Bundesverfassungsgericht Beschluss, 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2013:rs20130711.2bvr230211
bei uns veröffentlicht am11.07.2013

Tenor

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. a) Der Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 30. September 2011 - 5 W 212/11-94 - und der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 2. September 2011 - 5 O 59/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

b) Der Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14. Mai 2012 - 5 W 44/12-22 - und der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Februar 2012 - 5 O 59/11 Th - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

3. § 1 Absatz 1 des Therapieunterbringungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (Bundesgesetzblatt I Seite 2300) ist mit der Maßgabe mit dem Grundgesetz vereinbar, dass die Unterbringung oder deren Fortdauer nur angeordnet werden darf, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist.

4. Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.

5. Das Saarland hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich unmittelbar gegen seine gerichtlich angeordnete Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz. Mittelbar sind die Verfassungsbeschwerden gegen die Vorschriften des Therapieunterbringungsgesetzes selbst gerichtet.

I.

2

1. Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 wurde das "Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG)" eingeführt, das am Tag nach seiner Verkündung zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist (BGBl 2010 I S. 2300 <2305>). Mit dem Therapieunterbringungsgesetz verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, den sich im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Verfahren Mücke gegen Deutschland (EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland) ergebenden Schutzlücken im Anwendungsbereich der bisherigen Sicherungsverwahrung zu begegnen. Hierzu sollte für bestimmte Fälle eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, die eine sichere Unterbringung der betroffenen Straftäter ermöglicht, ohne dabei gegen die Vorgaben der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (- EMRK -) zu verstoßen (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 14). Dies mache "eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des neuen Gesetzes auf solche Fälle erforderlich, in denen sich die Gefährlichkeit der aus der Sicherungsverwahrung zu entlassenden oder bereits entlassenen Straftäter aus einer psychischen Störung ergibt" (BTDrucks 17/3403, S. 14.). Mit der Voraussetzung einer psychischen Störung reagierte der Gesetzgeber auf den durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 EMRK (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 14, 53 f.); mit der ebenfalls vorgegebenen therapiegerichteten Unterbringung sollte dem im Bereich der nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung festgestellten Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK begegnet werden (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 14, 54 f.).

3

Mit dem Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 wurde § 2 ThUG um einen Absatz 2 erweitert; die Änderung ist zum 1. Juni 2013 in Kraft getreten (BGBl I S. 2425 <2430>).

4

2. Zentrale Vorschrift des Therapieunterbringungsgesetzes ist § 1 ThUG, der sowohl die Vorgaben für den Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes enthält als auch die materiellen Voraussetzungen für die Unterbringung vorgibt. Die Norm hat in der seit Einführung unverändert geltenden Fassung folgenden Wortlaut:

5

§ 1

Therapieunterbringung

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1. sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und

2. die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

6

Die hier in Bezug genommene "geeignete geschlossene Einrichtung" wird durch § 2 ThUG näher bestimmt. § 2 ThUG lautet in der seit dem 1. Juni 2013 gültigen Fassung (BGBl 2012 I S. 2425 <2430>) - bis dahin bestand § 2 ThUG allein aus dem heutigen Absatz 1 - wie folgt:

7

§ 2

Geeignete geschlossene Einrichtungen

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1. wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,

2. unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und

3. räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

8

Der hinzugekommene Absatz 2 nimmt für die geeigneten Einrichtungen Bezug auf den ebenfalls mit dem Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 eingeführten § 66c StGB (BGBl I S. 2425<2425>), der die Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung nach den Vorgaben des verfassungsrechtlich geforderten Abstandsgebotes sicherstellen soll.

9

Neben diesen zentralen Vorschriften enthält das Therapieunterbringungsgesetz Regelungen zum Verfahren (§§ 3, 4 ThUG), zu den Rechtsmitteln (§§ 16, 17, 18 ThUG), zur Begutachtung (§ 9 ThUG), zur einstweiligen Anordnung (§ 14 ThUG), zu Dauer und Verlängerung der Unterbringung (§ 12 ThUG) sowie zur Aufhebung der Therapieunterbringung (§ 13 ThUG).

10

3. Mit der Einführung des Art. 316e Abs. 4 EGStGB durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 20. Dezember 2012 - in Kraft getreten zum 28. Dezember 2012 - (BGBl I S. 2756) nahm der Gesetzgeber bestimmte Fälle einer vorangegangenen nur vorläufigen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes auf. Art. 316e Abs. 4 EGStGB lautet wie folgt:

11

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

II.

12

Den Ausgangsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

13

1. Der Beschwerdeführer hat seit seinem 20. Lebensjahr, vorwiegend unter Alkoholeinfluss stehend, mehrfach Gewaltdelikte - meist mit Sexualbezug - begangen. Im Jahr 1970 wurde er unter anderem wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Im Zustand erheblicher Alkoholisierung zwang er ein 16-jähriges Mädchen zum Geschlechtsverkehr und erwürgte es dabei (LG Saarbrücken, Urteil vom 11. Dezember 1970 - 27/70 -).

14

Wenige Wochen nach seiner Haftentlassung im Jahre 1979 drängte er die ihm bis dahin unbekannte Nachbarin seiner Schwester, die er bei einem Besuch im Treppenhaus getroffen hatte, in deren Wohnung, wo er sie im Anschluss an die Frage, warum sie keine Kinder habe und ob sie die Pille nehme, und den sich daraus entwickelnden Streit würgte, bis das Tatopfer sich befreien konnte. Aufgrund dieser Tat verurteilte ihn das Landgericht im Mai 1980 wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Freiheitsstrafe (LG Saarbrücken, Urteil vom 9. Mai 1980 - 4 - 4/80 -).

15

Nachdem er sich nach seiner Haftentlassung Anfang 1983 zumeist in England aufgehalten hatte, kehrte er Anfang 1988 nach Deutschland zurück. Im Februar 1988 überfiel er eine Frau, die er erst kurz zuvor kennengelernt hatte, indem er ihr an den Hals griff, sie würgte, in ein Waldgelände zerrte, trotz ihrer Gegenwehr entkleidete, auf sie einschlug und schließlich in unbekleidetem Zustand auf dem Waldboden zurückließ, ohne dass es noch zu dem von ihm zunächst beabsichtigten Geschlechtsverkehr gekommen war. Der Beschwerdeführer ließ die Geschädigte trotz Außentemperaturen von null Grad unbekleidet auf dem Waldboden zurück, wo sie über eine Stunde später von einer Passantin entdeckt wurde. Aufgrund seiner akuten Alkoholisierung bei der Tat und einer durch jahrelangen Alkoholmissbrauch eingetretenen Persönlichkeitsstörung hielt das Landgericht eine Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB nicht für ausschließbar und verurteilte den Beschwerdeführer wegen vorsätzlichen Vollrauschs zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten; zugleich ordnete es gemäß § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an (LG Saarbrücken, Urteil vom 28. September 1989 - 1 - 2/89 -).

16

Nach Entweichung aus dem Landeskrankenhaus im Jahre 1990 - nur etwa vier Monate nach dem Beginn der Unterbringung - griff er in alkoholisiertem Zustand im Zimmer eines Bordells eine Prostituierte von hinten an, hielt ihr den Mund zu und würgte sie. Vom Kampfgeschehen aufmerksam geworden, löste eine andere Prostituierte Alarm aus. Wegen wiederum nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit ordnete das Landgericht wegen dieser Tat erneut seine Unterbringung gemäß § 63 StGB an (LG Trier, Urteil vom 28. Februar 1991 - 2 Js 2399/90 - 5 KLs -).

17

In der Folgezeit befand sich der Beschwerdeführer - abgesehen von mehreren vorübergehenden Entweichungen - bis zum 23. Dezember 2005 im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus.

18

2. Mit Beschluss vom 28. November 2005 erklärte das Landgericht die beiden Anordnungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 StGB für erledigt, weil der Beschwerdeführer zwar noch gefährlich, aber nicht mehr erheblich in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt sei (LG Saarbrücken, Beschluss vom 28. November 2005 - I StVK 709/05, 963/05 -). Ab dem 23. Dezember 2005 wurde der Beschwerdeführer zur Vollstreckung der noch ausstehenden Reststrafe in Strafhaft umgesetzt, deren Strafende auf den 22. Juni 2007 notiert war.

19

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete das Landgericht vor vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe mit Urteil vom 4. April 2007 die nachträgliche Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB in der bis zum 17. April 2007 geltenden Fassung vom 23. Juli 2004 (BGBl I S. 1838) an (LG Saarbrücken, Urteil vom 4. April 2007 - 14 AR 26/06 -). Gegen den Beschwerdeführer erging in der Folge am 15. Juni 2007 ein Unterbringungsbefehl gemäß § 275a Abs. 5 StPO in der Fassung vom 23. Juli 2004 (BGBl I S. 1838; im Folgenden: StPO a.F.), aufgrund dessen er während des weiteren Verfahrens einstweilen untergebracht blieb (LG Saarbrücken, Unterbringungsbefehl vom 15. Juni 2007 - 14 AR 24/06 -).

20

Auf die Revision des Beschwerdeführers hob der Bundesgerichtshof am 10. Februar 2009 das Urteil des Landgerichts vom 4. April 2007 auf und verwies die Sache an eine andere Kammer des Landgerichts zurück (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 4 StR 391/07 -, juris).

21

Mit Urteil vom 17. Juli 2009 ordnete das Landgericht erneut die nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen den Beschwerdeführer an (LG Saarbrücken, Urteil vom 17. Juli 2009 - 2 Ks 2/09 -). Die hiergegen gerichtete Revision hatte wiederum Erfolg: Mit Beschluss vom 12. Mai 2010 hob der Bundesgerichtshof, obschon das Landgericht die Voraussetzungen nach § 66b Abs. 3 StGB rechtsfehlerfrei bejaht habe, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch dieses Urteil auf, wies den Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung zurück und ordnete die sofortige Freilassung des Beschwerdeführers an, die noch am selben Tag erfolgte (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 - 4 StR 577/09 -, juris.).

22

Im Rahmen der auf fünf Jahre festgelegten Führungsaufsicht wurden dem Beschwerdeführer gerichtlich verschiedene Auflagen und Weisungen erteilt. Nach seiner Entlassung unterlag er polizeilicher Begleitung und Überwachung.

23

3. Am 12. Juli 2011 beantragte die Stadt Saarbrücken die Unterbringung des Beschwerdeführers nach dem Therapieunterbringungsgesetz und begehrte zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Unterbringung des Beschwerdeführers für die Dauer von drei Monaten.

24

Mit dem im Verfahren 2 BvR 2302/11 angegriffenen Beschluss vom 2. September 2011 ordnete das Landgericht die vorläufige Therapieunterbringung des Beschwerdeführers für die Dauer von drei Monaten an (LG Saarbrücken, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 O 59/11 -). Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 30. September 2011 als unbegründet zurück (Saarländisches OLG, Beschluss vom 30. September 2011 - 5 W 212/11-94 -). In seiner Begründung setzte sich das Oberlandesgericht insbesondere mit den Fragen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Therapieunterbringungsgesetz, der Vereinbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes mit den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf Fälle einer vorangegangenen (nur) vorläufigen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. auseinander. Anschließend wandte es die Vorschriften des Therapieunterbringungsgesetzes auf den Beschwerdeführer an. Inhaltlich ergebe sich aus den bisherigen Gutachten für die im Rahmen der einstweiligen Anordnung zu treffende vorläufige Bewertung, dass der Beschwerdeführer mit seiner dissozialen Persönlichkeitsstörung an einer psychischen Störung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG leide, die den Anforderungen genüge, wie sie der in der Gesetzesbegründung in Bezug genommene Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK voraussetze. Des Weiteren seien die Gutachten übereinstimmend zu einer "sehr hohen Wiederauftretenswahrscheinlichkeit erneuter Delikte der gleichen Oberkategorie" gelangt, so dass sogar der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Fortgeltungsanordnung zur nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung aufgestellte erhöhte Gefährlichkeitsmaßstab erfüllt sei.

25

Das Landgericht verlängerte mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 die vorläufige Unterbringung bis längstens 29. Februar 2012; dieser Beschluss ist nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerden.

26

4. Das Verfahren 2 BvR 1279/12 betreffend ordnete das Landgericht in der Hauptsacheentscheidung mit Beschluss vom 17. Februar 2012 die Unterbringung des Beschwerdeführers bis zum 1. März 2013 an (LG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Februar 2012 - 5 O 59/11 -). Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14. Mai 2012 zurück (Saarländisches OLG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 5 W 44/12-22 -). Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, der Beschwerdeführer weise eine psychische Störung im Sinne einer klassifizierten psychiatrischen Diagnose auf. Die nunmehr im Hauptsacheverfahren eingeholten Gutachten bekräftigten die bisher vielfach gestellten Diagnosen und bewerteten die vorliegende Störung als kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabiler sowie dissozialer Persönlichkeit (ICD-10: F61 in Verbindung mit F60.2 und F60.3.), zu der eine Alkoholabhängigkeit hinzutrete (ICD-10: F10.2). Die nach § 1 Abs. 1 ThUG erforderliche hohe Rückfallwahrscheinlichkeit sei beim Beschwerdeführer vorhanden und beruhe auch auf der psychischen Störung. Die dissoziale und instabile Persönlichkeitsstörung habe sich immer wieder dahin ausgewirkt, dass es in bestimmten Situationen - insbesondere bei Zurückweisung durch Frauen - zu Impulsdurchbrüchen gekommen sei, aufgrund deren die Opfer lebensbedrohlich angegriffen oder sogar getötet worden seien. Es spreche zur Überzeugung des Gerichts alles dafür, dass der Beschwerdeführer in Freiheit in dieses Verhaltensmuster zurückfallen werde.

27

5. Im weiteren - hier nicht gegenständlichen - Therapieunterbringungsverfahren beantragte der Beschwerdeführer im September 2012 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZB 106/12 -, juris) die Aufhebung der Therapieunterbringung mit sofortiger Wirkung. Der Bundesgerichtshof hatte zuvor auf eine Divergenzvorlage des Oberlandesgerichts Nürnberg hin entschieden, dass der Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes nicht eröffnet sei, wenn der Betroffene - wie der Beschwerdeführer - zuvor (nur) nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. einstweilig untergebracht gewesen und nicht eine rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung vollzogen worden sei.

28

Das Landgericht lehnte den Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 18. September 2012 ab (LG Saarbrücken, Beschluss vom 18. September 2012 - 5 O 59/11 -). Der Fall des Beschwerdeführers unterscheide sich von der Konstellation, über die der Bundesgerichtshof entschieden habe, dadurch, dass die Sicherungsverwahrung des Beschwerdeführers in einem Hauptsacheverfahren gerichtlich rechtsfehlerfrei angeordnet worden sei und lediglich der Vollzug dieser Anordnung aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte habe unterbleiben müssen.

29

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde legte das Oberlandesgericht dem Bundesgerichtshof die Frage vor, ob von dem Erfordernis des Vollzuges der Sicherungsverwahrung in bestimmten Fällen eine Ausnahme gemacht werden könne (Saarländisches OLG, Beschluss vom 8. November 2012 - 5 W 391/12 -). Das Oberlandesgericht sah diese Ausnahme als gegeben an, weil nach dem dortigen Sachverhalt die Invollzugsetzung der Sicherungsverwahrung allein aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs unterblieben und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung noch nicht ergangen war.

30

Am 23. Mai 2013 beschloss der Bundesgerichtshof, dass für eine Entscheidung der Vorlagefrage zur Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes kein Raum mehr sei, weil der Gesetzgeber die notwendige Klärung mit dem zum 28. Dezember 2012 in Kraft getretenen Art. 316e Abs. 4 EGStGB (BGBl I S. 2756) selbst herbeigeführt und den Fall des Beschwerdeführers nunmehr ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes aufgenommen habe (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2013 - V ZB 201/12 -, juris). Die Regelung des Art. 316e Abs. 4 EGStGB sei verfassungsgemäß und stelle insbesondere kein unzulässiges Einzelfallgesetz nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG dar.

III.

31

Mit den weitgehend gleichlautenden Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer in beiden Verfahren das Fehlen einer bundesrechtlichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 GG (1.) sowie einen Verstoß gegen das - jeweils aus Art. 103 Abs. 2 GG folgende - Rückwirkungsverbot (2.) und Bestimmtheitsgebot (3.). Darüber hinaus macht er wegen des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage für seine Unterbringung eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG geltend (4.).

32

1. Dem Bund fehle die Gesetzgebungszuständigkeit für das Therapieunterbringungsgesetz, weil das Gesetz entsprechend der in den Begründungen niedergelegten Konzeption gerade nicht mehr dem "Strafrecht" zuzurechnen sei und deshalb auch nicht auf den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gestützt werden könne. So werde die Unterbringung maßgeblich auf die im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegende "psychische Störung" und die sich hieraus ergebende Gefahr gestützt. Es komme also nicht mehr - wie bei der Sicherungsverwahrung - auf einen "Hang" an. Auch die konkrete Ausgestaltung der Unterbringung (§ 2 ThUG) und des Verfahrens (§ 3 ThUG) sprächen für die Strafrechtsferne der Materie.

33

2. Sofern allerdings eine Zuständigkeit des Bundes über den Kompetenztitel Strafrecht begründet sei, verstoße das Therapieunterbringungsgesetz ebenso wie die vergleichbaren Regelungen zur nachträglichen Sicherungsverwahrung gegen das Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG. In diesem Fall handle es sich auch beim Therapieunterbringungsgesetz - wie es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur nachträglichen Sicherungsverwahrung festgestellt habe - um Strafrecht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 EMRK, das deshalb den Beschränkungen des Rückwirkungsverbots unterliege.

34

3. Die Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 103 Abs. 2 GG seien durch die nicht weiter eingegrenzte Voraussetzung der "psychischen Störung" in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG verletzt. Der Begriff sei zu weit, weil er den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK umschriebenen Haftgrund, der nur Geisteskranke und Schuldunfähige erfasse, deutlich überziehe. Insbesondere könne er, der Beschwerdeführer, bei dem im Zusammenhang mit der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus festgestellt worden sei, dass kein Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit oder gar Schuldunfähigkeit mehr bestehe, nicht als "psychisch Kranker" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erfasst werden. Zu unbestimmt sei auch die Bezugnahme auf eine Katalogtat aus § 66 Abs. 3 StGB, weil nicht festgelegt sei, ob irgendeine Verurteilung wegen einer Katalogtat ausreiche oder ob die Katalogtat Anlasstat für die Anordnung der Sicherungsverwahrung gewesen sein müsse.

35

4. Schließlich seien die Regelungen des Therapieunterbringungsgesetzes mangels vorausgegangener Sicherungsverwahrung auf ihn nicht anwendbar. Die dennoch erfolgte Therapieunterbringung verstoße wegen des Fehlens eines die Freiheitsentziehung rechtfertigenden förmlichen Gesetzes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 1 ThUG finde das Gesetz nur dann Anwendung, wenn die betroffene Person "deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfung im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist". In Verbindung mit § 1 Abs. 2 ThUG, wonach dies unabhängig davon gelte, ob der Betroffene noch "im Vollzug der Sicherungsverwahrung ist oder bereits entlassen wurde", ergebe sich eine Beschränkung auf einen Personenkreis, der sich in Sicherungsverwahrung befinde oder ehemals befunden habe. Demgegenüber sei er zu keiner Zeit durch rechtskräftige gerichtliche Anordnung in Sicherungsverwahrung gewesen, sondern lediglich aufgrund eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. vorläufig untergebracht worden. Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf ihn stelle eine insoweit unzulässige Analogie dar.

IV.

36

1. Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium der Justiz Stellung genommen. Es hält das Therapieunterbringungsgesetz für mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sei gegeben. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2004, der zufolge eine der nachträglichen Sicherungsverwahrung vergleichbare Maßnahme der Gefahrenabwehr gestützt auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfalle, gelte in gleicher Weise für das Therapieunterbringungsgesetz. Eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots liege ebenfalls nicht vor. Wie bei der Sicherungsverwahrung sei das strafrechtliche Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG hier nicht einschlägig. Das aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete allgemeine Rückwirkungsverbot stehe der Unterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG nicht entgegen, da allenfalls ein Fall der sogenannten unechten Rückwirkung vorliege und die Voraussetzungen für eine zulässige Rückwirkung erfüllt seien. Das Therapieunterbringungsgesetz beachte auch die in der Abwägung zu berücksichtigenden Vorgaben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK. Im Übrigen sei es Aufgabe der Gerichte, die Voraussetzungen des Therapieunterbringungsgesetzes unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgebotes auszulegen und anzuwenden, was das Gesetz jedenfalls ermögliche. Schließlich genüge das Therapieunterbringungsgesetz auch den Bestimmtheitsanforderungen. Der Begriff der psychischen Störung werde durch die Gesetzesbegründung hinreichend konkretisiert. Dabei sei eine Einschränkung der Schuldfähigkeit im Grad der §§ 20, 21 StGB ebenso wenig erforderlich wie ein Leidensdruck des Betroffenen. Entscheidend sei vielmehr der Grad der objektiven Beeinträchtigung der Lebensführung, der anhand des gesamten - auch des strafrechtlich relevanten - Verhaltens zu bestimmen sei. Im Übrigen werde von einer Stellungnahme zu den mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Entscheidungen abgesehen und lediglich auf die zum 28. Dezember 2012 in Kraft getretene Regelung des Art. 316e Abs. 4 EGStGB (BGBl I S. 2756) hingewiesen.

37

2. Das Ministerium der Justiz des Saarlandes, das sich im Verfahren 2 BvR 2302/11 geäußert hat, hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Dem Bund stehe die Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG unter dem Aspekt zu, dass historisch begründet auch spezialpräventive Reaktionen auf eine Straftat unter den strafrechtlichen Kompetenztitel fielen. Selbst wenn man eine historisch begründete Zuordnung ablehne, folge eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes jedenfalls aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs. Vertrauensschutzgebot und Bestimmtheitsgrundsatz seien gewahrt. Mangels Strafrechtscharakter im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG gelte kein absolutes Rückwirkungsverbot. Das Therapieunterbringungsgesetz begründe eine unechte Rückwirkung. Angesichts des insoweit vergleichbaren Eingriffsgehalts bei den sogenannten Altfällen der Sicherungsverwahrung sei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der vertrauensschutzberührende Eingriff in das Freiheitsgrundrecht nur nach Maßgabe strikter Verhältnismäßigkeit und zum Schutz höchster Verfassungsgüter zulässig. Nach dieser Rechtsprechung seien als Voraussetzungen die Wahrung des Abstandsgebotes, die hochgradige Gefahr für die Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten und das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erforderlich. Ob nach § 1 Abs. 1 ThUG auch ein vertrauensberührender Eingriff in das Freiheitsrecht unterhalb dieses strengen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich sei, etwa weil sich die hochgradige Gefahr nicht auf schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten beziehe, könne im vorliegenden Verfahren offen bleiben, weil das Oberlandesgericht mit den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts korrespondierende Feststellungen getroffen habe. Durch die Bezugnahme auf die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erfahre der Begriff der psychischen Störung eine dem Bestimmtheitsgebot genügende tatbestandliche Konturierung unterhalb der Schwelle der §§ 20, 21 StGB, die es den Gerichten ermögliche, diesen unbestimmten Rechtsbegriff im Einzelfall anzuwenden. Im Übrigen werde der verfassungsrechtlichen Würdigung des Gesetzes durch das Oberlandesgericht gefolgt. Die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes begründe ebenfalls keinen Grundrechtsverstoß. Die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes im vorliegenden Fall, in dem gegen den Beschwerdeführer lediglich eine einstweilige Unterbringung im Sinne des § 275a Abs. 5 StPO a.F. verhängt worden sei und es an der Rechtskraft der angeordneten Sicherungsverwahrung gefehlt habe, lasse sich im Wege der Auslegung begründen, wobei insbesondere das Gesetzgebungsverfahren dieser Auslegung nicht entgegenstehe.

38

3. Der Präsident des Bundesgerichtshofs verweist auf die Stellungnahme des Vorsitzenden des 5. Strafsenats, der zum Begriff der psychischen Störung auf das Urteil vom 21. Juni 2011 (BGHSt 56, 254) Bezug nimmt. Darüber hinaus teilt er gemäß den Äußerungen der Vorsitzenden der anderen Strafsenate und des Vorsitzenden des mit der Therapieunterbringung befassten V. Zivilsenats mit, dass Verfahren, bei denen die Beendigung der Sicherungsverwahrung wegen des Verbots rückwirkender Verschärfung im Recht der Sicherungsverwahrung in Betracht komme, nicht anhängig seien. Im Übrigen werde von einer Stellungnahme zu den aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen abgesehen.

39

4. Der Generalbundesanwalt hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet, soweit sie sich mittelbar gegen das Therapieunterbringungsgesetz richten. Der Bund verfüge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG über die erforderliche Gesetzgebungskompetenz; jedenfalls sei er unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs zur Regelung befugt. Das Therapieunterbringungsgesetz verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, das insoweit nicht anwendbar sei, und begründe ferner keinen Verstoß gegen das allgemeine Vertrauensschutzgebot aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Der Gesetzgeber habe dabei das Vertrauen des Einzelnen gegen die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens abwägen dürfen und eine Gewichtung im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsermessens vorgenommen. Die Bedingungen für die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes korrespondierten weitgehend mit denjenigen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 für die Sicherungsverwahrung formuliert habe. Jedenfalls im Wege der verfassungskonformen Auslegung ließen sich die für die nachträgliche Sicherungsverwahrung geltenden Anforderungen auf die von § 1 ThUG erfassten Konstellationen übertragen. Das Therapieunterbringungsgesetz genüge durch das Element der "psychischen Störung" den Erfordernissen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK. Es orientiere sich explizit an den Vorgaben der Konvention und deren Auslegung durch den Gerichtshof und gewährleiste durch Übereinstimmungen in der Wortwahl eine dynamische Anknüpfung an deren Schutzniveau. Aus diesem Grund bedürfe es für die Beurteilung der Konventionskonformität keiner abschließenden Entscheidung, ob für eine psychische Störung zumindest eine verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB vorliegen müsse. Zudem handle es sich nicht um ein unzulässiges Einzelfallgesetz im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Therapieunterbringungsgesetz betreffe einen bestimmbaren, jedoch offenen Personenkreis, der sachlich abgegrenzt und in sich gleichartigen Regeln unterworfen sei. Schließlich entspreche das Gesetz auch dem vom Freiheitsrecht geforderten Bestimmtheitsgebot aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Insbesondere der Begriff der "psychischen Störung" bedürfe dabei einer klaren Konturierung, sei jedoch einer einschränkenden Konkretisierung durch die Rechtsprechung im Wege einer grundrechtsschonenden Auslegung zugänglich.

40

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2302/11 unter dem Gesichtspunkt seines Freiheitsrechts dagegen die Rechtsanwendung der Fachgerichte im Einzelfall rügt, hält der Generalbundesanwalt die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet. Das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG werde insofern verletzt, als der Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes auch auf den Fall der vorläufigen Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. erstreckt werde. Dadurch würden die Grenzen zulässiger Auslegung überschritten und liege ein Verstoß gegen das Analogieverbot bei freiheitsentziehenden Maßnahmen vor.

41

5. Der Deutsche Richterbund äußert in seiner Stellungnahme Bedenken im Zusammenhang mit dem Therapieunterbringungsgesetz und stellt exemplarisch Probleme im praktischen Umgang mit dem Gesetz dar. Die Vereinbarkeit des § 1 ThUG mit der Konvention zum Schutz der Menschenrechte sei problematisch. Insbesondere sei im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK zweifelhaft, ob die "psychische Störung" nach der Definition durch das Bundesverfassungsgericht mit der Auslegung des Begriffs "unsound mind" in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK in Einklang stehe. Die Vermutung liege nahe, dass der Gerichtshof mit seinem Kronfeldner-Urteil vom 19. Januar 2012 Bedenken dagegen äußern wollte, eine psychische Störung auch dann unter den Begriff "unsound mind" zu subsumieren, wenn diese die Verantwortlichkeit des Betroffenen nicht in strafrechtlich relevanter Weise beeinträchtige oder sonst eine stationäre psychiatrische Behandlung dringend erfordere. Bedenklich sei auch, dass nicht in ausreichendem Maße geeignete geschlossene Einrichtungen rechtzeitig geschaffen worden seien, was wiederum dazu führe, dass der Vollzug der Unterbringung als "Strafe" erscheine und damit in Konflikt mit Art. 7 Abs. 1 EMRK stehe. Zwar seien die Regelungen des Therapieunterbringungsgesetzes von befragten Praktikern als grundsätzlich handhabbar beschrieben worden. Allerdings würden zu mehreren Punkten Zweifel an der Beachtung der Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 104 Abs. 1 GG geäußert. Aus einem Land sei von praktischen Problemen mit der Beauftragung eines geeigneten Sachverständigen berichtet worden. Probleme im Zusammenhang mit dem Vollzug der Therapieunterbringung seien - mit einer Ausnahme - bislang nicht bekannt.

42

6. Der Deutsche Anwaltverein, der zum Verfahren 2 BvR 2302/11 Stellung genommen hat, hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Das Therapieunterbringungsgesetz sei nicht durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Materie Strafrecht aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gedeckt. Zwar knüpfe die Therapieunterbringung an eine Straftat an; es fehle jedoch an einem Sachzusammenhang zwischen Anlasstat und Unterbringung. Hinzu komme, dass für die Entscheidung ausschließlich die Zivilkammern der Landgerichte zuständig seien. Eine solche Zuständigkeit für eine Materie des Strafrechts sei ungewöhnlich und spreche zusätzlich gegen einen Sachzusammenhang. Inhaltlich liege kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot und das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG vor, weil Art. 103 Abs. 2 GG auf die Therapieunterbringung nicht anwendbar sei. Die Freiheitsentziehung werde dem allgemeinen Vertrauensschutzgebot nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gerecht und genüge den allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 20 GG. Die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "psychischen Störung" könne anhand der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK, der Gesetzgebungsmaterialien sowie der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen. Die Anordnung der vorläufigen Unterbringung des Beschwerdeführers verstoße jedoch gegen Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, weil die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes auf den zuvor nur nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. untergebrachten Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Analogieverbot darstelle.

43

7. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) äußert sich in ihrer Stellungnahme zur Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz aus psychiatrischer und psychotherapeutischer Sicht.

44

Mit dem Begriff der "psychischen Störung" ziele das Therapieunterbringungsgesetz auf eine in ihrer Verantwortlichkeit letztlich nicht erheblich beeinträchtigte Personengruppe ab. In Anbetracht der Diskussion um die Ausgestaltung dieses neuen Rechtsbegriffs sei zu befürchten, dass die bewährte und etablierte Klassifikation und Nomenklatur hierdurch Schaden nehme. In der psychiatrischen Versorgung bewährte Begriffe würden beschädigt, wenn sie Bestandteil von Gesetzestexten würden. Durch die Nutzung dieser Begrifflichkeiten für (straf-)rechtliche Zwecke komme es zu einer Stigmatisierung psychiatrischer Patienten. Nicht zuletzt durch notwendige Überarbeitungen psychiatrischer Klassifikationen - durch welche im Übrigen die Intention des Gesetzgebers nach einer beständigen Kategorie verfehlt werde - komme es zu einer Unterscheidung von Gesetzesmerkmalen einerseits und den psychiatrischen Begriffen andererseits. Die Klassifikationen ICD-10 und DSM-IV seien explizit nicht zur Verwendung für juristische Belange konzipiert worden. Im Zusammenhang mit der Sicherungsverwahrung suggeriere der Begriff der "psychischen Störung" eine Verbindung mit erheblicher Gefährlichkeit. Dies treffe aber auf fast alle Patienten, die die Kriterien einer psychischen Störung erfüllten, gerade nicht zu. Die Diagnose nach DSM-IV sei umstritten, da die Kriterien bereits durch wiederholte Regelverstöße und Verhaltensauffälligkeiten erfüllt würden, psychopathologische Symptome hingegen nicht notwendig seien. Zudem seien mit einer "psychischen Störung" vielfältige Störungen mit unterschiedlichsten Auswirkungen verbunden. Bezogen auf das Therapieunterbringungsgesetz werde hierdurch das Eingangsmerkmal der "psychischen Störung" unscharf. Bei einer psychischen Störung gehe es stets um einen klinischen Komplex, der eine psychiatrisch-psychotherapeutische Expertise erfordere. Durch die Vornahme rechtlicher Wertungen werden die psychiatrische Konzeption und das Verständnis in den diagnostischen Manualen verlassen. Selbst wenn eine "psychische Störung" fachgerecht festgestellt werden könne, sei zweifelhaft, ob dadurch die Zielgruppe umfassend erreicht werden könne.

45

Aus psychiatrischer Sicht sei eine "Konnexität" zwischen Störung und Gefährlichkeit zu fordern. Naheliegend sei die Kausalität der Verknüpfung zwischen einer Straftat und einer psychischen Störung, wenn diese die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit bei Begehung der Tat zumindest in erheblicher Weise beeinträchtigt habe und insofern die Verantwortlichkeit erheblich eingeschränkt oder gar aufgehoben gewesen sei. Betroffene mit einer in diesem Sinne die strafrechtliche Verantwortlichkeit einschränkenden Störung seien aber gerade nicht Zielgruppe des Therapieunterbringungsgesetzes, welches eine nicht verantwortungsrelevante Störung durch Verwendung des Wortes "infolge" mit Gefährlichkeit verknüpfe. Die nicht verantwortungsrelevante Beeinträchtigung trete neben die volle Verantwortlichkeit des Täters für seine Tat. Dies sei jedoch widersprüchlich und hochproblematisch, da es grundsätzlich das Verständnis vom Verhältnis zwischen Verantwortlichkeit und Persönlichkeitseigenschaften berühre. Allenfalls könne man einen korrelativen Zusammenhang in der Form diskutieren, dass die Störung mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit weiterer rechtswidriger Handlungen korreliere, wobei es sich jedoch nicht um einen inhaltlichen, sondern um einen statistischen Zusammenhang handle.

46

Im Zusammenhang mit dem Erfordernis der "Gefährlichkeit" stelle sich die Frage nach der tatsächlichen Gefahr und damit nach den so genannten "Falsch Positiven". Falsch positive Beurteilungen gingen zulasten des Betroffenen und forderten diesem ein Sonderopfer ab. Studien würfen die Frage auf, ob der Anteil derjenigen, von denen tatsächlich eine Gefahr ausgehe, hinreichend gravierend sei, um den übrigen Betroffenen das Sonderopfer abzuverlangen. Die "Therapie(rung)" nach dem Therapieunterbringungsgesetz sei ebenso wie die Unterbringung in einer geschlossenen Therapieeinrichtung und die vorgesehene Begutachtung im Abstand von 18 Monaten kritisch zu sehen.

47

Für den vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass bei dem Beschwerdeführer psychische Störungen vorlägen, die die Kriterien der Diagnosemanuale erfüllten, allerdings nicht von einem solchen Schweregrad seien, dass die Verantwortlichkeit in erheblicher Weise beeinträchtigt werde.

V.

48

Mit den Verfassungsbeschwerden hat der Beschwerdeführer jeweils einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Die Anträge wurden mit Beschlüssen der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. November 2011 - 2 BvR 2302/11 - und vom 28. Juni 2012 - 2 BvR 1279/12 - abgelehnt. Die Ablehnungen wurden jeweils darauf gestützt, dass das Sicherungsinteresse der Allgemeinheit vor dem Hintergrund der gestellten Gefährlichkeitsprognose bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Unterbringungsanordnungen und des Therapieunterbringungsgesetzes das Interesse des Beschwerdeführers, seine Freiheit sofort wieder zu erlangen, überwiege.

B.

49

Die zulässigen (I.) Verfassungsbeschwerden sind unbegründet, soweit sie mittelbar gegen die Vorschriften des Therapieunterbringungsgesetzes selbst gerichtet sind (II. bis V.). In Bezug auf die angegriffenen Entscheidungen sind die Verfassungsbeschwerden begründet (VI.).

I.

50

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit der isolierten Verfassungsbeschwerde gegen die vorläufige Unterbringung im Verfahren 2 BvR 2302/11 nicht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen (1.). In beiden Verfahren besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers ungeachtet dessen fort, dass die angegriffenen Entscheidungen selbst nicht mehr die Grundlage für den weiteren Vollzug der Therapieunterbringung bilden (2.).

51

1. Die einstweilige Anordnung der Unterbringung nach § 14 ThUG und die dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen sind ungeachtet dessen, dass die einstweilige Anordnung nach § 14 ThUG gemäß dessen Absatz 1 Satz 1 "im Hauptsacheverfahren" ergeht und das diesbezügliche Verfahren deshalb kein selbständiges Verfahren ist (vgl. Bumiller/Harders, FamFG, 10. Aufl. 2011, § 14 ThUG Rn. 1; Klein, in: Beck'scher Onlinekommentar StPO, § 14 ThUG Rn. 4 <1. Oktober 2012>), zulässige Gegenstände einer Verfassungsbeschwerde (vgl. nur, für vorläufige Unterbringungen auf landesrechtlicher Grundlage, BVerfGE 58, 208 <218 f.>).

52

2. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers, das auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die jeweils angegriffenen Entscheidungen gegeben sein muss, ist nicht dadurch entfallen, dass die im Verfahren 2 BvR 2302/11 angegriffenen Beschlüsse, mit denen die einstweilige Anordnung erfolgte (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 O 59/11 - und Saarländisches OLG, Beschluss vom 30. September 2011 - 5 W 212/11-94 -), durch die spätere Verlängerung (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - 5 O 59/11 -) und Unterbringungsanordnung in der Hauptsache (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Februar 2012 - 5 O 59/11 - und Saarländisches OLG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 5 W 44/12-22 -) gegenstandslos geworden sind. Zwar bildet nur die zeitlich letzte Entscheidung die Grundlage für den weiteren Vollzug der einstweiligen Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz (vgl. zum Haftbefehl, BVerfGK 5, 230 <234>; Graf, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 117 Rn. 5; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 117 Rn. 8; jeweils m.w.N.). Die Anordnung in der Hauptsache löst die vorläufige Anordnung insgesamt ab. Dasselbe gilt hinsichtlich der im Verfahren 2 BvR 1279/12 angegriffenen (ersten) Hauptsacheentscheidung, die ihrerseits bis zum 1. März 2013 befristet war (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 17. Februar 2012 - 5 O 59/11 -) und mit Ablauf der Befristung ebenfalls gegenstandslos wurde. Der Beschwerdeführer hat aber dennoch ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung (vgl. dazu BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 32, 87 <92>; 53, 152 <157 f.>; 104, 220 <234>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Oktober 2005 - 2 BvR 2233/04 -, juris, Rn. 20 ff.), weil die Anordnungen jeweils Grundlage eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs waren, namentlich des Freiheitsentzugs vom 2. September 2011 bis zum 1. Dezember 2011 (2 BvR 2302/11) sowie vom 17. Februar 2012 bis zum 1. März 2013 (2 BvR 1279/12).

II.

53

Das Therapieunterbringungsgesetz verstößt nicht gegen die Kompetenznorm des Art. 70 Abs. 1 GG. Dem Bundesgesetzgeber steht die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des Therapieunterbringungsgesetzes aus Art. 72 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu.

54

Art. 70 Abs. 1 GG weist die Gesetzgebungszuständigkeit den Ländern zu, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund die Gesetzgebungsbefugnis verleiht. Gemäß Art. 70 Abs. 2 GG bemisst sich die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern nach den Vorschriften über die ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung des Bundes. Die im Therapieunterbringungsgesetz geregelte Materie ist als Strafrecht Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.

55

1. Der Begriff des Strafrechts im kompetenzrechtlichen Sinne wird durch das Grundgesetz nicht bestimmt. Bei der Auslegung der Kompetenzbestimmungen gelten die allgemeinen Regeln, wobei der historischen Interpretation besonderes Gewicht beizumessen ist (vgl. BVerfGE 68, 319 <328>; 97, 198 <219>; 106, 62 <105>). Vor allem bei normativ-rezeptiven Zuweisungen, bei denen der Verfassungsgeber einen vorgefundenen Normbereich als zu regelnde Materie den Kompetenztiteln zugeordnet hat, ist maßgeblich auf das traditionelle, herkömmliche Verständnis von Inhalt und Reichweite dieses Normbereichs abzustellen (vgl. BVerfGE 109, 190 <218>). Ausgehend davon hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere unter Einbeziehung von Entstehungsgeschichte und Staatspraxis (vgl. BVerfGE 109, 190 <213 f.>) entschieden, dass zum Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die Regelung aller, auch nachträglicher, repressiver oder präventiver staatlicher Reaktionen auf Straftaten gehören, die an die Straftat anknüpfen, ausschließlich für Straftäter gelten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat beziehen (BVerfGE 109, 190<212>).

56

2. Nach diesen Maßstäben unterfällt das Therapieunterbringungsgesetz als Strafrecht im kompetenzrechtlichen Sinne der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes.

57

Ausgehend von der historisch-normativen Zuordnung der Sicherungsverwahrung zur kompetenziellen Materie des Strafrechts (a) gehört das Therapieunterbringungsgesetz aufgrund seines materiellen Regelungsgehalts und seines lückenfüllenden Charakters (b) ebenfalls zum strafrechtlichen Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die Anforderungen an ein freiheitsorientiertes Therapiekonzept sowie die verfahrensrechtliche Gestaltung stehen dieser Zuordnung nicht entgegen (c).

58

a) Der Kompetenztitel Strafrecht erfasst historisch betrachtet neben vergeltenden, schuldausgleichenden Sanktionen auch spezialpräventive Reaktionen auf eine Straftat (vgl. BVerfGE 109, 190 <213>; BVerfGE 85, 134 <142> für die Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB). Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht geht auf die Reichsverfassung von 1871 und die Weimarer Reichsverfassung von 1919 zurück, unter deren Geltung auf der Grundlage dieses Kompetenztitels auch rein vorbeugende und sichernde Normen erlassen wurden (vgl. BVerfGE 109, 190 <213 f.>, m.w.N.). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Parlamentarische Rat, der insoweit auf ein kompetenzrechtlich dem Strafrecht zugeordnetes zweispuriges Sanktionensystem traf, dem Begriff des Strafrechts eine andere als die vorgefundene Bedeutung beigemessen hat (vgl. BVerfGE 27, 18 <32>; 109, 190 <214>). Daher ließen sich sowohl die primäre Sicherungsverwahrung, die durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl I S. 995) eingeführt wurde, als auch die nachträgliche Sicherungsverwahrung, die dort in Art. 5 Abs. 2 als Übergangsvorschrift vorgesehen war, dem historisch vorgefundenen Regelungsbestand des Strafrechts zuordnen (vgl. BVerfGE 109, 190 <214>). Dies gilt unabhängig von den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht kompetenzieller, sondern materiellrechtlicher Art, die hinsichtlich der nachträglichen Sicherungsverwahrung anzuerkennen sind.

59

Dem historisch begründeten weiten Verständnis des kompetenzrechtlichen Begriffs des Strafrechts steht die abweichende - engere - Bedeutung des Begriffs der Strafe in Art. 103 Abs. 2 GG nicht entgegen (vgl. BVerfGE 109, 190 <217 f.>; 109, 133 <170 ff.>). Ebenso wenig schließt es die Zugehörigkeit der Regelungen des Therapieunterbringungsgesetzes zum Strafrecht aus, wenn in den Gesetzesmaterialien betont wird, dass die Therapieunterbringung sich von der Strafe fundamental unterscheide (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 20 f.); diese Hervorhebung betrifft den für die speziellen Rückwirkungsverbote des Art. 103 Abs. 2 GG und des Art. 7 Abs. 1 EMRK maßgeblichen Begriff der Strafe und gerade nicht den kompetenzrechtlichen Begriff des Strafrechts.

60

b) Der materielle Regelungsgehalt der Therapieunterbringung und ihre lückenfüllende Funktion begründen eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für den Erlass des Therapieunterbringungsgesetzes.

61

Das Therapieunterbringungsgesetz verfolgt - ebenso wie die Sicherungsverwahrung - den Zweck, Straftäter, deren Gefährlichkeit für hochrangige Rechtsgüter fortbesteht, im Anschluss an die verbüßte Strafhaft zum Schutz der Allgemeinheit sicher unterzubringen (BTDrucks 17/3403, S. 14, 19 und 53). Ausweislich der Gesetzesbegründung stellt das Therapieunterbringungsgesetz eine Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (- Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland) dar, in dessen Folge es bereits zu Entlassungen von Sicherungsverwahrten - trotz fortbestehender Gefährlichkeit - gekommen sei und weitere Entlassungen zu erwarten seien (BTDrucks 17/3403, S. 14). Die Regelungen des Therapieunterbringungsgesetzes sollten es - als eng begrenzte Ausnahmeregelungen für einen Übergangszeitraum - ermöglichen, in dieser besonderen Situation dennoch dem staatlichen Auftrag, die Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern zu schützen, Rechnung zu tragen (BTDrucks 17/3403, S. 13, 19).

62

Neben der spezifischen Anknüpfung an eine strafrechtlich sanktionierte Anlasstat stützt vor allem diese - eine verfassungsrechtlich bedingte, zugleich aber ihrerseits verfassungsrechtlich problematische Lücke im Instrumentarium des Strafrechts schließende - Funktion des Therapieunterbringungsgesetzes dessen Zugehörigkeit zum selben Kompetenztitel. Das die Regelungslücke füllende Gesetz kann hier kompetenzrechtlich nicht anders beurteilt werden als das lückenhafte Gesetz selbst. § 1 Abs. 1 ThUG beschränkt den Anwendungsbereich der Therapieunterbringung von vornherein auf Straftäter, bei denen eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ausscheidet, weil das durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte formulierte Verbot der rückwirkenden Verschärfung im Recht der Sicherungsverwahrung (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland) zu berücksichtigen ist. Betroffen sind ausschließlich zuvor vom Regelungsbereich der Sicherungsverwahrung erfasste Personen, die trotz gleich gebliebenen Schutzbedürfnisses der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen aufgrund konventionsrechtlicher Vorgaben nicht mehr in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden können. Die Therapieunterbringung ist insoweit subsidiär zur Sicherungsverwahrung (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53) und stellt überdies eine eng begrenzte Übergangsregelung bis zum Wirksamwerden der neu geordneten Sicherungsverwahrung dar (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 19). Dass die Unterbringung über die Anforderung der Sicherungsverwahrung hinaus von der zusätzlichen Voraussetzung einer psychischen Störung abhängig ist, steht dem lückenfüllenden Charakter des Therapieunterbringungsgesetzes nicht entgegen.

63

c) Das freiheitsorientierte Therapiekonzept (§ 2 ThUG) und die verfahrensrechtliche Ausgestaltung (§§ 3, 4 ThUG) stehen der kompetenzrechtlichen Zuordnung zum Strafrecht ebenfalls nicht entgegen.

64

Dass ein freiheitsorientiertes Therapiekonzept, dessen Behandlungsanforderungen über die für den Strafvollzug geltenden hinausgehen, einer Zuordnung der betreffenden Regelungen zum Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht entgegensteht, folgt bereits daraus, dass vergleichbare Anforderungen auch für die gleichfalls dem Strafrecht im kompetenziellen Sinn zuzuordnende Sicherungsverwahrung bestehen (BVerfGE 128, 326<327>).

65

Auch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Therapieunterbringungsgesetzes, das sich an die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anlehnt (§ 3 ThUG) und eine ausschließliche Zuständigkeit der Zivilkammern der Landgerichte begründet (§ 4 Abs. 1 ThUG), führt zu keiner anderen kompetenziellen Zuordnung. Der verfahrensrechtliche Gleichlauf mit der Sicherungsverwahrung wurde in der Entscheidung zu den Straftäterunterbringungsgesetzen der Länder zwar als Argument, nicht aber als eine notwendige Voraussetzung dafür herangezogen, dass es sich dabei um ein Ersatzinstrument zur Sicherungsverwahrung handelte, das dementsprechend dem Kompetenztitel Strafrecht unterfiel (vgl. BVerfGE 109, 190 <225 f.>). Letzteres wäre auch fernliegend, weil es damit der jeweilige Gesetzgeber durch die Wahl und Ausgestaltung des Verfahrensrechts unabhängig vom Regelungsgegenstand in der Hand hätte, über die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern zu bestimmen.

III.

66

Bei verfassungskonformer Auslegung ist die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar.

67

1. a) Maßstab für die verfassungsrechtliche Beurteilung von § 1 Abs. 1 ThUG ist Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 128, 326 <390>). Sie ziehen der gesetzgeberischen Regelungsbefugnis Grenzen bei der Verwirklichung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl (vgl. BVerfGE 14, 288 <300>; 25, 142 <154>; 43, 242 <286>; 43, 291 <391>; 75, 246 <280>; 109, 133 <182>; 128, 326 <390>). Dabei erhöht sich die Bedeutung der berührten Vertrauensschutzbelange in Abhängigkeit von der Schwere des Eingriffs in das sachlich berührte Grundrecht (vgl. bereits BVerfGE 109, 133 <186 f.>; 128, 326 <390>).

68

Da das Therapieunterbringungsgesetz zur Anordnung einer potenziell unbefristeten Freiheitsentziehung ermächtigt, begründet die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG auch bei Wahrung des hinsichtlich der Vollzugsbedingungen gebotenen Abstandes zur Strafhaft einen der schwersten Eingriffe in das sachlich berührte Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) und damit in ein Recht, dem unter den grundrechtlich verbürgten Rechten bereits für sich genommen besonderes Gewicht zukommt (vgl. BVerfGE 128, 326 <390>).

69

b) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Wertungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (vgl. BVerfGE 111, 307 <315 ff.>; 128, 326 <366 ff.>; 131, 268 <295 ff.>), die mit Art. 5 und Art. 7 Abs. 1 EMRK der nachträglichen Anordnung oder Verlängerung einer präventiven freiheitsentziehenden Maßnahme Grenzen setzt (vgl. dazu BVerfGE 128, 326 <391 ff.>, m.w.N.), ist der mit der Therapieunterbringung verbundene und durch Vertrauensschutzbelange verstärkte Eingriff in das Freiheitsgrundrecht nur verhältnismäßig, wenn der gebotene Abstand zur Strafe gewahrt wird, eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erfüllt sind (vgl. zur Sicherungsverwahrung BVerfGE 128, 326 <399>; 129, 37 <46 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Februar 2013 - 2 BvR 2122/11 u.a. -, juris, Rn. 27).

70

2. Nach den zum Recht der Sicherungsverwahrung entwickelten Maßstäben, die auch auf die Therapieunterbringung als nachträgliche freiheitsentziehende Maßnahme anzuwenden sind (a), ist die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar. Dabei genügt die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG vorgesehene Gefahrenprognose verfassungsrechtlichen Anforderungen nur, wenn das Vorliegen einer hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten festgestellt werden kann. Dem kann im Wege verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift Rechnung getragen werden (b). § 2 ThUG berücksichtigt die Wertungen des Art. 7 Abs. 1 EMRK und formuliert den gebotenen Abstand zur Vollstreckung der Strafhaft (c). Der Begriff der "psychischen Störung" im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des den Vertragsstaaten eingeräumten Beurteilungsspielraums mit den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK vereinbar (d).

71

a) Die Therapieunterbringung ist eine nachträglich angeordnete freiheitsentziehende Maßnahme, die hinsichtlich der Eingriffsintensität der Sicherungsverwahrung entspricht.

72

Zwar ist der Normzweck zukunftsgerichtet, weil das Therapieunterbringungsgesetz das Ziel verfolgt, basierend auf einer aktuellen Gefährlichkeitsprognose die Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter zu schützen (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53). Dies hebt den Vergangenheitsbezug und den dadurch begründeten Vertrauensschutz jedoch nicht auf (vgl. BVerfGE 109, 133 <184>, zur Sicherungsverwahrung). Allerdings bestimmt § 1 Abs. 1 ThUG keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen ("echte" Rückwirkung). Er beschränkt das Vertrauen der Betroffenen lediglich in Gestalt einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ("unechte Rückwirkung"; zur Terminologie vgl. BVerfGE 127, 1 <16 f.>; auch 131, 20 <36 f.>), weil die belastende Rechtsfolge der Unterbringung zwar erst nach Verkündung des Gesetzes eingreift, jedoch tatbestandlich von einem rechtserheblichen Verhalten vor seiner Verkündung ausgelöst wird.

73

Die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG ermöglicht eine potenziell unbefristete Freiheitsentziehung, die hinsichtlich der Entziehung der äußeren Freiheit mit einer Freiheitsstrafe wie auch mit der Sicherungsverwahrung vergleichbar ist. Soweit die Gesetzesbegründung darauf abstellt, die "Therapieunterbringung [unterscheide sich] fundamental von Strafe, aber auch von der Sicherungsverwahrung" (BTDrucks 17/3403, S. 20 f.), bezieht sich dies erkennbar auf die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten strafähnlichen Vollzugsbedingungen der Sicherungsverwahrung (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 127 ff.). Ein fundamentaler Unterschied zwischen der Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz und der Sicherungsverwahrung bei Beachtung des verfassungsrechtlich gebotenen Abstands zur Strafhaft besteht indes nicht.

74

Die Eingriffsintensität unterscheidet sich nicht deshalb von derjenigen der Sicherungsverwahrung, weil in § 2 ThUG die Unterbringung in einer geeigneten Therapieeinrichtung und ein freiheitsorientiertes Therapiekonzept vorgeschrieben wird. Denn auch in der Sicherungsverwahrung sind - unabhängig von den in der Vergangenheit festgestellten Defiziten in der gesetzlichen Konzeption (vgl. BVerfGE 128, 326 <382 ff.>) und im tatsächlichen Vollzug (vgl. BVerfGE 128, 326 <384 ff.>; auch EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 127 ff.) - angesichts der unterschiedlichen Zielsetzung und sachlichen Rechtfertigung der dem Schuldausgleich dienenden Strafhaft einerseits und des schuldunabhängigen präventiven Freiheitsentzugs der Sicherungsverwahrung andererseits (vgl. BVerfGE 128, 326 <376 f.>) Anforderungen an die Ausgestaltung ihres Vollzugs zu beachten ("Abstandsgebot", vgl. BVerfGE 128, 326 <374 ff.>). Danach ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung - in deutlichem Abstand zum Strafvollzug - freiheitsorientiert mit klarer therapeutischer Ausrichtung auszugestalten, um die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr zu minimieren und auf diese Weise die Dauer der Freiheitsentziehung auf das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren (BVerfGE 128, 326 <374 f.>). Ausgehend von den danach weiter konkretisierten Anforderungen an ein freiheitsorientiertes Gesamtkonzept im Vollzug der Sicherungsverwahrung (vgl. BVerfGE 128, 326 <378 ff.>) gibt es keine durchgreifenden Gründe, die im Vergleich dazu die Unterbringung in einer geeigneten Einrichtung im Sinne des § 2 ThUG als weniger intensiven Eingriff in das Freiheitsgrundrecht erscheinen lassen.

75

b) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es unter Berücksichtigung der konventionsrechtlichen Vorgaben, bei der Entscheidung über die Therapieunterbringung vor allem, den Vertrauensschutz des Betroffenen im Rahmen der Abwägung mit dem gebotenen Gewicht einzustellen und eine Unterbringung nur dann anzuordnen, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist.

76

Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG sieht zwar keine derart einzugrenzende Gefahrenprognose vor, sondern verlangt lediglich, dass eine Gesamtwürdigung der Persönlichkeit, des Vorlebens und der Lebensverhältnisse ergibt, dass der Betroffene mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Allerdings ist das Therapieunterbringungsgesetz einer verfassungskonform einengenden Auslegung zugänglich.

77

aa) Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (vgl. BVerfGE 119, 247 <274>; stRspr). Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat (vgl. BVerfGE 86, 288 <320>). Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, wo sie zum Wortlaut der Norm und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfGE 110, 226 <267>, m.w.N.).

78

bb) Nach diesen Maßstäben ist eine verfassungskonforme - restriktive - Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG dahingehend möglich, dass hinsichtlich der Gefährlichkeitsprognose eine Unterbringung nur dann erfolgt, wenn eine hochgradige Gefahr für die Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist.

79

(1) Der Wortlaut der Vorschrift steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. § 1 Abs. 1 ThUG verlangt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigt wird. Ob zwischen der Formulierung "hohe Wahrscheinlichkeit" und "hochgradige Gefahr" überhaupt qualitative Unterschiede bestehen, bedarf keiner Entscheidung, weil eine erforderliche Begrenzung auf den Maßstab der "hochgradigen Gefahr" jedenfalls vom Wortlaut der Norm gedeckt ist. Auch soweit § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG eine "erhebliche" Beeinträchtigung der in der Vorschrift genannten Rechtsgüter verlangt, schließt dies eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift im dargestellten Sinn nicht aus. Da in den Fällen schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG genannten Rechtsgüter immer in erheblichem Maße betroffen sind, sind diese Fälle vom Willen des Gesetzgebers unzweifelhaft mit umfasst.

80

(2) Der Gesetzeszweck steht einer solchen verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Nach der Gesetzesbegründung ist Ziel der Therapieunterbringung "ein möglichst nachhaltiger Schutz der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter" (BTDrucks 17/3403, S. 53). Gleichzeitig akzeptiert die Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber in einem "schmalen Bereich [agiert], der sowohl durch die Anknüpfung an Straftaten als auch durch präventive Ziele geprägt ist und in dem zugleich sowohl das Grundgesetz als auch die EMRK enge Vorgaben machen" (BTDrucks 17/3403, S. 19). Erkennt der Gesetzgeber danach ausdrücklich die verfassungs- und konventionsrechtlichen Grenzen seiner Zielsetzung an, läuft es dem Gesetzeszweck nicht zuwider, wenn im Wege der verfassungskonformen Auslegung ein mit dem Grundgesetz vereinbarer, aber dennoch möglichst nachhaltiger Schutz der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter gewährleistet wird.

81

Auch der Einwand, dem Therapieunterbringungsgesetz verbleibe bei einer Übertragung der strengen Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts zur nachträglichen oder nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung kein Anwendungsbereich, steht der verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Dies gilt unabhängig von der Frage, in welchem Umfang das Therapieunterbringungsgesetz bei einer Übertragung der strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe einen Anwendungsbereich behält, nachdem die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben zur nachträglichen oder nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung mit dem Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl I S. 2425) in Art. 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB als gesetzliche Übergangsregelung verabschiedet wurden. Denn die Therapieunterbringung ist nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 ThUG und dem Willen des Gesetzgebers (BTDrucks 17/3403, S. 53) subsidiär zur Sicherungsverwahrung ausgestaltet mit der Folge, dass ein Zurücktreten hinter die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Gesetz selbst angelegt ist. In diesem Kontext darf überdies nicht außer Betracht bleiben, dass das Therapieunterbringungsgesetz zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, zu dem - im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland) - in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch nicht geklärt war, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen eine Vertrauensschutzbelange berührende Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann. So entschied der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 12. Mai 2010, dass aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs die Betroffenen in parallel gelagerten Rückwirkungsfällen sofort aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen seien (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 - 4 StR 577/09 -, juris, Rn. 7 ff.). Der 5. Strafsenat hingegen entschied am 21. Juli 2010, dass die Entscheidung des Gerichtshofs nicht dazu zwinge, in allen Fällen der Sicherungsverwahrung mit Rückwirkungsproblematik die Betroffenen sofort zu entlassen (BGHSt 55, 234 <236 ff.>). Vielmehr seien die Wertungen der Konvention im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, so dass zwar von einem grundsätzlichen Überwiegen des Freiheitsrechts und des Vertrauensschutzes auszugehen sei, dies jedoch bei "höchstgefährlichen Verurteilten" hinter dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit zurücktreten könne (BGHSt 55, 234 <241 f.>). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage stand damals ebenfalls noch aus. Seinerzeit ging es dem Gesetzgeber somit darum, mit dem Therapieunterbringungsgesetz eine eng begrenzte Übergangsregelung bis zum Wirksamwerden der neu geordneten Sicherungsverwahrung zu schaffen (BTDrucks 17/3403, S. 19). Soweit also im weiteren Verlauf die Möglichkeit eröffnet wurde, in den Grenzen der Verfassung und der Konvention den Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Gewalt- oder Sexualstraftätern im Recht der Sicherungsverwahrung zu gewährleisten, bedarf es nach dieser Konzeption keines Rückgriffs auf das Therapieunterbringungsgesetz. Ein durch das Recht der Sicherungsverwahrung eingeschränkter Anwendungsbereich steht nicht im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers.

82

c) Den verfassungsrechtlich gebotenen Abstand zur Vollstreckung der Strafhaft formuliert § 2 ThUG.

83

aa) § 2 Abs. 1 Nr. 3 ThUG in der seit 1. Juni 2013 gültigen Fassung (vgl. BGBl 2012 I S. 2425 <2430>) schreibt ausdrücklich eine räumliche und organisatorische Trennung von Einrichtungen des Strafvollzuges vor. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThUG hat die Unterbringung in einer Einrichtung zu erfolgen, die wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der psychischen Störung im Einzelfall auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten kann. Die Unterbringung selbst soll die Untergebrachten unter Berücksichtigung der therapeutischen Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit möglichst wenig belasten (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ThUG).

84

bb) Mit diesen Vorgaben sichert das Gesetz die Wahrung des nicht nur für die Sicherungsverwahrung, sondern auch für die Therapieunterbringung als hinsichtlich der Fortdauer der Freiheitsentziehung gleichermaßen schuldunabhängige Präventivmaßnahme geltende Abstandsgebot (vgl. BVerfGE 128, 326 <374 ff.>) und schafft damit zugleich eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Therapieunterbringung nicht als Strafe im Sinne des Art. 7 Abs. 1 EMRK einzuordnen ist.

85

(1) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte legt den Begriff der Strafe autonom, d.h. unabhängig von der Klassifikation einer Maßnahme nach innerstaatlichem Recht, aus. Ausgangspunkt der Beurteilung ist danach, ob die in Rede stehende Maßnahme infolge oder im Anschluss an eine Verurteilung wegen einer Straftat verhängt wird. Als weitere Faktoren werden die Charakterisierung der Maßnahme nach innerstaatlichem Recht, Art und Zweck der Maßnahme, das Verfahren zu ihrer Verhängung und Durchführung sowie ihre Schwere herangezogen (vgl. nur EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 120). Unter Anwendung dieser Maßstäbe gelangte der Gerichtshof im Verfahren Mücke gegen Deutschland zu dem Ergebnis, dass die Maßregel der Sicherungsverwahrung als Strafe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 EMRK zu qualifizieren sei. Neben dem Bezug zur Anlasstat, die neben anderen Voraussetzungen unabdingbar für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung sei, hob der Gerichtshof insbesondere die Art und Weise der tatsächlichen Vollstreckung als für die Einordnung maßgeblich hervor: Die im Vergleich zu Strafgefangenen geringfügigen Änderungen der Vollzugsgestaltung - wie etwa das Recht, eigene Kleidung zu tragen und die komfortableren Zellen zusätzlich auszustatten - könnten nicht verdecken, dass es keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Vollstreckung einer Haftstrafe und der einer Sicherungsverwahrung gebe. Es gebe keine speziellen Maßnahmen, Instrumente oder Einrichtungen, die auf Sicherungsverwahrte ausgerichtet seien und darauf abzielten, die von ihnen ausgehende Gefahr zu reduzieren und damit ihre Freiheitsentziehung auf die Dauer zu beschränken, die unbedingt erforderlich sei, um sie von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Die Sicherungsverwahrung werde zudem in einem strafrechtlichen Verfahren angeordnet und stelle im Hinblick auf die mögliche Dauer der Freiheitsentziehung einen der schwersten Eingriffe dar (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 124 ff.; vgl. auch EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 20008/07 - Mautes ./. Deutschland, Rn. 55; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 27360/04 und 42225/07 - Schummer ./. Deutschland, Rn. 67; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 17792/07 - Kallweit ./. Deutschland, Rn. 68).

86

(2) Vor diesem Hintergrund hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung eines schuldunabhängigen präventiven Freiheitsentzugs, der sich von einer Strafe "qualitativ" unterscheidet, präzisiert (BVerfGE 128, 326 <374>). Die Interpretation des Art. 7 Abs. 1 EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verlangt indes keine Anpassung des grundgesetzlichen Begriffs der Strafe in Art. 103 Abs. 2 GG an den Strafbegriff des Art. 7 Abs. 1 EMRK, sondern spricht dafür, das Abstandsgebot deutlicher zu konturieren (BVerfGE 128, 326<392 f.>).

87

(3) In der Folge wiederholte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zwar seine Kriterien aus der Entscheidung Mücke gegen Deutschland und verwies auf die dort getroffenen Schlussfolgerungen zum Charakter der Sicherungsverwahrung als Strafe im konventionsrechtlichen Sinne (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 103 ff.). Gleichzeitig spezifizierte er jedoch seine Begründung für die Annahme einer Strafe dahingehend, dass er insbesondere nicht von einer Veränderung der gerügten Unterbringungsbedingungen, die weitgehend denen des Vollzugs der Freiheitsstrafe entsprächen, überzeugt sei (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 106; zuletzt auch EGMR, Urteil vom 7. Juni 2012 - Beschwerde-Nr. 61827/09 - K. ./. Deutschland, Rn. 82 f.; Urteil vom 7. Juni 2012 - Beschwerde-Nr. 65210/09 - G. ./. Deutschland, Rn. 73 f.). Die Fokussierung auf das jedenfalls für die Vergangenheit festzustellende Vollzugsdefizit fügt sich im Folgenden auch insoweit in die Entscheidungsgründe des Gerichtshofs ein, als dort im Zusammenhang mit Art. 46 EMRK ausgeführt wird, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 4. Mai 2011 die Feststellungen, die der Gerichtshof in seinen vorgenannten Urteilen zur deutschen Sicherungsverwahrung getroffen hatte, in die innerstaatliche Rechtsordnung umgesetzt habe und damit dieser Verantwortung umfassend nachgekommen sei (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 117 f.; vgl. auch die gleichlautenden Ausführungen in der späteren Entscheidung des EGMR, Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 101 f.). Mit Blick auf die zeitlichen Vorgaben heißt es dort weiter, das Bundesverfassungsgericht habe eine angemessene Lösung zur Beseitigung fortdauernder Konventionsverletzungen gefunden (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 118; EGMR, Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 102).

88

d) Das Tatbestandsmerkmal der psychischen Störung im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG steht nicht in Widerspruch zu den Wertungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK.

89

aa) Das Therapieunterbringungsgesetz selbst definiert den Begriff der psychischen Störung, wie er in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG verwendet wird, nicht näher. Wie er zu verstehen ist, geht jedoch aus Wortbedeutung und Entstehungsgeschichte hinreichend deutlich hervor.

90

Mit dem Begriff der psychischen Störung knüpft § 1 Abs. 1 ThUG nach der Gesetzesbegründung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK an, der ausdrücklich eine Freiheitsentziehung bei "psychisch Kranken" erlaubt (englisch: persons of unsound mind; französisch: aliéné). Danach seien auch abnorme Persönlichkeitszüge erfasst, die nicht einer Geisteskrankheit gleichkämen. Ein weiterhin abnorm aggressives und ernsthaft unverantwortliches Verhalten eines verurteilten Straftäters könne ausreichen. Auch stehe die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen einer auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK gestützten Unterbringung nicht entgegen (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53 f.; mit Nachweisen zur Rechtsprechung der Europäischen Menschenrechtskommission und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte). Zugleich lehne sich der Begriff der psychischen Störung an die Begriffswahl der heute in der Psychiatrie genutzten Diagnoseklassifikationssysteme ICD-10 (Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO, 10. Revision, Kapitel V) beziehungsweise DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung, 4. Aufl.) an (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 54).

91

In der Gesetzesbegründung ist darüber hinaus ausgeführt, dass die Störung nicht von solcher Art sein müsse, dass sie die strafrechtliche Verantwortung des Täters ausschließt oder in der psychiatrisch-forensischen Begutachtungspraxis als psychische Erkrankung gewertet wird; wohl aber müsse sich ein klinisch erkennbarer Komplex von solchen Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die mit Belastungen und Beeinträchtigungen - auf der individuellen und oft auch der kollektiven oder sozialen Ebene - verbunden sind. Allein soziale Abweichungen oder soziale Konflikte ohne persönliche Beeinträchtigungen der betroffenen Personen seien danach nicht erfasst. Als psychische Störung könnten sich spezifische Störungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Sexualpräferenz, der Impuls- oder Triebkontrolle darstellen; dies gelte insbesondere für die dissoziale Persönlichkeitsstörung und verschiedene Störungen der Sexualpräferenz, etwa Pädophilie oder Sadomasochismus (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 54).

92

Bereits danach ist der gesetzliche Gehalt der psychischen Störung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG auf die Vereinbarkeit mit dem Rechtfertigungsgrund für eine Freiheitsentziehung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK angelegt. Dies in der Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes im Einzelfall zu gewährleisten, ist in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte.

93

bb) Ungeachtet dessen löst sich die systematische Einpassung der Therapieunterbringung vom bisherigen zweigliedrigen System der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) einerseits und der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) andererseits und installiert einen nicht anhand der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (§§ 20, 21 StGB) abzugrenzenden "dritten Weg". Dem Verzicht auf ein Defizit strafrechtlicher Verantwortlichkeit als Voraussetzung für die Therapieunterbringung stehen die Wertungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht entgegen.

94

(1) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass aufgrund eines objektiven ärztlichen Gutachtens nachgewiesen sein muss, dass der Betroffene an einer "tatsächlichen", "echten" psychischen Störung ("true mental disorder") leidet, die nach Art oder Ausmaß ("kind or degree") eine Zwangseinweisung entweder im Eigeninteresse des Betroffenen oder im öffentlichen Interesse erfordert. Die Dauer der Freiheitsentziehung, die ihrem Anlass entsprechend in einer psychiatrischen Klinik oder in einer anderen geeigneten Einrichtung zu vollziehen ist (vgl. zuletzt EGMR, Urteil vom 19. April 2012 - Beschwerde-Nr. 61272/09 - B. ./. Deutschland, Rn. 69, m.w.N.), muss vom Fortbestand dieser Störung abhängig sein (vgl. nur EGMR, Urteil vom 24. Oktober 1979 - Beschwerde-Nr. 6301/73 - Winterwerp ./. Niederlande, Rn. 37 ff.; stRspr). Erforderlich ist danach ein Zusammenhang zwischen der psychischen Störung und einer Gefahr, deren Abwehr die Freiheitsentziehung - unter der Voraussetzung, dass diese in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung erfolgt - zu rechtfertigen geeignet ist, was zugleich eine entsprechende Intensität der psychischen Störung voraussetzt (vgl. Schöch, GA 2012, S. 14 <28>; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 5 Rn. 45). Bei der Beurteilung der Frage, ob das Erfordernis der psychischen Störung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK und ihrer Fortdauer erfüllt ist, besitzen die Vertragsstaaten zudem einen Beurteilungsspielraum ("margin of appreciation"; vgl. zuletzt Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 71).

95

Mit dem allgemeinen Erfordernis, dass die Freiheitsentziehung rechtmäßig ("lawful") und in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise ("in accordance with a procedure prescribed by law") erfolgen muss, verweist Art. 5 Abs. 1 EMRK im Wesentlichen auf das innerstaatliche Recht und verpflichtet dazu, dessen materielle und verfahrensrechtliche Vorgaben einzuhalten (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Oktober 1979 - Beschwerde-Nr. 6301/73 - Winterwerp ./. Niederlande, Rn. 39, 45; Urteil vom 25. Juni 1996 - Beschwerde-Nr. 19776/92 - Amuur ./. Frankreich, Rn. 50; Urteil vom 9. Juli 2009 - Beschwerde-Nr. 11364/03 - Mooren ./. Deutschland, Rn. 72). Dies bedeutet insbesondere, dass jede Festnahme oder Freiheitsentziehung einer gesetzlichen Grundlage im innerstaatlichen Recht bedarf (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 90, m.w.N.).

96

Zur Wahrung der allgemeinen Rechtmäßigkeitsanforderung reicht die Einhaltung des innerstaatlichen Rechts allein jedoch nicht aus. Vielmehr muss jede Freiheitsentziehung auch mit dem Zweck des Art. 5 Abs. 1 EMRK in Einklang stehen, den Einzelnen vor Willkür zu schützen (vgl. nur EGMR, Urteil vom 9. Juli 2009 - Beschwerde-Nr. 11364/03 - Mooren ./. Deutschland, Rn. 72, m.w.N.). Danach muss das innerstaatliche Recht eine bestimmte Qualität aufweisen, insbesondere muss es hinreichend zugänglich, präzise und in seiner Anwendung vorhersehbar sein ("sufficiently accessible, precise and foreseeable in its application"), um jegliche Gefahr der Willkür zu vermeiden (vgl. EGMR, Urteil vom 9. Juli 2009 - Beschwerde-Nr. 11364/03 - Mooren ./. Deutschland, Rn. 76; Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 90, m.w.N.). Zudem muss es adäquaten Rechtsschutz ("adequate legal protections") sowie faire und angemessene Verfahren ("fair and proper procedures") vorsehen (vgl. EGMR, Urteil vom 24. Oktober 1979 - Beschwerde-Nr. 6301/73 - Winterwerp ./. Niederlande, Rn. 45; Urteil vom 25. Juni 1996 - Beschwerde-Nr. 19776/92 - Amuur ./. Frankreich, Rn. 53; Urteil vom 5. Oktober 2004 - Beschwerde-Nr. 45508/99 - H.L. ./. Vereinigtes Königreich, Rn. 115). Schließlich muss für eine konventionskonforme Freiheitsentziehung ein Zusammenhang zwischen dem Grund der Freiheitsentziehung und dem Ort und den Bedingungen der Freiheitsentziehung bestehen. Die Freiheitsentziehung einer Person wegen psychischer Krankheit ist danach grundsätzlich nur dann rechtmäßig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK, wenn sie in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung erfolgt (vgl. zuletzt EGMR, Urteil vom 19. April 2012 - Beschwerde-Nr. 61272/09 - B. ./. Deutschland, Rn. 69, m.w.N.).

97

(2) Nach diesen Maßgaben steht das Tatbestandsmerkmal der "psychischen Störung" in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG den Wertungen der Konvention nicht entgegen. Zur Wahrung der konventionsrechtlichen Vorgaben bedarf es insbesondere nicht einer den Schweregrad nach §§ 20, 21 StGB erreichenden psychischen Störung ((a)). Die Anforderungen an die Vorhersehbarkeit sind ebenso erfüllt ((b)) wie die übrigen Vorgaben ((c)).

98

(a) (aa) Bereits in einer Entscheidung der Europäischen Menschenrechtskommission vom 12. Juli 1976 wurde klargestellt, dass der Begriff der psychischen Störung in einem erweiterten Sinn zu verstehen ist, der auch abnorme Persönlichkeitszüge umfasst, die nicht einer Geisteskrankheit gleichkommen. Während sich aus dem in dieser Entscheidung mitgeteilten Sachverhalt ergibt, dass der Betroffene von den nationalen Gerichten als strafrechtlich nicht verantwortlich eingestuft worden war (vgl. Entscheidung der Europäischen Menschenrechtskommission vom 12. Juli 1976 - Beschwerde-Nr. 7493/76 - X ./. Deutschland, Decisions and Reports, Band 6, S. 182 f.), hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in zwei weiteren Entscheidungen eine Unterbringung von zumindest eingeschränkt verantwortlichen Personen auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK gutgeheißen. Eine dieser Entscheidungen bezeichnet die dort geprüfte Unterbringung zwar als gesetzmäßig wegen geistiger Krankheit ("mental illness"); der Fall betraf aber eine Person, die nach englischem Strafrecht - das außer bei Mordanklagen nur zwischen (voller) Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit unterscheidet, etwaigen Abstufungen dagegen nur im Rahmen der Strafzumessung Rechnung trägt (vgl. Albrecht, in: Kröber/Dölling/Leygraf/Sass, Handbuch der forensischen Psychiatrie, Band 1 (2007), S. 547) - als schuldfähig beurteilt worden war und demgemäß vor der Unterbringung eine Freiheitsstrafe verbüßt hatte (vgl. EGMR, Urteil vom 20. Februar 2003 - Beschwerde-Nr. 50272/99 - Hutchinson Reid ./. Vereinigtes Königreich, Rn. 14, 50). Auch das zweite Verfahren betraf die Unterbringung eines Straftäters, der für (nur) eingeschränkt strafrechtlich verantwortlich befunden und zu einer Freiheitsstrafe in Kombination mit psychiatrischer Unterbringung verurteilt worden war (vgl. EGMR, Urteil vom 11. Mai 2004 - Beschwerde-Nr. 48865/99 - Morsink ./. Niederlande, Rn. 9, 62).

99

(bb) In seinen Entscheidungen zur Sicherungsverwahrung geht der Gerichtshof davon aus, dass die Sicherungsverwahrung bestimmter Straftäter die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK erfüllen kann (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 103). Dies ist deshalb von Belang, weil es sich bei sicherungsverwahrten Straftätern typischerweise gerade nicht um solche mit erheblich beeinträchtigter strafrechtlicher Verantwortlichkeit handelt. Denn bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) und - wegen einer psychischen Störung, die eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit begründet - für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) ist, wenn der für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang zu bestimmten Straftaten auf den psychischen Defekt zurückzuführen ist, grundsätzlich der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus der Vorrang einzuräumen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. August 1997 - 2 StR 1999/97 -, NStZ 1998, S. 35 <36>; BGH, Urteil vom 20. Februar 2002 - 2 StR 486/01 - juris, Rn. 15; ebenso, mit Verweis auf den ultima-ratio-Charakter der Sicherungsverwahrung, BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 71/11 -, juris, Rn. 21).

100

Soweit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinen Entscheidungen zur Sicherungsverwahrung eine Rechtfertigung über Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK abgelehnt hat, lagen dem keine Ausführungen zugrunde, wonach eine psychische Störung im Sinne dieser Bestimmung mindestens mit einer erheblichen Beeinträchtigung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit einhergehen muss. Der Gerichtshof hat das Vorliegen einer psychischen Störung teilweise verneint (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 103) oder zumindest in Zweifel gezogen (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 17792/07 - Kallweit ./. Deutschland, Rn. 55; Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 86; Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 79). Dabei orientierte er sich an der seinerzeit nach nationalem Recht zu treffenden Unterscheidung zwischen der Unterbringung gefährlicher Straftäter in der Sicherungsverwahrung einerseits und der Unterbringung psychisch Kranker, die im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der erheblich verminderten Schuldfähigkeit Straftaten begangen haben, in einem psychiatrischen Krankenhaus andererseits (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 17792/07 - Kallweit ./. Deutschland, Rn. 55) und stützte sich auf die Feststellung der nationalen Gerichte, die eine Unterbringung der Betroffenen nach § 63 StGB abgelehnt hatten (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 22, 103; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 17792/07 - Kallweit ./. Deutschland, Rn. 55; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 6587/04 - Haidn ./. Deutschland, Rn. 92, dort zu landesrechtlichen Regelungen).

101

Weiter stellte der Gerichtshof - ohne in allen Fällen abschließend über die Frage einer psychischen Störung zu entscheiden - darauf ab, dass die nationalen Gerichte jedenfalls nicht dazu berufen gewesen seien, das Vorliegen einer psychischen Störung zu überprüfen, und die Unterbringungsentscheidung nicht auf eine psychische Störung gestützt worden sei (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 103; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 17792/07 - Kallweit ./. Deutschland, Rn. 56; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 6587/04 - Haidn ./. Deutschland, Rn. 93; Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 86; Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 79). Darüber hinaus scheide - abermals unabhängig vom Vorliegen einer psychischen Störung - eine Rechtfertigung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK aus, weil die Unterbringung nicht in einer für psychisch Kranke adäquaten Einrichtung erfolgt sei (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 17792/07 - Kallweit ./. Deutschland, Rn. 57; Urteil vom 13. Januar 2011 - Beschwerde-Nr. 6587/04 - Haidn ./. Deutschland, Rn. 94; Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 87 ff.; Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 80 ff.).

102

Im Kontext mit dem für eine konventionskonforme Freiheitsentziehung erforderlichen Zusammenhang zwischen dem Grund, dem Ort und den Bedingungen der Freiheitsentziehung bezog der Gerichtshof in seine Erwägungen mit ein, dass von der gesetzlichen Möglichkeit, die angeordnete Sicherungsverwahrung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu vollziehen (§ 67a Abs. 2 StGB), kein Gebrauch gemacht wurde. Dabei führte er in Auseinandersetzung mit den abweichenden nationalen Vorgaben des § 67a Abs. 2 StGB, der eine bessere Förderung der Resozialisierung durch die Überweisung in eine andere Maßnahme voraussetzt, aus, dass für eine Rechtfertigung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK auch Therapieunwillige, denen wegen psychischer Krankheit die Freiheit entzogen wird, in einer für ihren Zustand geeigneten medizinisch therapeutischen Einrichtung unterzubringen seien (vgl. EGMR, Urteil vom 24. November 2011 - Beschwerde-Nr. 4646/08 - O.H. ./. Deutschland, Rn. 89; Urteil vom 19. Januar 2012 - Beschwerde-Nr. 21906/09 - Kronfeldner ./. Deutschland, Rn. 82). Rückschlüsse auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer psychischen Störung lassen sich aus der Nichtüberweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus indes nicht ziehen.

103

(cc) Die Entscheidungen zum Recht der Sicherungsverwahrung sind nach alledem dahin zu verstehen, dass sich der Gerichtshof hinsichtlich des für die Annahme einer psychischen Störung erforderlichen Schweregrades an den Feststellungen orientiert, die die Gerichte des jeweiligen Vertragsstaates auf der Grundlage der Systematik des jeweiligen nationalen Rechts getroffen hatten. Im deutschen Recht war vor dem Inkrafttreten des Therapieunterbringungsgesetzes die psychische Verfassung eines gefährlichen Straftäters bei der Entscheidung über seine präventive Unterbringung nur im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Schuldfähigkeit und fehlender oder erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) von Bedeutung - ersterenfalls kam nur die Sicherungsverwahrung, letzterenfalls in der Regel nur die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht. Der Gerichtshof konnte daher für die Frage des Vorliegens einer psychischen Störung nur auf die anhand der genannten Unterscheidung getroffenen Feststellungen der deutschen Gerichte zurückgreifen.

104

Das bedeutet indes nicht, dass der nationale Gesetzgeber nicht, wie mit dem Therapieunterbringungsgesetz geschehen, die Systematik des nationalen Rechts verändern und eine vom Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit unabhängige "psychische Störung" - als dritten Weg - zur gesetzlichen Voraussetzung einer therapiegerichteten Unterbringung machen dürfte. Dementsprechend hat der Gerichtshof zuletzt mehrfach hervorgehoben, dass die nationalen Gerichte bei ihren Entscheidungen über die Fortdauer einer Unterbringung von Sicherungsverwahrten - also außerhalb des § 63 StGB - nicht darüber zu befinden gehabt hätten, ob der Betroffene eine psychische Störung aufwies. Genau hier setzt das Therapieunterbringungsgesetz an, indem es - neben bestimmten Anforderungen an eine daraus resultierende Gefahr - erstmals das Vorliegen einer psychischen Störung zur gesetzlichen Unterbringungsvoraussetzung bestimmt und damit entsprechende von den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB unabhängige gerichtliche Prüfungspflichten begründet.

105

(b) Soweit der Gerichtshof für eine rechtmäßige Freiheitsentziehung auch qualitative Anforderungen an das nationale Recht stellt, genügt das Therapieunterbringungsgesetz insbesondere auch den Ansprüchen an die Vorhersehbarkeit. Der Gerichtshof verlangt sowohl eine präzise ("precise") Formulierung der Tatbestandsvoraussetzungen, eine Anforderung, die keine erkennbaren Unterschiede zu den nationalen Bestimmtheitsanforderungen aufweist (dazu unter IV.), als auch eine vorhersehbare ("foreseeable") Rechtsanwendung in dem Sinne, dass die gesetzliche Regelung zum maßgeblichen Zeitpunkt in Kraft gewesen sein muss, um jegliche Gefahr der Willkür zu vermeiden (vgl. nur EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 90, m.w.N.).

106

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist über den maßgeblichen Zeitpunkt für die Vorhersehbarkeit bei Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK bislang noch nicht ausdrücklich entschieden worden. Als maßgeblicher Zeitpunkt für eine Freiheitsentziehung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK, bei der es im Kern nicht - wie etwa bei Art. 7 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK - um die Freiheitsentziehung wegen einer in der Vergangenheit liegenden Handlung sowie einer daran anknüpfenden Verurteilung sondern um die Freiheitsentziehung wegen eines gegenwärtigen Zustandes (hier: einer psychischen Störung und der darauf beruhenden Gefährlichkeit für die Allgemeinheit) geht (vgl. BVerfGE 128, 326 <398>), ist auf den Zeitpunkt der Anordnung abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt muss auch die psychische Störung zuverlässig nachgewiesen sein (vgl. EGMR, Urteil vom 23. Februar 1984 - Beschwerde-Nr. 9019/80 - Luberti ./. Italien, Rn. 28; Urteil vom 19. April 2012 - Beschwerde- Nr. 61272/09 - B. ./. Deutschland, Rn. 68).

107

Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der Gerichtshof in der Sache Mücke gegen Deutschland im Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 1 EMRK eher allgemein "ernstliche Zweifel" an der Vorhersehbarkeit formulierte und als maßgebliches Moment wohl zum Zeitpunkt der Begehung der Straftat tendierte (vgl. nur EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland, Rn. 104). Die dortige Aussage kann aber nicht dahingehend verallgemeinert werden, dass für die Anordnung einer Freiheitsentziehung nach Art. 5 EMRK stets auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist. Dies wäre auch unter systematischen Gesichtspunkten nicht ohne weiteres ersichtlich, weil mit einer solchen verallgemeinernden Aussage zu Art. 5 Abs. 1 EMRK als Ganzes letztlich das spezifische Rückwirkungsverbot beim Strafen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 EMRK auf sämtliche Rechtfertigungsgründe des Art. 5 Abs. 1 EMRK übertragen würde. Überdies würde sich diese Auslegung nicht in die Rechtsprechung der Großen Kammer einfügen, der zufolge die Vorhersehbarkeit und der maßgebliche Bezugszeitpunkt, die der Vermeidung von Willkür zu dienen bestimmt sind, unter Berücksichtigung des jeweiligen Grundes der Freiheitsentziehung und dessen Zweck zu sehen sind (vgl. EGMR, Urteil vom 9. Juli 2009 - Beschwerde- Nr. 11364/03 - Mooren ./. Deutschland, Rn. 77; vgl. auch EGMR, Urteil vom 29. Januar 2008 - Beschwerde-Nr. 13229/03 - Saadi ./. Vereinigtes Königreich, Rn. 68). Bezieht man in die Betrachtung mit ein, dass die Unterbringung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK die Freiheitsentziehung wegen eines aktuellen Zustands zum Schutz der Allgemeinheit (vgl. EGMR, Urteil vom 4. April 2000 - Beschwerde-Nr. 26629/95 - Litwa ./. Polen, Rn. 60) ist und nicht vorrangig die Reaktion auf ein vorangegangenes Verhalten darstellt, ist im Lichte des Normzwecks und unter Wahrung des nationalen Beurteilungsspielraums auf den Zeitpunkt der Anordnung abzustellen und nicht im Sinne eines absoluten Rückwirkungsverbots auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit.

108

(c) Den weiteren konventionsrechtlichen Anforderungen an eine rechtmäßige Unterbringung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK genügt das Therapieunterbringungsgesetz ebenfalls. Die psychische Störung ist durch sachverständige Begutachtung nachzuweisen (§ 9 ThUG). Durch die zeitliche Begrenzung der Unterbringung (§ 12 Abs. 1 ThUG) und das Erfordernis einer erneuten Begutachtung bei einer Verlängerung (§ 12 Abs. 2 i.V.m. § 9 ThUG) wird gewährleistet, dass die Fortdauer der Freiheitsentziehung vom Fortbestehen der psychischen Störung abhängt. Die Notwendigkeit der zwangsweisen Unterbringung, die nicht nur dann gegeben ist, wenn eine Person eine therapeutische, medikamentöse oder anderweitige klinische Behandlung braucht, sondern auch dann, wenn sie Kontrolle und Aufsicht benötigt, um sie beispielsweise davon abzuhalten, sich selbst oder anderen Personen Schaden zuzufügen (vgl. EGMR, Urteil vom 20. Februar 2003 - Beschwerde-Nr. 50272/99 - Hutchison Reid ./. Vereinigtes Königreich, Rn. 52), folgt aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG. Dieser verlangt - in verfassungskonformer Auslegung - eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten und damit eine qualifizierte Beeinträchtigung hochrangiger Rechtsgüter Dritter. Mit den Vorgaben für geeignete Einrichtungen zur Unterbringung (§ 2 ThUG) wird der konventionsrechtlich geforderte Zusammenhang zwischen dem Grund der Freiheitsentziehung und dem Ort und den Bedingungen der Unterbringung gewährleistet. Schließlich wird dem Betroffenen zur Sicherung eines fairen Verfahrens verpflichtend ein Rechtsanwalt als Beistand beigeordnet (§ 7 ThUG) und gesondert eine persönliche Anhörung des Betroffenen vorgeschrieben (§ 8 Abs. 2 ThUG). Die Landgerichte (§ 4 ThUG) entscheiden über die Unterbringung durch Beschluss (§ 10 ThUG), gegen den seinerseits die Beschwerde zur Verfügung steht (§ 16 ThUG).

IV.

109

Die Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz verstößt bei der aus Vertrauensschutzbelangen heraus erforderlichen verfassungskonformen Auslegung (s.o.) nicht aus sonstigen Gründen gegen das Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG; insbesondere sind die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots gewahrt.

110

1. Art. 103 Abs. 2 GG findet auf die Therapieunterbringung keine Anwendung, weil diese ebenso wie die Sicherungsverwahrung nicht als Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG zu qualifizieren ist (vgl. BVerfGE 109, 133 <187 f.>; 128, 326 <376 f., 392 f.>; jeweils zur Sicherungsverwahrung). Strafbarkeit gemäß Art. 103 Abs. 2 GG setzt voraus, dass das auferlegte materielle Übel mit der Missbilligung vorwerfbaren Verhaltens verknüpft ist und von seiner Zielrichtung her (zumindest auch) dem Schuldausgleich dient (BVerfGE 109, 133<172 ff.>; 128, 326 <376 f., 392 f.>). Der Zweck der Therapieunterbringung liegt jedoch allein in der zukünftigen Sicherung der Gesellschaft und ihrer Mitglieder vor einzelnen, aufgrund ihres bisherigen Verhaltens als hochgefährlich eingeschätzten Tätern.

111

Den Maßstab für die Bestimmtheitsanforderungen bildet vorliegend Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, der den Gesetzgeber verpflichtet, die Fälle, in denen eine Freiheitsentziehung zulässig sein soll, hinreichend klar zu bestimmen. Freiheitsentziehungen sind in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln. Insoweit konkretisiert Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsanforderungen (vgl. BVerfGE 29, 183 <195 f.>; 76, 363 <387>; 109, 133 <188>). Dabei müssen die Vorgaben des Gesetzgebers umso genauer sein, je intensiver der Grundrechtseingriff ist und je schwerwiegender die Auswirkungen der Regelung sind (vgl. BVerfGE 86, 288 <311>; 93, 213 <238>, m.w.N.; 109, 133 <188>). Da präventive Freiheitsentziehungen ebenso stark in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eingreifen wie Freiheitsstrafen, ergibt sich aus Art. 104 Abs. 1 GG im Ergebnis ein ähnliches Bestimmtheitsgebot wie aus Art. 103 Abs. 2 GG (BVerfGE 29, 183<196>; 78, 374 <383>; 96, 68 <97>; 131, 268 <306>).

112

Das Bestimmtheitsgebot schließt die Verwendung konkretisierungsbedürftiger Begriffe nicht aus (vgl. BVerfGE 11, 234 <237>; 28, 175 <183>; 48, 48 <56>; 92, 1 <12>; 126, 170 <196>). Der Gesetzgeber muss in der Lage bleiben, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden (zu Art. 103 Abs. 2 GG, vgl. BVerfGE 28, 175 <183>; 47, 109 <120 f.>; 126, 170 <195>). Dabei lässt sich der Grad der für eine Norm jeweils erforderlichen Bestimmtheit nicht abstrakt festlegen, sondern hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Tatbestandes einschließlich der Umstände ab, die zur gesetzlichen Regelung geführt haben (BVerfGE 28, 175 <183>; 86, 288 <311>; 126, 170 <196>). Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe bestehen keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für eine Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt (BVerfGE 45, 363 <371 f.>; 86, 288 <311>). Die Rechtsprechung ist zudem gehalten, verbleibende Unklarheiten über den Anwendungsbereich einer Norm durch Präzisierung und Konkretisierung im Wege der Auslegung nach Möglichkeit auszuräumen (zum an die Rechtsprechung gerichteten Präzisierungsgebot im Rahmen des Art. 103 Abs. 2 GG, vgl. BVerfGE 126, 170 <198>).

113

2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorschrift des § 1 Abs. 1 ThUG nicht zu beanstanden. Die psychische Störung als unbestimmter Rechtsbegriff (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. September 2011 - 2 BvR 1516/11 -, juris, Rn. 39) erfährt durch die in der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53 f.) aufgenommene Anknüpfung an die zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK entwickelten Voraussetzungen und die Anlehnung an die Begriffswahl der heute in der Psychiatrie genutzten Diagnoseklassifikationssysteme eine Konturierung, die zusammen mit den weiteren gesetzlichen Merkmalen einer präzisierenden, den Anforderungen an die Bestimmtheit genügenden Auslegung zugänglich ist.

114

a) aa) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK begründet - auch ohne abschließende Begriffsdefinition - eine restriktive Auslegung dahin, dass jedenfalls qualitative Mindestanforderungen an die psychische Störung zu stellen sind. So wird vorausgesetzt, dass aufgrund eines objektiven ärztlichen Gutachtens nachgewiesen ist, dass der Betroffene an einer "tatsächlichen", "echten" psychischen Störung leidet ("true mental disorder"), die nach Art oder Ausmaß ("kind or degree") eine Zwangseinweisung erfordert, und zwar entweder im Eigeninteresse des Betroffenen oder im öffentlichen Interesse. Ferner muss die Dauer der Freiheitsentziehung vom Fortbestand dieser Störung abhängig sein und die Unterbringung ihrem Anlass entsprechend in einer psychiatrischen Klinik oder Anstalt vollzogen werden (vgl. nur EGMR, Urteil vom 24. Oktober 1979 - Beschwerde-Nr. 6301/73 - Winterwerp ./. Niederlande, Rn. 37 ff.; stRspr). Neben dem formalen Aspekt, dass die Diagnose nur auf ein objektives ärztliches Gutachten gestützt werden kann, wird qualitativ eine "tatsächliche", "echte" psychische Störung verlangt, die nach Art ihrer Ausprägung eine zwangsweise Unterbringung erfordert. Damit stellt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK - ebenso wie § 1 Abs. 1 ThUG selbst (dazu gleich unter (b)) - eine Rückkoppelung der psychischen Störung zum Unterbringungszweck her und begründet dadurch Anforderungen an die Intensität der psychischen Störung (vgl. Schöch, GA 2012, S. 14 <28>; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 5 Rn. 45), indem sich die psychische Störung im Grund der Freiheitsentziehung niederschlagen muss. Letzteres kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Unterbringung ihrem Anlass entsprechend in einer geeigneten Einrichtung zu erfolgen hat.

115

bb) Darüber hinaus lehnt sich die Gesetzesbegründung zur Bestimmung der psychischen Störung an die in der Psychiatrie anerkannten Klassifikationssysteme ICD-10 (Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO, 10. Revision, Kapitel V) beziehungsweise DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung, 4. Aufl.) an (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 54).

116

(1) Soweit kritisiert wird, dass die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV umstritten sei, weil die Kriterien bereits durch wiederholte Regelverstöße und Verhaltensauffälligkeiten erfüllt würden, während psychopathologische Symptome nicht erforderlich seien (vgl. Stellungnahme der DGPPN vom 6. März 2012, S. 4), ist dem entgegenzuhalten, dass jedenfalls nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 17/3403, S. 54) und dem ebenfalls vorhandenen Verweis auf das Klassifikationssystem ICD-10 nicht in Zweifel gezogen werden kann, dass für eine psychische Störung im Sinne des § 1 Abs. 1 ThUG allein soziale Abweichungen oder Konflikte nicht genügen.

117

(2) Mit den üblichen Methoden der Auslegung beantwortbar ist auch die Frage, ob ein subjektiver Leidensdruck des Betroffenen Voraussetzung für die Unterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG ist. Aufgetretene Meinungsverschiedenheiten hierüber begründen ebenfalls keine unzureichende Bestimmtheit dieser Norm.

118

Bejahende Antworten auf die genannte Frage sind einerseits aus dem in Anlehnung an die in der Psychiatrie anerkannten Klassifikationssysteme auszufüllenden Begriff der "psychischen Störung" (vgl. dazu OLG Hamm, Beschluss vom 9. Juni 2011 - 4 Ws 207/10 -, juris, Rn. 29, 41 ff., dort zum Begriff der psychischen Störung im Recht der Sicherungsverwahrung; vgl. auch Morgenstern, ZIS 2011, S. 974 <977 f.>; Mahler/Pfäfflin, R&P 2012, S. 130 <131>), andererseits aus dem in § 1 Abs. 1 ThUG verwendeten Verb "leidet" (vgl. Dessecker, ZIS 2011, S. 706 <712>) abgeleitet worden (auf beide Gesichtspunkte abstellend Krehl, StV 2012, S. 27 <30>; Kröber, FPPK 2012, S. 60 <60 f.>). Beide Ableitungen können nicht überzeugen.

119

Was das Verhältnis von subjektivem Leidensdruck und psychischer Störung im Sinne der Psychiatrie angeht, besteht zwar ein empirischer, nicht aber ein begrifflicher Zusammenhang. So wird zwar einerseits vorgetragen, Leidensdruck sei regelmäßig oder grundsätzlich kennzeichnend für eine psychische Störung (vgl. Merkel, Betrifft Justiz 2011, S. 202 <205>; Morgenstern, ZIS 2011, S. 974 <977>), andererseits aber zugestanden, dass alternativ auch bloß objektive Einschränkungen in wichtigen Funktionsbereichen in Betracht kommen (Mahler/Pfäfflin, R&P 2012, S. 130 <131>; wohl auch Morgenstern, ZIS 2011, S. 974 <978>). Danach ist subjektiver Leidensdruck, wenn er auch häufige oder typische Begleiterscheinung einer psychischen Störung sein mag, keine definitorische Voraussetzung für das Vorliegen einer solchen Störung. Dem entspricht es, dass in der Vorbemerkung zu den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60-F69) nach ICD-10 ausgeführt wird, dass diese häufig - mithin nicht immer - mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit einhergingen (vgl. Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO, 10. Revision, Version 2013, Kapitel V, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (F60-F69), S. 297).

120

Hinzu kommt, dass der juristische Begriff der psychischen Störung nach § 1 Abs. 1 ThUG sich zwar an die in der Psychiatrie genutzten Diagnoseklassifikationssysteme anlehnt. Bei der Auslegung dieses Begriffs als Rechtsbegriff kann jedoch - anders bei einem hippokratischen Ansatz, bei dem das Leiden als Rechtfertigung für die therapeutische Intervention herangezogen wird (vgl. Kröber, FPPK 2012, S. 60 <61>) - der Zweck der Vorschrift nicht außer Betracht bleiben. § 1 Abs. 1 ThUG ist darauf gerichtet, im Einklang mit den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK einen möglichst nachhaltigen Schutz der Allgemeinheit vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter zu erreichen (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53). Auf einen subjektiven Leidensdruck abzustellen und damit die Möglichkeit der Unterbringung von Personen auszuschließen, die unter ihrer - sie zu schwersten Gewalt- und/oder Sexualstraftaten treibenden - psychischen Verfassung nach eigener Wahrnehmung nicht leiden, wäre mit dieser gesetzgeberischen Konzeption nicht vereinbar (vgl. Merkel, Betrifft Justiz 2011, S. 202 <206>).

121

Auch der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG, wonach die Unterbringungsanordnung voraussetzt, dass der Betroffene "an einer psychischen Störung leidet" legt eine derart zweckwidrige Auslegung nicht nahe. Das Verb "leiden (an)" kann für das schlichte Betroffensein von etwas stehen, das zwar derjenige, der das Wort verwendet, nicht aber notwendigerweise auch der Betroffene selbst als negativ bewertet (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003, S. 1008). Um diese allein eine Bewertung desjenigen, der die Wendung "leiden (an)" gebraucht, implizierende Bedeutung handelt es sich in besonders offensichtlicher Weise, wenn sie in Bezug auf Gegenstände angewendet wird, die subjektiven Leidens von vornherein nicht fähig sind; so etwa, wenn von einem Verwaltungsakt die Rede ist, der "an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet" (§ 125 Abs. 1 AO). Häufig wird die Wendung aber auch in personenbezogenen, insbesondere medizinischen, Zusammenhängen in dieser über die subjektive Befindlichkeit der Betroffenen nichts aussagenden und Feststellungen hierzu nicht erfordernden Weise verwendet (vgl. nur etwa § 21 Abs. 2 Nr. 6 Arzneimittelgesetz). Um eine solche Verwendung handelt es sich in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG (vgl. auch Nußstein, StV 2011, S. 633 <634>).

122

b) Die Möglichkeit der Therapieunterbringung erfährt eine weitere, maßgebliche Einschränkung dadurch, dass das Gesetz ausdrücklich neben der psychischen Störung einen Kausalzusammenhang zwischen der psychischen Störung und der Gefahr verlangt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG kann das zuständige Gericht die Unterbringung einer Person anordnen, wenn sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Die Gesetzesbegründung führt zu der danach erforderlichen Kausalität aus, dass über das Erfordernis der Gefährlichkeitsprognose, die einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit verlange, sichergestellt werde, dass eine Unterbringung nur bei störungsbedingten erheblichen Gefahren für besonders bedeutende Rechtsgüter Dritter in Betracht komme; die Gefährlichkeit der betroffenen Person müsse im Sinne einer Kausalität auf der psychischen Störung beruhen (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 54). Durch diese Verknüpfung wird die konventionsrechtliche Vorgabe aufgenommen, wonach der Grad oder die Art der Störung eine zwangsweise Unterbringung rechtfertigen muss (vgl. nur EGMR, Urteil vom 19. April 2012 - Beschwerde-Nr. 61272/09 - B. ./. Deutschland, Rn. 69, m.w.N.; stRspr).

123

Dabei ist es unschädlich, dass der Begriff der psychischen Störung, ausgehend von den Diagnosemanualen, vielfältige und mit unterschiedlichsten Auswirkungen auf die Betroffenen verbundene Störungen einschließt und damit einen weiten Kreis von Personen erfasst, bei denen nur in seltenen Fällen zugleich eine Gefährlichkeit oder gar erhebliche Gefährlichkeit gegeben ist. Eine stigmatisierende Zuschreibung des Inhalts, dass Personen, die an einer psychischen Störung leiden, zugleich in einem ihre Unterbringung rechtfertigenden Sinne gefährlich sind, liegt in der tatbestandlichen Anknüpfung an den Begriff der psychischen Störung gerade nicht; die zusätzliche Anforderung einer aus der psychischen Störung resultierenden besonderen Gefährlichkeit impliziert im Gegenteil, dass die Gefährlichkeit gerade nicht als mit einer psychischen Störung ohne weiteres verbunden angesehen wird. Mit dem Erfordernis kausaler Verknüpfung zwischen der psychischen Störung und der zusätzlich erforderlichen Gefährlichkeit wird die konventionsrechtliche Vorgabe aufgenommen, wonach der Grad oder die Art der Störung eine zwangsweise Unterbringung rechtfertigen muss (vgl. nur EGMR, Urteil vom 19. April 2012 - Beschwerde-Nr. 61272/09 - B. ./. Deutschland, Rn. 69 m.w.N.; stRspr).

124

c) Die Reichweite der Eingriffsnorm wird im Übrigen durch die formellen Anforderungen der Therapieunterbringung weiter eingegrenzt, die ihrerseits hinreichend bestimmt sind. Dies gilt allem voran für die Bezugnahme auf eine Verurteilung wegen einer der Katalogtaten des § 66 Abs. 3 StGB, die nach der Gesetzesbegründung unzweifelhaft nicht notwendigerweise Anlasstat für die Anordnung der Sicherungsverwahrung gewesen sein muss (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53), und für die Voraussetzung einer vorangegangenen Sicherungsverwahrung.

125

Letztlich genügt das Therapieunterbringungsgesetz auch den an eine Prognoseentscheidung zu stellenden besonderen Bestimmtheitsanforderungen, wonach der Gesetzgeber bei präventiven Freiheitsentziehungen nicht nur über die tatbestandlichen Voraussetzungen der freiheitsentziehenden Maßnahme entscheiden muss, sondern angesichts der mit der Prognoseentscheidung verbundenen Unsicherheit auch festzulegen hat, welche zeitliche Wirkung der Prognoseentscheidung zukommt und wann diese zu überprüfen ist (vgl. BVerfGE 109, 133 <188>). In § 12 Abs. 1 ThUG hat der Gesetzgeber die zeitliche Wirkung der Prognoseentscheidung auf längstens 18 Monate begrenzt und in § 12 Abs. 2 Satz 1 ThUG für eine Verlängerungsentscheidung die Vorschriften für die erstmalige Anordnung - mit angepassten Vorgaben zur Begutachtung (§ 12 Abs. 2 Satz 2 bis 4 ThUG) - für entsprechend anwendbar erklärt.

V.

126

Das Therapieunterbringungsgesetz verstößt in der hier maßgeblichen Fassung nicht gegen das Verbot des Einzelfallgesetzes aus Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

127

1. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG verbietet innerhalb seines hier eröffneten Anwendungsbereichs (vgl. zum Anwendungsbereich, BVerfGE 24, 367 <396>; 83, 130 <154>; 95, 1 <17>) grundrechtseinschränkende Gesetze, die nicht allgemein sind, sondern nur für den Einzelfall gelten. Die Anforderung, dass das Gesetz allgemein zu sein hat, ist erfüllt, wenn sich wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestandes nicht absehen lässt, auf wie viele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet (BVerfGE 121, 30 <49>, m.w.N.).

128

Das schließt die Regelung eines Einzelfalls nicht aus, wenn der Sachverhalt so beschaffen ist, dass es nur einen Fall dieser Art gibt und die Regelung dieses singulären Sachverhalts von sachlichen Gründen getragen wird (vgl. BVerfGE 25, 371 <399>; 85, 360 <374>). Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG enthält letztlich eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes (vgl. BVerfGE 25, 371 <399>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 12. Aufl. 2012, Art. 19 Rn. 2; vgl. auch Dreier, in: Dreier, Grundgesetz, 2. Aufl. 2004, Band I, Art. 19 I Rn. 16 ("Verschärfung oder Konkretisierung"); Hufeld, in: Bonner Kommentar, Art. 19 Abs. 1 Satz 1 Rn. 8 (156. Lfg 2012) ("Verschärfung")), der es dem Gesetzgeber verbietet, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen (vgl. BVerfGE 25, 371 <399>; 85, 360 <374>). Der gleichheitssichernden Funktion des Verbots des Einzelfallgesetzes entspricht es auch, wenn diesem Verbot die Funktion zugeschrieben wird, den Grundsatz der Gewaltenteilung zu gewährleisten, indem konkret-individuelle Regelungen im Regelfall der Exekutive und generell-abstrakte Regelungen der Legislative vorbehalten bleiben (vgl. Sachs, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 19 Rn. 20), denn der Gewaltenteilungsgrundsatz ist insoweit gerade in seiner gleichheitssichernden Funktion angesprochen.

129

Ohne die am Normzweck orientierte Begrenzung des Verbotsausspruchs, der zufolge bei entsprechender sachlicher Rechtfertigung auch die Regelung eines singulären Sachverhalts zulässig ist, geriete Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG in ein Spannungsverhältnis zu anderen Grundsätzen der Verfassung. Das gilt namentlich mit Blick auf den aus dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 2 GG sowie aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Vorbehalt des Gesetzes in Form des Parlamentsvorbehalts (vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 1 Rn. 15 (66. Lfg. 2012); Krebs, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz, 6. Aufl. 2012, Art. 19 Rn. 8 ff.), wenn der Normgeber nur in der Gestalt des förmlichen Gesetzes zur Rechtssetzung befugt ist. Dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, ist Sache des Gesetzgebers. So kann vermieden werden, dass die Staatsgewalt auch in Konstellationen zur Untätigkeit gezwungen wäre, in denen ein (zwingendes) Regelungsbedürfnis für den singulären Sachverhalt besteht.

130

2. Nach diesen Maßstäben verstößt das Therapieunterbringungsgesetz nicht gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

131

Dem Wortlaut nach ist § 1 Abs. 1 ThUG abstrakt gefasst und wird insoweit dem Allgemeinheitsgebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG gerecht. Der Anwendungsbereich des Gesetzes betrifft zwar einen eng begrenzten Personenkreis, da von vornherein nur bereits Sicherungsverwahrte betroffen sind, die infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen waren oder bereits entlassen worden waren (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 19). Eine Individualisierung der Betroffenen liegt in dieser abstrakten Begrenzung jedoch nicht. Dem Gesetzgeber war zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens die genaue Anzahl der vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 ThUG Betroffenen nicht bekannt. Erst recht konnte der Gesetzgeber keine Kenntnis davon haben, welche individuellen Personen betroffen sein würden. Aufgrund der seinerzeit in der fachgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärten Frage, wie das Urteil des Gerichtshofs (EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04 - Mücke ./. Deutschland) im nationalen Kontext zu berücksichtigen sei (vgl. einerseits BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 - 4 StR 577/09 -, juris; andererseits BGH, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 5 StR 60/10 -, BGHSt 55, 234), stand nicht fest, für welchen Kreis der Sicherungsverwahrten der zu berücksichtigende Vertrauensschutz zu einer Erledigung der Sicherungsverwahrung führen und die Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes eröffnen würde. Darüber hinaus begründet § 1 Abs. 1 ThUG keinen Automatismus dahingehend, dass alle Sicherungsverwahrten, die weiterhin als gefährlich eingestuft werden, aber aufgrund des Urteils des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2009 entlassen wurden oder werden, in die Therapieunterbringung überführt werden.

VI.

132

Die mit den Verfassungsbeschwerden angefochtenen fachgerichtlichen Entscheidungen sind mit den Vorgaben des Grundgesetzes für die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes nicht zu vereinbaren. Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, weil die Fachgerichte bei ihren Entscheidungen nicht den verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsmaßstab zugrunde gelegt haben. Für die Feststellung der Grundrechtsverletzung kommt es allein auf die objektive Verfassungswidrigkeit der angefochtenen fachgerichtlichen Entscheidungen im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an; unerheblich ist hingegen, ob die Grundrechtsverletzung den Fachgerichten vorwerfbar ist (vgl. BVerfGE 128, 326 <407 f.>).

133

1. a) Der im Verfahren 2 BvR 2302/11 angegriffene Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 30. September 2011 genügt nicht den Erfordernissen des Vertrauensschutzes.

134

Das Oberlandesgericht stellt nach Wiedergabe des Gesetzeswortlautes als Maßstab darauf ab, dass auf Grundlage der Sachverständigengutachten "mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren schweren (Sexual-)Straftaten zu rechnen sei" und bezieht sich auf den "erhöhten Gefährlichkeitsmaßstab" aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011. Allerdings wird dieser erhöhte Gefährlichkeitsmaßstab dieser Entscheidung insoweit nicht angewandt, als es danach auf die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten ankommt (vgl. BVerfGE 128, 326 <332>). Vielmehr stellt das Oberlandesgericht lediglich auf "schwere (Sexual-)Straftaten" ab. Auch aus den sonstigen Ausführungen kann nicht geschlossen werden, dass das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung die strengen, auch hier zugrunde zulegenden Maßstäbe zur nachträglichen oder nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung angewandt hätte; insbesondere lässt auch die Formulierung, dass "von einer sehr hohen Wiederauftretenswahrscheinlichkeit erneuter Delikte der gleichen Oberkategorie" ausgegangen werden müsse, nicht erkennen, dass als "Oberkategorie" nur "schwerste" Gewalt- oder Sexualstraftaten ins Auge gefasst wurden.

135

b) Auch die der Beschwerde vorangehende Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken vom 2. September 2011 wendet nicht den aus Vertrauensschutzgründen heranzuziehenden Maßstab an, sondern stellt - ausgehend von den im dortigen Verfahren vorliegenden Gutachten - ohne weitere Begründung zum erforderlichen Maßstab darauf ab, "dass vom Betroffenen weiterhin die Gefahr gravierender Gewalt- und/oder Sexualdelikte der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art [ausgehe]". Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, weil der in Bezug genommene (weite) Katalog nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB nicht insgesamt den schwersten Gewalt- oder Sexualstraftaten zugeordnet werden kann und zudem die erforderliche Wahrscheinlichkeit für die Begehung eines solchen Delikts nicht thematisiert wird.

136

2. a) Der im Verfahren 2 BvR 1279/12 angegriffene Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14. Mai 2012 lässt im Zusammenwirken der wiedergegebenen Begutachtungsergebnisse, der Ausführungen zu einem von der Fortgeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts abweichenden Maßstab und der vorgenommenen Subsumtion ebenfalls nicht erkennen, ob das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung den für eine Anordnung der Therapieunterbringung gebotenen Verhältnismäßigkeitsmaßstab anwendet. Ausgehend vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 ThUG stellt das Oberlandesgericht heraus, dass die "hohe Wahrscheinlichkeit" im Sinne des Therapieunterbringungsgesetzes nicht gleichbedeutend sei mit der "hochgradigen Gefahr für die Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte", wie sie im Bereich der nachträglichen und nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung gefordert werde.

137

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, inwieweit die Ausführungen des Oberlandesgerichts zum erforderlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab für sich genommen mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu vereinbaren sind. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ansatz des Oberlandesgerichts, demzufolge der erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad nicht an einer festen Prozentgrenze festgemacht werden könne, sondern das Gewicht der prognostizierten Delikte in die Betrachtung mit einzubeziehen sei. Dieser Zusammenhang gründet sich darauf, dass die gestellten, hohen Anforderungen Ausfluss des im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigenden Vertrauensschutzes des Betroffenen sind, dem das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit gegenübergestellt wird. Da das Gewicht dieses Allgemeininteresses sich aus zwei Elementen zusammensetzt - der Schwere der prognostizierten Delikte einerseits und der für diese bestehenden Eintrittswahrscheinlichkeit andererseits - kann zur Bestimmung des einzustellenden Gesamtgewichts ein Weniger des einen in engen Grenzen durch ein Mehr des anderen ausgeglichen werden. Dabei haben Delikte unterhalb der Schwelle "schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte" außer Betracht zu bleiben. Innerhalb der Bandbreite dieser Deliktskategorie kann aber aufgrund des beschriebenen normativen Zusammenhangs die Konkretisierung der "hochgradigen Gefahr" variieren, wobei auch für die denkbar schwersten Gewalt- oder Sexualstraftaten immer eine signifikante Eintrittswahrscheinlichkeit bestehen muss.

138

Die angegriffene Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts genügt jedoch deshalb nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben, weil sich dem Beschluss nicht entnehmen lässt, dass der Prognosemaßstab allein auf die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden "schwersten Gewalt- oder Sexualdelikte" bezogen wird. Sowohl die Wiedergabe der Erkenntnisse der vorangegangenen Begutachtungen als auch die Darstellung der für das Verfahren eingeholten Gutachten beziehen die Wahrscheinlichkeitsprognosen nicht auf den Deliktsbereich der "schwersten Gewalt- oder Sexualdelikte", sondern sprechen allgemein von "Gewaltdelikten gegenüber Frauen", "neuerlichen Sexualstraftaten beziehungsweise Gewaltstraftaten", "Delikten der gleichen Oberkategorie", "erneuten Gewaltdelikten", "sexuellen Gewaltdelikten" oder "plötzlich aggressivem Verhalten". Weil diese Formulierungen auch Deliktstypen umfassen können, die nicht dem Bereich der "schwersten Gewalt- oder Sexualstraftaten" zugeordnet werden können, genügt es nicht, wenn das Oberlandesgericht - ohne dass dies den wiedergegebenen gutachterlichen Stellungnahmen zu entnehmen wäre - als Ergebnis festhält, dass danach eine "hohe Wahrscheinlichkeit" für die Begehung "schwerster Straftaten" bestehe. Insbesondere kann insoweit nicht schlicht auf die Vortaten insgesamt abgestellt werden, weil unter diesen zwar unzweifelhaft auch solche "schwerster" Art sind, aber nicht im Einzelnen bestimmt wird, welche Vortaten dem Bereich der "schwersten" Delikte zuzuordnen sind und welcher Wahrscheinlichkeitsgrad für eine Begehung gerade dieser allein zu berücksichtigenden Taten besteht.

139

b) Der vorangehende Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Februar 2012 verstößt ebenfalls gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, weil dort gleichermaßen nicht der verfassungsrechtlich erforderliche Maßstab zugrunde gelegt wird. Vielmehr wird zum einen qualitativ auf (nur) "gravierende" Gewalttaten abgestellt und zum anderen ausdrücklich die Übertragbarkeit des strengen Maßstabes zur Vertrauensschutzbelange berührenden Sicherungsverwahrung abgelehnt.

140

3. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die angefochtenen Beschlüsse darüber hinaus einen Verstoß gegen das Analogieverbot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG begründen, indem das Therapieunterbringungsgesetz im Wege der Auslegung auf den Beschwerdeführer angewandt wurde, obwohl gegen ihn die Sicherungsverwahrung mangels rechtskräftiger Entscheidung hierüber nicht vollzogen wurde, sondern Grundlage der Vollziehung lediglich eine vorläufige Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. war. Die hier angegriffenen Beschlüsse sind bereits wegen des festgestellten Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verfassungswidrig.

141

4. Hinsichtlich der angegriffenen Entscheidungen genügt die Feststellung der Verfassungswidrigkeit nach § 95 Abs. 1 BVerfGG. Einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen bedarf es nicht, da diese nicht mehr die Grundlage für die aktuelle Unterbringung bilden und deshalb keine belastenden Wirkungen mehr entfalten (vgl. BVerfGE 50, 234 <243>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. April 2012 - 2 BvR 1762/10 -, juris, Rn. 18).

C.

142

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

D.

143

Die Entscheidung ist zur Gesetzgebungskompetenz (B./II.) mit 6:2 Stimmen, zur Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung (B./III.) mit 5:3 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

144

Soweit die Senatsmehrheit eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des Therapieunterbringungsgesetzes bejaht, stimme ich dem zwar im Ergebnis zu. Für unzutreffend halte ich jedoch, dass sie sich dabei auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG stützt. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Strafrecht deckt den Erlass des Therapieunterbringungsgesetzes nicht ab (I.); eine Zuständigkeit des Bundes lässt sich vielmehr lediglich aus dem Sachzusammenhang des Therapieunterbringungsgesetzes mit dem Strafrecht herleiten (II.).

I.

145

Die Auffassung der Senatsmehrheit überdehnt den Begriff des Strafrechts im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und berücksichtigt weder in ausreichendem Maße die dezidiert strafrechtsferne Ausgestaltung des Therapieunterbringungsgesetzes noch dessen Entstehungsgeschichte (1.). Sie läuft zudem Gefahr, den ohnehin schon sehr weiten Begriff des "Strafrechts" im kompetenzrechtlichen Sinne sämtlicher Konturen zu berauben (2.).

146

1. Aus dem objektiven Regelungsgehalt des Therapieunterbringungsgesetzes (a) wie aus seiner Entstehungsgeschichte (b) ergibt sich, dass die Therapieunterbringung keine Reaktion auf Straftaten sein soll, und dass sie deshalb nicht dem Kompetenztitel für das Strafrecht - Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG - unterfällt.

147

a) Das Therapieunterbringungsgesetz ist betont strafrechtsfern ausgestaltet (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 20 f.). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere unter Einbeziehung von Entstehungsgeschichte und Staatspraxis (vgl. BVerfGE 109, 190 <213 f.>) entschieden, dass zum Begriff des Strafrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die Regelung aller, auch nachträglicher, repressiver oder präventiver staatlicher Reaktionen auf Straftaten gehört, die an die Straftat anknüpfen, ausschließlich für Straftäter gelten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat beziehen (BVerfGE 109, 190<212>). Die Therapieunterbringung ist jedoch keine Reaktion auf eine Straftat, sondern soll ausschließlich der Abwehr von hochgradigen Gefahren schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten dienen, soweit sie ihre Grundlage in psychischen Störungen der Unterzubringenden haben. Dies ergibt sich aus den Anordnungsvoraussetzungen der Unterbringung (aa), den gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung ihres Vollzuges (bb) sowie dem einschlägigen Verfahrensrecht (cc) und wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass auch die Therapieunterbringung an eine Anlasstat anknüpft (dd).

148

aa) Die Therapieunterbringung unterscheidet sich substantiell von der Sicherungsverwahrung. So ist der Personenkreis, der von der Sicherungsverwahrung einerseits und der Therapieunterbringung andererseits betroffen ist, nicht deckungsgleich (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 14; vgl. insoweit BVerfGE 109, 190 <225>). Die Anordnung einer Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz (§ 1 Abs. 1 ThUG) setzt - bei gebotener verfassungskonformer Auslegung - neben einer psychischen Störung des Unterzubringenden und einer auf dieser beruhenden hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten (vgl. Nr. 1) voraus, dass die Unterbringung aus diesen Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist (Nr. 2).

149

Mit § 1 ThUG macht der Gesetzgeber deutlich, dass es bei der Therapieunterbringung nicht um eine Reaktion auf Straftaten geht, sondern um die Abwehr von hochgradigen Gefahren für die Allgemeinheit, und dass die besondere Gefährlichkeit des Unterzubringenden im Mittelpunkt seines Regelungskonzepts steht. In deutlicher Abgrenzung zu dem für die Sicherungsverwahrung bislang einschlägigen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK knüpft er damit zugleich an Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK und die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (BTDrucks 17/3403, S. 53; vgl. Höffler/Stadtland, StV 2012, S. 239), nach der eine Freiheitsentziehung unter weiteren Voraussetzungen auch gerechtfertigt sein kann, wenn der Unterzubringende psychisch gestört ist (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Beschwerde-Nr. 19359/04; M. ./. Deutschland, Rn. 103; siehe hierzu auch BVerfGE 128, 326 <396 f.>).

150

bb) Die Ausrichtung der Therapieunterbringung auf die besondere Gefährlichkeit des Unterzubringenden wird noch deutlicher, wenn man erkennt, dass das Therapieunterbringungsgesetz - wiederum in deutlicher Abgrenzung zu dem bei seinem Inkrafttreten geltenden Recht der Sicherungsverwahrung (§§ 66 ff. StGB a.F.) - ein freiheitsorientiertes Therapiekonzept (§ 2 Abs. 1 ThUG) verlangt, dessen Erfolg die Gefährlichkeit des Unterzubringenden idealtypisch beseitigen soll. Für die Therapieunterbringung sind daher nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können (Nr. 1), unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen (Nr. 2) und räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind (Nr. 3).

151

cc) Wesentlicher Bestandteil des gesetzgeberischen Konzeptes ist schließlich, dass sich auch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Therapieunterbringungsgesetzes grundlegend von jener der Sicherungsverwahrung unterscheidet. Sie lehnt sich gerade nicht an das Strafprozessrecht an, sondern an die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 3 ThUG i.V.m. §§ 1 ff.; 312 ff. FamFG) und begründet eine ausschließliche Zuständigkeit der Zivilkammern der Landgerichte (§ 4 Abs. 1 ThUG).

152

In diesen verfahrensrechtlichen Vorgaben tritt zum einen das Anliegen einer strafrechtsfernen Ausgestaltung der Therapieunterbringung zutage. Zum anderen begegnet der Gesetzgeber damit auch der in der Entscheidung des Senats zu den Straftäterunterbringungsgesetzen der Länder vom 10. Februar 2004 enthaltenen Erwägung, dass unter anderem der verfahrensrechtliche Gleichlauf mit der Sicherungsverwahrung für die Zuordnung dieser Gesetze zum Strafrecht sprach (vgl. BVerfGE 109, 190 <225 f.>). Sieht der Gesetzgeber nun ausdrücklich keinen Gleichlauf mit dem Strafprozessrecht vor, so kann die verfassungsrechtliche Beurteilung darüber nicht hinweggehen.

153

dd) Soweit § 1 Abs. 1 ThUG schließlich an eine Verurteilung wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art anknüpft, qualifiziert dies allein die Therapieunterbringung noch nicht zu einer Reaktion auf strafrechtliches Unrecht. Vielmehr stellt diese Anknüpfung angesichts der nicht unbeträchtlichen Zahl von Menschen, die an psychischen Störungen leiden (vgl. insoweit die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde vom 6. März 2012, unter B.I.2., wonach "an einem bestimmten Zeitpunkt etwa 10 bis 20 % der Bevölkerung die Kriterien einer psychischen Störung" erfüllen; siehe auch Morgenstern, ZIS 2011, S. 974 <977 f.>) und der Unsicherheiten, die mit einer Gefahrenprognose stets verbunden sind, sicher, dass das in die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) tief eingreifende Instrument der Therapieunterbringung auf das unbedingt Erforderliche beschränkt bleibt.

154

b) Dass die Therapieunterbringung gerade kein neues strafrechtliches Instrument sein will, bestätigt auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Mit dem Therapieunterbringungsgesetz hat der Gesetzgeber auf den durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 EMRK bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung reagiert, der es - so der Gerichtshof - nicht nur an dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a EMRK geforderten notwendigen Kausalzusammenhang fehlte, sondern die auch dem absoluten Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK unterfiel, weil sich der Vollzug der Sicherungsverwahrung im Wesentlichen nicht von demjenigen der Strafhaft unterschied (vgl. EGMR, a.a.O., Rn. 126, 128 f.). Infolge dieser Rechtsprechung war es - trotz fortbestehender Gefährlichkeit - zu Entlassungen von Sicherungsverwahrten gekommen; zugleich wurden weitere Entlassungen erwartet (BTDrucks 17/3403, S. 14).

155

Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber eine möglichst strafrechtsferne Ausgestaltung der Therapieunterbringung versucht und in der Gesetzesbegründung dargelegt, dass sich diese "fundamental von Strafe, aber auch von der Sicherungsverwahrung" unterscheiden und eine "neue Form der Freiheitsentziehung" begründen solle (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 20 f. und S. 53). Dem ist auch bei der kompetenzrechtlichen Zuordnung Rechnung zu tragen.

156

2. Die Auffassung der Senatsmehrheit läuft überdies Gefahr, den Begriff des "Strafrechts" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu überdehnen.

157

Es ist zwar anerkannt, dass die Maßregeln der Besserung und Sicherung dem Bereich des "Strafrechts" zuzuordnen sind (vgl. BVerfGE 85, 134 <142>; 109, 190 <213>), und dass dies auch für die primäre und die vorbehaltene Sicherungsverwahrung gilt. Das ist allein für sich genommen schon ein weites Verständnis des Kompetenztitels "Strafrecht", das - wie die Senatsmehrheit hervorhebt - zum einen historisch kontingent ist, zum anderen aber auch sachlich nahe liegt. Denn die Anlasstat, an die die Maßregeln anknüpfen, ist für die in der Tat zutage getretene Gefährlichkeit bestimmend sowie für die Anordnung, zeitliche Dauer und Ausgestaltung der konkreten Maßregel (vgl. BVerfGE 109, 133 <174 f.>; 128, 326 <374>). Ihr kommt überdies für die Verhältnismäßigkeitsprüfung entscheidende Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 70, 297 <312>; 109, 133 <175>). Nicht zuletzt ermöglicht die (teilweise) Verzahnung von Strafen und Maßregeln im zweispurigen deutschen Sanktionensystem freiheitsschonende Wirkungen.

158

Genese und Leistungsfähigkeit des zweispurigen Sanktionensystems rechtfertigen es freilich nicht, dem Bund unter dem Titel "Strafrecht" auch die Kompetenz zur Errichtung weiterer Säulen zuzusprechen. Bereits bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung war die Anknüpfung an die Anlasstat so stark relativiert (zur Schwäche des historischen Arguments vgl. Gärditz, BayVBl. 2006, S. 231 <237>; Rissing-van Saan/Peglau, in: Leipziger Kommentar zum StGB, Band 3, 12. Aufl. 2007, § 66b Rn. 26, zur Bedeutung der Anlasstat siehe BVerfGE 109, 190 <219, 225>), dass von ihrer Zuordnung zum "Strafrecht" eine den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zu Lasten der Länder ausufernde Interpretation befürchtet wurde (vgl. Gärditz, a.a.O., S. 231 <233>). Für die Therapieunterbringung gilt dies erst recht. Sie ist nicht nur historisch ohne Vorbild. Ihre Verbindung zum Strafrecht ist noch deutlich schwächer als dies bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung der Fall war. Zwar spielt die Anlasstat auch im Rahmen der Therapieunterbringung eine Rolle; entscheidender Bezugspunkt ist jedoch die Gefährlichkeit des Untergebrachten, die nicht aus der Anlasstat folgt, sondern in erster Linie aus seiner psychischen Störung (vgl. Bumiller/Harders, FamFG - Freiwillige Gerichtsbarkeit, 10. Aufl. 2011, § 1 ThUG Rn. 3; Klein, in: Beck'scher Online-Kommentar StPO, § 1 ThUG Rn. 8 <28. Januar 2013>; Nußstein, NJW 2011, S. 1194). Damit rückt die Therapieunterbringung - worauf schon der Begriff hindeutet - in die Nähe der Unterbringung nach den Psychiatrie- und Unterbringungsgesetzen der Länder (vgl. II.1).

II.

159

Dem Bund steht gleichwohl eine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs zu (1.), auf die er das Therapieunterbringungsgesetz stützen kann. Für das Recht der Gefahrenabwehr liegt die Gesetzgebungskompetenz zwar grundsätzlich bei den Ländern (2.). Die Regelung der Therapieunterbringung ist jedoch für das vom Bundesgesetzgeber verfolgte Schutzkonzept unerlässlich, so dass eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs mit dem Strafrecht anzuerkennen ist (3.). Dies begrenzt zugleich die Reichweite des Übergriffs in die Gesetzgebungskompetenzen der Länder (4.).

160

1. Nach der Konzeption des Grundgesetzes haben grundsätzlich die Länder das Recht zur Gesetzgebung (vgl. BVerfGE 10, 89 <101>; 61, 149 <174>). Dem Bund stehen Gesetzgebungskompetenzen nur zu, soweit das Grundgesetz sie ihm verleiht (Art. 70 Abs. 1 GG). Sie sind im Grundgesetz einzeln und abschließend aufgezählt; im Zweifel streitet eine Vermutung für die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (BVerfGE 26, 281 <297>; 61, 149 <174>; vgl. auch BVerfGE 106, 62 <143>; 111, 226 <247>). Die Systematik des Grundgesetzes fordert zudem eine strikte Interpretation der Art. 70 ff. GG (vgl. BVerfGE 12, 205 <228 f.>; 15, 1 <17>; 26, 281 <297 f.>; 106, 62 <143>; 111, 226 <247>).

161

Auf ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen - kraft Natur der Sache oder kraft Sachzusammenhangs - kann der Bund nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zurückgreifen (Rozek, in: v. Mangold/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 45 f.; Degenhart, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 70 Rn. 42; Stettner, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 70 Rn. 61; Heintzen in: Bonner Kommentar, Bd. 9, Art. 70 Rn. 118 ). Die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen in einen an sich den Ländern übertragenen Kompetenzbereich unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 8, 143 <149>; 12, 205 <237>; 15, 1 <20>; 26, 246 <256>; 26, 281 <300>; 97, 228 <251>; 98, 265 <299>; 106, 62 <115>; stRspr).

162

Auch im Zusammenhang mit dem Strafrecht können dem Gesetzgeber ungeschriebene Kompetenzen kraft Sachzusammenhangs zustehen (vgl. BVerfGE 109, 190 <215>). Das ist mit Blick auf das Therapieunterbringungsgesetz der Fall.

163

2. Nach Art. 70 Abs. 1 GG besitzen die Länder zwar insbesondere die Gesetzgebungskompetenz für das allgemeine Gefahrenabwehr- und Sicherheitsrecht (vgl. BVerfGE 109, 190 <215>; 113, 348 <368 f.>). Von dieser haben sie im Zusammenhang mit der Unterbringung psychisch Kranker auch umfassend Gebrauch gemacht (a). Das Therapieunterbringungsgesetz weist starke Bezüge zu den Unterbringungsgesetzen der Länder auf. Andererseits knüpft es aber auch an Regelungen an, die dem Strafrecht zuzuordnen sind (b).

164

a) Die Landesregelungen zur zwangsweisen Unterbringung psychisch Kranker knüpfen in der Regel an das Vorliegen einer nicht anders abwendbaren Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Kranken und/oder anderer Personen an (vgl. § 1 Abs. 4 Unterbringungsgesetz BW; § 8 Abs. 1 PsychKG Berlin; § 1 Abs. 1 FrhEntzG HE; Art. 1 Abs. 1 UnterbrG Bayern; § 9 Abs. 2 PsychKG Bremen; § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbPsychKG; § 11 PsychKG M-V; § 16 NPsychKG; § 11 Abs. 1 Satz 1 PsychKG NRW; § 11 Abs. 1 PsychKGRP; § 4 UBG Saarland; § 10 SächsPsychKG; § 13 Abs. 1 PsychKG LSA; § 7 Abs. 1 PsychKG Schleswig Holstein; § 7 Abs. 1 ThürPsychKG). Die Unterbringung beruht damit ausschließlich auf einer gefahrenabwehrrechtlichen Prognoseentscheidung. Eine Anlasstat muss ihr nicht zugrunde liegen.

165

b) Auch das Therapieunterbringungsgesetz knüpft für die Unterbringung an eine Gefahrenprognose an. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ThUG bedarf es einer hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten, die die Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich macht. Damit hat auch das Therapieunterbringungsgesetz eine gefahrenabwehrrechtliche Zielsetzung.

166

Gleichwohl geht es in seinem Regelungsgehalt darüber hinaus, denn um eine Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz anzuordnen, genügt das Vorliegen einer hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten nicht. Vielmehr knüpft § 1 Abs. 1 ThUG die Unterbringung zusätzlich an eine Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des - verfassungskonform ausgelegten - § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB. Anders als die landesrechtlichen Unterbringungsgesetze richtet sich das Therapieunterbringungsgesetz daher nur an Straftäter. Das vermag einen Sachzusammenhang mit dem Strafrecht zu begründen (vgl. auch BVerfGE 109, 190 <217>).

167

3. Die Regelung der Therapieunterbringung ist für das vom Bundesgesetzgeber verfolgte Schutzkonzept unerlässlich, mit dem dieser die Allgemeinheit vor hochgradigen Gefahren schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten zu schützen versucht (a). Sie ähnelt in ihrem Regelungsgehalt den Maßregeln der Besserung und Sicherung (b) und besitzt darüber hinaus eine lückenfüllende Funktion im Hinblick auf das Maßregelinstrumentarium (c).

168

a) Das Therapieunterbringungsgesetz ist - wie auch die Sicherungsverwahrung - Teil eines einheitlichen Schutzkonzepts, mit dem der Bundesgesetzgeber den Zweck verfolgt, die Allgemeinheit vor hochgradigen Gefahren schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten zu schützen und Straftäter, deren Gefährlichkeit für hochrangige Rechtsgüter fortbesteht, im Anschluss an die verbüßte Strafhaft zum Schutz der Allgemeinheit sicher unterzubringen (BTDrucks 17/3403, S. 14, 19 und 53). Die Therapieunterbringung soll die im Bereich der Sicherungsverwahrung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufgetretene Lücke schließen, indem für einen Teilbereich derjenigen, die trotz fortbestehender Gefährlichkeit aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen sind, eine gesetzliche Unterbringungsregel geschaffen wird (BTDrucks 17/3403, S. 14, 19). Zugleich sollte mit dem Therapieunterbringungsgesetz eine eng begrenzte Übergangsregelung bis zum Wirksamwerden der neu geordneten Sicherungsverwahrung geschaffen werden (BTDrucks 17/3403, S. 19).

169

b) Die Therapieunterbringung ähnelt in ihrem Regelungsgehalt zudem den Maßregeln der Besserung und Sicherung. Diese stehen in unmittelbarem Zusammenhang zu einer Straftat, die notwendige Voraussetzung für ihre Verhängung ist (vgl. BVerfGE 109, 190 <216>). Bei ihnen schlägt sich die Anlasstat nicht allein als maßgeblicher Faktor in der Gefährlichkeitsprognose nieder, sondern ist Anknüpfungspunkt für den spezialpräventiven Zweck der Maßnahme und sichert auf diese Weise die Korrespondenz zwischen Tatbestandsvoraussetzungen und Normzweck.

170

Auch die Therapieunterbringung knüpft an eine vorausgegangene Anlasstat an und richtet sich ausschließlich gegen Straftäter; sie ist eine präventive Maßnahme gegen rückfallgefährdete Straftäter. Die Anlasstat ist nicht nur eine entscheidende Grundlage für die Prognose über die Gefährlichkeit des Unterzubringenden, sondern unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung auch unverzichtbar. In dieser zwingenden Anknüpfung an eine vorausgegangene Anlasstat liegt zugleich der entscheidende Unterschied zu den präventiven Maßnahmen der Psychiatrie- und Unterbringungsgesetze.

171

Hinzu kommt, dass die Sicherungsverwahrung im Zuge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 aus materiellrechtlichen, in Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG angesiedelten Gründen den inhaltlichen Anforderungen an die Therapieunterbringung angenähert worden ist, sie für die konzeptionellen Änderung im Bereich der Sicherungsverwahrung in gewisser Weise sogar beispielgebend war. Denn nach Inkrafttreten des Therapieunterbringungsgesetzes hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein freiheits- und therapieorientiertes Unterbringungskonzept auch für die Sicherungsverwahrung gefordert ("Abstandsgebot", vgl. BVerfGE 128, 326 <374 f., 383>). Insoweit verbleiben bei einem Vergleich zwischen dem freiheitsorientierten Therapiekonzept der Therapieunterbringung und jenem der Sicherungsverwahrung keine durchgreifenden Unterschiede. Vielmehr besteht in diesem Bereich letztlich ein Gleichlauf zwischen der Sicherungsverwahrung und der Therapieunterbringung.

172

c) Die Therapieunterbringung besitzt schließlich eine lückenfüllende Funktion im Hinblick auf das Maßregelinstrumentarium (BTDrucks 17/3403, S. 19). Sie stützt und ergänzt die Regelungen der Sicherungsverwahrung (vgl. BVerfGE 98, 265 <299>). Dies kommt nicht nur in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 17/3403, S. 14, 19), sondern auch in § 1 Abs. 1 ThUG zum Ausdruck, der den Anwendungsbereich der Therapieunterbringung von vornherein auf solche Straftäter beschränkt, bei denen eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ausscheidet, weil das durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte formulierte Verbot der rückwirkenden Verschärfung im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist. Die Therapieunterbringung ist somit subsidiär zur Sicherungsverwahrung (vgl. BTDrucks 17/3403, S. 53).

173

Nach alledem handelt es sich bei der Therapieunterbringung um eine von der Sicherungsverwahrung grundsätzlich verschiedene neue Form von Freiheitsentziehung, die gerade keine Maßregel der Besserung und Sicherung darstellt, an andere Unterbringungsvoraussetzungen anknüpft und verfahrensrechtlich abweichend ausgestaltet ist. Da sie - insoweit mit der Sicherungsverwahrung vergleichbar - aber den Zweck verfolgt, die therapiegerichtete Unterbringung von Straftätern zu ermöglichen, soweit dies nach der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zulässig und zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist, fügt sie sich als weiterer notwendiger Baustein in das Konzept des Gesetzgebers zum Schutz der Allgemeinheit ein. Da dieses ohne das Instrument der Therapieunterbringung unvollständig bliebe, ist eine Regelung durch den Bundesgesetzgeber unverzichtbar. Insoweit besteht für den Bund eine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs.

174

4. Diese kompetenzielle Zuordnung wird der Grundkonzeption der Art. 70 ff. GG besser gerecht als die Auffassung der Senatsmehrheit und trägt prospektiv auch zum Schutz der Gesetzgebungskompetenzen der Länder bei.

175

a) Die Systematik der Art. 70 ff. GG verbietet eine extensive Interpretation der Zuständigkeitsvorschriften zugunsten des Bundes (vgl. BVerfGE 26, 246 <254>; 106, 62 <136>). Die Auslegung der Vorschriften über die konkurrierende Gesetzgebung nach Art. 74 GG darf nicht zu einer Aushöhlung der Länderkompetenzen führen. Dies wäre mit dem Zweck des Art. 70 GG nicht vereinbar (Heintzen, in: Bonner Kommentar, Bd. 9, Art. 70 Rn. 118 ).

176

Mit der ausufernden Interpretation des Begriffs "Strafrecht" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ermöglicht die Senatsmehrheit jedoch weitreichende gefahrenabwehrrechtliche Reglungen zulasten der Länder und leistet der Aushöhlung ihrer Gesetzgebungskompetenz für das Gefahrenabwehr- und Sicherheitsrecht Vorschub. Denn es liegt auf der Hand, dass die kontinuierliche Anreicherung dieser Bundeskompetenz weitere Übergriffe in die Zuständigkeit der Länder zumindest erleichtern wird (Art. 70 GG).

177

b) Den verfassungsrechtlichen Anforderungen kann daher nur entsprochen werden, indem die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Therapieunterbringungsgesetz aus dem Sachzusammenhang mit dem Strafrecht abgeleitet und zugleich eng auf diesen Sachzusammenhang begrenzt wird. Dies dient nicht nur einer klareren Abgrenzung der Kompetenzbereiche zwischen Bund und Ländern, es zwingt den Bundesgesetzgeber auch, den Übergriff in die Länderkompetenzen zu rechtfertigen und an den engen Voraussetzungen auszurichten, unter denen das Grundgesetz eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs ausnahmsweise zulässt.

Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Beschluss, 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12

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Therapieunterbringungsgesetz - ThUG | § 9 Einholung von Gutachten


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(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen. (2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht,

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Therapieunterbringungsgesetz - ThUG | § 8 Anhörung des Betroffenen und der sonstigen Beteiligten


(1) Das Gericht hat die Beteiligten anzuhören. (2) Der Betroffene ist vor einer Therapieunterbringung persönlich anzuhören. Seine Anhörung soll nicht im Wege der Rechtshilfe erfolgen. (3) Das Gericht kann den Betroffenen durch die zuständige untere

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(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die

1.
dem Untergebrachten auf der Grundlage einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und eines regelmäßig fortzuschreibenden Vollzugsplans eine Betreuung anbieten,
a)
die individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die auf den Untergebrachten zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind, und
b)
die zum Ziel hat, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann,
2.
eine Unterbringung gewährleisten,
a)
die den Untergebrachten so wenig wie möglich belastet, den Erfordernissen der Betreuung im Sinne von Nummer 1 entspricht und, soweit Sicherheitsbelange nicht entgegenstehen, den allgemeinen Lebensverhältnissen angepasst ist, und
b)
die vom Strafvollzug getrennt in besonderen Gebäuden oder Abteilungen erfolgt, sofern nicht die Behandlung im Sinne von Nummer 1 ausnahmsweise etwas anderes erfordert, und
3.
zur Erreichung des in Nummer 1 Buchstabe b genannten Ziels
a)
vollzugsöffnende Maßnahmen gewähren und Entlassungsvorbereitungen treffen, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, der Untergebrachte werde sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen, sowie
b)
in enger Zusammenarbeit mit staatlichen oder freien Trägern eine nachsorgende Betreuung in Freiheit ermöglichen.

(2) Hat das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Urteil (§ 66), nach Vorbehalt (§ 66a Absatz 3) oder nachträglich (§ 66b) angeordnet oder sich eine solche Anordnung im Urteil vorbehalten (§ 66a Absatz 1 und 2), ist dem Täter schon im Strafvollzug eine Betreuung im Sinne von Absatz 1 Nummer 1, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung, anzubieten mit dem Ziel, die Vollstreckung der Unterbringung (§ 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder deren Anordnung (§ 66a Absatz 3) möglichst entbehrlich zu machen.

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird.

(1) Das Recht der Beschwerde steht dem Betroffenen, dem ihm beigeordneten Rechtsanwalt, der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde sowie dem Leiter der Einrichtung nach § 5 Absatz 1 Satz 3 zu, sofern er einen Antrag nach dieser Vorschrift gestellt hat.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen.

(3) Eine Übertragung der Entscheidung über die Beschwerde auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

Die Entscheidungen des Beschwerdegerichts können nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen können nicht mit der Sprungrechtsbeschwerde angefochten werden.

(1) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Der Bundesgerichtshof entscheidet dann anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt erscheint.

(2) In einstweiligen Anordnungsverfahren ist Absatz 1 nicht anwendbar.

(1) Vor einer Therapieunterbringung hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung von zwei Gutachten stattzufinden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat. Höchstens einer der Sachverständigen kann aus dem Kreis der Personen bestellt werden, die im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig sind, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Die Sachverständigen sollen Ärzte für Psychiatrie sein; sie müssen Ärzte mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Die Sachverständigen haben den Betroffenen zur Erstellung der Gutachten unabhängig voneinander zu untersuchen oder zu befragen. Die Gutachten müssen Aussagen darüber enthalten, ob der Betroffene an einer psychischen Störung leidet und ob er infolge dieser Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Die Gutachten sollen auch Behandlungsvorschläge sowie Angaben zu deren zeitlicher Umsetzung beinhalten.

(1) Das Gericht kann im Hauptsacheverfahren durch einstweilige Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine vorläufige Unterbringung anordnen, wenn

1.
Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, und
2.
der Betroffene persönlich und ein ihm beigeordneter Rechtsanwalt angehört worden sind.
Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist zulässig.

(2) Abweichend von § 10 Absatz 1 kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung bereits vor Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung ergehen. Das Gericht kann anordnen, dass der Beschluss mit Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung wirksam wird.

(3) Die Dauer der vorläufigen Unterbringung auf Grund einer einstweiligen Anordnung kann um jeweils weitere drei Monate bis zu einer Gesamtdauer von einem Jahr nach Anhörung der Sachverständigen nur verlängert werden, wenn eine besondere Schwierigkeit in der Begutachtung oder ein anderer wichtiger Grund die Entscheidung im Hauptsacheverfahren erheblich verzögert.

(1) Die Unterbringung endet spätestens mit Ablauf von 18 Monaten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Therapieunterbringung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend. Abweichend von § 9 Absatz 1 Satz 1 kann die Beweisaufnahme auf die Einholung eines Gutachtens beschränkt werden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat oder im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Als Sachverständiger soll nicht bestellt werden, wer den Betroffenen bereits mehr als ein Mal im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens nach diesem Gesetz begutachtet hat.

Das Gericht hebt die Anordnung einer Unterbringung nach § 1 von Amts wegen auf, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Vor der Aufhebung der Maßnahme soll das Gericht die zuständige untere Verwaltungsbehörde, den Leiter der Einrichtung, in der sich der Betroffene befindet, und den Betroffenen anhören, es sei denn, dass dies zu einer nicht nur geringen Verzögerung des Verfahrens führen würde.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 391/07
vom
10. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Februar 2009 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4. April 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht Saarbrücken hat gegen den Verurteilten die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB angeordnet. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); das Rechtsmittel hat jedoch mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Der wiederholt, unter anderem wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte Verurteilte, war durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. September 1989 wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Zugleich hatte das Landgericht seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Der Verurteilte hatte in einem Rausch die Tatbestände der gefährlichen Körperverletzung, der versuchten Vergewaltigung und des versuchten Totschlags verwirklicht. Die Anordnung der Maßregel hatte das Landgericht damit begründet, dass der Verurteilte auf Grund einer Persönlichkeitsstörung zur Begehung schwerster, sexuell motivierter Straftaten neige.
3
Durch Urteil des Landgerichts Trier vom 28. Februar 1991 wurde in einem Sicherungsverfahren erneut die Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB). Gegenstand dieses Verfahrens war eine gefährliche Körperverletzung, die der Verurteilte während einer Flucht aus dem Maßregelvollzug begangen hatte.
4
Der Verurteilte befand sich anschließend nahezu ununterbrochen im Maßregelvollzug. Mit Beschluss vom 28. November 2005 erklärte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Saarbrücken gemäß § 67 d Abs. 6 Satz 1 StGB beide Unterbringungsanordnungen für erledigt, da ein Zustand im Sinne des § 20 StGB nicht (mehr) gegeben sei; gleichwohl sei der Verurteilte weiterhin als gefährlich für die Allgemeinheit einzustufen. Seit dem 23. Dezember 2005 befand sich der Verurteilte sodann in Strafhaft. Er verbüßte bis zum 22. Juni 2007 die Restfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Seitdem ist er einstweilen untergebracht (§ 275 a Abs. 5 StPO).
5
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat am 14. November 2006 die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten gemäß § 66 b Abs. 3 StGB beantragt. Dem ist das Landgericht Saarbrücken gefolgt.

II.


6
Der Senat hat im Hinblick auf die Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 28. August 2007 - 1 StR 268/07 (= BGHSt 52, 31), nach der bei einem Verurteilten, der im Anschluss an die Erledigungserklärung nach § 67 d Abs. 6 StGB noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden war, die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht nach § 66 b Abs. 3 StGB, sondern regelmäßig nur unter den Voraussetzungen von § 66 b Abs. 1 StGB oder § 66 b Abs. 2 StGB angeordnet werden kann, mit Beschluss vom 19. Juni 2008 (= NJW 2008, 2661) dem Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Steht es der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach § 66 b Abs. 3 StGB entgegen, dass der Betroffene nach Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67 d Abs. 6 StGB) noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden ist?
7
Der Große Senat für Strafsachen hat in seinem Beschluss vom 7. Oktober 2008 - GSSt 1/08 - die Rechtsauffassung des 1. Strafsenats bestätigt. Für die Annahme neuer Tatsachen im Sinne des § 66 b Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 StGB genüge allerdings, dass vor dem Hintergrund der nicht (mehr) vorhandenen Voraussetzungen der Unterbringung nach § 63 StGB die qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten auf abweichender Grundlage belegt werde. Weiter hat der Große Senat für Strafsachen entschieden, dass nur die Vollstreckung des Restes derjenigen Strafe, die in der jeweiligen Anlassverurteilung ausgesprochen worden war, der Anwendung des § 66 b Abs. 3 StGB entgegenstehe. Werden - wie im vorliegenden Fall - zwei Maßregelanordnungen ge- mäß § 67 d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt und ist nur im Hinblick auf eines der beiden Urteile noch Freiheitsstrafe zu vollstrecken, so ist für die andere § 66 b Abs. 3 StGB anwendbar (BGH - GS - Rdn. 36).

III.


8
Nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen steht der nachträglichen Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB im Hinblick auf die Verurteilung durch das Landgericht Saarbrücken vom 28. September 1989 entgegen, dass der Verurteilte nach der Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden war. Hier käme eine Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nur unter den Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 StGB in Betracht (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 10. Februar 2009 - 4 StR 314/07). Im Hinblick auf die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus - ohne Verhängung einer Strafe - durch das Landgericht Trier vom 28. Februar 1991 ist dagegen § 66 b Abs. 3 StGB anwendbar. Es bedarf einer erneuten Entscheidung des Landgerichts.
9
1. Der Senat erachtet den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB (Bd. V Bl. 1045 ff. d.A.) als Voraussetzung zur Durchführung des Verfahrens für ausreichend , weil in diesem Antrag beide Urteile genannt sind, auf die sich die Erledigungserklärung vom 28. November 2005 erstreckt hat (S. 2, 7 f. des Antrags ). Dass zwischen beiden Urteilen nicht differenziert wurde, macht den Antrag im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts Trier nicht unzulässig, da erst durch die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen dieser Differenzie- rung Bedeutung zukommt. Das Landgericht Saarbrücken ist auch für die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts Trier zuständig (§ 74 f Abs. 3 Satz 1 GVG i.V.m. § 462 a Abs. 3 Satz 2 StPO).
10
2. Das Landgericht wird daher insbesondere zu prüfen haben, ob die Anordnung der nachträglichen Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts Trier vom 28. Februar 1991 in Betracht kommt. Wegen der schwer wiegenden Folgen, die mit der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach einer - als formelle Voraussetzung für § 66 b Abs. 3 StGB erforderlichen - Erledigungserklärung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für den Verurteilten verbunden sind, muss - was bisher nur unzureichend geschehen ist (UA 30) - über das Beschlussverfahren der Strafvollstreckungskammer nach § 67 d Abs. 6 StGB hinaus auch im Verfahren nach § 66 b Abs. 3 StGB geprüft werden, ob die mögliche qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten (weiterhin) auf der (dauerhaften) psychischen Störung des Verurteilten im Sinne des § 20 StGB beruht, die in der Anlassverurteilung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geführt hat (vgl. hierzu BGHSt 50, 373, 385 [Sachnähe des nach § 74 f GVG zuständigen Gerichts]). Ist dies der Fall, so kommt eine Unterbringung nach § 66 b StGB nicht in Betracht (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 66 b Rdn. 14). Für eine "Rückverweisung" des Verurteilten in den Maßregelvollzug nach § 63 StGB in einem solchen Falle gibt es keine Rechtsgrundlage (vgl. BGH StV 2006, 413; NStZ-RR 2007, 301, 303; BGH, Urteil vom 23. März 2006 - 1 StR 476/05 Rdn. 30, 31; Fischer aaO § 66 b Rdn. 46, § 67 a Rdn. 6).
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Mutzbauer

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

7
Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand. Zwar hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 3 StGB rechtsfehlerfrei bejaht, jedoch ist diese Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden sind.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 106/12
vom
12. Juli 2012
in dem Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine Therapieunterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG kann nur gegen Betroffene angeordnet
werden, die sich in Sicherungsverwahrung nach dem Strafgesetzbuch
befinden oder befunden haben, nicht jedoch gegen nach § 275a Abs. 5 StPO aF
einstweilig Untergebrachte.
BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZB 106/12 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 5. März 2012 werden zurückgewiesen. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden je zur Hälfte dem Freistaat Bayern und der Stadt Straubing auferlegt.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene wurde mit Urteil der Jugendkammer des Landgerichts Augsburg vom 5. Februar 2003 (Az.: Jug KLs 401 Js 107041/02), rechtskräftig seit dem 13. Februar 2003, wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt, die mit dem Ablauf des 16. Februar 2012 vollständig verbüßt war. Mit Beschluss vom 16. Januar 2012 erließ die Jugendkammer des Landgerichts Augsburg gegen den Betroffenen einen Unterbringungsbefehl gemäß § 105 Abs. 1 JGG, § 7 Abs. 4 JGG (idF vom 8. Juli 2008), § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO (idF vom 28. Juli 2009 [im Folgenden § 275a StPO aF]), Art. 316e Abs. 1 EGStGB, auf dessen Grundlage sich der Betroffene seit dem 17. Februar 2012 in der Justizvollzugsanstalt Straubing befindet.
2
Am 14. Dezember 2011 hat der Beteiligte zu 2 - soweit hier noch von Interesse - gemäß § 1 Abs. 1 des Therapieunterbringungsgesetzes (ThUG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung beantragt. Einen gleichlautenden Antrag hat der Beteiligte zu 3 am 26. Januar 2012 gestellt. Das Landgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 2 als unzulässig verworfen und den Antrag des Beteiligten zu 3 als unbegründet zurückgewiesen.
3
Das Oberlandesgericht beabsichtigt, die hiergegen gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 3 zurückzuweisen. Hieran sieht es sich aber durch den Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 30. September 2011 (5 W 212/11-94, StV 2012, 31) gehindert. Es hat deshalb die Beschwerden mit Beschluss vom 24. Mai 2012 dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


4
Das vorlegende Gericht meint, dem Beteiligten zu 2 fehle die Berechtigung , einen Antrag nach dem Therapieunterbringungsgesetz zu stellen. Der Leiter einer Einrichtung sei nur dann nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG antragsberechtigt , wenn sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung befinde und diese in der Einrichtung vollstreckt werde. Daran fehle es. Denn der Vollzug des gegen den Betroffenen erlassenen Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO aF sei keine Sicherungsverwahrung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG. Hieraus folge auch die Unbegründetheit des Antrags des Betei- ligten zu 3. Voraussetzung für eine Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz sei nach § 1 Abs. 1 ThUG unter anderem, dass sich der Betroffene derzeit in der Sicherungsverwahrung befinde oder aus ihr bereits entlassen worden sei. Dafür reiche der Vollzug eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO aF nicht aus. Das vorlegende Gericht meint, seiner Entscheidung stehe die Rechtsauffassung des Saarländischen Oberlandesgerichts entgegen, das die gegenteilige Ansicht vertrete und das Therapieunterbringungsgesetz auch auf diesen Fall anwende.

III.


5
Die Vorlage ist nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ThUG statthaft. Danach hat ein Oberlandesgericht die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es bei seiner Entscheidung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Der Bundesgerichtshof ist zwar bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Vorlage nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ThUG an die Auffassung des vorlegenden Gerichts gebunden, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden (Senat, Beschlüsse vom 11. November 1986 - V ZB 1/86, BGHZ 99, 90, 92, vom 22. Januar 2004 - V ZB 51/03, NJW 2004, 937, 938, insoweit nicht in BGHZ 157, 322 abgedruckt, und vom 30. September 2004 - V ZB 26/04, NJW 2004, 3339). Auf der Grundlage des in dem Vorlagebeschluss mitgeteilten Sachverhalts und der darin zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Beurteilung des Falls prüft der Senat jedoch, ob eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die das vorlegende Gericht abweichend von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes beantworten will, für die dieselbe Rechtsfrage eben- falls erheblich war (vgl. Senat, Beschlüsse vom 9. Juli 1956 - V BLw 16/56, BGHZ 21, 234, 236, vom 8. März 2007 - V ZB 149/06, NJW-RR 2007, 1569, vom 30. September 2004- V ZB 26/04, NJW 2004, 3339 und vom 11. Februar 2010 - V ZB 167/09, juris Rn. 8 jeweils mwN). So verhält es sich hier. Das vorlegende Gericht möchte die Rechtsfrage, "ob die vorläufige Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO aF als Vollzug der Sicherungsverwahrung im Sinne von §§ 1, 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG anzusehen ist", anders beantworten als das Saarländische Oberlandesgericht. Auf die Beantwortung der Frage kam es in jenem und kommt es im vorliegenden Verfahren entscheidend an.

IV.


6
Die nach §§ 3, 16 ThUG, §§ 63 f. FamFG zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
7
1. Dabei kann offen bleiben, ob die gegen das Therapieunterbringungsgesetz unter dem Blickwinkel der Gesetzgebungskompetenz erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken durchgreifen (Verfahren vor dem BVerfG anhängig unter Az. 2 BvR 2302/11; vgl. i.Ü. einerseits Antrag des Landes Brandenburg für die Plenarberatung des Bundesrats in BR-Drucks. 794/2/12; Kinzig, NJW 2011, 177, 181; und auch LG Lübeck, SchlHA 2011, 417, 418; andererseits OLG Saarbrücken, StV 2012, 31, 32).
8
2. Die Unbegründetheit des Rechtsmittels folgt auch nicht schon aus dem Umstand, dass es an der in § 1 Abs. 1 ThUG vorausgesetzten (Beschlussempfehlung zu dem Fraktionsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen in BTDrucks. 17/4062, S. 16) rechtskräftigen Entscheidung darüber fehlt, dass der Betroffene deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist. Zwar entscheidet das Gericht nach der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 ThUG über den Antrag in der Hauptsache erst nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung. Auch ohne sie kann über einen Antrag aber schon dann entschieden werden, wenn dieser aus anderen Gründen abzuweisen ist, § 10 Abs. 1 Satz 2 ThUG. So ist es hier.
9
3. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist unbegründet, weil dessen Antrag unzulässig ist.
10
a) Die Therapieunterbringung nach § 1 Abs. 1 ThUG kann nicht von Amts wegen, sondern nach § 3 ThUG, § 23 FamFG nur auf Antrag angeordnet werden. Zwar bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 1 ThUG, dass das gerichtliche Verfahren eingeleitet wird, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine solche Unterbringung gegeben sind. Dabei handelt es sich aber um eine inhaltliche Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens (Begründung des Fraktionsentwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen [Entwurfsbegründung ] in BT-Drucks. 17/3403, S. 51). In diese Prüfung darf das Gericht nur auf Grund eines Antrags der nach § 5 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ThUG oder nach von dieser Vorschrift abweichendem Landesrecht (vgl. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG) antragsberechtigten Stelle eintreten (Entwurfsbegründung in BT-Drucks.
17/3403 S. 56). Fehlt es an der Antragsberechtigung, die von dem Gericht jederzeit von Amts wegen zu prüfen ist (OLG München, FGPrax 2012, 85; allgemein : Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 23 Rn. 12), so ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen (OLG München, FGPrax 2012, 85; für § 417 FamFG: Senat , Beschluss vom 27. Oktober 2011 - V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82, 83 Rn. 12; allgemein: Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 23 Rn. 23). Dieser Fall liegt hier vor.
11
b) Der Beteiligte zu 2 ist nicht antragsberechtigt, weil sich der Betroffene in der Justizvollzugsanstalt nicht, wie es § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG verlangt, in der Sicherungsverwahrung befindet.
12
aa) Im Zeitpunkt der Antragstellung befand er sich weder in Sicherungsverwahrung noch in Unterbringung zur Sicherung der Sicherungsverwahrung, sondern in Strafhaft.
13
bb) Dieser Mangel ist nicht - was für die Zukunft möglich gewesen wäre (vgl. dazu: Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, FGPrax 2011, 318, 319 Rn. 8 und 10) - geheilt worden. Der Betroffene ist zwar seit dem 17. Februar 2012 in der Justizvollzugsanstalt des Beteiligten zu 2 nicht mehr in Strafhaft, sondern nach § 275a Abs. 5 StPO aF zur Sicherung der Sicherungsverwahrung untergebracht. Das führt aber nicht dazu, dass er sich seitdem im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG "in der Sicherungsverwahrung befindet".
14
(1) Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG einerseits und des § 275a Abs. 5 StPO aF anderseits. Beide Vorschriften verwenden den Begriff der Sicherungsverwahrung , ohne ihn eigenständig zu definieren. Dessen bedurfte es auch nicht. Denn sie stehen beide in einem systematischen Zusammenhang zu den Regelungen der §§ 66 bis 66b StGB über die Sicherungsverwahrung als Nebenfolge einer Straftat und verwenden den Begriff in diesem Sinne. Das Therapieunterbringungsgesetz sieht eine weitere Form der Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit , insbesondere potentieller neuer Opfer vor den Folgen einer psychischen Störung eines Straftäters in bestimmten Fällen vor, in denen er durch Sicherungsverwahrung nach dem Strafgesetzbuch nicht mehr gewährleistet werden kann (BVerfGE 128, 326, 401). § 275a Abs. 1 bis 4 StPO aF regelt das Verfahren, in dem eine vorbehaltene oder nachträgliche Sicherungsverwahrung nach §§ 66a, 66b StGB angeordnet wird. Absatz 5 der Vorschrift ermöglicht dem Gericht, die einstweilige Unterbringung anzuordnen um sicherzustellen, dass die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung noch getroffen werden kann. Diese Unterbringung ist von der dann zu treffenden Entscheidung über die Sicherungsverwahrung zu unterscheiden. An sie sind deshalb auch niedrigere Anforderungen zu stellen. So kann etwa auf die Einholung der nach § 275a Abs. 4 StPO aF erforderlichen Gutachten verzichtet werden (OLG München, NStZ 2005, 573, 574 Rn. 15; KK-StPO/Engelhardt, 6. Aufl., § 275a Rn. 10).
15
(2) Nichts anderes ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Antragsberechtigung des Anstaltsleiters. Mit ihr wollte der Gesetzgeber den Umstand für das Therapieunterbringungsverfahren nutzen, dass der Leiter der Einrichtung, in welcher die Sicherungsverwahrung vollzogen wird, die Betroffenen besonders gut kennt und besonders gut zu beurteilen weiß, bei welchen unter ihnen eine Therapieunterbringung angezeigt ist (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 17/3403 S. 56). Das lässt sich nur in der Sicherungsverwahrung erreichen, nicht aber in der vorgeschalteten einstweiligen Unterbringung. Diese sichert die Anordnung der Sicherungsverwahrung, nimmt sie aber inhaltlich nicht vorweg. Das könnte zwar anders sein, wenn die Unterbringung länger dauert und therapeutische Bemühungen einsetzen. Eine Zuständigkeitsregelung, die davon abhinge, wäre aber unklar und deshalb mit Art. 104 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Denn der Gesetzgeber muss die Voraussetzungen, unter denen eine Freiheitsentziehung angeordnet werden darf, hinreichend eindeutig regeln (BVerfGE 96, 68, 97). Dazu gehören auch die formellen Voraussetzungen wie Zuständigkeitsregelungen (BVerfG, NVwZ 2011, 1254, 1255).
16
4. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3 ist unbegründet, weil dessen Antrag unbegründet ist.
17
a) Eine Therapieunterbringung darf nach § 1 Abs. 1 ThUG unter den in Nr. 1 und 2 dieser Vorschrift genannten weiteren Voraussetzungen nur angeordnet werden, wenn auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung feststeht, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist. Wann ein Betroffener in diesem Sinne "nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann", ist umstritten. Teils wird die Vorschrift weit in dem Sinne ausgelegt, dass diese Voraussetzung auch dann erfüllt ist, wenn der Betroffene - wie hier - nach § 275a Abs. 5 StPO aF einstweilen untergebracht worden ist, gegen ihn Sicherungsverwahrung hätte verhängt werden können und dies im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot unterblieben ist. Das sei "materiell Sicherungsverwahrung" (OLG Saarbrücken, StV 2012, 31, 34). Teils wird die Vorschrift mit dem vorlegenden Beschwerdegericht (so schon in FGPrax 2012, 87, 88) eng in dem Sinn verstanden, dass eine Therapieunterbringung nur möglich ist, wenn sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung befindet oder befunden hat (Schröder/ Starke, DRiZ 2011, 254, 255).
18
b) Der Senat hält die zweite Meinung für zutreffend.
19
aa) Für sie spricht der Wortlaut der Regelung. Die in § 1 Abs. 1 Halbsatz 1 ThUG verwendete Formulierung "…, dass eine Person … nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil …" ist bei isolierter Betrachtung allerdings auslegungsfähig. Sie kann einerseits nur Betroffene erfassen , die sicherungsverwahrt sind oder waren. Sie lässt sich andererseits auch in dem Sinn verstehen, dass es auf den Fortfall der rechtlichen Möglichkeit ankommt, Sicherungsverwahrung anzuordnen. Für diesen Fall hätte an sich die Formulierung näher gelegen "… nicht mehr ... untergebracht werden kann … ". Das ändert aber nichts daran, dass die in dem Gesetz gewählte Formulie- rung, für sich genommen, die Auslegung des Saarländischen Oberlandesgerichts zulässt. Dieses Textverständnis scheitert indes daran, dass die Passage nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern im Textzusammenhang der ganzen Vorschrift gelesen werden muss. Ihr Sinn wird durch § 1 Abs. 2 ThUG deutlich. Danach ist Absatz 1 der Vorschrift unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde. Diese Regelung wäre überflüssig, würde § 1 Abs. 1 ThUG unabhängig von dem Vollzug von Sicherungsverwahrung nur auf die rechtliche Möglichkeit der Anordnung von Sicherungsverwahrung abstellen. Einen Sinn ergibt sie nur, wenn § 1 Abs. 1 ThUG im Grundsatz nur Betroffene anspricht, die sich in Sicherungsverwahrung befinden. Denn dann bedarf es einer Regelung darüber, was mit Betroffenen geschehen soll, die sich nicht mehr in Sicherungsverwahrung befinden. Nach dem Wortlaut gilt das Gesetz deshalb nur für Betroffene, die sich in Sicherungsverwahrung befinden oder befunden haben.
20
bb) Die Wortlautauslegung wird durch ein systematisches Argument bestätigt.
21
Das Antragsrecht des Anstaltsleiters nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG setzt, wie bereits ausgeführt, eine Sicherungsverwahrung nach dem Strafgesetzbuch voraus. Denn nur bei dieser ist nach Art. 159, 160, 9 BayStVollzG (bei Fehlen entsprechenden Landesrechts: §§ 1, 7 StVollzG) ein Vollzugsplan zu erstellen, aus dem sich - jedenfalls in Zukunft - im Einzelnen ergeben muss, wie dem verfassungsrechtlichen Individualisierungs- und Intensivierungsgebot bei dem einzelnen Betroffenen Rechnung getragen werdensoll (BVerfGE 128, 326, 379 f., juris Rn. 113). Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 ThUG kann der Antrag auf Therapieunterbringung bereits vor der Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungshaft gestellt werden. Die für die Durchführung der Sicherungsverwahrung zuständige Vollstreckungsbehörde ist nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ThUG zur Übermittlung der für die Entscheidung über die Therapieunterbringung erforderlichen Daten verpflichtet. Auch diese Regelungen setzen voraus, dass sich die Betroffenen in Sicherungsverwahrung befinden oder befunden haben.
22
cc) Von diesem Verständnis ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. So heißt es in der Erläuterung zu § 1 ThUG in der Entwurfsbegründung, die Vorschrift regele die "materiellrechtlichen Voraussetzungen, unter denen gegen einen verurteilten Straftäter, der sich in Sicherungsverwahrung befindet oder befand, die Unterbringung … angeordnet werden kann" (BT-Drucks. 17/3403 S. 53). Zweck des Gesetzes war es, die Folgen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (19359/04, NJW 2010, 2495) angemessen und EMRK-konform zu regeln (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 17/3403 S. 19, 53). Das Urteil behandelt die Fälle von Straftätern, bei denen die im Zeitpunkt ihrer Verurteilung bestehende Begrenzung der Sicherungsverwahrung auf höchstens zehn Jahre rückwirkend aufgehoben wurde. Um diese auch ausdrücklich so genannten Altfälle ging es. Dem steht nicht entgegen, dass der zuständige Minister des Saarlandes in der Plenardebatte des Bundesrats zu dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages die Erklärung zu Protokoll gegeben hat, das Saarland gehe nach der Diskussion um seinen (mündlich) im Rechts- und Innenausschuss gestellten Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses davon aus, dass § 1 ThUG auch den Fall einer Unterbringung auf Grund eines Unterbringungsbefehls gemäß § 275a StPO aF erfasse (PlPBRat 2010, 538 [878. Sitzung vom 17. Dezember 2010 Anlage 14]). Diese Erklärung ist kein Beleg dafür, dass der Gesetzgeber die Vorschrift in diesem Sinne verstanden hätte (aM wohl OLG Saarbrücken, StV 2012, 31, 36). Sie zeigt im Gegenteil, dass am Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine Fallgruppe aufgefallen ist, deren Einbeziehung in das Gesetz erwägenswert gewesen wäre, aber eine Textänderung erfordert hätte. Zu einem entsprechenden Vorschlag hat sich der Bundesrat nicht entschließen können, weil sie nur durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu erreichen gewesen wäre und diese das - allseits angestrebte - Inkrafttreten der Neuregelung zum 1. Januar 2011 gefährdet hätte. Der Gesetzgeber hat damit in Kauf genommen, dass diese Fälle von dem Gesetz nicht erfasst werden und durch eine spätere Ergänzung der Vorschrift einbezogen werden müssten. Das ließ sich durch eine Protokollerklärung nicht vermeiden.
23
dd) Die Regelung in § 1 Abs. 1 ThUG kann auf den Fall der Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO aF auch nicht entsprechend angewendet werden. Dafür spielt es keine Rolle, ob eine Einbeziehung dieser Fallgruppe in den Regelungsbereich der Vorschrift sachlich vertretbar oder wünschenswert wäre. Eine Therapieunterbringung darf als Freiheitsentziehung nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nur unter den Voraussetzungen angeordnet werden, die sich unmittelbar und hinreichend bestimmt aus dem Gesetz selbst ergeben (BVerfG, NVwZ-RR 2009, 616; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1954 - IV ZB 52/54, BGHZ 15, 61, 63 f.). Diese Verfassungsvorschrift steht einer analogen Heranziehung materiell-rechtlicher Ermächtigungsgrundlagen für Freiheitsentziehungen entgegen (BVerfG, BVerfGE 29, 183, 196; 83, 24, 31 f.; NVwZ-RR 2009,

616).


V.


24
Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 19 ThUG. Unter Berücksichtigung der Regelungen in Art. 5 Abs. 5 EMRK und § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG entspricht es billigem Ermessen, den Freistaat Bayern und die Stadt Straubing als diejenigen Körperschaften, denen die beteiligten Behörden jeweils angehören (vgl. § 3 ThUG, § 337 Abs. 2 FamFG), je zur Hälfte zur Erstattung der Auslagen des Betroffenen zu verpflichten (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, juris Rn. 27, insoweit nicht in FGPrax 2010, 210 abgedruckt , für § 430 FamFG).
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 05.03.2012 - 7 AR 35/11 ThUG -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 24.05.2012 - 15 W 637/12 Th -

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

Tenor

Die Aufhebung der Therapieunterbringung des Betroffenen wird abgelehnt.

Gründe

A.

Das Landgericht Saarbrücken – 5. Zivilkammer – hat auf den Antrag der Landeshauptstadt Saarbrücken vom 12.7.2011 zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung durch die Beschlüsse vom 2.9.2011 (Bl. 82 d.A.) und vom 1.12.2011 (Bl. 355 d.A.) die einstweilige Therapieunterbringung und schließlich auf der Grundlage der zwischenzeitlich eingeholten Gutachten der beiden Sachverständigen ... und ... durch den Beschluss vom 17.2.2012 (Bl. 543 d.A.) die endgültige Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung zur Therapieunterbringung bis zum 01.03.2013 angeordnet.

Die gegen diese Beschlüsse von dem Betroffenen eingelegten Beschwerden sind von dem Saarländischen Oberlandesgericht (OLG) - zuletzt durch Beschluss vom 14.5.2012 (Az. 5 W 44/12 - 22) - zurückgewiesen worden.

Der Betroffene hat gegen die Entscheidungen des Landgerichts Saarbrücken und des Saarländischen Oberlandesgerichts Verfassungsbeschwerde eingelegt und außerdem beim Bundesverfassungsgericht die Aufhebung seiner Unterbringung im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat durch seine Beschlüsse vom 23.11.2011 (Az. 2 BvR 2302/11; Bl. 371 d.A.) und vom 28.6.2012 (Az. 2 BvR 1279/12; Bl. 824 d.A.) den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung abgelehnt und ausgeführt, die Fachgerichte seien auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Betroffenen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass er erneut schwere Gewaltdelikte begehen werde.

Nach den nachvollziehbaren Feststellungen der Fachgerichte, die auf den bislang eingeholten Sachverständigengutachten basierten, überwiege in Anbetracht der Schwere der drohenden Straftaten im vorliegenden Fall das Sicherungsinteresse der Allgemeinheit das Interesse des Betroffenen an der Wiedererlangung seiner persönlichen Freiheit. Die besondere Schwere werde insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass bei dem Betroffenen ein auf den Hals der Opfer gerichtetes Angriffsmuster deutlich zu erkennen sei und nach einmal tödlichen Folgen zumindest in zwei weiteren Fällen nur die erhebliche Gegenwehr der Opfer und das Einschreiten Dritter den Eintritt schwerwiegenderer Folgen verhindert habe.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aufgrund einer Divergenzvorlage des Oberlandesgerichts Nürnberg durch Beschluss vom 12.7.2012 (Az. V ZB 106/12) entschieden, dass eine Therapieunterbringung nach § 1 Abs. 1 des Therapieunterbringungsgesetzes gegen einen Betroffenen nicht angeordnet werden darf, wenn dieser zwar nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. einstweilig untergebracht worden ist, sich jedoch nicht in Sicherungsverwahrung nach dem Strafgesetzbuch befindet oder befunden hat (vgl. BGH a.a.O., juris Rn. 23).

Der Betroffene beantragt durch Schriftsatz des ihm beigeordneten Rechtsanwalts vom 10.9.2012 unter Bezugnahme auf diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs,

die gegen ihn angeordnete Unterbringung aufzuheben.

Das erkennende Gericht hat die Beteiligten dieses Verfahrens zur Stellungnahme zu der beantragten Aufhebung der Therapieunterbringung bis zum 17.9.2012 aufgefordert.

B.

I.

Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.7.2012 ist gemäß § 13 Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) eine Prüfung durch das Landgericht Saarbrücken veranlasst, ob die Therapieunterbringung des Betroffenen aufzuheben ist.

1. Gemäß § 13 S. 1 ThUG hebt das Gericht die Anordnung einer Unterbringung nach § 1 ThUG auf, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen.

Die Aufhebung der Therapieunterbringung für die Zukunft hat nicht nur im Falle des Auftretens neuer relevanter Umstände zu erfolgen, sondern auch dann, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Therapieunterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 18.09.2008 Aktenzeichen: V ZB 129/08, juris Rn.18, NJW 2009, 299-300).

Dies bedeutet, dass die Therapieunterbringung dann aufgehoben werden müsste, wenn aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.2.2012 feststünde, dass sie von Anfang an zu Unrecht angeordnet worden ist, weil – wovon der Betroffene ausgeht - das Therapieunterbringungsgesetz auf seinen Fall keine Anwendung findet.

2. Zunächst ist zu klären, ob die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.2.2012 für das Landgericht Saarbrücken Bindung entfaltet.

Eine Bindung ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Instanzenzug. Denn gegen die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14.5.2012, mit der die von dem Landgericht Saarbrücken angeordnete Therapieunterbringung bestätigt worden ist, war kein Rechtsmittel zulässig. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist in dem Therapieunterbringungsgesetz nicht vorgesehen (vgl. § 17 ThUG).

Andererseits darf jedoch nicht verkannt werden, dass es dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuwider laufen würde, wenn ein Landgericht bei seinen Entscheidungen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs außer Betracht ließe und sein eigenes Rechtsverständnis nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung konfrontieren würde.

Aber auch im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit ist eine Bindungswirkung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann anzunehmen, wenn die zu entscheidenden Lebenssachverhalte hinreichend vergleichbar sind und wenn nicht zwingende Gründe eine abweichende Entscheidung gebieten.

II.

Unter Berücksichtigung dieser Prämissen ist die vorzeitige Aufhebung der Therapieunterbringung des Betroffenen abzulehnen.

Das entscheidende Gericht geht nach wie vor von der Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes auf den vorliegenden Fall aus.

1. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.7.2012 steht diesem Gesetzesverständnis nicht entgegen. Denn der von dem Bundesgerichtshof entschiedene Fall ist dem vorliegenden nicht hinreichend vergleichbar.

Der Bundesgerichtshof hatte die ihm von dem Oberlandesgericht Nürnberg im Wege der Divergenzvorlage (§ 18 ThUG) gestellte Rechtsfrage zu beantworten, ob die vorläufige Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO a.F. als Vollzug der Sicherungsverwahrung im Sinne von §§ 1, 5 Abs. 1 ThUG anzusehen ist (vgl. BGH a.a.O., juris Rn. 5). Diese Rechtsfrage hat der Bundesgerichtshof (vgl. BGH a.a.O. juris Rn. 14) verneint und ausgeführt, die vorläufige Unterbringung sei von der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung zu unterscheiden, da an sie niedrigere Anforderungen zu stellen seien, weil insbesondere auf die Einholung der nach § 275a Abs. 4 StPO a.F. erforderlichen Gutachten verzichtet werden könne.

Der Bundesgerichtshof hat sich jedoch nicht zu der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsfrage geäußert, ob das Therapieunterbringungsgesetz auf die Fälle Anwendung findet, in denen gegen den Betroffenen zwar die Sicherungsverwahrung gerichtlich angeordnet worden war, deren Vollzug jedoch unterblieben ist, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durch sein Urteil vom 17.12.2009 (EUGRZ 2010, 25) für die Sicherungsverwahrung ein Rückwirkungsverbot postuliert hatte, das auch dem Betroffenen zugute gekommen ist.

Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht Saarbrücken durch Urteil vom 17.07.2009 (Az. 2 Ks 2/09) die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung unter Bezugnahme auf § 66 b Abs. 3 StGB a.F. nachträglich angeordnet.

Auf die von dem Betroffenen hiergegen eingelegte Revision hat der Bundesgerichtshof zwar das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17.7.2009 einschließlich der Anordnung der Sicherungsverwahrung aufgehoben. Er hat diese Entscheidung jedoch nicht deshalb getroffen, weil die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung nicht vorgelegen haben. Im Gegenteil, der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 66b Abs. 3 StGB (a.F.) rechtsfehlerfrei bejaht. Allerdings sei § 66b Abs. 3 StGB (a.F.) wegen der Grundsätze des Urteils des EGMR vom 17.12.2009 und im Hinblick auf Art 7 Abs. 1 S. 2 EMRK nicht auf Taten anwendbar, die vor dem Inkrafttreten der Vorschrift begangen worden sind.

Dies kann nur so verstanden werden, dass die Sicherungsverwahrung - von dem Rückwirkungsverbot abgesehen - zwar rechtsfehlerfrei angeordnet worden ist, dass sie aber wegen des Rückwirkungsverbotes nicht vollzogen werden durfte.

2. In der rechtsfehlerfreien Anordnung der Sicherungsverwahrung liegt der entscheidende Unterschied zwischen dem Fall, den der BGH am 12.7.2012 auf die Divergenzvorlage des OLG Nürnberg entschieden hat, zu dem vorliegend von dem Landgericht Saarbrücken zu entscheidenden Fall.

Da gegen den Betroffenen des vorliegenden Verfahrens die Sicherungsverwahrung rechtsfehlerfrei angeordnet worden war, findet das Therapieunterbringungsgesetz Anwendung, und zwar nicht im Wege der Analogie, – eine solche wäre auf Grund des Analogieverbotes ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 29, 183, 196; BVerfG NVwZ-RR 2009, 616; BGH a.a.O., juris Rn. 23 Sachs/Degenhart, Grundgesetzkommentar, 5. Auflage 2009, Artikel 104 GG, Rdnr. 9 f; von Mangoldt-Klein-Gusi, Kommentar zum Grundgesetz Band 3, Artikel 104 GG, Rdnr. 26; Jarass, Grundgesetzkommentar, 10. Auflage 2009, Artikel 104 GG, Rdnr. 3, jeweils m.w.N.) - sondern unmittelbar und unabhängig davon, ob sich der Betroffene in Sicherungsverwahrung befunden hat.

Dies ergibt sich aus einer am Wortlaut orientierten und die Entstehungsgeschichte, die Gesamtkonzeption sowie die Zielsetzung des § 1 ThUG berücksichtigenden Auslegung der Norm.

2.1. Nach § 1 Abs. 1 ThUG kann das Gericht die Unterbringung einer Person, die wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 S. 1 StGB genannten Art verurteilt ist, in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung unter anderem dann anordnen, wenn auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung feststeht, dass diese Person nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist.

Entscheidend ist, wie die in § 1 Abs. 1 ThUG verwandte Formulierung "…nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann …" zu verstehen ist.

Eine eng am Wortlaut haftende Auslegung mag darauf hindeuten, dass lediglich die Fälle erfasst sein sollen, in denen die verurteilte Person aktuell in der Sicherungsverwahrung untergebracht ist. Doch hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 ThUG klargestellt, dass ein derart enges Verständnis des Absatzes 1 gerade nicht gewollt ist; vielmehr soll Absatz 1 auch dann anwendbar sein, wenn die verurteilte Person bereits aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurde.

Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 ThUG ist also nicht die tatsächliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, sondern der Umstand, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gerichtlich angeordnet worden ist, wegen des Rückwirkungsverbotes aber nicht vollzogen werden kann.

Bedenken gegen diese Auslegung unter dem Aspekt des Bestimmtheitsgebotes (Art. 104 GG) ergeben sich nicht, da diese Auslegung vom Wortlaut der Norm gedeckt ist.

2.2. Diese Auslegung wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des Therapieunterbringungsgesetzes und das mit der Einführung dieses Gesetzes verfolgte Ziel. So stellte sich infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17.12.2009 (EUGRZ 2010, 25) die Situation so dar, dass weiterhin als gefährlich eingestufte Straftäter wegen des auch im Bereich der Sicherungsverwahrung geltenden Rückwirkungsverbotes des Artikel 7 Abs. 1 S. 2 EMRK nicht mehr von dem aktuellen Recht der Sicherungsverwahrung erfasst wurden. Um das durch die vorgesehene Neuordnung der Sicherungsverwahrung anders nicht auszufüllende Vakuum zu vermeiden, hat der Gesetzgeber das Therapieunterbringungsgesetz als Sonderregelung für diesen Teil der „Altfälle" geschaffen (vgl. BT-DRS, 17/3403, S. 19). Ziel dieses neu geschaffenen Gesetzes ist ein möglichst nachhaltiger Schutz der Allgemeinheit vor der Gefahr schwerer Rechtsgutsverletzungen durch psychisch gestörte Gewalt- und Sexualstraftäter (vgl. BT-DRS. 17/3403, S. 53). Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn jede Person dem Therapieunterbringungsgesetz unterfällt, die eine oder mehrere der dort genannten Straftaten begangen hat und gegen die deshalb gerichtlich die Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, unabhängig davon, ob die Person sich noch in Sicherungsverwahrung befindet oder jemals befunden hat.

2.3. Für die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes ist es lediglich erforderlich, dass gegen den Betroffenen die Sicherungsverwahrung angeordnet worden war. Die angeordnete Sicherungsverwahrung muss nicht auch vollstreckt worden sein. Würde man, auf den Vollzug der angeordneten Sicherungsverwahrung abstellen, hinge die Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes von Zufälligkeiten ab.

Dann wäre es z.B. von Bedeutung, ob es dem Betroffenen gelungen ist, sich dem Vollzug der angeordneten Sicherungsverwahrung durch Untertauchen zu entziehen oder ob ihm der Vollzug erspart blieb, weil er krankheitsbedingt nicht verwahrungsfähig gewesen ist.

3. Zudem besteht Veranlassung für die Annahme, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gehe ebenfalls davon aus, dass auf den vorliegenden Fall das Therapieunterbringungsgesetz anzuwenden ist.

Zwar beruhen die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes über die Verweigerung der von dem Betroffenen in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren beantragten einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) schwerpunktmäßig auf einer Folgenabwägung. Wenn man jedoch die Anforderungen berücksichtigt, die das Bundesverfassungsgericht an eine auf richterlicher Anordnung beruhende Freiheitsbeschränkung selbst dann stellt, wenn sie im Wege der einstweiligen Anordnung getroffen wird,

- (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.02.2012, Aktenzeichen: 2 BvR 1064/10, juris Rn. 16, InfAuslR 2012, 186-189:

„In Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gewährleistet das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eine umfassende Prüfung der Voraussetzungen für eine Haftanordnung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.“) -

so erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass das Bundesverfassungsgericht den Erlass der von dem Betroffenen beantragten einstweiligen Anordnung verweigert hätte, wenn es der Auffassung gewesen wäre, dass das Therapieunterbringungsgesetz auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet und somit bereits deshalb das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) verletzt worden wäre, weil die saarländischen Gerichte den Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes verkannt haben.

4. Da die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.7.2012 einen abweichenden Sachverhalt betrifft und da das entscheidende Gericht nach wie vor von der Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes ausgeht und sonstige Aufhebungsgründe nicht ersichtlich sind, kommt die Aufhebung der Therapieunterbringung des Betroffenen nicht in Betracht.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 19 ThUG).

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 201/12
vom
23. Mai 2013
in dem Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Das Therapieunterbringungsgesetz und Art. 316e Abs. 4 EGStGB sind verfassungsgemäß.
2. Die Therapieunterbringung ist nach § 13 Satz 1 ThUG von Amts wegen auch aufzuheben
, wenn sie von Anfang an nicht hätte angeordnet werden dürfen.
BGH, Beschluss vom 23. Mai 2013 - V ZB 201/12 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2013 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. SchmidtRäntsch
und Dr. Roth und die Richterin Weinland

beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Saarbrücken zur Behandlung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

Gründe:

I.


1
Der wiederholt, unter anderem wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte Betroffene wurde durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. September 1989 wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil er in einem Rausch jedenfalls die Tatbestände der Körperverletzung und des versuchten Totschlags durch Unterlassen verwirklicht hatte. Zugleich ordnete das Gericht die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an, weil jener auf Grund einer Persönlichkeitsstörung zur Begehung schwerster, sexuell motivierter Straftaten neige. Durch Urteil des Landgerichts Trier vom 28. Februar 1991 wurde in einem Sicherungsverfahren erneut die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, und zwar wegen einer gefährlichen Körperverletzung, die dieser am 23. Februar 1990 während einer Flucht aus dem Maßregelvollzug begangen hatte. Der Betroffene befand sich anschließend nahezu ununterbrochen im Maßregelvollzug. Vom 23. Dezember 2005 bis zum 22. Juni 2007 verbüßte er die Restfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. September 1989. Danach war er einstweilen untergebracht (§ 275a Abs. 5 StPO aF). Mit Urteilen vom 4. April 2007 und 17. Juli 2009 ordnete das Landgericht Saarbrücken gegen den Betroffenen gemäß § 66b Abs. 3 StGB aF nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an. Beide Urteile hob der Bundesgerichtshof mit Beschlüssen vom 10. Februar 2009 (4 StR 391/07, NStZ-RR 2009, 171) und vom 12. Mai 2010 (4 StR 577/09, NStZ 2010, 567) auf. Der Betroffene wurde freigelassen und stand zunächst unter Führungsaufsicht. Das Landgericht Saarbrücken ordnete gegen den Betroffenen mit Beschluss vom 17. Februar 2012 die Therapieunterbringung bis zum 1. März 2013 an. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
2
Unter Berufung auf den Beschluss des Senats vom 12. Juli 2012 (V ZB 106/12, BGHZ 194, 97 = NJW 2012, 3181) hat der Betroffene die Aufhebung der Therapieunterbringung beantragt. Diesen Antrag hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Beschwerde des Betroffenen hat es nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht möchte das Rechtsmittel zurückweisen, sieht sich daran aber durch den erwähnten Beschluss des Senats gehindert und hat die Sache deshalb zur Entscheidung vorgelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hat die antragstellende Behörde die Verlängerung der Therapieunterbringung beantragt , über die noch nicht entschieden ist. Das Landgericht hat im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Fortdauer der Unterbringung bis zum 31. Mai 2013 angeordnet.

II.


3
Das vorlegende Gericht meint, eine Therapieunterbringung sei nicht nur aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich weggefallen seien, sondern auch, wenn diese von vorneherein nicht vorgelegen hätten. Nach dem Beschluss des Senats komme eine Therapieunterbringung von Betroffenen, die sich zuvor nicht in der Sicherungsverwahrung befunden hätten, sondern auf Grund eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 StPO aF untergebracht gewesen seien, nicht in Betracht. Danach müsse die Unterbringung des Betroffenen an sich aufgehoben werden. Allerdings sei es nicht bei dem Unterbringungsbefehl geblieben. Vielmehr sei gegen den Betroffenen Sicherungsverwahrung angeordnet und von dem Bundesgerichtshof nicht wegen Fehlens der sachlichen Voraussetzungen, sondern allein wegen des Rückwirkungsverbots aufgehoben worden. Nach dem - später ergangenen - Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) habe sie hingegen aufrechterhalten werden können. Hierdurch unterscheide sich der vorliegende Fall von dem durch den Senat entschiedenen.

III.


4
Die Sache ist dem vorlegenden Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Betroffenen in eigener Zuständigkeit zurückzugeben.
5
1. Die Voraussetzungen für die Vorlage nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ThUG waren zwar gegeben. Das vorlegende Gericht möchte die Rechtsfrage, "ob die vorläufige Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO aF als Vollzug der Sicherungsverwahrung im Sinne von §§ 1, 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG anzusehen ist", anders beantworten als der Senat. Der Vorlage steht nicht entgegen, dass der Senat die Frage bereits entschieden hat. Denn das vorlegende Gericht zeigt einen neuen Gesichtspunkt, nämlich die Frage auf, ob ein nach § 275a Abs. 5 StPO aF untergebrachter Betroffener im Sinne von § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG "nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann", wenn gegen ihn Sicherungsverwahrung angeordnet war, aber wegen des Rückwirkungsverbots aufgehoben worden ist.
6
2. Der Senat kann über das Rechtsmittel des Betroffenen aber nicht mehr entscheiden, weil die Vorlagefrage durch eine Änderung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften geklärt worden ist.
7
a) Die Vorlagepflicht nach § 18 ThUG soll sicherstellen, dass Auslegungsfragen , die von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet werden, im Interesse einer einheitlichen Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes durch den Bundesgerichtshof entschieden werden. Für eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist deshalb kein Raum, wenn der Gesetzgeber mit einer Änderung des Gesetzes die notwendige Klärung selbst herbeiführt (Senat, Beschluss vom 23. November 1954 - V ZB 18/52, BGHZ 15, 207 [dort allerdings mit unrichtigem Aktenzeichen veröffentlicht]).
8
b) Dieser Fall ist hier eingetreten.
9
aa) Für die Entscheidung über die nachträgliche Aufhebung der Therapieunterbringung des Betroffenen nach § 13 Satz 1 ThUG kam es im Zeitpunkt der Vorlage an den Senat darauf an, ob Therapieunterbringung nach §§ 1, 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG auch gegen einen Betroffenen angeordnet werden darf, der zwar auf Grund eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 StPO aF untergebracht war, bei dem aber eine nachträgliche Sicherungsverwahrung an- geordnet war und allein wegen des Rückwirkungsverbots aufgehoben worden ist. Denn die Therapieunterbringung ist nach § 13 ThUG nicht nur aufzuheben, wenn sich nachträglich neue Umstände ergeben, sondern auch, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung von Anfang an nicht vorgelegen haben. Das hat der Senat für den Fall der Freiheitsentziehung entschieden, die nach § 426 Abs. 1 FamFG ebenfalls von Amts wegen aufzuheben ist, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind (Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 129/08, NJW 2009, 299, 300 Rn. 18 f.). Für die Aufhebung einer Therapieunterbringung gilt nichts anderes. Auch ihre Fortdauer ist nicht nur unverhältnismäßig, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist, sondern in gleicher Weise, wenn eine erneute Prüfung ergibt, dass er (doch) nicht vorgelegen hat. Es war deshalb für die Entscheidung über den Aufhebungsantrag des Betroffenen zu prüfen , ob das Therapieunterbringungsgesetz auf Fälle wie seinen anwendbar ist.
10
bb) Diese Frage muss nicht mehr beantwortet werden, weil der Gesetzgeber die Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes auf derartige Fälle unter einschränkenden, im Fall des Betroffenen gegebenen Voraussetzungen nunmehr ausdrücklich geregelt hat.
11
(1) Mit dem Gesetz vom 20. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2756) ist die Überleitungsregelung für das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300), als dessen Art. 5 das Therapieunterbringungsgesetz erlassen worden ist, in Art. 316e EGStGB um den heutigen Absatz 4 ergänzt worden. Nach dieser Vorschrift ist § 1 ThUG unter den dort bestimmten sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre. Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Betroffenen vor. Gegen ihn war durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Juli 2009 nachträglich Sicherungsverwahrung angeordnet worden. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 12. Mai 2010 (4 StR 577/09, NStZ 2010, 567, 568) mit der Begründung aufgehoben, zwar habe das Landgericht die Voraussetzungen des § 66b Abs. 3 StGB (aF) rechtsfehlerfrei bejaht, jedoch sei diese Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK generell nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden seien.
12
(2) Die Regelung in Art. 316e Abs. 4 EGStGB erlaubt nicht nur, gegen die von ihr Betroffenen seit dem Inkrafttreten dieser Änderung am 28. Dezember 2012 (Art. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2012) Therapieunterbringung neu anzuordnen. Vielmehr ist das Therapieunterbringungsgesetz durch diese Regelung, wenn auch erst von seinem Inkrafttreten an, auf vorher erlassene Entscheidungen über eine Therapieunterbringung anwendbar geworden. Das ergibt sich aus Inhalt, Standort und Zweck der Regelung. Ihren Ausgangspunkt nimmt die Ergänzung bei dem Beschluss des Senats vom 12. Juli 2012 (V ZB 106/12, BGHZ 194, 97 = NJW 2012, 3181), mit welchem der Senat die zwischen den Oberlandesgerichten streitige Frage nach einer Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes auf Betroffene verneint hat, die nicht in der Sicherungsverwahrung, sondern auf Grund eines vorläufigen Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 StPO aF untergebracht waren. Dieses Ergebnis wollte der Gesetzgeber bei hochgradig gefährlichen Betroffenen vermeiden, gegen die Sicherungsverwahrung angeordnet und wieder aufhoben worden war, aber aufgrund der Weitergeltungsanordnung in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) nicht hätte aufgehoben werden müssen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 17/11726 S. 4). Sein Regelungsziel hat er aber nicht, was an sich nahe gelegen hätte, durch eine Erweiterung von § 1 ThUG verwirklicht, sondern durch eine Ergänzung der Überleitungsregelung für das Artikelgesetz in Art. 316e EGStGB. Diese Regelungstechnik kann nur den Sinn haben, nicht nur die Anwendbarkeit des Therapieunterbringungsgesetzes auf solche Fälle überhaupt zu erreichen, sondern auch, bereits getroffene Entscheidungen über die Therapieunterbringung nachträglich - wenn auch nur für die Zukunft - dem Therapieunterbringungsgesetz zu unterstellen. Das Gesetz ist damit seit dem 28. Dezember 2012 auch auf die Therapieunterbringung des Betroffenen anwendbar, ohne dass es auf die Frage ankommt , deretwegen das Oberlandesgericht die Sache vorgelegt hat.
13
3. Anders wäre es freilich, wenn die gegen das Therapieunterbringungsgesetz selbst und gegen die Ergänzung der Überleitungsvorschrift erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken zuträfen. Das ist aber nicht der Fall. Das Gesetz selbst und die Überleitungsregelung in Art. 316e Abs. 4 EGStGB sind verfassungsgemäß.
14
a) Das erste Bedenken richtet sich gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Sowohl das Therapieunterbringungsgesetz selbst (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 17/3404 S. 19 f.) als auch die Änderung der Überleitungsregelung durch das erwähnte Gesetz vom 20. Dezember 2012 (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 17/11726 S. 4) sind auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gestützt. Dieser Kompetenztitel, so wird eingewandt, erfasse das Therapieunterbringungsgesetz (und damit auch die spätere Ergänzung) nicht. Es handele sich in der Sache um Gefahrenabwehr, für die die Gesetzgebungskompetenz allein bei dem Landesgesetzgeber liege. Dass eine Kompetenz des Bundes nicht bestehe, zeige sich auch daran, dass die Entwurfsbegründung (an den zitierten Stellen) den Sachzusammenhang mit der Gesetzgebungskompetenz für das Strafrecht bemühe (LG Lübeck, SchlHA 2011, 417, 418; Antrag des Landes Brandenburg im Bundesrat auf BR-Drucks. 794/2/10; vorsichtiger Kinzig , NJW 2011, 177, 181; Nußstein, NJW 2011, 1194). Diese Bedenken sind unbegründet. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage der Gesetzgebungskompetenz aus Anlass von Verfassungsbeschwerden gegen die Gesetze der Länder Bayern und Sachsen-Anhalt über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter hochgefährlicher Straftäter befasst und beide landesgesetzlichen Regelungen für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, weil solche Regelungen von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht erfasst seien und der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht habe (BVerfGE 109, 190). Zum Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gehöre die Regelung aller staatlichen Reaktionen auf Straftaten, die an die Straftat anknüpften, ausschließlich für Straftäter gälten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat bezögen. Das folge aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte der Norm und der Staatspraxis sowie unter systematischem Aspekt aus dem Gedanken des Sachzusammenhangs (BVerfGE 109, 190, 211 bis 217). An diese Vorgaben hat sich der Bundesgesetzgeber gehalten. Das Therapieunterbringungsgesetz und die Überleitungsregelung erfassen nur Personen, die wegen einer in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Tat verurteilt worden sind und wegen des Verbots rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungs- verwahrung nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden können.
15
b) Das zweite Bedenken betrifft die Einhaltung des Rückwirkungsverbots. Mit dem Therapieunterbringungsgesetz werde, gestützt auf die Gesetzgebungskompetenz für das Strafrecht, die nachträgliche Anordnung von Maßnahmen ermöglicht, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als strafrechtliche Sanktionen nicht nachträglich verhängt werden dürften. Es dränge sich der Gedanke einer Umgehung dieser Rechtsprechung auf (LG Lübeck, SchlHA 2011, 417, 418). Auch mit diesem Einwand hat sich das Bundesverfassungsgericht inhaltlich befasst; es hat ihn zurückgewiesen (BVerfGE 128, 326, 399).
16
aa) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in der nachträglichen Verlängerung der früheren Zehnjahreshöchstfrist des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB in der damals geltenden Fassung eine Verletzung des Rückwirkungsverbots nach Art. 7 Abs. 1 EMRK gesehen, weil er die Anordnung der Sicherungsverwahrung als Anordnung einer zusätzlichen Strafe im Sinne dieser Vorschrift der Europäischen Menschenrechtskonvention wertete (Urteil vom 17. Dezember 2009 in der Rechtssache 19359/04, JR 2010, 218, 224 Rn. 126 ff.). Hierfür war die damalige Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung maßgeblich. Sie unterscheide sich, so der Gerichtshof, im praktischen Vollzug nicht von einer Strafhaft und umfasse keine besonderen Maßnahmen, Instrumente oder Einrichtungen, die zum Ziel hätten, die Gefährlichkeit von Sicherungsverwahrten zu verringern und damit ihre Haft auf die Dauer zu beschränken , die unbedingt erforderlich sei, um sie von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten (EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2009 in der Rechtssache 19359/04, JR 2010, 218, 224 Rn. 127-132). Für die Annahme eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 EMRK war danach der unzureichende Abstand des Vollzugs der Sicherungsverwahrung von dem der Freiheitsstrafe entscheidend.
17
bb) Dem ist das Bundesverfassungsgericht zwar nicht in der Begründung , wohl aber im praktischen Ergebnis gefolgt. Die Sicherungsverwahrung sei zwar keine Strafe im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG (BVerfGE 109, 133, 167172; 128, 326, 392 f.). Nach der Wertung von Art. 7 Abs. 1 EMRK habe der unzureichende Abstand des Vollzugs der Sicherungsverwahrung von dem der Freiheitsstrafe aber zur Folge, dass sich das Gewicht des Vertrauens der Betroffenen einem absoluten Vertrauensschutz annähere und eine solche Sicherungsverwahrung nicht rückwirkend angeordnet werden dürfe (BVerfGE 128, 326, 392 f. und 395). Das Therapieunterbringungsgesetz wäre deshalb unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen oder unverhältnismäßigen Rückwirkung nur zu beanstanden, wenn es den Vorgaben des Abstandsgebots nicht entspräche.
18
cc) Um dem Abstandsgebot zu genügen, müssen der Bundes- und der Landesgesetzgeber im Rahmen ihrer jeweiligen Gesetzgebungskompetenzen ein legislatives Gesamtkonzept entwickeln, das den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen genügt (BVerfGE 128, 326, 378 f.). Dieses sind das ultima -ratio-Prinzip (aaO S. 379), das Individualisierungs- und Intensivierungsgebot (aaO S. 379 f.), das Motivierungsgebot (aaO S. 380), das Trennungsgebot (aaO S. 380 f.), das Minimierungsgebot (aaO S. 381 f.), das Rechtsschutz- und Unterstützungsgebot (aaO S. 382) und das Kontrollgebot (aaO S. 382). Dabei ist der Bundesgesetzgeber angesichts seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für den Bereich des Strafrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und des Fehlens einer Gesetzgebungskompetenz für den Straf- und Maßregelvoll- zug darauf beschränkt - aber, wenn er am Institut der Sicherungsverwahrung grundsätzlich festhalten will, auch gehalten -, die wesentlichen Leitlinien vorzugeben (BVerfGE 128, 326, 388). Dieser Aufgabe hat er für den Bereich der Therapieunterbringung mit § 2 ThUG entsprochen (BVerfGE 128, 326, 388). Das Therapieunterbringungsgesetz ist deshalb unter Rückwirkungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Nichts anderes gilt für Art. 316e Abs. 4 EGStGB, soweit darin die Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes auch auf Betroffene angeordnet wird, die auf Grund eines Unterbringungsbefehls nach § 275a Abs. 5 StPO aF untergebracht waren, deren Sicherungsverwahrung zwar aus Gründen des Vertrauensschutzes aufgehoben worden war, aber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326) hätte aufrecht erhalten werden können.
19
dd) Allerdings führt die Regelung in Art. 316e Abs. 4 EGStGB dazu, dass das Therapieunterbringungsgesetz von dem Inkrafttreten des Art. 316a Abs. 4 EGStGB an auch auf Therapieunterbringungen anzuwenden ist, die vorher angeordnet worden sind. Das wiederum bewirkt, dass solche Therapieunterbringungen nicht mehr nach § 13 ThUG mit der Begründung aufgehoben werden können, das Therapieunterbringungsgesetz sei auf sie nicht anwendbar. Diese teilweise unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich zulässig. Die angeordnete und noch nicht abgelaufene Therapieunterbringung ist ein - für die Zukunft - noch nicht abgeschlossener Sachverhalt. In einen solchen Sachverhalt darf der Gesetzgeber zwar angesichts der hohen Bestandsinteressen der Betroffenen (vgl. BVerfGE 109, 133, 185 f.; 128, 326, 399) nicht ohne weiteres eingreifen. Möglich ist ein solcher Eingriff aber, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK in der von dem Bundesver- fassungsgericht zugrundegelegten Auslegung erfüllt sind. In solchen Ausnahmefällen kann (noch) von einem Überwiegen der öffentlichen Sicherheitsinteressen ausgegangen werden (BVerfGE 128, 326, 399). Nur auf solchen Fälle ist das Therapieunterbringungsgesetz nach Art. 316e Abs. 4 EGStGB anwendbar.
20
c) Gegen die Überleitungsregelung in Art. 316e Abs. 4 EGStGB wendet der Betroffene schließlich noch ein, es handele sich um ein nach Art. 19 GG unzulässiges Einzelfallgesetz. Die Regelung erfasse mit ihren engen Tatbestandsmerkmalen nur seinen Fall und sei deshalb verfassungsrechtlich unzulässig. Auch dieser Einwand ist nicht begründet.
21
aa) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG muss ein Gesetz, soweit ein Grundrecht nach dem Grundgesetz durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Ein Verstoß gegen diese Norm liegt nicht vor, wenn das Gesetz abstrakt gefasst ist, sich deswegen nicht genau übersehen lässt, auf wie viele und welche Fälle es Anwendung findet, und wenn nicht nur ein einmaliger Eintritt der Rechtsfolge möglich ist (BVerfGE 10, 234, 242; 13, 225, 229; 25, 371, 396). Dann ist es auch unerheblich, ob ein Einzelfall den Anlass zu der gesetzlichen Regelung gab (BVerfGE 13, 225, 229; 24, 33, 62; 25, 371, 396). So ist es hier.
22
bb) Der Gesetzgeber hat den Fall des Betroffenen zwar zum Anlass für die Ergänzung des Art. 316e EGStGB um den heutigen Absatz 4 genommen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 17/11726 S. 4 mit Zitat des Beschlusses des BGH vom 12. Mai 2010 - 4 StR 577/09). Er hat aber eine abstrakt-generelle Regelung getroffen, nach welcher das Therapieunterbringungsgesetz auch auf alle anderen Betroffenen anzuwenden ist, gegen die Sicherungsverwahrung angeordnet, aber aufgehoben worden war, bevor das Bundesverfassungsgericht durch die in dem Urteil vom 4. Mai 2011 getroffene einstweilige Anordnung die vorläufige Aufrechthaltung solcher Sicherungsverwahrungen mit Maßgaben zuließ (BVerfGE 128, 326, 332 unter III. und 406 f.).
23
cc) Sie ist auch in der Sache keine Norm, die nur auf den Fall des Betroffenen Anwendung fände. Der Gesetzgeber hatte in der Schlussphase des Gesetzgebungsverfahrens zum Therapieunterbringungsgesetz bemerkt, dass das vorgesehene (und dann auch so verabschiedete) Gesetz Fälle nicht erfasst , in denen die Unterbringung nicht auf einer gültigen Anordnung der Sicherungsverwahrung , sondern auf einem Unterbringungsbefehl nach § 275a Abs. 5 StPO aF beruhte (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZB 106/12, BGHZ 194, 97 = NJW 2012, 3181, 3182 Rn. 22 und Entwurfsbegründung in BTDrucks. 17/11726 S. 4). Er hat die aus seiner Sicht an sich sachgerechte Erstreckung des Anwendungsbereichs des Therapieunterbringungsgesetzes auf solche Fälle in diesem Gesetzgebungsverfahren nicht mehr verwirklicht, um das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2011 nicht zu gefährden. Bei der Vornahme der danach aus seiner Sicht angebrachten Korrektur dieses legislativen Versehens hat er sich entschlossen, nicht alle Fälle einer Unterbringung auf Grund eines Unterbringungsbefehls in den Anwendungsbereich des Therapieunterbringungsgesetzes einzubeziehen, sondern nur solche, in denen eine sachlich richtige Anordnung der Sicherungsverwahrung zwar wegen des Rückwirkungsverbots aufgehoben worden war, nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dem erwähnten Urteil vom 4. Mai 2011 aber hätte bestehen bleiben können (Entwurfsbegründung in BT-Drucks 17/11726 S. 4). Diese Einschränkung ist sachlich vertretbar und wäre nach dem Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu dem Therapieunterbringungsgesetz in dieses aufgenommen worden, wäre der Fehler noch bei den Beratungen des Deutschen Bun- destags und nicht erst in der zweiten Beratung des Bundesrats aufgefallen. Die - zudem sachlich gerechtfertigte - nachträgliche Einbeziehung einer bei seinem Erlass übersehenen Fallgruppe in ein Gesetz ist kein unzulässiges Einzelfallgesetz.
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
Roth Weinland
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 18.09.2012 - 5 O 59/11 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 08.11.2012 - 5 W 391/12 -

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Das Gericht kann im Hauptsacheverfahren durch einstweilige Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine vorläufige Unterbringung anordnen, wenn

1.
Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, und
2.
der Betroffene persönlich und ein ihm beigeordneter Rechtsanwalt angehört worden sind.
Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist zulässig.

(2) Abweichend von § 10 Absatz 1 kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung bereits vor Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung ergehen. Das Gericht kann anordnen, dass der Beschluss mit Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung wirksam wird.

(3) Die Dauer der vorläufigen Unterbringung auf Grund einer einstweiligen Anordnung kann um jeweils weitere drei Monate bis zu einer Gesamtdauer von einem Jahr nach Anhörung der Sachverständigen nur verlängert werden, wenn eine besondere Schwierigkeit in der Begutachtung oder ein anderer wichtiger Grund die Entscheidung im Hauptsacheverfahren erheblich verzögert.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

7
Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand. Zwar hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 3 StGB rechtsfehlerfrei bejaht, jedoch ist diese Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden sind.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 486/01
vom
20. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2002, an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h.c. Detter,
Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. Mai 2001 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern und sexuellen Mißbrauchs von Kindern in jeweils elf Fällen in Tateinheit mit dem Sichverschaffen des Besitzes von kinderpornographischen Schriften, sowie wegen Sichverschaffens des Besitzes von kinderpornographischen Schriften in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus und die Einziehung verschiedener Gegenstände angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich allein dagegen, daß das Landgericht die Anordnung von Sicherungsverwahrung abgelehnt hat. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts fertigte der Angeklagte während eines vierwöchigen Besuchs seiner damals fünfjährigen Nichte J. in 18 Fällen Film- und Fotoaufnahmen von dem nackten Mädchen. Unter anderem filmte der Angeklagte, wie er das Kind am Körper berührte und mit ihm
nachstellte, es werde geschlachtet. Er hängte seine Nichte nackt und an den Füûen gefesselt, mit dem Kopf nach unten, an einer in der Wohnung angebrachten elektrischen Seilwinde auf, was ihn stark sexuell erregte. Auch in diesem Zustand fotografierte und filmte er das Kind mit Hilfe der auf einem Stativ stehenden Videokamera. Dabei faûte er es an und stellte teilweise wiederum Schlachtszenen nach, indem er auch mit einem Küchenmesser an dem Körper des Kindes hantierte, ohne es aber zu verletzen. Obwohl es mit zunehmender Dauer und Häufigkeit dieser Behandlung immer heftiger protestierte, lieû der Angeklagte das Mädchen mehrfach einige Minuten lang laut schreiend und weinend an der Seilwinde hängen. Er kämpfte immer wieder mit der Idee, das Mädchen umzubringen, damit sie ihn nicht verraten könnte, konnte diesen Drang aus Zuneigung zu dem Kind aber überwinden. Wenige Wochen vor den geschilderten Vorfällen überredete der Angeklagte seine damals 13jährige Nichte N. zu fünf Besuchen in seiner Wohnung, nach denen sie jeweils Geldbeträge zwischen 20 und 100 DM erhielt. Auch während dieser Besuche fertigte der Angeklagte Videoaufnahmen, wobei er das nie völlig entkleidete Mädchen zum Teil fesselte und u.a. in dessen Genital - und Analbereich manipulierte. 2. Der Angeklagte weist eine schwere sexuelle Perversion in Form des Sadismus mit geringfügigen masochistischen Zügen und kannibalistischen sowie pädophilen Neigungen auf. Infolge dieser als schwere andere seelische Abartigkeit zu qualifizierenden Störung war er bei allen Taten in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, ohne daû seine Schuldfähigkeit gänzlich aufgehoben war. Der Angeklagte, der eine von Gewalt und sexuellem Miûbrauch geprägte Kindheit erlebte, hatte seit seinem zwanzigsten Lebensjahr abnorme sexuelle Phantasien entwickelt, die z.B. das Aufhängen und
Schlachten von Frauen zum Gegenstand hatten. Er befriedigte seine Bedürfnisse viele Jahre lang mit Hilfe einschlägiger pornographischer Videos. Auch sammelte er Zeitungsartikel über Kannibalen und Massenmörder von Kindern; aus Werbeblättern mit Abbildungen aufgehängter Schweinehälften und Fotos kleiner blonder Mädchen fertigte er Collagen. Kurz vor den oben geschilderten Geschehnissen hatte der nicht einschlägig vorbestrafte Angeklagte bereits unter einem Vorwand zwei kleine Mädchen zu sich nach Hause mitgenommen, diese dann aber unbehelligt gehen lassen. Die angeordnete Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus hat die Kammer damit begründet, daû sämtliche Taten in der sexuellen Abnormität des Angeklagten wurzeln und er auch zukünftig für die Allgemeinheit sehr gefährlich ist. Das Landgericht meint aber, bei dem Angeklagten liege kein Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, da für ihn nicht eine so schwere Störung prognostiziert werden müsse, daû die Allgemeinheit vor ihm nur im Wege der Sicherungsverwahrung geschützt werden könne. Es sei nicht auszuschlieûen, daû der Angeklagte in der Lage sein werde, im Rahmen der Unterbringung seine positiven Charaktereigenschaften dauerhaft zu mobilisieren und in Zukunft bei genügend gefestigten Lebensstrukturen seinen Sexualtrieb ausreichend zu beherrschen. II. Die Begründung, mit der das Landgericht die materiellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung verneint, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Diese führen gleichwohl nicht zur Aufhebung des Urteils, weil die Anordnung von Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten im Ergebnis zu Recht unterblieben ist. 1. Unter Zugrundelegung der getroffenen Feststellungen ist die Wertung des Landgerichts zu § 63 StGB einerseits und § 66 StGB andererseits in sich
widersprüchlich. Die Kammer geht bei dem Angeklagten aufgrund der sexuellen Perversion von einem seine Schuldfähigkeit dauernd beeinträchtigenden Zustand aus und stellt fest, daû alle abgeurteilten Taten in seiner sexuellen Abnormität wurzeln, er daher auch in Zukunft für die Allgemeinheit sehr gefährlich ist. Mit dieser Beurteilung unvereinbar ist der dann gezogene Schluû, der Angeklagte weise keinen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten auf. Das Merkmal "Hang" im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen läût. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Entscheidend ist nur das Bestehen des verbrecherischen Hanges, nicht dessen Ursache, denn anders als bei dem die Gefährlichkeit begründenden Zustand im Sinne der §§ 63, 64 StGB beschreibt das Gesetz seine möglichen Ursachen nicht (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 1; BGH NStZ 1999, 502; BGHSt 24, 160, 161). Die hier abgeurteilten Anlaûtaten stellen sich ohne weiteres als symptomatisch für die verbrecherische Neigung des Angeklagten dar, da sich in ihnen ein Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 3 S. 1 StGB bereits hinreichend manifestiert hat. Auch die weitere Argumentation in dem angefochtenen Urteil begegnet rechtlichen Bedenken. Denn die Strafkammer stellt im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB auf eine - allenfalls mögliche, mehr erhoffte als erwartete - weitere positive Entwicklung des Angeklagten ab. Für die Beurteilung der Gefährlichkeit des Täters sind aber die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Urteilsfindung entscheidend (st.Rspr., BGHSt 24, 160, 164; BGH
NStZ-RR 1998, 206). Zwar können im Rahmen der Ermessensentscheidung (§ 66 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 StGB) auch solche Gesichtspunkte beachtlich sein, die sich auf den voraussichtlichen Zeitpunkt der Entlassung beziehen; die Gefährlichkeit eines Täters kann u.U. dann verneint werden, wenn schon bei Urteilsfindung mit Sicherheit angenommen werden kann, daû sie bei Ende des Vollzugs der Strafe nicht mehr bestehen wird. Die bloûe Möglichkeit künftiger Besserung oder die Hoffnung auf sich ändernde Lebensumstände können die Gefährlichkeit eines Täters jedoch nicht ausräumen (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 206; Urteil vom 7. November 2000 - 1 StR 377/00). Der Hangtäter ist für die Allgemeinheit gefährlich, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, daû er auch in Zukunft Straftaten begehen wird und diese eine erhebliche Störung des Rechtsfriedens darstellen. Diese Wahrscheinlichkeit ist regelmäûig schon gegeben, wenn die Eigenschaft als Hangtäter festgestellt ist. Nur wenn zwischen der letzten Hangtat und dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung neue Umstände eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten entfallen lassen, kann die Gefährlichkeit verneint werden; dabei müssen diese Umstände feststehen (BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1, 3 und 5 m.w.N.). Daû von dem Angeklagten zur Zeit der Urteilsfindung die Gefahr weiterer , den Anlaûtaten vergleichbarer Straftaten ausging, ergibt sich aus den Urteilsgründen zu Entstehung, Verlauf, Ausbruch und Weiterentwicklung der sexuellen Perversion des Angeklagten. Umstände, die die hieraus folgende Gefährlichkeitsprognose entkräften könnten, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Unerheblich ist bei der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 StGB, daû möglicherweise der Gefährlichkeit des Angeklagten auch durch eine Unterbringung nach § 63 StGB begegnet werden kann.
2. Unbeschadet der fehlerhaften Rechtsanwendung durch das Landgericht ist die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung im Ergebnis aber nicht zu beanstanden. Denn bei der hier gegebenen Konstellation ist im Hinblick auf § 72 StGB für die Verhängung von Sicherungsverwahrung kein Raum. Liegen sowohl die Voraussetzungen des § 63 StGB als auch des § 66 StGB vor, ist die kumulative Anordnung beider Maûregeln grundsätzlich möglich , da die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus gegenüber der Sicherungsverwahrung kein geringeres, sondern ein anderes Übel darstellt (st.Rspr., vgl. BGHSt 5, 312, 314; BGH NStZ 1998, 35). Unter Beachtung des Grundsatzes, daû der Sicherungsverwahrung als "letztes Mittel der Kriminalpolitik" in starkem Maûe ultima-ratio-Charakter zukommt (vgl. BGHSt 30, 220, 222; Gesetzentwurf der Bundesregierung zum SexualdelBekG vom 14. November 1997, BTDrucks. 13/8586, S. 8), wird eine Anordnung beider Maûregeln freilich nur ausnahmsweise erfolgen, sofern die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Erreichung des Maûregelzwecks - Abwehr der Gefährlichkeit des Täters - im Einzelfall nicht ausreicht und Gründe vorliegen , die ein Nebeneinander der beiden Maûregeln zweckmäûig erscheinen lassen. Ausschlaggebend für die Auswahl oder Häufung der Maûregeln sind dabei die besonderen Umstände des Einzelfalles (BGHSt 5, 315). Wenn - wie im vorliegenden Fall - der im Rahmen von § 66 StGB vorausgesetzte Hang ausschlieûlich auf einen psychischen Defekt zurückgeht, welcher gleichzeitig die erheblich verminderte Schuldfähigkeit begründet, ist die Unterbringung nach § 63 StGB vorrangig und deren alleinige Anordnung im Regelfall auch ausreichend (vgl. BGHR StGB § 63 Konkurrenzen 3; BGH NStZ 1998, 35; BGHSt 42, 306, 308). Da § 63 StGB das Bestehen von Heilungsaussichten nicht voraussetzt, sondern auch dem Schutz der Allgemeinheit vor
kranken und gefährlichen Tätern dient, gilt dies prinzipiell auch bei mangelnder oder zweifelhafter Therapierbarkeit des Angeklagten (vgl. BGH NStZ 1995, 588; 1998, 35). Daû die Unterbringung von schwer oder gar nicht therapiefähigen Sexualstraftätern im psychiatrischen Krankenhaus tatsächliche Schwierigkeiten in der Vollzugspraxis mit sich bringt (vgl. Gutachten der unabhängigen Expertenkommission vom 31. Januar 1996, MSchrkrim 1996, 147, 156 f.; Hanack in LK 11. Aufl. § 72 Rdn. 25), vermag an der rechtlichen Ausgangssituation nichts zu ändern. Abweichend von dem dargelegten Grundsatz kann sich ein Bedürfnis für die zusätzliche Anordnung der Sicherungsverwahrung neben der Unterbringung (§ 72 Abs. 2 StGB) ausnahmsweise dann ergeben, wenn im konkreten Fall zu besorgen ist, daû der von § 63 StGB vorausgesetzte Zustand des Täters - etwa nach erfolgreicher Therapie oder aus anderen Gründen - später entfällt, die Gefährlichkeit aufgrund eines weiterhin gegebenen Hanges aber gleichwohl fortbesteht. Denn bei Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen des § 63 StGB wäre diese Maûregel in analoger Anwendung des § 67c Abs. 2 S. 5 StGB für erledigt zu erklären, selbst wenn von dem Untergebrachten weiterhin Straftaten zu befürchten sind (vgl. BGHSt 42, 306, 310; OLG Hamm NStZ 1982, 300; OLG Karlsruhe MDR 1983, 151; OLG Frankfurt StV 1985,
117). Anhaltspunkte für eine derartige Konstellation sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Bei der hier gegebenen Sachlage ist auch nicht ersichtlich , daû weitere, in diese Richtung gehende Feststellungen zu treffen wären. Jähnke Detter Bode Otten Fischer
21
3. Das Landgericht hat durchaus gesehen, dass gemäß § 72 Abs. 2 StGB die kumulative Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und der Sicherungsverwahrung möglich ist, weil erstere gegenüber letzterer "kein geringeres, sondern ein anderes Übel" ist (st. Rspr., BGH, Beschluss vom 6. August 1997 - 2 StR 199/97, NStZ 1998, 35 mwN). Es hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hier ausreicht, um die Allgemeinheit dauerhaft vor weiteren, vom Angeklagten drohenden Straftaten zu schützen. Die Gefahrenabwehr ist der gemeinsame Zweck beider Maßregeln. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zielt auf Heilung des psychischen Zustandes ab, um diesen Zweck zu erreichen. Ihr kann gegenüber der Sicherungsverwahrung der Vorrang eingeräumt werden, wenn der Hang zu erheblichen Straftaten auf einen psychischen Defekt zurückzuführen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Sicherungsverwahrung ultima-ratio-Charakter zukommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. Rn. 112, NJW 2011, 1931, 1938).

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet worden, so kann das Gericht die untergebrachte Person nachträglich in den Vollzug der anderen Maßregel überweisen, wenn ihre Resozialisierung dadurch besser gefördert werden kann.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann das Gericht nachträglich auch eine Person, gegen die Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, in den Vollzug einer der in Absatz 1 genannten Maßregeln überweisen. Die Möglichkeit einer nachträglichen Überweisung besteht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen und die Überweisung zur Durchführung einer Heilbehandlung oder Entziehungskur angezeigt ist, auch bei einer Person, die sich noch im Strafvollzug befindet und deren Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten worden ist.

(3) Das Gericht kann eine Entscheidung nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben, wenn sich nachträglich ergibt, dass die Resozialisierung der untergebrachten Person dadurch besser gefördert werden kann. Eine Entscheidung nach Absatz 2 kann das Gericht ferner aufheben, wenn sich nachträglich ergibt, dass mit dem Vollzug der in Absatz 1 genannten Maßregeln kein Erfolg erzielt werden kann.

(4) Die Fristen für die Dauer der Unterbringung und die Überprüfung richten sich nach den Vorschriften, die für die im Urteil angeordnete Unterbringung gelten. Im Falle des Absatzes 2 Satz 2 hat das Gericht bis zum Beginn der Vollstreckung der Unterbringung jeweils spätestens vor Ablauf eines Jahres zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 2 vorliegen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Vor einer Therapieunterbringung hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung von zwei Gutachten stattzufinden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat. Höchstens einer der Sachverständigen kann aus dem Kreis der Personen bestellt werden, die im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig sind, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Die Sachverständigen sollen Ärzte für Psychiatrie sein; sie müssen Ärzte mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Die Sachverständigen haben den Betroffenen zur Erstellung der Gutachten unabhängig voneinander zu untersuchen oder zu befragen. Die Gutachten müssen Aussagen darüber enthalten, ob der Betroffene an einer psychischen Störung leidet und ob er infolge dieser Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Die Gutachten sollen auch Behandlungsvorschläge sowie Angaben zu deren zeitlicher Umsetzung beinhalten.

(1) Die Unterbringung endet spätestens mit Ablauf von 18 Monaten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Therapieunterbringung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend. Abweichend von § 9 Absatz 1 Satz 1 kann die Beweisaufnahme auf die Einholung eines Gutachtens beschränkt werden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat oder im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Als Sachverständiger soll nicht bestellt werden, wer den Betroffenen bereits mehr als ein Mal im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens nach diesem Gesetz begutachtet hat.

(1) Vor einer Therapieunterbringung hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung von zwei Gutachten stattzufinden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat. Höchstens einer der Sachverständigen kann aus dem Kreis der Personen bestellt werden, die im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig sind, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Die Sachverständigen sollen Ärzte für Psychiatrie sein; sie müssen Ärzte mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Die Sachverständigen haben den Betroffenen zur Erstellung der Gutachten unabhängig voneinander zu untersuchen oder zu befragen. Die Gutachten müssen Aussagen darüber enthalten, ob der Betroffene an einer psychischen Störung leidet und ob er infolge dieser Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Die Gutachten sollen auch Behandlungsvorschläge sowie Angaben zu deren zeitlicher Umsetzung beinhalten.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren und für die Dauer der Therapieunterbringung einen Rechtsanwalt beizuordnen. § 78c Absatz 1 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(2) Der beigeordnete Rechtsanwalt hat die Stellung eines Beistands. § 48 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung gilt entsprechend.

(3) Die Beiordnung ist auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts oder des Betroffenen nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens aufzuheben, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. Die Aufhebung der Beiordnung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Wird die Beiordnung während der Therapieunterbringung aufgehoben, so ist dem Betroffenen unverzüglich ein anderer Rechtsanwalt beizuordnen.

(4) Von der Beiordnung ausgenommen sind Vollzugsangelegenheiten.

(1) Das Gericht hat die Beteiligten anzuhören.

(2) Der Betroffene ist vor einer Therapieunterbringung persönlich anzuhören. Seine Anhörung soll nicht im Wege der Rechtshilfe erfolgen.

(3) Das Gericht kann den Betroffenen durch die zuständige untere Verwaltungsbehörde vorführen lassen, wenn er sich weigert, an Verfahrenshandlungen nach Absatz 2 mitzuwirken.

(4) Gewalt darf die Behörde nur anwenden, wenn das Gericht dies auf Grund einer ausdrücklichen Entscheidung angeordnet hat. Die zuständige untere Verwaltungsbehörde ist befugt, erforderlichenfalls um Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen.

(5) Die Wohnung des Betroffenen darf ohne dessen Einwilligung nur gewaltsam geöffnet, betreten und durchsucht werden, wenn das Gericht dies zu dessen Vorführung zur Anhörung ausdrücklich angeordnet hat. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung nach Satz 1 durch die zuständige untere Verwaltungsbehörde erfolgen. Durch diese Regelung wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes eingeschränkt.

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird.

(1) Das Gericht entscheidet über den Antrag in der Hauptsache erst nach Eintritt der Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung. Eine Entscheidung kann bereits zu einem früheren Zeitpunkt ergehen, wenn der Antrag aus anderen Gründen als wegen Fehlens der in Satz 1 vorausgesetzten Entscheidung abzuweisen ist.

(2) Die Beschlussformel hat den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Therapieunterbringung endet.

(3) Das Gericht kann die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen.

(1) Das Recht der Beschwerde steht dem Betroffenen, dem ihm beigeordneten Rechtsanwalt, der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde sowie dem Leiter der Einrichtung nach § 5 Absatz 1 Satz 3 zu, sofern er einen Antrag nach dieser Vorschrift gestellt hat.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen.

(3) Eine Übertragung der Entscheidung über die Beschwerde auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Unterbringung endet spätestens mit Ablauf von 18 Monaten, wenn sie nicht vorher verlängert wird.

(2) Für die Verlängerung der Therapieunterbringung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend. Abweichend von § 9 Absatz 1 Satz 1 kann die Beweisaufnahme auf die Einholung eines Gutachtens beschränkt werden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat oder im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Als Sachverständiger soll nicht bestellt werden, wer den Betroffenen bereits mehr als ein Mal im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens nach diesem Gesetz begutachtet hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

7
Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand. Zwar hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 3 StGB rechtsfehlerfrei bejaht, jedoch ist diese Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK nicht auf Taten anwendbar, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden sind.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Zur Ermessensausübung bei Anwendung der §§ 66b Abs. 1
Satz 2, 66 Abs. 2 StGB nach der Entscheidung EGMR
EuGRZ 2010, 25.
BGH, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 5 StR 60/10
LG Frankfurt (Oder) –
alt: 5 StR 21/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2010 beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. November 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben. Der Antrag auf nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird zurückgewiesen.
2. Der Unterbringungsbefehl des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. August 2008 wird aufgehoben. Der Verurteilte ist in dieser Sache unverzüglich auf freien Fuß zu setzen.
3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Rechtsmittelkosten und die notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.
4. Die Entscheidung über die Entschädigung des Verurteilten wegen der erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt dem Landgericht vorbehalten.
G r ü n d e
1
Landgericht Das Frankfurt (Oder) hat mit Urteil vom 12. November 2009 gegen den Beschwerdeführer (erneut) die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Verurteilten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts beanstandet. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
wiederholt, Der unter anderem wegen Sexualdelikten unterschiedlicher Art und Schwere auch gegen Kinder (vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 2009 – 5 StR 21/09 – Tz. 6 bis 11, insoweit in BGHR StGB § 66b Abs. 1 Satz 2 Voraussetzungen 2 nicht abgedruckt) vorbestrafte Verurteilte war durch Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 7. April 1997 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in acht Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden. Die Einzelstrafen für die Vergewaltigungsfälle betrugen jeweils vier Jahre und sechs Monate. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1992 und 1993 in Brandenburg wiederholt sexuelle Handlungen an seiner acht bzw. neun Jahre alten Stieftochter vorgenommen hatte. In 20 Fällen vollzog er – zumeist unter Mitwirkung seiner Ehefrau, die das Kind festhielt – den vaginalen Geschlechtsverkehr an dem Mädchen. Den in den ersten acht Fällen von der Geschädigten noch geleisteten Widerstand überwand er mit Gewalt.
3
Urteil Das wurde am 6. Januar 1998 hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs rechtskräftig, hinsichtlich der Frage der Anordnung einer Maßregel – zunächst war der Verurteilte im psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden, nach insoweit erfolgter Aufhebung durch den Bundesgerichtshof wurde eine Maßregel nicht erneut angeordnet – trat Rechtskraft am 8. Juli 1998 ein.
4
Die Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verbüßte der Verurteilte vollständig. Seit dem 15. August 2008 befindet er sich aufgrund Beschlusses des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. August 2008 im Vollzug der einstweiligen Unterbringung gemäß § 275a Abs. 5 StPO.
5
Mit Urteil vom 2. Oktober 2008 hatte das Landgericht Frankfurt (Oder) auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom 18. April 2008 gegen den Verurteilten gemäß § 66b Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 StGB nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Dieses Urteil hat der Senat durch Beschluss vom 25. März 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Grund für die Aufhebung war, dass – bei rechtsfehlerfreier Bejahung der formellen Voraussetzungen des § 66b Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 StGB – die Darlegungen des Landgerichts den gebotenen Anforderungen an die Gefährlichkeitsprognose nicht gerecht wurden.
6
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht nunmehr erneut die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

II.


7
Die Revision des Verurteilten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung des Antrags der Staatsanwaltschaft auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung.
8
1. Das Landgericht hat die sachlichen Voraussetzungen des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB – im Ansatz rechtsfehlerfrei – bejaht. Nach dieser am 18. April 2007 in Kraft getretenen Bestimmung kann die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auch dann nachträglich angeordnet werden, wenn die vom Verurteilten ausgehende Gefahr bereits im Zeitpunkt der Verurteilung erkennbar war, die Sicherungsverwahrung aber aus rechtlichen Gründen nicht verhängt werden konnte. Gegen den Verurteilten konnte aus rechtlichen Gründen bei der Verurteilung am 7. April 1997 nicht auf Sicherungsverwahrung erkannt werden. Die Vorschrift des § 66 StGB war damals auf – wie hier – im Beitrittsgebiet begangene Taten nicht anwendbar (Art. 1a Abs. 1 EGStGB a.F., eingefügt durch Anlage 1 Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt II Nr. 1a des Einigungsvertrages, BGBl II 1990 S. 954).
9
2. § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB ist grundsätzlich auf Taten anwendbar, die vor seinem Inkrafttreten – mithin vor dem 18. April 2007 – begangen worden sind, und ausschließlich auf Straftaten, bei deren Aburteilung die Verhängung von Sicherungsverwahrung aus Rechtsgründen ausgeschlossen war. Die Sicherungsverwahrung rechnet zu den Maßregeln der Besserung und Sicherung (§ 61 Nr. 3 StGB), für die nach § 2 Abs. 6 StGB das zum Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht maßgebend ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 6 StGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 MRK. Letzterer kann im Geltungsbereich von § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB nicht als abweichende gesetzliche Bestimmung gemäß § 2 Abs. 6 StGB angesehen werden.
10
a) Die Europäische Menschenrechtskonvention wurde als völkerrechtlicher Vertrag durch den Bundesgesetzgeber in das deutsche Recht transformiert. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung kommt den Regelungen der Konvention der Rang einfachen Bundesrechts zu. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist bei der Interpretation des nationalen Rechts im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfGE 111, 307, 317). Dabei sind die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen, weil sie den aktuellen Entwicklungsstand der Konvention widerspiegeln (BVerfG aaO S. 319).
11
b) Nach dem Urteil der Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Fünfte Sektion) in der Rechtsache M. gegen Bundesrepublik Deutschland (Individualbeschwerde Nr. 19359/04) vom 17. Dezember 2009 (EuGRZ 2010, 25) ist die Sicherungsverwahrung – ungeachtet ihrer Einordnung im deutschen Recht als Maßregel der Besserung und Sicherung – im Sinne der MRK als Strafe zu qualifizieren, für die das Rückwirkungsverbot des Art. 7 Abs. 1 MRK gilt (Rdn. 124 bis 133). Der Europäische Gerichts- hof für Menschenrechte hat dies unter anderem damit begründet, dass die Sicherungsverwahrung wie eine Freiheitsstrafe mit Freiheitsentziehung verbunden sei und es in der Bundesrepublik Deutschland keine wesentlichen Unterschiede zwischen dem Vollzug einer Freiheitsstrafe und dem der Sicherungsverwahrung gebe (Rdn. 127 bis 130). Er hat daher im entschiedenen Fall die Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von Schadensersatz an den Beschwerdeführer verurteilt, da die Anwendung des § 67d StGB in der Fassung vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 160), in welchem die Höchstfrist der Sicherungsverwahrung für Erstverwahrte von zehn Jahren in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. teilweise aufgehoben worden war, auf Altfälle gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK verstoße (Rdn. 135 ff.). Diese Entscheidung ist endgültig, nachdem der Antrag der Bundesregierung auf Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer am 10. Mai 2010 abgelehnt worden ist (Art. 43 Abs. 2, Art. 44 Abs. 2 lit. c MRK).
12
c) Unmittelbar betroffen von der genannten Entscheidung ist nur die rückwirkende Geltung von § 67d StGB. Allerdings stellt die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB in ihren rechtlichen Voraussetzungen allein auf Straftaten ab, die bereits vor dem Inkrafttreten der Norm begangen wurden. Die durch den Gerichtshof gegen die Anordnung der Rückwirkung angeführten Argumente sind auf die § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB zugrundeliegenden Fallkonstellationen übertragbar (vgl. auch Kinzig NStZ 2010, 233, 239; Müller StV 2010, 207, 211 f.; Eisenberg NJW 2010, 1507, 1509; Laue JR 2010, 198, 202 f.; Peglau jurisPR-StrafR 1/2010 Anm. 2). Es muss davon ausgegangen werden, dass der Gerichtshof einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 MRK auch insoweit annehmen würde.
13
d) Beanstandet eine Entscheidung des Gerichtshofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus strukturelle Mängel des nationalen Rechts, so gebietet die Verpflichtung der innerstaatlichen Beachtung der MRK – ungeachtet deren nach Art. 46 MRK auf den Einzelfall beschränkten Bindungswir- kung – eine konventionskonforme Ausgestaltung des nationalen Rechts (Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. MRK Verfahren Rdn. 77b). Auch ohne eine dem § 31 Abs. 1 BVerfGG vergleichbare Vorschrift, wonach alle Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden sind, gehört zur Bindung an Gesetz und Recht, dass Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in ihrer Ausformung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG aaO S. 323). Die Rangzuweisung der Europäischen Menschenrechtskonvention als einfaches Bundesrecht führt dazu, dass deutsche Gerichte die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (BVerfG aaO). Solange Auslegungs- und Abwägungsspielräume eröffnet sind, trifft sie die Pflicht, der konventionsgemäßen Auslegung den Vorrang zu geben. Anderes gilt allerdings dann, wenn die Beachtung der Entscheidung des Gerichtshofs eindeutig entgegenstehendes Gesetzesrecht verletzen würde (BVerfG aaO S. 329); die Zulässigkeit konventionskonformer Auslegung endet aus Gründen der Gesetzesbindung der Gerichte dort, wo der gegenteilige Wille des nationalen Gesetzgebers hinreichend deutlich erkennbar wird (Giegerich in Grote/Marauhn [Hrsg.], EMRK/GG Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz 2006 Kap. 2 Rdn. 20).
14
e) Nach diesen Grundsätzen kann in den Fällen des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB das Rückwirkungsverbot gemäß Art. 7 Abs. 1 MRK nicht als abweichende gesetzliche Bestimmung nach § 2 Abs. 6 StGB angesehen werden. Eine Interpretation in diesem Sinne würde zur unmittelbaren Kollision der betroffenen Vorschriften führen und im Ergebnis auf eine vollständige Verwerfung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB hinauslaufen. Anders als bei den übrigen Regelungen des § 66b StGB würde § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB jeglicher Anwendungsbereich genommen, wenn auf die Geltung der Norm im Zeitpunkt der Begehung der Anlasstat abgestellt werden müsste.
15
Einer Anwendung des Art. 7 Abs. 1 MRK als abweichende Regelung nach § 2 Abs. 6 StGB stehen der Gesetzeswortlaut des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB sowie der eindeutige Wille des Gesetzgebers entgegen. Die Vorschrift wurde als „Altfallregelung“ geschaffen. Ausdrücklich sollte gewährleistet werden , „dass bei der Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung als neu auch solche Tatsachen berücksichtigt werden können, die das Tatgericht aus rechtlichen Gründen bei seiner Entscheidung nicht verwerten durfte“ (BTDrucks. 16/4740 S. 23). In die Prüfung sollen Tatsachen einbezogen werden, „die im Zeitpunkt der Verurteilung bereits erkennbar oder sogar bekannt waren“ (BTDrucks. aaO). Beispielhaft verweisen die Gesetzesmaterialen auf die vorliegende Fallgestaltung, in der aufgrund der damals gültigen Fassung des Art. 1a EGStGB bei Aburteilung im Beitrittsgebiet begangener Anlasstaten Sicherungsverwahrung nicht angeordnet werden konnte (BTDrucks. aaO S. 22). Raum für eine Anwendung des Art. 7 Abs. 1 MRK ist in diesem Rahmen nicht eröffnet, weil § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB ausdrücklich und ausschließlich für Altfälle gilt.
16
f) Entscheidungen anderer Senate des Bundesgerichtshofs stehen der Rechtsauffassung des Senats nicht entgegen. Die Frage, ob § 2 Abs. 6 StGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 MRK einer Anwendung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB widerstreitet, ist – soweit ersichtlich – vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden. Der 4. Strafsenat hat in seinem Beschluss vom 12. Mai 2010 – 4 StR 577/09 – zur Frage der Anwendung von § 66b Abs. 3 StGB auf Altfälle Stellung genommen. Soweit er die Auffassung vertreten hat, dass § 2 Abs. 6 StGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 MRK der Anwendung des § 66b Abs. 3 StGB in Altfällen zuwiderlaufe, handelt es sich nicht um einen Fall von Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 GVG. Im Gegensatz zur Regelung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB verbleibt für § 66b Abs. 3 StGB bei der vom 4. Strafsenat vertretenen Auffassung ein Anwendungsbereich in den Fällen, in denen die Anlassverurteilung nach Inkrafttreten der Norm erfolgte ; die Norm erschöpft sich nicht in einer Geltung für Altfälle. Der Senat muss deshalb nicht entscheiden, ob er sich in Bezug auf § 66b Abs. 3 StGB der Rechtsauffassung des 4. Strafsenats anschließen würde.
17
3. Angesichts der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hält indes die Ermessensausübung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht Stand. In allen Fällen des § 66b StGB trifft das Tatgericht eine Ermessensentscheidung, im Rahmen derer der Vertrauensschutz des Verurteilten sowie sein Freiheitsrecht gegen das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit abzuwägen sind. Bei der Anwendung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB haben die Strafgerichte darüber hinaus im Blick zu behalten , dass der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es gebieten kann, über die gesetzlichen Beschränkungen des Anwendungsbereichs der Norm hinaus auf die mit erheblichen Eingriffen in die Freiheitsrechte des Betroffenen verbundene nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu verzichten, wenn eine Gesamtabwägung im Einzelfall ein Überwiegen der Freiheitsrechte gegenüber den Allgemeininteressen ergibt (BVerfG – Kammer – NJW 2009, 980, 982).
18
a) Nach den dargestellten Grundsätzen sind in die Ermessensausübung auch die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in ihrer Ausformung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einzubeziehen. In die Abwägung muss die vom Gerichtshof geforderte konventionsgemäße Gewichtung einfließen (Gollwitzer aaO Rdn. 77a), um eine konforme Anwendung der in Frage stehenden Norm zu gewährleisten. Die Ausführungen des Gerichtshofs zur Vereinbarkeit mit Art. 7 Abs. 1 MRK streiten in diesem Rahmen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gewichtig zugunsten des Verurteilten.
19
b) Gleiches gilt für die Erwägungen des Gerichtshofs zu der ebenfalls angenommenen Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 MRK, mithin des Freiheitsrechts des Verurteilten. Diesbezüglich hält der Gerichtshof in der genannten Entscheidung die Freiheitsentziehung über die ursprünglich für die Sicherungsverwahrung geltende Zehnjahresfrist hinaus für nicht nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a MRK gerechtfertigt. Ein ausreichender Kausalzusammenhang zwischen der Verurteilung des Beschwerdeführers und seinem fortdauernden Freiheitsentzug liege nicht vor. Eine Rechtfertigung der Freiheitsentziehung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. c MRK komme ebenfalls nicht in Betracht , da die Gefahr weiterer schwerer Straftaten nicht konkret und spezifisch genug sei.
20
Diese vom Gerichtshof für § 67d StGB aufgezeigten Bedenken sind ebenfalls auf die Regelung des § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB zu übertragen. Danach beruht die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht auf einer „Verurteilung" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. a MRK. Denn diese setzt die Schuldfeststellung wegen einer Straftat und die Auferlegung einer Strafe oder einer anderen freiheitsentziehenden Maßnahme voraus (EuGRZ aaO Rdn. 87, 95). Die Entscheidung über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung enthält indes keine Schuldfeststellung. Auf die Anlassverurteilung kann hier nicht abgestellt werden, weil – unter Zugrundelegung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertretenen Grundsätze (aaO Rdn. 100) – ein hinreichender kausaler Zusammenhang zwischen ihr und der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht besteht. Die Verurteilung des Beschwerdeführers im Jahr 1997 bedeutete, dass er nach spätestens zwölf Jahren aus der Haft zu entlassen sein würde, und zwar unabhängig von einer bei der Entlassung bestehenden Gefährlichkeit. Ohne die nachträgliche Einführung des § 66b StGB hätte er nicht in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden können; seine Unterbringung wurde nur durch die nachfolgende Gesetzesänderung im Jahre 2007 möglich und geschah aufgrund eines neuen gerichtlichen Erkenntnisses.
21
4. Vor diesem Hintergrund ist bei konventionskonformer Ermessensausübung von einem grundsätzlichen Überwiegen des Freiheitsrechtes und des Vertrauensschutzes des Beschwerdeführers auszugehen.
22
a) Ungeachtet der Frage, ob § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB insgesamt mit dem im Lichte der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention auszulegenden (vgl. dazu BVerfGE 74, 102, 128 m.w.N.; BVerfG – Kammer – EuGRZ 2004, 317, 318) Vertrauensgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 GG) vereinbar ist (vgl. dazu auch BGH NJW 2010, 1539, 1542 f.), kann die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung auf der Grundlage dieser Vorschrift allenfalls bei höchstgefährlichen Verurteilten in Betracht kommen, bei denen sich die Gefahrenprognose aus konkreten Umständen in der Person oder ihrem Verhalten ableiten lässt. Nur dann erscheint denkbar, dass nach der aus der Entscheidung des Gerichtshofs (EuGRZ 2010, 25) folgenden Rechtsauffassung der Eingriff in das Freiheitsrecht des Verurteilten unter Berücksichtigung seines auf höchster Stufe schutzwürdigen Vertrauens in die Unabänderbarkeit der in der Anlassverurteilung verhängten Rechtsfolge einerseits und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit andererseits im Rahmen einer zu seinen Lasten getroffenen Abwägungsentscheidung gerechtfertigt ist.
23
b) Ein derart schwerwiegendes, sich in konkreten Anhaltspunkten manifestierendes Gefährdungspotential belegen die Feststellungen des Landgerichts nicht.
24
Sachverständig beraten ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt , dass der 67 Jahre alte und aufgrund eines Schlaganfalls im Jahr 2001 in seiner Beweglichkeit eingeschränkte Verurteilte wegen eines Hanges zur Begehung erheblicher Sexualstraftaten gefährlich ist. Beim Verurteilten handele es sich um eine dissoziale Persönlichkeit, deren Lebensweg auch mangels eines inneren Wertesystems von starker Egozentrik in der Wahrnehmung seiner persönlichen, insbesondere sexuellen Bedürfnisse geprägt sei. Die massive Verleugnung sowie die damit einhergehende mangelnde therapeutische Aufarbeitung der von ihm begangenen Straftaten verhinderten eine selbstkritische Auseinandersetzung mit seiner Persönlichkeit sowie den Aufbau eines von Empathie getragenen Wertesystems. Da sich die Persönlich- keitsstruktur auch in der nunmehr seit über 13 Jahren andauernden Haftzeit trotz überwiegend guter Führung nicht geändert habe, bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Verurteilte im Falle seiner Entlassung aus der Haft auch künftig Sexualstraftaten – gegebenenfalls erneut unter der enthemmenden Wirkung von Alkohol – aus dem gesamten Spektrum der seit dem 20. Lebensjahr von ihm begangenen Taten begehen werde.
25
Damit hat das Landgericht die fortbestehende Gefährlichkeit des Verurteilten im Ergebnis aus der dissozialen Prägung seiner Persönlichkeit und seines Lebensweges abgeleitet, die sich in den von ihm begangenen Straftaten niedergeschlagen hat, verbunden mit dem Umstand, dass er nie zu einer therapeutischen Aufarbeitung seiner Straftaten bereit war. Hinreichend konkrete Hinweise auf die Begehung künftiger Straftaten von höchster Schwere hat das Landgericht demgegenüber nicht festgestellt. Diese sind indes auf der Grundlage der – nach dem angefochtenen Urteil ergangenen – Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedenfalls erforderlich , um die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 1 Satz 2 StGB rechtfertigen zu können.
26
c) Nachdem das Landgericht bereits nach der Zurückverweisung der Sache durch den Senat mit Beschluss vom 25. März 2009 ergänzende Feststellungen zum Beleg der Gefahrenprognose getroffen hat, schließt der Senat aus, dass noch weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die eine auf hinreichend konkreten Anhaltspunkten basierende Gefahrenprognose in der Person des Verurteilten begründen. Er hat wegen der aus Rechtsgründen eingetretenen Ermessensreduzierung von einer Zurückverweisung der Sache abgesehen.
27
5. Die Maßregelanordnung war demzufolge aufzuheben und der Antrag der Staatsanwaltschaft in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO zurückzuweisen. Der Verurteilte ist unverzüglich auf freien Fuß zu setzen.
28
6. Die Entscheidung über die Entschädigung des Beschwerdeführers wegen der seit Ende der Strafhaft erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen bleibt wegen der größeren Sachnähe dem Landgericht vorbehalten.
Brause Sander Schneider König Bellay

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben.

(2) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maßgabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für die Entscheidung über die vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnahme.

(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen ein. Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden, müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden. Die Gutachter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des Vollzugs der Unterbringung nicht mit der Behandlung des Verurteilten befasst gewesen sein.

(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden.

(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird, so kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des § 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und 126a Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1.
wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,
2.
unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und
3.
räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

(2) Einrichtungen im Sinne des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches sind ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllen.

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1.
sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und
2.
die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.