Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2009 - VI ZR 310/08

bei uns veröffentlicht am30.06.2009
vorgehend
Amtsgericht Recklinghausen, 16 C 222/07, 20.05.2008
Landgericht Bochum, 11 S 180/08, 11.11.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 310/08 Verkündet am:
30. Juni 2009
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 ha, 828 Abs. 2
Der Geschädigte, der sich darauf beruft, hat darzulegen und erforderlichenfalls
zu beweisen, dass sich nach den Umständen des Falles die typische Überforderungssituation
des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten
Verkehrs bei einem Unfall nicht realisiert hat.
BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 310/08 - LG Bochum
AG Recklinghausen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 23. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den
Richter Zoll, die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin
von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 11. November 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger begehrt Ersatz des Schadens an seinem Fahrzeug Mazda Premacy.
2
Der Kläger hat den PKW über eine Bank finanziert, die ihn ermächtigt hat, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Ansprüche aus einem Unfall vom 9. Mai 2007 geltend zu machen. Zum Unfallzeitpunkt war das Fahrzeug auf dem Parkplatz der Realschule in W. geparkt. Die Parkplätze sind rechtwinklig zum davor verlaufenden Gehweg angeordnet. Die zum Unfallzeitpunkt 8-jährige Beklagte befuhr mit ihrem Fahrrad den Gehweg und stieß dabei, nachdem sie einige geparkte Fahrzeuge passiert hatte, gegen die linke Heck- seite des PKW des Klägers. Es entstand ein Sachschaden von insgesamt 950,53 €, für den der Kläger von der Beklagten Ersatz begehrt.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nach § 828 Abs. 2 Satz1 BGB ausgeschlossen sei. Nach dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB hafte ein Minderjähriger, der das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, nicht für einen Schaden , den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, sofern er nicht vorsätzlich handelt. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine teleologische Reduktion des § 828 Abs. 2 BGB geboten. Die Einführung des Haftungsprivilegs beruhe auf der Erwägung, dass die mit der Motorkraft möglichen Geschwindigkeiten zusammen mit den Schwierigkeiten eines Kindes, Entfernungen einzuschätzen, eine Privilegierung der unter 10-Jährigen gebieten. Vor diesem Hintergrund habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei einem Zusammenstoß mit einem ordnungsgemäß geparkten PKW eine haftungsrechtliche Privilegierung eines unter 10-Jährigen nicht geboten sei, da im ruhenden Verkehr im allgemeinen eine Überforderungssituation nicht vorliege. Allerdings könne sich in besonders gelagerten Fällen im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen, wenn der PKW nicht ordnungsgemäß geparkt sei. Es sei zweifelhaft , ob das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 BGB dann eingreife, zumal der Gesetzgeber nicht zwischen fließendem und ruhendem Verkehr differenziert habe.
5
Für den Streitfall sei somit entscheidend, dass der PKW des Klägers zum Unfallzeitpunkt ordnungsgemäß geparkt gewesen sei. Der Umstand sei zwischen den Parteien streitig. Das Amtsgericht habe dies nicht für bewiesen erachtet. Konkrete Zweifel an der Beweiswürdigung des Amtsgerichts bestünden nicht, so dass das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO daran gebunden sei. Das "non liquet" gehe zu Lasten des Klägers, weil nach dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 BGB alles dafür spreche, dass ein Minderjähriger vor Vollendung des zehnten Lebensjahres bei einem Unfall im motorisierten Verkehr grundsätzlich nicht hafte und der Geschädigte die Voraussetzungen der teleologischen Reduktion darlegen und beweisen müsse.

II.

6
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Beklagte ist nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB für den Schaden an dem PKW des Klägers nicht verantwortlich.
7
1. Nach den maßgeblichen Grundsätzen des erkennenden Senats zum Anwendungsbereich des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift vorzunehmen, wenn sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Hiernach hat der Senat die Haftungsfreistellung verneint in Fällen, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe mit einem Kickboard oder Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben (vgl. Senat, BGHZ 161, 180; Urteil vom 30. November 2004 - VI ZR 365/03 - VersR 2005, 380 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378). Demgegenüber hat der Senat eine typische Überforderungssituation für einen Minderjährigen unter zehn Jahren in mehreren Fällen bejaht: So für einen achtjährigen Jungen, der mit dem Fahrrad gegen einen in einer Straßeneinmündung anhaltenden PKW stieß, wobei die Sicht für ihn durch eine Hecke beeinträchtigt war (Senat, BGHZ 172, 83 ff.); bei einem Zusammenstoß zwischen dem führungslos rollenden Fahrrad eines achtjährigen Jungen und dem Fahrzeug des Geschädigten, das in diesem Augenblick vorbeifuhr (Senatsurteil vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 42/07 - VersR 2007, 1669); zuletzt für das Fahren mit dem Fahrrad gegen die geöffneten hinteren Türen eines am Straßenrand stehenden PKW (Senat, Beschluss vom 11. März 2008 - VI ZR 75/07 - VersR 2008, 701). Aus diesen Senatsentscheidungen ergibt sich, dass für das Eingreifen des Haftungsprivilegs nicht grundsätzlich zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr zu unterscheiden ist, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im sogenannten ruhenden Verkehr eingreifen mag. In besonders gelagerten Fällen kann sich auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen (vgl. Senat, BGHZ 161, 180, 185 und Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - aaO jeweils m.w.N.). Für die Frage, ob der Haftungsausschluss nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB überhaupt in Betracht kommt, ist maßgebend darauf abzustellen, ob eine typische Fallkonstellation der Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr gegeben war. Allerdings kommt es nicht darauf an, ob sich die Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das Kind aus anderen Gründen nicht in der Lage war, sich verkehrsgerecht zu verhalten. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen , hat der Gesetzgeber die Fallgestaltungen vielmehr einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell auf die Vollendung des 10. Lebensjahres heraufgesetzt hat (vgl. Senat BGHZ 172, 83, 86; Urteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - VersR 2005, 1154, 1155 und vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 42/07 - aaO).
8
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und im Ergebnis richtig entschieden. Soweit die Revision sich gegen das Berufungsurteil wendet, weil das Berufungsgericht auf den Beschluss des Senats vom 11. März 2008 - VI ZR 75/07 - aaO nicht explizit eingegangen ist, bedurfte es dessen nicht. Mit dem genannten Beschluss hat der Senat im Hinblick auf die bestehenden rechtlichen Grundsätze zum Haftungsausschluss nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB die Revision des Geschädigten gegen das die Haftung eines achtjährigen Kindes verneinende Berufungsurteil einstimmig zurückgewiesen. Ein Berufungsgericht ist nicht gehalten, auf jede höchstrichterliche Entscheidung ohne maßgebende Bedeutung für den Fall einzugehen.
9
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Haftung der Beklagten verneint , weil der Kläger nicht bewiesen hat, dass der Unfall nicht aufgrund einer Überforderung der Beklagten passiert ist.
10
a) Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber die Fallgestaltungen einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - aaO und vom 17. April 2007 - VI ZR 109/06 - VersR 2007, 855, 856). Im Rahmen des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB geht das Gesetz im Regelfall von der fehlenden Verantwortlichkeit des Minderjährigen unter den dort genannten Voraussetzungen aus. § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB enthält somit eine Vermutung für die Deliktsunfähigkeit des Minderjährigen im Alter zwischen sieben und zehn Jahren im motorisierten Straßenverkehr (vgl. Bollweg /Hellmann, Das neue Schadensersatzrecht, § 828, Rn. 2 ff.). Demzufolge haften Minderjährige in der Regel vor Vollendung des 10. Lebensjahres nicht bei einem Unfall mit den in § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB genannten Fahrzeugen, es sei denn, dass sie vorsätzlich gehandelt haben (§ 828 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Darlegungs- und Beweislast für die nach dem Gesetzeswortlaut erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen von § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB liegt nach den allgemeinen beweisrechtlichen Grundsätzen beim Schädiger und somit beim Kind (vgl. Palandt/Sprau, BGB 68. Aufl. § 828 Rn. 2; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 10 Rn. 66; Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 828 Rn. 18; MünchKomm-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 828 Rn. 12). Deshalb trägt der Minderjährige die Beweislast für die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutung seiner fehlenden Deliktsfähigkeit nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB. Er muss darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er im Zeitpunkt des Unfalls im motorisierten Verkehr noch nicht das 10. Lebensjahr vollendet hatte.
11
b) Hingegen handelt es sich um die Ausnahme vom Regelfall, wenn die nach dem Normzweck erforderliche besondere Überforderungssituation fehlt und deshalb die Haftungsfreistellung nicht zur Anwendung kommt. Der Geschädigte , der sich darauf beruft, hat deshalb darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass sich nach den Umständen des Falles die typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs bei einem Unfall nicht realisiert hat.
12
Diese Beweislastverteilung ist grundsätzlich auch interessengerecht. Ob eine Fallkonstellation vorliegt, in der sich die typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs nicht realisiert hat, kann nur für den jeweiligen Einzelfall bestimmt werden. Es wäre aber nicht mit der gesetzgeberischen Intention zu vereinbaren, die Altersgrenze für die Deliktsfähigkeit eines Minderjährigen im motorisierten Verkehr generell auf die Vollendung des zehnten Lebensjahres heraufzusetzen, wenn der Minderjährige seine eigene Überforderung im Einzelfall beweisen müsste. § 828 Abs. 2 BGB würde im Hinblick auf die Beweisschwierigkeiten des Kindes häufig nicht greifen, obwohl die Überforderung des Minderjährigen nach dem Gesetz bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug grundsätzlich vermutet wird. Entgegen der Auffassung der Revision entfällt die Haftungsfreistellung nicht schon bei einem Unfall im ruhenden Verkehr. In besonders gelagerten Fällen kann sich auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 29, 163, 166 f. und vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94 - VersR 1995, 90, 92). Sie kann von einem Kraftfahrzeug ausgehen, das im fließenden Verkehr anhält und auf der Fahrbahn für das Kind ein plötzliches Hindernis bildet, mit dem es möglicherweise nicht gerechnet hat. Auch in einer solchen Fallkonstellation können altersbedingte Defizite eines Kindes im motorisierten Straßenverkehr, von denen die Fähigkeit zur richtigen Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten nur beispielhaft genannt sind, zum Tragen kommen (vgl. grundlegend Senat, BGHZ 161, 180, 185 m.w.N.).
13
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger nicht bewiesen hat, dass eine typische Überforderungssituation für die Beklagte nicht gegeben war, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Gemäß § 2 Abs. 5 StVO durfte die Beklagte auch den Gehweg mit ihrem Fahrrad befahren. Schon der Umstand, dass die Beklagte gegen die linke Heckseite stieß, nachdem sie an anderen Fahrzeugen vorbeigefahren war, legt nahe, dass das Fahrzeug weiter als die daneben geparkten PKW in den Gehweg ragte und die Beklagte dadurch in ihrer Reaktionsfähigkeit überfordert worden ist. Dies ist jedenfalls nicht auszuschließen.
14
d) Soweit die Revision im Hinblick auf ein beiderseitiges Mitverschulden weitere Feststellungen für erforderlich hält, verkennt sie, dass die Haftungsfreistellung nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB auch für das Mitverschulden nach § 254 BGB gilt (vgl. Senatsurteile BGHZ 34, 355, 366 und 161, 180, 186). Die Haftungsfreistellung Minderjähriger hat zur Folge, dass Kinder dieses Alters sich ein Mitverschulden bei der Schadensverursachung nicht entgegenhalten lassen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752 S. 16; Bollweg/Hellmann, Das neue Schadensersatzrecht § 828 Teil 3 Rn. 5; Hess/Buller, ZfS 2003, 218, 219).

III.

15
Danach ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
AG Recklinghausen, Entscheidung vom 20.05.2008 - 16 C 222/07 -
LG Bochum, Entscheidung vom 11.11.2008 - I-11 S 180/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2009 - VI ZR 310/08

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem
Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2009 - VI ZR 310/08 zitiert 7 §§.

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2015 - III ZR 329/14

bei uns veröffentlicht am 09.07.2015

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 1. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.

(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.

(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.

(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.

(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 365/03 Verkündet am:
30. November 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 823 Ha, 828 Abs. 2, 249 Hb

a) Das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB greift nur ein, wenn sich bei
der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes
durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat (vgl. Senatsurteil
vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ
bestimmt).

b) Für die Beurteilung, ob die Kosten eines Sachverständigengutachtens zum erforderlichen
Herstellungsaufwand gehören und vom Schädiger zu ersetzen sind,
kann im Rahmen tatrichterlicher Würdigung auch die von dem Gutachter ermittelte
Schadenshöhe berücksichtigt werden.
BGH, Urteil vom 30. November 2004 - VI ZR 365/03 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die
Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 4. Dezember 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Am 17. September 2002 fuhren die damals neunjährige Beklagte und ihre Spielkameraden mit Fahrrädern auf einem Parkplatz zwischen parkenden Fahrzeugen hindurch. Dabei verlor die Beklagte das Gleichgewicht. Sie kippte mit ihrem Fahrrad um und stieß gegen den dort geparkten Pkw des Klägers. An dem Fahrzeug entstand ein Sachschaden von 727,37 €, den der Kläger ersetzt verlangt. Daneben macht er Gutachterkosten in Höhe von 192,18 € und eine Auslagenpauschale von 25,00 € geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB für gegeben. Es meint, die deliktische Verantwortlichkeit der Beklagten sei im Streitfall nicht gemäß § 828 Abs. 2 BGB n.F. ausgeschlossen. Zwar könne diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach auch die Ersatzpflicht für Schäden bei Unfällen im nicht fließenden Verkehr umfassen, doch werde die Beschädigung eines ordnungsgemäß geparkten Kraftfahrzeugs vom Sinn und Zweck der Norm nicht erfaßt. Eine Anwendung auch auf solche Fälle würde zu unbilligen Ergebnissen führen, denn bei einem Zusammenstoß mit einer Mauer oder einem geparkten Anhänger sei die Verantwortlichkeit des Kindes nicht ausgeschlossen. Bei einem weiten Verständnis von § 828 Abs. 2 BGB n.F. bliebe auch nahezu unberücksichtigt, daß diese Vorschrift die intellektuellen Defizite von Kindern, nämlich deren Schwierigkeiten bei der Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten, im Auge habe. Die Haftung sei auch nicht gemäß § 828 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, denn die Beklagte habe die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt. Sie habe auch fahrlässig gehandelt. Der zu ersetzende Schaden betrage 944,55 €. Der Kläger könne auch Ersatz der Gutachterkosten verlangen. Ein Bagatellschaden, bei dem die Hinzuziehung eines Sachverständigen entbehrlich sei, liege nicht vor.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem
Kläger den an seinem Pkw durch den Anstoß des Fahrrades entstandenen Schaden zu ersetzen. 1. Unter den Umständen des Streitfalls hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß die Verantwortung der Beklagten nicht gemäß § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, bestimmt sich die Ersatzpflicht der Beklagten gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach den Vorschriften der §§ 823, 828 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrech tlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I, 2674). Nach dieser gesetzlichen Neuregelung ist ein Minderjähriger, der das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, für den Schaden nicht verantwortlich, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen fahrlässig zufügt (§ 828 Abs. 2 Satz 1 BGB).
a) Wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen, könnte der hier zu beurteilende Sachverhalt nach dem Wortlaut des neugefaßten § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ohne weiteres unter das Haftungsprivileg für Minderjährige fallen. Aus seinem Wortlaut geht nicht hervor, daß das Haftungsprivileg davon abhängen soll, ob sich das an dem Unfall beteiligte Kraftfahrzeug im fließenden oder - wie der hier geschädigte parkende Pkw - im ruhenden Verkehr befindet. Auch aus der systematischen Stellung der Vorschrift ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber einen bestimmten Betriebszustand des Kraftfahrzeugs zugrunde legen wollte, zumal er bewußt nicht das Straßenverkehrsgesetz, sondern das allgemeine Deliktsrecht als Standort für die Regelung gewählt hat (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). Allein diese Auslegungsmethoden führten daher nicht zu dem Ergebnis, daß § 828 Abs. 2 BGB auf Fälle des fließenden Verkehrs von Kraftfahrzeugen begrenzt ist. Andererseits ist dem Wortlaut der Vorschrift auch nicht zweifelsfrei zu entnehmen, daß sie sich ohne Ausnahme auf sämtliche Unfälle
beziehen soll, an denen ein Kraftfahrzeug beteiligt ist, wie schon die seit ihrem Inkrafttreten dazu veröffentlichten kontroversen Meinungen im Schrifttum zeigen (vgl. für eine weite Auslegung: Cahn, Einführung in das neue Schadensrecht , 2003, Rn. 232 ff.; Elsner DAR 2004, 130, 132; Jaklin/Middendorf, VersR 2004, 1104 ff.; MünchKommBGB/Wagner, 4. Aufl., § 828, Rn. 6; Pardey, DAR 2004, 499, 501 ff.; für eine einschränkende Auslegung: Ady, ZGS 2002, 237, 238; Erman/Schiemann, BGB, 11. Aufl., § 828 Rn. 2a; Heß/Buller, ZfS 2003, 218, 220; Huber, Das neue Schadensersatzrecht, 2003, § 3 Rn. 48 ff.; Kilian, ZGS 2003, 168, 170; Lemcke, ZfS 2002, 318, 324; Ternig, VD 2004, 155, 157). Im Hinblick darauf würde bei einer einschränkenden Auslegung oder bei einer im Schrifttum und in der bisher veröffentlichten Rechtsprechung (vgl. LG Trier, r+s 2004, 172; LG Koblenz, NJW 2004, 858; AG Sinzheim, NJW 2004, 453) in Bezug auf parkende Fahrzeuge befürworteten teleologischen Reduktion der Vorschrift jedenfalls keine einschränkende Anwendung vorliegen, die einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn verliehe oder den normativen Gehalt der auszulegenden Norm grundlegend neu bestimmte und deshalb nicht zulässig wäre (vgl. BVerfG NJW 1997, 2230).
b) Da der Wortlaut des § 828 Abs. 2 BGB nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt, ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers mit Hilfe der weiteren Auslegungskriterien zu ermitteln, wobei im vorliegenden Fall insbesondere die Gesetzesmaterialien von Bedeutung sind. Aus ihnen ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit, daß das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur eingreift, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat.
Mit der Einführung der Ausnahmevorschrift in § 828 Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, daß Kinder regelmäßig frühestens ab Vollendung des zehnten Lebensjahres imstande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 26). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell (vgl. dazu Wille/Bettge, VersR 1971, 878, 882; Kuhlen, JZ 1990, 273, 276; Scheffen, 29. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1991, Referat Nr. II/3, S. 97; dieselbe in Festschrift Steffen, 1995, S. 387, 388 ff.) und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen (vgl. Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages 1991, S. 9; Antrag von Abgeordneten und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. Juli 1996, BT-Drucks. 13/5302, S. 1 ff.; Antrag von Abgeordneten und der SPD-Fraktion vom 11. Dezember 1996, BT-Drucks. 13/6535, S. 1, 5 ff.) erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, regelmäßig zum Tragen kommen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). Für eine solche Begrenzung sprach, daß sich Kinder im motorisierten Verkehr durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befinden. Gerade in diesem Umfeld wirken sich die Entwicklungsdefizite von Kindern besonders gravierend aus. Demgegenüber weisen der nicht motorisierte Straßenverkehr und das allgemeine Umfeld von Kindern gewöhnlich keine vergleichbare Gefahrenlage auf (vgl. Bollweg/Hellmann, Das neue Schadensersatzrecht, 2002, Teil 3, § 828 BGB, Rn. 11; BT-Drucks. 14/7752, S. 16 f., 26 f.). Diese Erwägungen zeigen, daß Kinder nach dem Willen des Gesetzgebers auch in dem hier maßgeblichen
Alter von sieben bis neun Jahren für einen Schaden haften sollen, wenn sich bei dem Schadensereignis nicht ein typischer Fall der Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat und das Kind deshalb von der Haftung freigestellt werden soll. Dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei diesem Haftungsprivileg zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr unterscheiden wollte, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im sogenannten ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, daß sich in besonders gelagerten Fällen - zu denen der Streitfall aber nicht gehört - auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 29, 163, 166 f. und vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94 - VersR 1995, 90, 92). Der Gesetzgeber wollte vielmehr lediglich den Fällen einer typischen Überforderung der betroffenen Kinder durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs Rechnung tragen. Zwar wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, der neue § 828 Abs. 2 BGB lehne sich an die Terminologie der Haftungsnormen des Straßenverkehrsgesetzes an (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 26). Die danach folgende Erläuterung, im motorisierten Straßenverkehr sei das deliktsfähige Alter heraufzusetzen, weil bei dort plötzlich eintretenden Schadensereignissen in der Regel die altersbedingten Defizite eines Kindes beim Einschätzen von Geschwindigkeiten und Entfernungen zum Tragen kämen (vgl. BT-Drucks. aaO. S. 26 f.), zeigt aber deutlich, daß für den Gesetzgeber bei diesem Aspekt nicht das bloße Vorhandensein eines Motors im Fahrzeug ausschlaggebend war, sondern vielmehr der Umstand, daß die Motorkraft zu Geschwindigkeiten führt, die zusammen mit der Entfernung eines Kraftfahrzeugs von einem Kind vor Vollendung des zehnten Lebensjahres nur sehr schwer einzuschätzen sind (vgl. Bollweg/Hellmann, aaO).
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Gesetzgeber nur dann, wenn sich bei einem Schadensfall eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat, eine Ausnahme von der Deliktsfähigkeit bei Kindern vor Vollendung des zehnten Lebensjahres schaffen wollte. Andere Schwierigkeiten für ein Kind, sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu verhalten, sollten diese Ausnahme nicht rechtfertigen. Insoweit ging der Gesetzgeber davon aus, daß Kinder in dem hier maßgeblichen Alter mit solchen Situationen nicht generell überfordert sind und die Deliktsfähigkeit daher grundsätzlich zu bejahen ist. Das wird auch deutlich bei der Begründung, weshalb das Haftungsprivileg in Fällen vorsätzlicher Schädigung nicht gilt. Hierzu heißt es, daß in diesen Fällen die Überforderungssituation als schadensursächlich auszuschließen sei und sich jedenfalls nicht ausgewirkt habe (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 27; Hentschel, NZV 2002, 433, 442). Allerdings kam es dem Gesetzgeber darauf an, die Rechtsstellung von Kindern im Straßenverkehr umfassend zu verbessern. Sie sollte insbesondere nicht davon abhängen, ob das betroffene Kind im Einzelfall „Täter“ oder „Opfer“ eines Unfalls ist, denn welche dieser beiden Möglichkeiten sich verwirklicht, hängt oft vom Zufall ab (vgl. Medicus, Deutscher Verkehrsgerichtstag 2000, Referat Nr. III/4, S. 121; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 828 Rn. 4). Die Haftungsprivilegierung Minderjähriger erfaßt deshalb nicht nur die Schäden, die Kinder einem anderen zufügen. Da § 828 BGB auch für die Frage des Mitverschuldens nach § 254 BGB maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 34, 355, 366), hat die Haftungsfreistellung Minderjähriger auch zur Folge, daß Kinder dieses Alters sich ihren eigenen Ansprüchen, gleichviel ob sie aus allgemeinem Deliktsrecht oder aus den Gefährdungshaftungstatbeständen des Straßenverkehrsgesetzes oder des Haftpflichtgesetzes hergeleitet werden, ein Mitverschulden bei der Schadensverursachung nicht entgegenhalten lassen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16; Bollweg/Hellmann, Das Neue Scha-
densersatzrecht, § 828 Teil 3, Rn. 5; Heß/Buller ZfS 2003, 218, 219). § 828 Abs. 2 BGB gilt deshalb unabhängig davon, ob das an einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug beteiligte Kind Schädiger oder Geschädigter ist. Diese Grundsätze können im Streitfall jedoch nicht eingreifen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unter den Umständen des vorliegenden Falles das Schadensereignis nicht auf einer typischen Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs beruht, so daß das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht eine Freistellung der Beklagten von der Haftung verneint hat. 2. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß § 828 Abs. 3 BGB einer haftungsrechtlichen Verantwortung nicht entgegensteht. Daß die Beklagte nicht die zur Erkenntnis ihrer Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB gehabt hätte, hat diese nicht dargetan. 3. Die Revision wendet sich auch nicht dagegen, daß das Berufungsgericht ein fahrlässiges Verhalten (§ 276 BGB) der Beklagten bejaht hat. Kinder in ihrer Altersgruppe wissen, daß sie sich so zu verhalten haben, daß ihr Fahrrad möglichst nicht gegen einen parkenden Pkw stößt und diesen beschädigt. Die danach gebotene Sorgfalt hat die Beklagte mißachtet, indem sie mit ihrem Fahrrad zwischen den parkenden Fahrzeugen hindurchfuhr, obwohl der Kläger sie zuvor aufgefordert hatte, dieses zu unterlassen. 4. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, daß sich unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen die Betriebsgefahr des parkenden Fahrzeugs ausgewirkt haben könnte, so daß auch nicht eine Mithaftung des Klägers nach den Grundsätzen des § 254 BGB in Betracht kommt.
5. Die Revision bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als sie sich gegen die Zuerkennung der Sachverständigenkosten wendet.
a) Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB (n.F.) auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1988 - X ZR 112/87 - NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (n.F.) erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. Senatsurteil vom 6. November 1973 - VI ZR 27/73 - VersR 1974, 90, insoweit in BGHZ 61, 346 nicht abgedruckt).
b) Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl. zur Beauftragung eines Rechtsanwalts Senatsurteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94 - NJW 1995, 446, 447). Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (vgl. Senatsurteile BGHZ 54, 82, 85 und 61, 346, 349 f.; Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl., 3. Kap., Rn. 111). Diese Voraussetzungen sind zwar der Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB verwandt. Gleichwohl ergeben sie sich bereits aus § 249 BGB, so daß die Darlegungs- und Beweislast hierfür beim Geschädigten liegt (vgl. Senatsurteil BGHZ 61, 346, 351; Baumgärtel/Strieder, 2. Aufl., § 249 BGB, Rn. 7). Für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, ist entgegen der Auffassung der Revision nicht allein darauf abzustel-
len, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht, denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Allerdings kann der später ermittelte Schadensumfang im Rahmen tatrichterlicher Würdigung nach § 287 ZPO oft ein Gesichtspunkt für die Beurteilung sein, ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war oder ob nicht möglicherweise andere, kostengünstigere Schätzungen - wie beispielsweise ein Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs - ausgereicht hätten (vgl. Wortmann, VersR 1998, 1204 f.).
c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beauftragung eines Sachverständigen sei erforderlich gewesen, weil der Schaden im Streitfall mehr als 1.400 DM (715,81 €) betragen habe und es sich deshalb nicht um einen Bagatellschaden gehandelt habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Betrag liegt in dem Bereich, in dem nach allgemeiner Meinung die Bagatellschadensgrenze anzusiedeln ist (vgl. MünchKommBGB/Oetker, 4. Aufl., § 249 BGB, Rn. 372 m.w.N.; Wussow/Karczewski, 15. Aufl., Kap. 41, Rn. 6 m.w.N.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 276/03 Verkündet am:
21. Dezember 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes
zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I
S. 2674) greift nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur ein, wenn sich bei der
gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch
die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat (im Anschluß an
das Senatsurteil vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - zur Veröffentlichung in
BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - LG Bielefeld
AG Bielefeld
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. August 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Am 28. Oktober 2002 beschädigte der damals neun Jahre alte Beklagte den ordnungsgemäß am Straßenrand geparkten PKW der Klägerin, wobei offengeblieben ist, ob der Beklagte - wie von der Klägerin behauptet - auf den Bürgersteig fuhr oder - nach seiner eigenen Darstellung - auf der Fahrbahn beim Wenden in einer Kehre gestürzt ist. Das Amtsgericht hat die Klage auf Ersatz des an dem PKW entstandenen Schadens abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 715,74 € verurteilt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin aus der Beschädigung ihres Fahrzeugs entstandenen Schäden nach § 823 Abs. 1 BGB bejaht. Bei isolierter Betrachtung des Wortlautes des § 828 Abs. 2 BGB (n.F.) sei eine haftungsrechtliche Verantwortung des zum Zeitpunkt des Unfalls neun Jahre alten Beklagten zwar zu verneinen. Aufgrund des Zwecks dieser Vorschrift und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei es jedoch geboten, diese Norm einschränkend auszulegen. Die Regelung trage dem Umstand Rechnung, daß Kinder im Alter bis zu 10 Jahren aufgrund ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten regelmäßig noch nicht in der Lage seien, die besonderen Gefahren des Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend zu verhalten. Daher liege im Rahmen einer wertenden Betrachtung ein Unfall mit einem Kraftfahrzeug im Sinne dieser Vorschrift dann nicht vor, wenn sich die Gefahren , die bei dem Unfall von dem Kraftfahrzeug ausgegangen seien, nicht von denjenigen unterschieden, die von einem ordnungsgemäß abgestellten Fahrrad , von einem Baum oder von einer Mauer ausgingen. Der Beklagte habe rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum der Klägerin verletzt. Insoweit komme es nicht darauf an, ob er auf dem Bürgersteig oder der Fahrbahn gefahren sei.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin den aufgrund des Anstoßes seines Fahrrades an deren PKW entstandenen Schaden zu ersetzen. Unter den Umständen des Streitfalles hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß die Verantwortung des Beklagten nicht gemäß § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. 1. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjährigen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach § 828 BGB in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 20 02 (BGBl. I S. 2674). Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das 7., aber nicht das 10. Lebensjahr vollendet hat. Bei einer isolierten Betrachtung allein nach dem Wortlaut der neugefaßten Vorschrift könnte zwar der hier zu beurteilende Sachverhalt unter das Haftungsprivileg fallen, denn aus seinem Wortlaut geht nicht hervor, daß das Haftungsprivileg davon abhängen soll, ob sich das bei dem Unfall beteiligte Kraftfahrzeug im fließenden oder - wie der hier geschädigte parkende PKW - im ruhenden Verkehr befindet. Da der Wortlaut des § 828 Abs. 2 BGB jedoch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt, hat der erkennende Senat in seinen beiden Urteilen vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 und - VI ZR 365/03 - (beide zur Veröffentlichung bestimmt) den in der Vorschrift zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers aus den Gesetzesmaterialien ermittelt. Aus ihnen er-
gibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit, daß das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur eingreift, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Mit der Einführung der Ausnahmevorschrift in § 828 Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, daß Kinder regelmäßig frühestens ab Vollendung des zehnten Lebensjahres imstande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 26). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell (vgl. dazu Wille/Bettge, VersR 1971, 878, 882; Kuhlen, JZ 1990, 273, 276; Scheffen, 29. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1991, Referat Nr. II/3, S. 97; dieselbe in Festschrift Steffen, 1995, S. 387, 388 ff.) und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen (vgl. Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages 1991, S. 9; Antrag von Abgeordneten und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. Juli 1996, BT-Drucks. 13/5302, S. 1 ff.; Antrag von Abgeordneten und der SPD-Fraktion vom 11. Dezember 1996, BT-Drucks. 13/6535, S. 1, 5 ff.) erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, regelmäßig zum Tragen kommen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). Für eine solche Begrenzung sprach, daß sich Kinder im motorisierten Verkehr durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befinden. Gerade in diesem Umfeld wirken sich die Entwicklungsdefizite von Kindern besonders gravierend
aus. Demgegenüber weisen der nicht motorisierte Straßenverkehr und das allgemeine Umfeld von Kindern gewöhnlich keine vergleichbare Gefahrenlage auf (vgl. Bollweg/Hellmann, Das neue Schadensersatzrecht, 2002, Teil 3, § 828 BGB, Rn. 11; BT-Drucks. 14/7752, S. 16 f., 26 f.). Diese Erwägungen zeigen, daß Kinder nach dem Willen des Gesetzgebers auch in dem hier maßgeblichen Alter von sieben bis neun Jahren für einen Schaden haften sollen, wenn sich bei dem Schadensereignis nicht ein typischer Fall der Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat und das Kind deshalb von der Haftung freigestellt werden soll. Dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei diesem Haftungsprivileg zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr unterscheiden wollte, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im sog. ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, daß sich in besonders gelagerten Fällen - zu denen der Streitfall aber nicht gehört - auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 29, 163, 166 f. und vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94 - VersR 1995, 90, 92). Der Gesetzgeber wollte vielmehr lediglich den Fällen einer typischen Überforderung der betroffenen Kinder durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs Rechnung tragen. Zwar wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, der neue § 828 Abs. 2 BGB lehne sich an die Terminologie der Haftungsnormen des Straßenverkehrsgesetzes an (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 26). Die danach folgende Erläuterung, im motorisierten Straßenverkehr sei das deliktsfähige Alter heraufzusetzen, weil bei dort plötzlich eintretenden Schadensereignissen in der Regel die altersbedingten Defizite eines Kindes beim Einschätzen von Geschwindigkeiten und Entfernungen zum Tragen kämen (vgl. BT-Drucks. aaO S. 26 f.), zeigt aber deutlich, daß für den Gesetzgeber bei diesem Aspekt nicht das bloße Vorhandensein eines Motors im Fahrzeug ausschlaggebend war,
sondern vielmehr der Umstand, daß die Motorkraft zu Geschwindigkeiten führt, die zusammen mit der Entfernung eines Kraftfahrzeugs von einem Kind vor Vollendung des zehnten Lebensjahres nur sehr schwer einzuschätzen sind (vgl. Bollweg/Hellmann, aaO). Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Gesetzgeber nur dann, wenn sich bei einem Schadensfall eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat, eine Ausnahme von der Deliktsfähigkeit bei Kindern vor Vollendung des zehnten Lebensjahres schaffen wollte. Andere Schwierigkeiten für ein Kind, sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu verhalten, sollten diese Ausnahme nicht rechtfertigen. Insoweit ging der Gesetzgeber davon aus, daß Kinder in dem hier maßgeblichen Alter mit solchen Situationen nicht generell überfordert sind und die Deliktsfähigkeit daher grundsätzlich anzunehmen ist. Das wird auch deutlich bei der Begründung, weshalb das Haftungsprivileg in Fällen vorsätzlicher Schädigung nicht gilt. Hierzu heißt es, daß in diesen Fällen die Überforderungssituation als schadensursächlich auszuschließen sei und sich jedenfalls nicht ausgewirkt habe (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 27; Hentschel, NZV 2002, 433, 442). Allerdings kam es dem Gesetzgeber darauf an, die Rechtsstellung von Kindern im Straßenverkehr umfassend zu verbessern. Sie sollte insbesondere nicht davon abhängen, ob das betroffene Kind im Einzelfall "Täter" oder "Opfer" eines Unfalls ist, denn welche dieser beiden Möglichkeiten sich verwirklicht, hängt oft vom Zufall ab (vgl. Medicus, Deutscher Verkehrsgerichtstag 2000, Referat Nr. III/4, S. 121; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 828 Rn. 4). Die Haftungsprivilegierung Minderjähriger erfaßt deshalb nicht nur die Schäden, die Kinder einem anderen zufügen. Da § 828 BGB auch für die Frage des Mitverschuldens nach § 254 BGB maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 34, 355, 366), hat die Haftungsfreistellung Minderjähriger auch zur Folge, daß Kinder dieses Alters sich ihren eigenen Ansprüchen, gleichviel ob sie aus all-
gemeinem Deliktsrecht oder aus den Gefährdungshaftungstatbeständen des Straßenverkehrsgesetzes oder des Haftpflichtgesetzes hergeleitet werden, ein Mitverschulden bei der Schadensverursachung nicht entgegenhalten lassen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16; Bollweg/Hellmann, Das Neue Schadensersatzrecht , § 828 Teil 3, Rn. 5; Heß/Buller ZfS 2003, 218, 219). § 828 Abs. 2 BGB gilt deshalb unabhängig davon, ob das an einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug beteiligte Kind Schädiger oder Geschädigter ist. Diese Grundsätze können - ebenso wie in den Senatsurteilen vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - und - VI ZR 365/03 - in dem hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht eingreifen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Beklagte infolge leichter Unaufmerksamkeit mit dem Fahrrad gegen den ordnungsgemäß geparkten PKW der Klägerin geraten ist. Deshalb beruht das Schadensereignis nicht auf einer typischen Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs, so daß das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht eine Freistellung des Beklagten von der Haftung verneint hat. 2. Auch § 828 Abs. 3 BGB steht einer haftungsrechtlichen Verantwortung des Beklagten nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewußt zu sein. Auf die individuelle Fähigkeit, sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsurteile vom 28. Februar 1984 - VI ZR 132/82 - VersR 1984, 641, 642 m.w.N. und vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - VersR 1997, 834, 835). Die Darlegungs- und
Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt der in Anspruch genommene Minderjährige; ab dem Alter von 7 Jahren wird deren Vorliegen vom Gesetz widerlegbar vermutet (vgl. Senatsurteile vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - aaO; Baumgärtel/Strieder, 2. Aufl., § 828 BGB, Rn. 2 m.w.N.). Der Beklagte hat zu einem Mangel, das Gefährliche seines Tuns erkennen und sich der Verantwortung seines Tuns bewußt sein zu können, nichts vorgetragen. Das Vorbringen des Beklagten, er sei infolge leichter Unaufmerksamkeit gestürzt, wobei sein Fahrrad gegen das Fahrzeug der Klägerin geraten sei und die daraus sowie aus der Sachdarstellung der Klägerin, der Beklagte habe im Vorbeifahren das Fahrzeug berührt, abgeleitete Schlußfolgerung, der Unfall sei infolge mangelnder Konzentration bzw. Konzentrationsfähigkeit des Beklagten erfolgt, betreffen nicht die Einsichtsfähigkeit des Beklagten im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, daß ein zu nahes Heranfahren an parkende Fahrzeuge zu Schäden führen kann. 3. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch ein fahrlässiges Verhalten (§ 276 BGB) des Beklagten bejaht (zu den Voraussetzungen vgl. Senatsurteile vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 und - VI ZR 365/03 -). Dies durfte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler der eigenen Sachdarstellung des Beklagten entnehmen, er sei infolge leichter Unaufmerksamkeit gestürzt und mit seinem Fahrrad gegen den PKW der Klägerin geraten. 4. Schließlich ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, daß sich unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen die Betriebsgefahr des parkenden Fahrzeugs ausgewirkt haben könnte, so daß auch nicht eine Mithaftung der Klägerin nach den Grundsätzen des § 254 BGB in Betracht kommt.

III.

Die Revision ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 42/07 Verkündet am:
16. Oktober 2007
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lässt ein achtjähriges Kind auf dem Bürgersteig sein Fahrrad los, damit es von alleine
weiterrollt, und rollt das führungslose Fahrrad auf die Fahrbahn gegen das zu diesem
Zeitpunkt vorbeifahrende Kraftfahrzeug, so handelt es sich um einen Unfall mit
einem Kraftfahrzeug im Sinne des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F., der zu einer Haftungsprivilegierung
des Kindes führt.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 42/07 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatzfrist bis 26. September 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die
Richter Dr. Greiner und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter
Pauge

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 1. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Am 9. September 2005 gegen 18.00 Uhr befuhr der Fahrer Ü. mit dem Fahrzeug des Klägers eine Straße, die in einer 30 km/h-Zone liegt. Dort kam ihm eine Gruppe Kinder entgegen, unter denen sich auch der damals 8-jährige Beklagte mit seinem Fahrrad befand. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Gruppe auf dem Bürgersteig oder auf der Straße lief. Jedenfalls kam es zu einem Zusammenstoß zwischen dem führungslos rollenden Fahrrad und dem Fahrzeug des Klägers, das in diesem Augenblick vorbeifuhr. Durch den Zusammenstoß entstand an dem Fahrzeug des Klägers ein Schaden in Höhe von 1.121,88 €. Darüber hinaus entstanden dem Kläger Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 341,39 € sowie weitere Unkosten von (pauschal) 20,00 €.
2
Der Kläger hat behauptet, die ihm entgegenkommenden Kinder seien auf dem Bürgersteig gelaufen. Der Beklagte sei vorweg gelaufen und habe dabei sein Fahrrad vor sich her geschoben und es dann in der Absicht losgelassen, es alleine vorweg rollen zu lassen. Das Fahrrad sei daraufhin ein Stück geradeaus gerollt, dann mit dem Lenker nach links eingeknickt und auf die Fahrbahn geraten, wo es mit dem vorbeifahrenden Fahrzeug des Klägers kollidiert sei.
3
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von insgesamt 1.483,27 € nebst Zinsen abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat sich der Würdigung des Amtsgerichts angeschlossen , dass Schadensersatzansprüche des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums an seinem Kraftfahrzeug an dem zu Gunsten des Beklagten eingreifenden Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. scheiterten, selbst wenn man von der Unfallschilderung des Klägers ausgehe. Gerade der vom Kläger angeführte Umstand, dass der Beklagte sich überhaupt nicht mit dem Straßenverkehr auseinandergesetzt und sich keine Gedanken darüber gemacht habe, dass das Fahrrad mit dem Fahrzeug des Klägers kollidieren könne, belege das Vorliegen der vom Gesetzgeber mit der Neuregelung in den Blick genommenen typischen altersbedingten Überforderungssituation. Denn im Gegensatz zu dem 8-jährigen Beklagten hätte ein verantwortlicher Erwachsener bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Möglichkeit, dass das Fahrrad auf die Straße rollen und dort einen Unfall verursachen könne, erkannt und sich dementsprechend verhalten. Soweit der Kläger anführe, es könne keinen Unterschied machen, ob das Fahrrad zufällig nach links (auf die Straße) oder nach rechts (gegen ein parkendes Fahrzeug) rolle, unterstelle er einen hypothetischen Alternativsachverhalt, der sich im konkreten Fall gerade nicht realisiert habe und die Entscheidung deshalb nicht beeinflussen könne. Anderenfalls müsse man das gleiche Argument reziprok auch gegen eine Haftung des Kindes bei Beschädigung eines parkenden Fahrzeugs gelten lassen, was zu offensichtlich widersinnigen Ergebnissen führen würde. Die Gefahr eines Schadenseintritts resultiere vorliegend - zumindest auch - aus der Bewegung des Fahrzeuges des Klägers, welches sich nur aufgrund seiner Bewegung "zur falschen Zeit am falschen Ort" befunden habe und bei deren Hinwegdenken sich die Haftungsfrage mangels Schadenseintritts gar nicht stellen würde.

II.

5
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision ist die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Beklagten nach der Unfallschilderung des Klägers, die revisionsrechtlich als richtig zu unterstellen ist, nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. ausgeschlossen.
6
1. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjährigen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach § 828 BGB in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674). Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das siebte, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat.
7
2. Die Revision geht zwar ebenfalls davon aus, dass § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Wortlaut im vorliegenden Fall ohne weiteres eingreift. Sie meint jedoch, die Vorschrift finde nach ihrem Sinn und Zweck gleichwohl keine Anwendung. Dieser Auffassung kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
8
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine teleologische Reduktion des Wortlauts dieser Vorschrift nur in Fällen vorzunehmen, in denen sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Hiernach hat der Senat das Haftungsprivileg verneint in Fällen, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe mit einem Kickbord oder Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Kraftfahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 161, 180 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378 m.w.N.).
9
Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Einführung der Ausnahmevorschrift des § 828 Abs. 2 BGB dem Umstand Rechnung getragen, dass Kinder bis zur Vollendung ihres 10. Lebensjahres regelmäßig überfordert sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere die Entfernungen und Geschwindigkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern richtig einzuschätzen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Dabei hat er sich von der Erkenntnis leiten lassen, dass Kinder in diesem Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs, ihrer Impulsivität, Affektreaktionen, mangelnden Konzentrationsfähigkeit und ihres gruppendynamischen Verhaltens oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 16 f. und 26 f.). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen erst mit Vollendung des 10. Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, zum Tragen kommen, weil sich das Kind durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befindet (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 26 f.).
10
3. Entgegen der Auffassung der Revision kann eine solche typische Überforderungssituation, die nach dem Willen des Gesetzgebers zu einem Haftungsausschluss führt, auch unter Zugrundelegung des vom Kläger vorgetragenen Unfallgeschehens nicht verneint werden. Denn es hat sich auch in diesem Fall eine Gefahr verwirklicht, die daraus herrührt, dass Kinder in dem entsprechenden Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs und ihres gruppendynamischen Verhaltens oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind. Nach dem Vorbringen des Klägers lief der Beklagte entgegen der Fahrtrichtung des herannahenden Kraftfahrzeugs auf dem Bürgersteig einer Gruppe von Kindern vorweg, die ihn anfeuerte, und schob dabei sein Fahrrad so schnell er konnte vor sich her um es dann loszulassen, damit es von alleine weiterrolle. In einer solchen Situation lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen , dass der Beklagte, als er das Fahrrad los ließ, die Geschwindigkeit und die Entfernung des herannahenden Fahrzeuges falsch einschätzte und deshalb nicht damit rechnete, dass das führungslose Fahrrad gerade zu dem Zeitpunkt auf die Fahrbahn geraten könnte, in dem das Fahrzeug des Klägers vorbeifuhr.
11
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob sich die Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder der Beklagte lediglich nicht damit gerechnet hat, dass das führungslose Fahrrad auch auf die Straße rollen kann. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallgestaltungen einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - VersR 2005, 1154, 1155 und vom 17. April 2007 - VI ZR 109/06 - VersR 2007, 855, 856).

III.

12
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Diederichsen Pauge
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 20.06.2006 - 79 C 5926/05 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 01.02.2007 - 12 S 97/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 75/07
vom
11. März 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fährt ein Kind mit einem Fahrrad gegen ein mit geöffneten hinteren Türen am Fahrbahnrand
stehendes Fahrzeug, entfällt seine Haftung nach § 828 Abs. 2 BGB.
BGH, Beschluss vom 11. März 2008 - VI ZR 75/07 - LG Duisburg
AG Duisburg-Ruhrort
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Stöhr und Zoll
gemäß § 552a ZPO einstimmig beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 21. Februar 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Streitwert: 695,91 €

Gründe:

I.

1
Der Senat hat den Parteien gemäß § 552a ZPO folgenden Hinweis gegeben :
2
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich, weil die für die angefochtene Entscheidung maßgeblichen Grundsätze durch die - teilweise nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Urteile des erkennenden Senats zum Anwendungsbereich des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB geklärt sind.
3
Danach ist eine teleologische Reduktion des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB vorzunehmen, wenn sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Hiernach hat der Senat das Haftungsprivileg verneint in Fällen, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe mit einem Kickbord oder Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Kraftfahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 161, 180; vom 30. November 2004 - VI ZR 365/03 - VersR 2005, 380 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378).
4
Aus den Senatsentscheidungen ergibt sich auch, dass bei dem Haftungsprivileg nicht grundsätzlich zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr zu unterscheiden ist, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im so genannten ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, dass sich in besonders gelagerten Fällen auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 180, 185 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - aaO, jeweils m.w.N.). Zudem ergibt sich aus den Senatsurteilen, dass auf eine typische Fallkonstellation der Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr abzustellen ist. Darauf, ob sich diese Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das Kind aus anderen Gründen nicht in der Lage war, sich verkehrsgerecht zu verhalten, kommt es nicht an. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallgestaltungen einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - VersR 2005, 1154, 1155; vom 17. April 2007 - VI ZR 109/06 - VersR 2007, 855, 856, vorge- sehen für BGHZ 172, 83; vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 42/07 - VersR 2007, 1669, 1670).
5
2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze beachtet und im Ergebnis richtig entschieden, so dass die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.
6
Die Instanzgerichte haben zu Recht schon aufgrund des Klägervortrags eine typische Überforderungssituation für die Beklagte bejaht. Im Unterschied zu den Fallgestaltungen, bei denen der erkennende Senat das Eingreifen des Haftungsprivilegs verneint hat, kann man unter den hier gegebenen Umständen schon nicht davon ausgehen, dass der Kläger sein Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt ordnungsgemäß geparkt hatte. Dem steht entgegen, dass die hinteren Türen auf der Fahrer- und der Beifahrerseite zum Zeitpunkt der Kollision offen standen und sich unstreitig sowohl der Kläger als auch der Zeuge E. an den geöffneten Türen befunden und sich bewegt haben. Dies schuf eine besondere Gefahrenlage für das als Verkehrsteilnehmer auf der Straße fahrende Kind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Da es zudem erst 20 m vor diesem Fahrzeug aus einer anderen Straße eingebogen war, liegt insgesamt eine typische Fallkonstellation der Überforderung eines Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr vor.

II.

7
Die Parteien haben innerhalb der Ihnen gesetzten Frist keine weitere Stellungnahme abgegeben. Da das Berufungsgericht richtigerweise eine Haftung der Beklagten verneint hat, ist die Revision des Klägers somit nach § 552a ZPO mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Duisburg-Ruhrort, Entscheidung vom 02.01.2006 - 10 C 812/04 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 21.02.2007 - 11 S 39/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 276/03 Verkündet am:
21. Dezember 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes
zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I
S. 2674) greift nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur ein, wenn sich bei der
gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch
die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat (im Anschluß an
das Senatsurteil vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - zur Veröffentlichung in
BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - LG Bielefeld
AG Bielefeld
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. August 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Am 28. Oktober 2002 beschädigte der damals neun Jahre alte Beklagte den ordnungsgemäß am Straßenrand geparkten PKW der Klägerin, wobei offengeblieben ist, ob der Beklagte - wie von der Klägerin behauptet - auf den Bürgersteig fuhr oder - nach seiner eigenen Darstellung - auf der Fahrbahn beim Wenden in einer Kehre gestürzt ist. Das Amtsgericht hat die Klage auf Ersatz des an dem PKW entstandenen Schadens abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 715,74 € verurteilt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzpflicht des Beklagten für die der Klägerin aus der Beschädigung ihres Fahrzeugs entstandenen Schäden nach § 823 Abs. 1 BGB bejaht. Bei isolierter Betrachtung des Wortlautes des § 828 Abs. 2 BGB (n.F.) sei eine haftungsrechtliche Verantwortung des zum Zeitpunkt des Unfalls neun Jahre alten Beklagten zwar zu verneinen. Aufgrund des Zwecks dieser Vorschrift und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei es jedoch geboten, diese Norm einschränkend auszulegen. Die Regelung trage dem Umstand Rechnung, daß Kinder im Alter bis zu 10 Jahren aufgrund ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten regelmäßig noch nicht in der Lage seien, die besonderen Gefahren des Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend zu verhalten. Daher liege im Rahmen einer wertenden Betrachtung ein Unfall mit einem Kraftfahrzeug im Sinne dieser Vorschrift dann nicht vor, wenn sich die Gefahren , die bei dem Unfall von dem Kraftfahrzeug ausgegangen seien, nicht von denjenigen unterschieden, die von einem ordnungsgemäß abgestellten Fahrrad , von einem Baum oder von einer Mauer ausgingen. Der Beklagte habe rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum der Klägerin verletzt. Insoweit komme es nicht darauf an, ob er auf dem Bürgersteig oder der Fahrbahn gefahren sei.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin den aufgrund des Anstoßes seines Fahrrades an deren PKW entstandenen Schaden zu ersetzen. Unter den Umständen des Streitfalles hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß die Verantwortung des Beklagten nicht gemäß § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist. 1. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjährigen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach § 828 BGB in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 20 02 (BGBl. I S. 2674). Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das 7., aber nicht das 10. Lebensjahr vollendet hat. Bei einer isolierten Betrachtung allein nach dem Wortlaut der neugefaßten Vorschrift könnte zwar der hier zu beurteilende Sachverhalt unter das Haftungsprivileg fallen, denn aus seinem Wortlaut geht nicht hervor, daß das Haftungsprivileg davon abhängen soll, ob sich das bei dem Unfall beteiligte Kraftfahrzeug im fließenden oder - wie der hier geschädigte parkende PKW - im ruhenden Verkehr befindet. Da der Wortlaut des § 828 Abs. 2 BGB jedoch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt, hat der erkennende Senat in seinen beiden Urteilen vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 und - VI ZR 365/03 - (beide zur Veröffentlichung bestimmt) den in der Vorschrift zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers aus den Gesetzesmaterialien ermittelt. Aus ihnen er-
gibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit, daß das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nur eingreift, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Mit der Einführung der Ausnahmevorschrift in § 828 Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, daß Kinder regelmäßig frühestens ab Vollendung des zehnten Lebensjahres imstande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 26). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell (vgl. dazu Wille/Bettge, VersR 1971, 878, 882; Kuhlen, JZ 1990, 273, 276; Scheffen, 29. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1991, Referat Nr. II/3, S. 97; dieselbe in Festschrift Steffen, 1995, S. 387, 388 ff.) und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen (vgl. Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages 1991, S. 9; Antrag von Abgeordneten und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. Juli 1996, BT-Drucks. 13/5302, S. 1 ff.; Antrag von Abgeordneten und der SPD-Fraktion vom 11. Dezember 1996, BT-Drucks. 13/6535, S. 1, 5 ff.) erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, regelmäßig zum Tragen kommen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). Für eine solche Begrenzung sprach, daß sich Kinder im motorisierten Verkehr durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befinden. Gerade in diesem Umfeld wirken sich die Entwicklungsdefizite von Kindern besonders gravierend
aus. Demgegenüber weisen der nicht motorisierte Straßenverkehr und das allgemeine Umfeld von Kindern gewöhnlich keine vergleichbare Gefahrenlage auf (vgl. Bollweg/Hellmann, Das neue Schadensersatzrecht, 2002, Teil 3, § 828 BGB, Rn. 11; BT-Drucks. 14/7752, S. 16 f., 26 f.). Diese Erwägungen zeigen, daß Kinder nach dem Willen des Gesetzgebers auch in dem hier maßgeblichen Alter von sieben bis neun Jahren für einen Schaden haften sollen, wenn sich bei dem Schadensereignis nicht ein typischer Fall der Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat und das Kind deshalb von der Haftung freigestellt werden soll. Dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber bei diesem Haftungsprivileg zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr unterscheiden wollte, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im sog. ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, daß sich in besonders gelagerten Fällen - zu denen der Streitfall aber nicht gehört - auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 29, 163, 166 f. und vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94 - VersR 1995, 90, 92). Der Gesetzgeber wollte vielmehr lediglich den Fällen einer typischen Überforderung der betroffenen Kinder durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs Rechnung tragen. Zwar wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, der neue § 828 Abs. 2 BGB lehne sich an die Terminologie der Haftungsnormen des Straßenverkehrsgesetzes an (vgl. BT-Drucks. aaO, S. 26). Die danach folgende Erläuterung, im motorisierten Straßenverkehr sei das deliktsfähige Alter heraufzusetzen, weil bei dort plötzlich eintretenden Schadensereignissen in der Regel die altersbedingten Defizite eines Kindes beim Einschätzen von Geschwindigkeiten und Entfernungen zum Tragen kämen (vgl. BT-Drucks. aaO S. 26 f.), zeigt aber deutlich, daß für den Gesetzgeber bei diesem Aspekt nicht das bloße Vorhandensein eines Motors im Fahrzeug ausschlaggebend war,
sondern vielmehr der Umstand, daß die Motorkraft zu Geschwindigkeiten führt, die zusammen mit der Entfernung eines Kraftfahrzeugs von einem Kind vor Vollendung des zehnten Lebensjahres nur sehr schwer einzuschätzen sind (vgl. Bollweg/Hellmann, aaO). Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Gesetzgeber nur dann, wenn sich bei einem Schadensfall eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs verwirklicht hat, eine Ausnahme von der Deliktsfähigkeit bei Kindern vor Vollendung des zehnten Lebensjahres schaffen wollte. Andere Schwierigkeiten für ein Kind, sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu verhalten, sollten diese Ausnahme nicht rechtfertigen. Insoweit ging der Gesetzgeber davon aus, daß Kinder in dem hier maßgeblichen Alter mit solchen Situationen nicht generell überfordert sind und die Deliktsfähigkeit daher grundsätzlich anzunehmen ist. Das wird auch deutlich bei der Begründung, weshalb das Haftungsprivileg in Fällen vorsätzlicher Schädigung nicht gilt. Hierzu heißt es, daß in diesen Fällen die Überforderungssituation als schadensursächlich auszuschließen sei und sich jedenfalls nicht ausgewirkt habe (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16, 27; Hentschel, NZV 2002, 433, 442). Allerdings kam es dem Gesetzgeber darauf an, die Rechtsstellung von Kindern im Straßenverkehr umfassend zu verbessern. Sie sollte insbesondere nicht davon abhängen, ob das betroffene Kind im Einzelfall "Täter" oder "Opfer" eines Unfalls ist, denn welche dieser beiden Möglichkeiten sich verwirklicht, hängt oft vom Zufall ab (vgl. Medicus, Deutscher Verkehrsgerichtstag 2000, Referat Nr. III/4, S. 121; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 828 Rn. 4). Die Haftungsprivilegierung Minderjähriger erfaßt deshalb nicht nur die Schäden, die Kinder einem anderen zufügen. Da § 828 BGB auch für die Frage des Mitverschuldens nach § 254 BGB maßgeblich ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 34, 355, 366), hat die Haftungsfreistellung Minderjähriger auch zur Folge, daß Kinder dieses Alters sich ihren eigenen Ansprüchen, gleichviel ob sie aus all-
gemeinem Deliktsrecht oder aus den Gefährdungshaftungstatbeständen des Straßenverkehrsgesetzes oder des Haftpflichtgesetzes hergeleitet werden, ein Mitverschulden bei der Schadensverursachung nicht entgegenhalten lassen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16; Bollweg/Hellmann, Das Neue Schadensersatzrecht , § 828 Teil 3, Rn. 5; Heß/Buller ZfS 2003, 218, 219). § 828 Abs. 2 BGB gilt deshalb unabhängig davon, ob das an einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug beteiligte Kind Schädiger oder Geschädigter ist. Diese Grundsätze können - ebenso wie in den Senatsurteilen vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - und - VI ZR 365/03 - in dem hier zu entscheidenden Fall jedoch nicht eingreifen, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Beklagte infolge leichter Unaufmerksamkeit mit dem Fahrrad gegen den ordnungsgemäß geparkten PKW der Klägerin geraten ist. Deshalb beruht das Schadensereignis nicht auf einer typischen Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs, so daß das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht eine Freistellung des Beklagten von der Haftung verneint hat. 2. Auch § 828 Abs. 3 BGB steht einer haftungsrechtlichen Verantwortung des Beklagten nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewußt zu sein. Auf die individuelle Fähigkeit, sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsurteile vom 28. Februar 1984 - VI ZR 132/82 - VersR 1984, 641, 642 m.w.N. und vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - VersR 1997, 834, 835). Die Darlegungs- und
Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt der in Anspruch genommene Minderjährige; ab dem Alter von 7 Jahren wird deren Vorliegen vom Gesetz widerlegbar vermutet (vgl. Senatsurteile vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - aaO; Baumgärtel/Strieder, 2. Aufl., § 828 BGB, Rn. 2 m.w.N.). Der Beklagte hat zu einem Mangel, das Gefährliche seines Tuns erkennen und sich der Verantwortung seines Tuns bewußt sein zu können, nichts vorgetragen. Das Vorbringen des Beklagten, er sei infolge leichter Unaufmerksamkeit gestürzt, wobei sein Fahrrad gegen das Fahrzeug der Klägerin geraten sei und die daraus sowie aus der Sachdarstellung der Klägerin, der Beklagte habe im Vorbeifahren das Fahrzeug berührt, abgeleitete Schlußfolgerung, der Unfall sei infolge mangelnder Konzentration bzw. Konzentrationsfähigkeit des Beklagten erfolgt, betreffen nicht die Einsichtsfähigkeit des Beklagten im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, daß ein zu nahes Heranfahren an parkende Fahrzeuge zu Schäden führen kann. 3. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch ein fahrlässiges Verhalten (§ 276 BGB) des Beklagten bejaht (zu den Voraussetzungen vgl. Senatsurteile vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 und - VI ZR 365/03 -). Dies durfte das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler der eigenen Sachdarstellung des Beklagten entnehmen, er sei infolge leichter Unaufmerksamkeit gestürzt und mit seinem Fahrrad gegen den PKW der Klägerin geraten. 4. Schließlich ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, daß sich unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen die Betriebsgefahr des parkenden Fahrzeugs ausgewirkt haben könnte, so daß auch nicht eine Mithaftung der Klägerin nach den Grundsätzen des § 254 BGB in Betracht kommt.

III.

Die Revision ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.

(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.

(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 181/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
H o l m e s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes
zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I
2674) führt nicht zu einer Änderung der Darlegungs- un d Beweislast für Schadensfälle,
die sich vor dem 1. August 2002 ereignet haben.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 7. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller
und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Mai 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein überörtlicher Sozialhilfeträger, nimmt die Beklagte aus gem. § 116 SGB X übergegangenem Recht auf Erstattung von Aufwendungen und Feststellung der zukünftigen Haftung aus Anlaß eines Verkehrsunfalls in Anspruch. Am 5. Juni 1993 lief der damals 8-jährige Jens G., der zuvor mit drei anderen Kindern in einer breiten Parklücke gestanden hatte, gegen einen mit einer Geschwindigkeit zwischen 25 und 40 km/h vorbeifahrenden PKW, der bei der Beklagten haftpflichtversichert war. Jens wurde schwer verletzt und ist seitdem zu 100 % behindert. Auf seine Klage wurde durch Urteil des Landgerichts K. vom 22. November 1995 rechtskräftig festgestellt, daß die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit der Führerin des Fahrzeuges verpflichtet ist, dem Geschädigten 2/3 aller ihm zukünftig erwachsenden Schäden aus dem Unfall zu ersetzen, soweit nicht der Anspruch auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Der Kläger begehrt vollumfänglichen Ersatz der von ihm übernommenen Kosten für die Heil- und Rehabilitationsbehandlung sowie die fortdauernde Unterbringung des Geschädigten. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 2/3 der geltend gemachten Aufwendungen verurteilt und dem Feststellungsbegehren mit einer entsprechenden Quote entsprochen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger müsse sich gemäß § 254 BGB i.V.m. § 828 Abs. 2 BGB a.F. ein mit 1/3 zu bemessendes Mitverschulden des Geschädigten anrechnen lassen. Dessen mangelnde Zurechnungsfähigkeit sei weder dargelegt noch bewiesen. Allein die Berufung auf neuere wissenschaftliche Erkenntnisse und das Alter des Kindes zum Unfallzeitpunkt reiche dafür nicht aus. Die der Neuregelung von § 828 Abs. 2 BGB zugrunde liegenden Erkenntnisse führten nicht zu einer Än derung der Beweislage für die vor dem Inkrafttreten dieser Norm eingetretenen Schadensfälle. Soweit der Kläger Ersatz für die zeitlich nach der Entscheidung des Vorprozesses erbrachten Aufwendungen verlange, stehe seiner Mehrforderung die Rechtskraft des seinerzeit ergangenen Urteils entgegen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht ein Mitverschulden des Verletzten bejaht und dieses mit einem Drittel bemessen hat.
a) Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich die Mitverantwortung des geschädigten Kindes (§ 254 BGB) gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach der Vorschrift des § 828 BGB in der vor
Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrecht licher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I, 2674) geltenden Fassung. Nach § 828 Abs. 2 BGB a.F. ist, wer das siebente, aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, für einen Schaden nicht verantwortlich, wenn er zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Die Einsichtsfähigkeit wird danach vom Gesetz vermutet. Ihr Fehlen ist eine Ausnahme, deren Vorliegen der Minderjährige im konkreten Fall darlegen und beweisen muß (Senatsurteile vom 23. Dezember 1953 - VI ZR 166/52 - JZ 1954, 297, 298; vom 27. Januar 1970 - VI ZR 157/68 - VersR 1970, 374; vom 10. März 1970 - VI ZR 182/68 - VersR 1970, 467, 468; vom 28. Februar 1984 - VI ZR 132/82 - VersR 1984, 641, 642 und vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - VersR 1997, 834, 835).
b) An dieser Rechtslage hat sich für die Beurteilung der vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung erfolgten Schadensfälle nichts geändert. Das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschrift en sieht keine rückwirkende Geltung für „Altfälle“ vor (vgl. OLG Celle, Urteil vom 17. Juli 2003, mit NZB-Beschluß des Senats vom 20. Januar 2004 - VI ZR 248/03 -, r + s 2004, 475). Das wird von der Revision auch nicht verkannt. Sie meint jedoch, die Neufassung der Vorschrift des § 828 Abs. 2 BGB habe nur klarstellende Funktion. Der Gesetzgeber habe damit lediglich nachvollzogen, daß nach neuen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie einer Haftung von Kindern bis zum zehnten Lebensjahr kindliche Eigenheiten entgegenstünden. Deswegen sei bei Verkehrsunfällen im Straßenverkehr von einer mangelnden Einsichtsfähigkeit auszugehen. Im Streitfall hätte mithin die Beklagte Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit vortragen und unter Beweis stellen müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Richtig ist, daß der Gesetzgeber mit der Einführung der Ausnahmevorschrift des § 828 Abs. 2 BGB dem Umstand Rechnung getragen hat, daß Kinder bis zur Vollendung ihres zehnten Lebensjahres regelmäßig überfordert sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen , insbesondere die Entfernungen und Geschwindigkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern richtig einzuschätzen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Dabei hat er sich von der Erkenntnis leiten lassen, daß Kinder in diesem Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs, ihrer Impulsivität, Affektreaktionen , mangelnden Konzentrationsfähigkeit und ihrem gruppendynamischen Verhalten oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16 und 26). Der Gesetzgeber hat damit Gesichtpunkte aufgegriffen, mit denen in den vorangegangenen rechts- und verkehrspolitischen Diskussionen die Forderung begründet wurde, den Beginn der Deliktsfähigkeit generell, zumindest aber bei sämtlichen Verkehrsunfällen auf das Alter von zehn Jahren heraufzusetzen (vgl. Senatsurteile vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - VersR 2005, 376 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und - VI ZR 365/03 - VersR 2005, 380 sowie vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378). Der gesetzlichen Neuregelung kann jedoch nicht entnommen werden, daß Kindern bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres bei Unfällen im motorisierten Straßenverkehr regelmäßig die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 2 BGB a.F. fehlt. Das mag zwar der Fall sein, soweit Kinder dieser Altersgruppe etwa im Hinblick auf ihre psychomotorischen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, sich verkehrsgerecht zu verhalten. Es trifft aber nicht zu, wenn sieben - bis zehnjährige Kinder sich deshalb nicht verkehrsgerecht verhalten, weil sie nicht in der Lage sind, ihre Impulsivität zu bändigen. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallges-
taltungen einheitlich in der Weise geregelt, daß er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat, ohne hierfür jedoch eine Rückwirkung anzuordnen. Für „Altfälle“ bedeutet dies, daß die anerkannten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs - und Beweislast auch nach der gesetzlichen Neuregelung unverändert fortgelten.
c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß der Kläger das Fehlen der Einsichtsfähigkeit des geschädigten Kindes nicht dargelegt habe, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie wendet sich auch nicht näher gegen die tatrichterlichen Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Anschluß an das Landgericht ein Verschulden des Kindes bejaht und dessen Mitverursachungsanteil mit einem Drittel bewertet hat. 2. Da die Revision aus den aufgezeigten Gründen keinen Erfolg hat, ist nicht zu prüfen, ob die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts zutrifft, der Mehrforderung des Klägers stehe auch die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils entgegen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 42/07 Verkündet am:
16. Oktober 2007
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lässt ein achtjähriges Kind auf dem Bürgersteig sein Fahrrad los, damit es von alleine
weiterrollt, und rollt das führungslose Fahrrad auf die Fahrbahn gegen das zu diesem
Zeitpunkt vorbeifahrende Kraftfahrzeug, so handelt es sich um einen Unfall mit
einem Kraftfahrzeug im Sinne des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F., der zu einer Haftungsprivilegierung
des Kindes führt.
BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 42/07 - LG Duisburg
AG Duisburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatzfrist bis 26. September 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die
Richter Dr. Greiner und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter
Pauge

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 1. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Am 9. September 2005 gegen 18.00 Uhr befuhr der Fahrer Ü. mit dem Fahrzeug des Klägers eine Straße, die in einer 30 km/h-Zone liegt. Dort kam ihm eine Gruppe Kinder entgegen, unter denen sich auch der damals 8-jährige Beklagte mit seinem Fahrrad befand. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Gruppe auf dem Bürgersteig oder auf der Straße lief. Jedenfalls kam es zu einem Zusammenstoß zwischen dem führungslos rollenden Fahrrad und dem Fahrzeug des Klägers, das in diesem Augenblick vorbeifuhr. Durch den Zusammenstoß entstand an dem Fahrzeug des Klägers ein Schaden in Höhe von 1.121,88 €. Darüber hinaus entstanden dem Kläger Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Höhe von 341,39 € sowie weitere Unkosten von (pauschal) 20,00 €.
2
Der Kläger hat behauptet, die ihm entgegenkommenden Kinder seien auf dem Bürgersteig gelaufen. Der Beklagte sei vorweg gelaufen und habe dabei sein Fahrrad vor sich her geschoben und es dann in der Absicht losgelassen, es alleine vorweg rollen zu lassen. Das Fahrrad sei daraufhin ein Stück geradeaus gerollt, dann mit dem Lenker nach links eingeknickt und auf die Fahrbahn geraten, wo es mit dem vorbeifahrenden Fahrzeug des Klägers kollidiert sei.
3
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von insgesamt 1.483,27 € nebst Zinsen abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat sich der Würdigung des Amtsgerichts angeschlossen , dass Schadensersatzansprüche des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums an seinem Kraftfahrzeug an dem zu Gunsten des Beklagten eingreifenden Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. scheiterten, selbst wenn man von der Unfallschilderung des Klägers ausgehe. Gerade der vom Kläger angeführte Umstand, dass der Beklagte sich überhaupt nicht mit dem Straßenverkehr auseinandergesetzt und sich keine Gedanken darüber gemacht habe, dass das Fahrrad mit dem Fahrzeug des Klägers kollidieren könne, belege das Vorliegen der vom Gesetzgeber mit der Neuregelung in den Blick genommenen typischen altersbedingten Überforderungssituation. Denn im Gegensatz zu dem 8-jährigen Beklagten hätte ein verantwortlicher Erwachsener bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Möglichkeit, dass das Fahrrad auf die Straße rollen und dort einen Unfall verursachen könne, erkannt und sich dementsprechend verhalten. Soweit der Kläger anführe, es könne keinen Unterschied machen, ob das Fahrrad zufällig nach links (auf die Straße) oder nach rechts (gegen ein parkendes Fahrzeug) rolle, unterstelle er einen hypothetischen Alternativsachverhalt, der sich im konkreten Fall gerade nicht realisiert habe und die Entscheidung deshalb nicht beeinflussen könne. Anderenfalls müsse man das gleiche Argument reziprok auch gegen eine Haftung des Kindes bei Beschädigung eines parkenden Fahrzeugs gelten lassen, was zu offensichtlich widersinnigen Ergebnissen führen würde. Die Gefahr eines Schadenseintritts resultiere vorliegend - zumindest auch - aus der Bewegung des Fahrzeuges des Klägers, welches sich nur aufgrund seiner Bewegung "zur falschen Zeit am falschen Ort" befunden habe und bei deren Hinwegdenken sich die Haftungsfrage mangels Schadenseintritts gar nicht stellen würde.

II.

5
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision ist die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Beklagten nach der Unfallschilderung des Klägers, die revisionsrechtlich als richtig zu unterstellen ist, nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. ausgeschlossen.
6
1. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjährigen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach § 828 BGB in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674). Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das siebte, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat.
7
2. Die Revision geht zwar ebenfalls davon aus, dass § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Wortlaut im vorliegenden Fall ohne weiteres eingreift. Sie meint jedoch, die Vorschrift finde nach ihrem Sinn und Zweck gleichwohl keine Anwendung. Dieser Auffassung kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
8
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine teleologische Reduktion des Wortlauts dieser Vorschrift nur in Fällen vorzunehmen, in denen sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Hiernach hat der Senat das Haftungsprivileg verneint in Fällen, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe mit einem Kickbord oder Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Kraftfahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 161, 180 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378 m.w.N.).
9
Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Einführung der Ausnahmevorschrift des § 828 Abs. 2 BGB dem Umstand Rechnung getragen, dass Kinder bis zur Vollendung ihres 10. Lebensjahres regelmäßig überfordert sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere die Entfernungen und Geschwindigkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern richtig einzuschätzen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Dabei hat er sich von der Erkenntnis leiten lassen, dass Kinder in diesem Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs, ihrer Impulsivität, Affektreaktionen, mangelnden Konzentrationsfähigkeit und ihres gruppendynamischen Verhaltens oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 16 f. und 26 f.). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen erst mit Vollendung des 10. Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, zum Tragen kommen, weil sich das Kind durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besonderen Überforderungssituation befindet (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 26 f.).
10
3. Entgegen der Auffassung der Revision kann eine solche typische Überforderungssituation, die nach dem Willen des Gesetzgebers zu einem Haftungsausschluss führt, auch unter Zugrundelegung des vom Kläger vorgetragenen Unfallgeschehens nicht verneint werden. Denn es hat sich auch in diesem Fall eine Gefahr verwirklicht, die daraus herrührt, dass Kinder in dem entsprechenden Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs und ihres gruppendynamischen Verhaltens oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind. Nach dem Vorbringen des Klägers lief der Beklagte entgegen der Fahrtrichtung des herannahenden Kraftfahrzeugs auf dem Bürgersteig einer Gruppe von Kindern vorweg, die ihn anfeuerte, und schob dabei sein Fahrrad so schnell er konnte vor sich her um es dann loszulassen, damit es von alleine weiterrolle. In einer solchen Situation lässt sich die Möglichkeit nicht ausschließen , dass der Beklagte, als er das Fahrrad los ließ, die Geschwindigkeit und die Entfernung des herannahenden Fahrzeuges falsch einschätzte und deshalb nicht damit rechnete, dass das führungslose Fahrrad gerade zu dem Zeitpunkt auf die Fahrbahn geraten könnte, in dem das Fahrzeug des Klägers vorbeifuhr.
11
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob sich die Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder der Beklagte lediglich nicht damit gerechnet hat, dass das führungslose Fahrrad auch auf die Straße rollen kann. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallgestaltungen einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - VersR 2005, 1154, 1155 und vom 17. April 2007 - VI ZR 109/06 - VersR 2007, 855, 856).

III.

12
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Diederichsen Pauge
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 20.06.2006 - 79 C 5926/05 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 01.02.2007 - 12 S 97/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 75/07
vom
11. März 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Fährt ein Kind mit einem Fahrrad gegen ein mit geöffneten hinteren Türen am Fahrbahnrand
stehendes Fahrzeug, entfällt seine Haftung nach § 828 Abs. 2 BGB.
BGH, Beschluss vom 11. März 2008 - VI ZR 75/07 - LG Duisburg
AG Duisburg-Ruhrort
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Stöhr und Zoll
gemäß § 552a ZPO einstimmig beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 21. Februar 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Streitwert: 695,91 €

Gründe:

I.

1
Der Senat hat den Parteien gemäß § 552a ZPO folgenden Hinweis gegeben :
2
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich, weil die für die angefochtene Entscheidung maßgeblichen Grundsätze durch die - teilweise nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Urteile des erkennenden Senats zum Anwendungsbereich des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB geklärt sind.
3
Danach ist eine teleologische Reduktion des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB vorzunehmen, wenn sich keine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat. Hiernach hat der Senat das Haftungsprivileg verneint in Fällen, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe mit einem Kickbord oder Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Kraftfahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 161, 180; vom 30. November 2004 - VI ZR 365/03 - VersR 2005, 380 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378).
4
Aus den Senatsentscheidungen ergibt sich auch, dass bei dem Haftungsprivileg nicht grundsätzlich zwischen dem fließenden und dem ruhenden Verkehr zu unterscheiden ist, wenn es auch im fließenden Verkehr häufiger als im so genannten ruhenden Verkehr eingreifen mag. Das schließt jedoch nicht aus, dass sich in besonders gelagerten Fällen auch im ruhenden Verkehr eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklichen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 180, 185 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - aaO, jeweils m.w.N.). Zudem ergibt sich aus den Senatsurteilen, dass auf eine typische Fallkonstellation der Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr abzustellen ist. Darauf, ob sich diese Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das Kind aus anderen Gründen nicht in der Lage war, sich verkehrsgerecht zu verhalten, kommt es nicht an. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallgestaltungen einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - VersR 2005, 1154, 1155; vom 17. April 2007 - VI ZR 109/06 - VersR 2007, 855, 856, vorge- sehen für BGHZ 172, 83; vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 42/07 - VersR 2007, 1669, 1670).
5
2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze beachtet und im Ergebnis richtig entschieden, so dass die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.
6
Die Instanzgerichte haben zu Recht schon aufgrund des Klägervortrags eine typische Überforderungssituation für die Beklagte bejaht. Im Unterschied zu den Fallgestaltungen, bei denen der erkennende Senat das Eingreifen des Haftungsprivilegs verneint hat, kann man unter den hier gegebenen Umständen schon nicht davon ausgehen, dass der Kläger sein Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt ordnungsgemäß geparkt hatte. Dem steht entgegen, dass die hinteren Türen auf der Fahrer- und der Beifahrerseite zum Zeitpunkt der Kollision offen standen und sich unstreitig sowohl der Kläger als auch der Zeuge E. an den geöffneten Türen befunden und sich bewegt haben. Dies schuf eine besondere Gefahrenlage für das als Verkehrsteilnehmer auf der Straße fahrende Kind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Da es zudem erst 20 m vor diesem Fahrzeug aus einer anderen Straße eingebogen war, liegt insgesamt eine typische Fallkonstellation der Überforderung eines Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr vor.

II.

7
Die Parteien haben innerhalb der Ihnen gesetzten Frist keine weitere Stellungnahme abgegeben. Da das Berufungsgericht richtigerweise eine Haftung der Beklagten verneint hat, ist die Revision des Klägers somit nach § 552a ZPO mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Duisburg-Ruhrort, Entscheidung vom 02.01.2006 - 10 C 812/04 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 21.02.2007 - 11 S 39/06 -

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.

(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.

(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 181/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
H o l m e s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes
zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I
2674) führt nicht zu einer Änderung der Darlegungs- un d Beweislast für Schadensfälle,
die sich vor dem 1. August 2002 ereignet haben.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 7. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller
und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Mai 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein überörtlicher Sozialhilfeträger, nimmt die Beklagte aus gem. § 116 SGB X übergegangenem Recht auf Erstattung von Aufwendungen und Feststellung der zukünftigen Haftung aus Anlaß eines Verkehrsunfalls in Anspruch. Am 5. Juni 1993 lief der damals 8-jährige Jens G., der zuvor mit drei anderen Kindern in einer breiten Parklücke gestanden hatte, gegen einen mit einer Geschwindigkeit zwischen 25 und 40 km/h vorbeifahrenden PKW, der bei der Beklagten haftpflichtversichert war. Jens wurde schwer verletzt und ist seitdem zu 100 % behindert. Auf seine Klage wurde durch Urteil des Landgerichts K. vom 22. November 1995 rechtskräftig festgestellt, daß die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit der Führerin des Fahrzeuges verpflichtet ist, dem Geschädigten 2/3 aller ihm zukünftig erwachsenden Schäden aus dem Unfall zu ersetzen, soweit nicht der Anspruch auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Der Kläger begehrt vollumfänglichen Ersatz der von ihm übernommenen Kosten für die Heil- und Rehabilitationsbehandlung sowie die fortdauernde Unterbringung des Geschädigten. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 2/3 der geltend gemachten Aufwendungen verurteilt und dem Feststellungsbegehren mit einer entsprechenden Quote entsprochen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger müsse sich gemäß § 254 BGB i.V.m. § 828 Abs. 2 BGB a.F. ein mit 1/3 zu bemessendes Mitverschulden des Geschädigten anrechnen lassen. Dessen mangelnde Zurechnungsfähigkeit sei weder dargelegt noch bewiesen. Allein die Berufung auf neuere wissenschaftliche Erkenntnisse und das Alter des Kindes zum Unfallzeitpunkt reiche dafür nicht aus. Die der Neuregelung von § 828 Abs. 2 BGB zugrunde liegenden Erkenntnisse führten nicht zu einer Än derung der Beweislage für die vor dem Inkrafttreten dieser Norm eingetretenen Schadensfälle. Soweit der Kläger Ersatz für die zeitlich nach der Entscheidung des Vorprozesses erbrachten Aufwendungen verlange, stehe seiner Mehrforderung die Rechtskraft des seinerzeit ergangenen Urteils entgegen.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht ein Mitverschulden des Verletzten bejaht und dieses mit einem Drittel bemessen hat.
a) Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich die Mitverantwortung des geschädigten Kindes (§ 254 BGB) gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach der Vorschrift des § 828 BGB in der vor
Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrecht licher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I, 2674) geltenden Fassung. Nach § 828 Abs. 2 BGB a.F. ist, wer das siebente, aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, für einen Schaden nicht verantwortlich, wenn er zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Die Einsichtsfähigkeit wird danach vom Gesetz vermutet. Ihr Fehlen ist eine Ausnahme, deren Vorliegen der Minderjährige im konkreten Fall darlegen und beweisen muß (Senatsurteile vom 23. Dezember 1953 - VI ZR 166/52 - JZ 1954, 297, 298; vom 27. Januar 1970 - VI ZR 157/68 - VersR 1970, 374; vom 10. März 1970 - VI ZR 182/68 - VersR 1970, 467, 468; vom 28. Februar 1984 - VI ZR 132/82 - VersR 1984, 641, 642 und vom 29. April 1997 - VI ZR 110/96 - VersR 1997, 834, 835).
b) An dieser Rechtslage hat sich für die Beurteilung der vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung erfolgten Schadensfälle nichts geändert. Das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschrift en sieht keine rückwirkende Geltung für „Altfälle“ vor (vgl. OLG Celle, Urteil vom 17. Juli 2003, mit NZB-Beschluß des Senats vom 20. Januar 2004 - VI ZR 248/03 -, r + s 2004, 475). Das wird von der Revision auch nicht verkannt. Sie meint jedoch, die Neufassung der Vorschrift des § 828 Abs. 2 BGB habe nur klarstellende Funktion. Der Gesetzgeber habe damit lediglich nachvollzogen, daß nach neuen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie einer Haftung von Kindern bis zum zehnten Lebensjahr kindliche Eigenheiten entgegenstünden. Deswegen sei bei Verkehrsunfällen im Straßenverkehr von einer mangelnden Einsichtsfähigkeit auszugehen. Im Streitfall hätte mithin die Beklagte Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit vortragen und unter Beweis stellen müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Richtig ist, daß der Gesetzgeber mit der Einführung der Ausnahmevorschrift des § 828 Abs. 2 BGB dem Umstand Rechnung getragen hat, daß Kinder bis zur Vollendung ihres zehnten Lebensjahres regelmäßig überfordert sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen , insbesondere die Entfernungen und Geschwindigkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern richtig einzuschätzen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Dabei hat er sich von der Erkenntnis leiten lassen, daß Kinder in diesem Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs, ihrer Impulsivität, Affektreaktionen , mangelnden Konzentrationsfähigkeit und ihrem gruppendynamischen Verhalten oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 16 und 26). Der Gesetzgeber hat damit Gesichtpunkte aufgegriffen, mit denen in den vorangegangenen rechts- und verkehrspolitischen Diskussionen die Forderung begründet wurde, den Beginn der Deliktsfähigkeit generell, zumindest aber bei sämtlichen Verkehrsunfällen auf das Alter von zehn Jahren heraufzusetzen (vgl. Senatsurteile vom 30. November 2004 - VI ZR 335/03 - VersR 2005, 376 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und - VI ZR 365/03 - VersR 2005, 380 sowie vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378). Der gesetzlichen Neuregelung kann jedoch nicht entnommen werden, daß Kindern bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres bei Unfällen im motorisierten Straßenverkehr regelmäßig die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 2 BGB a.F. fehlt. Das mag zwar der Fall sein, soweit Kinder dieser Altersgruppe etwa im Hinblick auf ihre psychomotorischen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, sich verkehrsgerecht zu verhalten. Es trifft aber nicht zu, wenn sieben - bis zehnjährige Kinder sich deshalb nicht verkehrsgerecht verhalten, weil sie nicht in der Lage sind, ihre Impulsivität zu bändigen. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallges-
taltungen einheitlich in der Weise geregelt, daß er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat, ohne hierfür jedoch eine Rückwirkung anzuordnen. Für „Altfälle“ bedeutet dies, daß die anerkannten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs - und Beweislast auch nach der gesetzlichen Neuregelung unverändert fortgelten.
c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß der Kläger das Fehlen der Einsichtsfähigkeit des geschädigten Kindes nicht dargelegt habe, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie wendet sich auch nicht näher gegen die tatrichterlichen Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht im Anschluß an das Landgericht ein Verschulden des Kindes bejaht und dessen Mitverursachungsanteil mit einem Drittel bewertet hat. 2. Da die Revision aus den aufgezeigten Gründen keinen Erfolg hat, ist nicht zu prüfen, ob die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts zutrifft, der Mehrforderung des Klägers stehe auch die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils entgegen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 109/06 Verkündet am:
17. April 2007
H o l m e s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Stößt ein achtjähriges Kind mit seinem Fahrrad aufgrund überhöhter, nicht angepasster
Geschwindigkeit und Unaufmerksamkeit im fließenden Verkehr gegen ein
verkehrsbedingt haltendes Kraftfahrzeug, das es nicht herankommen sehen konnte
und mit dem es deshalb möglicherweise nicht rechnete, so handelt es sich um
eine typische Fallkonstellation der Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit
, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten
Straßenverkehr.

b) Darauf, ob sich diese Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das
Kind aus anderen Gründen nicht in der Lage war, sich verkehrsgerecht zu verhalten
, kommt es im Hinblick auf die generelle Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit von
Kindern durch § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur
Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I S. 2674)
nicht an.
BGH, Urteil vom 17. April 2007 - VI ZR 109/06 - LG Bayreuth
AGBayreuth
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth vom 19. April 2006 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bayreuth - Zweigstelle Pegnitz - wird insgesamt zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 16. Juli 2005 geltend. An dem Verkehrsunfall waren die Klägerin mit ihrem PKW und der zum Unfallzeitpunkt achtjährige Beklagte mit seinem Fahrrad beteiligt.
2
Die Klägerin hielt ihren PKW im Bereich einer Straßeneinmündung auf ihrer Fahrbahnhälfte vor der gedachten Sichtlinie an, um sich vor dem beabsichtigten Linksabbiegen zu vergewissern, ob sie bevorrechtigtem Verkehr eventuell Vorfahrt gewähren musste. Zur selben Zeit näherte sich der Beklagte mit seinem Fahrrad aus Sicht der Klägerin von links kommend dem Einmündungsbereich , um nach rechts in die Straße einzubiegen, in der die Klägerin mit ihrem PKW stand. Dem Beklagten war zunächst der Blick auf die Einmündung und den dort seit wenigen Sekunden haltenden PKW der Klägerin durch eine am Fahrbahnrand stehende, ca. 2 m hohe Hecke versperrt, bei weiterer Annäherung aber war dieser zumindest aus einer Entfernung von ca. 20 m deutlich erkennbar. Er übersah ihn jedoch aufgrund überhöhter, nicht angepasster Geschwindigkeit und Unaufmerksamkeit und fuhr frontal auf den stehenden PKW der Klägerin auf.
3
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Ersatz des an ihrem PKW entstandenen Schadens in Höhe von 1.415,57 € nebst einer Unkostenpauschale von 30 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und der Klage zu einer Quote von 4/5 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint im Gegensatz zum erstinstanzlichen Urteil, dem Beklagten komme das Haftungsprivileg des § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. nicht zugute. Zwar sei der Beklagte zum Unfallzeitpunkt erst acht Jahre alt gewesen und habe der Klägerin den Schaden auch bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug entsprechend dem Wortlaut dieser gesetzlichen Regelung zugefügt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greife die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck jedoch nur ein, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Das ordnungsgemäß haltende Fahrzeug der Klägerin habe allenfalls ein stehendes Objekt dargestellt, von dem keine Gefahr ausgegangen sei, die auf die Geschwindigkeit des Fahrzeuges zurückgeführt werden könne. Eine hier gegebene Überforderungssituation des Beklagten sei auf dessen eigene , gegebenenfalls überhöhte Geschwindigkeit, jedenfalls aber auf dessen vollkommene Sorglosigkeit bei der Teilnahme im Straßenverkehr zurückzuführen. Von einer solchen voll umfänglichen Sorglosigkeit sei der Gesetzgeber bei der Haftungsprivilegierung nach § 828 Abs. 2 Satz 1 nicht ausgegangen. Diese Schwierigkeiten, sich im Straßenverkehr verkehrsgerecht zu verhalten, die ausschließlich in der Person des Kindes, nicht jedoch in den Gefahren des motorisierten Verkehrs ihre Grundlage hätten, rechtfertigten keine Haftungsfreistellung. Die Klägerin habe sich mithin lediglich eine Mithaftung wegen der von ihrem Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr in Höhe von 20% anrechnen zu lassen.

II.

5
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Verantwortlichkeit des Beklagten nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB unter den Umständen des Streitfalles ausgeschlossen.
6
1. Da das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist, richtet sich die Verantwortlichkeit des minderjährigen Schädigers gemäß Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach § 828 BGB in der Fassung des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I S. 2674). Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das 7., aber nicht das 10. Lebensjahr vollendet hat.
7
Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB nach seinem Wortlaut im vorliegenden Fall ohne weiteres eingreift. Soweit es gleichwohl seine Anwendbarkeit unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats verneint, kann dem nicht gefolgt werden.
8
2. Der erkennende Senat hat zwar eine teleologische Reduktion des Wortlauts dieser Vorschrift in Fällen vorgenommen, in denen Kinder der privilegierten Altersgruppe mit einem Kickboard oder Fahrrad gegen ein ordnungsgemäß geparktes Kraftfahrzeug gestoßen sind und dieses beschädigt haben. Er hat hierzu ausgeführt, die Vorschrift greife nach ihrem Sinn und Zweck nur ein, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert habe (vgl. Senatsurteile BGHZ 161, 180 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 276/03 - VersR 2005, 378 m.w.N.).
9
Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Einführung der Ausnahmevorschrift des § 828 Abs. 2 BGB dem Umstand Rechnung getragen, dass Kinder bis zur Vollendung ihres zehnten Lebensjahres regelmäßig überfordert sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs zu erkennen, insbesondere die Entfernungen und Geschwindigkeiten von anderen Verkehrsteilnehmern richtig einzuschätzen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Dabei hat er sich von der Erkenntnis leiten lassen, dass Kinder in diesem Alter wegen ihres Lauf- und Erprobungsdrangs, ihrer Impulsivität, Affektreaktionen, mangelnden Konzentrationsfähigkeit und ihrem gruppendynamischen Verhalten oft zu einem verkehrsgerechten Verhalten nicht in der Lage sind (vgl. BTDrucks. 14/7752, S. 16 f. und 26 f.). Allerdings wollte er die Deliktsfähigkeit nicht generell und nicht bei sämtlichen Verkehrsunfällen erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahres beginnen lassen. Er wollte die Heraufsetzung der Deliktsfähigkeit vielmehr auf im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr plötzlich eintretende Schadensereignisse begrenzen, bei denen die altersbedingten Defizite eines Kindes, wie z.B. Entfernungen und Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen zu können, zum Tragen kommen, weil sich das Kind durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Verkehr in einer besonderen Überforderungssituation befindet (vgl. BTDrucks. 14/7752, S. 26 f.).
10
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann eine solche typische Überforderungssituation, die nach dem Willen des Gesetzgebers zu einem Haftungsausschluss führt, unter den Umständen des Streitfalles nicht verneint werden. Eine typische Gefahr des motorisierten Verkehrs kann auch von einem Kraftfahrzeug ausgehen, das im fließenden Verkehr anhält (d.h. seine Geschwindigkeit auf Null reduziert) und auf der Fahrbahn für das Kind ein plötzliches Hindernis bildet, mit dem es möglicherweise nicht gerechnet hat. Auch in einer solchen Fallkonstellation können altersbedingte Defizite eines Kindes im motorisierten Straßenverkehr, von denen die Fähigkeit zur richtigen Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten nur beispielhaft genannt sind, zum Tragen kommen. Insoweit ist der Streitfall nicht - wie das Berufungsgericht meint - mit den Fällen einer Kollision mit einem ordnungsgemäß parkenden Kraftfahrzeug vergleichbar, an dessen Stelle ebenso gut ein anderer Gegenstand stehen könnte, mit dem aber im fließenden Verkehr so nicht zu rechnen ist.
11
Die Klägerin nahm im Streitfall, obwohl sie anhielt, mit ihrem PKW zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes am fließenden Straßenverkehr teil. Der einheitliche Vorgang der Fahrt wird nicht dadurch beendet, dass das Fahrzeug durch verkehrsbedingte Umstände vorübergehend angehalten wird (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 411/99 - VersR 2001, 524). Die Klägerin hatte nach den insgesamt unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Einmündungsbereich einer Straße, in welche der Beklagte einbiegen wollte, lediglich kurz auf ihrer Fahrbahnseite angehalten, um ihrerseits nach links abzubiegen. Sie war für den Beklagten wegen der sich am Fahrbahnrand befindlichen ca. 2 m hohen Hecke während ihrer Annäherung an die Straßeneinmündung nicht erkennbar gewesen. Dem Beklagten war durch die Hecke zunächst auch der Blick auf die Einmündung und den bereits dort seit wenigen Sekunden haltenden PKW der Klägerin versperrt. Stößt ein achtjähriges Kind in einer solchen Situation mit seinem Fahrrad aufgrund überhöhter, nicht angepasster Geschwindigkeit und Unaufmerksamkeit im fließenden Verkehr gegen ein verkehrsbedingt haltendes Kraftfahrzeug, das es nicht herankommen sehen konnte und mit dem es deshalb möglicherweise nicht rechnete, so handelt es sich damit um eine typische Fallkonstellation der Überforderung des Kindes durch die Schnelligkeit, die Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe im motorisierten Straßenverkehr. Darauf, ob sich diese Überforderungssituation konkret ausgewirkt hat oder ob das Kind aus anderen Gründen nicht in der La- ge war, sich verkehrsgerecht zu verhalten, kommt es nicht an. Um eine klare Grenzlinie für die Haftung von Kindern zu ziehen, hat der Gesetzgeber diese Fallgestaltungen einheitlich in der Weise geregelt, dass er die Altersgrenze der Deliktsfähigkeit von Kindern für den Bereich des motorisierten Verkehrs generell heraufgesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04 - VersR 2005, 1154, 1155).

III.

12
Da keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des die Klage insgesamt abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
13
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Müller Greiner Wellner Stöhr Zoll Vorinstanzen:
AG Bayreuth, Entscheidung vom 16.11.2005 - 7 C 306/05 -
LG Bayreuth, Entscheidung vom 19.04.2006 - 12 S 122/05 -

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.

(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.

(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für

1.
Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2.
einspurige Kraftfahrzeuge,
3.
Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4.
motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung,
5.
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6.
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.
Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1.
der permanent angetriebenen Achsen und
2.
der vorderen Lenkachsen
mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügende Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2.
während der Fahrt
a)
einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser inkm/hangezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten,
b)
nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.
Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m, bei Schneeglätte oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen und wenn nötig den nächsten geeigneten Platz zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.

(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.

(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.

(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)