Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2006 - XII ZR 4/04

bei uns veröffentlicht am15.02.2006
vorgehend
Amtsgericht Bremerhaven, 150 F 73/03, 05.06.2003
Landgericht Bremen, 4 UF 34/03, 28.11.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 4/04 Verkündet am:
15. Februar 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Sonderbedarf als unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf liegt nur
dann vor, wenn der Bedarf nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war
und deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt
werden konnte (Fortführung der Senatsurteile vom 11. November
1981 - IVb ZR 608/80 - FamRZ 1982, 145 und vom 11. April 2001 - XII ZR
152/99 - FamRZ 2001, 1603).

b) Die Kosten für eine Konfirmation sind spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts
absehbar und deswegen nicht überraschend i.S. von § 1613
Abs. 2 Nr. 1 BGB.
BGH, Urteil vom 15. Februar 2006 - XII ZR 4/04 - OLG Bremen
AG Bremerhaven
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen vom 28. November 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremerhaven vom 5. Juni 2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben der Kläger zu 1) 7/10 und der Kläger zu 2) 3/10 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen diese selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Sie begehren von ihrem Vater neben dem titulierten Barunterhalt Sonderbedarf. Der Kläger zu 1 verlangt Erstattung der Kosten seiner Konfirmationsfeier im Jahre 2000 in Höhe von 361 €; der Kläger zu 2 macht die Kosten einer Konfirmandenfahrt im Jahre 2001 in Höhe von 150 € geltend.
2
Der Beklagte hatte seine laufende Unterhaltspflicht gegenüber den Klägern durch Jugendamtsurkunden vom 30. November 1999 anerkannt; danach schuldete er jedem Kläger zuletzt bis Juni 2001 Unterhalt in Höhe von monatlich 528 DM (= 269,96 €). Mit Jugendamtsurkunden vom 17. Juli 2001 erkannte er an, den Klägern in Abänderung der früheren Urkunden ab Juli 2001 jeweils 128 % des Regelbetrages abzüglich anrechnungsfähigen Kindergeldes gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB zu schulden. Der geschuldete Tabellenbetrag belief sich auf monatlich 672 DM; nach teilweisem Abzug des hälftigen Kindergeldes zahlte er den Klägern monatlich jeweils 574 DM (= 293,48 €).
3
Die Kläger hatten neben den jetzt noch rechtshängigen Forderungen zunächst Erstattung diverser Beträge als Sonderbedarf begehrt. Nachdem ihnen das Oberlandesgericht, veröffentlicht in OLGR Bremen 2003, 61, in dem noch rechtshängigen Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, haben sie in diesem Umfang Klage erhoben.
4
Das Amtsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er vollständige Klagabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.

I.

6
Das Berufungsgericht hat die im Zusammenhang mit den Konfirmationen der Kläger stehenden Kosten als Sonderbedarf angesehen, für den der Beklagte neben seiner laufenden Barunterhaltspflicht voll hafte. Die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit dieser Kosten seien als formale Abgrenzungskriterien zwischen Sonderbedarf und laufendem Unterhalt ungeeignet. Damit werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass auch bei vorausschauender Planung vom laufenden Unterhalt meist keine nennenswerten Rücklagen gebildet werden könnten, weil ohnehin der laufende Bedarf des Kindes nur knapp gedeckt sei. Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für den Unterhaltspflichtigen werde im Rahmen der weiteren Voraussetzungen des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB Genüge getan. Zwar träfen die Aufwendungen für eine Konfirmation den betreuenden Elternteil nicht überraschend, weil sie sich spätestens mit dem Beginn des Konfirmandenunterrichts in nicht unbeträchtlicher Höhe abzeichneten. Konkrete Angaben zur Höhe seien in diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich. Auch richte sich der laufende Barunterhalt in erster Linie nicht nach der konkreten Bedarfssituation des Kindes, sondern nach der Einkommenssituation der Eltern, wenngleich dem "Gesichtspunkt des (Mindest-)Bedarfs" mit der Regelung des § 1612 b Abs. 5 BGB in gewisser Weise Rechnung getragen sei. Für zusätzliche Ausgaben bleibe dennoch kaum Spielraum. Dieser müsse im Übrigen vorrangig für die mit dem Schulbesuch zusammenhängenden Ausgaben und die üblichen Kosten der Freizeitgestaltung des Kindes genutzt werden. Kosten der Konfirmation , die auf das Notwendige beschränkt blieben, seien deswegen als Sonderbedarf anzusehen, für den grundsätzlich auch der zum Naturalunterhalt verpflichtete Elternteil im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit hafte. Auf die Frage, ob und ab welcher Höhe des Barunterhalts es dem Unterhaltsberechtigten zumutbar sei, monatliche Rücklagen zu bilden, komme es nicht an, weil der Be- klagte lediglich Barunterhalt zahle, der nur geringfügig über dem Regelbetrag liege.
7
Der Unterhaltsbedarf der Kläger sei auch nicht durch die den Konfirmanden zugewendeten Geldgeschenke gedeckt, weil der Schenkende mit seiner Zuwendung nicht die Absicht verfolge, die unterhaltspflichtigen Eltern zu entlasten , und weil es dem unterhaltsberechtigten Kind auch nicht zumutbar sei, solche Geldgeschenke als Vermögensbestandteile für seinen Unterhalt einzusetzen.

II.

8
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand.
9
1. Nach § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des monatlich zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Soweit der Unterhaltsbedürftige selbst noch keine eigene Lebensstellung erlangt hat, wie dies bei minderjährigen Kindern der Fall ist, leitet sie sich von derjenigen der unterhaltspflichtigen Eltern ab. Damit bestimmt sich die Lebensstellung des minderjährigen Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils (Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 537). Der nach Einkommensgruppen gestaffelte monatliche Tabellenunterhalt umfasst regelmäßig den gesamten absehbaren Lebensbedarf (§ 1610 Abs. 2 BGB). Hat das unterhaltsbedürftige Kind neben dem allgemeinen Lebensbedarf über einen längeren Zeitraum einen zusätzlichen Bedarf, z.B. für krankheitsbedingte Kosten oder den Besuch einer Privatschule, ist dieser als regelmäßiger Mehrbedarf schon bei der Bemessung des laufenden Unterhalts zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 11. April 2001 - XII ZR 152/99 - FamRZ 2001, 1603, 1604 f.; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 133 ff.).
10
2. Ausnahmsweise kann der Unterhaltsberechtigte neben dem laufenden Barunterhalt - auch für die Vergangenheit - weiteren Unterhalt wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf) verlangen (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Senats muss es sich dabei um einen Bedarf handeln, der überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftritt. Unregelmäßig i.S. von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist also nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte. Wann ein in diesem Sinne unregelmäßiger Bedarf zugleich außergewöhnlich hoch ist, lässt sich hingegen nicht nach allgemein gültigen Maßstäben festlegen; vielmehr kommt es insoweit auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf die Höhe der laufenden Unterhaltsrente und die sonstigen Einkünfte des Berechtigten, auf den Lebenszuschnitt der Beteiligten sowie auf den Anlass und den Umfang der besonderen Aufwendungen. Letztlich richtet sich die Frage, ob ein Bedarf außergewöhnlich hoch ist, danach, ob und inwieweit dem Berechtigten, wenn der Verpflichtete an sich leistungsfähig ist, bei einer Gesamtbetrachtung zugemutet werden kann, den Bedarf selbst zu bestreiten (Senatsurteile vom 11. April 2001 aaO, 1605 a.E.; vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82 - FamRZ 1984, 470, 472 unter II 2 b, bb; vom 6. Oktober 1982 - IVb ZR 307/81 - FamRZ 1983, 29, 30 und vom 11. November 1981 - IVb ZR 608/80 - FamRZ 1982, 145, 146 f.).
11
3. Welche Kosten schließlich im Einzelfall Sonderbedarf bilden und ob nach diesen Maßstäben neben dem laufenden Barunterhalt auch die Kosten für eine Konfirmation als Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB geschuldet sind, ist umstritten.
12
a) Teile in Rechtsprechung und Literatur sehen die Kosten einer Konfirmation oder Kommunion schon deswegen nicht als Sonderbedarf an, weil diese langfristig vorhersehbar und damit nicht unregelmäßig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien. Unregelmäßig im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB sei nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen sei und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden könne (OLG Braunschweig OLGR 1994, 305; OLG Hamm [2. Senat für Familiensachen] FamRZ 1993, 995; OLG München OLGR 1992, 59; OLG Hamm [5. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 1352; differenzierend OLG Karlsruhe [16. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 1351; OLG Hamm [3. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 857; OLG Hamm [6. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 110; OLG Hamm [9. Senat für Familiensachen ] FamRZ 1990, 556; OLG Hamm [10. Senat für Familiensachen] FamRZ 1989, 311; KG [18. Zivilsenat] FamRZ 1987, 306; OLG Stuttgart FamRZ 1982, 1114; Göppinger/Wax/Kodal Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 241 ff., 246; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil IV Rdn. 132 f. und Palandt/Diederichsen BGB 65. Aufl. § 1613 Rdn. 21).
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b) Demgegenüber ist die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur der Meinung, die Vorhersehbarkeit sei in solchen Fällen als einziges Abgrenzungskriterium zum monatlich geschuldeten Unterhalt und insbesondere zum Mehrbedarf nicht geeignet. Selbst wenn besondere Kosten längerfristig vorhersehbar seien, scheide ein Sonderbedarf nur dann aus, wenn der Unterhaltsberechtigte auf der Grundlage des ihm gezahlten Barunterhalts in der Lage sei, den später benötigten Betrag selbst anzusparen, und wenn ihm dieses im Hinblick auf die gesamten Verhältnisse auch zumutbar sei (OLG Schleswig FamRZ 2005, 1277; OLG Bremen OLGR 2003, 61; KG [19. Senat für Familiensachen] FamRZ 2003, 1584; OLG Köln FF 2002, 170; OLG Karlsruhe [5. Senat für Familiensachen] FamRZ 2000, 1046; OLG Dresden OLGR 2000, 96; OLG Karlsruhe [2. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 1349; OLG Celle NJW-RR 1991, 201; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 1144; OLG Frankfurt FamRZ 1988, 100; Wendl/Scholz aaO § 6 Rdn. 3 f., 16; Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1613 BGB Rdn. 51; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 280, 283; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 190 f.; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3051 f.; Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 3044, 3046; Johannsen/Henrich/Graba Eherecht 4. Aufl. § 1613 BGB Rdn. 11 f. und Scholz/Stein Praxishandbuch Familienrecht Stand: September 2005 Teil K Rdn. 202, 210).
14
Von den Vertretern dieser Auffassung wird teilweise schon die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für einen Sonderbedarf geforderte Voraussetzung eines überraschend eingetretenen zusätzlichen Bedarfs in Frage gestellt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei lediglich ein unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf erforderlich; eine weitere Voraussetzung, wonach der Bedarf nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar sein dürfe und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden könne, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen (OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 967, 968; Eschenbruch/Wohlgemuth aaO Rdn. 3044).
15
Überwiegend wird insoweit allerdings die Auffassung vertreten, die in der Rechtsprechung des Senats verlangte fehlende Voraussehbarkeit des zusätzlichen Bedarfs könne nicht unabhängig von dem Zweck dieses Kriteriums beurteilt werden. Denn die Vorhersehbarkeit solle in Ausfüllung des Begriffes "unregelmäßiger Bedarf" verhindern, dass als Sonderbedarf ein Betrag anerkannt werde, der bereits bei der Bemessung des laufenden Unterhalts hätte Berücksichtigung finden können. Das sei aber nur dann der Fall, wenn Unterhalt in einem Umfang gezahlt werde, der die Bildung einer Rücklage über einen längeren Zeitraum ermögliche, um die - absehbaren - Kosten etwa einer Konfirmation abzudecken (OLG Schleswig FamRZ 2005, 1277; Wendl/Scholz aaO Rdn. 3 f.).
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c) Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an. Ein Anspruch auf Sonderbedarf scheidet schon dann aus, wenn die zusätzlichen Kosten mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente - ggf. als Mehrbedarf - berücksichtigt werden konnten.
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§ 1613 Abs. 1 BGB räumt dem Schutz des Schuldners vor Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht mehr rechnen musste, Vorrang vor den Interessen des Unterhaltsgläubigers ein, der seinen Bedarf vorausschauend kalkulieren kann (Göppinger/Wax/Kodal aaO Rdn. 241). Für die Vergangenheit kann der Unterhaltsberechtigte deswegen regelmäßig nur von dem Zeitpunkt an Unterhalt verlangen, in welchem der Unterhaltsverpflichtete zur Auskunft über seine Vermögensverhältnisse aufgefordert war oder er sich im Zahlungsverzug befand. Ohne diese Einschränkung kann der Unterhaltsberechtigte rückwirkend für die Dauer eines Jahres lediglich Erfüllung wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs verlangen (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung gewinnt in solchen Fällen das Interesse des Unterhaltsgläubigers Vorrang vor dem Vertrauen des Unterhaltsschuldners, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Denn der Gläubiger kann einen solchen unregelmäßig auftretenden Bedarf nicht vorausschauend kalkulieren und - wie den laufenden Unterhalt oder seinen Anspruch auf Auskunftserteilung - frühzeitig geltend machen. Der Senat hält deswegen daran fest, dass unregelmäßig im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur der Bedarf ist, der nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (Senatsurteile vom 11. April 2001 aaO; vom 9. Februar 1994 aaO; vom 6. Oktober 1982 aaO und vom 11. November 1981 aaO; vgl. auch BT-Drucks. V/2370 S. 42).
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Der gesetzlich nur unter engen Voraussetzungen geschuldete Sonderbedarf kann von dem regelmäßig geschuldeten Barbedarf, einschließlich eines eventuellen Mehrbedarfs, auch nicht nach den Einkommensverhältnissen im Einzelfall abgegrenzt werden. Soweit die Gegenmeinung auch einen langfristig absehbaren zusätzlichen Bedarf als Sonderbedarf einstuft, sofern der Unterhaltsgläubiger nicht in der Lage ist, die betreffenden Kosten von seinen laufenden Einkünften abzudecken, überzeugt dieses nicht. Denn neben dem monatlich geschuldeten Barunterhalt (§ 1612 Abs. 1 und 3 BGB), der regelmäßig den gesamten Lebensbedarf umfasst (§ 1610 Abs. 2 BGB), steht dem Unterhaltsgläubiger nur ausnahmsweise ein weitergehender Anspruch wegen eines unregelmäßigen und nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehenden außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf) zu (Weinreich/Klein aaO § 1613 Rdn. 52). Das ergibt sich aus dem Sinn der gesetzlichen Regelung, die sich darauf beschränkt , eine rückwirkende Geltendmachung eines überraschend entstandenen außergewöhnlich hohen Bedarfs zu ermöglichen. Selbst ein außergewöhnlich hoher Bedarf steht dem Unterhaltsgläubiger deswegen neben dem laufenden Unterhalt dann nicht als Sonderbedarf zu, wenn er mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und der Gläubiger sich deswegen darauf einstellen konnte (Senatsurteil vom 11. November 1981 aaO, 146). Das ist dem Unterhaltsgläubiger bei einem voraussehbaren Bedarf aber stets möglich.
19
Handelt es sich nicht um außergewöhnlich hohe Kosten, scheidet ein zusätzlich geschuldeter Sonderbedarf schon deswegen aus. Übersteigt der zu- sätzliche Bedarf hingegen diese Grenze, ist der Unterhaltsgläubiger zunächst gehalten, diesen durch Bildung von Rücklagen aus seinem laufenden Unterhalt zu decken. Selbst wenn die laufenden Unterhaltsleistungen eine solche Rücklage ausnahmsweise nicht ermöglichen, etwa weil sie nur den notwendigen Lebensbedarf abdecken, kann dieses den Charakter des zusätzlich aufgetretenen Bedarfs als langfristig absehbarer Unterhaltsbedarf nicht ändern. Auch in solchen Fällen kann der Unterhaltsberechtigte den mit Wahrscheinlichkeit voraussehbaren zusätzlichen Bedarf also nicht als Sonderbedarf verlangen (Senatsurteil vom 11. April 2001 aaO, 1604 f.; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 133 ff., 317 ff.).
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4. Die Kosten des Klägers zu 1 für seine Konfirmation im Jahre 2000 und die Kosten des Klägers zu 2 für dessen Konfirmandenfahrt im Jahre 2001 bilden deswegen jedenfalls keinen Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Diese Kosten sind nicht überraschend entstanden, sondern waren spätestens mit dem Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar.
21
Letztlich kommt es deswegen nicht darauf an, ob die Kosten der Konfirmandenfahrt des Klägers zu 2 im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien überhaupt einen außergewöhnlich hohen Bedarf darstellen. Ebenfalls dahinstehen kann, ob der Beklagte einen Sonderbedarf allein schulden würde oder ob er - vorbehaltlich der Leistungsfähigkeit der die Kläger betreuenden Mutter (Senatsurteil vom 12. November 2003 - XII ZR 111/01 - FamRZ 2004, 364) - dafür nur anteilig haftet (vgl. Wendl/Scholz aaO § 6 Rdn. 13; Scholz/Stein aaO Teil K Rdn. 206; Göppinger/Wax/Kodal aaO Rdn. 259, 1547).
22
Weil die mit der Klage verfolgten Ansprüche keinen Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB bilden, sind sie nach § 1610 Abs. 2 BGB vom laufenden Unterhalt abgedeckt. Die Klage war deswegen insgesamt abzuweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Bremerhaven, Entscheidung vom 05.06.2003 - 150 F 73/03 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 28.11.2003 - 4 UF 34/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2006 - XII ZR 4/04

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1610 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf,

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(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine

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(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen. (2) Haben Eltern einem unverheirat
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Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2006 - XII ZR 4/04 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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bei uns veröffentlicht am 12.11.2003

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2002 - XII ZR 20/00

bei uns veröffentlicht am 06.02.2002

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2001 - XII ZR 152/99

bei uns veröffentlicht am 11.04.2001

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2012 - XII ZR 178/09

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 178/09 Verkündet am: 18. Januar 2012 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2012 - XII ZR 177/09

bei uns veröffentlicht am 18.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 177/09 Verkündet am: 18. Januar 2012 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichts

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05

bei uns veröffentlicht am 16.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 109/05 Verkündet am: 16. Juli 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 20/00 Verkündet am:
6. Februar 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frage des Mindestbedarfs eines unterhaltsberechtigten Kindes nach Wegfall
des § 1610 Abs. 3 BGB durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 zum
1. Juli 1998 (- KindUG - BGBl. I, S. 666).
BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - OLG Zweibrücken
AG Pirmasens
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrükken vom 21. Dezember 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die vom Beklagten getrenntlebende Klägerin macht gegen ihn in Prozeßstandschaft Unterhalt für die gemeinsamen Kinder geltend. Aus der im Juli 1989 geschlossenen Ehe der Parteien sind die Tochter Marie-Christine, geboren am 4. Dezember 1990, und der Sohn Maximilian, geboren am 28. Dezember 1993, hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung der Eltern Ende Juni 1998 bei der Klägerin, die sie betreut und die das staatliche Kindergeld erhält. An seinen nicht aus der Ehe stammenden
Sohn Leon Sebastian, geboren am 6. April 1998, zahlt der Beklagte monatlich 300 DM Unterhalt. Der Beklagte arbeitet als Verwaltungsbeamter in S. . Sein monatliches Nettoeinkommen betrug 1998, bereinigt um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge , rund 4.700 DM. Die Klägerin ist Lehrerin und verdient monatlich netto ebenfalls rund 4.700 DM. Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer eines mit Krediten belasteten Anwesens, in dem die Klägerin mit den gemeinsamen Kindern verblieben ist. Sie trägt den überwiegenden Teil dieser Kreditverbindlichkeiten. Der Beklagte macht für sich weitere monatliche Kreditverbindlichkeiten in Höhe von 1.425 DM geltend. Außerdem zahlt er für einen im März 1998 geleasten Pkw, auf den er eine Sonderleistung von 10.000 DM erbracht hat, monatliche Raten von rund 672 DM. Mit dem Pkw fährt er arbeitstäglich von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstelle rund 110 Kilometer. Die Klägerin bezieht seit Dezember 1998 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für Marie-Christine in Höhe von monatlich 299 DM und für Maximilian von 224 DM. Der Beklagte hat nach der Trennung an die Klägerin im Jahre 1998 für beide Kinder einen einmaligen Unterhaltsbetrag von insgesamt 500 DM und von Januar bis November 1999 monatlich 299 DM für MarieChristine und 244 DM für Maximilian an die Verwaltungsbehörde gezahlt. Diese hat die auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche der Kinder auf die Klägerin zurückübertragen. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung des weitergehenden Begehrens verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für beide Kinder für Juli und August 1998 in Höhe von insgesamt 1.142 DM zu zahlen,
ferner für die Zeit vom 1. September 1998 bis 31. Dezember 1998 jeweils monatlich 460 DM für Marie-Christine und 361 DM für Maximilian, sowie ab 1. Januar 1999 jeweils monatlich 418 DM für Marie-Christine und 322 DM für Maximilian. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Beklagte hat geltend gemacht, er schulde wegen seiner anderweitigen Verbindlichkeiten und der anfallenden Fahrtkosten von monatlich 583 DM nur den Unterhalt nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich hälftigen Kindergeldes, für die Zeit ab Januar 1999 somit für MarieChristine monatlich 299 DM und für Maximilian 224 DM. Die Klägerin hat mit der Berufung die Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils dahingehend begehrt, daû für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998 restlicher Unterhalt von insgesamt 5.547 DM für beide Kinder sowie ab 1. Januar 1999 für Marie-Christine monatlich 595 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 299 DM und für Maximilian monatlich 469 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 224 DM an sie zu zahlen seien. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. November 1999 rückständigen Unterhalt für Marie-Christine in Höhe von 3.702 DM und für Maximilian in Höhe von 2.890 DM sowie ab 1. Dezember 1999 für beide Kinder monatlich je 427 DM zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

A.

I. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2000, 765 f. veröffentlicht ist, hat den Bedarf für die Kinder der Parteien nach der Düsseldorfer Tabelle, Einkommensgruppe 5 ermittelt. Dies ergab für die am 4. Dezember 1990 geborene Marie-Christine in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 monatlich 543 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 2) und ab 1. Juli 1999 monatlich 552 DM (Düss.Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2). Für den am 28. Dezember 1993 geborenen Maximilian hat es den Bedarf entsprechend für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 mit 447 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 1), für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. November 1999 mit monatlich 455 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 1) und ab 1. Dezember 1999 mit 552 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2) angenommen. Für die Bedarfsbemessung ist das Oberlandesgericht dabei zunächst richtig und von der Revision nicht beanstandet von einem durchschnittlichen, um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verminderten Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von monatlich rund 4.700 DM für das Jahr 1998 und in Höhe von rund 4.450 DM für das Jahr 1999 ausgegangen. Von diesem Einkommen hat es - unter Berücksichtigung der Fahrten des Beklagten zur Ar-
beitsstelle - eine Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abgezogen , so daû es zu einem bereinigten Nettoeinkommen von monatlich rund 4.466 DM für das Jahr 1998 und von 4.228 DM für das Jahr 1999 gelangt ist. Die Berücksichtigung der monatlichen Leasingraten für den Pkw des Beklagten in Höhe von rund 672 DM hat es abgelehnt, da diese Verpflichtung in keiner Weise der finanziellen Gesamtsituation entspreche und auch nicht berufsbedingt notwendig sei. 1. Insoweit ist nicht zu beanstanden, daû das Oberlandesgericht für die Fahrten zur Arbeitsstelle nur die Pauschale von 5 % und nicht die geltend gemachten konkreten Fahrtkosten von monatlich 583 DM vom Nettoeinkommen abgezogen hat. Da es sich bei Unterhaltsfällen um Massenerscheinungen handelt , ist aus Vereinfachungsgründen eine pauschalierende Berechnungsmethode notwendig (Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 807). Dies schlieût zwar die Berücksichtigung konkreter Aufwendungen nicht aus, soweit diese notwendig und angemessen sind. Es hält sich aber im Rahmen der revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Bewertung, wenn das Oberlandesgericht es für zumutbar gehalten hat, daû der Beklagte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeitsstelle gelangt oder den Wohnsitz an den Dienstort verlegt. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die Bemessung der Aufwendungen mit 5 % hält sich ebenfalls im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493). 2. Entgegen der Revision kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen , von seinem Einkommen seien weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 672 DM Leasingraten abzuziehen.
Minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maûgebliche Lebensstandard im wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Deshalb sind unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 247/94 - FamRZ 1996, 160, 161). Ob die Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt (Senatsurteile vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 184 und vom 25. Oktober 1995 aaO S. 161). Im Rahmen dieser in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Interessenabwägung ist das Oberlandesgericht - bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit - zu dem Ergebnis gelangt, daû die monatlichen Leasingraten von 672 DM zum einen der finanziellen Gesamtsituation nicht entsprächen und zum anderen nicht berufsbedingt notwendig seien. Der Beklagte könne diese Raten bei Nutzung eines preiswerten Gebrauchtwagens oder öffentlicher Verkehrsmittel in zumutbarer Weise vermeiden, so daû seine Kinder sich diese Verpflichtung nicht entgegenhalten lassen müûten. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision zeigt solche auch nicht auf.

II. Zu Recht rügt jedoch die Revision, das Oberlandesgericht habe den Bedarf der Kinder nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Beklagten mit dem Existenzminimum gleichsetzen und ihn darauf verweisen dürfen , die ehebedingten Verbindlichkeiten in Höhe von 120.000 DM, die er mit monatlich 1.425 DM zurückführe, zu strecken. 1. Das Oberlandesgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob diese Verbindlichkeiten - wie der Beklagte unter Beweisantritt behauptet hat - als ehebedingt anzusehen sind oder aber zur Wahrnehmung persönlicher Bedürfnisse des Beklagten aufgenommen wurden. Dies ist für die Frage ihrer Berücksichtigung von Bedeutung (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). In der Revisionsinstanz ist daher zugunsten des Beklagten zu unterstellen, daû es sich um ehebedingte Schulden handelt. Werden die monatlichen Kreditraten von 1.425 DM in voller Höhe berücksichtigt, würde sich das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten im Jahre 1998 von 4.466 DM auf 3.041 DM und im Jahre 1999 von 4.228 DM auf 2.803 DM vermindern , was der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle und einem Unterhaltsbedarf von 484 DM (ab 1. Juli 1999 492 DM) in der Altersstufe 2 und von 398 DM (ab 1. Juli 1999 405 DM) in der Altersstufe 1 entspräche. Damit hätte der Beklagte zwar mehr als den Regelbetrag, aber weniger als den vom Oberlandesgericht angenommenen "Mindestbedarf" zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, den ehegemeinschaftlichen Kindern stehe wenigstens ein Mindestbedarf im Sinne des zur Sicherung des Existenzminimums erforderlichen Unterhaltsbetrages zu. Die Lebensstellung eines minderjährigen Kindes leite sich vom barunterhaltspflichtigen Elternteil ab. Der Unterhaltsanspruch genieûe grundsätzlich keinen Bestandsschutz hin-
sichtlich der tatsächlichen Lebensverhältnisse. Das Kind müsse deshalb hinnehmen , wenn nur noch ein geringerer - den Mindestbedarf allerdings nicht unterschreitender - Unterhaltsbetrag geschuldet werde. Die Festlegung des Mindestbedarfs sei mit dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes aufgrund der Aufhebung der Verweisung in § 1610 Abs. 3 BGB a.F. aufgegeben worden. Der Regelbetrag nach der Regelbetrag -Verordnung (= Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle) liege unter dem Existenzminimum und solle nicht bedarfsdeckend sein, sondern diene primär als Bemessungsgröûe für das vereinfachte Verfahren. Ihm sei daher ein Mangelfall immanent, weshalb er nicht mehr dem Mindestbedarf entspreche. Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben sei für den Mindestbedarf auf das nach dem Sozialhilfebedarf ermittelte Existenzminimum abzustellen. Dieses betrage bei einer Verteilung auf die drei Altersstufen ab 1996 431 DM, 510 DM und 631 DM, ab 1999 461 DM, 544 DM und 670 DM. Die genannten Beträge seien nicht genau in die Unterhaltstabelle einzupassen, da sie zwischen den Einkommensgruppen 4 bis 6 der Tabelle lägen. Deshalb sei es angemessen, den Mindestbedarf unter Zuordnung zur Einkommensgruppe 5 zu bemessen. Dieser Mindestbedarf stehe den Kindern in jedem Falle zu. Da der Beklagte drei Kindern unterhaltspflichtig sei, sei eine Höherstufung nicht angezeigt. 2. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, daû es seit dem am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (KindUG-BGBl. I, 666) keine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder im Unterhaltsrecht mehr gibt (so auch Schumacher/Grün FamRZ 1998, 778, 779; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 2 Rdn. 127 a f.).
Bis zum 30. Juni 1998 definierte § 1615 f Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. den Regelunterhalt als den Betrag (Regelbedarf), der zum Unterhalt eines nichtehelichen Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderlich sei. Verlangte ein eheliches Kind Barunterhalt , so galt als Bedarf mindestens der für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzte Regelbedarf, § 1610 Abs. 3 BGB a.F.. Durch Art. 1 Nr. 8, 16, Art. 6 KindUG wurden § 1610 Abs. 3 BGB und die Vorschriften über den Regelunterhalt nichtehelicher Kinder aufgehoben. § 1610 Abs. 3 BGB war nicht mehr erforderlich, da in § 1612 a Abs. 1 BGB für alle Kinder die Möglichkeit geschaffen wurde, die Regelbeträge geltend zu machen. Damit war die Definition des Mindestbedarfs im Unterhaltsrecht entfallen. Die Regelbeträge sollten als Basiswerte der Unterhaltstabellen und als Bezugsgröûen für die Unterhaltsanpassung dienen (Regierungsentwurf - im folgenden : RegE -, BT-Drucks. 13/7338, S. 22; Stellungnahme des Rechtsausschusses - im folgenden: RA -, BT-Drucks. 13/9596, S. 36). In Höhe der Regelbeträge (im RegE noch Regelunterhalt genannt) sollte das Kind von der Darlegungs - und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein (RegE aaO S. 19). Die Festlegung eines Mindestbedarfs erfolgte bewuût nicht (Bericht des RA aaO S. 31 f.). Die Empfehlung des Bundesrats, den im Regierungsentwurf verwendeten Begriff "Regelunterhalt" durch den Begriff "Mindestunterhalt" zu ersetzen, und die Forderung , der Mindestunterhalt der Kinder müsse sich an deren Bedarf orientieren und mindestens deren Existenzminimum abdecken (Stellungnahme des Bundesrats , BT-Drucks. 13/7338, S. 56), sind nicht Gesetz geworden. In ihrer Gegenäuûerung hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daû nicht der Eindruck erweckt werden solle, ein Mindestunterhalt sei unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten geschuldet (BT-Drucks. 13/7338, S. 59).
Insbesondere im Hinblick auf das Ziel des Entwurfs, die verfahrensrechtlich erleichterte Durchsetzung der Regelbeträge zu ermöglichen, wurde auf eine dem § 1615 f Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Definition der Regelbeträge verzichtet. Es war bekannt, daû eine erhebliche Erhöhung der Regelbeträge voraussichtlich dazu führen würde, daû die gesetzlich vorgesehenen Beträge für die Mehrzahl der Berechtigten wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Verpflichteten nicht erreichbar wären. Auûerdem sollten Mehrkosten für gesteigerte Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuûgesetz und eine erhebliche Mehrbelastung der Justiz durch die Geltendmachung von Unterhaltsbeträgen , die nicht der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen entsprechen, vermieden werden (Gegenäuûerung der Bundesregierung, aaO S. 60; Bericht des RA aaO S. 31). Die wesentliche Bedeutung des Regelbetrages sollte daher nicht in der Festlegung eines Mindestunterhalts, sondern darin liegen, daû mit ihm eine Bezugsgröûe für den Zugang zum vereinfachten Verfahren und für die im Zweijahresrhythmus erfolgende Anpassung der Unterhaltsansprüche geschaffen werden sollte (vgl. § 645 ZPO). Daû die Beträge hinter dem Existenzminimum zurückblieben, sei unschädlich, da das vereinfachte Verfahren auch für Unterhaltsbeträge in Höhe des Existenzminimums und sogar darüber hinaus eröffnet sei (Bericht des RA aaO S. 31, 36, vgl. auch Wendl/Scholz aaO). Die gegenteilige Auffassung, der Regelbetrag sei auch nach Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes entsprechend dem früheren Regelunterhalt dem Mindestbedarf gleichzusetzen, widerspricht daher dem im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers (so aber: KG FamRZ 1999, 405 f.; OLG München FamRZ 1999, 884; OLG Bamberg FamRZ 2000, 307,308; OLG Koblenz FamRZ 2000, 313; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1432, 1433; Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozeû, 2. Aufl., Rdn. 3025).

b) Die Auffassung, ein Mindestbedarf sei in Höhe des Eineinhalbfachen des Regelbetrages festzulegen, weil dieser Betrag nach § 645 ZPO im vereinfachten Verfahren ohne weitere Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse geltend gemacht werden könne (so Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 3. Aufl., § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12), wird vom Oberlandesgericht zutreffend abgelehnt. Die erweiterte Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens für Beträge in Höhe von 150 % des Regelbetrages ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, während der Regierungsentwurf in § 645 ZPO nur die Geltendmachung des Regelbetrages vorsah (Bericht des RA aaO S. 11). Dabei hat der Rechtsausschuû aber den Unterschied zwischen dem nicht festgesetzten materiell-rechtlichen Mindestunterhaltsanspruch und der Verbesserung der prozessualen Situation der Kinder betont (Bericht des RA aaO S. 31). Angesichts des auch im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers kann daher aus § 645 ZPO kein Mindestbedarf in entsprechender Höhe hergeleitet werden. Soweit in der Literatur gelegentlich befürwortet wird (Johannsen/Henrich/Graba aaO § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12; Graba NJW 2001, 249, 253), die Regelung des vereinfachten Verfahrens aus Gründen des Gleichklangs ins Klageverfahren zu übernehmen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ein vorausgegangenes vereinfachtes Verfahren kann weder Wirkungen für den materiellen Unterhaltsbedarf und -anspruch noch für die Darlegungs- und Beweislast im streitigen Prozeû begründen.
c) Der Senat folgt andererseits auch nicht der vom Oberlandesgericht und Teilen der Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; OLG Stuttgart (18. ZS) FamRZ 2000, 376; abweichend davon OLG Stuttgart (16. ZS), Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01; Göppinger /Wax/
Strohal, Unterhaltsrecht, 7. Aufl. Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz , Das neue Kindschaftsrecht § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 mit eingehender Darstellung des Streitstandes und Nachweisen; ders. FamRZ 2001, 334, 335; Rühl/Greûmann, Kindesunterhaltsgesetz Rdn. 58 ff.; vgl. weiter den Überblick bei Miesen, Neuere Entwicklung im Familienrecht bis Herbst 2001, FF Sonderheft, S. 4 f.) vertretenen Auffassung, daû es geboten sei, anstelle des im Unterhaltsrecht seit 1. Juli 1998 nicht mehr definierten Mindestbedarfs nunmehr auf das von der Bundesregierung auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs ermittelte, steuerfrei zu stellende rechtliche Existenzminimum eines Kindes abzustellen (für das Jahr 1996: 524 DM (BT-Drucks. 13/381, S. 4); für das Jahr 1999: 558 DM (BT-Drucks. 13/9561, S. 4); für das Jahr 2001: 564 DM (BT-Drucks. 14/1926, S. 5)). Aus dem für alle Kinder bis 18 Jahre unterschiedslos ermittelten Existenzminimum sollten gestaffelte Werte für die drei Altersstufen nach § 1612 a Abs. 3 BGB errechnet werden (vgl. die Berechung bei Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.). Die gewonnenen Ergebnisse entsprächen allerdings nicht den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle, sondern lägen je nach Altersstufe im Bereich der Einkommensgruppen 4 bis 6. Deshalb sollte im Wege der Interpolation der Mindestbedarf einheitlich nach der Einkommensgruppe 5 festgesetzt werden, wie es hier auch das Oberlandesgericht vorgeschlagen hat. aa) Für diese Auffassung wird teilweise angeführt, der Rechtsausschuû habe die aus dem Bericht der Bundesregierung vom 2. Februar 1995 ersichtlichen durchschnittlichen Sozialhilfebeträge ausdrücklich als Existenzminimum von Kindern bezeichnet. Deshalb seien in einem Nicht-Mangelfall mindestens diese Sätze geschuldet (Kleinle ZfJ 1998 aaO S. 226). Diese Ansicht widerspricht den bereits dargelegten Beratungen des Ausschusses, der bewuût von der Festsetzung eines Mindestunterhalts in Höhe des Existenzminimums abge-
sehen hat (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 59; Bericht des RA aaO S. 31). bb) Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums und zum Familienleistungsausgleich (vgl. nur BVerfG FamRZ 1999, 285 ff. und 291 ff.) zwingt nicht zur Annahme eines entsprechenden Mindestbedarfs. Danach müsse dem Steuerpflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts bedürfe (Existenzminimum). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaûstab sei der sich aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz, daû der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen müsse, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt werde (BVerfGE 82, 60, 85, BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer (BVerfGE 87, 153, 169; FamRZ 1999 aaO S. 292). Art. 6 Abs. 1 GG gebiete darüber hinaus, daû bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben müsse (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 287; FamRZ 1999 aaO, S. 292 jew. m.N.). Dabei müûten die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf - realitätsgerecht - bemessen werden (BVerfGE 91, 93, 111; BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292 m.N.). Dessen Untergrenze sei durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollten, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäûig den veränderten Lebensverhältnissen angepaût werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stelle, müsse er auch dem Einkommensbezieher von dessen Er-
werbsbezügen belassen (BVerfGE 87 aaO S. 171; 91, aaO S. 111; FamRZ 1999 aaO S. 292). Letzteres gelte sinngemäû für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums von Kindern (BVerfGE 82, 60, 93 f.), bei denen allerdings nach der neueren Rechtsprechung zusätzlich ab 1. Januar 2000 ein Betreuungsbedarf und ab 1. Januar 2002 auch der Erziehungsbedarf im Rahmen des steuerlichen Existenzminimums der Kinder zu berücksichtigen sei (BVerfGE 99, 216, 233 f., 240 f., 242). Diese Grundsätze werden bei der Festlegung eines Mindestbedarfs teilweise auf das Unterhaltsrecht übertragen (OLG Stuttgart FamRZ 2000, 376; OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; Göppinger/Wax/Strohal aaO Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz aaO § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 m.N.; ders. FamRZ 2001, aaO 335; Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.; Miesen, aaO S. 4 f.), vereinzelt unter Hinweis auf die der Sozialhilfe vorrangige Verwandtenunterhaltspflicht (Graba NJW 2001 aaO S. 251 f.). Dabei werden jedoch die unterschiedliche Struktur und Funktion des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts auf der einen Seite sowie des Einkommensteuer- und Sozialhilferechts auf der anderen Seite nicht ausreichend beachtet. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum und zum Familienleistungsausgleich betreffen das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Das Bundesverfassungsgericht fordert, daû der verminderten Leistungsfähigkeit der Bürger, die Kindern unterhaltspflichtig sind, durch eine entsprechende steuerliche Entlastung im Vergleich zu kinderlosen Steuerzahlern Rechnung getragen wird. Der sozialhilferechtlich anerkannte Bedarf als dafür entscheidende Bemessungsgröûe ist naheliegend, da diese pauschalierenden Sätze nach dem Verständnis des Sozialstaates und dem Sozialrecht das Existenzminimum zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins si-
chern. Aus den Entscheidungen ergeben sich also in erster Linie Pflichten des Staates, während sich zivilrechtliche Unterhaltsansprüche nach wie vor nach den Regelungen im Verwandtenunterhaltsrecht richten (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 127 b). cc) Anders als der im Steuerrecht für alle gleichmäûig festzusetzende, gegenüber dem Zugriff des Staates geschützte Grenzbetrag geht das Unterhaltsrecht von einem individuell zu bemessenden Unterhaltsanspruch aus. Im Verwandtenunterhalt bestimmt sich das Maû des zu gewährenden angemessenen Unterhalts grundsätzlich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Jedoch wird Unterhalt nicht geschuldet, soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zur Zahlung auûerstande ist (§ 1603 Abs. 1 BGB). Das Recht des Kindesunterhalts ist dadurch gekennzeichnet , daû minderjährige Kinder ohne Einkünfte keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB besitzen. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des bar-unterhaltspflichtigen Elternteils. An dieser individuellen Bemessung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimum nichts geändert. Ist nach diesen unterhaltsrechtlichen, dem § 1610 Abs. 1 BGB zu entnehmenden Grundsätzen der Unterhaltspflichtige (und auch ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter) nicht in der Lage, das sozialhilferechtlich ermittelte Existenzminimum sicherzustellen, so hat insoweit der Staat im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip die notwendigen Leistungen zu erbringen. Soweit
dagegen der Unterhaltspflichtige den Unterhalt selbst sicherstellen kann, ist die Sozialhilfe subsidiär. Im übrigen zeigt die gerichtliche Praxis, daû das sozialhilferechtliche Existenzminimum, das als Bedarf nach der Einkommensgruppe 5 (um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Nettoeinkommen 1998 bis Juni 2001 mindestens 3.500 DM, ab Juli 2001 mindestens 3720 DM) angesetzt wird, von der Mehrzahl der Barunterhaltspflichtigen nicht geleistet werden kann. Dies wuûte auch der Gesetzgeber, als er auf die Festsetzung eines entsprechenden Mindestbedarfs verzichtete (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 60). dd) Die Rechtsprechung hat zwar an den früher kodifizierten Mindestbedarf eine Reihe von Folgen geknüpft. So konnte etwa im Wege der einstweiligen Verfügung nur der Mindestbedarf als Notunterhalt verlangt werden. Diese Funktion hat jedoch nach dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes an Bedeutung verloren (so auch Luthin FamRZ 2001 aaO S. 336). Denn nach § 644 ZPO kann nunmehr im Unterhaltsprozeû und weiterhin während eines Scheidungsverfahrens nach § 620 ZPO Unterhalt im Wege einstweiliger Anordnung und damit ohne die zeitlichen und betragsmäûigen Beschränkungen der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden (OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 662). Auch soweit die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bisher den gesetzlich festgelegten Mindestbedarf im Mangelfall als Einsatzbetrag herangezogen hat (vgl. nur Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Januar 1996 - FamRZ 1995, 1323, 1324 unter C.), nötigt dies nicht zu einer Festschreibung des Existenzminimums als Mindestbedarf. Die Ermittlung des zu leistenden Unterhalts mit Hilfe von Einsatzbeträgen, z.B. der Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle, beruht nicht auf einer mathematisch exakten Rechenope-
ration, die das Gesetz auch in § 1610 Abs. 2, § 1603 Abs. 1 BGB nicht vorsieht. Vielmehr sind die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung. Deshalb ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen Mangelfall handelt oder nicht (Senatsurteil vom 19. Juli 2000, aaO 1493). Die Vorgehensweise für die Berechnung der Unterhaltsansprüche im Mangelfall ist daher von der Festsetzung eines Mindestbedarfs nicht abhängig. Von maûgeblicher Bedeutung war der gesetzliche Mindestbedarf gemäû § 1610 Abs. 3 BGB a.F. allerdings für die Darlegungs- und Beweislast. Da der Regelunterhalt als Mindestbedarf "galt", war eine weitere Darlegung der Bedarfshöhe nicht erforderlich (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Nach Aufhebung dieser Vorschrift könnte die allgemeine Darlegungs- und Beweislast für Unterhaltsansprüche eingreifen. Das minderjährige Kind wäre für die bedarfsprägenden Lebensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils und dessen Leistungsfähigkeit in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig (so Klinkhardt DAVorm 1998, 655). Dies würde eine Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position minderjähriger Kinder bedeuten, die der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der mit dem Kindesunterhaltsgesetz die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder verbessern wollte. In der Begründung zum Regierungsentwurf wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daû in Höhe des Regelunterhalts das Kind von der Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein solle (BT-Drucks. 13/7338, S. 19). Dieses Ziel ist auch mit der im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Formulierung des § 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB-E "Ein minderjähriges Kind kann... den Regelunterhalt verlangen." (RegE aaO
S. 5) zum Ausdruck gekommen. Als in den Beratungen des Rechtsausschusses auf den Anspruch auf Regelunterhalt verzichtet wurde, hat man dessen Funktion für die Darlegungs- und Beweislast übersehen. Der Rechtsausschuû hat ausgeführt, ein materiell rechtlicher Anspruch auf einen das Existenzminimum nicht abdeckenden und nur unter den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit zu rechtfertigenden Regelunterhalt erscheine zur Verwirklichung der Reformziele nicht erforderlich (Bericht des RA aaO S. 31). Daraus läût sich nur herleiten, daû der Gesetzgeber jedenfalls nicht zu Lasten des Kindes von der bisherigen Rechtslage abweichen und ihm die Beweiserleichterung im Rahmen des Regelbetrages nehmen wollte. Es kann aber nicht geschlossen werden, daû der Gesetzgeber das Kind bis zur Höhe des Existenzminimums vollständig von der Darlegungs- und Beweislast freistellen wollte (im Ergebnis ebenso Eschenbruch/Wohl-gemuth aaO Rdn. 3025). Soweit der bisherige Mindestbedarf als "relative Grenze" für die Berücksichtigung von Drittverbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners herangezogen wurde, rechtfertigt und erfordert dies ebenfalls keine Festsetzung eines Mindestbedarfs. Aus § 1603 Abs. 1 BGB ergibt sich, daû es nicht schlechthin ausgeschlossen ist, Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners bei der Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen. Dies galt vor dem 1. Juli 1998 auch dann, wenn der Mindestunterhalt nach § 1610 Abs. 3 BGB a.F. nicht gewahrt werden konnte (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 659 und vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 80/84 - FamRZ 1986, 254, 257). Allerdings war in diesen Fällen die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten nur in Ausnahmefällen möglich, insbesondere deshalb, weil den Kindern, denen der Verpflichtete nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verschärft unterhaltspflichtig ist, jegliche Möglichkeit fehlt, durch eigene Anstren-
gungen zur Deckung des notwendigen Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). Auch nach Wegfall des Mindestbedarfs hat eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen. Dabei bleiben die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Gesichtspunkte unabhängig vom nicht mehr bestimmten Mindestbedarf von Bedeutung. 3. Auch nach dem 1. Januar 2001 ist ein Mindestbedarf für das Kind gesetzlich nicht festgelegt (so auch OLG Hamm, Urteil vom 9. November 2001 - 12 UF 43/01 -; Heger FamRZ 2001, 1409, 1412; Soyka FamRZ 2001, 740; Wendl/Scholz aaO Nachtrag zu § 2 zu Rdn. 2/127 b; ders. FamRZ 2000, 1541, 1545). Zu diesem Zeitpunkt ist das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I 1479) hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen in Kraft getreten. Dadurch wurde § 1612 b Abs. 5 BGB insoweit geändert, als eine Anrechnung des Kindergeldes bereits dann unterbleibt, wenn der Unterhaltspflichtige auûerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten. Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend gefolgert, daû nunmehr der gesetzliche Mindestbedarf bei 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung liege (OLG München FamRZ 2002, 52; OLG Stuttgart, 16. Zivilsenat, Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01 -; Gerhardt FamRZ 2001, 73; Graba NJW 2001, aaO 252, 253; Luthin FamRZ 2001, 334, 336; Miesen FF Sonderheft 2001, S. 4 m.N.; Vossenkämper FamRZ 2000, 1547, 1551; Wohlgemuth FamRZ 2001, 742, 744).
a) Den Vertretern dieser Auffassung ist einzuräumen, daû der Gesetzgeber mit der Änderung des § 1612 b Abs. 5 BGB beabsichtigt hat, das Barexi-
stenzminimum des Kindes zu sichern (Bericht des RA BT-Drucks. 14/3781, S. 8). Dies war allerdings nicht der Ausgangspunkt für die erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetzentwurf zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vorgenommene Änderung (Bericht des RA aaO S. 6). Vielmehr wurde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (FamRZ 1999, 285 ff.) Bezug genommen, in der es - unabhängig von der Art der Betreuung - den Betreuungsbedarf der Kinder stets als Bestandteil des Existenzminimums angesehen hat (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 288). Ein entsprechender Steuerfreibetrag wurde zum 1. Januar 2000 durch das Familienförderungsgesetz eingeführt. In Ergänzung dazu sollten die Alleinerziehenden nun auch unterhaltsrechtlich entlastet werden. Nur durch eine unterhaltsrechtliche Neuregelung könne sichergestellt werden, daû das Existenzminimum des Kindes nicht nur steuerrechtlich freigestellt, sondern auch Anknüpfungspunkt für die Verteilung bzw. Verwendung des Kindergeldes werde (Bericht des RA aaO S. 7). Eine Regelung, die das hälftige Kindergeld beim Barunterhaltspflichtigen belasse, selbst wenn dieser das Existenzminimum des Kindes noch nicht sichergestellt habe, sei kaum mehr zu rechtfertigen. Um die Unterhaltsberechnung nicht noch weiter zu erschweren, seien 135 % des Regelbetrages als Grenze anzusetzen. Mit diesem Prozentsatz werde an den Barunterhalt in Höhe des Existenzminimums in allen Altersstufen angeknüpft und eine bruchlose Umsetzung der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle gewährleistet (Bericht des RA aaO S. 8).
b) Dieser Ausgangspunkt des Gesetzgebers verdeutlicht die bereits im Gesetz angelegte Systematik. § 1612 b BGB regelt allein die Anrechnung staatlicher kindbezogener Leistungen auf den Kindesunterhalt.
Bereits vor Einführung des § 1612 b BGB betraf der Ausgleich des Kindergeldes nach der Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, nur das Verhältnis der Ehegatten zueinander und hatte für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des Kindes keine Bedeutung (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 808). Staatliches Kindergeld wird gewährt, um die Unterhaltslast der Eltern gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Diese öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung darf nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, daû sie - im Wege einer Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen - zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt (Senatsurteil BGHZ 70, 151, 153). Beim Ausgleichsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen handelt es sich um einen Unterfall des von der Rechtsprechung entwickelten besonderen familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 809), der nunmehr in § 1612 b BGB kodifiziert ist. Der Ausgleich vollzieht sich aus Vereinfachungsgründen zwar meist über die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils für das Kind. Das ändert jedoch nichts daran, daû es um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen daher auch unmittelbar auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes in Anspruch nehmen kann (Senatsurteile vom 24. Februar 1988 - IVb ZR 29/87 - FamRZ 1988, 607, 609, und vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834, m.N.). Grundsätzlich ordnet § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB den hälftigen Ausgleich des Kindergeldes an, der im Wege der Anrechnung auf den Barunterhaltsanspruch erfolgt. Bereits § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Kindesunterhaltsgesetzes sah eine Beschränkung der Anrechnungsmöglichkeit vor, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht den vollen Regelbetrag als Unterhalt leisten konnte. Im Ergebnis wurde der bar-unterhaltspflichtige Elternteil dadurch so gestellt, als habe er das Kinder-
geld in Höhe des nicht angerechneten Teils erhalten und für den Kindesunterhalt verwenden müssen (RegE zum KindUG aaO S. 30).
c) In Kenntnis dieser Rechtsprechung und der Gesetzesgeschichte des Kindesunterhaltsgesetzes hat der Gesetzgeber nur den Ausgleichsanspruch zwischen den Ehegatten geändert. Er hat - wie sich aus der Begründung ergibt - mit der Bezugnahme auf das verfassungsrechtliche Existenzminimum das rechtspolitische Anliegen verfolgt, unterhaltsrechtlich den betreuenden Elternteil zu entlasten (Graba NJW 2001 aaO S. 251). Es ging dem Gesetzgeber nicht um die Festlegung eines Mindestunterhalts der Kinder, auch wenn deren Existenzminimum möglichst gesichert werden soll. Vielmehr hat er eine Frage der Familienleistungsförderung geregelt, indem dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zugemutet wird, notfalls seinen Kindergeldanteil zur Unterhaltssicherung einzusetzen. Das Kindergeld soll der Entlastung für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen und nicht der Unterstützung weniger zahlungsfähiger Elternteile dienen (Heger aaO S. 1413). Eine Leistung des Staates wird daher in diesen Fällen dem Leistungsempfänger indirekt wieder entzogen. Mit dem zivilrechtlichen Anspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil hat dies unmittelbar nichts zu tun (so auch Heger aaO S. 1412; Soyka aaO 740; Scholz aaO S. 1545). Es kann dahinstehen, ob § 1612 b Abs. 5 verfassungsgemäû ist (vgl. zur Problematik nur Vorlagebeschluû des AG Kamenz FamRZ 2001, 1090 ff.; Scholz aaO 1543 f.; weitere Nachweise bei Heger aaO 1409). Das Anliegen des Gesetzgebers, den Barunterhalt des Kindes in Höhe des Existenzminimums möglichst sicherzustellen (vgl. auch BVerfG FamRZ 2001, 541), kann der Anrechnungsbestimmung entnommen werden. Der Festlegung eines entsprechenden Mindestunterhalts bedarf es dazu nicht. § 1612 b Abs. 5 BGB wäre dazu auch systematisch nicht der richtige Ort. Vielmehr würde eine solche Regelung - wie vor Inkrafttreten des Kindesunterhalts-
gesetzes - in den § 1610 BGB gehören. Die Anrechnungsvorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB spiegelt dagegen nur die verfassungsrechtlich gebotene, auf einheitlichen Pauschalbeträgen beruhende Entlastung der unterhaltspflichtigen Eltern wider und regelt den zivilrechtlichen Ausgleich dieses Vorteils zwischen ihnen. In einem Spannungsverhältnis dazu steht der nach § 1610 Abs. 1 BGB am individuellen Einkommen der Eltern ausgerichtete Unterhaltsanspruch des Kindes. Durch das Unterbleiben der Anrechung wird eine Brücke zwischen diesen Polen geschlagen, aber nicht der Individualanspruch zugunsten eines allgemeinen Pauschalbetrages aufgegeben (Heger, aaO S. 1412). Danach durfte das Oberlandesgericht nicht unabhängig vom Einkommen des Beklagten und dessen Verbindlichkeiten ohne weiteres von einem Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle ausgehen, sondern hätte den Bedarf nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen ermitteln müssen. Bei vollständiger Berücksichtigung der - für die Revision als ehebedingt unterstellten - Verbindlichkeiten des Beklagten ergäbe sich ein Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle.

B.

Der Senat kann in der Sache nicht abschlieûend entscheiden. Verbindlichkeiten können aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Zweck, Art und Umfang der Verbindlichkeit sowie Zeitpunkt und Umstände ihrer Entstehung, teilweise oder vollständig bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen sein. Auf Seiten der Klägerin ist zu bedenken, daû minderjährige Kinder keine Möglichkeit haben,
durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995, aaO S. 161). Es hat ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unterhaltsgläubigers, des Unterhaltsschuldners und der Drittgläubiger zu erfolgen, gegebenenfalls auch durch eine Streckung der Tilgung (Senatsurteil vom 11. Dezember 1985, aaO S. 257). Da für die Interessenabwägung von entscheidender Bedeutung ist, ob die Verbindlichkeiten ehebedingt sind oder - wie die Klägerin behauptet - allein der Befriedigung der persönlichen Bedürfnissen des Beklagten dienten, hat das Oberlandesgericht zunächst diese Feststellungen zu treffen und sodann die erforderliche Abwägung vorzunehmen. Sollte sich dabei ergeben, daû der Beklagte zur Unterhaltsleistung in einer Höhe verpflichtet ist, die es nicht erlaubt, den angemessenen Selbstbehalt zu wahren, wird bei der Beurteilung, ob die Klägerin anteiligen Barunterhalt zu leisten hat, zu berücksichtigen sein, daû sie unstreitig überwiegend die Finanzierung des Hauses sicherstellt und damit bereits zur Deckung des Wohnbedarfs der Kinder beiträgt. Bei der neuen Entscheidung wird das Gericht auch das zum 1. Januar 2000 auf monatlich 270 DM erhöhte staatliche Kindergeld zu berücksichtigen haben. Hahne Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Vézina

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 152/99 Verkündet am:
11. April 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Sprick und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 22. April 1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der am 23. März 1983 geborene Kläger beansprucht von dem Beklagten , seinem Vater, die Erhöhung des ihm zugesprochenen Unterhalts. Die 1982 geschlossene Ehe der Eltern des Klägers wurde 1987 geschieden; der Kläger lebt bei der bis zu seiner Volljährigkeit sorgeberechtigten Mutter, besucht das Gymnasium und strebt den Beruf eines Konzertpianisten an. Der Beklagte ist in einem früheren Verfahren - in Abänderung älterer Titel - verurteilt worden, an den Kläger ab dem 1. Oktober 1993 Unterhalt in Höhe von monatlich 1.358,70 DM (davon 153,70 DM als Krankenvorsorgeunterhalt ) zu zahlen.
Auf die vorliegende, am 11. März 1998 erhobene Klage hat das Amtsgericht den Beklagten in Abänderung der früheren Titel verurteilt, an den Kläger folgenden monatlichen Unterhalt zu zahlen:
a) ab dem 1. Oktober 1998 als Krankenvorsorgeunterhalt 179,16 DM (statt bisher 153,70 DM),
b) ab dem 1. August 1997 als laufenden Unterhalt (statt bisher 695 DM + 510 DM Mehrbedarf nunmehr: 695 DM + 950 DM Mehrbedarf =) 1.645 DM und
c) ab dem 1. Juli 1998 als laufenden Unterhalt (statt bisher 695 DM + 510 DM Mehrbedarf nunmehr: 954 DM - 110 DM anteiliges Kindergeld + 950 DM Mehrbedarf =) 1.794 DM. Im übrigen hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat geltend gemacht, sein angemessener Unterhaltsbedarf liege angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten erheblich über dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle. Der ihm zur Deckung seines Mehrbedarfs zuerkannte Betrag von 950 DM reiche zudem nicht aus, um die erforderlichen Kosten zur Förderung seines künstlerischen Talents und seiner Ausbildung zum Konzertpianisten neben seiner Schulausbildung zu decken. Für die Teilnahme an einem Meisterkurs in Prag (1997) angefallene Kosten in Höhe von 3.700 DM könnten nicht aus dem laufenden Unterhalt bestritten werden und seien als Sonderbedarf zu erstatten; als Sonderbedarf habe der Beklagte auch für Umzugskosten von 8.000 DM aufzukommen, die wegen der Anmietung einer "klaviergerechten" Wohnung erforderlich geworden seien. Der Kläger hat beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Be-
klagten zu verurteilen, an ihn über den vom Amtgericht zuerkannten Unterhalt hinaus
a) vom 1. August 1997 bis 30. Juni 1998 einen weiteren monatlichen Betrag von (415 DM + 1.581 DM =) 1.996 DM,
b) ab dem 1. Juli 1998 einen weiteren monatlichen Betrag von (266 DM + 1.581 DM =) 1.847 DM und
c) als Unterhaltsonderbedarf einen Betrag von (3.700 DM + 8.000 DM =) 11.700 DM zu zahlen. Der Beklagte hat einen über den im früheren Verfahren bereits zugesprochenen Betrag hinausgehenden Mehrbedarf des Klägers in Abrede gestellt und beantragt, den vom Amtsgericht zuerkannten Betrag um monatlich 440 DM herabzusetzen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Amtsgerichts geändert. Unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Parteien hat es der Abänderungsklage insoweit stattgegeben, als es die Verurteilung des Beklagten zur Unterhaltsleistung an den Kläger ab dem 11. März 1998 auf insgesamt 2.200 DM monatlich abgeändert hat, wovon bis zum 30. September 1998 monatlich 153,70 DM und ab 1. Oktober 1998 monatlich 179,16 DM auf den Krankenvorsorgeunterhalt entfallen. Im übrigen hat es die Abänderungsklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision, mit der er für die Zeit ab 11. März 1998 sein zweitinstanzliches Abänderungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Den allgemeinen Lebensbedarf des Klägers hat das Oberlandesgericht - wie zuvor auch das Amtsgericht - mit 954 DM monatlich (ohne Anrechnung anteiligen Kindergelds) angesetzt. Das Oberlandesgericht hat dabei den für die dritte Altersstufe geltenden Satz der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1998) zugrundegelegt. Es ist davon ausgegangen , daß auch im Vorverfahren der Unterhaltsbedarf auf den (damaligen) höchsten Tabellenbetrag begrenzt und die weitergehende Klage abgewiesen worden ist. Ä nderungen der Verhältnisse, die nunmehr abweichend von der Entscheidung im Vorverfahren eine Erhöhung dieses Betrags - unabhängig von der gesonderten Betrachtung des Mehrbedarfs im Zusammenhang mit der musischen Förderung des Klägers - rechtfertigen könnten, seien nicht dargetan. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision gehen - jedenfalls im Ergebnis - fehl. Gemäß § 1610 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Die Lebensstellung minderjähriger Kinder richtet sich - angesichts der wirtschaftlichen Unselbständigkeit der Kinder - nach der Lebensstellung der Eltern. Für den Unterhalt von Kindern aus geschiedenen Ehen, die bei dem sie betreuenden sorgeberechtigten Elternteil leben, sind regelmäßig die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils maßgebend. Es entspricht einer vom Senat gebilligten Praxis, sich bei der Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerken zu orientie-
ren. Die Einkommensgruppen der Tabellen sind nach oben begrenzt; für ein 8.000 DM übersteigendes Nettoeinkommen verweist die Düsseldorfer Tabelle auf die Umstände des Einzelfalles. Bezieht der Unterhaltspflichtige - wie im vorliegenden Fall geltend gemacht - ein höheres Einkommen, können die Sätze der Düsseldorfer Tabelle nicht schematisch fortgeschrieben werden; vielmehr bewendet es grundsätzlich dabei, daß der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf darlegen und beweisen muß (Senatsurteil vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358, 359). An diese Darlegungslast dürfen zwar keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; vielmehr muß auch bei höherem Elterneinkommen sichergestellt bleiben, daß Kinder in einer ihrem Lebensalter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern Rechnung trägt. Welche Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten auf dieser Grundlage zu befriedigen sind und welche Wünsche des Unterhaltsberechtigten indes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nicht allgemein gesagt, sondern nur unter Würdigung der besonderen Verhältnisse der Betroffenen - namentlich auch einer Gewöhnung des Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des Zusammenlebens gepflogenen aufwendigen Lebensstil - festgestellt werden. Diese Gesamtumstände und Bedürfnisse müssen deshalb nach Maßgabe der hierzu vom Senat (aaO) aufgestellten Grundsätze vom Unterhaltsberechtigten näher dargelegt werden. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger ist mit dem Hinweis, sein angemessener Unterhalt liege angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten erheblich über dem Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle, der ihm obliegenden Darlegungslast nicht einmal ansatzweise nachgekommen. Dabei bestand für eine nähere Darlegung solcher Bedürfnisse, die der Kläger mit dem ihm zur Deckung seiner allgemeinen Lebenshaltungskosten
zuerkannten Betrag nicht zu bestreiten vermag, um so mehr Anlaß, als sich diese Kosten von dem vom Kläger für seine musische Ausbildung zusätzlich geltend gemachten Mehrbedarf kaum exakt trennen lassen und auch nicht ersichtlich ist, in welcher Weise der Kläger, der bei der Trennung seiner Eltern noch ein Kleinkind war, an einen besonders aufwendigen Lebensstil gewöhnt sein könnte, der das Zusammenleben der Eltern geprägt hat und der dem Kläger als angemessener Bedarf erhalten werden muß. 2. Im Zusammenhang mit der Förderung des künstlerischen Talents des Klägers hat das Oberlandesgericht gemäß § 1610 Abs. 1, 2 BGB einen Mehrbedarf des Klägers anerkannt, den es gemäß § 287 ZPO auf einen Betrag zwischen 1.100 DM bis 1.200 DM geschätzt hat. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts geht es bei den musischen Aktivitäten des Klägers nicht nur um eine Interessenpflege im Rahmen einer angemessenen Erziehung und Schulausbildung. Der Kläger stehe vielmehr bereits jetzt an der Schwelle zur Berufsausbildung oder habe diese Schwelle bereits überschritten. Die damit verbundenen angemessenen Zusatzkosten ließen sich weder strikt von den allgemeinen Lebenshaltungskosten trennen noch jeweils konkret ermitteln; auch müsse dem Kläger und seiner sorgeberechtigten Mutter ein gewisser Gestaltungsspielraum zugestanden werden. Die deshalb vorgenommene Schätzung der angemessenen Kosten beruhe auf dem Vortrag des Klägers über die bisherigen Kosten und die Vorausplanung; soweit der Kläger einen Mehrbedarf von zunächst 2.531 DM und später von 2.817 DM geltend gemacht habe, seien die in Ansatz gebrachten Kosten allerdings nur teilweise plausibel. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht durfte den Mehrbedarf des Klägers nach § 287 ZPO bestimmen. Diese Vorschrift gilt auch im Unterhaltsrecht; sie eröff-
net insbesondere die Möglichkeit, Bedarfspositionen auf seiten des Unterhaltsberechtigten zu schätzen (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. Juni 1986 - IVb ZR 45/85 - FamRZ 1986, 885, 886 m.w.N.).
b) Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Schätzung kann der Senat nur auf Verfahrensfehler überprüfen. Verfahrensfehlerhaft ist eine Schätzung namentlich dann, wenn sie auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder wesentliches tatsächliches Vorbringen außer Betracht gelassen hat (BGHZ 3, 162, 175 f.). Solche Verfahrensfehler hat die Revision nicht aufgezeigt. Die Revision rügt, das Oberlandesgericht habe nicht darauf abstellen dürfen, daß der Kläger die Kosten für die Anmietung eines Klaviers nicht konkret nachgewiesen habe. Es habe vielmehr davon ausgehen müssen, daß die Großmutter des Klägers, wie von dieser an Eides statt versichert, das von ihr erworbene und dem Kläger überlassene Klavier zurückfordere, um es zu verkaufen , so daß in Zukunft Mietkosten anfallen. Damit kann die Revision nicht durchdringen: Der Kläger hat vorgetragen, daß die Großmutter das Klavier wieder zurückgenommen habe. Er hat nicht dargetan, wann und auf welchem Wege das Klavier der in Schweden lebenden Großmutter zurückgegeben wurde , wie er seither seinen Übungen nachkommt und welche Miete er - im Falle der entgeltlichen Überlassung eines anderen Klaviers - zu zahlen habe. Schon mangels eines substantiierten Vortrags konnte das Oberlandesgericht folglich ohne Verfahrensverstoß die vom Kläger angeführten Kosten für die Anmietung eines Klaviers bei der Schätzung des Mehrbedarfs des Klägers unberücksichtigt lassen. Von der Erhebung des vom Kläger erst mit dem am 14. April 1999 - mithin rund eine Woche vor dem Verhandlungstermin (22. April 1999) - eingegangenen Schriftsatz hierzu angebotenen Beweises durfte das Oberlandes-
gericht im übrigen auch aus den im Berufungsurteil genannten Gründen absehen ; ein Ermessensfehler (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist darin nicht zu erkennen. Das Oberlandesgericht war auch nicht, wie die Revision meint, gehalten, den Kläger durch einen Hinweis- und Auflagenbeschluß zu einer Substantiierung seiner Aufwendungen für die Teilnahme an Meisterkursen, Wettbewerben und Konzerten aufzufordern. Der Kläger hat sich in beiden Rechtszügen auf die Vorlage umfänglicher und weitgehend ungeordneter Konvolute von Unterlagen beschränkt, welche zwar seine musikalischen Aktivitäten und deren Wertschätzung durch Fachleute belegen mögen, aber eine zumindest für einen repräsentativen Zeitraum erstellte und durch nähere Angaben und Belege nachvollziehbare Auflistung der von ihm im Zusammenhang mit diesen Kursen und Auftritten tatsächlich getätigten Ausgaben vermissen lassen. Auch die von der Revision angeführte und als Anlage zum Schriftsatz vom 9. April 1999 übermittelte "Zusammenstellung über die laufenden monatlichen Ausgaben" ist lediglich eine Aneinanderreihung von Positionen, unter denen anfallende Aufwendungen thematisch zusammengefaßt ("Teilnahmegebühren", "Reisekosten" , "Übernachtungskosten für Kläger und begleitende Mutter") und mit monatlichen Schätzwerten beziffert werden, die aber einer Überprüfung auf tatsächliche Ausgaben, deren Erforderlichkeit und Angemessenheit nicht zugänglich sind. Da der Beklagte den vom Kläger geltend gemachten Mehraufwand bestritten und seine mangelnde Substantiierung gerügt hatte, mußte der anwaltlich vertretene Kläger seiner Darlegungspflicht durch die Vorlage einer detaillierten und nachprüfbaren Aufschlüsselung zumindest für einen repräsentativen Zeitraum nachkommen, ohne daß es dazu einer besonderen gerichtlichen Aufforderung bedurft hätte. Dazu bestand um so mehr Veranlassung , als die Schätzung des vom Kläger geltend gemachten Mehrbedarfs im
Mittelpunkt des vorliegenden Rechtsstreits steht und schon das erstinstanzliche Urteil dem Kläger diesen Mehrbedarf unter Hinweis auf das Fehlen geeigneter Darlegungen abgesprochen hat. Soweit das Oberlandesgericht bei seiner Schätzung einen Mehrbedarf des Klägers für die Anmietung einer "klaviergerechten" Wohnung, für eine durch eine Lebensmittelallergie bedingte besondere Ernährung und für Nachhilfeunterricht nicht berücksichtigt hat, ist darin ein Rechtsfehler nicht zu erkennen ; denn auch insoweit fehlt, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist, ein substantiierter Vortrag, der einer Überprüfung zugänglich ist, welche Ausgaben tatsächlich angefallen sind und ob diese Ausgaben erforderlich und angemessen waren. Auf die von der Revision angegriffenen weitergehenden Überlegungen, die das Oberlandesgericht zu den einzelnen Bedarfspositionen angestellt hat, kommt es deshalb nicht an. Dies gilt auch für die Aufwendungen für eine Brille und für Medikamente. Der Hinweis der Revision, es gehe dem Kläger insoweit um eine mit der Krankenversicherung vereinbarte Selbstbeteiligung , ist mit der im Berufungsrechtszug vorgelegten Kostenzusammenstellung nicht ohne weiteres zu vereinbaren; auch läßt der von der Revision angeführte erstinstanzliche Vortrag des Klägers nicht erkennen, welche erforderlichen und angemessenen Kosten in der Vergangenheit angefallen und wegen der Selbstbeteiligung von der Krankenversicherung des Klägers nicht erstattet worden sind. Schließlich liegt auch darin kein Verfahrensfehler, daß das Oberlandesgericht die Anmietung eines Konzertflügels als nicht angemessen erachtet und den Kläger auf die Möglichkeit außerhäuslichen Übens verwiesen hat. Dasselbe gilt für die Einschätzung des Oberlandesgerichts, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Musikbücher seien überzogen. Nach § 1610 BGB kann
nur der angemessene Unterhalt beansprucht werden. Welche Bedürfnisse im einzelnen zum angemessenen Unterhalt eines Minderjährigen gehören, hat der Tatrichter nach Maßgabe der Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils zu bestimmen. Die von der Revision beanstandeten Erwägungen des Oberlandesgerichts halten sich im Rahmen tatrichterlicher Beurteilung und entziehen sich insoweit der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Der Senat hat auch die weiteren Verfahrensrügen der Revision geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO). 3. Das Oberlandesgericht hält den geltend gemachten Unterhaltsanspruch wegen eines Sonderbedarfs für unbegründet. Die vom Kläger angeführten Kosten für die Teilnahme an einem Meisterkurs in Prag (19. Juli bis 21. Juli 1997) stellten keinen Sonderbedarf dar. Auch stehe dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe als Sonderbedarf zu, zumal ein Zusammenhang zwischen der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung und den Übungen des Klägers am Klavier nicht ersichtlich sei. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Sonderbedarf ist nach der Definition des § 1613 Abs. 2 BGB ein unregelmäßiger , außergewöhnlich hoher Bedarf. Darunter ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, ein überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftretender Bedarf zu verstehen (Senatsurteil vom 11. November 1981 - IVb ZR 608/80 - FamRZ 1982, 145, 146). Unregelmäßig ist dabei ein Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deshalb bei der Bedarfsplanung und der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 - IVb ZR 307/81 - FamRZ 1983, 29, 30). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Aufwendungen für die Teilnahme an einem
Meisterkurs verneint; diese tatrichterliche Würdigung läßt revisionsrechtlich bedeutsame Fehler nicht erkennen. Auch die Begründung, mit der das Oberlandesgericht es abgelehnt hat, die vom Kläger geforderte "Beihilfe" zu den der Mutter des Klägers entstandenen Umzugskosten als einen vom beklagten Vater zu erstattenden Sonderbedarf des Klägers anzuerkennen, ist frei von Rechtsirrtum; auf die Ausführungen des Berufungsurteils wird insoweit verwiesen. Vorsitzender Richter am Bundes- Krohn Hahne gerichtshof Dr. Blumenröhr ist im Urlaub und verhindert zu unterschreiben. Krohn Sprick Wagenitz

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

(3) Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 111/01 Verkündet am:
12. November 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist eine geschiedene Ehefrau ihrem Kind aus erster Ehe barunterhaltspflichtig,
kommt eine Kontrollberechnung anhand des bei einem hypothetischen Rollentausch
erzielbaren Erwerbseinkommens nicht in Betracht, wenn ein solcher Rollentausch
tatsächlich nicht stattgefunden hat, weil die Ehefrau wie schon zuvor in ihrer ersten
Ehe die Führung des Haushalts und die Betreuung der Kinder übernommen hat (Abgrenzung
zu Senatsurteilen vom 31. März 1982 - IVb ZR 667/80 - FamRZ 1982, 590
und vom 26. September 1984 - IVb ZR 32/83 - NJW 1985, 318 und Fortführung der
bisherigen "Hausmannrechtsprechung").
BGH, Versäumnisurteil vom 12. November 2003 - XII ZR 111/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Seligenstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. April 2001 abgeändert. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Seligenstadt vom 20. Juni 2000 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung und der Revision. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner Mutter, Kindesunterhalt. Der Kläger, geboren am 7. Januar 1991, lebt seit der Scheidung der Ehe seiner Eltern im Jahre 1997 im Haushalt seines sorgeberechtigten Vaters, der ihn betreut. Der Vater des Klägers ist wieder verheiratet. Sein Einkommen aus einer halbschichtigen Tätigkeit beträgt 1.800 DM monatlich. Auch die Beklagte,
die in der Ehe mit dem Vater des Klägers in geringem Umfang erwerbstätig war, ist wieder verheiratet. Aus ihrer neuen Ehe ist ein Kind, geboren im Januar 1998, hervorgegangen, das sie betreut. Sie ist nicht erwerbstätig. Ihr Ehemann verdient aus nichtselbständiger Arbeit monatlich netto 2.600 DM zuzüglich Jahreszuwendungen ; er führt außerdem einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Das Familiengericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger ab Februar 2000 einen monatlichen Unterhalt von 296 DM (431 DM Regelbetrag abzüglich 135 DM hälftiges Kindergeld) zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und den von der Beklagten monatlich zu zahlenden Unterhalt auf 159 DM herabgesetzt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des familiengerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist begründet. 1. Da die Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht erschienen ist, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung beruht (vgl. BGHZ 37, 79, 82). 2. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2001, 1477 abgedruckt ist, hat ausgeführt: Nach den schon vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen , denen es beipflichte, sei die Beklagte in der Lage, neben der Betreuung des kleinen Kindes aus ihrer jetzigen Ehe eine stundenweise Beschäftigung auszuüben, etwa durch eine Putzstelle in den Abendstunden, in denen
ihr Ehemann das Kind betreuen könne und mit der sie den geforderten Unterhaltsbetrag von knapp 300 DM monatlich verdienen könne. Ihr Ehemann sei in der Lage, mit seinem Erwerbseinkommen von monatlich 2.600 DM zuzüglich jahresbezogener Sonderzuwendungen und etwaiger weiterer Einkünfte aus seinem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb den Unterhalt der neuen Familie voll zu bestreiten. Etwaige verbleibende Zweifel hieran gingen zu Lasten der für ihre (mangelnde) Leistungsfähigkeit beweisbelasteten Beklagten. Gegen diese Ausführungen sind angesichts der festgestellten tatsächlichen Verhältnisse aus Rechtsgründen keine Einwendungen zu erheben. Das Berufungsgericht hat beachtet, daß der Beklagten eine Erwerbstätigkeit nur so weit zugemutet werden kann, als die Betreuung ihres Kleinkindes sichergestellt ist, und sie bei entsprechenden Bemühungen auch eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt zu finden vermag. Weiter geht das Oberlandesgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065 und vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742) davon aus, daß die Beklagte die durch einen Nebenerwerb erzielten Einkünfte für den Unterhalt des Klägers nur zu verwenden hat, wenn und soweit ihr eigener angemessener Unterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) von ihrem berufstätigen Ehemann gedeckt wird. Die Voraussetzungen hierfür hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht. 3. Das Oberlandesgericht hält aber eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Beklagten aufgrund einer Kontrollberechnung für gegeben. Es führt dazu aus, die Beklagte müsse höchstens den Unterhalt an den Kläger zahlen, den sie zahlen müßte, wenn sie voll erwerbstätig wäre und sie ihrem Ehemann, der dann das zweijährige Kind betreuen würde und selbst nicht mehr erwerbstätig wäre, sowie ihren beiden Kindern Unterhalt leistete. Da aber die Beklagte bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nur 2.100 DM monatlich verdienen
könnte, läge ein Mangelfall vor: Es bestände ein Unterhaltsbedarf von insgesamt 1.626 DM (Ehegattenunterhalt: 840 DM; Kindesunterhalt: 431 DM für den Kläger, 355 DM für das zweite Kind). Für Unterhaltszwecke wären nach Abzug des Selbstbehalts der Klägerin lediglich 600 DM (2.100 DM - 1.500 DM) vorhanden. Die Kürzungsquote betrüge daher 0,369 (600 DM : 1.626 DM). Der Unterhaltsanspruch des Klägers beliefe sich dann auf lediglich 159 DM (431 DM x 0,369). Ein höherer Unterhalt stehe dem Kläger aber nicht zu. Dies ergebe sich aus der sogenannten Hausmann-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach dürfe der Unterhaltspflichtige, der sich in einer neuen Ehe obliegenheitswidrig auf seine Rolle als Hausmann zurückgezogen habe, deswegen nicht schlechter stehen, als er stehen würde, wenn er erwerbstätig geblieben wäre. Dies müsse aber erst recht gelten, wenn, wie hier, die Rollenwahl der unterhaltspflichtigen Beklagten offensichtlich obliegenheitsgemäß gewesen sei. 4. Diese Ausführungen halten, wie die Revision zu Recht rügt, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Kontrollrechnung ist nicht durchzuführen; der Unterhaltsanspruch des Klägers ist nicht auf den Betrag begrenzt, den die Beklagte zu leisten hätte, wenn allein sie - und nicht wie tatsächlich ihr Ehemann - voll erwerbstätig wäre. Richtig ist zwar, daß der Senat im Rahmen seiner sogenannten Hausmann -Rechtsprechung in bestimmten Konstellationen eine Kontrollberechnung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1984 - IVb ZR 32/83 - NJW 1985, 318). Dies bezieht sich jedoch nur auf solche Fälle, in denen ein Ehegatte, der in seiner früheren Ehe voll erwerbstätig war, in einer neuen Verbindung wegen der Betreuung seines minderjährigen Kindes die Haushaltsführung übernimmt. Brauchen die Unterhaltsberechtigten aus der geschiedenen Ehe des Verpflichteten diesen Rollenwechsel nicht hinzunehmen, ist dem
Hausmann/der Hausfrau sein/ihr früheres Einkommen fiktiv zuzurechnen. Ist hingegen der Rollenwechsel gegenüber der früheren Familie gerechtfertigt (vgl. zu den strengen Voraussetzungen Senatsurteile vom 13. März 1996 - XII ZR 2/95 - FamRZ 1996, 796, 797 und vom 21. Februar 2001 - XII ZR 308/98 - FamRZ 2001, 614, 616 m.Anm. Büttner), ist die dann regelmäßig vorliegende Obliegenheit zur Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit, um Barunterhalt leisten zu können, begrenzt: Der Hausmann darf dadurch, daß er sich auf seine Rolle als Hausmann zurückgezogen hat, nicht schlechter stehen, als wenn er erwerbstätig geblieben wäre. Dies bedeutet zugleich, daß die minderjährigen unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe unter den genannten Voraussetzungen nicht besser gestellt werden dürfen als bei einer Fortführung der Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen (vgl. hierzu insbesondere Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 aaO, 1067). Die Hausmann-Rechtsprechung beruht im wesentlichen auf der Gleichrangigkeit der Kindesunterhaltsansprüche und dem Grundgedanken des § 1603 Abs. 1, § 1609 BGB. Aus diesen beiden Gesichtspunkten folgt, daß bei einem Rollenwechsel zum Hausmann die Obliegenheit zum Nebenerwerb nur so weit reichen kann, daß die unterhaltsberechtigten Kinder aus der früheren Ehe nicht schlechter stehen als wenn der Unterhaltspflichtige sich in seiner neuen Ehe nicht auf die Rolle des Hausmanns zurückgezogen hätte, sondern erwerbstätig geblieben wäre. Eine solche Begrenzung der Obliegenheit zum Nebenerwerb kann aber dann nicht angenommen werden, wenn es, wie hier, nicht zu einem Rollentausch gekommen ist, der Unterhaltspflichtige vielmehr in der alten wie in der neuen Familie in erster Linie die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung übernommen hat. Denn § 1603 Abs. 1 BGB bestimmt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse und nicht aufgrund von hypothetischen Situationen, die in der Realität noch nie vorgelegen haben und zu deren Herbeiführung den Unterhaltsverpflichteten auch keine
Obliegenheit trifft. Da auf die realen Verhältnisse abzustellen ist, ist die Tatsache der Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich zu beachten. Ebenso wie die Wiederheirat dazu führen kann, daß sich das ersteheliche Kind eine Schmälerung seines Unterhaltsanspruchs als Folge des Hinzutritts weiterer minderjähriger Kinder aus der neuen Ehe des Unterhaltspflichtigen entgegenhalten lassen muß, kann sich die Wiederverheiratung auch, wie im vorliegenden Fall, zum Vorteil des erstehelichen Kindes auswirken. Da § 1603 BGB darauf abstellt, ob und inwieweit der Unterhaltsverpflichtete imstande ist, den begehrten Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren, ist hier die Sicherstellung des eigenen Unterhalts der Beklagten in der neuen Ehe als Folge ihrer Wiederheirat unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen. Es besteht daher kein Anlaß und auch kein rechtfertigender Grund, eine volle Erwerbstätigkeit der Beklagten zu unterstellen (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 aaO, 1066, 1067). Da die Beklagte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts in der Lage ist, den geforderten Unterhalt ohne Gefährdung ihres angemessenen Selbstbehalts zu erbringen, braucht nicht geprüft zu werden, ob eine gesteigerte Unterhaltspflicht der Beklagten nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine solche gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB entfallen würde, weil der das Kind betreuende Vater als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne dieser Vorschrift in Betracht käme. Zwar kann der das Kind betreuende Elternteil in besonderen Ausnahmefällen selbst dann, wenn bei Inanspruchnahme des anderen Elternteils dessen angemessener Selbstbehalt nicht gefährdet würde, dazu verpflichtet sein, zusätzlich zu seiner Betreuungsleistung zum Barunterhalt des Kindes beizutragen , wenn nämlich anderenfalls ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht
zwischen den Eltern aufträte (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 aaO S. 742 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier indes weder vom Oberlandesgericht festgestellt noch von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten dargetan worden. Auch sonst sind keine hinreichenden Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.