Bundesgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2013 - V ZR 266/11

bei uns veröffentlicht am12.04.2013
vorgehend
Landgericht Schwerin, 3 O 175/09, 18.01.2011
Oberlandesgericht Rostock, 3 U 16/11, 08.12.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 266/11 Verkündet am:
12. April 2013
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja7
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des
veräußerten Wohnungseigentums dar; die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit
haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bindung
an einen erst nach Gefahrübergang ergangenen baubehördlichen
Bescheid - zu beantworten.
2. Arglist setzt zumindest Eventualvorsatz voraus; dem steht es nicht gleich,
wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen hätte aufdrängen
müssen, die einen Mangel des Kaufobjekts begründen.
BGH, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Senats des Oberlandesgerichts Rostock vom 8. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Dezember 2005 kauften die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte von dem Beklagten eine von diesem sanierte Dachgeschosswohnung zum Preis von 90.000 €. Die Haftung für Sachmängel war ausgeschlossen. Als die Klägerin die Wohnung im Jahr 2009 verkaufen wollte, stellte sich heraus, dass für die Wohnung und den dazu gehörenden Balkon keine Baugenehmigung vorlag. Ein von der Ehefrau des Beklagten gestellter Bauantrag war bereits im Februar 2000 zurückgewiesen worden, wovon der Beklagte jedoch keine Kenntnis erlangt haben will. Ob das Dachgeschoss vor der Sanierung als Wohnung genutzt worden war, ist streitig.
2
Mit Schreiben vom 27. März 2009 forderten die Käufer den Beklagten auf, bis zum 15. April 2009 Baugenehmigungen beizubringen. Darauf ging der Beklagte nicht ein, sondern verwies mit Schreiben vom 15. April 2009 lediglich darauf, dass nur Wohnraum saniert und modernisiert, nicht aber in die Statik eingegriffen worden sei; gleiches gelte für die Balkone. Im Übrigen sei das Dachgeschoss bereits früher bewohnt gewesen. Mit Schreiben vom 17. April 2009 erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderten den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 25. April 2009 auf und boten an, Erklärungen für die Rückauflassung abzugeben.
3
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22. Juni 2009 untersagte das Bauamt gänzlich die Nutzung zu Wohnzwecken, hob diese Untersagung aber später hinsichtlich des Balkons wieder auf und erteilte schließlich am 23. September 2009 eine Baugenehmigung unter Auflagen. Den der Genehmigung zugrundeliegenden Bauantrag nahm der Beklagte allerdings nach Widerspruchseinlegung zurück.
4
Die Klägerin erstrebt aus eigenem Recht und in Prozessstandschaft für ihren früheren Lebensgefährten die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Hierzu verlangt sie Zahlung von 102.490,28 € Zug um Zug gegen Rückauflassung der Eigentumswohnung. Darüber hinaus fordert sie (weiteren) Schadensersatz in Höhe von 3.547,03 € und beantragt die Feststellung des Annahmeverzuges. Sie behauptet, der Beklagte habe das Fehlen der Baugenehmigung arglistig verschwiegen. Von der Richtigkeit dieser Behauptung hat sich das Landgericht überzeugt und auf dieser Grundlage die Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dem ist das Oberlandesgericht im Ergebnis gefolgt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht bejaht die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils. Begründet sei die Klage dem Grunde nach, weil das Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung einen Sachmangel darstelle, den der Beklagte arglistig verschwiegen habe (§ 444 BGB). Ob die bestandskräftige Untersagungsverfügung zu Recht ergangen sei und ob die von dem Beklagten ausgeführten Baumaßnahmen genehmigungsbedürftig gewesen seien, hätten die Zivilgerichte nicht zu prüfen; im Übrigen zeige die später erteilte Baugenehmigung , dass von einem genehmigungsbedürftigen Tatbestand auszugehen sei. Arglist sei dem Beklagten vorzuwerfen, weil diese in Anlehnung an die zur Bankenhaftung entwickelten Grundsätze schon dann gegeben sei, wenn sich dem Verkäufer einer Immobilie aufklärungspflichtige Tatsachen nach den Umständen des Einzelfalles zumindest hätten aufdrängen müssen. Weigere sich - wie hier - der Verkäufer, von solchen Umständen und der sich ebenfalls aufdrängenden Bedeutung für den Käufer Kenntnis zu nehmen, müsse diespositivem Wissen gleichstehen.

II.

6
Die Revision ist begründet.
7
1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Revision zu Recht, dass bei einer nicht bezifferten Feststellungsklage der Erlass eines Grundurteils von vornherein ausscheidet (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, NJW 2001, 155; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 304 Rn. 3; vgl. auch Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 49; jeweils mwN).
8
2. Materiellrechtlich nimmt das Berufungsgericht zu Unrecht an, dem Beklagten sei die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss nach § 444 BGB versagt. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen lässt sich weder das Vorliegen eines (aufklärungspflichtigen) Sachmangels noch ein darauf bezogenes arglistiges Verschweigen bejahen.
9
a) Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381), weil die Baubehörde die Nutzung der Wohnung jedenfalls bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung untersagen kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob eine Genehmigung unter Zulassung einer Ausnahme hätte erteilt werden können (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, BGHZ 114, 260, 262). Dabei besteht der Sachmangel bereits darin, dass es an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen. Die Frage , ob bauliche Veränderungen überhaupt genehmigungsbedürftig sind, haben die Zivilgerichte als Vorfrage der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache zu beantworten (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 261).
10
Allerdings kommt es für die Frage des Sachmangels auf die Genehmigungsbedürftigkeit ausnahmsweise dann nicht an, wenn die Behörde bereits bei Gefahrübergang als dem auch bei Arglist nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. nur MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 434 Rn. 51; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage, § 434 Rn. 8; ebenso zum früheren Recht Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 262) eine rechtsverbindliche Entscheidung dazu getroffen hat, ob der nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Nutzung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 1988 - V ZR 125/87, WM 1988, 1449, 1451). Gewährleistet eine solche Entscheidung dem Käufer Bestandsschutz, scheidet ein Sachmangel aus (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381). Liegt bei Gefahrübergang eine Nutzungsuntersagung vor, ist das Kaufobjekt ohne weiteres mit einem Sachmangel behaftet. Solche Ausnahmetatbestände liegen hier indessen nicht vor. Da die Nutzungsuntersagungsverfügung erst nach Gefahrübergang ergangen ist, hängt die Annahme eines Sachmangels davon ab, ob die von dem Beklagten vorgenommenen baulichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmigungsbedürftig waren. Diese Frage haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bindung an einen erst später ergangenen baubehördlichen Bescheid - zu beantworten. Ausreichende Feststellungen zur Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - jedoch nicht getroffen.
11
b) Revisionsrechtlich zu beanstanden sind auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Arglist.
12
aa) Diese setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zumindest Eventualvorsatz voraus (so etwa Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 − V ZR 198/11, NJW 2012, 2793; vgl. auch MünchKomm-BGB/Westermann , aaO, § 438 Rn. 26; jeweils mwN); leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt dagegen nicht (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZfIR 2012, 463, 465 f. Rn. 24 u. 28). Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (so etwa Senat, Urteil vom 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; vgl. auch Krüger in Krüger /Hertel, Der Grundstückskauf, 10. Aufl., Rn. 35 u. 1003 ff.; jeweils mwN).
13
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt es dagegen nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde.
14
(1) Der Senat hat bereits entschieden, dass selbst ein bewusstes Sichverschließen nicht den Anforderungen genügt, die an die Arglist zu stellen sind (Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Eine Gleichstellung mit der Kenntnis kommt lediglich in Betracht, soweit es bei bestimmten Tatbestandsmerkmalen um eine rechtliche (Gesamt-)Bewertung von Tatsachen geht. So erfordert etwa die Kenntnis davon, nicht zum Besitz berechtigt zu sein (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos empfangen zu haben (§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur das Wissen um die tatsächlichen Umstände, aus denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondern auch die Kenntnis dieser Rechtsfolge selbst (zu § 819 Abs. 1 BGB vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - XII ZR 119/91, BGHZ 118, 383, 392 mwN; zu § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1960 - II ZR 125/58, BGHZ 32, 76, 92). Die Kenntnis der Tatsachen ist dabei stets nötig. Sie kann keinesfalls durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tatsachenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage - in den Beispielen der Mangel des rechtlichen Grundes und die fehlende Besitzberechtigung - kommt eine Abmilderung des Erkenntnisgrades in Betracht. Um eine solche rechtliche Gesamtbewertung geht es bei § 444 BGB jedoch nicht. Bei der Frage der Arglist ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kennt (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO, mwN), mögen diese auch im Einzelfall - wie hier die revisionsrechtlich zu unterstellende Genehmigungsbedürftigkeit - einen normativen Gehalt aufweisen. Liegt diese Kenntnis zumindest in der Form des Eventualvorsatzes vor, ist es unerheblich , ob der Verkäufer daraus den Schluss auf einen Sachmangel zieht (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 1005).
15
(2) Nichts anderes lässt sich aus der von dem Berufungsgericht ins Feld geführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, 1122 f. Rn. 16 ff.; Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 318/09, WM 2010, 1448, 1450 Rn. 10) zur Haftung von Banken im Zusammenhang mit der Finanzierung sittenwidrig überteuerter Grundstückskäufe herleiten. Auch diese Haftung setzt nämlich Kenntnis sämtlicher Tatsachen voraus; nur hinsichtlich der Gesamtbewertung dieser Umstände reicht es aus, dass sich der Bank die sittenwidrige Übervorteilung aufdrängen musste (vgl. insbesonde- re BGH, Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07, aaO, S. 1123 Rn. 22). Das ist mit der Rechtslage bei § 990 Abs. 1 Satz 2 und § 819 Abs. 1 BGB vergleichbar, lässt sich nach dem oben Gesagten aber nicht auf die subjektiven Voraussetzungen der Arglist übertragen.
16
(3) Gemessen daran ist das Berufungsurteil auch insoweit rechtsfehlerhaft. Dass der Beklagte den Sachmangel gekannt oder ihn wenigstens für möglich gehalten hat, hat das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - nicht festgestellt; es hat dies andererseits aber auch nicht verneint.
17
3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§§ 561, 562 ZPO).
18
4. Der Rechtsstreit ist nicht im Sinne des Beklagten nach § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif. Soweit die Revision rügt, die bis zum 15. April 2009 eingeräumte Frist zur Beibringung der Baugenehmigungen sei zu knapp bemessen gewesen, übersieht sie, dass der Käufer dem arglistig handelnden Verkäufer in aller Regel überhaupt keine Gelegenheit zur Nachbesserung geben muss (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, WM 2007, 1076, 1077 f.; Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 50). Gewährt der Käufer gleichwohl eine Frist zur Nachbesserung, führt dies nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) lediglich dazu, dass er eine fristgemäß erbrachte Nachbesserung, an der es hier fehlt, gelten lassen muss (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, WM 2010, 2129, 2130). Der Käufer darf sich nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen. Zu einem weiteren Entgegenkommen ist er dem arglistig täuschenden Verkäufer gegenüber grundsätzlich nicht gehalten.
19
5. Nach allem ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
20
6. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird auf Folgendes hingewiesen :
21
a) Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher tatsächlicher Umstände, die ein arglistiges Verschweigen begründen (dazu und zur sekundären Darlegungslast in bestimmten Konstellationen Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, aaO, S. 47 ff.).
22
b) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, wonach es in den Jahren 1999/2000 zum Allgemeinwissen der Bürger in den neuen Bundesländern gehört habe, dass umfangreiche Bauarbeiten und Veränderun- gen an Gebäuden „genehmigungspflichtig sein können“.Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 26. April 1991 (V ZR 73/90, BGHZ 114, 260, 262 f.) nichts anderes. In dieser Entscheidung ist der Senat lediglich der zu weit gehenden Annahme entgegen getreten, nach der Lebenserfahrung „wisse“auch ein Laie um die Notwendigkeit einer behördli- chen Genehmigung für die Umgestaltung eines Trockenspeichers zu Wohnzwecken. Im Rahmen einer erneuten Beweiswürdigung zur Arglist wird das Berufungsgericht jedoch ggf. zu beachten haben, dass der Schluss auf einen Eventualvorsatz zwar nicht allein aufgrund des festgestellten Allgemeinwissens, jedoch durchaus bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt sein kann.
23
c) Soweit in dem Rechtsstreit mit der Saldotheorie argumentiert worden ist, erscheint dies schon deshalb nicht tragfähig, weil die aus dieser Theorie folgenden Beschränkungen nicht zu Lasten des arglistig Getäuschten eingreifen (vgl. nur BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06, BGHZ 178, 16, 31; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 818 Rn. 49 f.).
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
Roth Brückner
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 18.01.2011 - 3 O 175/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 08.12.2011 - 3 U 16/11 -

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(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 181/09 Verkündet am:
12. November 2010
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Haben die Parteien einen Haftungsausschluss vereinbart, trägt der Käufer nach
§ 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher
Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, wozu bei einer Täuschung
durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört.

b) Da es sich bei der unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt,
kommen dem Käufer Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast
zugute.

c) Wendet der Verkäufer gegen die behauptete arglistige Täuschung ein, er sei davon
ausgegangen, der Käufer sei über den Mangel bereits aufgeklärt worden, trifft ihn
auch insoweit eine sekundäre Darlegungslast; dagegen trägt er die volle Darlegungs
- und Beweislast für die Behauptung, der Käufer habe Kenntnis von dem
Mangel unabhängig von einer ihm, dem Verkäufer, zurechenbaren Aufklärung erlangt
BGH, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 17. September 2009 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. August 2007 geändert. Die Zahlungsklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern mit der Zahlungsklage nicht bezifferte weitere Schäden zu ersetzen, die mit der Sanierung des Hauses Sch. 1 in W. (Ortsteil O. ) von Asbestfaserzementplatten verbunden sind. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der "Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos unter Fristsetzung auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
2
Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe der von ihnen mit 38.455,34 € veranschlagten Sanierungskosten sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer - derzeit noch nicht bezifferbarer - Schäden verpflichtet sind. Die Beklagten bestreiten eine Einstandspflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das diese Entscheidung bestätigende Berufungsurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts hat der Senat mit Revisionsurteil vom 27. März 2009 (V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff.) aufgehoben. Er hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung erneut - nunmehr durch den 16. Zivilsenat - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht erblickt in der Verwendung der asbesthaltigen Fassadenplatten zwar einen aufklärungspflichtigen Sachmangel, geht jedoch davon aus, dass die Kläger für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung beweisfällig geblieben sind. Eine Täuschung durch aktives Tun lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Im Übrigen erscheine es auch nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt. Mit Blick auf die Verneinung einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen hätten die Kläger darüber hinaus nicht bewiesen, dass sie von den Beklagten über die verbauten Asbestplatten nicht aufgeklärt worden seien. Der als Zeuge vernommene Makler habe glaubhaft bekundet, den Klägern seien vor Vertragsschluss die Finanzierungsunterlagen ausgehändigt worden , mit denen sie noch am selben Tage zu ihrem Finanzdienstleister gefahren seien. Bestandteil dieser Unterlagen sei die Baubeschreibung gewesen, aus der die Verwendung der Asbestplatten - auch für die Kläger - ohne weiteres ersichtlich gewesen sei.

II.

4
Die Revision ist begründet.
5
1. Allerdings greift nicht schon die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge durch. Dass nunmehr - anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht mehr der 8. Zivilsenat, sondern der 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts über die Berufung entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Welcher Spruchkörper in solchen Fällen zuständig ist, bestimmt sich nach der Geschäftsverteilung des Berufungsgerichts (vgl. nur RG, JW 1924, 965; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., Rn. 5). Trotz der Einheitlichkeit des Berufungsverfahrens bildet das durchgeführte Revisionsverfahren eine Zäsur, vor deren Hintergrund Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG weder eine personelle Identität der erkennenden Richter noch eine solche des Spruchkörpers verlangt.
6
Die Auslegung eines Geschäftsverteilungsplanes ist nur bei Willkür zu beanstanden (vgl. nur Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 547 ZPO Rn. 2a). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Nach II. 16. Zivilsenat Nr. 7 des Geschäftsverteilungsplanes des Berufungsgerichts für das Jahr 2009 (GVP) war für Entscheidungen über "Ansprüche aus entgeltlichen Veräußerungsverträgen über Grundstücke gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben A bis M" der 16. Zivilsenat zuständig. Entgegen der Auffassung der Revision folgt nichts anderes aus der der Regelung in I.C.4. GVP, wonach im Falle der Zurückverweisung an einen "anderen nicht benannten Zivilsenat" der Vertretersenat des Senats zuständig ist, dessen Urteil aufgehoben wurde. Einen Gegenschluss dahin, im Übrigen bleibe stets der im ersten Berufungsverfahren mit der Sache befasst gewesene Senat zuständig, musste das Berufungsgericht daraus nicht ziehen. Denn im Eingangssatz der Bestimmung zu I.C. GVP heißt es unzweideutig, dass vorrangig die rechtliche Natur des Klageanspruches maßgebend ist.
7
Bestätigt wird dies ferner dadurch, dass sich auch in den Fällen des Sachzusammenhangs die Spezialzuständigkeit gegenüber einer Vorbefassung durchsetzt. Von dem nach I.F.1.a Satz 1 GVP bestehenden Vorrang der Vorbefassung ausgenommen sind nämlich nach Satz 3 Sachen "aus einem Spezialgebiet , für das dieser Senat - losgelöst von Gerichtsbezirken und/oder Anfangsbuchstaben - nicht oder nicht mehr zuständig ist". Dabei soll durch die Parenthese lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei fortbestehender Spezialzuständigkeit für ein Rechtsgebiet die Änderung der Zuständigkeit nur nach Buchstaben oder Gerichtsbezirken bedeutungslos sein soll. Vorliegend ist der 8. Zivilsenat indessen für das hier in Rede stehende Sachgebiet überhaupt nicht mehr zuständig.
8
2. In der Sache hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.
9
a) Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, eine aktive Täuschung hätten die Kläger nicht bewiesen, erhebt die Revision allerdings keine Rügen.
10
b) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die asbesthaltige Fassadenverkleidung einen - offenbarungspflichtigen - Sachmangel begründet (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 207 ff.). Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Senats eine Pflicht zur Offenbarung aus, wenn es sich - anders als hier - um einen der Besichtigung zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mangel handelt (vgl. nur Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34; Urteil vom 8. April 1994 - V ZR 178/92, NJW-RR 1994, 907; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 731 ff. mwN). Indessen schließt die Möglichkeit, sich Kenntnis anderweit - etwa aus übergebenen Unterlagen - zu verschaffen, die Pflicht zur Offenbarung nicht von vornherein aus.
11
Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich Kenntnis von einem Mangel des Kaufobjekts zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit nicht ohne weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht ohne weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen auf Mängel des Kaufobjektes hin durchsehen wird. Es ist daher irrelevant, dass die Asbestverwendung der ersten Seite der Baubeschreibung zu entnehmen ist. Davon abgesehen haben auch die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen Kenntnis von der Asbestverwendung nicht aus der Baubeschreibung erlangt.
12
c) Die Verpflichtung zur Offenbarung haben die Beklagten nicht erfüllt. Zwar trägt der Käufer - so die Vertragsparteien wie hier einen Haftungsausschluss vereinbart haben - nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen (Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742; zu § 463 Satz 2 BGB aF vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415; Beschluss vom 31. Oktober 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 754, 755), wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990 mwN; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742). Nicht bedacht hat das Berufungsgericht jedoch, dass es sich bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt und dem Käufer bei dieser Sachlage Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute kommen. Er muss lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rn. 24 mwN).
13
Gemessen daran fehlt es vorliegend bereits an konkretem Vorbringen der Beklagten dazu, dass die Kläger auf die Verwendung von Asbest hingewiesen worden sind. Die Behauptung, sie seien davon ausgegangen, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder durch die noch in dem Haus wohnende Schwiegermutter erlangt hätten, genügt hierfür ersichtlich nicht. Ebensowenig ist die Offenbarungspflicht der Beklagten durch die Übergabe der die Baubeschreibung enthaltenden Finanzierungsunterlagen erfüllt worden. Gegen die Qualifizierung der Übergabe der Unterlagen als Erfüllungshandlung sprechen dieselben Erwägungen, die der Verneinung einer Aufklärungspflicht entgegenstehen (oben II.2.b)).
14
d) Soweit das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung zudem mit der Begründung verneint, es erscheine nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Zöller /Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 546 Rn. 9 mwN), in diesem Rahmen aber zu beanstanden. Zwar dürfte dieser Erwägung der zutreffende Obersatz zugrunde liegen , wonach Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraussetzt, dass der Verkäufer weiß oder zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 8 mwN). Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass diese Würdigung des Berufungsgerichts substanzlos im Raum steht (§ 286 ZPO). Offenbar knüpft das Berufungsgericht mit dieser Erwägung an die zuvor wiedergegebene Bekundung des Beklagten zu 1 an, wonach es für die Beklagten klar gewesen sei, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder die noch im Haus wohnenden Schwiegermutter erlangt hätten. Mit Tatsachen untermauert wird diese Erwägung jedoch nicht einmal ansatzweise. Dass das Berufungsgericht die Ein- lassung der Beklagten gleichwohl für nachvollziehbar hält, ist unter keinem rechtlichen Gesichtpunkt haltbar. Auf der Grundlage der festgestellten Umstände lässt sich dieser Schluss nicht ziehen. Auch die Revisionserwiderung verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, das diesen Schluss plausibel machen könnte. Zu diesbezüglichem Vortrag wären die Beklagten jedoch gehalten gewesen.
15
Allerdings gilt auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist, dass grundsätzlich der Käufer die Darlegungs- und Beweislast trägt (oben II.2.c)). Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht ohne weiteres zu Beweiserleichterungen (vgl. nur Zöller/Greger, aaO, vor § 284 Rn. 24a). In Konstellationen der vorliegenden Art tritt jedoch die Besonderheit hinzu, dass hinsichtlich der unterbliebenen Offenbarung Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast eingreifen und es deshalb dem Verkäufer obliegt, die Erfüllung der Offenbarungspflicht in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizieren (dazu oben II.2.c)). Legt der Verkäufer diese Erfüllung nicht dar, behauptet er aber gleichwohl, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer aufgeklärt worden sei, gilt mit Blick auf die Darlegungslast nichts anderes. Dass der Verkäufer zumindest für möglich halten muss, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, bildet lediglich die für den Arglisttatbestand erforderliche subjektive Seite der objektiv unterlassenen Offenbarung, so dass eine unterschiedliche Verteilung der Darlegungslast nicht sachgerecht erscheint. Daher ist es ebenfalls Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund deren er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt. Daran fehlt es hier. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Anhörung des Beklagten zu 1 in der Berufungsverhandlung vom 9. Juli 2009 verwiesen hat, erfüllt auch das dortige - vage - Vorbringen nicht die Anforderungen , die an einen hinreichend spezifizierten Sachvortrag zu stellen sind.
16
3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist teilweise zur Endentscheidung reif, weil die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB dem Grunde nach gegeben und hierzu keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt dazu, dass auf die Zahlungsklage ein (Teil-)Grundurteil und mit Blick auf den Feststellungsantrag ein Teilurteil zu erlassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116, 121; Zöller/Vollkom-mer, aaO, § 304 Rn. 3; jeweils mwN). Die prozessualen Anforderungen nach § 304 Abs. 1 und § 301 i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe besteht. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses zur Schadenshöhe die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen treffen kann.
17
Die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB liegen dem Grunde nach vor. Das Kaufobjekt ist - wie bereits dargelegt - mit einem offenbarungspflichtigen Sachmangel behaftet. Der vereinbarte Haftungsausschluss entfaltet keine Wirkungen, weil die Beklagten den Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Diese hatten unstreitig Kenntnis von der Asbestverwendung. Da ihnen bereits ein Kaufinteressent wegen der verbauten Asbestzementplatten abgesprungen war, wussten sie auch, dass dies ein Umstand war, der für einen verständigen Käufer von kaufentscheidender Bedeutung war. Auf der Grundlage der obigen Erörterungen ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagten die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel zumindest für möglich gehalten haben. Ihre gegenteilige Behauptung haben sie nicht konkretisiert , so dass die Kläger nicht gehalten waren, das vage Vorbringen der Be- klagten auszuräumen (dazu oben zu II.2.d)). Die erfolglose Setzung einer Frist zur Nachbesserung ist bei Arglist in der Regel entbehrlich (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 10 ff. mwN). Davon abgesehen haben die Kläger die Beklagt en erfolglos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer dem Verkäufer zurechenbaren Aufklärung erlangt haben. Solche Umstände vorzutragen und unter Beweis zu stellen, hätte den Beklagten als Verkäufer obgelegen (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis bei Arglist des Verkäufers schon nicht gleich (§ 442 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.09.2009 - 16 U 61/09 -

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 100/02 Verkündet am:
30. April 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die in den Kaufvertrag aufgenommene Erklärung des Verkäufers, ihm sei "vom Vorhandensein
wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", rechtfertigt keine
Abweichung von dem Grundsatz, daß den Käufer die Darlegungs- und Beweislast
dafür trifft, daß der Verkäufer ihn über offenbarungspflichtige Umstände nicht aufgeklärt
hat.
BGH, Urt. v. 30. April 2003 - V ZR 100/02 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 4. März 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war Eigentümerin mehrerer Grundstücke am Ortsrand von I. , die mit einem "ländlichen Wohnhaus" bebaut waren und im übrigen als Weidefläche genutzt wurden. Die Weidefläche war von einem 1,3 m hohen Zaun umgeben; außerdem befanden sich auf dem Gelände zwei Blockhütten , die als Unterstände für die dort vom Vater der Beklagten gehaltenen
Schafe sowie zur Lagerung von Holz und Futtermitteln genutzt wurden. Der Zaun und die Hütten waren ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden.
Ende 1994 bot die Beklagte das Anwesen in einer Zeitungsanzeige mit dem Hinweis zum Kauf an, es handele sich um ein "Liebhaberobjekt", das "geeignet für Tierhaltung (für Pferde)" sei. Auf Grund dieser Anzeige besichtigten die Kläger das Anwesen. Sie kauften die Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 9. Februar 1995 von der Beklagten zum Preis von 560.000 DM. In den Kaufvertrag wurde der Ausschluß der "Haftung für Fehler und Mängel" sowie die Erklärung der Beklagten aufgenommen, ihr sei von dem "Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt."
Unter dem 26. Oktober 1998 richtete der zuständige Landkreis eine Abrißverfügung für den Zaun und die beiden Blockhütten an die Kläger. Sie versuchten daraufhin ohne Erfolg, in einem Verwaltungsstreitverfahren die Aufhebung dieses Bescheids und eine Baugenehmigung für den Zaun und die Hütten zu erreichen.
Die Kläger sehen sich von der Beklagten arglistig getäuscht und fordern deren Verurteilung zur Zahlung von noch 691.682,90 DM als Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückauflassung des Grundbesitzes, die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten sowie die Feststellung ihrer Ersatzpflicht für weitere Schäden. Der Beklagten sei, so das Vorbringen der Kläger, die formelle und materielle Baurechtswidrigkeit auch des Zauns schon seit 1994 nach einer Ortsbesichtigung durch das Bauordnungsamt bekannt gewesen. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, vor Vertragsschluß sei auf das
Fehlen einer Baugenehmigung für die Hütten hingewiesen und deren Abriß angeboten worden. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht sie dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 463 Satz 2 BGB a.F.; denn es sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Baurechtswidrigkeit zwar nicht des Zaunes, wohl aber der Hütten arglistig verschwiegen habe. Daß eine Information über die Baurechtswidrigkeit der Hütten erfolgt sei, sei nach den Aussagen der Zeugen, die die Beklagte für die von ihr behauptete Aufklärung benannt habe, nicht erwiesen. Dieses Beweisergebnis wirke sich zu Lasten der Beklagten aus. Zwar sei es grundsätzlich Sache der Kläger, den gesamten Sachverhalt, aus dem Arglist folge, zu beweisen. Hier ergebe sich aber eine "abweichende Regelung" aus dem Inhalt des Kaufvertrages, der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründe. Aus der in den Kaufvertrag aufgenommenen Erklärung der Beklagten, ihr sei "vom Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", könne nur der Schluß gezogen werden, daß über die formelle Baurechtswidrigkeit der Unterstände nicht gesprochen worden sei. Eine über den Vertragsinhalt hinaus erfolgte Aufklärung müsse danach die Beklagte beweisen. Da die
Schadenshöhe noch nicht abschließend geklärt sei, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber trotz der gegenzurechnenden Nutzungsentschädigung ein Schaden verbleibe, könne zunächst ein Grundurteil ergehen.
Das hält einer revisionrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

II.


1. Das angefochtene Urteil leidet bereits an einem Verfahrensmangel, weil der Erlaß eines Grundurteils in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zulässig ist.

a) Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich nicht nur um ein Grund-, sondern auch um ein Teilurteil. Gegenstand des Berufungsurteils sind nicht alle im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anträge, vielmehr ist nur über den geltend gemachten Zahlungsanspruch dem Grunde nach entschieden worden. Das ergibt sich daraus, daß das Berufungsgericht lediglich geprüft hat, ob eine Wahrscheinlichkeit für irgendeinen Schaden gegeben ist, nicht hingegen, ob dies auch für eine Schadenshöhe gilt, die über den Zahlungsantrag hinausgeht und damit von dem Feststellungsantrag erfaßt wird. Zudem hätte über den hier geltend gemachten Feststellungsantrag auch nicht durch Grundurteil entschieden werden können (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juli 2001, V ZR 170/00, NJW 2002, 302, 303 m.w.N.).

b) Als Teilurteil ist das Berufungsurteil unzulässig, weil mit ihm die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verbunden ist. Über die Vor-
aussetzungen des Zahlungsanspruchs, der Gegenstand des Grundurteils ist, wird nämlich bei der Entscheidung über die Feststellungsanträge nochmals zu befinden sein. Insoweit besteht die Gefahr, daß das Gericht bei einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung - abweichend entscheidet (Senat, Urt. v. 28. Januar 2000, V ZR 402/98, NJW 2000, 1405, 1406).

c) Es ist allerdings fraglich, ob dieser Mangel zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen kann. Die Beklagte hat den betreffenden Verfahrensfehler entgegen § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO nicht gerügt und es kann zumindest bezweifelt werden, daß den Klägern für ihre Gegenrüge die erforderliche Rügebefugnis (vgl. BGH, Urt. v. 10. März 1988, III ZR 267/85, BGHR § 554 Abs. 3 Nr. 3 b Rügebefugnis 1) zukommt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Unzulässigkeit eines Teilurteils - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nur auf entsprechende Verfahrensrüge hin zu berücksichtigen (BGHZ 16, 71, 74; Senat, Urt. v. 22. März 1991, V ZR 16/90, NJW 1991, 2082, 2083; BGH, Urt. v. 17. Mai 2000, VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007). Ob an dieser Auffassung festgehalten werden kann, erscheint zweifelhaft (so auch bereits BGH, Urt. v. 12. Januar 1994, XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379, 381). So steht etwa für das Grundurteil die Prüfung der Zulässigkeit von Amts wegen außer Frage (BGH, Urt. v. 27. Januar 2000, IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572; Urt. v. 17. Februar 2000, IX ZR 436/98, NJW 2000, 1498, 1499); für eine unterschiedliche Behandlung des Teilurteils gibt es keinen überzeugenden Grund (vgl. MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 557 Rdn. 26; Stein/Jonas/ Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 559 Rdn. 17; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 557 Rdn. 16). Hierüber bedarf es aber im vorliegenden Fall ebensowenig einer
Entscheidung wie über die Frage einer Rügebefugnis der Kläger; denn das Berufungsurteil kann aus Gründen des materiellen Rechts ohnehin keinen Bestand haben.
2. Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß vorliegend ein - vom Gewährleistungsausschluß nicht berührter (§ 467 BGB a.F.) - Schadensersatzanspruch der Kläger wegen eines arglistig verschwiegenen Fehlers (§ 463 Satz 2 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 EGBGB) in Betracht kommt. Hierbei ist es den Klägern möglich, den Kaufgegenstand zurückzuweisen und Ersatz des gesamten ihnen durch die Nichterfüllung entstehenden Schadens zu verlangen ("großer Schadensersatz", vgl. Senat, Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332, 1333).

a) Es kann einen Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB a.F. begründen , wenn sich auf dem verkauften Grundstück Bauwerke befinden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sind (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 1984, V ZR 141/83, WM 1985, 230, 231 m.w.N.). Liegt in solchen Fällen auch keine rechtsverbindliche behördliche Erklärung vor, die den Käufern Bestandsschutz gewährleistet, so besteht der Sachmangel bereits darin, daß es ihnen an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt auf Dauer für den vertraglich vorausgesetzten Zweck nutzen zu können (vgl. Senat , Urt. v. 7. Dezember 1984, aaO). So liegen die Dinge hier. Die Kläger konnten auf Grund der im Angebot herausgestellten Eignung der Grundstücke und deren Beschaffenheit zum Zeitpunkt der Besichtigung davon ausgehen, daß ihnen für die beabsichtigte Tierhaltung auch die beiden Blockhütten zur Verfügung standen.

b) Auch eine Aufklärungspflicht der Beklagten, die für die Annahme ei- nes relevanten Verschweigens notwendig ist, hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht. Eine solche Verpflichtung besteht regelmäßig nur bei nicht erkennbaren Umständen, die nach der Lebenserfahrung auf das Entstehen bestimmter Mängel schließen lassen, oder bei verborgenen, wesentlichen Mängeln (Senat, Urt. v. 23. März 1990, V ZR 233/88, NJW-RR 1990, 847, 848). Letzteres trifft für das Fehlen der Baugenehmigung für die beiden Blockhütten zu.

c) Für den Fall unterbliebener Aufklärung geht das Berufungsgericht ferner zu Recht von arglistigem Handeln der Beklagten aus. Arglistig handelt ein Verkäufer, wenn er den Fehler mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß sein Vertragspartner den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (Senat, Urt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332; Urt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt; insbesondere wußte die Beklagte bereits auf Grund des an sie gerichteten Schreibens der Baubehörde vom 8. März 1994, daß für keine der beiden Blockhütten die erforderliche Baugenehmigung erteilt worden war.

d) Schließlich trifft die Ansicht des Berufungsgerichts zu, daß es Sache der Beklagten ist, den Beweis dafür zu führen, daß das arglistige Verschweigen des Fehlers für den Kaufentschluß der Kläger nicht ursächlich gewesen ist (vgl. Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46). Daß
das Berufungsgericht diesen Beweis für nicht erbracht hält, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
3. Hingegen durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, daß eine Aufklärung der Kläger über die fehlende Baugenehmigung für die beiden Blockhütten unterblieben ist. Die Revision rügt zu Recht, daß dem Berufungsgericht ein Rechtsfehler insoweit unterlaufen ist, als es der Beklagten die Beweislast für die von ihr behauptete Aufklärung über die fehlende Baugenehmigung zugewiesen hat.

a) Nach dem Vorbringen der Beklagten soll der Kläger zu 1 bei der Besichtigung des Anwesens von ihrem Vater, dem Zeugen L. , darauf hingewiesen worden sein, daß für die Blockhütten Baugenehmigungen nicht erteilt seien. Trifft dies zu, so fehlt es auch gegenüber der Klägerin zu 2 an einem arglistigen Verschweigen; denn den Umständen nach war davon auszugehen , daß der Kläger zu 1 diese Information an seine Ehefrau weitergeben wird, weshalb zumindest arglistiges Handeln nicht mehr gegeben wäre.

b) Wie bereits in dem Beschluß des Senats vom 31. Oktober 2002 (WM 2003, 259) über die Zulassung der Revision ausgeführt, hat das Berufungsgericht nicht etwa festgestellt, daß die behauptete Aufklärung unterblieben sei. Es geht - was Rechtsfehler nicht erkennen läßt - vielmehr davon aus, daß die behauptete Unterrichtung über die Baurechtswidrigkeit nicht erwiesen ist. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Beklagten getroffen. Hierbei hat es zwar im Ansatz nicht verkannt, daß der Käufer, weil er bei § 463 Satz 2 BGB a.F. die Darlegungs- und Beweislast für den gesamten Arglisttatbestand trägt, auch vorzutragen und nach-
zuweisen hat, daß der Verkäufer ihn nicht gehörig aufklärte (Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65). Das Berufungsgericht hat jedoch diese Beweislastregel fehlerhaft angewandt. Entgegen seiner Auffassung ist es wegen der in der Kaufvertragsurkunde enthaltenen Erklärung der Beklagten, ihr sei "vom Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", nicht gerechtfertigt, von dem geschilderten Grundsatz abzuweichen und den Verkäufer mit dem Nachweis zu belasten, daß eine Unterrichtung des Käufers über aufklärungsbedürftige Mängel des Kaufobjekts tatsächlich erfolgt ist.
aa) Das Berufungsgericht hält die von der Beklagten behauptete Aufklärung für unvereinbar mit der in der Vertragsurkunde beanspruchten fehlenden Kenntnis von unsichtbaren Mängeln. Ersichtlich läßt es sich von der Überlegung leiten, daß niemand über einen ihm selbst nicht bekannten Umstand unterrichten kann. Hieraus folgert das Berufungsgericht, daß nach dem Inhalt der notariellen Urkunde eine Information der Kläger unterblieben ist. Im Anschluß daran weist es - wegen der für die Urkunde streitenden Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit - der Beklagten die Beweislast für eine gleichwohl erfolgte Aufklärung zu.
bb) Diese Argumentation ist schon im Ansatz verfehlt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß sich die Erklärung mangelnder Kenntnis überhaupt auf den baurechtswidrigen Zustand bezog. Zwingend ist das keineswegs; denn waren - wie von der Beklagten behauptet - die Kläger vor Vertragsschluß bereits informiert, so liegt es doch nahe, daß die Beklagte insoweit nicht länger von einem "unsichtbaren" Mangel ausging. Die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts auf eine nach dem Inhalt der Urkunde
unterbliebene Aufklärung ist mithin nicht möglich. Aber selbst wenn das fehlerhafte Zwischenergebnis hingenommen wird, durfte das Berufungsgericht zur Begründung der von ihm auf dieser Grundlage angenommenen Beweislastumkehr nicht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit notarieller Urkunden heranziehen. Sie erstreckt sich nämlich nur auf die vollständige und richtige Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen. Dagegen gilt sie nicht für eine etwa erteilte Information; denn eine solche bedarf nicht der notariellen Beurkundung und nimmt daher an der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der notariellen Urkunde nicht teil (Senat, Urt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM 1985, 699, 700; Urt. v. 20. Juni 1986, V ZR 158/85, BGHR § 313 Satz 1 BGB Vollständigkeitsvermutung 1). Der Vertragsinhalt hätte in dieser Hinsicht - wäre die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts möglich gewesen - allenfalls eine mehr oder minder große indizielle Bedeutung für die den Klägern obliegende Beweisführung erlangen können (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juni 1986, V ZR 158/85, aaO).

c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat vermag in der Sache nicht selbst zu entscheiden, weil der Rechtsstreit auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht ist - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - dem Beweisangebot der Kläger auf Vernehmung der Zeugin S. nicht nachgegangen. Die Zeugin ist zu der Behauptung benannt worden, daß bei der von den Zeugen L. und L. -S. geschilderten Unterredung, die am 11. Dezember 1995 stattgefunden habe, nicht über die beiden Blockhütten gesprochen worden sei. Diese Behauptung ist erheblich; denn unter diesen Um-
ständen kann die von der Beklagten vorgetragene und von den beiden Zeugen bestätigte Information über die fehlende Baugenehmigung nicht stattgefunden haben. Die Kläger müssen, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen,
nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen; es reicht vielmehr aus, daß sie die von der Beklagten vorgetragene konkrete Unterrichtung widerlegen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, aaO). Das Berufungsgericht wird demnach dem Beweisangebot der Kläger nachgehen müssen.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 100/02 Verkündet am:
30. April 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die in den Kaufvertrag aufgenommene Erklärung des Verkäufers, ihm sei "vom Vorhandensein
wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", rechtfertigt keine
Abweichung von dem Grundsatz, daß den Käufer die Darlegungs- und Beweislast
dafür trifft, daß der Verkäufer ihn über offenbarungspflichtige Umstände nicht aufgeklärt
hat.
BGH, Urt. v. 30. April 2003 - V ZR 100/02 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 4. März 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war Eigentümerin mehrerer Grundstücke am Ortsrand von I. , die mit einem "ländlichen Wohnhaus" bebaut waren und im übrigen als Weidefläche genutzt wurden. Die Weidefläche war von einem 1,3 m hohen Zaun umgeben; außerdem befanden sich auf dem Gelände zwei Blockhütten , die als Unterstände für die dort vom Vater der Beklagten gehaltenen
Schafe sowie zur Lagerung von Holz und Futtermitteln genutzt wurden. Der Zaun und die Hütten waren ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden.
Ende 1994 bot die Beklagte das Anwesen in einer Zeitungsanzeige mit dem Hinweis zum Kauf an, es handele sich um ein "Liebhaberobjekt", das "geeignet für Tierhaltung (für Pferde)" sei. Auf Grund dieser Anzeige besichtigten die Kläger das Anwesen. Sie kauften die Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 9. Februar 1995 von der Beklagten zum Preis von 560.000 DM. In den Kaufvertrag wurde der Ausschluß der "Haftung für Fehler und Mängel" sowie die Erklärung der Beklagten aufgenommen, ihr sei von dem "Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt."
Unter dem 26. Oktober 1998 richtete der zuständige Landkreis eine Abrißverfügung für den Zaun und die beiden Blockhütten an die Kläger. Sie versuchten daraufhin ohne Erfolg, in einem Verwaltungsstreitverfahren die Aufhebung dieses Bescheids und eine Baugenehmigung für den Zaun und die Hütten zu erreichen.
Die Kläger sehen sich von der Beklagten arglistig getäuscht und fordern deren Verurteilung zur Zahlung von noch 691.682,90 DM als Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückauflassung des Grundbesitzes, die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten sowie die Feststellung ihrer Ersatzpflicht für weitere Schäden. Der Beklagten sei, so das Vorbringen der Kläger, die formelle und materielle Baurechtswidrigkeit auch des Zauns schon seit 1994 nach einer Ortsbesichtigung durch das Bauordnungsamt bekannt gewesen. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, vor Vertragsschluß sei auf das
Fehlen einer Baugenehmigung für die Hütten hingewiesen und deren Abriß angeboten worden. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht sie dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 463 Satz 2 BGB a.F.; denn es sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Baurechtswidrigkeit zwar nicht des Zaunes, wohl aber der Hütten arglistig verschwiegen habe. Daß eine Information über die Baurechtswidrigkeit der Hütten erfolgt sei, sei nach den Aussagen der Zeugen, die die Beklagte für die von ihr behauptete Aufklärung benannt habe, nicht erwiesen. Dieses Beweisergebnis wirke sich zu Lasten der Beklagten aus. Zwar sei es grundsätzlich Sache der Kläger, den gesamten Sachverhalt, aus dem Arglist folge, zu beweisen. Hier ergebe sich aber eine "abweichende Regelung" aus dem Inhalt des Kaufvertrages, der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründe. Aus der in den Kaufvertrag aufgenommenen Erklärung der Beklagten, ihr sei "vom Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", könne nur der Schluß gezogen werden, daß über die formelle Baurechtswidrigkeit der Unterstände nicht gesprochen worden sei. Eine über den Vertragsinhalt hinaus erfolgte Aufklärung müsse danach die Beklagte beweisen. Da die
Schadenshöhe noch nicht abschließend geklärt sei, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber trotz der gegenzurechnenden Nutzungsentschädigung ein Schaden verbleibe, könne zunächst ein Grundurteil ergehen.
Das hält einer revisionrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

II.


1. Das angefochtene Urteil leidet bereits an einem Verfahrensmangel, weil der Erlaß eines Grundurteils in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zulässig ist.

a) Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich nicht nur um ein Grund-, sondern auch um ein Teilurteil. Gegenstand des Berufungsurteils sind nicht alle im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anträge, vielmehr ist nur über den geltend gemachten Zahlungsanspruch dem Grunde nach entschieden worden. Das ergibt sich daraus, daß das Berufungsgericht lediglich geprüft hat, ob eine Wahrscheinlichkeit für irgendeinen Schaden gegeben ist, nicht hingegen, ob dies auch für eine Schadenshöhe gilt, die über den Zahlungsantrag hinausgeht und damit von dem Feststellungsantrag erfaßt wird. Zudem hätte über den hier geltend gemachten Feststellungsantrag auch nicht durch Grundurteil entschieden werden können (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juli 2001, V ZR 170/00, NJW 2002, 302, 303 m.w.N.).

b) Als Teilurteil ist das Berufungsurteil unzulässig, weil mit ihm die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verbunden ist. Über die Vor-
aussetzungen des Zahlungsanspruchs, der Gegenstand des Grundurteils ist, wird nämlich bei der Entscheidung über die Feststellungsanträge nochmals zu befinden sein. Insoweit besteht die Gefahr, daß das Gericht bei einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung - abweichend entscheidet (Senat, Urt. v. 28. Januar 2000, V ZR 402/98, NJW 2000, 1405, 1406).

c) Es ist allerdings fraglich, ob dieser Mangel zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen kann. Die Beklagte hat den betreffenden Verfahrensfehler entgegen § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO nicht gerügt und es kann zumindest bezweifelt werden, daß den Klägern für ihre Gegenrüge die erforderliche Rügebefugnis (vgl. BGH, Urt. v. 10. März 1988, III ZR 267/85, BGHR § 554 Abs. 3 Nr. 3 b Rügebefugnis 1) zukommt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Unzulässigkeit eines Teilurteils - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nur auf entsprechende Verfahrensrüge hin zu berücksichtigen (BGHZ 16, 71, 74; Senat, Urt. v. 22. März 1991, V ZR 16/90, NJW 1991, 2082, 2083; BGH, Urt. v. 17. Mai 2000, VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007). Ob an dieser Auffassung festgehalten werden kann, erscheint zweifelhaft (so auch bereits BGH, Urt. v. 12. Januar 1994, XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379, 381). So steht etwa für das Grundurteil die Prüfung der Zulässigkeit von Amts wegen außer Frage (BGH, Urt. v. 27. Januar 2000, IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572; Urt. v. 17. Februar 2000, IX ZR 436/98, NJW 2000, 1498, 1499); für eine unterschiedliche Behandlung des Teilurteils gibt es keinen überzeugenden Grund (vgl. MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 557 Rdn. 26; Stein/Jonas/ Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 559 Rdn. 17; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 557 Rdn. 16). Hierüber bedarf es aber im vorliegenden Fall ebensowenig einer
Entscheidung wie über die Frage einer Rügebefugnis der Kläger; denn das Berufungsurteil kann aus Gründen des materiellen Rechts ohnehin keinen Bestand haben.
2. Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß vorliegend ein - vom Gewährleistungsausschluß nicht berührter (§ 467 BGB a.F.) - Schadensersatzanspruch der Kläger wegen eines arglistig verschwiegenen Fehlers (§ 463 Satz 2 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 EGBGB) in Betracht kommt. Hierbei ist es den Klägern möglich, den Kaufgegenstand zurückzuweisen und Ersatz des gesamten ihnen durch die Nichterfüllung entstehenden Schadens zu verlangen ("großer Schadensersatz", vgl. Senat, Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332, 1333).

a) Es kann einen Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB a.F. begründen , wenn sich auf dem verkauften Grundstück Bauwerke befinden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sind (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 1984, V ZR 141/83, WM 1985, 230, 231 m.w.N.). Liegt in solchen Fällen auch keine rechtsverbindliche behördliche Erklärung vor, die den Käufern Bestandsschutz gewährleistet, so besteht der Sachmangel bereits darin, daß es ihnen an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt auf Dauer für den vertraglich vorausgesetzten Zweck nutzen zu können (vgl. Senat , Urt. v. 7. Dezember 1984, aaO). So liegen die Dinge hier. Die Kläger konnten auf Grund der im Angebot herausgestellten Eignung der Grundstücke und deren Beschaffenheit zum Zeitpunkt der Besichtigung davon ausgehen, daß ihnen für die beabsichtigte Tierhaltung auch die beiden Blockhütten zur Verfügung standen.

b) Auch eine Aufklärungspflicht der Beklagten, die für die Annahme ei- nes relevanten Verschweigens notwendig ist, hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht. Eine solche Verpflichtung besteht regelmäßig nur bei nicht erkennbaren Umständen, die nach der Lebenserfahrung auf das Entstehen bestimmter Mängel schließen lassen, oder bei verborgenen, wesentlichen Mängeln (Senat, Urt. v. 23. März 1990, V ZR 233/88, NJW-RR 1990, 847, 848). Letzteres trifft für das Fehlen der Baugenehmigung für die beiden Blockhütten zu.

c) Für den Fall unterbliebener Aufklärung geht das Berufungsgericht ferner zu Recht von arglistigem Handeln der Beklagten aus. Arglistig handelt ein Verkäufer, wenn er den Fehler mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß sein Vertragspartner den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (Senat, Urt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332; Urt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt; insbesondere wußte die Beklagte bereits auf Grund des an sie gerichteten Schreibens der Baubehörde vom 8. März 1994, daß für keine der beiden Blockhütten die erforderliche Baugenehmigung erteilt worden war.

d) Schließlich trifft die Ansicht des Berufungsgerichts zu, daß es Sache der Beklagten ist, den Beweis dafür zu führen, daß das arglistige Verschweigen des Fehlers für den Kaufentschluß der Kläger nicht ursächlich gewesen ist (vgl. Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46). Daß
das Berufungsgericht diesen Beweis für nicht erbracht hält, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
3. Hingegen durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, daß eine Aufklärung der Kläger über die fehlende Baugenehmigung für die beiden Blockhütten unterblieben ist. Die Revision rügt zu Recht, daß dem Berufungsgericht ein Rechtsfehler insoweit unterlaufen ist, als es der Beklagten die Beweislast für die von ihr behauptete Aufklärung über die fehlende Baugenehmigung zugewiesen hat.

a) Nach dem Vorbringen der Beklagten soll der Kläger zu 1 bei der Besichtigung des Anwesens von ihrem Vater, dem Zeugen L. , darauf hingewiesen worden sein, daß für die Blockhütten Baugenehmigungen nicht erteilt seien. Trifft dies zu, so fehlt es auch gegenüber der Klägerin zu 2 an einem arglistigen Verschweigen; denn den Umständen nach war davon auszugehen , daß der Kläger zu 1 diese Information an seine Ehefrau weitergeben wird, weshalb zumindest arglistiges Handeln nicht mehr gegeben wäre.

b) Wie bereits in dem Beschluß des Senats vom 31. Oktober 2002 (WM 2003, 259) über die Zulassung der Revision ausgeführt, hat das Berufungsgericht nicht etwa festgestellt, daß die behauptete Aufklärung unterblieben sei. Es geht - was Rechtsfehler nicht erkennen läßt - vielmehr davon aus, daß die behauptete Unterrichtung über die Baurechtswidrigkeit nicht erwiesen ist. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Beklagten getroffen. Hierbei hat es zwar im Ansatz nicht verkannt, daß der Käufer, weil er bei § 463 Satz 2 BGB a.F. die Darlegungs- und Beweislast für den gesamten Arglisttatbestand trägt, auch vorzutragen und nach-
zuweisen hat, daß der Verkäufer ihn nicht gehörig aufklärte (Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65). Das Berufungsgericht hat jedoch diese Beweislastregel fehlerhaft angewandt. Entgegen seiner Auffassung ist es wegen der in der Kaufvertragsurkunde enthaltenen Erklärung der Beklagten, ihr sei "vom Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", nicht gerechtfertigt, von dem geschilderten Grundsatz abzuweichen und den Verkäufer mit dem Nachweis zu belasten, daß eine Unterrichtung des Käufers über aufklärungsbedürftige Mängel des Kaufobjekts tatsächlich erfolgt ist.
aa) Das Berufungsgericht hält die von der Beklagten behauptete Aufklärung für unvereinbar mit der in der Vertragsurkunde beanspruchten fehlenden Kenntnis von unsichtbaren Mängeln. Ersichtlich läßt es sich von der Überlegung leiten, daß niemand über einen ihm selbst nicht bekannten Umstand unterrichten kann. Hieraus folgert das Berufungsgericht, daß nach dem Inhalt der notariellen Urkunde eine Information der Kläger unterblieben ist. Im Anschluß daran weist es - wegen der für die Urkunde streitenden Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit - der Beklagten die Beweislast für eine gleichwohl erfolgte Aufklärung zu.
bb) Diese Argumentation ist schon im Ansatz verfehlt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß sich die Erklärung mangelnder Kenntnis überhaupt auf den baurechtswidrigen Zustand bezog. Zwingend ist das keineswegs; denn waren - wie von der Beklagten behauptet - die Kläger vor Vertragsschluß bereits informiert, so liegt es doch nahe, daß die Beklagte insoweit nicht länger von einem "unsichtbaren" Mangel ausging. Die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts auf eine nach dem Inhalt der Urkunde
unterbliebene Aufklärung ist mithin nicht möglich. Aber selbst wenn das fehlerhafte Zwischenergebnis hingenommen wird, durfte das Berufungsgericht zur Begründung der von ihm auf dieser Grundlage angenommenen Beweislastumkehr nicht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit notarieller Urkunden heranziehen. Sie erstreckt sich nämlich nur auf die vollständige und richtige Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen. Dagegen gilt sie nicht für eine etwa erteilte Information; denn eine solche bedarf nicht der notariellen Beurkundung und nimmt daher an der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der notariellen Urkunde nicht teil (Senat, Urt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM 1985, 699, 700; Urt. v. 20. Juni 1986, V ZR 158/85, BGHR § 313 Satz 1 BGB Vollständigkeitsvermutung 1). Der Vertragsinhalt hätte in dieser Hinsicht - wäre die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts möglich gewesen - allenfalls eine mehr oder minder große indizielle Bedeutung für die den Klägern obliegende Beweisführung erlangen können (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juni 1986, V ZR 158/85, aaO).

c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat vermag in der Sache nicht selbst zu entscheiden, weil der Rechtsstreit auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht ist - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - dem Beweisangebot der Kläger auf Vernehmung der Zeugin S. nicht nachgegangen. Die Zeugin ist zu der Behauptung benannt worden, daß bei der von den Zeugen L. und L. -S. geschilderten Unterredung, die am 11. Dezember 1995 stattgefunden habe, nicht über die beiden Blockhütten gesprochen worden sei. Diese Behauptung ist erheblich; denn unter diesen Um-
ständen kann die von der Beklagten vorgetragene und von den beiden Zeugen bestätigte Information über die fehlende Baugenehmigung nicht stattgefunden haben. Die Kläger müssen, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen,
nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen; es reicht vielmehr aus, daß sie die von der Beklagten vorgetragene konkrete Unterrichtung widerlegen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, aaO). Das Berufungsgericht wird demnach dem Beweisangebot der Kläger nachgehen müssen.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 198/11 Verkündet am:
15. Juni 2012
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Macht der Käufer das Angebot für einen Grundstückskaufvertrag, das von dem
Verkäufer in getrennter Urkunde angenommen wird, kommt es für seine Kenntnis
vom Mangel i.S.d. § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht auf den Zeitpunkt der Annahme
des Angebots, sondern auf den Zeitpunkt der Beurkundung des Angebots an.

b) Das gilt nicht, wenn der Käufer die Weiterleitung seines Angebots selbst hinausgezögert
oder wenn er Veranlassung hatte, sich nach Möglichkeiten zu erkundigen
, den Eintritt der Bindungswirkung seines Angebots zu verhindern, und rechtzeitig
hätte entsprechend tätig werden können.
BGH, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11 - OLG Hamm
LG Essen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Juli 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger ließen am 24. November 2006 als Käufer ein Angebot an die beklagte Verkäuferin zum Kauf eines mit einem Altbau aus dem Jahr 1920 bebauten Grundstücks für 123.950 € notariell beurkunden. Das Angebot enthält einen Haftungsausschluss für Sachmängel und sollte vier Wochen nicht widerruflich sein. Am 30. November 2006 besichtigten die Kläger das Anwesen mit dem Makler, den sie mit der Vermittlung eines Käufers für den von vornherein beabsichtigten Weiterver- kauf des Anwesens beauftragt hatten, und stellten - nach dem Auszug der bisherigen Bewohner sichtbar gewordene - Feuchtigkeitsschäden fest. Sie teilten der Vertriebspartnerin der Beklagten mit Schreiben vom 3. Dezember 2006 mit, sie erwarteten von der Beklagten, dass sie die Kosten der Beseitigung der Schäden von etwa 30.000 € übernehmen werde. Diese erhielt das Angebot der Kläger mit einem bei ihr am 14. Dezember 2006 eingegangenen Telefax des Notars vom 12. Dezember 2006 und nahm es am 27. Dezember 2006 formgerecht an. Zu diesem Zeitpunkt kannte sie die Feuchtigkeitsschäden. Ob sie auch wusste, dass die Kläger die Übernahme der Kosten für deren Beseitigung von ihr erwarteten, ist nicht festgestellt. Die Kläger verkauften das Anwesen Ende 2007 unsaniert für 133.000 € und verlangen Ersatz der Schadensbeseitigungskosten, die sie auf 35.000 € beziffern, sowie Ersatz vorge- richtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.604,12 €, jeweils nebst Zinsen.
2
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Zahlungsanträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht meint, die Haftung der Beklagten scheitere schon an dem Haftungsausschluss. Auf diesen dürfe sich die Beklagte berufen, weil sie nicht arglistig gehandelt habe. Sie habe die Kläger über die Feuchtigkeitsschäden nicht aufklären müssen, weil diese Kenntnis hiervon erlangt hätten. Maßgeblich sei dabei der Zeitpunkt, zu dem sich die Kläger ihrer Vertragserklärung nicht mehr hätten ent- ziehen können. Das sei der Zugang des Angebots bei der Beklagten. Bis dahin hätten die Kläger ihr Angebot nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen können. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie indessen Kenntnis von den Schäden gehabt.

II.


4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung lassen sich die geltend gemachte Ansprüche nicht verneinen.
5
1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich der Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten sowohl gemäß § 437 Nr. 3 i.V.m. § 441 Abs. 1 und 4 und § 346 Abs. 1 BGB auf Minderung als auch gemäß § 437 Nr. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 und 3 und § 281 BGB auf Schadensersatz statt des ausgefallenen Leistungsteils stützen lässt.
6
a) Der Kaufvertrag ist wirksam zustande gekommen. Die Beklagte hat das Angebot der Kläger zwar erst nach Ablauf von vier Wochen seit dem Tag der Beurkundung angenommen. Die Annahmefrist von vier Wochen begann aber nicht schon mit dem Tag der Beurkundung zu laufen, sondern erst mit dem Tag, an dem das Angebot und damit auch die in ihm vorgesehene Annahmefrist wirksam geworden sind. Das ist nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB der Tag, an dem das Angebot der Beklagten zugegangen ist, hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der 14. Dezember 2006. Die Angebotsfrist, zu deren Einhaltung nach dem Angebot nur die rechtzeitige Abgabe der Annahmeerklärung, nicht auch deren rechtzeitiger Zugang bei den Klägern erforderlich war, ist durch die Erklärung der Beklagten vom 27. Dezember 2006 gewahrt.

7
b) Das verkaufte Grundstück hatte, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht , einen Mangel. Feuchtigkeitserscheinungen stellen bei einem sehr alten Gebäude wie dem hier verkauften zwar nicht immer einen Mangel dar (Senat, Urteile vom 7. November 2008, V ZR 138/07, juris Rn. 13, vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 208 Rn. 8 und vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP 2012, 174, 175 f. Rn. 14). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Feuchtigkeit aber so erheblich, dass sie zur Bildung von Schimmel geführt und damit die Nutzung der Kellerräume in einem auch bei Altbauten nicht mehr bauartbedingt hinzunehmenden Umfang beeinträchtigt hatte.
8
c) Diesen Mangel hat die Beklagte, worauf es bei dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung weiter ankommt, zu vertreten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil sie die im Verkehr gebotene Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) verletzt hat. Sie hat das Kaufangebot der Kläger angenommen, ohne die Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen und ohne auf die Aufnahme einer entsprechenden Vereinbarung in den Kaufvertrag zu dringen, obwohl sie, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, jedenfalls bei Annahme des Angebots die Feuchtigkeitsschäden kannte.
9
2. Die Ansprüche scheitern entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an dem in dem Vertrag vereinbarten Ausschluss der Haftung für Sachmängel.
10
a) Ob sich das, wie die Kläger meinen, gemäß § 444 BGB daraus ergibt, dass die Beklagte den Klägern die Feuchtigkeitsschäden arglistig verschwiegen hat, ist allerdings zweifelhaft. Der Verkäufer muss Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur offenbaren, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW- RR 2003, 989, 990). Das ist für die Zeit vor der Entdeckung der Feuchtigkeit durch die Kläger zwischen den Parteien streitig und nicht festgestellt. Für die Zeit danach ist die Pflicht der Beklagten zur Offenbarung der Feuchtigkeit zweifelhaft, weil der Verkäufer über Mängel nicht aufklären muss, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind (Senat, Urteile vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34 und vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP 2012, 174, 176 Rn. 21) oder die der Käufer kennt (Senat, Urteil vom 7. Februar 2003 - V ZR 25/02, NJW-RR 2003, 772, 773). Ob sich hier etwas anders daraus ergibt, dass die Kläger den Feuchtigkeitsschaden erst entdeckt hatten, als ihr Angebot bereits beurkundet war, bedarf keiner Entscheidung.
11
b) Für diesen Mangel gilt der Haftungsausschluss nämlich nicht.
12
aa) Der Haftungsausschluss ist nur scheinbar eindeutig und bedarf der Auslegung. Diese hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Sie kann der Senat nachholen, weil die maßgeblichen Urkunden vorliegen und eine weitere Sachaufklärung die Feststellung zusätzlicher für die Auslegung relevanter Umstände nicht erwarten lässt.
13
bb) Die Auslegung ergibt, dass der Haftungsausschluss einschränkend auszulegen ist und für den Kaufentschluss eines Käufers wesentliche Mängel nicht erfasst, die der Beklagten als Verkäuferin bei Annahme des Angebots bekannt waren.
14
(1) Die Entscheidung darüber, ob sie den Grundstückskaufvertrag in einer gemeinsamen Verhandlung vor dem Notar schließen oder ob sie den Weg einer getrennten Beurkundung von Angebot und Annahme wählen und wer von ihnen welche dieser beiden Erklärungen beurkunden lassen soll, treffen die Parteien nach prakti- schen Gesichtspunkten oder im Hinblick darauf, dass sich eine Partei ihre Entscheidung , ob sie den Vertrag schließen möchte, noch einige Zeit offen halten möchte. Die Wahl der Vertragsschlusstechnik wird dagegen nicht durch das im Vertrag geregelte Haftungsrecht bestimmt und hat ihrerseits darauf keinen Einfluss. Auszugehen ist vielmehr davon, dass die Parteien unabhängig von der gewählten Technik den Vertrag so abschließen wollen, als wenn sie beide zu einer gemeinsamen Verhandlung vor dem Notar zusammenkämen. Ihre wechselseitige Rechtsstellung soll nicht schlechter, aber auch nicht besser sein, wenn sie stattdessen den Weg einer getrennten Beurkundung wählen, und auch nicht davon abhängen, ob der Käufer das Vertragsangebot macht oder der Verkäufer. Deshalb sind die Vertragserklärungen der Parteien bei einem Vertragsschluss durch eine gesondert beurkundete Annahme eines Angebots so auszulegen, dass sie inhaltlich einem unter Teilnahme beider Parteien beurkundeten Vertrag entsprechen.
15
(2) Bei gemeinsamer Teilnahme der Vertragsparteien am Beurkundungstermin träfe den Verkäufer die Pflicht, verborgene Mängel oder Umstände, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, auch ungefragt dem Käufer zu offenbaren, wenn sie für dessen Entschluss von Bedeutung , insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind (Senat, Urteile vom 7. Juni 1978 - V ZR 46/75, WM 1978, 1073, 1074 und vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP 2012, 174, 176 Rn. 21). Der Käufer hätte dann Gelegenheit, mit dem Verkäufer über Änderungen des Vertragstextes zu verhandeln oder von dem Vertragsschluss Abstand zu nehmen. Diese Möglichkeit besteht bei einem gestreckten Vertragsschluss durch gesonderte Annahme des Vertragsangebots des Käufers durch den Verkäufer nicht. Der Käufer wäre bei einem Vertragsschluss auf diesem Weg auch nicht in der Lage, auf Hinweise des Verkäufers zu Mängeln zu reagieren. Sein Vertragsangebot ist nach Zugang bei dem Verkäufer bindend. Er kann es weder zurückziehen noch ändern. Er kann nicht verhindern, dass der Verkäufer das Angebot annimmt. Für den Verkäufer ist bei dieser Situation offensichtlich, dass der Käufer den in das Angebot aufgenommenen Haftungsausschluss nicht für Mängel gelten lassen will, die der Verkäufer bei Erklärung der Annahme kennt. Offenbaren müsste der Verkäufer ihm diese Mängel zwar nur, wenn sie einer Besichtigung nicht zugänglich und nicht ohne weiteres erkennbar sind (Senat , Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZNotP 2012, 174, 176 Rn. 21). Ob und zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen eingetreten sind, kann der Käufer aber bei Abgabe und Zugang seines Angebots typsicherweise nicht einschätzen. Er kann dem Verkäufer sinnvollerweise nur einen Haftungsausschluss für Mängel anbieten, die dieser nicht kennt, und es ihm überlassen, ob er von der Annahme des Angebots absieht oder ob er das Angebot mit dem eingeschränkten Haftungsausschluss annimmt und eine etwaige Kenntnis des Käufers von dem Mangel nach Maßgabe von § 442 BGB einwendet.
16
3. Die Ansprüche der Kläger müssen auch nicht daran scheitern, dass sie vor der Annahme ihres Angebots durch die Beklagte von den Feuchtigkeitsschäden erfahren haben.
17
a) Nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels, den er bei Vertragsschluss kennt, allerdings ausgeschlossen. Zustande gekommen ist der Kaufvertrag hier mit der Annahme des Vertragsangebots der Kläger durch die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt waren den Klägern die Feuchtigkeitsschäden bekannt.
18
b) Auf das förmliche Zustandekommen des Vertrags kommt es indessen bei einem gestreckten Vertragsschluss nicht an. In dieser Fallkonstellation ist die Vor- schrift im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend auszulegen. Maßgeblich ist bei einem so zustande gekommenen Vertrag die Kenntnis des Käufers vom Mangel bei Beurkundung des Angebots, nicht bei Annahme des Angebots durch den Verkäufer.
19
aa) Umstritten ist schon die Frage, ob es auf die Kenntnis des Käufers vom Mangel im Zeitpunkt des förmlichen Zustandekommens des Vertrags oder bei Abgabe seines Angebots ankommt. Teilweise wird auch bei einem gestreckten Vertragsschluss der Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags für maßgeblich gehalten (Lemke/D. Schmidt, Immobilienrecht, § 442 BGB Rn. 7; Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 442 Rn. 8). Nach der Gegenansicht ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Käufer sein Angebot abgibt (Bamberger/Roth/Faust, BGB, Online-Edition 24, Stand 1. 3. 2011, § 442 Rn. 7; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004] § 442 Rn. 19; unklar: MünchKomm/BGB/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 442 Rn. 6). Dabei soll es unerheblich sein, ob der Käufer seine Vertragserklärung noch nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen könnte, wenn er von dem Mangel erfährt. Ein ähnliches Meinungsbild ergibt sich bei der vergleichbaren Frage danach, ob es bei einem nach § 355 BGB widerruflichen Kaufvertrag auf die Kenntnis des Käufers vom Mangel bei Vertragsschluss ankommt (so Bamberger/Roth/Faust, BGB, OnlineEdition 22, Stand 1. 3. 2011, § 442 Rn. 11; Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 442 Rn. 7; MünchKomm/BGB/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 442 Rn. 6; Staudinger /Matusche-Beckmann, BGB [2004] § 442 Rn. 19; Kiefer, NJW 1989, 3120, 3125) oder bei Ablauf der Widerrufsfrist (so Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 460 Rn. 18).
20
Auf welchen Zeitpunkt bei einem notariell beurkundeten Vertragsangebot des Käufers abzustellen ist, wird, soweit ersichtlich, bislang nicht diskutiert. Rechtlich wird ein solches Angebot erst abgegeben, wenn der Notar es dem Verkäufer zuleitet.
Wann das geschieht, darauf hat der Käufer regelmäßig keinen Einfluss. In aller Regel erfährt er dies nicht einmal. Es fragt sich deshalb, ob es auf die Absendung des Angebots durch den Notar ankommt oder auf die Beurkundung der Erklärung.
21
bb) Nach Auffassung des Senats ist im Grundsatz der Zeitpunkt der Abgabe des Angebots, bei einem notariell beurkundeten Angebot, der Zeitpunkt der Beurkundung des Angebots durch den Notar maßgeblich.
22
(1) Der Vorschrift des § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt der Gedanke zugrunde, dass der Käufer nicht in seinen berechtigten Erwartungen enttäuscht wird, wenn er den Kauf trotz des Mangels gewollt hat. Er ist dann nicht schutzwürdig, denn mit der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen stellt er sich in Widerspruch zu seinem vorangegangenen Verhalten, nämlich dem Vertragsabschluss in Kenntnis des Mangels (Senat, Urteile vom 3. März 1989 - V ZR 212/87, NJW 1989, 2050 und vom 27. Mai 2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2954 Rn. 14; MünchKommBGB /H. P. Westermann, 6. Aufl., § 442 Rn. 1; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl. § 460 Rn. 3; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004] § 442 Rn. 1). Die Vorschrift stellt deshalb auf die Kenntnis des Käufers von dem Mangel „bei Vertragsschluss“ ab.
23
(2) Wenn die Annahme des Angebots des Käufers durch den Verkäufer zeitlich versetzt erfolgt, führt das Abstellen auf das förmliche Zustandekommen des Vertrags zu einem von dem Zweck des § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr gedeckten Ausschluss von Mängelrechten. Die Gewährleistungsansprüche des Käufers werden dann nämlich auch für Mängel ausgeschlossen, die er bei Beurkundung seiner Vertragserklärung nicht kannte. Der Haftungsausschluss lässt sich nicht mit einem widersprüchlichen Verhalten des Käufers rechtfertigen. Dieser kann sich von dem An- gebot nicht mehr einseitig lösen und den Vertragsschluss verhindern, wenn er nachträglich Kenntnis von einem Mangel erlangt. Das gilt jedenfalls dann, wenn sein Angebot zu diesem Zeitpunkt dem Verkäufer zugegangen ist. Er kann davon ausgehen, dass der Verkäufer das Angebot nur annimmt, wenn er die darin vorgeschlagenen Verkäuferpflichten auch erfüllen kann und sich dessen notfalls vor Annahme des Angebots vergewissert. Die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten wegen solcher Mängel kann ihm dann nicht als widersprüchliches Verhalten angelastet werden. Die Vorschrift muss deshalb ihrem Zweck entsprechend eingeschränkt werden. Ausgeschlossen sind nur Mängel, die der Käufer bei Beurkundung seines Angebots kannte.
24
(3) Nichts anderes gilt, wenn der Käufer in dem Zeitpunkt, in dem er von dem Mangel erfährt, seine Vertragserklärung noch nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen könnte. Mit dem Widerruf könnte er sich zwar von der Bindung an sein Angebot lösen. Nutzen kann er diese Möglichkeit aber nur, wenn er die rechtliche Möglichkeit, sich von seiner Erklärung zu lösen, und die tatsächlichen Voraussetzungen dafür kennt oder wenigstens Veranlassung hat, sich nach beidem zu erkundigen. Das hat der Senat für den Fall entschieden, dass der Käufer nach Abschluss eines nichtigen Vertrags, aber vor dessen Heilung von dem Mangel erfährt, von der Nichtigkeit aber keine Kenntnis hatte (Urteile vom 3. März 1989 - V ZR 212/87, NJW 1989, 2050 f. und vom 27. Mai 2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2954 Rn. 14). Für das Fehlen der Kenntnis von einer Widerrufsmöglichkeit nach § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt nichts anderes. An der Kenntnis wird es typischerweise fehlen, weil der Käufer die Weiterleitung eines notariell beurkundeten Angebots gewöhnlich nicht verfolgen kann und deshalb nicht weiß, wann es dem Verkäufer zugeht. Deshalb kann dem Käufer auch bei theoretischer Widerruflichkeit seines Angebots der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens nicht gemacht werden.

25
(4) Das gilt auch für die zusätzliche Lösungsmöglichkeit, die sich für einen Käufer bei der Abgabe eines notariellen Angebots ergeben kann. Bei einem solchen Angebot könnte der Käufer schon die förmliche Abgabe vermeiden, wenn er nachträglich von dem Mangel erfährt. Er müsste den Notar nur anweisen, von der Zuleitung des Angebots an den Verkäufer abzusehen. Voraussetzung dafür ist, dass der Notar das Angebot zu diesem Zeitpunkt noch nicht dem Verkäufer zugeleitet hat. Auch diese Möglichkeit kann der Käufer nur nutzen, wenn er weiß oder wenigstens Anhaltspunkte dafür hat, dass der Notar noch nicht tätig geworden ist. Das ist ein Ausnahmefall. Normalerweise fertigt der Notar ein Angebot unverzüglich aus. Das wird insbesondere dann gelten, wenn es befristet sein soll. Deshalb kann dem Käufer auch unter diesem Gesichtspunkt regelmäßig nicht der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens gemacht werden, wenn er sich auf einen Mangel beruft, von dem er nach Beurkundung seines Angebots Kenntnis erlangt hat.
26
cc) Etwas anderes gilt indessen, wenn der Käufer die Versendung seines Angebots selbst hinausgezögert oder wenn er Veranlassung hatte, sich nach Möglichkeiten zu erkundigen, den Eintritt der Bindungswirkung seines Angebots zu verhindern , und rechtzeitig hätte entsprechend tätig werden können. Denn dann verhielte er sich widersprüchlich. Er ließe den Vertrag in Kenntnis des Mangels zustande kommen, obwohl er das hätte verhindern können. Das entspricht dem Verhalten, das nach § 442 BGB zum Ausschluss von Mängelrechten führen soll. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift im vorbeschriebenen Sinn wäre dann nicht gerechtfertigt. Es bliebe beim Wortlaut der Regelung in § 442 Abs. 1 BGB, wonach es auf die Kenntnis des Käufers bei Zustandekommen des Vertrags ankommt.
27
c) Auszugehen ist davon, dass die Kläger zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Kenntnis von dem Mangel hatten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger erst nach der Beurkundung ihres Angebots von den Feuchtigkeitsschäden erfahren. Sie hätten zwar sowohl die Abgabe als auch das Wirksamwerden ihres Angebots verhindern können, weil der Notar es erst mit Schreiben vom 12. Dezember 2006 der Beklagten zugeleitet hat. Feststellungen dazu, ob die Kläger diese Möglichkeit erkannt oder Veranlassung hatten, ihr nachzugehen, hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass es an beidem fehlte. Dann wären die Mängelansprüche der Kläger nicht ausgeschlossen.
28
4. Lassen sich Mängelansprüche nicht ausschließen, kann auch der weiter geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB begründet sein.

III.


29
Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif und deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
30
1. Hinsichtlich des Anspruchsgrunds wird zu prüfen sein, ob die an sich bestehenden Mängelansprüche der Kläger nach § 442 BGB ausgeschlossen sind. Es ist nämlich nach den Umständen nicht auszuschließen, dass diese selbst die verzögerte Versendung des Angebots veranlasst haben oder dass sie Veranlassung hatten, sich z.B. bei dem Urkundsnotar nach der Möglichkeit zu erkundigen, den Eintritt der Bin- dungswirkung zu verhindern. Das Berufungsgericht hatte bisher keine Veranlassung, dem nachzugehen. Dies wird nachzuholen sein.
31
2. Die Kläger können den ihnen zu ersetzenden Schaden auf der Grundlage der Mängelbeseitigungskosten berechnen, weil sie von der Beklagten die Herstellung des vertragsgemäßen mangelfreien Zustands verlangen konnten. Dieser Anspruch besteht auch, wenn der Mangel nicht beseitigt werden soll und wenn das Anwesen verkauft ist. Der Bundesgerichtshof hat dies für den Nachbesserungsanspruch im Werkvertragsrecht anerkannt (Urteile vom 6. November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81, 86 ff. und vom 22. 7. 2004 - VII ZR 275/03, NJW-RR 2004, 1462, 1463). Für den inhaltsgleichen Nacherfüllungsanspruch im Kaufrecht nach §§ 433, 439 BGB gilt nichts anderes. Die anderen Grundsätzen folgende Rechtsprechung des Senats zu Ansprüchen wegen Beschädigungen eines Grundstücks (Senat, Urteile vom 2. Oktober 1981 -V ZR 147/80, BGHZ 81, 385, 390 f. und vom 4. Mai 2001 - V ZR 435/99, BGHZ 147, 320, 322 f.; Krüger in Festschrift Wenzel [2005] S. 491, 493 f.) ist auf diesen Anspruch nicht übertragbar.
32
3. Einem Anspruch der Kläger stünde auch nicht entgegen, dass sie bei dem Weiterverkauf einen Mehrerlös erzielt haben. Ein solcher Mehrerlös schloss zwar einen Anspruch nach § 463 BGB aF aus (Senat, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 45/07 NJW 2008, 436, 437). Das beruhte aber darauf, dass der Käufer unter der Geltung von § 463 BGB aF keinen Anspruch auf Herstellung der Mängelfreiheit der Kaufsache hatte. Das ist nach § 433 Abs. 1, § 439 BGB anders. Der Mehrerlös führt auch nicht zu einer Einschränkung des Minderungsanspruchs (Senat, Urteil vom 27. Mai 2011 - V ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2954 Rn. 9 f.).

Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland

Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 04.01.2011 - 17 O 61/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 07.07.2011 - I-22 U 25/11 -
24
aa) Richtig ist zwar, dass das Tatbestandsmerkmal der Arglist in § 444 BGB nicht nur ein Handeln des Verkäufers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch Verhaltensweisen erfasst, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens und Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (vgl. Senatsurteile vom 3. März 1995 - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550 und vom 22. November 1996 - V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270). Voraussetzung für ein vorsätzliches Verschweigen eines Mangels ist jedoch stets, dass der Verkäufer den konkreten Mangel kennt oder zumindest für möglich hält (vgl. Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 437/01 Verkündet am:
7. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Soweit Arglist die Kenntnis offenbarungspflichtiger Umstände voraussetzt, kann sich
der Tatrichter nicht mit der Feststellung begnügen, der Verkäufer habe sich der
"Kenntnis bewußt verschlossen". Ausreichend ist demgegenüber, daß der Verkäufer
die Umstände zwar nicht positiv kennt, ihr Vorhandensein aber für möglich hält und
sie nicht offenbart, obwohl er weiß oder billigend in Kauf nimmt, daß die Umstände
für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sind.
BGH, Urt. v. 7. März 2003 - V ZR 437/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2003 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier
und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 9. Mai 1996 kaufte der Kläger von dem Beklagten für 290.000 DM eine Eigentumswohnung in dem Haus L. straße 62 in F. . Der Vertrag enthält einen Gewährleistungsausschluß für Größe und Beschaffenheit von Grund und Gebäuden sowie die Versicherung des Beklagten , daß ihm keine versteckten Mängel des Gebäudes bekannt seien und daß er keine ihm bekannten Mängel verschwiegen habe. Die Wohnung wurde im Juni 1996 übergeben.
Bei dem Nachbarhaus, L. straße 60, das ebenfalls dem Beklagten gehört, waren 1992 Setzungen und Risse aufgetreten, die auf ein unter dem Fundament befindliches Wurzelwerk zurückzuführen waren. Dieses hatte dem Erdreich Wasser entzogen und Schrumpfungen des Bodens und damit Erdbewegungen verursacht, denen das Mauerwerk nicht standgehalten hatte.
Im März 1996 stellte der seinerzeit von dem Beklagten beauftragte Bodengutachter Dr. St. auch im Keller des Hauses L. straße 62 Setzungen fest. Mit Schreiben vom 22. April 1996, von dem der Beklagte erst im Juni oder Juli 1996 Kenntnis genommen haben will, teilte Dr. St. diesem mit, daß auch der Boden unter dem Haus L. straße 62 mit vitalen Wurzeln durchzogen sei, die zu Setzungen und Rissen führen könnten.
Im Jahre 1997 kam es zur Bildung von Rissen im Mauerwerk des Hauses L. straße 62. Schadensursache war eine Verwurzelung des Abwasserkanals. Die Kosten für die Beseitigung betrugen anteilig für den Kläger 1.758,75 DM.
Mitte 1998 verlangte der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz weitergehender Schäden unter dem Gesichtspunkt des § 463 BGB a.F. Seiner auf Zahlung von zunächst 356.477,04 DM nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums, gerichteten Klage hat das Landgericht in Höhe von 313.296,09 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat den zu zahlenden Betrag auf 334.719,13 DM nebst Zinsen erhöht. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält die Klage - ohne die Norm allerdings ausdrücklich zu nennen - unter dem Gesichtspunkt des § 463 Satz 1 BGB a.F. für begründet. Es meint, der Beklagte habe "arglistig ... zugesichert, daß ihm keine versteckten Mängel des Gebäudes bekannt seien und daß er keine ihm bekannten Mängel ... verschwiegen habe". Diese Zusicherung sei falsch, da sich der Beklagte jedenfalls so behandeln lassen müsse, als sei ihm bekannt gewesen , "daß sich wegen der Durchwurzelung des Untergrundes des Hausanwesens L. straße Nr. 62 eine erhöhte Gefahr von Setzungen des Bodens und damit eine Gefahr von Entstehen von Schäden an Gebäudebestandteilen ... des Gemeinschaftseigentums bekannt gewesen seien" (gemeint ist wohl: daß eine solche Gefahr bestanden habe).

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Die Annahme, der Beklagte hafte wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft, § 463 Satz 1 BGB a.F., ist verfehlt. Die Versicherung in dem notariellen Vertrag, keine versteckten Mängel zu kennen und keine bekannten Mängel zu verschweigen, stellt keine Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache dar (Senat, Urt. v. 9. November 1990, V ZR 194/89, NJW 1991, 1181, 1182; Urt. v. 22. November 1991, V ZR 215/90, NJW-RR 1992, 333; Urt. v.
3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549). Sie bedeutet nicht die Gewähr- übernahme für das Fehlen von Mängeln, sondern enthält eine Aussage zum Kenntnisstand und zur Redlichkeit des Verkäufers.
2. Soweit das Berufungsgericht von einer "arglistigen Zusicherung" ausgeht und dadurch und durch Bezugnahme auf Ausführungen des Landgerichts zum arglistigen Verschweigen eines Mangels zum Ausdruck bringt, daß es auch die Voraussetzungen einer Haftung nach § 463 Satz 2 BGB a.F. für gegeben erachtet, ist ihm nach den bisher getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht zu folgen.

a) Die Haftung nach dieser Vorschrift setzt voraus, daß der Beklagte einen zum Zeitpunkt des Kaufs vorhandenen Fehler der Kaufsache arglistig verschwiegen hat. Als Fehler sieht das Berufungsgericht "die konkrete Gefahr des Eintritts erheblicher Schäden" an dem Haus an, zu dem die gekaufte Eigentumswohnung gehört. Das ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Daß eine solche konkrete Gefahr bestand, hat das Berufungsgericht aber - wie die Revision zu Recht rügt - nicht fehlerfrei festgestellt. Soweit es pauschal auf die Aussage des Zeugen Dr. St. und ein Gutachten des Sachverständigen Dr. H. (im Urteil: Dr. L. ) verweist, ist dem nicht zu entnehmen, worin es die konkrete Gefahr sieht. Ohnehin liegt ein Sachverständigengutachten Dr. H. nicht vor. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die zunächst vom Landgericht angeordnet worden war, ist nämlich nicht durchgeführt worden. Der Sachverständige hat in einem vorbereitenden Schreiben lediglich eine knappe Bemerkung zum Zustand des Gebäudes gemacht, die indes keine konkreten Angaben zur Gefahrensituation zum Zeitpunkt des Kaufvertrages enthalten. Die Aussage des Zeugen Dr. St. läßt ebenfalls nicht erkennen, daß
im Mai 1996 die konkrete Gefahr eines erheblichen Schadenseintritts bestand. Der Zeuge hat lediglich über Austrocknungserscheinungen berichtet, die auf das Vorhandensein vitaler Wurzeln zurückzuführen seien und die - wie er auch in seinem Schreiben vom 22. April 1996 zum Ausdruck gebracht hat - zu Setzungen und Rißbildungen führen können. Von einer konkreten Gefahr des Eintritts erheblicher Schäden ist nicht die Rede.
Darauf deutet auch nicht die weitere Entwicklung hin. Die Schäden, die 1997 eingetreten sind, hatten eine andere Ursache, von deren Vorhandensein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht ausgegangen werden kann, jedenfalls die Parteien nicht ausgehen konnten. Rückschlüsse auf den vom Berufungsgericht angenommenen Fehler bei Vertragsschluß lassen sich daraus nur bedingt ziehen. Verwertbare Aussagen eines Sachverständigen liegen hierzu nicht vor. Zudem konnte das Berufungsgericht zu seiner Einschätzung nicht gelangen, ohne dem unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten nachzugehen , daß es sich bei den aufgetretenen Rissen um Setzungsrisse handele, die bei einem etwa 100 Jahre alten Haus - wie hier - normal seien und keine wesentliche Beeinträchtigung darstellten.

b) Unterstellt man das Vorhandensein einer konkreten Gefahr für den Eintritt erheblicher Schäden, so ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts , der Beklagte habe diesen Fehler arglistig verschwiegen, nicht frei von Rechtsfehlern. Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, daß der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr. des Senats, vgl. nur Urt. v. 10. Juni
1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urt. v. 20. März 1987, V ZR 27/86, NJW 1987, 2511; Urt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, NJW 1989, 42). Daß der Beklagte den Fehler gekannt oder ihn wenigstens für möglich gehalten hat, stellt das Berufungsgericht nicht fest. Soweit es davon ausgeht, daß diese Erkenntnis aus dem Schreiben des Zeugen Dr. St. vom 22. April 1996 habe gewonnen werden können, und soweit es meint, der Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt und auch keinen ihm obliegenden Beweis dafür angeboten, daß ihm im Zeitpunkt des Kaufs dieses Schreiben nicht bekannt gewesen sei, verkennt es - wie die Revision zu Recht rügt - die Darlegungs- und Beweislast. Die die Arglist des Verkäufers begründenden Umstände muß der Käufer beweisen, nicht muß sie der Verkäufer ausräumen (Senat, BGHZ 117, 260, 263; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 463 BGB a.F. Rdn. 5 m.w.N.).
Soweit die Revisionserwiderung meint, der Beklagte habe sich nach den Grundsätzen der Wissenszurechnung (§ 166 Abs. 1 BGB entspr.) eine etwaige Kenntnis seines Architekten Kr. , den er mit umfassenden Vollmachten ausgestattet habe, zurechnen zu lassen, ist ihr nicht zu folgen. Die Voraussetzungen für eine Wissenszurechnung liegen nicht vor (vgl. Senat, BGHZ 117, 104, 106 f.). Unabhängig davon, welche Vollmachten Kr. hatte, so war er jedenfalls nicht von dem Beklagten als Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe in die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger eingeschaltet worden. Insoweit war er lediglich im Innenverhältnis für den Beklagten beratend tätig, was eine (entspr.) Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB ausschließt (Senat aaO m.w.N.).
Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe sich jedenfalls der Kenntnis bewußt verschlossen, hält ebenfalls einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein bewußtes Sichverschließen der Kenntnis dann gleichgestellt, wenn es um rechtliche Bewertungen von Tatsachen geht. So erfordert die Kenntnis davon, nicht zum Besitz berechtigt zu sein (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos empfangen zu haben (§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur ein Kennen der tatsächlichen Umstände, aus denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondern auch die Kenntnis dieser Rechtsfolge selbst (für § 819 Abs. 1 BGB: BGHZ 118, 383, 392 m.w.N.; für § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB: vgl. BGHZ 32, 76, 92). Die Kenntnis der Tatsachen ist stets nötig und kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden (vgl. auch Martinek, JZ 1996, 1099, 1100, 1102 f.; Schreiber, JuS 1977, 230, 231). Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tatsachenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage, den Mangel des rechtlichen Grundes (§ 819 Abs. 1 BGB) oder die fehlende Besitzberechtigung (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB), genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Weniger. Im Wege einer wertenden Betrachtung, um einerseits die Beweisschwierigkeiten des Gläubigers zu vermindern und andererseits nicht den Schuldner zu belohnen, der sich rechtsblind stellt, läßt die Rechtsprechung eine objektivierte Sicht ausreichen. Würde sich ein redlich Denkender, dem die Tatsachen bekannt sind, der zutreffenden rechtlichen Bewertung nicht verschließen , so darf auch im jeweiligen Fall angenommen werden, daß der Schuldner die Rechtsfolge kennt (Senat, BGHZ 26, 256, 260; Urt. v. 12. April 1996, V ZR 310/94, NJW 1996, 2030, 2031; BGHZ 133, 246, 250 f.).
Um eine solche rechtliche Bewertung, um einen Schluß von bekannten Tatsachen auf eine bestimmte rechtliche Einordnung, geht es bei § 463 Satz 2 BGB a.F. nicht. Entscheidend ist allein, ob der Beklagte die den Fehler begründenden Umstände kannte. Ob er sie zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnete, ist ohne Belang. Er mußte nur wissen, daß die konkrete Gefahr bestand, daß das Gebäude infolge der Durchwurzelung des Bodens erheblichen Schaden nehmen könnte. Diese Kenntnis muß festgestellt werden. Sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Die Annahme, der Beklagte habe sich dieser Kenntnis "bewußt verschlossen", ist daher verfehlt.
Unabhängig von diesen Kategorien reicht es für einen bedingten Vorsatz allerdings - wie stets - aus, daß der Verkäufer die Umstände zwar nicht positiv kennt, ihr Vorhandensein aber für möglich hält und sie nicht offenbart, obwohl er weiß oder billigend in Kauf nimmt, daß die Umstände für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sind. Mit einem Sichverschließen vor der Kenntnis dieser Umstände hat das indes nichts zu tun.

III.


Da ein Anspruch aus § 463 Satz 1 BGB nicht in Betracht kommt, bleibt es Sache des Tatrichters zu prüfen, ob aus den gesamten Umständen des
Falles auf ein arglistiges Verhalten des Beklagten geschlossen werden kann, das zu einer Haftung nach § 463 Satz 2 BGB führt.
Tropf Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 437/01 Verkündet am:
7. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Soweit Arglist die Kenntnis offenbarungspflichtiger Umstände voraussetzt, kann sich
der Tatrichter nicht mit der Feststellung begnügen, der Verkäufer habe sich der
"Kenntnis bewußt verschlossen". Ausreichend ist demgegenüber, daß der Verkäufer
die Umstände zwar nicht positiv kennt, ihr Vorhandensein aber für möglich hält und
sie nicht offenbart, obwohl er weiß oder billigend in Kauf nimmt, daß die Umstände
für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sind.
BGH, Urt. v. 7. März 2003 - V ZR 437/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2003 durch die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier
und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 9. Mai 1996 kaufte der Kläger von dem Beklagten für 290.000 DM eine Eigentumswohnung in dem Haus L. straße 62 in F. . Der Vertrag enthält einen Gewährleistungsausschluß für Größe und Beschaffenheit von Grund und Gebäuden sowie die Versicherung des Beklagten , daß ihm keine versteckten Mängel des Gebäudes bekannt seien und daß er keine ihm bekannten Mängel verschwiegen habe. Die Wohnung wurde im Juni 1996 übergeben.
Bei dem Nachbarhaus, L. straße 60, das ebenfalls dem Beklagten gehört, waren 1992 Setzungen und Risse aufgetreten, die auf ein unter dem Fundament befindliches Wurzelwerk zurückzuführen waren. Dieses hatte dem Erdreich Wasser entzogen und Schrumpfungen des Bodens und damit Erdbewegungen verursacht, denen das Mauerwerk nicht standgehalten hatte.
Im März 1996 stellte der seinerzeit von dem Beklagten beauftragte Bodengutachter Dr. St. auch im Keller des Hauses L. straße 62 Setzungen fest. Mit Schreiben vom 22. April 1996, von dem der Beklagte erst im Juni oder Juli 1996 Kenntnis genommen haben will, teilte Dr. St. diesem mit, daß auch der Boden unter dem Haus L. straße 62 mit vitalen Wurzeln durchzogen sei, die zu Setzungen und Rissen führen könnten.
Im Jahre 1997 kam es zur Bildung von Rissen im Mauerwerk des Hauses L. straße 62. Schadensursache war eine Verwurzelung des Abwasserkanals. Die Kosten für die Beseitigung betrugen anteilig für den Kläger 1.758,75 DM.
Mitte 1998 verlangte der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz weitergehender Schäden unter dem Gesichtspunkt des § 463 BGB a.F. Seiner auf Zahlung von zunächst 356.477,04 DM nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungseigentums, gerichteten Klage hat das Landgericht in Höhe von 313.296,09 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat den zu zahlenden Betrag auf 334.719,13 DM nebst Zinsen erhöht. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält die Klage - ohne die Norm allerdings ausdrücklich zu nennen - unter dem Gesichtspunkt des § 463 Satz 1 BGB a.F. für begründet. Es meint, der Beklagte habe "arglistig ... zugesichert, daß ihm keine versteckten Mängel des Gebäudes bekannt seien und daß er keine ihm bekannten Mängel ... verschwiegen habe". Diese Zusicherung sei falsch, da sich der Beklagte jedenfalls so behandeln lassen müsse, als sei ihm bekannt gewesen , "daß sich wegen der Durchwurzelung des Untergrundes des Hausanwesens L. straße Nr. 62 eine erhöhte Gefahr von Setzungen des Bodens und damit eine Gefahr von Entstehen von Schäden an Gebäudebestandteilen ... des Gemeinschaftseigentums bekannt gewesen seien" (gemeint ist wohl: daß eine solche Gefahr bestanden habe).

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Die Annahme, der Beklagte hafte wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft, § 463 Satz 1 BGB a.F., ist verfehlt. Die Versicherung in dem notariellen Vertrag, keine versteckten Mängel zu kennen und keine bekannten Mängel zu verschweigen, stellt keine Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache dar (Senat, Urt. v. 9. November 1990, V ZR 194/89, NJW 1991, 1181, 1182; Urt. v. 22. November 1991, V ZR 215/90, NJW-RR 1992, 333; Urt. v.
3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549). Sie bedeutet nicht die Gewähr- übernahme für das Fehlen von Mängeln, sondern enthält eine Aussage zum Kenntnisstand und zur Redlichkeit des Verkäufers.
2. Soweit das Berufungsgericht von einer "arglistigen Zusicherung" ausgeht und dadurch und durch Bezugnahme auf Ausführungen des Landgerichts zum arglistigen Verschweigen eines Mangels zum Ausdruck bringt, daß es auch die Voraussetzungen einer Haftung nach § 463 Satz 2 BGB a.F. für gegeben erachtet, ist ihm nach den bisher getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht zu folgen.

a) Die Haftung nach dieser Vorschrift setzt voraus, daß der Beklagte einen zum Zeitpunkt des Kaufs vorhandenen Fehler der Kaufsache arglistig verschwiegen hat. Als Fehler sieht das Berufungsgericht "die konkrete Gefahr des Eintritts erheblicher Schäden" an dem Haus an, zu dem die gekaufte Eigentumswohnung gehört. Das ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Daß eine solche konkrete Gefahr bestand, hat das Berufungsgericht aber - wie die Revision zu Recht rügt - nicht fehlerfrei festgestellt. Soweit es pauschal auf die Aussage des Zeugen Dr. St. und ein Gutachten des Sachverständigen Dr. H. (im Urteil: Dr. L. ) verweist, ist dem nicht zu entnehmen, worin es die konkrete Gefahr sieht. Ohnehin liegt ein Sachverständigengutachten Dr. H. nicht vor. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die zunächst vom Landgericht angeordnet worden war, ist nämlich nicht durchgeführt worden. Der Sachverständige hat in einem vorbereitenden Schreiben lediglich eine knappe Bemerkung zum Zustand des Gebäudes gemacht, die indes keine konkreten Angaben zur Gefahrensituation zum Zeitpunkt des Kaufvertrages enthalten. Die Aussage des Zeugen Dr. St. läßt ebenfalls nicht erkennen, daß
im Mai 1996 die konkrete Gefahr eines erheblichen Schadenseintritts bestand. Der Zeuge hat lediglich über Austrocknungserscheinungen berichtet, die auf das Vorhandensein vitaler Wurzeln zurückzuführen seien und die - wie er auch in seinem Schreiben vom 22. April 1996 zum Ausdruck gebracht hat - zu Setzungen und Rißbildungen führen können. Von einer konkreten Gefahr des Eintritts erheblicher Schäden ist nicht die Rede.
Darauf deutet auch nicht die weitere Entwicklung hin. Die Schäden, die 1997 eingetreten sind, hatten eine andere Ursache, von deren Vorhandensein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht ausgegangen werden kann, jedenfalls die Parteien nicht ausgehen konnten. Rückschlüsse auf den vom Berufungsgericht angenommenen Fehler bei Vertragsschluß lassen sich daraus nur bedingt ziehen. Verwertbare Aussagen eines Sachverständigen liegen hierzu nicht vor. Zudem konnte das Berufungsgericht zu seiner Einschätzung nicht gelangen, ohne dem unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten nachzugehen , daß es sich bei den aufgetretenen Rissen um Setzungsrisse handele, die bei einem etwa 100 Jahre alten Haus - wie hier - normal seien und keine wesentliche Beeinträchtigung darstellten.

b) Unterstellt man das Vorhandensein einer konkreten Gefahr für den Eintritt erheblicher Schäden, so ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts , der Beklagte habe diesen Fehler arglistig verschwiegen, nicht frei von Rechtsfehlern. Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, daß der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr. des Senats, vgl. nur Urt. v. 10. Juni
1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urt. v. 20. März 1987, V ZR 27/86, NJW 1987, 2511; Urt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, NJW 1989, 42). Daß der Beklagte den Fehler gekannt oder ihn wenigstens für möglich gehalten hat, stellt das Berufungsgericht nicht fest. Soweit es davon ausgeht, daß diese Erkenntnis aus dem Schreiben des Zeugen Dr. St. vom 22. April 1996 habe gewonnen werden können, und soweit es meint, der Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt und auch keinen ihm obliegenden Beweis dafür angeboten, daß ihm im Zeitpunkt des Kaufs dieses Schreiben nicht bekannt gewesen sei, verkennt es - wie die Revision zu Recht rügt - die Darlegungs- und Beweislast. Die die Arglist des Verkäufers begründenden Umstände muß der Käufer beweisen, nicht muß sie der Verkäufer ausräumen (Senat, BGHZ 117, 260, 263; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 463 BGB a.F. Rdn. 5 m.w.N.).
Soweit die Revisionserwiderung meint, der Beklagte habe sich nach den Grundsätzen der Wissenszurechnung (§ 166 Abs. 1 BGB entspr.) eine etwaige Kenntnis seines Architekten Kr. , den er mit umfassenden Vollmachten ausgestattet habe, zurechnen zu lassen, ist ihr nicht zu folgen. Die Voraussetzungen für eine Wissenszurechnung liegen nicht vor (vgl. Senat, BGHZ 117, 104, 106 f.). Unabhängig davon, welche Vollmachten Kr. hatte, so war er jedenfalls nicht von dem Beklagten als Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe in die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger eingeschaltet worden. Insoweit war er lediglich im Innenverhältnis für den Beklagten beratend tätig, was eine (entspr.) Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB ausschließt (Senat aaO m.w.N.).
Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe sich jedenfalls der Kenntnis bewußt verschlossen, hält ebenfalls einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein bewußtes Sichverschließen der Kenntnis dann gleichgestellt, wenn es um rechtliche Bewertungen von Tatsachen geht. So erfordert die Kenntnis davon, nicht zum Besitz berechtigt zu sein (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos empfangen zu haben (§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur ein Kennen der tatsächlichen Umstände, aus denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondern auch die Kenntnis dieser Rechtsfolge selbst (für § 819 Abs. 1 BGB: BGHZ 118, 383, 392 m.w.N.; für § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB: vgl. BGHZ 32, 76, 92). Die Kenntnis der Tatsachen ist stets nötig und kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden (vgl. auch Martinek, JZ 1996, 1099, 1100, 1102 f.; Schreiber, JuS 1977, 230, 231). Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tatsachenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage, den Mangel des rechtlichen Grundes (§ 819 Abs. 1 BGB) oder die fehlende Besitzberechtigung (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB), genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Weniger. Im Wege einer wertenden Betrachtung, um einerseits die Beweisschwierigkeiten des Gläubigers zu vermindern und andererseits nicht den Schuldner zu belohnen, der sich rechtsblind stellt, läßt die Rechtsprechung eine objektivierte Sicht ausreichen. Würde sich ein redlich Denkender, dem die Tatsachen bekannt sind, der zutreffenden rechtlichen Bewertung nicht verschließen , so darf auch im jeweiligen Fall angenommen werden, daß der Schuldner die Rechtsfolge kennt (Senat, BGHZ 26, 256, 260; Urt. v. 12. April 1996, V ZR 310/94, NJW 1996, 2030, 2031; BGHZ 133, 246, 250 f.).
Um eine solche rechtliche Bewertung, um einen Schluß von bekannten Tatsachen auf eine bestimmte rechtliche Einordnung, geht es bei § 463 Satz 2 BGB a.F. nicht. Entscheidend ist allein, ob der Beklagte die den Fehler begründenden Umstände kannte. Ob er sie zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnete, ist ohne Belang. Er mußte nur wissen, daß die konkrete Gefahr bestand, daß das Gebäude infolge der Durchwurzelung des Bodens erheblichen Schaden nehmen könnte. Diese Kenntnis muß festgestellt werden. Sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Die Annahme, der Beklagte habe sich dieser Kenntnis "bewußt verschlossen", ist daher verfehlt.
Unabhängig von diesen Kategorien reicht es für einen bedingten Vorsatz allerdings - wie stets - aus, daß der Verkäufer die Umstände zwar nicht positiv kennt, ihr Vorhandensein aber für möglich hält und sie nicht offenbart, obwohl er weiß oder billigend in Kauf nimmt, daß die Umstände für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sind. Mit einem Sichverschließen vor der Kenntnis dieser Umstände hat das indes nichts zu tun.

III.


Da ein Anspruch aus § 463 Satz 1 BGB nicht in Betracht kommt, bleibt es Sache des Tatrichters zu prüfen, ob aus den gesamten Umständen des
Falles auf ein arglistiges Verhalten des Beklagten geschlossen werden kann, das zu einer Haftung nach § 463 Satz 2 BGB führt.
Tropf Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch
16
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die subjektiven Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht bejaht.

(1) War der Besitzer bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigentümer von der Zeit des Erwerbs an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntnis an.

(2) Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 249/05 Verkündet am:
8. Dezember 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 281 Abs. 2 Alt. 2, 323 Abs. 2 Nr. 3
Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrages rechtfertigendes Interesse des Käufers
bzw. ein entsprechendes Interesse, ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der
Leistung verlangen zu können, ist im Regelfall anzunehmen, wenn der Verkäufer dem Käufer
einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen hat.
Haben die Parteien einen Vergleich geschlossen und die Kostenentscheidung dem Gericht
überlassen, so entscheidet dieses nach übereinstimmender Erledigungserklärung nach § 91a
Abs. 1 ZPO, nicht nach § 98 Satz 2 ZPO.
Bei dieser Entscheidung kann im Rahmen des billigen Ermessens berücksichtigt werden,
welche Kostentragungsregelung die Parteien selbst angestrebt haben, etwa durch eine im
Vergleich vereinbarte Anregung an das Gericht.
BGH, Beschl. v. 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05 - OLG Celle
LGVerden
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat ohne mündliche Verhandlung auf
der Grundlage der bis zum 24. November 2006 eingereichten Schriftsätze der
Parteien durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter
Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:


I.

1
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 91a Abs. 1 ZPO. Dem steht § 98 Satz 2 ZPO nicht entgegen, wonach die Kosten eines Rechtsstreits, der sich - wie hier - durch Vergleich erledigt hat, als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, ohne dass es auf weiteres ankäme (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003, III ZB 57/02, BGHReport 2003, 1046). Denn diese Norm kommt nicht zur Anwendung, wenn die Parteien sie ausgeschlossen und die Kostentragung einer gerichtlichen Entscheidung unterstellt haben (Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 98 Rdn. 3; Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 98 Rdn. 4; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 98 Rdn. 3, jew. mit weit. Nachw.). So liegt es hier. Der Vergleich enthält die Regelung , dass die Parteien übereinstimmend beantragen, "durch Beschluss gemäß § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben". Es soll danach eine Kostenentscheidung durch das Gericht nach dem Maßstab des § 91a ZPO herbeigeführt werden. Hätten die Parteien die Geltung des § 98 Satz 2 ZPO gewollt, wäre eine gerichtliche Entscheidung nicht in Betracht gekommen; die Rechtsfolge wäre unmittelbar eingetreten (daher ist die Entscheidung BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003, III ZB 57/02, BGH Report 2003 in einem solchen Fall ausdrücklich nur zur Klarstellung ergangen). Dass in dem Vergleich das Ziel bestimmt ist, "die Kosten … gegeneinander aufzuheben", kann folglich nur - wie stets bei beiderseitiger Erledigungserklärung - als Anregung verstanden werden, die der Kläger mit seinem Kostenantrag aufgenommen hat, während sich der Beklagte darauf beschränkt hat, um eine "Kostenentscheidung nach § 91a ZPO" nachzusuchen.

II.


2
Vorliegend entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstandes billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Die Revision hätte zur Aufhebung und Zurückverweisung geführt, die Entscheidung über die Gegenansprüche der Beklagten wäre offen geblieben.
3
1. Mit notariellem Vertrag kaufte der Kläger von den Beklagten ein Hausgrundstück unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. Gestützt auf die Behauptung , bei starken Regenfällen dringe - was die Beklagten arglistig verschwiegen hätten - Oberflächen- und Grundwasser in die Garage und den Keller des Hauses ein, hat der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Er hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 257.030, 38 € (Kaufpreis und Erstattung von Vertragskosten) Zug um Zug gegen Rückübereignung des Grundstücks sowie die Feststellung beantragt, dass die Beklagten zum Ersatz weiteren Schadens verpflichtet seien und sich mit der Rücknahme des Grundstücks in Verzug befänden.
4
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision hat der Kläger, bevor der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden ist, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
5
2. Das Berufungsgericht hat einen Sachmangel des Kaufgrundstücks bejaht. Es hat ferner angenommen, dass sich die Beklagten auf den vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen könnten, da sie den Mangel arglistig verschwiegen hätten. Es hat ein Rücktrittsrecht gleichwohl nicht für gegeben erachtet , weil der Kläger keine nach § 323 Abs. 1 BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. Die Nacherfüllung sei weder unmöglich noch unzumutbar gewesen noch sei die Fristsetzung ausnahmsweise nach Absatz 2 der Vorschrift entbehrlich gewesen. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung seitens der Beklagten liege nicht vor. Das arglistige Verschweigen des Mangels allein mache die Nacherfüllung bei nicht persönlich zu erbringenden Leistungen in der Regel nicht unzumutbar.
6
3. Diese Ausführungen hätten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standgehalten. Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises nach §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB und auf Aufwendungs - bzw. Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 284 BGB konnten mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.
7
a) Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der unzureichende Schutz der Garage und des Kellers vor Überschwemmungen einen Mangel des verkauften Hausgrundstücks darstellt, den die Beklagten bei dem Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen haben, so dass sie sich nach § 444 BGB auf den vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen können.
8
Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, dass der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält, wobei es genügt, dass er die den Fehler begründenden Umstände kennt (oder für möglich hält). Ob er sie rechtlich zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnet, ist demgegenüber ohne Belang (Senat, Urt. v. 7. März 2003, V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Damit kann - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - ein arglistiges Verhalten nicht mit dem Argument verneint werden, die Beklagten hätten die Gefahr gelegentlicher Überschwemmungen für den "Normalfall" gehalten. Maßgeblich und ausreichend ist vielmehr allein, dass ihnen diese Gefahr, die allein schon den Sachmangel begründet, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts tatsächlich bekannt war.
9
Neben der Kenntnis des Mangels setzt ein arglistiges Handeln des Verkäufers weiter voraus, dass dieser weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Senat, Urt. v. 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urt. v. 20. März 1987, V ZR 27/86, NJW 1987, 2511; Urt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, NJW 1989, 42; Urt. v. 7. März 2003, V ZR 437/01 NJW-RR 2003, 989, 990). Von einem solchen jedenfalls bedingten Vorsatz der Beklagten ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen.
10
b) Nicht zu folgen wäre ihm indes gewesen, soweit es gemeint hat, die verlangte Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie der geltend gemachte Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch scheiterten daran, dass der Kläger den Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
11
aa) Zutreffend ist lediglich der Ausgangspunkt, dass nämlich der Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels wie auch das darauf gestützte Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung sowie von Aufwendungsersatz seit Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes in grundlegender Abkehr vom früheren Recht im Regelfall den erfolglosen Ablauf einer Frist zur Nacherfüllung voraussetzt. Der Vorrang der Nacherfüllung ergibt sich für den Rücktritt aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB und für den Schadensbzw. Aufwendungsersatz aus §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz 1, 284 BGB.
12
bb) Er gilt indessen nicht ausnahmslos, §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, 440 BGB. Eine Ausnahme greift namentlich dann ein, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Ausübung des Rücktrittsrechts oder Geltendmachung des Schadens- bzw. Aufwendungsersatzanspruchs rechtfertigen (§§ 281 Abs. 2 Alt. 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Gemessen an den anderen normierten Ausnahmetatbeständen kommt diesen Regelungen Auffangcharakter zu. Sie sollen den Gerichten Bewertungsspielräume eröffnen und Einzelfälle erfassen. Beispielhaft wird dabei die verspätete und daher nicht mehr verwendbare Lieferung von Saisonware oder Dünger für die Landwirtschaft genannt (BT-Drucks. 14/6040, S. 186). Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrages rechtfertigendes überwiegendes Käuferinteresse wird von der Literatur und der untergerichtlichen Rechtsprechung ganz überwiegend auch dann bejaht, wenn der Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags verschwiegen hat (AnwKomm-BGB/Dauner-Lieb, § 281 Rdn. 42 und § 323 Rdn. 28; Henssler /Graf von Westphalen/Dedek, Praxis der Schuldrechtsreform, 2. Aufl., § 281 Rdn. 36; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdn. 521; KK-Schuldrecht/Willingmann/Hirse, § 281 Rdn. 16 und § 323 Rdn. 17; im Ergebnis ebenso, doch gestützt auf § 440 Satz 1 BGB [Unzumutbarkeit der Nacherfüllung ], LG Köln, Urt. v. 30. August 2005, 5 O 479/04, Rdn. 25, zitiert nach juris; LG Bonn, NJW 2004, 74, 75; AnwKomm-BGB/Büdenbender § 440 Rdn. 18; AnwKomm-BGB/Raab § 636 Rdn. 23; Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 440 Rdn. 37; Erman/Grunewald, BGB, 11. Aufl., § 440 Rdn. 3; Gruber, JbjZivRWiss 2001, 187, 199; KK-Schuldrecht/Tonner/Crellwitz § 440 Rdn. 16, MünchKomm-BGB/Westermann, 4. Aufl., § 440 Rdn. 8; Palandt/Putzo, BGB, 65. Aufl., § 440 Rdn. 8; Prütting/Wegen/Weinreich/Schmidt, BGB, § 440 Rdn. 8; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 440 Rdn. 22; Schur, ZGS 2002, 243, 248; vgl. ferner zum internationalen Recht Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Art. 46 Rdn. 30 und Art. 49 Rdn. 9; differenzierend OLG Celle, OLGR 2005, 185, 186; Lorenz, NJW 2004, 26 f; ders., NJW 2006, 1925, 1927; MünchKomm-BGB/Ernst, § 281 Rdn. 60 und § 323 Rdn. 130; a.A. lediglich LG Berlin, Urt. v. 1. Februar 2005, 5 O 176/04, Rdn. 161, zitiert nach juris).
13
Dem tritt der Senat bei. Hat der Verkäufer beim Abschluss eines Kaufvertrags eine Täuschungshandlung begangen, so ist in der Regel davon auszugehen , dass die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt ist (so bereits BGHZ 46, 242, 246 zu § 634 Abs. 2 BGB a.F.). Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, dann, wenn die Nacherfüllung durch den Verkäufer selbst oder unter dessen Anleitung im Wege der Mängelbeseitigung erfolgen soll (Lorenz, NJW 2004, 26, 27). In solchen Fällen hat der Käufer ein berechtigtes Interesse daran, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen.
14
Dem stehen regelmäßig keine maßgebenden Interessen des Verkäufers gegenüber. Nach den Materialien zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz dient der Vorrang der Nacherfüllung allein dem Zweck, dem Verkäufer eine Chance zu geben, den mit der Rückabwicklung verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (BT-Drucks. 14/6040 S. 221). Diese Chance zur nachträglichen Fehlerbeseitigung verdient der Verkäufer allerdings nur dann, wenn ihm der Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags nicht bekannt war. Kannte er ihn, so kann er ihn vor Abschluss des Vertrages beseitigen und die Sache in einem vertragsgemäßen Zustand leisten. Die Chance, eine spätere Rückabwicklung des Vertrages zu vermeiden, wird dem Verkäufer daher in diesem Fall bereits im Vorfeld der vertraglichen Beziehungen eingeräumt. Entschließt sich der Verkäufer jedoch, den Mangel nicht zu beseitigen und die Sache in einem vertragswidrigen Zustand zu veräußern, so besteht keine Veranlassung, ihm nach Entdeckung des Mangels durch den Käufer eine zweite Chance zu gewähren. Der so handelnde Verkäufer verdient keinen Schutz vor den mit der Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen (vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 24. März 2006, V ZR 173/05, NJW 2006, 1960, 1961 mit zust. Anm. Saenger, BGHReport 2006, 826, 827; Urt. v. 11. Mai 1979, V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, 1984).
15
cc) Gemessen daran war auch im vorliegenden Fall eine Frist zur Nacherfüllung entbehrlich, da die Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrags die bestehende Überschwemmungsgefahr nicht offenbart haben. Ohne Belang ist dabei, aus welchem Grund die Beklagten ihrer Offenbarungspflicht nicht nachgekommen sind, so dass nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht auf diesbezügliche tatsächliche Feststellungen verzichtet hat. Die nach §§ 281 Abs. 2 2. Alt., 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB gebotene Interessenabwägung rechtfertigte nämlich eine sofortige Geltendmachung von Rücktritt, Schadens- und Aufwendungsersatz selbst dann, wenn die Beklagten - wie von der Revisionserwiderung angeführt - die ihnen bekannte Überschwemmungsgefahr als "Normalfall" und damit nicht als Mangel im Rechtssinne bewertet haben sollten. Das lässt weder den Vorwurf der Arglist entfallen (s. o.) noch erhält das Verhalten der Beklagten aus der Sicht des Klägers ein für die Bewertung der Zumutbarkeit wesentlich anderes Gewicht.
16
4. Das angefochtene Urteil hätte daher keinen Bestand gehabt. Eine abschließende Entscheidung wäre dem Senat aber nicht möglich gewesen, da das Berufungsgericht - aus seiner rechtlichen Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu den von den Beklagten geltend gemachten Gegenansprüchen auf Nutzungsersatz sowie auf Wertersatz wegen angeblicher Verschlechterungen des Grundstücks getroffen hat. Insoweit bestand Erfolgsaussicht.
17
Obwohl diese Gegenansprüche, misst man sie am Gebührenstreitwert, nicht annähernd den Wert der Klage erreichen, entspricht es billigem Ermessen , die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Dafür spricht zum einen, dass die Parteien selbst eine solche Kostenverteilung in dem geschlossenen Vergleich als angemessen und daher anzustreben angesehen haben. Ist der Senat hieran auch nicht gebunden, so kann er diese Einschätzung aber im Rahmen des billigen Ermessens berücksichtigen (vgl. Zöller /Vollkommer aaO, § 91a Rdn. 58 "Vergleich"; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO, § 91a Rdn. 48; s. auch OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 654). Zum anderen sind, wirtschaftlich betrachtet, die negativen Auswirkungen bei einer die Gegenansprüche zusprechenden Entscheidung für den Kläger wenigstens ebenso erheblich wie die positiven Auswirkungen eines dem Klageantrag stattgebenden Urteils. Denn die in erster Linie verfolgte Rückabwicklung des Kaufvertrages hat nur den Leistungsaustausch zum Gegenstand, ohne dass damit eine wesentliche Änderung im Vermögen einhergeht. Was vermögensrechtlich zu Buche schlägt, sind einerseits die Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche des Klägers und andererseits die Schadensersatz- und Nutzungsherausgabeansprüche der Beklagten. Sieht man darauf, so erscheint, auch unter Berücksichtigung des noch offen gebliebenen Prozessrisikos, eine Kostenteilung in der von den Parteien vorgesehenen Weise billig.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 22.12.2004 - 7 O 28/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.10.2005 - 8 U 23/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 181/09 Verkündet am:
12. November 2010
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Haben die Parteien einen Haftungsausschluss vereinbart, trägt der Käufer nach
§ 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher
Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, wozu bei einer Täuschung
durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört.

b) Da es sich bei der unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt,
kommen dem Käufer Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast
zugute.

c) Wendet der Verkäufer gegen die behauptete arglistige Täuschung ein, er sei davon
ausgegangen, der Käufer sei über den Mangel bereits aufgeklärt worden, trifft ihn
auch insoweit eine sekundäre Darlegungslast; dagegen trägt er die volle Darlegungs
- und Beweislast für die Behauptung, der Käufer habe Kenntnis von dem
Mangel unabhängig von einer ihm, dem Verkäufer, zurechenbaren Aufklärung erlangt
BGH, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 17. September 2009 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. August 2007 geändert. Die Zahlungsklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern mit der Zahlungsklage nicht bezifferte weitere Schäden zu ersetzen, die mit der Sanierung des Hauses Sch. 1 in W. (Ortsteil O. ) von Asbestfaserzementplatten verbunden sind. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der "Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos unter Fristsetzung auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
2
Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe der von ihnen mit 38.455,34 € veranschlagten Sanierungskosten sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer - derzeit noch nicht bezifferbarer - Schäden verpflichtet sind. Die Beklagten bestreiten eine Einstandspflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das diese Entscheidung bestätigende Berufungsurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts hat der Senat mit Revisionsurteil vom 27. März 2009 (V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff.) aufgehoben. Er hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung erneut - nunmehr durch den 16. Zivilsenat - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht erblickt in der Verwendung der asbesthaltigen Fassadenplatten zwar einen aufklärungspflichtigen Sachmangel, geht jedoch davon aus, dass die Kläger für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung beweisfällig geblieben sind. Eine Täuschung durch aktives Tun lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Im Übrigen erscheine es auch nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt. Mit Blick auf die Verneinung einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen hätten die Kläger darüber hinaus nicht bewiesen, dass sie von den Beklagten über die verbauten Asbestplatten nicht aufgeklärt worden seien. Der als Zeuge vernommene Makler habe glaubhaft bekundet, den Klägern seien vor Vertragsschluss die Finanzierungsunterlagen ausgehändigt worden , mit denen sie noch am selben Tage zu ihrem Finanzdienstleister gefahren seien. Bestandteil dieser Unterlagen sei die Baubeschreibung gewesen, aus der die Verwendung der Asbestplatten - auch für die Kläger - ohne weiteres ersichtlich gewesen sei.

II.

4
Die Revision ist begründet.
5
1. Allerdings greift nicht schon die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge durch. Dass nunmehr - anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht mehr der 8. Zivilsenat, sondern der 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts über die Berufung entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Welcher Spruchkörper in solchen Fällen zuständig ist, bestimmt sich nach der Geschäftsverteilung des Berufungsgerichts (vgl. nur RG, JW 1924, 965; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., Rn. 5). Trotz der Einheitlichkeit des Berufungsverfahrens bildet das durchgeführte Revisionsverfahren eine Zäsur, vor deren Hintergrund Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG weder eine personelle Identität der erkennenden Richter noch eine solche des Spruchkörpers verlangt.
6
Die Auslegung eines Geschäftsverteilungsplanes ist nur bei Willkür zu beanstanden (vgl. nur Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 547 ZPO Rn. 2a). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Nach II. 16. Zivilsenat Nr. 7 des Geschäftsverteilungsplanes des Berufungsgerichts für das Jahr 2009 (GVP) war für Entscheidungen über "Ansprüche aus entgeltlichen Veräußerungsverträgen über Grundstücke gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben A bis M" der 16. Zivilsenat zuständig. Entgegen der Auffassung der Revision folgt nichts anderes aus der der Regelung in I.C.4. GVP, wonach im Falle der Zurückverweisung an einen "anderen nicht benannten Zivilsenat" der Vertretersenat des Senats zuständig ist, dessen Urteil aufgehoben wurde. Einen Gegenschluss dahin, im Übrigen bleibe stets der im ersten Berufungsverfahren mit der Sache befasst gewesene Senat zuständig, musste das Berufungsgericht daraus nicht ziehen. Denn im Eingangssatz der Bestimmung zu I.C. GVP heißt es unzweideutig, dass vorrangig die rechtliche Natur des Klageanspruches maßgebend ist.
7
Bestätigt wird dies ferner dadurch, dass sich auch in den Fällen des Sachzusammenhangs die Spezialzuständigkeit gegenüber einer Vorbefassung durchsetzt. Von dem nach I.F.1.a Satz 1 GVP bestehenden Vorrang der Vorbefassung ausgenommen sind nämlich nach Satz 3 Sachen "aus einem Spezialgebiet , für das dieser Senat - losgelöst von Gerichtsbezirken und/oder Anfangsbuchstaben - nicht oder nicht mehr zuständig ist". Dabei soll durch die Parenthese lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei fortbestehender Spezialzuständigkeit für ein Rechtsgebiet die Änderung der Zuständigkeit nur nach Buchstaben oder Gerichtsbezirken bedeutungslos sein soll. Vorliegend ist der 8. Zivilsenat indessen für das hier in Rede stehende Sachgebiet überhaupt nicht mehr zuständig.
8
2. In der Sache hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.
9
a) Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, eine aktive Täuschung hätten die Kläger nicht bewiesen, erhebt die Revision allerdings keine Rügen.
10
b) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die asbesthaltige Fassadenverkleidung einen - offenbarungspflichtigen - Sachmangel begründet (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 207 ff.). Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Senats eine Pflicht zur Offenbarung aus, wenn es sich - anders als hier - um einen der Besichtigung zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mangel handelt (vgl. nur Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34; Urteil vom 8. April 1994 - V ZR 178/92, NJW-RR 1994, 907; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 731 ff. mwN). Indessen schließt die Möglichkeit, sich Kenntnis anderweit - etwa aus übergebenen Unterlagen - zu verschaffen, die Pflicht zur Offenbarung nicht von vornherein aus.
11
Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich Kenntnis von einem Mangel des Kaufobjekts zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit nicht ohne weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht ohne weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen auf Mängel des Kaufobjektes hin durchsehen wird. Es ist daher irrelevant, dass die Asbestverwendung der ersten Seite der Baubeschreibung zu entnehmen ist. Davon abgesehen haben auch die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen Kenntnis von der Asbestverwendung nicht aus der Baubeschreibung erlangt.
12
c) Die Verpflichtung zur Offenbarung haben die Beklagten nicht erfüllt. Zwar trägt der Käufer - so die Vertragsparteien wie hier einen Haftungsausschluss vereinbart haben - nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen (Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742; zu § 463 Satz 2 BGB aF vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415; Beschluss vom 31. Oktober 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 754, 755), wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990 mwN; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742). Nicht bedacht hat das Berufungsgericht jedoch, dass es sich bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt und dem Käufer bei dieser Sachlage Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute kommen. Er muss lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rn. 24 mwN).
13
Gemessen daran fehlt es vorliegend bereits an konkretem Vorbringen der Beklagten dazu, dass die Kläger auf die Verwendung von Asbest hingewiesen worden sind. Die Behauptung, sie seien davon ausgegangen, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder durch die noch in dem Haus wohnende Schwiegermutter erlangt hätten, genügt hierfür ersichtlich nicht. Ebensowenig ist die Offenbarungspflicht der Beklagten durch die Übergabe der die Baubeschreibung enthaltenden Finanzierungsunterlagen erfüllt worden. Gegen die Qualifizierung der Übergabe der Unterlagen als Erfüllungshandlung sprechen dieselben Erwägungen, die der Verneinung einer Aufklärungspflicht entgegenstehen (oben II.2.b)).
14
d) Soweit das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung zudem mit der Begründung verneint, es erscheine nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Zöller /Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 546 Rn. 9 mwN), in diesem Rahmen aber zu beanstanden. Zwar dürfte dieser Erwägung der zutreffende Obersatz zugrunde liegen , wonach Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraussetzt, dass der Verkäufer weiß oder zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 8 mwN). Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass diese Würdigung des Berufungsgerichts substanzlos im Raum steht (§ 286 ZPO). Offenbar knüpft das Berufungsgericht mit dieser Erwägung an die zuvor wiedergegebene Bekundung des Beklagten zu 1 an, wonach es für die Beklagten klar gewesen sei, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder die noch im Haus wohnenden Schwiegermutter erlangt hätten. Mit Tatsachen untermauert wird diese Erwägung jedoch nicht einmal ansatzweise. Dass das Berufungsgericht die Ein- lassung der Beklagten gleichwohl für nachvollziehbar hält, ist unter keinem rechtlichen Gesichtpunkt haltbar. Auf der Grundlage der festgestellten Umstände lässt sich dieser Schluss nicht ziehen. Auch die Revisionserwiderung verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, das diesen Schluss plausibel machen könnte. Zu diesbezüglichem Vortrag wären die Beklagten jedoch gehalten gewesen.
15
Allerdings gilt auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist, dass grundsätzlich der Käufer die Darlegungs- und Beweislast trägt (oben II.2.c)). Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht ohne weiteres zu Beweiserleichterungen (vgl. nur Zöller/Greger, aaO, vor § 284 Rn. 24a). In Konstellationen der vorliegenden Art tritt jedoch die Besonderheit hinzu, dass hinsichtlich der unterbliebenen Offenbarung Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast eingreifen und es deshalb dem Verkäufer obliegt, die Erfüllung der Offenbarungspflicht in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizieren (dazu oben II.2.c)). Legt der Verkäufer diese Erfüllung nicht dar, behauptet er aber gleichwohl, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer aufgeklärt worden sei, gilt mit Blick auf die Darlegungslast nichts anderes. Dass der Verkäufer zumindest für möglich halten muss, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, bildet lediglich die für den Arglisttatbestand erforderliche subjektive Seite der objektiv unterlassenen Offenbarung, so dass eine unterschiedliche Verteilung der Darlegungslast nicht sachgerecht erscheint. Daher ist es ebenfalls Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund deren er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt. Daran fehlt es hier. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Anhörung des Beklagten zu 1 in der Berufungsverhandlung vom 9. Juli 2009 verwiesen hat, erfüllt auch das dortige - vage - Vorbringen nicht die Anforderungen , die an einen hinreichend spezifizierten Sachvortrag zu stellen sind.
16
3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist teilweise zur Endentscheidung reif, weil die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB dem Grunde nach gegeben und hierzu keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt dazu, dass auf die Zahlungsklage ein (Teil-)Grundurteil und mit Blick auf den Feststellungsantrag ein Teilurteil zu erlassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116, 121; Zöller/Vollkom-mer, aaO, § 304 Rn. 3; jeweils mwN). Die prozessualen Anforderungen nach § 304 Abs. 1 und § 301 i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe besteht. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses zur Schadenshöhe die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen treffen kann.
17
Die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB liegen dem Grunde nach vor. Das Kaufobjekt ist - wie bereits dargelegt - mit einem offenbarungspflichtigen Sachmangel behaftet. Der vereinbarte Haftungsausschluss entfaltet keine Wirkungen, weil die Beklagten den Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Diese hatten unstreitig Kenntnis von der Asbestverwendung. Da ihnen bereits ein Kaufinteressent wegen der verbauten Asbestzementplatten abgesprungen war, wussten sie auch, dass dies ein Umstand war, der für einen verständigen Käufer von kaufentscheidender Bedeutung war. Auf der Grundlage der obigen Erörterungen ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagten die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel zumindest für möglich gehalten haben. Ihre gegenteilige Behauptung haben sie nicht konkretisiert , so dass die Kläger nicht gehalten waren, das vage Vorbringen der Be- klagten auszuräumen (dazu oben zu II.2.d)). Die erfolglose Setzung einer Frist zur Nachbesserung ist bei Arglist in der Regel entbehrlich (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 10 ff. mwN). Davon abgesehen haben die Kläger die Beklagt en erfolglos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer dem Verkäufer zurechenbaren Aufklärung erlangt haben. Solche Umstände vorzutragen und unter Beweis zu stellen, hätte den Beklagten als Verkäufer obgelegen (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis bei Arglist des Verkäufers schon nicht gleich (§ 442 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.09.2009 - 16 U 61/09 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Leitsatzberichtigung
Leitsatz 1 zum Urteil vom 12. März 2010, V ZR 147/09 lautet richtig wie
folgt:
Wird der Mangel der Kaufsache innerhalb einer hierzu von dem
Käufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung behoben, erlischt das
Recht des Käufers zum Rücktritt vom Vertrag auch dann, wenn es
wegen eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers im Hinblick auf
den Mangel des erfolglosen Ablaufs einer Frist zur Nacherfüllung
als Voraussetzung für einen Rücktritt vom Vertrag nicht bedurft
hätte.
Karlsruhe,den28.4.2010 DerBerichterstatter
Klein

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 181/09 Verkündet am:
12. November 2010
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Haben die Parteien einen Haftungsausschluss vereinbart, trägt der Käufer nach
§ 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher
Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, wozu bei einer Täuschung
durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört.

b) Da es sich bei der unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt,
kommen dem Käufer Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast
zugute.

c) Wendet der Verkäufer gegen die behauptete arglistige Täuschung ein, er sei davon
ausgegangen, der Käufer sei über den Mangel bereits aufgeklärt worden, trifft ihn
auch insoweit eine sekundäre Darlegungslast; dagegen trägt er die volle Darlegungs
- und Beweislast für die Behauptung, der Käufer habe Kenntnis von dem
Mangel unabhängig von einer ihm, dem Verkäufer, zurechenbaren Aufklärung erlangt
BGH, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin
Dr. Brückner

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 17. September 2009 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. August 2007 geändert. Die Zahlungsklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern mit der Zahlungsklage nicht bezifferte weitere Schäden zu ersetzen, die mit der Sanierung des Hauses Sch. 1 in W. (Ortsteil O. ) von Asbestfaserzementplatten verbunden sind. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der "Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos unter Fristsetzung auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
2
Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe der von ihnen mit 38.455,34 € veranschlagten Sanierungskosten sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer - derzeit noch nicht bezifferbarer - Schäden verpflichtet sind. Die Beklagten bestreiten eine Einstandspflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das diese Entscheidung bestätigende Berufungsurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts hat der Senat mit Revisionsurteil vom 27. März 2009 (V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff.) aufgehoben. Er hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung erneut - nunmehr durch den 16. Zivilsenat - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht erblickt in der Verwendung der asbesthaltigen Fassadenplatten zwar einen aufklärungspflichtigen Sachmangel, geht jedoch davon aus, dass die Kläger für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung beweisfällig geblieben sind. Eine Täuschung durch aktives Tun lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Im Übrigen erscheine es auch nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt. Mit Blick auf die Verneinung einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen hätten die Kläger darüber hinaus nicht bewiesen, dass sie von den Beklagten über die verbauten Asbestplatten nicht aufgeklärt worden seien. Der als Zeuge vernommene Makler habe glaubhaft bekundet, den Klägern seien vor Vertragsschluss die Finanzierungsunterlagen ausgehändigt worden , mit denen sie noch am selben Tage zu ihrem Finanzdienstleister gefahren seien. Bestandteil dieser Unterlagen sei die Baubeschreibung gewesen, aus der die Verwendung der Asbestplatten - auch für die Kläger - ohne weiteres ersichtlich gewesen sei.

II.

4
Die Revision ist begründet.
5
1. Allerdings greift nicht schon die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge durch. Dass nunmehr - anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht mehr der 8. Zivilsenat, sondern der 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts über die Berufung entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Welcher Spruchkörper in solchen Fällen zuständig ist, bestimmt sich nach der Geschäftsverteilung des Berufungsgerichts (vgl. nur RG, JW 1924, 965; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., Rn. 5). Trotz der Einheitlichkeit des Berufungsverfahrens bildet das durchgeführte Revisionsverfahren eine Zäsur, vor deren Hintergrund Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG weder eine personelle Identität der erkennenden Richter noch eine solche des Spruchkörpers verlangt.
6
Die Auslegung eines Geschäftsverteilungsplanes ist nur bei Willkür zu beanstanden (vgl. nur Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 547 ZPO Rn. 2a). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Nach II. 16. Zivilsenat Nr. 7 des Geschäftsverteilungsplanes des Berufungsgerichts für das Jahr 2009 (GVP) war für Entscheidungen über "Ansprüche aus entgeltlichen Veräußerungsverträgen über Grundstücke gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben A bis M" der 16. Zivilsenat zuständig. Entgegen der Auffassung der Revision folgt nichts anderes aus der der Regelung in I.C.4. GVP, wonach im Falle der Zurückverweisung an einen "anderen nicht benannten Zivilsenat" der Vertretersenat des Senats zuständig ist, dessen Urteil aufgehoben wurde. Einen Gegenschluss dahin, im Übrigen bleibe stets der im ersten Berufungsverfahren mit der Sache befasst gewesene Senat zuständig, musste das Berufungsgericht daraus nicht ziehen. Denn im Eingangssatz der Bestimmung zu I.C. GVP heißt es unzweideutig, dass vorrangig die rechtliche Natur des Klageanspruches maßgebend ist.
7
Bestätigt wird dies ferner dadurch, dass sich auch in den Fällen des Sachzusammenhangs die Spezialzuständigkeit gegenüber einer Vorbefassung durchsetzt. Von dem nach I.F.1.a Satz 1 GVP bestehenden Vorrang der Vorbefassung ausgenommen sind nämlich nach Satz 3 Sachen "aus einem Spezialgebiet , für das dieser Senat - losgelöst von Gerichtsbezirken und/oder Anfangsbuchstaben - nicht oder nicht mehr zuständig ist". Dabei soll durch die Parenthese lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei fortbestehender Spezialzuständigkeit für ein Rechtsgebiet die Änderung der Zuständigkeit nur nach Buchstaben oder Gerichtsbezirken bedeutungslos sein soll. Vorliegend ist der 8. Zivilsenat indessen für das hier in Rede stehende Sachgebiet überhaupt nicht mehr zuständig.
8
2. In der Sache hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.
9
a) Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, eine aktive Täuschung hätten die Kläger nicht bewiesen, erhebt die Revision allerdings keine Rügen.
10
b) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die asbesthaltige Fassadenverkleidung einen - offenbarungspflichtigen - Sachmangel begründet (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 207 ff.). Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Senats eine Pflicht zur Offenbarung aus, wenn es sich - anders als hier - um einen der Besichtigung zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mangel handelt (vgl. nur Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34; Urteil vom 8. April 1994 - V ZR 178/92, NJW-RR 1994, 907; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 731 ff. mwN). Indessen schließt die Möglichkeit, sich Kenntnis anderweit - etwa aus übergebenen Unterlagen - zu verschaffen, die Pflicht zur Offenbarung nicht von vornherein aus.
11
Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich Kenntnis von einem Mangel des Kaufobjekts zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit nicht ohne weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht ohne weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen auf Mängel des Kaufobjektes hin durchsehen wird. Es ist daher irrelevant, dass die Asbestverwendung der ersten Seite der Baubeschreibung zu entnehmen ist. Davon abgesehen haben auch die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen Kenntnis von der Asbestverwendung nicht aus der Baubeschreibung erlangt.
12
c) Die Verpflichtung zur Offenbarung haben die Beklagten nicht erfüllt. Zwar trägt der Käufer - so die Vertragsparteien wie hier einen Haftungsausschluss vereinbart haben - nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen (Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742; zu § 463 Satz 2 BGB aF vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415; Beschluss vom 31. Oktober 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 754, 755), wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990 mwN; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742). Nicht bedacht hat das Berufungsgericht jedoch, dass es sich bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt und dem Käufer bei dieser Sachlage Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute kommen. Er muss lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rn. 24 mwN).
13
Gemessen daran fehlt es vorliegend bereits an konkretem Vorbringen der Beklagten dazu, dass die Kläger auf die Verwendung von Asbest hingewiesen worden sind. Die Behauptung, sie seien davon ausgegangen, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder durch die noch in dem Haus wohnende Schwiegermutter erlangt hätten, genügt hierfür ersichtlich nicht. Ebensowenig ist die Offenbarungspflicht der Beklagten durch die Übergabe der die Baubeschreibung enthaltenden Finanzierungsunterlagen erfüllt worden. Gegen die Qualifizierung der Übergabe der Unterlagen als Erfüllungshandlung sprechen dieselben Erwägungen, die der Verneinung einer Aufklärungspflicht entgegenstehen (oben II.2.b)).
14
d) Soweit das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung zudem mit der Begründung verneint, es erscheine nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Zöller /Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 546 Rn. 9 mwN), in diesem Rahmen aber zu beanstanden. Zwar dürfte dieser Erwägung der zutreffende Obersatz zugrunde liegen , wonach Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraussetzt, dass der Verkäufer weiß oder zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 8 mwN). Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass diese Würdigung des Berufungsgerichts substanzlos im Raum steht (§ 286 ZPO). Offenbar knüpft das Berufungsgericht mit dieser Erwägung an die zuvor wiedergegebene Bekundung des Beklagten zu 1 an, wonach es für die Beklagten klar gewesen sei, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder die noch im Haus wohnenden Schwiegermutter erlangt hätten. Mit Tatsachen untermauert wird diese Erwägung jedoch nicht einmal ansatzweise. Dass das Berufungsgericht die Ein- lassung der Beklagten gleichwohl für nachvollziehbar hält, ist unter keinem rechtlichen Gesichtpunkt haltbar. Auf der Grundlage der festgestellten Umstände lässt sich dieser Schluss nicht ziehen. Auch die Revisionserwiderung verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, das diesen Schluss plausibel machen könnte. Zu diesbezüglichem Vortrag wären die Beklagten jedoch gehalten gewesen.
15
Allerdings gilt auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist, dass grundsätzlich der Käufer die Darlegungs- und Beweislast trägt (oben II.2.c)). Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht ohne weiteres zu Beweiserleichterungen (vgl. nur Zöller/Greger, aaO, vor § 284 Rn. 24a). In Konstellationen der vorliegenden Art tritt jedoch die Besonderheit hinzu, dass hinsichtlich der unterbliebenen Offenbarung Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast eingreifen und es deshalb dem Verkäufer obliegt, die Erfüllung der Offenbarungspflicht in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizieren (dazu oben II.2.c)). Legt der Verkäufer diese Erfüllung nicht dar, behauptet er aber gleichwohl, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer aufgeklärt worden sei, gilt mit Blick auf die Darlegungslast nichts anderes. Dass der Verkäufer zumindest für möglich halten muss, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, bildet lediglich die für den Arglisttatbestand erforderliche subjektive Seite der objektiv unterlassenen Offenbarung, so dass eine unterschiedliche Verteilung der Darlegungslast nicht sachgerecht erscheint. Daher ist es ebenfalls Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund deren er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt. Daran fehlt es hier. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Anhörung des Beklagten zu 1 in der Berufungsverhandlung vom 9. Juli 2009 verwiesen hat, erfüllt auch das dortige - vage - Vorbringen nicht die Anforderungen , die an einen hinreichend spezifizierten Sachvortrag zu stellen sind.
16
3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist teilweise zur Endentscheidung reif, weil die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB dem Grunde nach gegeben und hierzu keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt dazu, dass auf die Zahlungsklage ein (Teil-)Grundurteil und mit Blick auf den Feststellungsantrag ein Teilurteil zu erlassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116, 121; Zöller/Vollkom-mer, aaO, § 304 Rn. 3; jeweils mwN). Die prozessualen Anforderungen nach § 304 Abs. 1 und § 301 i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe besteht. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses zur Schadenshöhe die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen treffen kann.
17
Die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB liegen dem Grunde nach vor. Das Kaufobjekt ist - wie bereits dargelegt - mit einem offenbarungspflichtigen Sachmangel behaftet. Der vereinbarte Haftungsausschluss entfaltet keine Wirkungen, weil die Beklagten den Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Diese hatten unstreitig Kenntnis von der Asbestverwendung. Da ihnen bereits ein Kaufinteressent wegen der verbauten Asbestzementplatten abgesprungen war, wussten sie auch, dass dies ein Umstand war, der für einen verständigen Käufer von kaufentscheidender Bedeutung war. Auf der Grundlage der obigen Erörterungen ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagten die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel zumindest für möglich gehalten haben. Ihre gegenteilige Behauptung haben sie nicht konkretisiert , so dass die Kläger nicht gehalten waren, das vage Vorbringen der Be- klagten auszuräumen (dazu oben zu II.2.d)). Die erfolglose Setzung einer Frist zur Nachbesserung ist bei Arglist in der Regel entbehrlich (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 10 ff. mwN). Davon abgesehen haben die Kläger die Beklagt en erfolglos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer dem Verkäufer zurechenbaren Aufklärung erlangt haben. Solche Umstände vorzutragen und unter Beweis zu stellen, hätte den Beklagten als Verkäufer obgelegen (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis bei Arglist des Verkäufers schon nicht gleich (§ 442 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.09.2009 - 16 U 61/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 67/06 Verkündet am:
6. August 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Anfechtung eines Mietvertrages über Geschäftsräume wegen arglistiger
Täuschung ist auch nach Überlassung der Mieträume und Beendigung des
Mietvertrages neben der Kündigung zulässig.
Sie wirkt gemäß § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
zurück.

b) Der in Höhe der ortsüblichen Miete bestehende Anspruch auf Wertersatz
gemäß § 818 Abs. 2 BGB unterliegt bei nichtigem Mietvertrag wie ein Mietzinsanspruch
der Umsatzsteuer (Fortführung Senatsurteil vom 22. Oktober
1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192).
BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. August 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina
und den Richter Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. März 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Abwicklung eines inzwischen beendeten, von der Beklagten nachträglich wegen arglistiger Täuschung angefochtenen Mietvertrages über Wohn- und Geschäftsräume.
2
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Miete und rückständiger Nebenkosten. Sie hatte zunächst von der Beklagten und den früheren weiteren Beklagten zu 2 und 3 Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verlangt. Insoweit war der Rechtsstreit von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28. August 2002 übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
3
Die Klägerin schloss am 30. Juli 1997 mit der Beklagten für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2002 einen Mietvertrag über "Büroräume im Souterrain, Hochparterre und 2. Obergeschoss" (§ 1 Ziff. 1 des Mietvertrages) in einer von ihr 1996/1997 sanierten Altbauvilla. Beide Parteien konnten den Mietvertrag durch einmalige Option um fünf Jahre verlängern (§ 2 Ziff. 2 des Mietvertrages). Laut § 1 Ziff. 2 des Mietvertrages wurden die Mieträume in vollständig renoviertem und für den vertragsgemäßen Gebrauch nutzbaren Zustand übergeben.
4
Der monatliche Staffelmietzins wurde zunächst mit 8.200 DM sowie 60 DM für den Kfz-Stellplatz jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die monatliche Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlung sollte 1.341 DM betragen (§ 4 Ziff. 3 des Mietvertrages).
5
Die Beklagte vermietete mit Zustimmung der Klägerin die Räume im Souterrain und im Hochparterre als Büroräume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei an die früheren Beklagten zu 2 und zu 3. Das zweite Obergeschoss vermietete sie an die frühere Beklagte zu 3 als Wohnraum.
6
Die Beklagte zahlte wegen verschiedener behaupteter Mängel seit November 1997 zeitweise lediglich eine geminderte Miete und gekürzte Nebenkostenvorauszahlung. Die Klägerin veranlasste verschiedene Mängelbeseitigungsmaßnahmen.
7
Wegen der Zahlungsrückstände erklärte die Klägerin am 8. Februar 2000 und in der Folgezeit wiederholt die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
8
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Wohnräume im zweiten Obergeschoss zum 31. Dezember 2001 geräumt an die Klägerin herausgeben werde und übte vorsorglich das vertraglich vereinbarte Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um weitere fünf Jahre aus. Mit weiterem Schreiben vom 24. Juli 2002 erklärte sie der Klägerin, sie werde im Hinblick darauf, dass der Mietvertrag am 31. Juli 2002 vertragsgemäß ende, das Mietobjekt an diesem Tag geräumt an die Klägerin herausgeben.
9
Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zuletzt auf Zahlung von 76.599,27 € gerichteten Klage in Höhe von 48.696,49 € stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat der Beklagten und den früheren Beklagten zu 2 und zu 3 gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Räumungsklage auferlegt. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin, die Beklagte und die früheren Beklagten zu 2 und zu 3 Berufung eingelegt. In zweiter Instanz hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. August 2004 die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und Hilfswiderklage auf Rückzahlung der geleisteten Kaution zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 15.320,69 € sowie Stufenwiderklage auf Abrechnung der Mietkaution von 12.761,85 € nebst angefallenen Zinsen und Zahlung des sich danach ergebenden Betrages an die Beklagte erhoben.
10
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Hilfswiderklage verurteilt, an die Beklagte 12.761,85 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen und deren Stufenwiderklage als unzulässig zurückgewiesen. Die Berufungen der Klägerin und der früheren Beklagten zu 2 und zu 3 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung und ihre Verurteilung zur Zahlung richtet sich die Revision der Klägerin, die der Se- nat dahin auslegt, dass die Klägerin das Berufungsurteil nur angreift, soweit es sie beschwert.
11
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen , ob die Anfechtung eines Mietvertrages nach Überlassung der Mietsache neben der Kündigung - gegebenenfalls mit Rückwirkung - zulässig ist, ferner ob ein steuerbares Geschäft im Hinblick auf den Nutzungsersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung anzunehmen ist.

Entscheidungsgründe:

12
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

13
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der Nutzung der Mieträume. Mietvertragliche Ansprüche bestünden schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Mietvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe.
14
Die Klägerin habe die Beklagte arglistig über die Gebrauchstauglichkeit der Souterrainräume als vollwertige Büroräume getäuscht. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des schriftlichen Mietvertrages und der Anhörung der Parteien stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Parteien übereinstimmend eine Vermietung des Souterrains zur Nutzung als vollwertige Büroräume gewollt hätten und Hinweise auf eine etwaige eingeschränkte Benutzbarkeit durch die Klägerin auch nicht erteilt worden seien. Die Räume im Souterrain seien jedoch öffentlich-rechtlich nur zur Nutzung als Nebenflächen, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet sei, zugelassen und hätten deshalb - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - nicht als Büroräume genutzt werden dürfen. Die Klägerin habe somit der Beklagten im Souterrain Räume vermietet, die für den vertragsgemäß vorausgesetzten Zweck, nämlich zur Nutzung als vollwertige Büroflächen, nicht geeignet gewesen seien. Hierüber sei die Beklagte getäuscht worden. Denn sie habe die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bei Abschluss des Mietvertrages weder gekannt noch kennen müssen. Die Klägerin habe die Beklagte auch arglistig getäuscht. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und bewusst gegenüber der Beklagten verschwiegen habe. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. , die übereinstimmend bekundet hätten, die Klägerin sei schon in der Planungsphase der Sanierungsarbeiten davon in Kenntnis gesetzt worden, dass insbesondere im Hinblick auf den Fußbodenaufbau die Souterrainräume nicht als vollwertige Büroräume hergestellt werden könnten. Dementsprechend sei mit dem Bauantrag in Abstimmung mit der Klägerin auch nur eine Genehmigung zur Nutzung der Räume im Souterrain als Nebenfläche beantragt worden. Diese Aussagen der Zeugen stünden im Einklang mit den von der Klägerin gestellten Anträgen und Eingaben im Baugenehmigungsverfahren, in denen die Räume im Souterrain stets als Büronebenräume bezeichnet gewesen seien. Schließlich habe die Klägerin bei ihrer Anhörung selbst eingeräumt, die Räume im Souterrain seien als Nebenflächen im Bauantrag deklariert worden, um leichter eine Baugenehmigung zu erhalten. Sie habe folglich billigend in Kauf genommen, dass die ver- tragsgemäß vorgesehene Nutzung bauordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Darin liege jedenfalls eine bedingt vorsätzliche Täuschung der Beklagten durch das Verschweigen entscheidungserheblicher Tatsachen für die Nutzung der Mieträume. Diese Täuschung sei auch für den Abschluss des Mietvertrages kausal gewesen. Es habe auf der Hand gelegen, dass die Beklagte den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Räume im Untergeschoss nur als Nebenflächen genutzt werden durften. Der Klägerin sei zudem klar gewesen, dass bei fehlender Nutzbarkeit als vollwertige Büroräume insgesamt nur ein niedrigerer Mietpreis zu erzielen gewesen sei.
15
Die Beklagte habe die Anfechtung auch binnen der Jahresfrist des § 124 BGB erklärt. Sie habe von der mangelnden Nutzbarkeit der Räume im Souterrain als Bürovollflächen erst am 24. März 2004 im Verhandlungstermin beim Oberlandesgericht in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen ihren Architekten K. -von K. Kenntnis erlangt. In diesem Termin habe der Zeuge K. - von K. erklärt, eine Nutzung der Souterrainräume als Büroräume sei von vornherein nicht in Betracht gekommen, weil hierfür umfangreiche Baumaßnahmen hätten durchgeführt werden müssen, welche die Klägerin nicht habe vornehmen wollen. Eine frühere Kenntnis der Beklagten könne nicht positiv festgestellt werden.
16
Der Anfechtung stehe auch nicht entgegen, dass der Mietvertrag tatsächlich durchgeführt und zwischenzeitlich sogar längst beendet worden sei. Dies habe nicht zur Folge, dass die Wirkung der Anfechtung entgegen § 142 Abs. 1 BGB keine Nichtigkeit des Mietverhältnisses von Anfang an nach sich ziehe, sondern ausnahmsweise nur eine Nichtigkeit mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung eintrete. Diese Rechtsfragen zur Anfechtbarkeit von Mietverträgen seien in der Literatur seit längerer Zeit umstritten. Das Berufungsgericht folge der Auffassung, wonach es beim Mietvertrag bei den allgemeinen Wirkungen der Anfechtung, insbesondere der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an, bleibe. Die Regeln über die Anfechtung im Allgemeinen Teil des BGB hätten grundsätzlich für alle Verträge Geltung. Ein hinreichender Grund für einen gänzlichen Ausschluss der Anfechtung oder eine Abweichung von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 142 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben. Die in den Bereichen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts angestellten Überlegungen seien auf die Geschäftsraummiete nicht übertragbar. Die sich dort aus sozialen Erwägungen ergebenden Einschränkungen könnten allenfalls im Wohnungsmietrecht , nicht aber im Gewerbemietrecht herangezogen werden, weil vergleichbare soziale Verbundenheiten wie im Arbeits- und Gesellschaftsrecht bei der Gewerbemiete nicht vorlägen. Es handele sich dabei vielmehr um ein schlichtes, auf Austausch angelegtes Dauerschuldverhältnis ohne die Begründung irgendwie gearteter persönlicher Beziehungen. Die teilweise erwähnten Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Mietverhältnisse rechtfertigten nicht das Abweichen von gesetzlichen Vorschriften. Die Rückabwicklung sei rechtlich und tatsächlich möglich und könne nach den Regeln des Bereicherungsausgleichs durchgeführt werden.
17
Auch die Gewährleistungsregeln in §§ 536 ff. BGB ersetzten die Regeln über die Anfechtung nicht. Eine Parallele zum Kaufrecht könne nicht zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten im Mietrecht herangezogen werden. Zum einen sei auch im Kaufrecht eine derartige Einschränkung umstritten, zum andern sei die Interessenlage dort eine andere als im Mietrecht.
18
Da das Mietverhältnis aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen sei, könne die Klägerin entsprechend ihrer Hilfsbegründung gegen die Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. Der Klägerin stehe als Eigentümerin der Räume ein Anspruch auf Wertersatz aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 , 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu. Zu ersetzen sei der objektive Verkehrswert der Gebrauchsvorteile, welche die Beklagte erlangt habe. Dabei seien die Wohn- und Büroräume sowie der Pkw-Stellplatz zu berücksichtigen. Zwar könnten grundsätzlich auch verbrauchsabhängige Nebenkosten zu den erlangten Vorteilen gehören. Hierzu habe die Klägerin allerdings unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht schlüssig vorgetragen. Hinsichtlich der Jahre bis 2000 seien Nebenkostenabrechnungen erstellt worden und in eine Gesamtabrechnung eingeflossen. Diese beinhalte zu erheblichen Teilen verbrauchsunabhängige Bestandteile (z.B. 30 % Grundkosten für Heizung und Warmwasser, Versicherungen, Grundsteuer), die nach Bereicherungsrecht nicht verlangt werden könnten, weil es sich nicht um Gebrauchsvorteile oder gezogene Nutzungen handele. Dem Vortrag der Klägerin könne nicht entnommen werden, hinsichtlich welcher konkreten Nutzungsvorteile eine Bereicherung der Beklagten noch vorliegen solle. Die vorgelegten Abrechnungen sprächen im Gegenteil eher für eine Überzahlung durch die Beklagte. Von den Ansprüchen der Klägerin seien die von der Beklagten im Laufe der Jahre auf das nichtige Mietverhältnis erbrachten Leistungen in Abzug zu bringen. Nach einer Saldierung der gegenseitigen Ansprüche verbleibe kein Überschuss zu Gunsten der Klägerin. Damit sei die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution gegenstandslos.
19
Der Beklagten stehe gegen die Klägerin der mit der Hilfswiderklage erhobene Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mietkaution aus Bereicherungsrecht zu. Die Klägerin habe aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution. Die gegenüber dem Rückzahlungsanspruch erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte greife nicht durch. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheide schon deshalb aus, weil der Mietvertrag als Grundlage für etwaige Ansprüche insgesamt nach der Anfechtung entfallen sei. Es sei auch keine andere Rechtsgrundlage gegeben.

II.

20
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
21
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beklagte arglistig darüber getäuscht hat, dass es sich bei den Räumen im Souterrain - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - um Büronebenflächen gehandelt hat, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen nicht zugelassen waren und damit als vollwertige Büroräume nicht genutzt werden durften.
22
Der dagegen gerichtete Einwand der Revision, das Berufungsgericht verstoße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze, wenn es aus der rechtlichen Unzulässigkeit der Nutzung schließe, die Räume seien auch tatsächlich nicht als Büroräume nutzbar gewesen, greift nicht. Zum einen hat das Berufungsgericht diesen Schluss nicht gezogen. Zum anderen steht es der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht entgegen, dass die Räume von der Beklagten tatsächlich als Büroräume genutzt worden sind. Für die Anfechtbarkeit der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung ist vielmehr entscheidend, ob die Klägerin durch positives Tun oder Unterlassen gegenüber der Beklagten das Vorhandensein eines Umstandes vorgespiegelt hat, der für deren Willensbildung, den Mietvertrag abzuschließen, von wesentlicher Bedeutung war.
23
Davon ist nach den getroffenen Feststellungen auszugehen. Die Klägerin hat es unterlassen, die Beklagte über den Umstand in Kenntnis zu setzen, dass die Souterrainräume aufgrund ihres baulichen Zustands für den dauernden Aufenthalt von Menschen bauordnungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig waren, und damit nicht als vollwertige Büroräume genutzt werden durften. Dieser Umstand war, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für die Entscheidung der Beklagten, den Mietvertrag abzuschließen , von wesentlicher Bedeutung. Denn sie wollte die Souterrainräume zur Nutzung als Büroräume mieten. Im Hinblick darauf, dass bei einer bauordnungswidrigen Nutzung mit einer behördlichen Nutzungsuntersagung gerechnet werden musste, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Mietvertrag, wie geschehen, abgeschlossen hätte, wenn sie Kenntnis von der insoweit fehlenden Genehmigung gehabt hätte.
24
Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet aufgrund der Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. sowie des von der Klägerin selbst unterzeichneten, am 2. Februar 1996 eingereichten Antrags auf Baugenehmigung angenommen, dass die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages, am 30. Juli 1997, die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und diese der Beklagten bewusst verschwiegen hat.
25
Die Klägerin hat somit die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Mietvertrages veranlasst. Die hierauf gestützte, von der Beklagten mit Schriftsatz vom 6. August 2004 erklärte, der Klägerin am 12. August 2004 zugestellte Anfechtung des Mietvertrages ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch binnen der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt und damit wirksam.
26
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Anfechtung nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Anfechtung tatsächlich durchgeführt und sogar beendet war.
27
Während nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung vor Übergabe der Mietsache uneingeschränkt zulässig ist und gemäß § 142 Abs. 1 BGB Nichtigkeitswirkung von Anfang an entfaltet, besteht Uneinigkeit darüber, ob und gegebenenfalls mit welcher Rechtsfolge eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB auch nach Übergabe der Mietsache möglich ist.
28
a) Teilweise wird vertreten, das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung werde, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der Mietsache vollzogen sei, durch das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB verdrängt, soweit sich der Willensmangel auf verkehrswesentliche Eigenschaften des Mietobjekts selbst beziehe (Roquette Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches vor §§ 537 bis 542 Rdn. 16, 20; Sternel Mietrecht 3. Aufl. I Rdn. 245; Bub in: Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 673; offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266). Die Verdrängung der Anfechtungsmöglichkeit durch die Gewährleistungs - und Kündigungsvorschriften benachteilige den Anfechtungsberechtigten nicht, weil diese ihm einerseits wie bei der Anfechtung die Möglichkeit gäben, das Vertragsverhältnis aufzulösen, andererseits die Rückabwicklung erleichterten. Habe der Anfechtungsberechtigte die Vertragsleistung der Gegenseite in Anspruch genommen, so verdiene er es nicht, besser gestellt zu werden als bei einer fristlosen Kündigung (Sternel aaO).
29
b) Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann zwar eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete Willenserklärung auch nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger Täuschung stets angefochten werden (RGZ 157, 173, 174; KG NZM 2002, 21; LG Mannheim ZMR 1990, 303; Emmerich/Sonnenschein/Rolfs Miete 9. Aufl. § 542 BGB Rdn. 82; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. vor § 542 Rdn. 2; Hübner/Griesbach/Schreiber in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 214; Kraemer in: Bub/Treier aaO Kap. III Rdn. 1326; MünchKomm/Häublein BGB 5. Aufl. vor § 536 Rdn. 24). Umstritten ist jedoch, ob die nach Überlassung der Mietsache erfolgte Anfechtung den Mietvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend (ex tunc) oder nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) vernichtet (offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266 und BGH Urteil vom 10. Juli 1968 - VIII ZR 180/66 - WM 1968, 1306, 1307).
30
aa) Die Ansicht, die die Anfechtung vollzogener Mietverträge wegen arglistiger Täuschung entgegen § 142 Abs. 1 BGB nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) zulässt, beruft sich zur Begründung zum einen darauf, dass ein bereits vollzogenes Mietverhältnis nur unter Inkaufnahme großer Schwierigkeiten abgewickelt werden könne und deshalb eine Beendigung ex nunc sachgerechter sei (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. vor § 535 BGB Rdn. 7; Staudinger/Rolfs BGB [2006] § 542 Rdn. 179). Zum anderen stellt sie darauf ab, dass eine einmal begonnene Dauerleistung nur beendet, nicht aber rückgängig gemacht werden könne (vgl. Roquette aaO vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1003, 1004). Schließlich verweist sie darauf, dass mit Bezug der Mieträume ein sozialer Tatbestand geschaffen werde , der einen Bestands- und Vertrauensschutz begründe (für die Wohnraummiete : Hille WuM 1984, 292, 293) und in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht für die Zulassung einer Anfechtung mit Wirkung ex nunc spreche.
31
bb) Die Auffassung, die auch bei der Anfechtung in Vollzug gesetzter Mietverträge wegen arglistiger Täuschung von der in § 142 Abs. 1 BGB geregelten rückwirkenden Vernichtung des Rechtsgeschäfts ausgeht (RGZ 86, 334; 102, 225, 226; 157, 173, 174; KG MDR 1967, 404; KG NZM 2002, 21; Soergel /Heintzmann aaO vor § 542 Rdn. 2; Erman/Jendrek BGB 12. Aufl. vor § 536 Rdn. 20; Schmid DWW 1985, 302; Fischer NZM 2005, 567, 571; Emmerich NZM 1998, 692, 694 f.) verweist darauf, dass für Mietverträge kein Anlass bestehe , von der gesetzlichen Bestimmung des § 142 Abs. 1 BGB durch Richterrecht abzuweichen. Es handele sich bei Mietverträgen um "normale" schuldrechtliche Verträge, für die grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB Geltung hätten. Es sei nicht ersichtlich, was bei der Rückabwicklung eines fehlerhaften Mietvertrages nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften erschwert sein solle.
32
Auch sei beim Mietvertrag eine dem Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag vergleichbare Interessenlage, die eine Einschränkung der Anfechtungswirkung rechtfertigen könne, nicht gegeben. Im Gegensatz zum Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag werfe die Rückabwicklung beim Mietvertrag auch keine besonderen Schwierigkeiten auf, weil es sich um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis handele (Hille WuM 1984, 292; Emmerich NZM 1998, 692, 695; Fischer NZM 2005, 567, 570; Weimar MDR 1966, 1004). Soweit die Rückwirkung damit abgelehnt werde, der Vollzug des Mietverhältnisses habe einen sozialen Tatbestand geschaffen, der nur noch für die Zukunft beseitigt werden könne, könne diese Überlegung im Bereich des Gesellschafts- und Arbeitsrechts berechtigt sein. Jedenfalls für das Gebiet der Geschäftsraummiete lasse sich ein die Rückabwicklung ausschließender sozialer Einschlag jedoch nicht erkennen (KG NZM 2002, 21).
33
3. Der Senat schließt sich in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht der letzteren Ansicht an.
34
a) Das Recht zur Anfechtung der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung wird auch nach Vollzug des Mietvertrages nicht durch die mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 ff. BGB) und das Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 BGB verdrängt, weil die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung einerseits und die Gewährleistungs- sowie die Kündigungsvorschriften andererseits unterschiedliche Sachverhalte regeln und unterschiedliche Schutzzwecke haben.
35
Während die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt und deren Beeinträchtigung durch rückwirkende Vernichtung der Erklärung beseitigt, ist Gegenstand der Gewährleistungsrechte und der außerordentlichen Kündigung eine aktuelle Leistungsstörung, der durch Minderung und Schadensersatz bzw. durch Beendigung des Vertrages Rechnung getragen wird (vgl. Staudinger/Rolfs aaO § 542 BGB Rdn. 179). Diese unterschiedlichen Schutzzwecke lassen es nicht zu, dass das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach Überlassung der Mietsache durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt wird.
36
b) Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 142 Abs. 1 BGB ist nach Ansicht des Senats bei der Geschäftsraummiete nicht gerechtfertigt.
37
aa) Die Schwierigkeiten, die sich bei der Rückabwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse aufgrund des Zeitablaufs und der Anzahl der rückabzuwickelnden Leistungen ergeben, rechtfertigen keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen bei Mietverträgen, die gemäß § 105 BGB oder §§ 134, 138 BGB nichtig sind, ohne dass dort an einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsmöglichkeit gezweifelt wird (Hille WuM 1984, 292; Fischer NZM 2005, 567, 570).
38
bb) Besonderheiten, die bei in Vollzug gesetzten Arbeits- und Gesellschaftsverträgen dazu geführt haben, dass von der Rückwirkung abgegangen wurde, liegen bei der Geschäftsraummiete nicht vor. Weder besteht - wie beim Arbeitsverhältnis - eine besonders intensive Leistungsbeziehung mit starkem Persönlichkeitsbezug und mit Eingliederung in eine soziale Organisation, noch ist - wie beim Gesellschaftsverhältnis - ein erhöhtes Verkehrsschutzbedürfnis für Gläubiger vorhanden, die durch eine rückwirkende Anfechtung ihr Haftungssubjekt verlieren würden. Vielmehr handelt es sich bei dem Mietvertrag - anders als beim Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag - um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis, bei dem die Rückabwicklung keine besonderen Schwierigkeiten aufwirft.
39
cc) Zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten wegen arglistiger Täuschung kann für das Mietrecht auch keine Parallele zum Kaufrecht herangezogen werden. Denn durch die Gewährleistungsvorschriften vor allem der §§ 434 ff. BGB beim Kauf wird nur die Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB), nicht aber die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen. Dem Käufer stehen dieses Anfechtungsrecht und Ansprüche aus Gewährleistung, sofern ihre jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, wahlweise zu (MünchKomm/Kramer BGB 5. Aufl. § 123 Rdn. 35).
40
dd) Entgegen der Ansicht der Revision spricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausschluss des Rücktritts vom Mietvertrag nach Überlassung der Mietsache in Fällen, in denen eine Auflösung des Vertrages durch fristlose Kündigung möglich ist (BGHZ 50, 312, 315), nicht dafür, dass auch die Anfechtung von Mietverträgen nur für die Zukunft wirkt. Der Bundesgerichtshof hat die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit darauf gestützt, dass bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach § 346 ff. BGB in der Regel nicht den Interessen der Parteien entspreche und angesichts der insbesondere bei längerer Vertragsdauer entstehenden erheblichen Durchführungsschwierigkeiten zu Unzuträglichkeiten führe. Von einer solchen Interessenlage kann bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht ausgegangen werden. Die Partei, die aufgrund der arglistigen Täuschung zu einer Willenserklärung veranlasst worden ist, die sie bei Kenntnis der Umstände nicht abgegeben hätte, hat ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Vernichtung ihrer Willenserklärung. Diesem Interesse trägt § 142 Abs. 1 BGB Rechnung. Demgegenüber regelt der auf Nichterfüllung gestützte Rücktritt, ebenso wie die mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche und die Kündigung aus wichtigem Grund, die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen.
41
ee) Auch das Argument, die Rückgängigmachung der vollzogenen Vermieterleistung sei mit der Ingebrauchnahme der Mietsache durch den Mieter nicht mehr möglich (Roquette vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17), trägt nicht. Das Bereicherungsrecht sieht für den Fall, dass die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB vor, dass der Wert zu ersetzen ist.
42
ff) Schließlich lassen sich bei der Geschäftsraummiete in der Regel auch keine sozialen Belange feststellen, die ggf. einen erhöhten Bestandsschutz in Vollzug gesetzter Mietverträge und deshalb eine Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung erforderlich machen könnten.
43
4. Die Anfechtung des Mietvertrages durch die Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen. Eine solche Einschränkung der Anfechtung greift ein, wenn die Rechtslage des Getäuschten durch die arglistige Täuschung nicht oder nicht mehr beeinträchtigt ist (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2005] § 242 Rdn. 444 m.w.N.).
44
Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat zwar die Mieträume bis zu dem vertraglich vereinbarten Ablauf , am 31. Juli 2002, als Büroräume genutzt, ohne dass die Nutzung durch ein Einschreiten der Baubehörde beeinträchtigt gewesen wäre. Insoweit hat sich die arglistige Täuschung der Klägerin zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr nachteilig ausgewirkt. Die arglistige Täuschung der Klägerin wirkt aber dadurch weiter zu Lasten der Beklagten, weil diese für die Souterrainräume einen Mietpreis vereinbart hat, der auf der fehlerhaften Annahme beruhte, es handele sich um vollwertige Büroräume, die als solche öffentlich-rechtlich genehmigt seien. Tatsächlich waren die Räume jedoch nur als Büronebenräume, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet war, genehmigt und genehmigungsfähig. Das Fehlen einer Genehmigung zur Nutzung als Büroraum stellt - unabhängig von der tatsächlichen Nutzbarkeit der Räume - einen wertbildenden Faktor dar. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte, hätte sie von der fehlenden Genehmigung Kenntnis gehabt, für die Räume im Souterrain jedenfalls nicht den im Mietvertrag festgelegten, sondern einen geringeren für Nebenräume angemessenen Mietzins vereinbart hätte.
45
Soweit die Revision darauf verweist, das Berufungsgericht habe festgestellt , die Parteien hätten im Hinblick auf die Lage der Räumlichkeiten im Souterrain und die eingeschränkten Lichtverhältnisse bereits einen geringeren Mietzins vereinbart, lässt sie außer Acht, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Parteien den Mietpreis ausgehend von einer vollwertigen Büronutzung vereinbart haben. Dass die Beklagte keinen niedrigeren Mietzins vereinbart hat, ist Folge der arglistigen Täuschung der Klägerin. Der daraus entstandene Nachteil war zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht entfallen. Bei einer Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf eine solche ex nunc würde er der Klägerin zugute kommen, die die Mehreinnahmen, die sie aufgrund der arglistigen Täuschung bis zu diesem Zeitpunkt erzielt hat, behalten dürfte (vgl. Erman/Jendrek aaO vor § 536 Rdn. 20).
46
5. Die Beklagte hat auch auf das Recht zur Anfechtung nicht dadurch verzichtet, dass sie mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 die vertraglich vorgesehene Verlängerungsoption ausgeübt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch keine Kenntnis von dem Anfechtungsgrund. Erst am 24. März 2004 hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Kenntnis von der arglistigen Täuschung der Klägerin erlangt.
47
6. Infolge der wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist der Mietvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).
48
Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) hat das Berufungsgericht zutreffend nach den Grundsätzen der Saldotheorie vorgenommen, indem es durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt hat, ob sich für die Klägerin ein Überschuss (Saldo) ergibt (BGH Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97 - NJW 1999, 1181). Eine Einschränkung der Saldotheorie zum Schutz des arglistig Getäuschten ist hier, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, nicht geboten. Denn die Klägerin verlangt als Täuschende Bereicherungsausgleich , so dass Gegenansprüche der getäuschten Beklagten ohne weiteres als Abzugspositionen in die Saldierung einzubeziehen sind.
49
a) Herauszugeben ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB das durch die Leistung der Klägerin Erlangte. Das ist hier die von der Klägerin gewährte Gebrauchsüberlassung der Räume. Da die Herausgabe der Gebrauchsüberlassung wegen ihrer Beschaffenheit nicht möglich ist, hat die Beklagte als gutgläubige Bereicherungsschuldnerin nach § 818 Abs. 2 BGB deren Wert zu ersetzen. Dessen Höhe richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem objektiven Verkehrswert des rechtsgrundlos Erlangten, somit hier nach der Miete, die auf dem örtlichen Markt für vergleichbare Objekte erzielt wird (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194; BGHZ 132, 198, 207; 168, 220, 239).
50
Neben diesem Anspruch auf Ersatz des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung ist ein Anspruch auf Herausgabe eines durch die Untervermietung evtl. erzielten Gewinns nicht gegeben. Mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Mietvertrages im Wege der Leistungskondition sollen die gegenseitigen, von den Parteien aufgrund des unwirksamen Mietvertrages vorgenommenen Vermögensverschiebungen rückabgewickelt werden. Die Gewinne der Beklagten aus der Untervermietung beruhen jedoch nicht auf einer rückabzuwickelnden Leistung der Klägerin, sondern auf der eigenen vermögensmäßigen Disposition der Beklagten. Ihr stand es frei, den Bereicherungsgegenstand - die Gebrauchsüberlassung - selbst, gar nicht oder durch Untervermietung zu nutzen. Mit der Erstattung des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung wird erschöpfender Ersatz für den Wert des erlangten Gebrauchsvorteils geleistet (vgl. für bereicherungsrechtliche Ansprüche bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte: BGHZ 82, 299, 307 f.; 99, 244, 248 f.).
51
Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin auch nach Treu und Glauben daran gehindert gewesen wäre, von der Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Untervermietung herauszuverlangen, weil sie die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst hat.
52
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass verbrauchsunabhängige Nebenkosten grundsätzlich nicht nach Bereicherungsrecht verlangt werden könnten, weil es sich dabei nicht um Gebrauchsvorteile handele.
53
Der nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzende Wert der erlangten Gebrauchsvorteile bestimmt sich nach dem ortsüblichen Mietzins. Dieser beinhaltet in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese Nebenkosten. Da bei der Geschäftsraummiete der vereinbarte Mietzins abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB in der Regel die Grundmiete und verbrauchsunabhängige Nebenkosten enthält, spricht eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch im örtlichen Bereich der hier im Streit befindlichen Räume üblicherweise bestimmte verbrauchsunabhängige Nebenkosten vom Mieter zu tragen sind. Ob und in welchem Umfang dies hier der Fall ist, wird erforderlichenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellen sein.
54
c) Ferner sind, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, im Rahmen des Bereicherungsanspruchs der Klägerin die verbrauchsabhängigen Nebenkosten nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt.
55
Für die Jahre bis 2000, in denen die Klägerin Nebenkostenabrechnungen erteilt hat, ergeben sich die verbrauchsabhängigen Kosten hinreichend substantiiert aus den Abrechnungen, wenn die dort enthaltenen verbrauchsunabhängigen Kosten ortsüblich sind. Für die Jahre 2001 und 2002, für die die Klägerin keine Nebenkostenabrechnungen erstellt hat, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verbrauchsabhängige Nebenkosten nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat konkrete Ansprüche insoweit nicht gel- tend gemacht. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, sich aus Anlagen mögliche verbrauchsabhängige Kosten herauszusuchen.
56
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei dem Bereicherungsanspruch der Klägerin die auf den Wertersatz entfallende Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht.
57
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistungen im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB um nicht steuerbaren Schadenersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung des Wertersatzes mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht und damit ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Davon ist bei einem Wertersatzanspruch , der gemäß § 818 Abs. 2 BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrages entsteht, auszugehen. Denn er tritt im Rahmen der Abwicklung eines gegenseitigen Leistungsverhältnisses an die Stelle der vereinbarten Vergütung und ist deshalb umsatzsteuerpflichtig (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194 f.; BGHZ 175, 118).
58
7. Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung hat. Die Klägerin hat aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution.
59
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte für unbegründet gehalten. Ein vertraglicher Schadensersatzan- spruch scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus, nachdem der Mietvertrag aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht gegeben.
60
8. Da es noch tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe auch verbrauchsunabhängige Kosten zur ortsüblichen Miete für vergleichbaren Gewerberaum gehören, ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Klinkhammer

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.12.2002 - 2 O 240/00 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.03.2006 - 3 U 5/03 -