Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2010 - V ZR 52/09

bei uns veröffentlicht am19.03.2010
vorgehend
Landgericht Hildesheim, 6 O 92/07, 09.07.2008
Oberlandesgericht Celle, 3 U 170/08, 18.02.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 52/09 Verkündet am:
19. März 2010
Lesniak,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Sittenwidrigkeit unter dem Gesichtspunkt einer anfänglichen Übersicherung
setzt eine verwerfliche Gesinnung voraus. Hierfür streitet keine tatsächliche Vermutung.

b) Bei der Belastung eines in Miteigentum stehenden Grundstücks durch alle Miteigentümer
mit einer Grundschuld entsteht eine Gesamt(sicherungs)grundschuld an
den Miteigentumsanteilen (Senat, BGHZ 40, 115, 120). Deren Freigabe kann
rechtlich auch in der Form einer vollständigen oder teilweisen Freigabe nur eines
der mithaftenden Miteigentumsanteile erfolgen.
BGH, Urteil vom 19. März 2010 - V ZR 52/09 - OLG Celle
LG Hildesheim
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2010 durch den Vorsitzender Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Februar 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann (fortan Ehemann) sind Eigentümer zu je ½ Miteigentumsanteil eines Wohngrundstücks in E. . Sie bewilligten der C. AG am 4. April 1995 an diesem Grundstück eine Buchgrundschuld über 600.000 DM (= 306.775 €). Diese trat die Grundschuld am 27. Juni 1995 an die Beklagte ab. In einer Sicherungsabrede vom 10. September 1998 vereinbarten die Klägerin und ihr Ehemann mit der Beklagten, dass die Grundschuld sechs Darlehen im Ursprungsgesamtbetrag von 793.000 DM sichern sollte, die die Beklagte dem Ehemann der Klägerin gewährt hatte. Mit Schreiben vom 1. September 2006 kündigte die Klägerin die Sicherungsabrede und focht sie später auch wegen arglistiger Täuschung an. Die Beklagte kündigte ihrerseits mit Schreiben vom 29. November 2006 die Geschäftsbeziehung zu dem Ehemann der Klägerin und die ihm gewährten Darlehen; sie beziffert ihre Restforderung mit 160.613,78 €. Die Klägerin meint, die Beklagte habe sie darüber aufklären müssen, dass es seinerzeit noch andere Sicherheiten gegeben habe. Die Sicherungsabrede sei unter dem Gesichtspunkt einer anfänglichen Übersicherung nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Klägerin beantragt die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung der Löschung der Grundschuld auf ihrem hälftigen Miteigentumsanteil insgesamt, hilfsweise auf ihrem Miteigentumsanteil in Höhe eines Teilbetrags von 178.165,89 €, weiter hilfsweise auf dem Gesamtgrundstück in Höhe eines Teilbetrags von 146.161,34 €.
2
Das Landgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Klage im Übrigen dem zweiten Hilfsantrag stattgegeben. Dagegen richtet sich die von dem Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit welcher diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen möchte. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheitern der Haupt- und der erste Hilfsantrag schon an der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin. Die Grundschuld laste auf dem Gesamtgrundstück, nicht auf dem Miteigentumsanteil der Klägerin. Deshalb komme nur ein Anspruch auf Freistellung von der auf dem Gesamtgrundstück lastenden Grundschuld in Betracht. Dessen ungeachtet scheiterten die Anträge auf Freistellung ihres Miteigentumsanteils daran, dass die Sicherungsabrede weder nichtig noch anfechtbar sei. Bei Vereinbarung der Sicherungsabrede am 10. September 1998 hätten der Beklagten neben den Forderungen aus den in der Abrede erwähnten sechs Darlehen, die die Beklagte dem Ehemann der Klägerin gewährt habe, noch Forderungen aus vier weiteren Darlehen zugestanden, die dem Ehemann der Klägerin und dieser selbst gewährt worden seien. Daraus ergebe sich bei Abschluss der Sicherungsabrede eine Gesamtforderung von 905.470,14 DM. Dem hätten zwar Grundpfandrechte an verschiedenen Grundstücken im Gesamtumfang von 1,1 Mio. DM oder, wenn man insoweit der Klägerin folge, von 1,3 Mio. DM gegenübergestanden. Zur Nichtigkeit führe dies aber nur, wenn bereits am 10. September 1998 gewiss gewesen sei, dass im Verwertungsfall der realisierbare Wert der Sicherheiten in einem auffälligen Missverhältnis zum Sicherungsbedarf gestanden hätte. Daran fehle es. Auch die Anfechtung der Sicherungsabrede wegen arglistiger Täuschung sei nicht begründet, weil die Beklagte die Klägerin nicht darüber habe aufklären müssen, dass es noch andere Sicherheiten gegeben habe. Die Klägerin könne aber eine Teillöschung der Grundschuld aus der Sicherungsabrede verlangen, weil die Forderung der Beklagten nur noch 160.613,78 € betrage. Das führe zu einer Verpflichtung der Beklagten, die Teil- löschung der Grundschuld am gesamten Grundstück in Höhe von 146.161,34 € zu bewilligen.

II.

4
Diese Erwägungen halten in einem entscheidenden Punkt einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
5
1. Die Beklagte ist, was nach der nur teilweisen Anfechtung des Berufungsurteils rechtskräftig feststeht, jedenfalls verpflichtet, die Teillöschung der Gesamtgrundschuld an beiden Miteigentumsanteilen in Höhe eines Betrags von 146.161,34 € zu bewilligen. Offen ist, ob die Klägerin eine Teillöschung der Grundschuld nur in dieser Form und diesem Umfang oder auch in der Form einer vollständigen (so ihr Hauptantrag) oder weitergehenden Teillöschung (so ihr erster Hilfsantrag) auf ihrem Miteigentumsanteil verlangen kann.
6
2. Ein solcher Anspruch scheitert entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weder an der Aktivlegitimation der Klägerin noch an der Natur des Rechts.
7
a) Die Belastung eines in Miteigentum stehenden Grundstücks durch alle Miteigentümer mit einer Grundschuld führt, was das Berufungsgericht übersehen hat, nicht zum Entstehen einer Einzelgrundschuld am Gesamtgrundstück. Es entsteht vielmehr eine Gesamtgrundschuld an allen Miteigentumsanteilen (Senat, BGHZ 40, 115, 120 im Anschluss an RGZ 146, 363, 366, und an Senatsurt. v. 12. April 1961, V ZR 91/59, NJW 1961, 1352; BGHZ 106, 19, 22; Urt. v. 20. November 2009, V ZR 68/09, ZfIR 2010, 93, 94).
8
b) Der Anspruch auf Löschung einer Gesamtgrundschuld steht zwar den Inhabern aller mit der Gesamtgrundschuld belasteten Miteigentumsanteile als Gesamtgläubigern zu. Nach der Rechtsprechung des Senats kann aber der Eigentümer jedes von mehreren für eine Gesamtgrundschuld haftenden Grundstücken die Löschung der Gesamtgrundschuld auf seinem Grundstück verlangen, wenn entweder alle anderen zustimmen oder er von allen anderen diese Zustimmung verlangen kann (BGHZ 179, 146, 153 f.). Für eine Gesamtgrundschuld , für die mehrere Miteigentumsanteile haften, gilt nichts anderes. Ein solcher Sonderfall liegt hier vor. Der Ehemann der Klägerin hat sein Einverständnis mit einer Löschung der Grundschuld nur auf deren Miteigentumsanteil erklärt. Die Klägerin ist damit berechtigt, allein die vollständige oder teilweise Löschung der Grundschuld auf ihrem Miteigentumsanteil zu verlangen, wenn ein Löschungsanspruch an sich besteht.
9
c) Ein solcher Löschungsanspruch ist rechtlich möglich. Das ergibt sich aus § 1192 BGB i.V.m. § 1132 Abs. 2 Satz 1 BGB einerseits und § 1175 Abs. 1 Satz 2 BGB andererseits. Nach § 1132 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet zwar im Grundsatz jedes der für eine Gesamtgrundschuld mithaftenden Grundstücke für die ganze (Grundschuld-) Forderung. Der Gläubiger kann aber nach § 1175 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Gesamtgrundschuld an einzelnen der mithaftenden Grundstücken mit der Folge verzichten, dass die Grundschuld an diesem Grundstück erlischt und an den übrigen weiterbesteht. Der Verzicht kann auch in der Form einer Teilfreigabe oder der Erteilung einer entsprechenden Löschungsbewilligung erfolgen (MünchKomm-BGB/Eickmann, 5. Aufl., § 1175 Rdn. 4, 5; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Bearb. 2009, § 1175 Rdn. 5). Dies gilt auch für eine Gesamtgrundschuld an Miteigentumsanteilen. Was dem Gläubiger rechtlich möglich ist, kann auch Gegenstand eines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich begründeten Freigabeanspruchs sein. Das gilt nicht nur für die vollständige Freigabe eines Grundstücks oder Miteigentumsanteils. Auch eine Freigabe der mithaftenden Grundstücke oder Miteigentumsanteile in unterschiedlichem Umfang ist rechtlich möglich. Das ergibt sich aus § 1132 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach ist der Gläubiger einer Gesamtgrundschuld berechtigt, den Betrag der Grundschuld auf die einzelnen Grundstücke in der Weise zu verteilen, dass jedes Grundstück nur für den zugeteilten Betrag haftet. Die Folge hiervon ist, dass die Gesamtgrundschuld in Teilgrundschulden zerfällt (Staudinger /Wolfsteiner, aaO, § 1132 Rdn. 63). Der Grundschuldgläubiger kann dem Grundstückseigentümer einen Anspruch auf eine solche Verteilung einräumen. Dieser Anspruch könnte dann auch in Form der Teillöschung geltend gemacht werden (Senat, BGHZ 179, 146, 153).
10
3. Ein gesetzlicher Anspruch auf die vollständige oder teilweise Löschung der Grundschuld an ihrem Miteigentumsanteil kann der Klägerin hier nur auf Grund von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehen. Er setzt die Nichtigkeit der Sicherungsabrede voraus. Die hierbei in Betracht kommenden Nichtigkeitsgründe einer anfänglichen Übersicherung (§ 138 Abs. 1 BGB) und einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB) hat das Berufungsgericht mit zutreffender Begründung verneint.
11
a) Eine Sicherungsabrede kann, darin ist der Klägerin Recht zu geben, unter dem Gesichtspunkt einer ursprünglichen Übersicherung gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sein (BGH, Urt. v. 28. April 1994, IX ZR 248/93, NJW 1994, 1796, 1798; LG Dessau WM 1999, 1711, 1712; MünchKommBGB /Oechsler, 5. Aufl. Anh. §§ 929-936 Rdn. 33 ff; Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 8. Aufl., Rdn. 154 f.). Das setzt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Sicherungswert und dem Sicherungsinteresse sowie eine verwerfliche Gesinnung des Sicherungsnehmers voraus (BGH, Urt. v. 12. März 1998, IX ZR 74/95, NJW 1998, 2047; MünchKomm-BGB/Oechsler, aaO). Beides ist nicht substantiiert dargelegt.
12
aa) Die Anforderungen, die an die Darlegung dieser beiden Voraussetzungen zu stellen sind, können entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in An- lehnung an die von dem Senat für Grundstückskaufverträge entwickelten Grundsätze (dazu: Senat, BGHZ 146, 298, 302; Urt. v. 9. Oktober 2009, V ZR 178/08, NJW 2010, 363 f.; Urt. v. 5. März 2010, V ZR 60/09, zur Veröff. best.) bestimmt werden. Dort genügt für die Annahme eines groben Missverhältnisses , dass der Kaufpreis etwa doppelt so hoch ist wie der Wert des Grundstücks. Dieses grobe Missverhältnis begründet eine tatsächliche Vermutung für die verwerfliche Gesinnung des Begünstigten. Beides gilt bei einer anfänglichen Übersicherung nicht. Hier kann es nicht darauf ankommen, welchen Nennbetrag die bestellten Grundpfandrechte bei Vertragsschluss haben. Entscheidend ist vielmehr, welcher Erlös bei Vertragsschluss aus einer Verwertung dieser Grundpfandrechte unter Berücksichtigung der Werte der belasteten Grundstücke und des Rangs der Rechte im späteren noch ungewissen Verwertungsfall zu erwarten und wie sicher dies bei Vertragsschluss zu beurteilen war (BGH, Urt. v. 12. März 1998, IX ZR 74/95, NJW 1998, 2047; LG Dessau WM 1999, 1711, 1712). Damit fehlt einer tatsächlichen Vermutung dafür, dass der Sicherungsnehmer aus eigensüchtigen Gründen eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den berechtigten Belangen des Sicherungsgebers an den Tag legt, die nach sittlichen Maßstäben unerträglich ist, die Grundlage; sie besteht nicht (PWW/Ahrens, BGB, 4. Aufl., § 138 Rdn. 142). Die verwerfliche Gesinnung muss vielmehr dargelegt und anhand der Umstände des Einzelfalls festgestellt werden (BGH, Urt. v. 12. März 1998, aaO). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Grundschuld an einem inländischen Grundstück nach §§ 238, 1807 Abs. 1 Nr. 1 BGB als Sicherheit nicht schlechthin, sondern nur genügt, wenn sie sicher ist.
13
bb) Die Klägerin musste deshalb darlegen, mit welchem Verwertungserlös aus der damaligen Sicht im späteren Verwertungsfall unter Berücksichtigung des (nach den vorliegenden Unterlagen hier auch nicht durchweg ersten) Rangs der eingeräumten Rechte gerechnet werden konnte, wie sicher dies zu beurteilen war und woraus sich auf dieser Grundlage eine in eigensüchtigen Motiven begründete Rücksichtslosigkeit der Beklagten ergeben soll. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Es fehlt insbesondere an Vortrag dazu, von welchem Verwertungserfolg in dem noch nicht absehbaren Verwertungsfall die Beklagte ausgehen und welche Unsicherheiten in der Abschätzung sie berücksichtigen durfte.
14
b) Auch eine wirksame Anfechtung der Sicherungsabrede wegen arglistiger Täuschung hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die von der Klägerin angenommene Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die sonst gegebenen Sicherheiten besteht nicht. Die Beklagte durfte vielmehr davon ausgehen , dass die Klägerin die Besicherung der Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten mit ihrem damaligen Ehemann besprochen hatte. Etwas anderes konnte sich nur ergeben, wenn die Beklagte konkrete Anhaltspunkte dafür hatte , dass das nicht geschehen war. Dazu fehlt ausreichender Vortrag.
15
4. Mit der gegebenen Begründung lässt sich aber ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf vollständige oder teilweise Freigabe ihres Miteigentumsanteils nicht verneinen.
16
a) Ein solcher Anspruch kann nach Nr. 1.6 Abs. 1 Satz 2 der Sicherungsabrede bestehen. Danach ist die Beklagte schon vor der vollständigen Erfüllung aller gesicherten Forderungen "auf Verlangen zur Freigabe verpflichtet , soweit sie die Grundschuld(en) nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kreditsicherung zur Sicherung ihrer Ansprüche nicht mehr benötigt". Die Entscheidung darüber, welche von mehreren Sicherheiten freigegeben werden soll, liegt damit grundsätzlich bei dem Sicherungsgeber, hier der Klägerin und ihrem Ehemann, nicht bei der Beklagten als Sicherungsnehmerin. Es steht deshalb der Klägerin nach erfolgter Zustimmung ihres Ehemanns im Grundsatz frei, ob sie eine anteilige Löschung der Grundschuld an beiden Miteigentumsanteilen oder eine vollständige oder teilweise Freigabe ihres Miteigentumsanteils verlangt.
17
b) Voraussetzung dafür ist aber nach dem zweiten Halbsatz der Klausel, dass eine Teillöschung der Gesamtgrundschuld auch in dieser Form den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kreditsicherung entspricht. Das ist bislang nicht festgestellt und nicht von vornherein auszuschließen. Ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück kann nach §§ 1114, 1192 Abs. 1 BGB mit einer Grundschuld belastet werden und kommt daher auch für sich genommen als Sicherungsmittel in Betracht. Aus einer solchen Grundschuld kann nicht nur in den Miteigentumsanteil vollstreckt werden. Vielmehr kann der Grundpfandrechtsgläubiger den Auseinandersetzungsanspruch des Miteigentümers pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen und auf dieser Grundlage die Teilungsversteigerung betreiben (BGHZ 90, 207, 215). Das Gleiche wäre möglich , wenn der Miteigentümer dem Grundpfandrechtsgläubiger seinen Auseinandersetzungsanspruch rechtsgeschäftlich zur Ausübung überlässt.

III.

18
Die Sache ist nicht entscheidungsreif und daher im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
19
1. Ein Anspruch der Klägerin auf vollständige Freigabe ihres Miteigentumsanteils wird nicht ohne weiteres gegeben sein, wenn die Restforderung der Beklagten auf die Hälfte des Nennbetrags der Grundschuld - 153.387,50 € - gesunken sein sollte. Er wird sich aber auch nicht ohne weiteres ausschließen lassen, wenn die Restforderung der Beklagten, wie von ihr eingeräumt, etwas über diesem Betrag liegt. Nach der Regelung in Nr. 1.6 der Sicherungsabrede kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob die Beklagte mit einer "Restgrundschuld" nur am Miteigentumsanteil des Ehemanns der Klägerin ausreichend abgesichert ist.
20
2. Eine ausreichende Absicherung der Beklagten durch eine Grundschuld nur am Miteigentumsanteil des Ehemanns der Klägerin muss - entgegen der von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Einschätzung - nicht schon von vornherein daran scheitern, dass die Durchsetzung einer solchen Grundschuld einen höheren Verfahrensaufwand verursacht. In Betracht zu ziehen ist vielmehr, ob die gesicherte Restforderung noch durch andere Grundpfandrechte gesichert ist und die Grundsicherheiten insgesamt nach dem Wert der betreffenden Grundstücke und dem Rang der Grundpfandrechte eine ausreichende Sicherheit bieten.
21
3. Sollte sich ergeben, dass die Restforderung nennenswert niedriger ist, wird nicht nur ein Anspruch auf eine entsprechend weitergehende Teillöschung der Grundschuld auf dem Miteigentumsanteil der Klägerin, sondern auch ein Anspruch auf eine weitergehende Teillöschung an beiden Miteigentumsanteilen bestehen. Es wäre dann eine Anpassung der Klageanträge zu prüfen. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 09.07.2008 - 6 O 92/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 18.02.2009 - 3 U 170/08 -

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesamthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen.

(2) Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke in der Weise zu verteilen, dass jedes Grundstück nur für den zugeteilten Betrag haftet. Auf die Verteilung finden die Vorschriften der §§ 875, 876, 878 entsprechende Anwendung.

(1) Verzichtet der Gläubiger auf die Gesamthypothek, so fällt sie den Eigentümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu; die Vorschriften des § 1172 Abs. 2 finden Anwendung. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek an einem der Grundstücke, so erlischt die Hypothek an diesem.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger nach § 1170 mit seinem Recht ausgeschlossen wird.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

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Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
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Haben Bruchteilseigentümer für eine auf ihrem Grundstück lastende Grundschuld
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, können sie diese nur gemeinsam ändern (Abgrenzung zu Senat, BGHZ 106,
19).
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 19. März 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die nachstehende treuhänderische Verwahrung in Rede steht, und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 14. März 2008 insoweit abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den aus der Versteigerung des Grundstücks, Grundbuch von N. , Blatt 1443, in der Zwangsversteigerungssache zum Zwecke der Zwangsvollstreckung beim Amtsgericht Völklingen, Az. 4 K 9/03, an sie gemäß Teilungsplan vom 15. Juni 2007 zugeteilten Betrag von 36.834,20 € an Stelle der durch diese Versteigerung untergegangenen Grundschuld nach Maßgabe der mit dem Kläger und W. geschlossenen Sicherungsvereinbarungen vom 4. März 1994 und 6. Januar 2000 treuhänderisch zu verwahren. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger und W. nahmen am 8. März 1994 ein Darlehen bei der Beklagten auf, welches durch eine erstrangige Grundschuld in Höhe von 320.000 DM an einem ihnen je zur Hälfte gehörenden Grundstück gesichert wurde. Nach der Sicherungszweckerklärung vom selben Tag dient die Grundschuld zur Sicherheit für alle Forderungen aus diesem Darlehensvertrag.
2
1997 vereinbarte W. mit der Beklagten, dass die auf seinem Miteigentumsanteil lastende Grundschuld auch zur Sicherheit für alle Forderungen aus einem (nur) ihm gewährten Kontokorrentkredit dient. Der Kläger war an dieser Vereinbarung nicht beteiligt. Im Januar 2000 erweiterten der Kläger und W. den Sicherungszweck der Grundschuld auf Forderungen der Beklagten aus einem gemeinsamen Kontokorrentkonto.
3
Nachdem W. seinen Verpflichtungen aus dem ihm 1997 gewährten Kontokorrentkredit nicht nachgekommen war, betrieb die Beklagte die Zwangsversteigerung in seinen Miteigentumsanteil. Den ihr zugeteilten Versteigerungserlös von 36.834,20 € verrechnete sie mit ihrem Anspruch aus dem W. allein gewährten Kredit.
4
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Verrechnung dieses Betrages mit den Verbindlichkeiten aus dem 1994 geschlossenen Darlehensvertrag. Seine Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt , verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, der Kläger könne weder nach dem Sicherungsvertrag noch aufgrund eines Schadensersatzanspruchs die Verrechnung des aus der Zwangsversteigerung erlösten Betrages auf die 1994 begründete Darlehensschuld verlangen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, den Erlös auf den von W. allein aufgenommenen Kredit zu verrechnen, weil die Grundschuld auch diesen gesichert habe. Die Erweiterung der Zweckerklärung aus dem Jahr 1997 sei wirksam. W. habe seinen Miteigentumsanteil auch nach Begründung der Gesamtgrundschuld zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten belasten können. Das folge nicht zuletzt aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach eine formularmäßige Haftungserstreckung der aus Anlass der Sicherung einer gemeinsamen Verbindlichkeit an einem Gemeinschaftsgrundstück bestellten Grundschuld auf künftige Einzelverbindlichkeiten der Miteigentümer nur insoweit unwirksam sei, als sie den Anteil des anderen Miteigentümers belaste. Wenn aber die formularmäßige Einbeziehung eigener künftiger Verbindlichkeiten in die auf dem eigenen Miteigentumsanteil lastende Grundschuld möglich sei, bestünden gegen die Wirksamkeit einer Sicherungszweckerklärung , mit der ein Miteigentümer die am gemeinsamen Grundstück bestellte Grundschuld hinsichtlich seines Miteigentumsanteils zur Sicherung weiterer eigener Verbindlichkeiten heranziehe, erst Recht keine Bedenken.

II.

6
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils , wonach ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf Verrechnung des Zwangsversteigerungserlöses auf das 1994 aufgenommene Darlehen in Betracht kommt. Der Sicherungsvertrag verpflichtet den Gläubiger, welcher die Grundschuld zwangsweise verwertet, den ihm zugeteilten Erlös nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen auf die gesicherte Forderung zu verrechnen (vgl. Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rdn. 651 ff.). Das gilt nicht nur, wenn der Gläubiger bei der Verwertung der - ihm dinglich uneingeschränkt zustehenden - Grundschuld die Sicherungsabrede beachtet, sondern auch und erst recht, wenn er diese verletzt hat. In beiden Fällen setzen sich die schuldrechtlichen Bindungen aus dem Sicherungsvertrag an dem Erlös fort (vgl. für einen Übererlös: Senat, BGHZ 98, 256, 261), welcher deshalb vertragsgemäß zu verrechnen ist (vgl. Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 8. Aufl., Rdn. 1123).
8
b) Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen , dass die im Jahr 1994 getroffene Sicherungsabrede eine enge, d.h. auf das damals gewährte Darlehen begrenzte Zweckerklärung enthält. Das ergibt sich aus dem mit "Zweckerklärung für Grundschulden" und dem Zusatz "Begrenzte Sicherung" überschriebenen Formular, welches der Kläger und W. am 8. März 1994 unterschrieben haben.
9
Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierzu erhobene Einwand der Beklagten, das für die Vereinbarungen über das Darlehen verwendete , ebenfalls am 8. März 1994 unterzeichnete Formular enthalte eine weite, auch künftige Forderungen der Beklagten gegen die Darlehensnehmer umfassende Sicherungsabrede, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Umstand , dass es die Beteiligten nicht bei diesem Formular ("Darlehen mit anfänglichem Festzins mit dinglicher Sicherheit") belassen, sondern am selben Tag eine gesonderte (enge) Vereinbarung über den Sicherungszweck der Grundschuld getroffen haben, macht deutlich, dass die in dem Darlehensformular enthaltene vorformulierte Sicherungsabrede durch eine speziellere und damit vorrangige Vereinbarung ersetzt werden sollte. Hiervon ist im Übrigen auch die Beklagte ausgegangen; andernfalls hätte sie bei der weiteren Kreditvergabe in den Jahren 1997 und 2000 keine Veranlassung gehabt, neue (wiederum begrenzte ) Sicherungsabreden mit dem Kläger und W. zu treffen.
10
c) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Erlös auf eine Forderung verrechnet, die von dem Sicherungszweck der Grundschuld erfasst gewesen sei, weil hierzu auch die gegen W. bestehende Forderung aus dem ihm gewährten Kontokorrentkredit zähle. Sie verkennt, dass die zwischen W. und der Beklagten 1997 vereinbarte Erweiterung der Zweckvereinbarung unwirksam ist. Zwar kann der Sicherungszweck einer Grundschuld jederzeit formfrei erweitert werden. Hierzu berechtigt sind jedoch nur Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer, also die Parteien des Sicherungsvertrages (vgl. Senat, BGHZ 105, 154, 158 f.). Dies waren hier, als Sicherungsgeber, W. und der Kläger.
11
d) Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Miteigentümer, die ihr Grundstück zwecks Absicherung eines gemeinsam aufgenommenen Kredits mit einer Grundschuld belasten, den Sicherungszweck dieser Grundschuld auf künftige Verbindlichkeiten nur eines von ihnen erstrecken können, sofern hierfür nur dessen Miteigentumsanteil haftet (vgl. Senat, BGHZ 106, 19, 25; BGH, Urt. v. 20. März 2002, IV ZR 93/01, NJW 2002, 2710, 2711). Die hierzu ergangenen Entscheidungen betreffen Sachverhalte, in denen die Erstreckung des Sicherungszwecks auf künftige Verbindlichkeiten einzelner Miteigentümer bereits in der ursprünglichen, von allen Sicherungsgebern vereinbarten Sicherungsabrede enthalten und damit von ihrem Willen umfasst war. Sie besagen daher nichts über die Berechtigung eines einzelnen Miteigentümers, eine gemeinsam mit den übrigen Miteigentümern getroffene Sicherungsabrede ohne deren Zustimmung durch Vereinbarung mit dem Sicherungsnehmer zu ändern.
12
e) Eine solche Berechtigung folgt auch nicht daraus, dass die Belastung eines mehreren zu ideellen Bruchteilen gehörenden Grundstücks mit einer Grundschuld zur Entstehung einer Gesamtgrundschuld an diesen Bruchteilen führt (Senat, BGHZ 40, 115, 120; 103, 72, 80; 106, 19, 22). Hierbei handelt es sich um die kraft Gesetzes eintretende dingliche Folge der Verfügung der Miteigentümer über ihr Grundstück (vgl. Staudinger/Langhein, BGB [2008], § 747 Rdn. 72 sowie Senat, BGHZ 40, 115, 120), die von den durch den Sicherungsvertrag begründeten schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber zu unterscheiden ist.
13
f) Ebenso wenig rechtfertigt das Entstehen einer Gesamtgrundschuld an den Miteigentumsanteilen die Annahme, dass Miteigentümer, die ihr Grundstück gemeinschaftlich belasten, dem Sicherungsnehmer als einzelne Bruchteilseigentümer gegenübertreten und schuldrechtliche Erklärungen deshalb nur mit Wirkung für und gegen ihren Miteigentumsanteil abgeben. Eine solche Sichtweise verkennt bereits, dass die gemeinsame Belastung eines Grundstücks nicht als die bloße koordinierte Verfügung der Teilhaber über ihre Miteigentumsanteile , sondern als einheitliche (dingliche) Verfügung der Miteigentümer anzusehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 4. Februar 1994, V ZR 277/92, NJW 1994, 1470, 1471).
14
In erster Linie ist sie aber deshalb verfehlt, weil die Person des Sicherungsnehmers nicht nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten, sondern durch Auslegung der Sicherungsvereinbarung zu bestimmen ist (vgl. Clemente, ZIP 1990, 969, 970). Dabei ist in aller Regel davon auszugehen, dass der Schuldner der zu sichernden Forderung auch dann Sicherungsgeber sein soll, wenn die Grundschuld - ganz oder teilweise - auf einem Grundstück lastet, das einem Dritten gehört. Da er dem Gläubiger die Grundschuld durch entsprechende schuldrechtliche Abreden mit dem Dritten beschafft, soll er (der Schuldner) sie nach Tilgung der Darlehensschuld auch wieder bekommen (vgl. BGH, Urt. v. 25. November 1968, III ZR 134/66, WM 1969, 209, 210; Urt. v. 8. Dezember 1988, III ZR 107/87, WM 1989, 210, 211). Bei Bruchteilseigentümern, die gemeinsam ein Darlehen aufnehmen und den Sicherungszweck der hierfür bestellten Grundschuld auf dieses Darlehen begrenzen, folgt der Wille, gemeinsam Sicherungsgeber der Gesamtgrundschuld zu sein, bereits aus ihrer gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis. Angesichts des begrenzten Sicherungszwecks der Grundschuld gehen sie erkennbar davon aus, dass auch die fremden Miteigentumsanteile als Haftungsmasse zur Verfügung stehen und dass deshalb die Risiken der Gesamtschuld, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit eines der Schuldner, begrenzt sind. Die Haftung der fremden Miteigentumsanteile wäre jedoch nicht gewährleistet, wenn einzelne Gesamtschuldner den Sicherungszweck der Grundschuld in Bezug auf ihre Miteigentumsanteile ohne Zustimmung der übrigen Schuldner ändern könnten.
15
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
16
Allerdings steht einer Verrechnung des Versteigerungserlöses auf die Darlehensforderung aus dem Jahr 1994 entgegen, dass diese nicht fällig und der Kläger nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Revisionserwiderung auch nicht zu einer vorzeitigen Tilgung des Darlehens berechtigt ist. Der Kläger kann jedoch verlangen, dass die Beklagte den Erlös aus der Zwangsversteigerung an Stelle der Grundschuld treuhänderisch als Sicherheit hält (vgl. Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rdn. 654 u. 656). Der Erlös übernimmt auf diese Weise die Sicherungsfunktion der vertragswidrig verwerteten Grundschuld. Er sichert allerdings nicht nur das 1994 gewährte Darlehen, sondern, wie zuvor die Grundschuld, auch den durch die gemeinsame Zweckerklärung vom 6. Januar 2000 in den Sicherungszweck der Grundschuld einbezogenen Kontokorrentkredit. Ob, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Reihenfolge die Beklagte den Erlös künftig für diese Verbindlichkeiten verwerten kann, richtet sich nach den Sicherungsabreden aus den Jahren 1994 und 2000.
17
Die treuhänderische Verwahrung des Erlöses ist, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht erörtert, in dem auf Verrechnung gerichteten Klageantrag als Minus enthalten. Der Kläger will in erster Linie erreichen, dass die Verrechnung auf die von der Grundschuld nicht gesicherte Forderung der Beklagten gegen W. rückgängig gemacht und der Erlös dem vereinbarten Sicherungszweck gemäß verwendet wird. Insoweit stehen die Verrechnung des Erlöses auf die gesicherte Forderung und dessen treuhänderische Verwahrung als Sicherheit für diese Forderung in einem abgestuften Verhältnis des Mehr und Weniger zueinander.

III.

18
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben, es ist aufzuheben (§ 562 Abs.1 ZPO). Der Senat ist in der Lage, abschließend zu entscheiden , weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zu einer Verurteilung der Beklagten, den zugeteilten Erlös anstelle der unterge- gangenen Grundschuld nach Maßgabe der Sicherungsabreden vom März 1994 und Januar 2000 treuhänderisch für den Kläger und W. zu verwahren.

IV.

19
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 14.03.2008 - 1 O 256/07 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.03.2009 - 8 U 197/08-56- -

(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.

(1) Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesamthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen.

(2) Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke in der Weise zu verteilen, dass jedes Grundstück nur für den zugeteilten Betrag haftet. Auf die Verteilung finden die Vorschriften der §§ 875, 876, 878 entsprechende Anwendung.

(1) Verzichtet der Gläubiger auf die Gesamthypothek, so fällt sie den Eigentümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu; die Vorschriften des § 1172 Abs. 2 finden Anwendung. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek an einem der Grundstücke, so erlischt die Hypothek an diesem.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger nach § 1170 mit seinem Recht ausgeschlossen wird.

(1) Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesamthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen.

(2) Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke in der Weise zu verteilen, dass jedes Grundstück nur für den zugeteilten Betrag haftet. Auf die Verteilung finden die Vorschriften der §§ 875, 876, 878 entsprechende Anwendung.

(1) Verzichtet der Gläubiger auf die Gesamthypothek, so fällt sie den Eigentümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu; die Vorschriften des § 1172 Abs. 2 finden Anwendung. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek an einem der Grundstücke, so erlischt die Hypothek an diesem.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger nach § 1170 mit seinem Recht ausgeschlossen wird.

(1) Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesamthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen.

(2) Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke in der Weise zu verteilen, dass jedes Grundstück nur für den zugeteilten Betrag haftet. Auf die Verteilung finden die Vorschriften der §§ 875, 876, 878 entsprechende Anwendung.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 178/08 Verkündet am:
9. Oktober 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die tatsächliche Vermutung, nach der von einem groben Missverhältnis von Leistung
und Gegenleistung auf die verwerfliche Gesinnung des hiervon begünstigten
Vertragsteils zu schließen ist, erleichtert der davon nachteilig betroffenen Partei zwar
die Darlegung und die Beweisführung für das Vorliegen des subjektiven Merkmals
eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts, befreit sie aber nicht von ihrer
Behauptungslast.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger und seine Ehefrau machten der Beklagten mit notarieller Urkunde vom 13. Februar 1998 das Angebot zum Kauf einer vermieteten, zu sanierenden Eigentumswohnung in B. zu einem Gesamtpreis von 135.500 DM (97.560 DM Kaufpreis für die Wohnung und 37.940 DM Werklohn für Bauleistungen), das die Beklagte mit notarieller Erklärung vom 24. Februar 1998 annahm. Die Vermarktung der Wohnungen der Beklagten erfolgte über eine von dieser beauftragte Vermittlerin.
2
Mit der Klage hat der Kläger aus eigenem und von seiner Ehefrau abgetretenem Recht die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung des Kauf- vertrags wegen falscher Beratung über die mit der Finanzierung zu übernehmenden Belastungen des Erwerbs verlangt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Kammergericht hat sie unter Zurückweisung des Vorbringens des Klägers zu einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger diesen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht verneint Schadensersatzansprüche aus jedem in Betracht kommenden Rechtsgrund, weil der Kläger nach Würdigung der von dem Berufungsgericht erneut durchgeführten Beweisaufnahme nicht bewiesen habe, dass der Vermittler über die Kosten der Finanzierung des Erwerbs der Wohnung fehlerhaft beraten oder den Käufern andere falsche Auskünfte erteilt habe.
4
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Er habe zwar in zweiter Instanz vorgetragen, dass der Kaufvertrag wegen Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB oder als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei. Dieses Vorbringen sei aber neu und stelle nicht lediglich eine Substantiierung erstinstanzlichen Vorbringens dar. Der Kläger habe zwar in erster Instanz behauptet, dass ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliege, er habe aber nicht zu den subjektiven Merkmalen des § 138 BGB vorgetragen. Das neue Vorbringen sei nicht zuzulassen, weil keiner der in § 531 Abs. 2 ZPO bestimmten Ausnahmegründe vorliege.

II.

5
Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Revision, welche die Abweisung des auf die Schlechterfüllung eines Beratungsvertrags gestützten Schadensersatzanspruchs (vgl. dazu Senat, BGHZ 140, 111, 117; Urt. v. 14. März 2003, V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1814) hinnimmt, rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB) nicht ohne eine sachliche Prüfung hätte verneinen dürfen.
6
1. Unbegründet ist allerdings die Sachrüge, dass das Berufungsgericht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB verkannt habe. Das Berufungsgericht hat nicht übersehen, dass ein Kaufvertrag, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein kann (vgl. Senat, BGHZ 146, 298, 301 m.w.N.). Es hat beide Tatbestände des § 138 BGB behandelt und auch die Voraussetzungen für die Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags nach § 138 BGB richtig erkannt. Zu dem objektiv auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung muss stets ein subjektiver Umstand hinzukommen, damit der Vertrag sich als sittenwidrig darstellt. Das gilt für beide Tatbestände des § 138 BGB gleichermaßen. Zur Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags als wucherähnlichen Geschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB ist das subjektive Merkmal eines Handelns des Begünstigten in verwerflicher Gesinnung unerlässlich (Senat, BGHZ 160, 8, 14; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166).
7
2. Im Ergebnis begründet ist jedoch die auf eine Verletzung des § 531 ZPO gestützte Verfahrensrüge, dass das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten streitigen Vortrag zum Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hätte nachgehen müssen.
8
a) Das Berufungsgericht hat allerdings - entgegen der Ansicht der Revision - kein erstinstanzliches Vorbringen des Klägers zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB übergangen. Die Rüge einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist unbegründet, weil der Kläger dazu in erster Instanz nichts vorgetragen hat.
9
Soweit die Revision auf die Behauptung in der Klageschrift hinweist, die Käufer hätten wegen ihrer Unerfahrenheit in immobilien- und steuerrechtlichen Dingen die Lücken in der durch den Vermittler erteilten Beratung nicht erkannt, kommt diesem Vortrag nicht die Bedeutung zu, die ihm die Revision beilegen möchte. Der erstinstanzliche Vortrag zur Unerfahrenheit der Käufer diente der Begründung des in der Klageschrift allein geltend gemachten Schadensersatzanspruchs wegen Schlechterfüllung eines Beratungsvertrags. Aus dem Umstand , dass ein Käufer in Angelegenheiten der Finanzierung unerfahren ist, ergibt sich nicht zugleich, dass er auch keine Kenntnisse über die für vergleichbare Immobilien am Markt geforderten Preise hatte und der Verkäufer das ausgenutzt hat. Dieser darf vielmehr grundsätzlich davon ausgehen, dass sein künftiger Vertragspartner sich insoweit selbst im eigenen Interesse Klarheit verschafft hat (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 308/02, NJW 2002, 1811, 1812; Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 821).
10
Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages nach § 138 Abs. 1 BGB ist erforderlich, dass der von einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung begünstigte Verkäufer in verwerflicher Gesinnung handelt. Das setzt voraus, dass diesem bewusst ist oder er sich grob fahrlässig der Einsicht verschließt, dass der Käufer nur unter dem Zwang der Verhältnisse oder aus anderen, die freie Willensentschließung beeinträchtigenden Umständen , wie einem Mangel an Urteilsvermögen oder wegen einer erheblicher Willensschwäche, sich auf den für ihn ungünstigen Vertrag einlässt (Senat, BGHZ 146, 298, 302; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432). Die Revision zeigt nicht auf, dass so etwas von dem Kläger in der ersten Instanz vorgebracht worden wäre.
11
b) Ein Vortrag zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB war entgegen der Ansicht der Revision auch nicht angesichts dessen entbehrlich, dass schon in der Klageschrift (wenngleich ebenfalls in einem anderen Zusammenhang, nämlich zur Darlegung einer behaupteten Aufklärungspflichtverletzung zu ungewöhnlich hohen, 35 bis 40 % des Kaufpreises ausmachenden Innenprovisionen) das Vorliegen eines groben Missverhältnisses zwischen dem vereinbarten Preis und dem Wert der Wohnung behauptet worden ist.
12
Zwar trifft es zu, dass ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung - wovon bei Grundstücksgeschäften bereits dann auszugehen ist, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung - den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulässt (Senat, BGHZ 146, 298, 305; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841, 2842). Zu Unrecht leitet die Revision jedoch daraus ab, dass - wenn ein solches Äquivalenzmissverhältnis dargelegt wird - es keines Vortrags mehr zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB bedarf. Damit legt sie einer tatsächlichen Vermutung eine zu weitgehende, nämlich einer gesetzlichen Vermutung nach § 292 ZPO gleichkommende Wirkung bei.
13
aa) Bei einer gesetzlichen Vermutung hat die begünstigte Partei nur die diese begründenden Tatsachen (die Vermutungsbasis) darzulegen, muss je- doch nicht (auch) die vom Gesetz vermutete Tatsache vortragen (MünchKommZPO /Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 21; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 292 Rdn. 4; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. § 292, Rdn. 14; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl. § 292, Rdn. 21). Eine solche Vermutung enthebt die Partei nicht nur von der Beweis-, sondern auch von der Darlegungslast für die vermutete Tatsache (BGH, Urt. v. 19. Januar 1977, VIII ZR 42/75, JR 1978, 18, 20; Urt. v. 4. Februar 2002, II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, 2102). Der Gegner, zu dessen Lasten die Vermutung wirkt, hat nach § 292 Satz 1 ZPO das Gegenteil vorzutragen, einen Beweis dafür anzutreten und zu führen.
14
bb) Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf eine verwerfliche Gesinnung der davon begünstigten Partei beruht hingegen auf einer tatsächlichen Vermutung.
15
(1) Auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO nach ganz herrschender, wenn auch nicht völlig unbestrittener Meinung im Schrifttum keine Anwendung (MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 27; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 292 Rdn. 1; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 292 Rdn. 7; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 292 Rdn. 13; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., v. § 284 Rdn. 33; Baumgärtel, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 43, 47; Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast, 57; a.A. Bruns, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Rdn. 171 c; Hirte, MDR 1998, 182, 185). Den tatsächlichen Vermutungen wird nur eine Bedeutung bei der Beweiswürdigung zugemessen, als sie einen Anscheins- oder Indizienbeweis für die behauptete Tatsache begründen können (MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 27; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 292 Rdn. 13; Baumgärtel, aaO, 57; Prütting, aaO, 58).
16
(2) Das gilt auch für den aus einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu ziehenden Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des hiervon begünstigten Vertragsteils. Dieser Schluss leitet sich von dem Erfahrungssatz her, dass außergewöhnliche Leistungen in der Regel nicht ohne Not oder einen anderen den Benachteiligenden hemmenden Umstand zugestanden werden und der Begünstigte diese Erfahrung teilt (Senat, BGHZ 146, 298, 302 f.; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841). Das trägt die den Beweis der subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB erleichternde tatsächliche Vermutung, die von dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss und nur dann nicht zur Anwendung kommt, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert ist (Senat, BGHZ 146, 296, 305; Urt. v. 5. Okt. 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841, 2842; ebenso BGH, Urt. v. 18. Dezember 2002, VIII ZR 123/02, NJW-RR 2003, 558).
17
Die tatsächliche Vermutung hilft der von einem groben Äquivalenzmissverhältnis nachteilig betroffenen Vertragspartei allerdings auch bei ihrem Vortrag zu den subjektiven Voraussetzungen des wucherähnlichen Geschäfts. Deren Darlegung wird wesentlich erleichtert, wenn hierfür der Hinweis auf das besonders grobe Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ausreicht, weil das in der Regel einen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragsteils zulässt (vgl. Senat, Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841, 2842).
18
Das ändert jedoch nichts daran, dass die Vermutung die von dem groben Missverhältnis nachteilig betroffene Partei nicht von der Behauptungslast für das Vorliegen des subjektiven Merkmals eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts befreit. Ein bei der Beweiswürdigung anzuwendender Erfahrungssatz setzt streitiges Vorbringen zum subjektiven Tatbestand voraus.
19
An den Vortrag der benachteiligten Partei sind zwar keine hohen Anforderungen zu stellen. Diese muss die verwerfliche Gesinnung der anderen Vertragspartei nicht ausdrücklich behaupten; es genügt, wenn aus dem Kontext mit dem Vortrag zu einem groben objektiven Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ersichtlich ist, dass die davon benachteiligte Vertragspartei sich auf die daraus begründete Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (Senat, Beschl. v. 2. April 2009, V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236, 1237). Darauf kann aber nicht verzichtet werden, weil ein grobes Äquivalenzmissverhältnis allein nicht zur Nichtigkeit des Vertrags nach § 138 BGB führt und die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des davon begünstigten Vertragsteils durch den Vortrag besonderer Umstände erschüttert werden kann (Senat, BGHZ 160, 8, 15; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166; Urt. v. 27. September 2002, V ZR 218/01, NJW 2003, 283, 284). Der von dem objektiven Äquivalenzmissverhältnis begünstigte Vertragsteil hat deshalb erst dann Anlass, auf den Vortrag der benachteiligten Vertragspartei zu erwidern, wenn diese zugleich ein die Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB begründendes Handeln in verwerflicher Gesinnung behauptet.
20
c) Im Ergebnis hat die Revision jedoch Erfolg. Das Berufungsgericht durfte den neuen Vortrag des Klägers zum Vorliegen eines wucherähnlichen Tatbestands nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen.
21
aa) Die Verweigerung der Zulassung neuen Vorbringens kann von dem Revisionsgericht nur auf eine Verfahrensrüge hin überprüft werden. Eine solche Rüge liegt hier - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - vor.
22
Richtig ist zwar deren Hinweis, dass die Revision den Verfahrensmangel nicht richtig begründet, indem sie - wie ausgeführt - zu Unrecht von einem bereits in erster Instanz vorgetragenen, in zweiter Instanz nur konkretisierten Vortrag ausgeht. Diese fehlerhafte Begründung bindet das Revisionsgericht jedoch nicht. § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO setzt allein die ordnungsgemäße Rüge des Verfahrensmangels nach § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO voraus, verlangt jedoch keinen schlüssigen Vortrag des Revisionsklägers (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1980, VIII ZR 208/79, NJW 1981, 1453; Beschl. v. 26. Juni 2003, III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533).
23
Den förmlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge nach §§ 551 Abs. 3, 554 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO genügt das Vorbringen in der Revisionsbegründung, wenn die Verletzung des § 531 Abs. 2 ZPO durch die Zurückweisung des Vorbringens in zweiter Instanz gerügt wird und die den Verfahrensfehler ergebenden Tatsachen benannt werden, indem auf das Vorbringen in dem in zweiter Instanz eingereichten Schriftsatz (unter Angabe der Aktenstelle) hingewiesen wird, welches das Berufungsgericht zurückgewiesen hat. Die rechtliche Beurteilung, ob sich aus den angeführten Umständen die von der Revision geltend gemachte Verletzung des § 531 Abs. 2 ZPO ergibt, hat der Senat selbst vorzunehmen.
24
bb) Die Zurückweisung des neuen Vorbringens war rechtsfehlerhaft. Das neue Vorbringen des in erster Instanz siegreichen Klägers zu dem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung war zuzulassen, weil das Berufungsgericht die Sach- und Rechtslage anders als das Gericht des ersten Rechtszuges beurteilt hat.
25
Nach ständiger Rechtsprechung darf der siegreiche Berufungsbeklagte darauf vertrauen, nicht nur rechtzeitig darauf hingewiesen zu werden, dass und aufgrund welcher Erwägungen das Berufungsgericht der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, sondern dann auch Gelegenheit zu erhalten, seinen Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen oder weiteren Beweis anzutreten (BVerfG NJW 2003, 2524; BGH, Urt. v. 21. Dezember 2004, XI ZR 17/03, Rz. 11, juris; Beschl. v. 15. März 2006, IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937; Senat, Beschl. v. 26. Juni 2008, V ZR 225/07, Rz. 5, juris).
26
Das Gericht muss sachdienlichen Vortrag der Partei auf einen nach der Prozesslage gebotenen Hinweis nach § 139 ZPO zulassen (vgl. BGHZ 127, 254, 260; Urt. v. 27. November 1996, VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441). Die Hinweispflicht des Berufungsgerichts und die Berücksichtigung neuen Vorbringens gehören insoweit zusammen, woran auch die Vorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die die Zulässigkeit neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz einschränkt, nichts geändert hat. Die Hinweispflicht auf eine von der ersten Instanz abweichende Beurteilung liefe nämlich leer, wenn ein von dem Berufungsbeklagten darauf vorgebrachtes entscheidungserhebliches Vorbringen bei der Entscheidung über das Rechtsmittel unberücksichtigt bliebe (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 2004, XI ZR 17/03, aaO). Neues Vorbringen des Berufungsbeklagten, das auf einen solchen Hinweis des Berufungsgerichts erfolgt und den Prozessverlust wegen einer von der ersten Instanz abweichenden rechtlichen oder tatsächlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht vermeiden soll, ist zuzulassen, ohne dass es darauf ankommt, ob es schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 27. November 1996, VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 21. Dezember 2004, XI ZR 17/03, Rz. 11, juris; Senat, Beschl. v. 26. Juni 2008, V ZR 225/07, Rz. 5, juris).

III.

27
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung auch unter Berücksichtigung des neuen Vorbringens des Klägers zu einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB zurückzuverweisen.
28
1. Für die neue Verhandlung wird darauf hingewiesen, dass der Kläger die Berechnung seiner Klageforderung im Hinblick auf einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 BGB zu überprüfen haben wird.
29
2. Für die Feststellung eines Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung bei dem zusammengesetzten Vertrag, aus dem Kaufvertrag über die Wohnung und dem Werkvertrag zu deren Modernisierung, verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 6. Juli 2007 (V ZR 274/06, Rz. 22 bis 24, juris). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.06.2006 - 23 O 667/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 01.07.2008 - 4 U 190/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 60/09 Verkündet am:
5. März 2010
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. Februar 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über den Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger waren Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks F. Weg 1 in M. . Das Grundstück war für die B. bank mit einer Grundschuld über 2.400.000 DM zuzüglich Zinsen belastet. Auf Antrag der Bank wurde am 4. Januar 2005 die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet. Die Bank war jedoch bereit, gegen Zahlung von 1.200.000 € bis zum 31. August 2005 von der Versteigerung Abstand zu nehmen.
2
Mit Notarvertrag vom 25. August 2008 verkauften die Kläger das Grundstück für 1.200.000 € an die Beklagten. Die Auflassung erfolgte in der Notarverhandlung. Mit privatschriftlich am selben Tag geschlossener "Vereinbarung über die Modalitäten zur Vermietung und zum Verkauf F. Weg 1" (im folgenden "Vereinbarung") verpflichteten sich die Beklagten gegenüber den Klägern unter anderem, das Haus für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 31. August 2007 der Klägerin zu 2 zu vermieten und das Grundstück bis zum 1. September 2007 zum "maximal erzielbaren Preis“ weiter zu verkaufen. Von dem einvernehmlich festzulegenden Weiterverkaufspreis sollten 1.515.000 € zuzüglich der Steuerbelastung der Beklagten aus dem Weiterverkauf den Beklagten zustehen, im Übrigen sollte der Erlös den Klägern zustehen. An dem Weiterverkauf, "insbesondere bei der Erzielung eines möglichst hohen Verkaufserlöses“ hatten beide Vertragsparteien mitzuwirken.
3
Mit weiterem privatschriftlich am 25. August 2005 geschlossenen Vertrag verkauften die Kläger den Beklagten für 80.000 € einen Teil der Einrichtung des Hauses, mit einem vierten am selben Tag privatschriftlich geschlossenen Vertrag mietete die Klägerin zu 2 das Haus für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 31. August 2007 für monatlich 6.000 €. Der Kaufpreis für das Grundstück wurde von den Beklagten bezahlt. Das Versteigerungsverfahren wurde aufgehoben. Im April 2006 wurden die Beklagten als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
4
In der Folgezeit kam es zu Spannungen zwischen den Parteien. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 forderten die Kläger die Beklagten schließlich unter Fristsetzung auf, dem gemeinsamen Weiterverkauf des Grundstücks zuzustimmen und einer aus der "Vereinbarung" abgeleiteten Verpflichtung nachzukommen, das Haus mit einem Aufwand von 160.000 € zu renovieren. Die Beklagten unterließen beides. Daraufhin erklärten die Kläger den Rücktritt von den Verträgen vom 25. August 2005.
5
Sie machen geltend, die Verträge vom 25. August 2005 bildeten eine Einheit, durch die insbesondere gewährleistet werden sollte, dass ihnen der Erlös aus dem letztlich erstrebten Verkauf des Grundstücks an einen Dritten zukomme, soweit er den Aufwand der Beklagten für deren Zwischenerwerb übersteige. Die Formnichtigkeit der außerhalb des Notarvertrags am 25. August 2005 privatschriftlich vereinbarten Verträge sei durch die Eintragung der Beklagten in das Grundbuch geheilt. Ohne deren Wirksamkeit sei der Kaufpreis in sittenwidriger Weise zu niedrig vereinbart.
6
Die Kläger haben beantragt, die Beklagten zur Zahlung von 160.000 € zuzüglich Zinsen und zur Zurückübertragung des Grundstücks nach näherer Maßgabe zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Der Senat hat die Revision zugelassen , soweit sich die Beklagten gegen die Abweisung des Antrags auf Zurückübertragung des Grundstücks wenden. Den hierher gehenden Antrag verfolgen sie mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Kläger auf Rückübertragung des Grundstücks. Es meint, ein Recht der Kläger zum Rücktritt vom Vertrag bestehe nicht, weil die Beklagten ihre Pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt hätten und durch den Abschluss der "Vereinbarung“ keine weiteren Pflichten der Beklagten begründet worden seien. Die "Vereinbarung“ habe zu ihrer Wirksamkeit notarieller Beurkundung bedurft. Der Formmangel sei nicht durch die Eintragung der Beklagten in das Grundbuch geheilt, weil das Zustandekommen des Kaufvertrags nicht von dem Abschluss der "Vereinbarung“ abhängig gewesen sei. Ein Recht der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag folge auch nicht aus § 313 Abs. 3 BGB. Unterstelle man, die Kläger hätten den Kaufvertrag im Hinblick auf die Begründung einer wirksamen Verpflichtung der Beklagten zum Weiterverkauf und zur Auskehrung des Gewinns hieraus abgeschlossen , seien die Pflichten der Beklagten aus den getroffenen Vereinbarungen vertraglich begründet, so dass für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage kein Raum bleibe. Ein Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks folge auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 2 zweite Alt. BGB. Der Weiterverkauf des Grundstücks sei nicht Zweck des Kaufvertrags gewesen. Der Kaufvertrag sei auch nicht wegen Wuchers nichtig. Der Kläger zu 1 habe den behaupteten Wert des Grundstücks gekannt; die bevorstehende Zwangsversteigerung habe nicht zu einer Notlage der Kläger geführt, weil sie das Grundstück auch anderweit hätten verkaufen können. Daher könne dahingestellt bleiben, ob das Grundstück den von den Klägern behaupteten Wert habe.

II.

8
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.
9
1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Anspruch der Kläger auf Rückübertragung des Grundstücks nach § 346 Abs. 1 BGB verneint. Der am 25. August 2005 zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag verpflichtete die Beklagten zur Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises. Die Zahlung ist erfolgt. Die von den Klägern als Grund für den Rücktritt vom Vertrag geltend gemachten Pflichtverletzungen haben allein Pflichten der Beklagten aus der "Vereinbarung“ zum Gegenstand. Die "Vereinbarung" ist jedoch schon deshalb nichtig, weil sich die Beklagten in dieser zum Weiterverkauf des Grundstücks verpflichtet haben und es zur Wirksamkeit der "Vereinbarung" daher gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung bedurfte.
10
Der Formmangel ist nicht durch den Vollzug der Auflassung vom 25. August 2005 im Grundbuch gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden. Anders würde es sich nur verhalten, wenn der Kaufvertrag und die "Vereinbarung" eine Einheit bildeten, ohne die der Kaufvertrag nicht geschlossen worden wäre (st. Rspr., vgl. Senat BGHZ 63, 359, 362; 74, 48 f.; 78, 346, 349). Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die "Vereinbarung" den Abschluss des Kaufvertrags voraussetzt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Kaufvertrag nicht ohne den Abschluss der "Vereinbarung“ zustande gekommen wäre (st. Rspr., vgl. Senat Urt. v. 26. November 1999, V ZR 251/98, NJW 2000, 951; BGH, Urt. v. 11. Oktober 2000, VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226; v. 13. Juni 2002, VII ZR 321/00, NJW 2002, 2559). Insoweit bedarf es zwar keines übereinstimmenden Willens der Vertragsparteien. Es reicht vielmehr aus, wenn nur eine der Vertragsparteien das Grundstück ohne den Abschluss des weiteren Vertrages nicht geschlossen hätte und die andere Vertragspartei dies erkannt oder hingenommen hat (Senat, Urt. v. 10. Oktober 1986, V ZR 247/85, NJW 1987, 1069).
11
Dass es sich so verhält, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Die hiergegen von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft. Sie haben keinen Erfolg, von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Bewertung des Berufungsgerichts auch materiell-rechtlich nicht fehlerhaft. Insbesondere konnte das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass die Parteien in dem notariell beurkundeten Kaufvertrag angegeben haben, keine weiteren Vereinbarungen getroffen zu haben, schließen, dass dennoch vereinbarte Regelungen nach dem Willen der Parteien jedenfalls nicht mit dem Kaufvertrag eine rechtliche Einheit bilden sollten.
12
2. Entgegen der Meinung der Revision hat das Berufungsgericht auch das Bestehen eines Rücktrittsrechts nach § 313 Abs. 3 BGB im Ergebnis ohne Rechtsfehler verneint. Die formnichtige "Vereinbarung“ konnte weder zu den Umständen noch zu den Vorstellungen des Parteien gehören, die Grundlage ihres formgerechten Kaufvertrags geworden sind. Ist sie, wie die Kläger behaupten vor der Beurkundung des Kaufvertrags geschlossen worden und beruht der Kaufvertrag auf der Erwartung, die "Vereinbarung" werde erfüllt werden , dann war sie nicht Grundlage, sondern Inhalt des Kaufvertrags. Dass es sich so verhielt, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Ist die Vereinbarung , wie die Beklagten behaupten, nach der Beurkundung des Kaufvertrags abgeschlossen worden, kann sie schon deshalb nicht Grundlage des Kaufvertrags sein, weil dieser abgeschlossen war, bevor die "Vereinbarung" zustande gekommen ist.
13
3. Entgegen der Meinung der Revision ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Kläger auf Rückübertragung des Grundstücks nach § 812 Abs. 1 Satz 2 zweite Alt. BGB verneint hat. Unmittelbarer Zweck des Verkaufs des Grundstücks an die Beklagten war es, die drohende Zwangsversteigerung des Grundstücks zu verhindern. Dieser Zweck ist erreicht worden.
14
Die Beklagten haben sich in der "Vereinbarung" zum Weiterverkauf des Grundstücks und zur Auskehrung des hieraus erwarteten Gewinns an die Kläger verpflichtet. Die Formnichtigkeit der "Vereinbarung" führt zur Unwirksamkeit der darin getroffenen Regelungen. Das hätte nur dann zur Folge, dass die unwirksam "vereinbarten" Pflichten der Beklagten einen weiteren - nicht erreich- ten - Zweck des Verkaufs des Grundstücks gebildet hätten, wenn festgestellt werden könnte, dass der Weiterverkauf bei Abschluss des Kaufvertrags vereinbart war oder die Kläger zu diesem Zeitpunkt den Weiterverkauf und die Auskehrung des Gewinns für die Beklagten erkennbar erwartet hatten. Mit den insoweit notwendigen Feststellungen verhält es sich nicht anders als mit der Behauptung der Kläger, der Abschluss des Kaufvertrags sei von der "Vereinbarung" abhängig gewesen.
15
4. Mit Erfolg macht die Revision jedoch geltend, dass das Berufungsurteil insoweit fehl geht, als es eine Nichtigkeit des Kaufvertrags nach § 138 BGB verneint.
16
Die Kläger haben den Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Verkaufs an die Beklagten im Berufungsverfahren mit 2.300.000 € behauptet. Durch ihre weiteren Ausführungen zur Ermittlung dieses Betrags ist diese Behauptung entgegen der Meinung der Revisionserwiderung nicht eingeschränkt worden. Auf der Grundlage des Vortrags der Kläger besteht zwischen dem Wert des Grundstücks und dem mit den Beklagten vereinbarten Kaufpreis ein krasses Missverhältnis. Trifft die Behauptung der Kläger zu, kann der Kaufvertrag vom 25. August 2005 als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein. Das Bestehen eines groben Missverhältnisses zwischen den in einem gegenseitigen Vertrag vereinbarten Leistungspflichten begründet nach der Rechtsprechung des Senats die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigen, die nach § 138 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des vereinbarten Vertrags führt (Senat, BGHZ 146, 298, 301). Die Vermutung beruht auf dem Erfahrungssatz, dass in der Regel außergewöhnliche Leistungen nicht ohne Not oder nicht ohne einen anderen den Benachteiligten hemmenden Umstand zugestanden werden und dass der Begünstigte diese Erfahrung teilt. Die Vermutung erstreckt sich auf zwei Momente, nämlich einerseits darauf, dass Umstände vorliegen, die die freie Entschließung des Benachteiligten beeinträchtigt haben, und andererseits darauf, dass der Begünstigte sich diese Situation zunutze gemacht hat (Senat, BGHZ 146, 298, 302 m.w.N.). Die bedrängte Situation der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags folgte hier schon aus der Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks. Sie wurde durch die bei Abschluss des Kaufvertrags unmittelbar bevorstehende Beendigung der zur Vermeidung der Versteigerung von der Gläubigerin gesetzten Frist noch gesteigert (vgl. MünchKomm-BGB/Armbrüster, 5. Aufl., § 138 Rdn. 149; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 138 Rdn. 78; Staudinger/Sack, BGB [2003], § 138 Rdn. 78).
17
Dass der Kläger zu 1 den Wert des Grundstücks kannte, erschüttert die aus dem Missverhältnis des Wertes der beiderseits geschuldeten Leistungen folgende Vermutung entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht, weil nichts für die Annahme spricht, die Kläger hätten das Grundstück unabhängig von dessen Wert den Beklagten zu dem vereinbarten Preis verkauft (Senat, Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007). Dass die Kläger das Grundstück noch vor Ablauf der von der Gläubigerin gesetzten Frist - zu einem dem behaupteten Verkehrswert von 2.500.000 € entsprechenden oder nahe kommenden Preis - anderweit hätten verkaufen können, ist eine Unterstellung, die durch den Vortrag der Parteien nicht gedeckt ist.

III.

18
Zu einer abschließenden Entscheidung ist der Senat nicht in der Lage, weil die Beklagten den von den Klägern behaupteten Wert des Grundstücks bestritten haben und es an Feststellungen hierzu fehlt. Diese sind nachzuholen.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.07.2008 - 25 O 3086/07 -
OLG München, Entscheidung vom 25.02.2009 - 20 U 4052/08 -

(1) Eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld ist zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie den in der Rechtsverordnung nach § 240a festgelegten Voraussetzungen entspricht.

(2) Eine Forderung, für die eine Sicherungshypothek besteht, ist zur Sicherheitsleistung nicht geeignet.

Ein Bruchteil eines Grundstücks kann außer in den in § 3 Abs. 6 der Grundbuchordnung bezeichneten Fällen mit einer Hypothek nur belastet werden, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht.

(1) Auf die Grundschuld finden die Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.

(1a) Ist die Grundschuld zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden (Sicherungsgrundschuld), können Einreden, die dem Eigentümer auf Grund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegengesetzt werden; § 1157 Satz 2 findet insoweit keine Anwendung. Im Übrigen bleibt § 1157 unberührt.

(2) Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.