . Das benachbarte Grundstück stand zunächst im Eigentum der Beklagten zu 1; seit dem 25. Oktober 2000 ist die Beklagte zu 2 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine 17,5 m hohe Rotfichte. Von der Stammmitte aus gemessen ist der Baum 0,75 m von der Außenwand einer Garage entfernt, die auf dem Grundstück der Klägerin entlang der Grenze errichtet ist.
An der grenzseitigen Garagenwand sowie an einer neben der Garagenzufahrt verlaufenden Stützmauer zu dem höher gelegenen Nachbargrundstück bildeten sich Risse. Deren Ursache sieht die Klägerin in dem Wurzelwerk der Fichte auf dem Nachbargrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie beide Beklagten in erster Linie auf Entfernung dieses Baumes und hilfsweise auf geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Baum und dessen Wurzeln in Anspruch. Daneben hat sie von der Beklagten zu 1 die Zahlung von 2.000 DM sowie gegenüber beiden Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zu Schadensersatz verlangt. Das Amtsgericht hat die
Beklagte zu 1 zur Beseitigung der Rotfichte und Durchtrennung der im Boden verbleibenden Wurzeln verurteilt; es hat ferner dem Zahlungsantrag und - hinsichtlich der Verzugsschäden - dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 1 stattgegeben. Die Beklagte zu 2 hat das Amtsgericht nur auf den Hilfsantrag zu geeigneten Maßnahmen der Schadensverhinderung verurteilt und ferner deren Ersatzpflicht für Schäden seit ihrem Eigentumserwerb festgestellt. Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung sowie die Klägerin mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag jeweils ohne Erfolg Berufung eingelegt. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Entfernung der Fichte. Die von den Beklagten eingelegten Revisionen sind nicht begründet worden.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei auf Grund einer Vereinbarung mit der Klägerin zur Beseitigung der Fichte und zur Zahlung von 2.000 DM verpflichtet. Da sie mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Verzug geraten sei, müsse sie außerdem den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen. Gegenüber der Beklagten zu 2 ergebe sich ein Beseitigungsanspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten habe das Wurzelwerk des Baumes an der Mauer einen "Druckstempel" ausgebildet, der sich bei Einwirkung von Windenergien auf den Baum gegen die Garagenwand presse. Der Beseitigungsanspruch sei weder durch die Aus-
schlußfristen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes gehindert noch gemäß § 195 BGB a.F. verjährt. Hinsichtlich Art und Weise der Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung habe die Beklagte zu 2 allerdings ein Wahlrecht. Ihre Verpflichtung dürfe nicht auf die Beseitigung des Baumes verengt werden, weil dies nicht die einzige insoweit in Betracht kommende Möglichkeit sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen reiche es etwa aus, den Baum auf hälftiger Höhe zu kappen und in der Folgezeit für einen Rückschnitt zu sorgen, oder auch den Baum mit statisch gesichertem und stabilem Material zu umbauen.
Dies hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.

II.


Die Revisionen der Beklagten sind unzulässig, weil beide die erforderliche Begründung ihrer Rechtsmittel (§ 551 ZPO) versäumt haben. Hingegen ist die Revision der Klägerin zulässig und begründet.
1. Die Statthaftigkeit der Revision der Klägerin scheitert nicht an der fehlenden Zulassung des Rechtsmittels für diese Partei (§ 543 Abs. 1 ZPO). Zwar hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Beklagten beschränken können, nachdem es die von ihm als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfragen der Verjährung und des Fristablaufs nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz ausschließlich zu deren Ungunsten entschieden hat (vgl. BGHZ 7, 62, 63; 130, 50, 59; MünchKomm-ZPO/Wenzel, Aktualisierungsband, § 543 Rdn. 33). Es hat jedoch in den Tenor eine solche Beschränkung nicht aufgenommen. Auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die
für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision ebenfalls heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 8. März 1995, VIII ZR 156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486), ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht mit der gebotenen Deutlichkeit (vgl. Senat, Urt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, Umdruck S. 7 f, insoweit in ZOV 2003, 310 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 7. Juli 1983, III ZR 119/82, NJW 1984, 615).
2. In der Sache selbst bejaht das Berufungsgericht zu Recht einen Abwehranspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. Dieser ergibt sich allerdings nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern als Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nicht beizutreten ist zudem der Auffassung des Berufungsgerichts, mit dem Abwehranspruch könne im vorliegenden Fall nicht die Entfernung der Fichte verlangt werden.

a) Eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin steht im vorliegenden Fall wegen der eingetretenen Substanzverletzung außer Frage (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 68). Nach den rechtsfehlerfreien - und von der Klägerin als ihr günstig hingenommenen - Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Wurzelwerk der Fichte zu Druckschäden an der Mauer der Garage auf dem Grundstück der Klägerin. Die bereits eingetretenen Schäden am Mauerwerk begründen allerdings nicht die - für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche - Gegenwärtigkeit der Einwirkung. Es handelt sich hierbei vielmehr um die Folgen aus dem störenden Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin, deren Beseitigung ausschließlich im Wege des Schadensersatzes verlangt werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Demgemäß zielt der geltend gemachte Ab-
wehranspruch auch auf die Ursache der Eigentumsbeeinträchtigung, die nach den getroffenen Feststellungen in dem über die Wurzeln abgeleiteten Winddruck auf den Stamm des Baumes zu sehen ist. Insoweit geht es der Klägerin darum, künftige weitere Störungen ihres Eigentums in Gestalt zusätzlicher Schäden am Mauerwerk abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hingegen erstrebt die Klägerin nicht die Beseitigung von Baumwurzeln, die von dem Grundstück der Beklagten zu 2 her eindringen (vgl. dazu Senat, BGHZ 135, 235, 238 - Tennisplatz /Pappelwurzel; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung vorgesehen - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Folgerichtig hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wurzeln der Fichte über die Grenze hinweg in das Grundstück der Klägerin gewachsen sind.
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind erfüllt. Insbesondere spricht angesichts des bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1986, VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505).

b) Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte zu 2 als Störerin. Insoweit ist unerheblich, daß sie den Baum nicht selbst angepflanzt, sondern das Grundstück bereits mit dem Baumbewuchs erworben hat, der eine weitere Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin besorgen läßt. Auch Störungen , die allein auf natürlichen Vorgängen beruhen - wie hier der Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand - können dem Grundstückseigentümer zurechenbar sein. So muß der Grundstückseigentümer z.B. dafür Sorge tragen,
daß Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen und die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen. Das ergibt sich aus § 910 BGB (Senat, Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dringen die Wurzeln dagegen nicht in das Nachbargrundstück ein, üben sie jedoch unter dem Einfluß von Wind als zusätzlichem Naturereignis auf Grund der Hebelwirkung des Baumes einen das Nachbargrundstück schädigenden Druck aus, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung des Senats darauf an, ob den Eigentümer des störenden Grundstücks eine "Sicherungspflicht" trifft (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen - Kiefernadeln; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei u.a. entscheidend ist, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft der Beklagten zu 2 allein schon deswegen zu bejahen, weil sie den im Streit befindlichen Baum unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zum Grenzabstand (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) unterhält (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 - Kiefernadeln; zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen ).

c) Aus § 907 Abs. 2 BGB folgt kein Hindernis für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vorschrift nimmt Bäume und Sträucher von dem Anwendungsbereich des § 907 Abs. 1 BGB aus (vgl. Senat, Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, aaO). Betrifft sie danach lediglich den speziellen Abwehranspruch nach § 907 Abs. 1 BGB, so kann der
Regelung nichts für den hier entscheidenden allgemeinen Abwehranspruch aus § 1004 BGB entnommen werden.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Unterlassungsanspruchs verneint. Hierfür ist zunächst das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterfielen dabei die Abwehransprüche aus § 1004 BGB der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (Senat, BGHZ 60, 235, 238; BGHZ 125, 56, 63; Senat, Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM § 1004 BGB Nr. 156 jeweils für den Beseitigungsanspruch; Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556, insoweit in BGHZ 112, 1 nicht abgedruckt , für den Unterlassungsanspruch). Entscheidend für den Beginn dieser Verjährung ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 nicht etwa der Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern gemäß § 198 BGB a.F. der Zeitpunkt der Entstehung des Unterlassungsanspruchs (Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, aaO). Das Berufungsgericht hat hierfür zutreffend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Mauerwerksschäden zu Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts abgestellt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2000 war mithin noch keine Verjährung eingetreten, so daß mit der Rechtshängigkeit die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen wurde. Seit dem 1. Januar 2002 ist an die Stelle der Unterbrechung die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. getreten (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es führt hier im übrigen zu keinem anderen Ergebnis, wenn mit der Gegenauffassung eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil dieser nur künftige Beeinträchtigungen abwenden solle, schlechthin (so etwa Staudinger /Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 218; MünchKomm-BGB/Medicus,
3. Aufl., § 1004 Rdn. 83 jeweils m.w.N.) oder mit Blick auf § 902 Abs. 1 BGB nur für Ansprüche aus dem Grundeigentum (so etwa LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338; Picker, JuS 1974, 357, 358 f) verneint wird.

e) Zur Erfüllung ihrer mithin zu bejahenden Unterlassungsverpflichtung schuldet die Beklagte zu 2 unter den gegeben Umständen die Entfernung der Rotfichte. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei lediglich verpflichtet, "geeignete Maßnahmen" vorzunehmen, um eine Beschädigung der Garagenwand durch das Wurzelwerk des Baumes zu verhindern.
aa) Ihrer Verurteilung zur Entfernung des Baumes steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 (lediglich) eine Unterlassungspflicht trifft. Läßt sich nämlich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, so schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun (Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 204). Dabei geht das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht davon aus, daß der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, auf welchem Weg er die bevorstehende Eigentumsbeeinträchtigung abwendet (Senat, BGHZ 120, 239, 248; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, NJW 1983, 751, 752; vgl. auch Senat, BGHZ 111, 63, 72; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, NJW 1984, 1242, 1243). Dies hat seinen Grund in der Überlegung, daß die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seines Eigentums erfordert (Senat, BGHZ 67, 252, 253). Der Urteilsausspruch kann daher in der Regel nur allgemein auf Unterlassung von
Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, aaO).
bb) Folgerichtig steht aber einer Verurteilung zu einer konkreten Maßnahme dann nichts im Wege, wenn nur sie den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet (vgl. Senat, BGHZ 67, 252, 254; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, aaO). Nichts anderes kann gelten, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (so wohl auch MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 86). In dieser Lage fehlt es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen wählen zu können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materiellen Gehalt läßt die Rechtsordnung nicht zu (vgl. Senat, BGHZ 105, 154, 158; BGHZ 100, 95, 105 jeweils zu § 242 BGB).
cc) Im vorliegenden Fall fehlt der Beklagten zu 2 nach vernünftigen Maßstäben das Interesse an anderen Abhilfemaßnahmen als dem Entfernen des Baumes. Zwar kommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwei weitere Möglichkeiten in Betracht, um den Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand zu verhindern. Dabei legt aber das Berufungsgericht selbst dem zuerst erwogenen Kappen des Baumes auf hälftiger Höhe "verheerende Folgen" bei. Es wäre nicht nur das Erscheinungsbild des Baumes unwiederbringlich zerstört, die Beklagte zu 2 müßte vielmehr mit dem Absterben des Baumes binnen weniger Jahre rechnen. Sie müßte zudem ein erneutes Wachsen des Baumes durch wiederholten Rückschnitt verhindern. Ein nachvollziehbarer Vorteil gegenüber einer Fällung der Fichte ist hiernach nicht zu erkennen. Dies gilt erst recht für die zweite vom Berufungsgericht festgestellte Alter-
native der "Umbauung des Baumes mit einem statisch gesicherten und stabilen Material." Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß eine solche Maßnahme für die Beklagte zu 2 "wirtschaftlich und/oder ästhetisch … unsinnig" sein mag. Für ein gleichwohl vorhandenes vernünftiges Interesse der Beklagten zu 2 am Erhalt der Fichte in umbautem Zustand fehlt jeder Hinweis.
dd) Einer Verurteilung zur Beseitigung des Baumes auf Grund eines Unterlassungsanspruchs stehen die Regelungen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes (HNRG) nicht entgegen, obwohl nach der - für den Senat insoweit bindenden (§§ 560, 545 Abs. 1 ZPO) - Entscheidung des Berufungsgerichts der Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 1 HNRG einen Beseitigungsanspruch der Klägerin wegen des nicht eingehaltenen Grenzabstandes von 2 m (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) ausschließt. Eine solche landesgesetzliche Regelung kann - wie Art. 124 EGBGB zeigt - das Grundstückseigentum zugunsten des Nachbarn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergeben (vgl. Staudinger/Albrecht [1997], Art. 124 EGBGB Rdn. 8; MünchKomm -BGB/Säcker, 3. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1). Vorliegend gewährt das Landesrecht einen Anspruch auf Entfernung des Baumes allein schon deswegen, weil der maßgebende Grenzabstand nicht eingehalten ist. Daneben besteht ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der von zusätzlichen Voraussetzungen , insbesondere einer zu besorgenden weiteren Eigentumsbeeinträchtigung abhängig ist. Der Ausschluß des für den Nachbarn vorteilhafteren landesrechtlichen Anspruchs bleibt mithin auf seinen Anwendungsfall beschränkt und läßt einen konkurrierenden - nur unter strengeren Voraussetzungen begründeten - Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt.
Insbesondere ändert die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes des § 43 Abs. 1 HNRG nichts an der Störereigenschaft der Beklagten zu 2 (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 14 - Kiefernadeln) und steht Abwehransprüchen aus § 1004 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn sich die nicht zu duldenden Einwirkungen aus dem weiteren Wachstum des Baumes ergeben (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 7 - Kiefernadeln).
3. Das Berufungsurteil hat demnach keinen Bestand, soweit es die Abweisung des in erster Linie verfolgten Antrags auf Entfernung des Baumes bestätigt (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, war sie nach § 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 169/04 Verkündet am:
21. Oktober 2005
Wilms
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 242 Ce, 862 Abs. 1, 906, 1004 Abs. 1

a) Sollen mit dem aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Unterlassungsanspruch
wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen
auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus; die im Rahmen
des Einwands der Verwirkung für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche
Frist beginnt jeweils neu zu laufen.

b) Das Fehlen einer notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigung stellt für die
Frage der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung nur ein Kriterium von mehreren
dar. Entscheidend ist eine Würdigung aller Umstände, ausgerichtet am Empfinden
eines "verständigen Durchschnittsmenschen", insbesondere unter Berück-
sichtigung der nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB maßgeblichen Grenz- oder
Richtwerte.
BGH, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04 - OLG Stuttgart
LG Rottweil
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin zu 2 ist Nießbrauchsberechtigte eines Hausgrundstücks, welches sie seit 1991 mit dem Kläger zu 1, ihrem Ehemann, bewohnt. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet sich das Grundstück der Beklagten , die dort ein von ihrem verstorbenen Ehemann übernommenes Fuhrunternehmen betreibt.
2
Der Ehemann der Beklagten erhielt 1970 die Genehmigung zum Bau eines Wohnhauses mit zwei Pkw-Garagen und zwei Lkw-Garagen „als Fuhrgeschäft“ sowie für eine oberirdische Heizöllagerung von 12.000 Litern. Das Wohnhaus mit den zwei Pkw-Garagen wurde erstellt, die beiden Lkw-Garagen hingegen nicht. Statt dessen legte der Ehemann der Beklagten Abstellplätze für bis zu drei Lkw an. Er errichtete zudem eine 1972 nachträglich zugelassene Eigenverbrauchstankstelle, die inzwischen stillgelegt wurde. Von einer 1978 erteilten Genehmigung für den Neubau einer Montagegrube machte er keinen Gebrauch. Heute besteht der Fuhrpark aus zwei oder drei Lastkraftwagen, davon mindestens zwei Tanklastzügen, die als Gefahrguttransporter eingesetzt werden.
3
Seit 1998 wenden sich die Kläger mit zahlreichen Eingaben an Behörden und an den Petitionsausschuss des Landtags Baden-Württemberg sowie mit einer verwaltungsgerichtlichen Klage vergeblich gegen den - zeitweilig bis zu acht Lastkraftwagen umfassenden - Fuhrbetrieb. Sie fühlen sich durch Anund Abfahrten der Lastzüge, durch Dieselabgase und insbesondere durch an Samstagen ausgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten beeinträchtigt.
4
Das Landgericht hat die vorliegende Klage, mit der die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Benutzung ihres Grundstücks als Fuhrbetrieb mit Tanklastzügen und Hängerzügen sowie für die Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten verlangen, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist es bei der Prüfung der Wesentlichkeit und der Ortsüblichkeit von Immissionen ein sachgerechter Ansatz, ob die emittierende Anlage mit oder ohne behördliche Genehmigung betrieben wird. Ein nicht genehmigter Betrieb könne nicht ortsüblich sein. Das Fehlen der notwendigen Genehmigung spreche zudem so lange für eine Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks, wie nicht feststehe, dass die Anlage ohne Einschränkungen genehmigungsfähig sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in einem zwischen den Klägern und der Gemeinde geführten Rechtsstreit sei der gesamte Fuhrbetrieb der Beklagten materiell baurechtswidrig und in seiner Ausprägung nicht genehmigungsfähig. Damit sei nach den von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Darlegungs - und Beweisregeln vorgegeben, dass von dem Betrieb der Beklagten Einwirkungen ausgingen, welche die Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigten. Da die Genehmigungsfähigkeit einer typisierenden Betrachtung folge, komme es nicht darauf an, ob hier Lärmschutzvorschriften eingehalten seien. Ob Immissionsunterlassungsansprüche verwirkt werden könnten, brauche nicht entschieden zu werden, denn die Voraussetzungen für eine Verwirkung lägen nicht vor.
6
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


7
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung getroffen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 139 ZPO verstoßen habe. Entgegen ihrer Ansicht war es nicht verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich der möglichen Verwirkung des Unterlassungsanspruchs ihren Vortrag zu dem sogenannten Umstandsmoment für nicht ausreichend hielt.
8
Zwar trifft es zu, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen kann, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO gibt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urt. v. 27. April 1994, XII ZR 16/93, WM 1994, 1823, 1824 m.w.N.). Aber diese Situation war hier nicht gegeben. Das Landgericht hat nicht, wie die Beklagte meint, die Klageabweisung (auch) damit begründet, die Kläger müssten sich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen. Vielmehr hat es den Gesichtspunkt der Verwirkung lediglich angesprochen, ohne darüber eine Entscheidung zu treffen. Zudem bestand für das Berufungsgericht auch deshalb keine Hinweispflicht , weil das Problem der Verwirkung von Beginn an eine der zentralen Fragen des Rechtsstreits und auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war; dabei hat es den Parteien den weiteren Verfahrenslauf aufgezeigt, falls der Gesichtspunkt der Verwirkung nicht zum Tragen kommen sollte. Bei dieser Sachlage war die Beklagte auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, umfassend zu den beiden Elementen der Verwirkung, dem Zeit- und dem Umstandsmoment, vorzutragen. Außerdem schließt die Vorgehensweise des Berufungsgerichts die Annahme aus, es habe eine Überraschungsentscheidung zu Lasten der Beklagten getroffen.
9
2. Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, der Anspruch der Kläger gegen die Beklagte sei verwirkt. Allerdings kann hier offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht erfüllt ist; denn es fehlt an dem ebenfalls notwendigen Zeitmoment.
10
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung, siehe nur Senat, BGHZ 122, 308, 315 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14. November 2002, VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (Senat, BGHZ 122, 308, 314). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 95/93, WM 1994, 1944, 1945). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger /Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rdn. 163; MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 Rdn. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdn. 107; Soergel /Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB [1995], § 242 Rdn. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (vgl. Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556).
11
b) Bei Unterlassungsansprüchen der hier vorliegenden Art ist zu unterscheiden : Sollen wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus (Bamberger/Roth/Grüneberg, aaO; Palandt/Heinrichs, aaO; ebenso RG JW 1935, 1775 für den Schadensersatzanspruch). Die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginnt jeweils neu zu laufen, so dass es in der Regel - mit Ausnahme besonders langer Unterbrechungen - an dem Zeitmoment fehlt. Ob das auch für die Abwehr ununterbrochen andauernder Einwirkungen gilt (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, WM 1995, 300, 301 für den Beginn der Ausschlussfrist des § 864 Abs. 1 BGB), kann offen bleiben. Solche Immissionen sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
12
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks durch Immissionen angenommen, die von dem Grundstück der Beklagten herrühren. Die Feststellungen in dem Berufungsurteil rechtfertigen das nicht.
13
a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht - stillschweigend - davon ausgegangen, dass den Klägern ein Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 1065 BGB gegen die Beklagte als Betreiberin des störenden Fuhrunternehmens zustehen kann; richtig ist auch, dass ein solcher Anspruch nicht nach § 864 Abs. 1 BGB durch Fristablauf erloschen und die Zulässigkeit der Immissionen am Maßstab des § 906 BGB zu messen ist (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, WM 1995, 300, 301).
14
b) Fehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Vortrag der Beklagten für unerheblich gehalten, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der in den Vorschriften der TA-Lärm für Mischgebiete enthaltenen Grenzwerte. Das zeigt, dass das Berufungsgericht die für seine Ansicht herangezogene Rechtsprechung des Senats missverstanden hat. Es hat die für den Erfolg des Unterlassungsanspruchs notwendige Unterscheidung zwischen einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks und einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB) verkannt. In seinem Urteil vom 30. Oktober 1998 hat der Senat nicht den Grundsatz aufgestellt, dass die von einem Betrieb auf ein Nachbargrundstück einwirkenden Immissionen als wesentlich anzusehen sind, wenn dieser bauplanungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig ist; vielmehr hat er es lediglich für rechtlich unbedenklich gehalten, bei der Erheblichkeitsprüfung die Tatsache mit zu berücksichtigen, dass die für den Betrieb notwendige behördliche Genehmigung fehlt (BGHZ 140, 1, 6 f.). Hinsichtlich der ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks hat der Senat entschieden, dass eine vorhandene Genehmigung nicht automatisch die Ortsüblichkeit begründet, sondern dafür nur einen Anhalt bietet; das Fehlen einer notwendigen Genehmigung schließt allerdings die Ortsüblichkeit aus (BGHZ 140, 1, 9), jedenfalls dann, wenn es auch an der Genehmigungsfähigkeit fehlt (vgl. Wenzel, NJW 2005, 241, 245). Das verdeutlicht, dass bei der für die Feststellung der Wesentlichkeit erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände das Fehlen der öffentlich-rechtlichen Genehmigung nur ein einzelnes Kriterium ist. Es kann zu dem Ergebnis führen, dass die von dem Betriebsgrundstück ausgehenden Emissionen die Benutzung des Nachbargrundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen und deshalb kein Unterlassungsanspruch des Nachbarn besteht. Dass der Betrieb aus öffentlich-rechtlichen Gründen wegen fehlender Genehmigung nicht aufrechterhalten bleiben dürfte, ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks somit nicht von alleiniger Bedeutung. Maßgeblich bleibt, ob im konkreten Fall von dem Betrieb Immissionen ausgehen, die sich nach dem Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" als wesentlich darstellen (Senat BGHZ 148, 261, 264 m.w.Nw.). Dabei können die nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB maßgeblichen Regelwerke, in denen Grenz- oder Richtwerte für Immissionen festgelegt sind, nicht außer Betracht gelassen werden.
15
4. Unter diesen Gesichtspunkten wird das Berufungsgericht dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte.
16
a) Trifft das zu, ist zunächst von der Unwesentlichkeit der Lärmbeeinträchtigung für die Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks auszugehen (§ 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB); es ist dann Sache der Kläger, Umstände darzulegen und zu beweisen, welche diese Indizwirkung erschüttern (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, NJW 2004, 1317, 1318). Dazu haben sie bisher nichts vorgetragen, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen sind, von der Beklagten wegen der fehlenden baurechtlichen Genehmigung die Unterlassung der Benutzung des Grundstücks zum Befahren, Abstellen sowie zur Reparatur und Wartung von Lastkraftwagen verlangen zu können. Insoweit müssen die Kläger gegebenenfalls Gelegenheit zu weiterem Vortrag erhalten.
17
b) Bestätigt sich der Vortrag der Beklagten nicht, werden die maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte also überschritten, rechtfertigt das allerdings nicht ohne weiteres die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks , sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (Senat, grundstücks, sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, aaO). Der Beklagten wird damit nicht die Möglichkeit abgeschnitten, eine nur unwesentliche Beeinträchtigung darzulegen und zu beweisen.
18
c) Die indizielle Bedeutung der Einhaltung oder Nichteinhaltung von Grenz- oder Richtwerten muss das Berufungsgericht beachten. Es kann im Rahmen seines Beurteilungsspielraums unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Empfindens eines verständigen Durchschnittsmenschen von dem Regelfall abweichen und trotz Unterschreitens der Werte eine wesentliche Beeinträchtigung annehmen oder eine solche trotz Überschreitens der Werte verneinen.
19
5. Das Berufungsgericht wird auch Feststellungen zu der Wesentlichkeit der von den Klägern ebenfalls geltend gemachten Beeinträchtigungen durch das Einsickern von Schweröl in den Boden und durch die Abgase der LkwMotoren treffen müssen. Falls es wegen einer oder mehrerer Immissionen eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks feststellt, wird es aufzuklären haben, ob sie durch eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten herbeigeführt wird und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). Verneint es die Ortsüblichkeit, muss es den Klägern die Möglichkeit zu einer Anpassung ihres Unterlassungsantrags geben. Die Parteien und das Berufungsgericht haben nämlich bisher übersehen, dass der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann, es also grundsätzlich ihm überlassen bleibt, auf welchem Weg er die Beeinträchtigung abwendet; daher kann der Beeinträchtigte in der Regel lediglich die Vornahme geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung verlangen und der Urteilsausspruch nur allgemein auf Unterlassung von Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1037 m.w.N.). Hier haben die Kläger jedoch bisher die Verurteilung der Beklagten zu einer konkreten Maßnahme beantragt, die das Berufungsgericht auch ausgesprochen hat. Das ist aber nur dann zulässig, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet oder wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise jedoch nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (Senat, Urt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, aaO). Dazu fehlt es bisher an Parteivortrag und an Feststellungen des Berufungsgerichts.

III.


20
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Krüger Klein Lemke
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 02.02.2004 - 3 O 351/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.07.2004 - 2 U 27/04 -

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 169/04 Verkündet am:
21. Oktober 2005
Wilms
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 242 Ce, 862 Abs. 1, 906, 1004 Abs. 1

a) Sollen mit dem aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Unterlassungsanspruch
wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen
auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus; die im Rahmen
des Einwands der Verwirkung für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche
Frist beginnt jeweils neu zu laufen.

b) Das Fehlen einer notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigung stellt für die
Frage der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung nur ein Kriterium von mehreren
dar. Entscheidend ist eine Würdigung aller Umstände, ausgerichtet am Empfinden
eines "verständigen Durchschnittsmenschen", insbesondere unter Berück-
sichtigung der nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB maßgeblichen Grenz- oder
Richtwerte.
BGH, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04 - OLG Stuttgart
LG Rottweil
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin zu 2 ist Nießbrauchsberechtigte eines Hausgrundstücks, welches sie seit 1991 mit dem Kläger zu 1, ihrem Ehemann, bewohnt. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet sich das Grundstück der Beklagten , die dort ein von ihrem verstorbenen Ehemann übernommenes Fuhrunternehmen betreibt.
2
Der Ehemann der Beklagten erhielt 1970 die Genehmigung zum Bau eines Wohnhauses mit zwei Pkw-Garagen und zwei Lkw-Garagen „als Fuhrgeschäft“ sowie für eine oberirdische Heizöllagerung von 12.000 Litern. Das Wohnhaus mit den zwei Pkw-Garagen wurde erstellt, die beiden Lkw-Garagen hingegen nicht. Statt dessen legte der Ehemann der Beklagten Abstellplätze für bis zu drei Lkw an. Er errichtete zudem eine 1972 nachträglich zugelassene Eigenverbrauchstankstelle, die inzwischen stillgelegt wurde. Von einer 1978 erteilten Genehmigung für den Neubau einer Montagegrube machte er keinen Gebrauch. Heute besteht der Fuhrpark aus zwei oder drei Lastkraftwagen, davon mindestens zwei Tanklastzügen, die als Gefahrguttransporter eingesetzt werden.
3
Seit 1998 wenden sich die Kläger mit zahlreichen Eingaben an Behörden und an den Petitionsausschuss des Landtags Baden-Württemberg sowie mit einer verwaltungsgerichtlichen Klage vergeblich gegen den - zeitweilig bis zu acht Lastkraftwagen umfassenden - Fuhrbetrieb. Sie fühlen sich durch Anund Abfahrten der Lastzüge, durch Dieselabgase und insbesondere durch an Samstagen ausgeführte Wartungs- und Reparaturarbeiten beeinträchtigt.
4
Das Landgericht hat die vorliegende Klage, mit der die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Benutzung ihres Grundstücks als Fuhrbetrieb mit Tanklastzügen und Hängerzügen sowie für die Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten verlangen, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist es bei der Prüfung der Wesentlichkeit und der Ortsüblichkeit von Immissionen ein sachgerechter Ansatz, ob die emittierende Anlage mit oder ohne behördliche Genehmigung betrieben wird. Ein nicht genehmigter Betrieb könne nicht ortsüblich sein. Das Fehlen der notwendigen Genehmigung spreche zudem so lange für eine Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks, wie nicht feststehe, dass die Anlage ohne Einschränkungen genehmigungsfähig sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in einem zwischen den Klägern und der Gemeinde geführten Rechtsstreit sei der gesamte Fuhrbetrieb der Beklagten materiell baurechtswidrig und in seiner Ausprägung nicht genehmigungsfähig. Damit sei nach den von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Darlegungs - und Beweisregeln vorgegeben, dass von dem Betrieb der Beklagten Einwirkungen ausgingen, welche die Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigten. Da die Genehmigungsfähigkeit einer typisierenden Betrachtung folge, komme es nicht darauf an, ob hier Lärmschutzvorschriften eingehalten seien. Ob Immissionsunterlassungsansprüche verwirkt werden könnten, brauche nicht entschieden zu werden, denn die Voraussetzungen für eine Verwirkung lägen nicht vor.
6
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


7
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht eine Überraschungsentscheidung getroffen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 139 ZPO verstoßen habe. Entgegen ihrer Ansicht war es nicht verpflichtet, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es hinsichtlich der möglichen Verwirkung des Unterlassungsanspruchs ihren Vortrag zu dem sogenannten Umstandsmoment für nicht ausreichend hielt.
8
Zwar trifft es zu, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen kann, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 ZPO gibt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urt. v. 27. April 1994, XII ZR 16/93, WM 1994, 1823, 1824 m.w.N.). Aber diese Situation war hier nicht gegeben. Das Landgericht hat nicht, wie die Beklagte meint, die Klageabweisung (auch) damit begründet, die Kläger müssten sich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen. Vielmehr hat es den Gesichtspunkt der Verwirkung lediglich angesprochen, ohne darüber eine Entscheidung zu treffen. Zudem bestand für das Berufungsgericht auch deshalb keine Hinweispflicht , weil das Problem der Verwirkung von Beginn an eine der zentralen Fragen des Rechtsstreits und auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war; dabei hat es den Parteien den weiteren Verfahrenslauf aufgezeigt, falls der Gesichtspunkt der Verwirkung nicht zum Tragen kommen sollte. Bei dieser Sachlage war die Beklagte auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, umfassend zu den beiden Elementen der Verwirkung, dem Zeit- und dem Umstandsmoment, vorzutragen. Außerdem schließt die Vorgehensweise des Berufungsgerichts die Annahme aus, es habe eine Überraschungsentscheidung zu Lasten der Beklagten getroffen.
9
2. Ebenfalls erfolglos macht die Revision geltend, der Anspruch der Kläger gegen die Beklagte sei verwirkt. Allerdings kann hier offen bleiben, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht erfüllt ist; denn es fehlt an dem ebenfalls notwendigen Zeitmoment.
10
a) Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung, siehe nur Senat, BGHZ 122, 308, 315 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14. November 2002, VII ZR 23/02, NJW 2003, 824). Die Verwirkung ist somit ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB); sie kann im gesamten Privatrecht eingewendet werden (Senat, BGHZ 122, 308, 314). Verwirkt werden können nur subjektive Rechte, weil nur bei ihnen davon gesprochen werden kann, ihre Ausübung stehe in Widerspruch zu der länger andauernden Nichtausübung, die bei dem Schuldner einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat (BGH, Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 95/93, WM 1994, 1944, 1945). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche (Bamberger /Roth/Grüneberg, BGB, § 242 Rdn. 163; MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., § 242 Rdn. 298; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rdn. 107; Soergel /Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Staudinger/J. Schmidt, BGB [1995], § 242 Rdn. 538). Mithin bestehen keine Bedenken, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (vgl. Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556).
11
b) Bei Unterlassungsansprüchen der hier vorliegenden Art ist zu unterscheiden : Sollen wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden, die zeitlich unterbrochen auftreten, löst jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus (Bamberger/Roth/Grüneberg, aaO; Palandt/Heinrichs, aaO; ebenso RG JW 1935, 1775 für den Schadensersatzanspruch). Die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginnt jeweils neu zu laufen, so dass es in der Regel - mit Ausnahme besonders langer Unterbrechungen - an dem Zeitmoment fehlt. Ob das auch für die Abwehr ununterbrochen andauernder Einwirkungen gilt (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, WM 1995, 300, 301 für den Beginn der Ausschlussfrist des § 864 Abs. 1 BGB), kann offen bleiben. Solche Immissionen sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
12
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks durch Immissionen angenommen, die von dem Grundstück der Beklagten herrühren. Die Feststellungen in dem Berufungsurteil rechtfertigen das nicht.
13
a) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht - stillschweigend - davon ausgegangen, dass den Klägern ein Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 1065 BGB gegen die Beklagte als Betreiberin des störenden Fuhrunternehmens zustehen kann; richtig ist auch, dass ein solcher Anspruch nicht nach § 864 Abs. 1 BGB durch Fristablauf erloschen und die Zulässigkeit der Immissionen am Maßstab des § 906 BGB zu messen ist (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, WM 1995, 300, 301).
14
b) Fehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den Vortrag der Beklagten für unerheblich gehalten, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der in den Vorschriften der TA-Lärm für Mischgebiete enthaltenen Grenzwerte. Das zeigt, dass das Berufungsgericht die für seine Ansicht herangezogene Rechtsprechung des Senats missverstanden hat. Es hat die für den Erfolg des Unterlassungsanspruchs notwendige Unterscheidung zwischen einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks und einer ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB) verkannt. In seinem Urteil vom 30. Oktober 1998 hat der Senat nicht den Grundsatz aufgestellt, dass die von einem Betrieb auf ein Nachbargrundstück einwirkenden Immissionen als wesentlich anzusehen sind, wenn dieser bauplanungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig ist; vielmehr hat er es lediglich für rechtlich unbedenklich gehalten, bei der Erheblichkeitsprüfung die Tatsache mit zu berücksichtigen, dass die für den Betrieb notwendige behördliche Genehmigung fehlt (BGHZ 140, 1, 6 f.). Hinsichtlich der ortsüblichen Benutzung des emittierenden Grundstücks hat der Senat entschieden, dass eine vorhandene Genehmigung nicht automatisch die Ortsüblichkeit begründet, sondern dafür nur einen Anhalt bietet; das Fehlen einer notwendigen Genehmigung schließt allerdings die Ortsüblichkeit aus (BGHZ 140, 1, 9), jedenfalls dann, wenn es auch an der Genehmigungsfähigkeit fehlt (vgl. Wenzel, NJW 2005, 241, 245). Das verdeutlicht, dass bei der für die Feststellung der Wesentlichkeit erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände das Fehlen der öffentlich-rechtlichen Genehmigung nur ein einzelnes Kriterium ist. Es kann zu dem Ergebnis führen, dass die von dem Betriebsgrundstück ausgehenden Emissionen die Benutzung des Nachbargrundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen und deshalb kein Unterlassungsanspruch des Nachbarn besteht. Dass der Betrieb aus öffentlich-rechtlichen Gründen wegen fehlender Genehmigung nicht aufrechterhalten bleiben dürfte, ist für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks somit nicht von alleiniger Bedeutung. Maßgeblich bleibt, ob im konkreten Fall von dem Betrieb Immissionen ausgehen, die sich nach dem Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" als wesentlich darstellen (Senat BGHZ 148, 261, 264 m.w.Nw.). Dabei können die nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB maßgeblichen Regelwerke, in denen Grenz- oder Richtwerte für Immissionen festgelegt sind, nicht außer Betracht gelassen werden.
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4. Unter diesen Gesichtspunkten wird das Berufungsgericht dem Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, die von ihrem Grundstück ausgehenden Lärmemissionen lägen unterhalb der maßgeblichen Grenzwerte.
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a) Trifft das zu, ist zunächst von der Unwesentlichkeit der Lärmbeeinträchtigung für die Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks auszugehen (§ 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB); es ist dann Sache der Kläger, Umstände darzulegen und zu beweisen, welche diese Indizwirkung erschüttern (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, NJW 2004, 1317, 1318). Dazu haben sie bisher nichts vorgetragen, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen sind, von der Beklagten wegen der fehlenden baurechtlichen Genehmigung die Unterlassung der Benutzung des Grundstücks zum Befahren, Abstellen sowie zur Reparatur und Wartung von Lastkraftwagen verlangen zu können. Insoweit müssen die Kläger gegebenenfalls Gelegenheit zu weiterem Vortrag erhalten.
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b) Bestätigt sich der Vortrag der Beklagten nicht, werden die maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte also überschritten, rechtfertigt das allerdings nicht ohne weiteres die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks , sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (Senat, grundstücks, sondern indiziert lediglich das Vorliegen einer solchen (Senat, Urt. v. 13. Februar 2004, V ZR 217/03, aaO). Der Beklagten wird damit nicht die Möglichkeit abgeschnitten, eine nur unwesentliche Beeinträchtigung darzulegen und zu beweisen.
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c) Die indizielle Bedeutung der Einhaltung oder Nichteinhaltung von Grenz- oder Richtwerten muss das Berufungsgericht beachten. Es kann im Rahmen seines Beurteilungsspielraums unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Empfindens eines verständigen Durchschnittsmenschen von dem Regelfall abweichen und trotz Unterschreitens der Werte eine wesentliche Beeinträchtigung annehmen oder eine solche trotz Überschreitens der Werte verneinen.
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5. Das Berufungsgericht wird auch Feststellungen zu der Wesentlichkeit der von den Klägern ebenfalls geltend gemachten Beeinträchtigungen durch das Einsickern von Schweröl in den Boden und durch die Abgase der LkwMotoren treffen müssen. Falls es wegen einer oder mehrerer Immissionen eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des von den Klägern bewohnten Grundstücks feststellt, wird es aufzuklären haben, ob sie durch eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten herbeigeführt wird und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). Verneint es die Ortsüblichkeit, muss es den Klägern die Möglichkeit zu einer Anpassung ihres Unterlassungsantrags geben. Die Parteien und das Berufungsgericht haben nämlich bisher übersehen, dass der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann, es also grundsätzlich ihm überlassen bleibt, auf welchem Weg er die Beeinträchtigung abwendet; daher kann der Beeinträchtigte in der Regel lediglich die Vornahme geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung verlangen und der Urteilsausspruch nur allgemein auf Unterlassung von Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1037 m.w.N.). Hier haben die Kläger jedoch bisher die Verurteilung der Beklagten zu einer konkreten Maßnahme beantragt, die das Berufungsgericht auch ausgesprochen hat. Das ist aber nur dann zulässig, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet oder wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise jedoch nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (Senat, Urt. v. 12. Dezember 2003, V ZR 98/03, aaO). Dazu fehlt es bisher an Parteivortrag und an Feststellungen des Berufungsgerichts.

III.


20
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Krüger Klein Lemke
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 02.02.2004 - 3 O 351/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.07.2004 - 2 U 27/04 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.