Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 05. Juni 2015 - 10 Sa 67/15
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 27.11.2014, Az. 4 Ca 1218/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Zahlung einer Karenzentschädigung.
3Die Beklagte ist ein Unternehmen der Kühl- und Gefriertechnik und Lieferant für steckerfertige Kühlgeräte. Von verschiedenen Herstellern werden weltweit in Lizenz für die Beklagte Produkte gebaut, die die Beklagte unter dem Markennamen „F“ international vertreibt. An ihrem Betriebssitz in F1 beschäftigt die Beklagte ca. 15 Mitarbeiter.
4Die Klägerin war bei der Beklagten vom 26.05.2008 bis zum 31.12.2013 aufgrund Anstellungsvertrages vom 20.05.2008 (Bl. 12 ff. d.A.) als Industriekauffrau beschäftigt. Der Arbeitsvertrag, der von Rechtsanwälten der Beklagten ausgearbeitet worden ist, enthält unter anderem folgende Regelungen:
5§ 10 Wettbewerbsverbot
6(1) Der Mitarbeiterin ist es untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Vertrages in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Firma in direktem und indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es der Mitarbeiterin untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten von mit der Firma verbundenen Unternehmen.
7(2) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot hat die Mitarbeiterin eine Vertragsstrafe in Höhe von € 10.000,00 zu zahlen. Im Fall eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens bleibt vorbehalten.
8(3) Das Wettbewerbsverbot gilt auch mit einem Rechtsnachfolger des Betriebes, insbesondere geht es bei einer Veräußerung auf den Erwerber über. Der Arbeitnehmer ist mit dem Übergang der Rechte aus dieser Vereinbarung auf den Rechtsnachfolger einverstanden.
9(4) Das Wettbewerbsverbot tritt nicht in Kraft, wenn die Mitarbeiterin bei ihrem Ausscheiden das 65. Lebensjahr vollendet oder das Arbeitsverhältnis weniger als ein Jahr bestanden hat.
10(5) Die Mitarbeiterin hat von der Gesellschaft eine vollständige Abschrift dieser Vereinbarung erhalten.
11§ 11 Geheimhaltung
12Die Mitarbeiterin ist verpflichtet, gegenüber Dritten über alle Angelegenheiten der Gesellschaft und ihren Beteiligungsgesellschaften strengstes Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung besteht auch nach dem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft. Sollte die Mitarbeiterin gegen ihre Geheimhaltungspflicht verstoßen, hat die Gesellschaft gegen die Mitarbeiterin auf Ersatz des dadurch entstehenden Schadens.
13……….
14§ 14 Nebenbestimmungen
15(1) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages einschließlich dieser Bestimmung selbst sind nur wirksam, wenn sie schriftlich abgeschlossen oder schriftlich wechselseitig be-stätigt worden sind.
16(2) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
17Mit Zusatzvereinbarung vom 12.08.2008 (Bl.19 d.A.) vereinbarten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin sowie, dass sich ihr Hauptaufgabenbereich voraussichtlich auf telefonische Aquise (ca. 50%), Telefondienst und Logistik verlagern wird. Die Klägerin bezog zuletzt eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung i.H.v. 1.209,38 €. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete durch eine ordentliche Kündigung der Klägerin vom 11.11.2013 zum 31.12.2013.
18Mit Schreiben vom 25.03.2014 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Karenzentschädigung zunächst für die Monate Januar und Februar 2014 geltend. Mit Schreiben vom 31.03.2014 (Bl. 24 d.A.) und 09.04.2014 (Bl. 25 d.A.) wies die Beklagte den Anspruch der Klägerin zurück mit der Begründung, dass das vereinbarte Wettbewerbsverbot nichtig sei, da zwischen den Parteien keine Karenzentschädigung vereinbart worden sei.
19Zwischen dem 01.01.2014 und dem 31.07.2014 erzielte die Klägerin kein anrechenbares Einkommen. Das von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld gemäß ihrer Aufstellung (Bl. 10 d.A.) sowie die ab dem 01.06.2014 erzielten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erreichen nicht die Grenze von 110% der zuletzt vertragsgemäß bezogenen Vergütung.
20Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Parteien unter § 10 des Arbeitsvertrages wirksam ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot i.S.d. §§ 74 ff. HGB gegen Zahlung einer Karenzentschädigung vereinbart hätten. Durch den von der Beklagten vorformulierten und gestellten, von beiden Parteien unterschriebenen und der Klägerin ausgehändigten Arbeitsvertrag werde dem Schriftformerfordernis des § 74 Abs. 2 HGB Genüge getan. Die fehlende Vereinbarung einer Karenzentschädigung führe entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Unwirksamkeit der Wettbewerbsvereinbarung. Vielmehr sei aufgrund der in § 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages enthaltenen salvatorischen Klausel die Wettbewerbsvereinbarung zu ergänzen um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe. Dies entspreche am ehesten dem, was - im Falle der Unwirksamkeit bzw. Unvollständigkeit der Regelung - die Beklagten wollte bzw. nach Sinn und Zweck des Vertrages gewollt hätte. Dass die Beklagte nicht davon ausgegangen sei, dass es sich lediglich um eine unverbindliche Verschwiegenheitserklärung handele, ergebe sich auch aus einer Gesamtschau der Regelungen zum Wettbewerbsverbot. § 11 des Arbeitsvertrages statuiere ausdrücklich eine Geheimhaltungspflicht, was erkennen lasse, dass der Beklagten der Unterschied zwischen Verschwiegenheitsklausel und Wettbewerbsverbot durchaus bewusst gewesen sei. Auch die Vereinbarung der hohen Vertragsstrafe unter § 10 Abs. 2 lasse erkennen, dass die Unterbindung nachvertraglichen Wettbewerbs für die Beklagte eine große Bedeutung hatte.
21Dieses Ergebnis ergebe sich auch aus anderen Erwägungen: Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. §§ 305 ff. BGB, die gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen seien. Sei der Vertragswortlaut nicht eindeutig, so komme es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen sei. Der Vertragszweck sei nur insoweit mit einzubeziehen, als er auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gerichtet sei. Bei der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung sei im Zweifel davon auszugehen, dass der Arbeitgeber eine wirksame Wettbewerbsvereinbarung treffen und sich rechtmäßig verhalten wolle und deshalb – wenn er die Unwirksamkeit der Regelung bedacht hätte – eine Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe nach § 74 Abs. 2 HGB vereinbart hätte. Verbleibende Auslegungszweifel gingen zu Lasten der Beklagten als Verwenderin. Es sei auch angemessen, die Arbeitgeberin für die von ihr geschaffene Gefahr, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot für wirksam halte und daher eine anderweitige Tätigkeit im Wirtschaftszweig des Arbeitgebers unterlasse, haften zu lassen.
22Schließlich rechtfertige auch die Tätigkeit der Klägerin die Annahme, dass ein verbindliches Wettbewerbsverbot gewollt war. Die Beklagte betreibe ein reines Großhandelsunternehmen und generiere damit ein erhebliches Umsatzvolumen, und zwar ausschließlich auf der Grundlage der Kenntnisse von Bezugsquellen, Bezugs- und Verkaufspreisen sowie Lieferanten- und Kundendaten, die somit einen erheblichen Wert für die Beklagte darstellen. Die Klägerin habe aufgrund ihrer Tätigkeit Zugang zu diesen Daten gehabt. Die Verwertung dieser Daten habe durch die Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots unterbunden werden sollen. Andernfalls habe es der Regelung unter § 10 des Vertrages neben der Verschwiegenheitsverpflichtung gemäß § 11 nicht bedurft. Welchen hohen wirtschaftlichen Wert dies für die Beklagte hatte, sei an der Höhe der unter § 10 Abs. 2 geregelten Vertragsstrafe erkennbar.
23Die Klägerin habe sich – unstreitig - aufgrund des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots jeglicher Wettbewerbshandlungen enthalten. Wie sich den Schreiben vom 31.03. sowie 09.04.2014 entnehmen lasse, habe die Beklagte außergerichtlich nicht auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verzichtet. Der Klägerin stehe deshalb eine Karenzentschädigung i.H.v. 50% der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Vergütung, mithin 604,69 € monatlich zu.
24Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
25- 26
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Januar 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen;
- 28
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Februar 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2014 zu zahlen;
- 30
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat März 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen;
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4. die Beklagte wird verurteilen, an die Klägerin für den Monat April 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 zu zahlen;
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5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Mai 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2014 zu zahlen;
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6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juni 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen;
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7. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat Juli 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen;
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8. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat August 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen;
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9. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Monat September 2014 eine Karenzentschädigung in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen;
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10. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine zukünftige Karenzentschädigung monatlich wiederkehrend ab dem 31.10.2014 bis zum 31.12.2015 in Höhe von 604,69 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zum jeweils Monatsletzten zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
45die Klage abzuweisen.
46Die Beklagte hält das zwischen den Parteien unter § 10 des Arbeitsvertrages geregelte Wettbewerbsverbot aufgrund der fehlenden Zusage einer Karenzentschädigung für nichtig. Auf die Nichtigkeit könnten sich sowohl der Arbeitgeber, als auch der Arbeitnehmer berufen. Die Nichtigkeit könne auch nicht über die salvatorische Klausel überwunden werden, denn dem stehe schon das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 1 des Arbeitsvertrages, § 74 HGB entgegen. Es fehle auch an einer wirksamen schriftlichen Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB. Ferner sei zu berücksichtigen, dass § 74 HGB ausdrücklich zwischen verbindlichen und unverbindlichen Wettbewerbsverboten unterscheide. Würde jede Wettbewerbsvereinbarung auch ohne Vereinbarung einer Karenzentschädigung im Ergebnis zu der Verpflichtung führen, dennoch eine Entschädigung zu zahlen, so wäre diese Unterscheidung überflüssig.
47Auch eine Auslegung unter Berücksichtigung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten führe nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Karenzentschädigung. Die Formulierung in § 14 des Arbeitsvertrages ergebe vielmehr den - laienhaften, wenn auch rechtlich nicht haltbaren - Willen der Beklagten, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Zahlungsverpflichtung zu vereinbaren. Hätten die Parteien die Nichtigkeit vorausgesehen, so hätten sie keinesfalls ein wirksames Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung in den Arbeitsvertrag aufgenommen. Das folge auch daraus, dass die Klägerin lediglich mit der internen Organisation und damit nicht mit einer so bedeutsamen Tätigkeit bei der Beklagten beschäftigt war, dass anzunehmen sei, die Beklagte habe im Zweifel ein verbindliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung vereinbaren wollen. Vor diesem Hintergrund erscheine es missbräuchlich, wenn der Arbeitnehmer sich auf eine Karenzentschädigung berufe. Zudem habe die Beklagte die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie nicht auf der Einhaltung des Wettbewerbsverbots bestehe; auch aus diesem Grund sei das Verlangen einer Karenzentschädigung rechtsmissbräuchlich.
48Mit Urteil vom 27.11.2014, der Beklagten zugestellt am 16.12.2014, hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart worden sei. Zwar enthalte § 10 des Arbeitsvertrages keine Zusage einer Karenzentschädigung, was regelmäßig zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots führe. Aufgrund der Ersetzungsklausel unter § 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages werde das nichtige Wettbewerbsverbot jedoch durch ein Wirksames ersetzt, ergänzt um eine Karenzentschädigung in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klausel dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliege. Jedenfalls folge aus der Klausel die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche. Die Vereinbarung einer salvatorischen Erhaltensklausel führe zu einer Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast auf die Beklagte, die hätte darlegen müssen, dass sie bei Kenntnis von der Nichtigkeit des in § 10 vereinbarten Wettbewerbsverbots kein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart hätte. Dies habe sie nicht getan. Auch aus dem weiteren Inhalt des Arbeitsvertrages folge nicht der Wille der Beklagten, in § 10 lediglich eine einseitige Auflage ohne Zahlungsverpflichtung zu vereinbaren. Gegen diese Auslegung spreche sowohl die Höhe der unter § 10 Abs. 2 vereinbarten Vertragsstrafe, als auch die explizite Regelung einer Geheimhaltungspflicht unter § 11 des Vertrages, die erkennen lasse, dass die Klägerin durchaus über bedeutsame Kenntnisse von Betriebsinterna und Kundendaten verfügte. Die Beklagte habe schließlich auch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht wirksam auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verzichtet.
49Gegen das stattgebende Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 12.01.2015, die sie am selben Tag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass ein Wettbewerbsverbot, das entgegen § 74 HGB keine Karenzentschädigung vorsehe, nichtig sei. Fehlerhaft sei das Arbeitsgericht hingegen davon ausgegangen, dass sich über die salvatorische Klausel in § 14 des Arbeitsvertrages das Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe aufrecht erhalten lasse. Die Beklagte wiederholt insoweit ihre erstinstanzliche Argumentation. Zudem habe das Arbeitsgericht nicht ausreichend gewürdigt, dass die Beklagte in ihren Schreiben aus März und April 2014 auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes verzichtet habe, indem sie auf die Nichtigkeit der Vereinbarung hingewiesen habe.
50Die Beklagte hat beantragt,
51das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 16.12.2014, Az. 4 Ca 1218/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.
52Die Klägerin hat beantragt,
53die Berufung zurückzuweisen.
54Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Argumentation der Beklagten, dass die gesetzliche Unterscheidung zwischen verbindlichem und unverbindlichem Wettbewerbsverbot überflüssig sei, wenn die fehlende Zusage einer Karenzentschädigung über eine salvatorische Klausel überwunden werden könne, verfange nicht. Denn es seien eine Fülle von Fällen denkbar, in denen die Unterscheidung zwischen verbindlichem und unverbindlichem Wettbewerbsverbot durchaus zum Tragen komme, so z.B. wenn ohne gleichzeitige Vereinbarung einer salvatorischen Klausel die Zahlung einer Karenzentschädigung nicht vereinbart worden sei. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Unverbindlichkeit eines entschädigungslos vereinbarten Wettbewerbsverbots zum Schutze des Arbeitnehmers und nicht zugunsten des Arbeitgebers aufgenommen habe. Schließlich sei bei der Auslegung der Wettbewerbsvereinbarung auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen, nach der davon auszugehen sei, dass der Arbeitgeber regelmäßig ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren wolle, denn grundsätzlich sei nicht denkbar, dass der Arbeitgeber ein Interesse an der Unwirksamkeit einer von ihm selbst initiierten Regelung habe. Die lediglich pauschale Behauptung der Beklagten, dass die Parteien nur eine unverbindliche Regelung treffen wollten, sei unhaltbar.
55Unerheblich sei, ob die Beklagte mit ihrer Erklärung vom 31.03.2014 auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verzichtet habe, denn ein nachvertraglicher Verzicht sei für den Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung rechtlich bedeutungslos.
56Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die ausweislich der Sitzungsprotokolle abgegebenen Erklärungen und erteilten rechtlichen Hinweise ergänzend Bezug genommen.
57Entscheidungsgründe
58I. Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 12.01.2015 gegen das am 16.12.2014 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie wurde auch innerhalb der verlängerten Frist des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 i.V.m. 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 13.03.2015 begründet und ist damit insgesamt zulässig.
59II. Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2015 in der geltend gemachten Höhe.
601. Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot.
61a) Die Parteien haben unter § 10 des Arbeitsvertrages ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Die Vereinbarung enthält keine Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung i.S.v. § 74 Abs. 2 HGB, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, (s. zuletzt BAG, Urteil vom 15. Januar 2014 – 10 AZR 243/13 –, BAGE 147, 128-137, Rn. 14; s. auch Urteile vom 28. Juni 2006 - 10 AZR 407/05 - Rn. 11 mwN; vom 18. Januar 2000 – 9 AZR 929/98 –, Rn. 12, juris; vgl. auch vgl. ErfK./Oetker 14. Aufl. § 74 HGB Rn. 18), regelmäßig zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots führt. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich – wie vorliegend - in der Bestimmung kein Anhaltspunkt für die Zusage einer Karenzentschädigung findet, indem es entweder heißt, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (vgl. so bei BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14) oder aber, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.; dazu auch Diller, „Nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Entschädigungszusage? NZA 2014, 1184 ff. ). § 10 des Arbeitsvertrages enthält lediglich die Verpflichtung der Klägerin, nachvertraglichen Wettbewerb zu unterlassen und im Falle jeder Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen, nicht hingegen Anhaltspunkte für eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Karenzentschädigung.
62b) Das nichtige Wettbewerbsverbot in § 10 des Arbeitsvertrages wird jedoch gemäß § 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages durch ein Wirksames ersetzt, indem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird.
63Die salvatorische Klausel unter § 14 Abs. 2 S. 2 des Arbeitsvertrages beinhaltet sowohl eine Erhaltungs-, als auch eine Ersetzungsklausel (vgl. zur Unterscheidung z.B. BGH, Urteil vom 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 ff., Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage 2012, § 139 BGB Rn. 8), indem es im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nach seinem Satz 1 vorsieht, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird und gemäß Satz 2 anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart gilt, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien Gewollten am ehesten entspricht. Das ist vorliegend die Ergänzung des Wettbewerbsverbots gemäß § 10 des Arbeitsvertrages um die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Mindesthöhe.
64aa) Die Beklagte ist an die salvatorische Klausel gebunden. Insoweit kann dahingestellt blieben, ob es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um einen individuell ausgehandelten Vertrag handelt, in dessen Rahmen salvatorische Klauseln ohne weiteres zulässig sind (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601), oder aber um einen Formulararbeitsvertrag, in dessen Rahmen die Verwendung salvatorischer Klauseln problematisch ist (vgl. dazu BAG, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 – Rn. 38, juris; LAG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 14 Sa 806/13 –, Rn. 141, juris; ErfK/Preis a.a.O.). Denn jedenfalls kann sich die Beklagte als Verwenderin gegenüber der Klägerin auf die Unwirksamkeit der salvatorischen Klausel nicht mit Erfolg berufen. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, Urteile vom 28. Juni 2006 – 10 AZR 407/05 –, Rn. 15, juris; 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 181; LAG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 14 Sa 806/13 –, Rn. 141, juris).
65bb) Die salvatorische Ersetzungsklausel gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 des Arbeitsvertrages führt vorliegend unter Berücksichtigung der Gesamtregelung nach Auffassung der Kammer zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
66(1) Eine salvatorische Klausel führt, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, zu einer Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB und damit zugleich der Darlegungs- und Beweislast. Während bei einer (Teil-) Nichtigkeit gemäß § 139 BGB grundsätzlich diejenige Vertragspartei die Darlegungs- und Beweislast trägt, die das Rechtsgeschäft aufrecht erhalten will, kehrt sich die Darlegungs- und Beweislast bei Vereinbarung einer salvatorischen Klausel um: Die Nichtigkeit des gesamten Vertrages tritt in diesen Fällen nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden (mutmaßlichen) Parteiwillen nicht mehr getragen wird (BGH, Urteil vom 15.03.2010 - II ZR 84/09 - Rn. 8, juris; vom 24.09.2002 - KZR 10/01, NJW 2003, 347 f m.w.N.). Das kann z.B. der Fall sein, wenn eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 ff., Rn. 55) oder wenn die Aufrechterhaltung oder Ersetzung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Im Übrigen scheidet eine Aufrechterhaltung nur aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr gedeckt ist, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der salvatorischen Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. BGH, Urteile vom 04.02.2010, IX ZR 18/09, Rn. 30, juris; vom 11. Oktober 1995 – VIII ZR 25/94 –, Rn. 31, juris; vom 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 f.; LAG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 14 Sa 806/13 –, Rn. 146, juris; Palandt-Ellenberger, BGB, § 139 BGB, Rn. 17; MüKo-BGB/Armbruster, § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
67(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen führt die Auslegung des Vertrages vorliegend zu dem Ergebnis, dass die fehlende Vereinbarung einer Karenzentschädigung nicht zu einer Gesamtnichtigkeit des Wettbewerbsverbots führt, sondern um die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe zu ergänzen ist. Denn die Ersetzung des nichtigen Wettbewerbsverbots durch ein wirksames Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung entspricht nach Auffassung der Kammer am ehesten dem mutmaßlichen Willen beider Vertragsparteien, wenn sie bei Abschluss des Vertrages die (Teil-) Nichtigkeit bedacht hätten.
68(a) Bei der Beurteilung, welche Entscheidung die Parteien bei Kenntnis der (Teil) Nichtigkeit nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten, ist in der Regel davon auszugehen, dass die Parteien das objektiv Vernünftige gewollt und eine gesetzeskonforme Regelung angestrebt hätten (BGH, Urteile vom 11. Mai 2012 – V ZR 193/11 –, Rn. 13, juris; vom 14. Juni 2006 - VIII ZR 257/04, NJW 2006, 2696, 2697 Rn. 21; vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 243/03 - NJW 2004, 3045 unter II 1 b bb m.w.Nachw.). Gesetzeskonform sind aber sowohl die Vereinbarung eines unverbindlichen Wettbewerbsverbots ohne, als auch die Vereinbarung eines verbindlichen Wettbewerbsverbots mit Zahlung einer Entschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB. Deshalb kann ohne zusätzliche, nach außen in Erscheinung getretene Anhaltspunkte allein aufgrund einer salvatorischen Klausel nicht ohne weiteres ein verbindliches Wettbewerbsverbot als mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwillen unterstellt werden.
69Anders ist es hingegen, wenn weitere nach außen in Erscheinung getretene Tatsachen erkennen lassen, dass der Arbeitgeber das Wettbewerbsverbot verbindlich gestalten wollte. Dann kann – je nach den Umständen des einzelnen Falles – aufgrund der Vereinbarung einer salvatorischen Klausel zusammen mit den Einzelfallumständen durchaus auf den mutmaßlichen Willen der Parteien geschlossen werden, zur Vermeidung einer Gesamtnichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung die arbeitsvertragliche Regelung um die Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung gemäß § 74 Abs. 2 HGB zu ergänzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn nicht die darlegungs- und beweisbelastete Partei, die sich auf die Gesamtnichtigkeit beruft, Tatsachen vorgetragen hat, die einer solchen Auslegung entgegenstehen.
70(b) So ist es vorliegend. Unter Berücksichtigung der Regelungen des Arbeitsvertrages ist nach Auffassung der Kammer von dem mutmaßlichen Willen der Parteien auszugehen, ein verbindliches Wettbewerbsverbot zu regeln.
71Das ergibt sich insbesondere aufgrund der unter § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrages aufgenommenen Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,- € monatlich bei Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsverbot gemäß § 10 Abs. 1. Ungeachtet der Wirksamkeit dieser Regelung hat die Beklagte dadurch in besonderem Maße deutlich gemacht, dass sie ein erhebliches Interesse an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch die Klägerin hatte. Die Vereinbarung einer derart hohen Vertragsstrafe lässt darauf schließen, dass die Parteien damit rechneten, dass eine Verletzung des Wettbewerbsverbots zu erheblichen finanziellen Einbußen für die Beklagte führen kann, und dass die Klägerin auf jeden Fall Wettbewerb unterlassen sollte. Vor diesem Hintergrund kann die Beklagte sich nicht pauschal und ohne Darlegung weiterer Tatsachen darauf berufen, dass sie bei Kenntnis von der Nichtigkeit der Regelung keinesfalls ein Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung vereinbart hätte. Damit setzt sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, die Klägerin durch Vereinbarung einer hohen Vertragsstrafe in jedem Fall zur Einhaltung des Wettbewerbsverbots anhalten zu wollen und dieses damit verbindlich zu gestalten.
72Ein dieser Auslegung entgegenstehender Wille der Beklagten folgt nicht aus ihrer pauschalen Behauptung, dass die Klägerin nur mit der internen Organisation beschäftigt gewesen sei und dass damit keine Gefährdungslage vorgelegen habe. Ausweislich der Ergänzungsvereinbarung vom 12.08.2011 sollte sich der Hauptaufgabenbereich der Klägerin u.a. auf die telefonische Akquise verlagern. Dies setzt voraus, dass der Klägerin in größerem Umfang Informationen u.a. über Kunden, Kontakte und Preise zur Verfügung standen, die für die Beklagte unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten von Bedeutung sein konnten. Ferner hat die Beklagte unter § 11 des Arbeitsvertrages unter der Überschrift „Geheimhaltung“ explizit eine Verschwiegenheitsverpflichtung aufgenommen, was ebenfalls dafür spricht, dass sie den Kenntnissen der Klägerin über Betriebsinterna und sonstigen Kenntnissen eine nicht unerhebliche Bedeutung beigemessen hat.
73Ist aufgrund dieser Umstände davon auszugehen, dass ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprach, schließt dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe ein. Dass die Beklagte möglicherweise gehofft hat, die Klägerin werde aus Unkenntnis auch ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot einhalten, ist unredlich und widerspricht der gesetzlichen Regelung des § 74 Abs. 2 HGB. Ein solcher Vorbehalt kann, insbesondere wenn er nach außen nicht in Erscheinung getreten ist, im Rahmen des hypothetischen Parteiwillens jedoch nicht berücksichtigt werden, der nach Treu und Glauben zu ermitteln und im Zweifel auf gesetzeskonformes Verhalten gerichtet ist. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig, noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille (vgl. so auch LAG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 14 Sa 806/13 – Rn. 158, juris). Als mutmaßlicher Wille zu unterstellen ist vielmehr ein gesetzeskonformes Verhalten der Vertragsparteien, d.h. bei Vereinbarung eines für den Arbeitnehmer verbindlichen Wettbewerbsverbots auch die Zahlung der gesetzlich vorgesehenen Entschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB.
74Dass die Vereinbarung eines verbindlichen Wettbewerbsverbots auch dem hypothetischen Willen der Klägerin entsprach, wird schon dadurch deutlich, dass sie sich zur Zahlung einer hohen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet hat. Zudem entspricht die Zahlung einer Karenzentschädigung ohnehin regelmäßig auch dem hypothetischen Willen des Arbeitnehmers, sich bei Inkaufnahme eines Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, in einem bestimmten Bereich nach Vertragsende nicht tätig werden zu können (so auch LAG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 14 Sa 806/13 - juris).
75c) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot, noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen.
76Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf der Schriftform (§ 74 Abs. 1 HGB iVm. § 126 Abs. 2 BGB). Das Schriftformerfordernis hat neben der Klarstellungs- und Beweisfunktion vor allem eine Warnfunktion. Es sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr soll der Arbeitnehmer vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 29, BAGE 135, 116; 24. Oktober 1972 - 3 AZR 102/72 - zu I 3 der Gründe). Ein unter Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform vereinbartes Wettbewerbsverbot ist gemäß § 125 BGB nichtig(BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 28 mwN, aaO).
77Sowohl das Wettbewerbsverbot in § 10 des Arbeitsvertrages als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in § 14 des Arbeitsvertrages sind Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher der Klägerin unstreitig auch ausgehändigt worden ist. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob damit auch das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der salvatorischen Klausel beruhenden Ergänzung des Wettbewerbsverbots um eine Karenzentschädigung gewahrt ist (so LAG Hamm, Urteil vom 18. Februar 2014 – 14 Sa 806/13 – Rn. 162, juris; ablehnend Diller, NZA 2014, 1184 (1186), a.A. auch Bauer/ Diller, Wettbewerbsverbote, 7. Auflage 2015, Rn. 445). Denn jedenfalls kann sich die Beklagte vorliegend nach Treu und Glauben nicht auf die Nichtigkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots wegen Formmangels berufen.
78Zwar ist die Berufung einer Partei auf die Formnichtigkeit eines Vertrages allein noch nicht arglistig. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt aber etwa dann vor, wenn der die Nichtigkeit geltend machende Vertragspartner bereits bei Vertragsschluss die Nichtigkeit gekannt und seinen Vertragspartner im Glauben an die Gültigkeit belassen hat (BAG vom 26.09.1957, AP Nr. 2 zu § 74 HGB). Grundsätzlich dürfen Formvorschriften nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden, jedoch sind Ausnahmen zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am Formmangel scheitern zu lassen, wobei strenge Maßstäbe anzulegen sind (BGH, Urteil vom 24.04.1998 - V ZR 197/97 - NJW 1998, 2350 ff.).
79Vorliegend ergibt sich aufgrund des eigenen Vorbringens der Beklagten, dass ihr bereits bei Vertragsschluss bekannt war, dass das Wettbewerbsverbot den Formvorschriften des § 74 Abs. 1 HGB unterliegt. So hat die Beklagte zunächst unter § 10 Abs. 5 des Arbeitsvertrages aufgenommen, dass die Klägerin eine vollständige Abschrift „dieser Vereinbarung erhalten“ hat. Diese Formulierung sowie dass der Hinweis ausdrücklich unter § 10 des Arbeitsvertrages aufgenommen worden ist, zeigt, dass der Beklagten die Formvorschrift des § 74 Abs. 1 HGB bekannt war. Dies gilt erst recht, da der Arbeitsvertrag seitens der Beklagten durch ihre Rechtsanwälte ausgearbeitet worden ist, so dass die Kenntnis der §§ 74 ff. HGB unterstellt werden kann. Ferner hat die Beklagte im Kammertermin erklärt, dass sie die Klägerin – was diese bestreitet - bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages darauf hingewiesen habe, dass „das Wettbewerbsverbot für die Klägerin keine Konsequenzen habe und von ihr nicht einzuhalten sei“. Ein entsprechender Hinweis war der Beklagten nur möglich, wenn sie bereits bei Vertragsschluss wusste, dass das Wettbewerbsverbot nichtig ist.
80Dass die Beklagte dies auch der Klägerin bei Vertragsschluss mitgeteilt hat, was einer Anwendbarkeit des § 242 BGB möglicherweise entgegenstehen könnte, hat die Klägerin bestritten. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat ihren Vortrag daraufhin weder substantiiert, noch unter Beweis gestellt.
812. Damit steht der Klägerin die von ihr geforderte Karenzentschädigung zu. Über deren Höhe streiten die Parteien nicht. Eine Anrechnung des von der Klägerin bezogenen Arbeitslosengeldes sowie der später aufgrund von selbständiger Tätigkeit erzielten Einkünfte entsprechend § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB scheidet schon deshalb aus, weil die Karenzentschädigung unter Hinzurechnung des Arbeitslosengeldes die von der Klägerin zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen nicht um mehr als 1/10 übersteigt.
823. Schließlich ist auch der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 31.03.2014 und 09.04.2014 erklärte „Verzicht“ auf das Wettbewerbsverbot unbeachtlich. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob allein der Hinweis auf die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots, wie die Beklagte meint, auch als Verzicht auf die Einhaltung des Verbots gewertet werden kann. Denn jedenfalls kann ein solcher Verzicht gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche bereits zum 31.12.2013 erfolgte, erklärt werden.
834. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 74 b Abs. 1 HGB, 288 Abs. 1, 247 BGB, wobei die Klägerin in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
84III. Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 Abs. 1 ZPO). Die Revision wurde für die Beklagte nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 05. Juni 2015 - 10 Sa 67/15
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 05. Juni 2015 - 10 Sa 67/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Januar 2013 - 16 Sa 563/12 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Streithelfer trägt die Kosten der Streithilfe. Der Beklagte hat die übrigen Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Monate September und Oktober 2010.
- 2
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Der Beklagte produziert und vertreibt Futter- und Pflegemittel für Pferde. Der Kläger war bei ihm seit dem 1. Januar 2008 als Exportvertriebsmitarbeiter angestellt. Er bezog ein Monatsgehalt von 7.500,00 Euro brutto; die private Pkw-Nutzung wurde iHv. 1.089,20 Euro brutto als geldwerter Vorteil bewertet.
- 3
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Der Arbeitsvertrag vom 24. September 2007 enthält ua. folgende Regelung:
-
„ § 15 Wettbewerbsvereinbarung
(1) Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer von 2 Jahren für kein Konkurrenzunternehmen selbstständig oder unselbstständig tätig zu werden.
(2) Die Firma verpflichtet sich, dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine Entschädigung zu zahlen, die in ihr Ermessen gestellt wird. Die Karenzentschädigung ist fällig am Ende eines jeden Monats.
(3) Auf die Karenzentschädigung wird alles angerechnet, was der Mitarbeiter durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
(4) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, während der Dauer des Wettbewerbsverbotes auf Verlangen Auskunft über die Höhe seiner Bezüge zu geben und die Anschriften seines jeweiligen Arbeitgebers mitzuteilen. Am Schluss eines Kalenderjahres ist er verpflichtet, seine Lohnsteuerbescheinigung vorzulegen.“
- 4
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Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich „aus betriebswirtschaftlichen Gründen“ zum 31. August 2010. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 31. August 2010, er werde sich an das vertragliche Wettbewerbsverbot halten und erwarte bis zum 15. September 2010 eine Bestätigung, in welcher Höhe der Beklagte die monatliche Karenzentschädigung zahlen werde, mindestens sei sie jedoch in der gesetzlichen Höhe zu leisten.
- 5
-
Der Beklagte focht daraufhin mit Schreiben vom 8. September 2010 den Arbeitsvertrag an. Zur Begründung führte er aus, dass er von dem Kläger über die von ihm erzielbaren Umsätze arglistig getäuscht worden sei. Das Wettbewerbsverbot sei unbestimmt und nichtig. In jedem Fall sei es für ihn unverbindlich. Nur hilfsweise nehme er eine Ermessensausübung vor. Wegen der geringen Umsätze des Klägers sei eine Karenzentschädigung von allenfalls 20 % des letzten Entgelts angemessen.
- 6
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Der Kläger bezog vom 1. September bis 7. November 2010 Arbeitslosengeld iHv. 74,75 Euro täglich. Den entsprechenden Leistungsbescheid hat er dem Beklagten ebenso übermittelt wie eine Lohnsteuerbescheinigung seines neuen Arbeitgebers für den Zeitraum von 8. November bis 31. Dezember 2010.
- 7
-
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das zwischen den Parteien schriftlich vereinbarte Wettbewerbsverbot enthalte eine Entschädigungsregelung und sei deshalb nicht nichtig. Sei die Höhe der Karenzentschädigung zu niedrig, sei das Wettbewerbsverbot lediglich unverbindlich; er habe sich für dessen Einhaltung entschieden. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung sei der Beklagte nicht völlig frei, sondern müsse sich an die gesetzliche Mindesthöhe halten. Ein Recht auf Lossagung vom Wettbewerbsverbot in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB habe dem Beklagten nicht zugestanden. Jedenfalls habe er ein solches Recht nicht wirksam ausgeübt, da ein Anfechtungsgrund nicht bestehe und die Monatsfrist des § 75 Abs. 1 HGB nicht gewahrt sei.
- 8
-
Der Kläger hat beantragt,
-
den Beklagten zu verurteilen, an ihn als Karenzentschädigung 4.294,50 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Oktober 2010 und weitere 4.294,50 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2010 zu zahlen.
- 9
-
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, das Wettbewerbsverbot sei nichtig. Eine Karenzentschädigung, die in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt werde, genüge dem Schriftformerfordernis des § 74 Abs. 1 HGB nicht, da sie nicht hinreichend bestimmt sei. Auf das Gesetz verweise das Verbot gerade nicht. Eine ergänzende Auslegung, die zu einer Entschädigung in gesetzlicher Höhe führe, finde nicht statt. Aus diesem Grund verbiete sich auch im Rahmen der Ermessensausübung nach § 315 BGB ein Rückgriff auf die Wertung des § 74 Abs. 2 HGB. Die vorsorglich getroffene Ermessensausübung sei rechtsfehlerfrei; aufgrund der schlechten Leistung des Klägers sei eine Karenzentschädigung in Höhe von 20 % des bisherigen Verdienstes angemessen. Im Übrigen habe sich der Beklagte wirksam von dem Wettbewerbsverbot losgesagt; die Gesamtumstände der Anfechtung des Arbeitsvertrags seien ihm erstmals durch das Schreiben des Klägers vom 31. August 2010 bekannt geworden. Letztlich stehe ihm ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB iVm. § 74c HGB zu. Der Kläger habe weder seinen aktuellen Arbeitsvertrag noch eine Steuerbescheinigung am Schluss des Vierteljahres vorgelegt.
- 10
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Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin deren Abweisung. Der Streithelfer ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten.
Entscheidungsgründe
- 11
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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat aus § 15 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 24. September 2007 iVm. § 315 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 BGB einen Anspruch auf die begehrte Karenzentschädigung iHv. je 4.294,50 Euro brutto für die Monate September und Oktober 2010 nebst Zinsen.
- 12
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I. § 15 des Arbeitsvertrags enthält ein wirksames, aber für den Kläger unverbindliches Wettbewerbsverbot iSd. § 74 ff. HGB, für dessen Einhaltung er sich entschieden hat.
- 13
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1. Das Wettbewerbsverbot sieht in § 15 Abs. 2 des Arbeitsvertrags eine Entschädigung vor(§ 74 Abs. 2 HGB) und ist deshalb nicht nichtig; das gesetzliche Schriftformerfordernis (§ 74 Abs. 1 HGB) ist eingehalten.
- 14
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a) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig(st. Rspr., zuletzt zB BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 407/05 - Rn. 11 mwN). Weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber können aus einer solchen Abrede Rechte herleiten. Zwar sieht § 74 Abs. 2 HGB vor, das Wettbewerbsverbot sei ohne eine der Höhe nach ausreichende Entschädigungszusage „unverbindlich“. Wird überhaupt keine Karenzentschädigung vereinbart, sind Unverbindlichkeit und Nichtigkeit aber identisch, weil der Arbeitnehmer auch dann, wenn er das Wettbewerbsverbot einhalten würde, keine Zahlungsansprüche daraus herleiten könnte (BAG 13. September 1969 - 3 AZR 138/68 - Teil I: III 3 der Gründe, BAGE 22, 125).
- 15
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b) Die Parteien haben einen Anspruch des Klägers auf eine Entschädigung vereinbart. Dass ihre Höhe in das Ermessen des Beklagten gestellt wurde, bedeutet nicht, dass keine Entschädigung zugesagt wurde. Dies ergibt eine Auslegung von § 15 Abs. 2 des Arbeitsvertrags.
- 16
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aa) Bei der Regelung in § 15 Abs. 2 des Arbeitsvertrags handelt es sich um eine typische Vertragsregelung, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist(vgl. dazu zuletzt zB BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 313/11 - Rn. 24 mwN).
- 17
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bb) Durch § 15 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags hat sich der Beklagte - wie schon der eindeutige Wortlaut ergibt - verpflichtet, dem Kläger für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen. Damit wird ein Anspruch des Klägers begründet, wenn er seine Verpflichtungen aus dem Wettbewerbsverbot einhält. Daran ändert sich durch den Relativsatz, wonach die Entschädigung in das Ermessen der Firma gestellt wird, nichts. Diese Formulierung betrifft die Höhe des Entschädigungsanspruchs, nicht den Anspruch selbst. Einen übereinstimmenden anderslautenden Willen beider Vertragsparteien oder sonstige Umstände, die darauf hindeuten würden, dass die Parteien entgegen § 74 Abs. 2 HGB ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot vereinbaren wollten(vgl. dazu auch BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 407/05 - Rn. 14), behauptet auch der Beklagte nicht. Entgegen dessen Annahme ergibt sich eine Nichtigkeit der Vereinbarung auch nicht daraus, dass er - wie er meint - die Karenzentschädigung auf „Null“ festsetzen könnte. Eine solche Festsetzung wäre schon wegen § 74 Abs. 2 HGB unbillig iSv. § 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB, sodass durch Urteil ein angemessener Entschädigungsanspruch zu bestimmen wäre, der auf § 15 Abs. 2 des Arbeitsvertrags beruht(vgl. im Einzelnen unten zu III). Dem Kläger wird daher in jedem Fall - im Rahmen des § 74c HGB - eine Karenzentschädigung gewährt, wenn er seine aus dem Wettbewerbsverbot folgenden Verpflichtungen einhält.
- 18
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c) Die Parteien haben das gesetzliche Schriftformerfordernis (§ 74 Abs. 1 HGB) eingehalten.
- 19
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aa) Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf der Schriftform (§ 74 Abs. 1 HGB iVm. § 126 Abs. 2 BGB). Das Schriftformerfordernis hat neben der Klarstellungs- und Beweisfunktion vor allem eine Warnfunktion. Es sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr soll der Arbeitnehmer vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 29, BAGE 135, 116; 24. Oktober 1972 - 3 AZR 102/72 - zu I 3 der Gründe). Ein unter Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform vereinbartes Wettbewerbsverbot ist gemäß § 125 BGB nichtig(BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 28 mwN, aaO). Auf eine nichtige Vereinbarung können sich beide Vertragsparteien nicht berufen.
- 20
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bb) Ist durch Gesetz Schriftform vorgeschrieben, muss die Urkunde eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126 Abs. 1 BGB). Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen (§ 126 Abs. 2 Satz 1 BGB). Nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB genügt es, dass jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden.
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cc) Der von beiden Parteien unterzeichnete Arbeitsvertrag vom 24. September 2007 erfüllt die genannten Voraussetzungen. Er enthält in seinem § 15 die vollständige Wettbewerbsvereinbarung einschließlich des Anspruchs des Klägers auf eine Karenzentschädigung. Entgegen der Auffassung des Beklagten verlangt das Schriftformgebot nicht, dass die Karenzentschädigung der Höhe nach bereits festgelegt wäre (BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 407/05 - Rn. 16; 14. August 1975 - 3 AZR 333/74 - zu 1 d der Gründe). Entscheidend ist vielmehr, dass der wesentliche Inhalt des der Schriftform unterliegenden Rechtsgeschäfts sich aus der Urkunde ergibt (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 33, BAGE 135, 116 [zu einer zusammengesetzten Urkunde]). Dies ist der Fall.
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2. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot war für den Kläger unverbindlich, da aus ihm nicht klar erkennbar war, dass die Höhe der Entschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB erreicht wird.
- 23
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a) Ist in einem Wettbewerbsverbot eine gegenüber der Vorgabe des § 74 Abs. 2 HGB zu niedrige Karenzentschädigung vereinbart, ist dieses nicht nichtig, sondern lediglich unverbindlich. In der Konsequenz kann sich der Arbeitnehmer entscheiden, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält (st. Rspr., zB BAG 18. Januar 2000 - 9 AZR 929/98 - zu II a der Gründe; 13. September 1969 - 3 AZR 138/68 - zu Teil I: III 3 der Gründe, BAGE 22, 125; vgl. auch für den Fall des unzulässig bedingten Wettbewerbsverbots oder des unverbindlichen Vorvertrags: 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 18 ff. mwN, BAGE 135, 116). Über den Fall einer konkret zu niedrigen Karenzentschädigung hinaus tritt die Unverbindlichkeit aber auch ein, wenn aus dem Wettbewerbsverbot selbst unklar bleibt, ob die gesetzliche Entschädigungshöhe erreicht wird (Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 6. Aufl. Rn. 454 [„angemessene Entschädigung“]; Oetker/Kotzian-Marggraf HGB 3. Aufl. § 74 Rn. 27; vgl. zur Gefahr der Unklarheit bei der Zusage fester Entschädigungssummen: Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II W 10 Rn. 59). In diesem Fall kann der Arbeitnehmer nämlich nicht bereits bei Abschluss des Wettbewerbsverbots beurteilen, ob ihm eine Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zugesagt ist (BAG 14. Juli 1981 - 3 AZR 414/80 - zu I 1 b der Gründe) und er sich des Wettbewerbs zwingend enthalten muss (vgl. zu diesem Gedanken BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 14, aaO).
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b) Ein solcher Fall der Ungewissheit über die Höhe der Entschädigung liegt hier vor. § 15 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags sieht zwar einen Anspruch auf Entschädigung vor. Weder wird jedoch in der Vereinbarung eine konkrete Summe genannt, noch wird durch eine Verweisung auf die gesetzlichen Vorschriften (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung: BAG 28. Juni 2006 - 10 AZR 407/05 -; 14. August 1975 - 3 AZR 333/74 -) für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich gemacht, dass eine Karenzentschädigung mindestens in der gesetzlich geforderten Höhe geschuldet wird.
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3. Der Anspruch auf Karenzentschädigung aus einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sich zu Beginn der Karenzzeit für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entscheidet. Mit Schreiben vom 31. August 2010 hat der Kläger ausdrücklich gegenüber dem Beklagten erklärt, sich an das Wettbewerbsverbot halten zu wollen, und damit sein Wahlrecht ausgeübt. Mit der Wettbewerbsenthaltung entsteht der Anspruch auf Entschädigung (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 22, BAGE 135, 116).
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II. Der Beklagte hat sich nicht wirksam in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB vom Wettbewerbsverbot losgesagt.
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1. Der Arbeitgeber kann sich nach § 75 Abs. 1 HGB analog binnen eines Monats von dem Wettbewerbsverbot lossagen, wenn er das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt hat(BAG 23. November 2004 - 9 AZR 595/03 - zu A I 3 der Gründe, BAGE 112, 376; 19. Mai 1998 - 9 AZR 327/96 -) oder die Parteien aus gleichem Grund das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst haben (BAG 26. Januar 1973 - 3 AZR 233/72 -). Gleiches gilt, wenn zwar nur eine ordentliche Kündigung erklärt wurde, aber für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass diese nur das mildere Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung darstellt (BAG 18. November 1967 - 3 AZR 471/66 - BAGE 20, 162). Eine Erklärung nach § 75 Abs. 1 HGB verfolgt das Ziel, dass alle beiderseitigen Rechte und Pflichten aus einer Wettbewerbsvereinbarung wegfallen sollen. Will sich ein Arbeitgeber in dieser Weise von der vereinbarten Konkurrenzklausel lossagen, muss er klar zum Ausdruck bringen, dass er nicht nur selbst keine Karenzentschädigung zahlen, sondern auch den Arbeitnehmer von dessen Unterlassungspflicht entbinden will (BAG 13. April 1978 - 3 AZR 822/76 - zu II 2 der Gründe). Die Lossagung muss eindeutig erfolgen (ErfK/Oetker 14. Aufl. § 75 HGB Rn. 5).
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2. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Eine Kündigung aus wichtigem Grund hat der Beklagte mit Schreiben vom 30. Juli 2010 nicht ausgesprochen, sondern eine ordentliche Kündigung aus „betriebswirtschaftlichen Gründen“. Im Übrigen ist im Hinblick auf diese Kündigung innerhalb der Monatsfrist des § 75 Abs. 1 HGB keine Erklärung zum Wettbewerbsverbot abgegeben worden.
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Ob eine erfolgreiche Anfechtung des Arbeitsvertrags nach § 123 BGB den Beklagten in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB ebenfalls zur Lossagung berechtigt hätte(so LAG München 19. Dezember 2007 - 11 Sa 294/07 -; zustimmend Bauer/Diller Rn. 653), kann dahinstehen. Das Landesarbeitsgericht hat rechtskräftig festgestellt, dass der Arbeitsvertrag durch den Beklagten mangels Anfechtungsgrund nicht wirksam angefochten wurde. Im Übrigen dürfte das Schreiben vom 8. September 2010 nicht die Anforderungen an eine Lossagungserklärung erfüllen; im Wesentlichen hat der Beklagte sich dort nur auf die vermeintliche Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots berufen.
- 30
-
III. Der Kläger hat aus § 15 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags iVm. § 74 Abs. 2 HGB, § 315 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 BGB einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung iHv. 50 % seiner zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. Für die streitgegenständlichen Monate ergibt dies den von ihm beanspruchten Betrag von jeweils 4.294,50 Euro brutto.
- 31
-
1. Entschließt sich der Arbeitnehmer zur Einhaltung eines für ihn unverbindlichen Wettbewerbsverbots, hat er Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Entschädigung, nicht hingegen auf die Mindestentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB(vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 291/09 - Rn. 38, BAGE 135, 116; 18. Januar 2000 - 9 AZR 929/98 - zu II a der Gründe).
- 32
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2. Vertraglich vereinbart haben die Parteien eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Beklagten gestellt wurde. Stellen die Parteien eine Leistung in das Ermessen einer Vertragspartei, hat die Leistungsbestimmung mangels abweichender Anhaltspunkte gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen(BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 25, BAGE 139, 283 [zur Höhe eines Bonus]).
- 33
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a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Welche Umstände dies im Einzelnen sind, hängt auch von der Art der Leistungsbestimmung ab, die der Berechtigte zu treffen hat (BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 28). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 34 mwN).
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b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 679/12 - Rn. 35 mwN). Welche Folgen hieraus für die Reichweite der Überprüfung durch das Revisionsgericht zu ziehen sind, kann dahinstehen (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand.
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3. Die durch den Beklagten mit Schreiben vom 8. September 2010 getroffene Bestimmung der Karenzentschädigung auf 20 % der vom Kläger zuletzt bezogenen Entgelte entspricht nicht billigem Ermessen iSd. § 315 Abs. 1 BGB.
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a) Durch die Karenzentschädigung sollen die Nachteile ausgeglichen werden, die dem Arbeitnehmer durch die Einschränkung seines Erwerbslebens infolge der Karenz entstehen (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 198/10 - Rn. 11; 22. Oktober 2008 - 10 AZR 360/08 - Rn. 14). Umgekehrt soll das Wettbewerbsverbot den Arbeitgeber davor schützen, dass Betriebsgeheimnisse bekannt werden oder der Arbeitnehmer sein Wissen um betriebliche Abläufe und Geschäftsverbindungen für eine Konkurrenztätigkeit ausnutzt (vgl. BAG 26. Mai 1992 - 9 AZR 27/91 - zu 3 der Gründe; 19. Mai 1983 - 2 AZR 171/81 - zu B II 2 der Gründe) und in den Kunden- und Lieferantenkreis des Arbeitgebers einbricht (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 288/09 - Rn. 15, BAGE 134, 147). Dementsprechend können grundsätzlich alle Umstände Berücksichtigung finden, die mit dem Schutz berechtigter geschäftlicher Interessen des Arbeitgebers einerseits und der Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers andererseits in Zusammenhang stehen.
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b) Darüber hinaus ist aber die gesetzgeberische Entscheidung des § 74 Abs. 2 HGB zu beachten, wonach die Entschädigung mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen erreichen muss. Der Gesetzgeber hat den dort bestimmten Mindestbetrag als angemessen angesehen, um die gegenseitigen Interessen im Regelfall in Einklang zu bringen. Dieses Mindestmaß an Entschädigung muss gewahrt bleiben, auch wenn die Wettbewerbsbeschränkung nur ein geringes Maß erreicht (BAG 18. November 1967 - 3 AZR 471/66 - zu III der Gründe, BAGE 20, 162; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene 3. Aufl. § 74 Rn. 43). In Fällen, in denen das berufliche Fortkommen besonders stark beeinträchtigt wird, kann eine höhere Karenzentschädigung erforderlich sein, damit das Wettbewerbsverbot nicht als unverbindlich iSv. § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB anzusehen ist(vgl. zum Verhältnis von § 74a Abs. 1 Satz 1 zu Satz 2 und zu den Rechtsfolgen: BAG 21. April 2010 - 10 AZR 288/09 - BAGE 134, 147; Bauer/Diller Rn. 346). Die Festlegung einer geringeren Entschädigung scheidet hingegen aus. Anders als die Revision annimmt, bedeutet dies nicht, dass im Fall eines unverbindlichen Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung, die unterhalb der von § 74 Abs. 2 HGB vorgeschriebenen Höhe liegt, stets auf diesen Betrag zu erhöhen wäre. Der Arbeitnehmer weiß in diesem Fall, welche Entschädigung ihm zusteht, wenn er sein Wahlrecht zugunsten einer Einhaltung des für ihn unverbindlichen Wettbewerbsverbots ausübt und ist dadurch geschützt. Ist aber eine Ermessensentscheidung nach § 315 BGB zu treffen, kann diese nicht ohne Beachtung des vom Gesetzgeber festgelegten Mindestwertes erfolgen.
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c) Danach ist die vom Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung schon deshalb unbillig, weil sie den in § 74 Abs. 2 HGB festgelegten Wert unterschreitet.
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4. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auf die Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung ist danach nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt die Vorgabe des § 74 Abs. 2 HGB. Eine höhere Entschädigung begehrt der Kläger nicht, sodass dahinstehen kann, welche berechtigten Interessen beider Parteien darüber hinaus Berücksichtigung finden müssten.
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5. Die Karenzentschädigung ist auch der Höhe nach zutreffend berechnet. Der Kläger erhielt ein Festgehalt von 7.500,00 Euro brutto monatlich; die private Nutzung des ihm überlassenen Kfz wurde als geldwerter Vorteil iHv. 1.089,20 Euro brutto angesetzt (zur Berücksichtigung dieses Sachbezugs bei der Ermittlung der Karenzentschädigung: BAG 17. Juni 1997 - 9 AZR 801/95 - zu II 2 der Gründe). Hieraus folgt grundsätzlich ein Anspruch auf eine Karenzentschädigung iHv. 4.294,60 Euro brutto.
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Ob eine Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB überhaupt in Betracht kommt, kann dahinstehen (kritisch BAG 14. September 2011 - 10 AZR 198/10 - Rn. 20 f.). Selbst wenn man zugunsten des Beklagten eine Anrechnungsmöglichkeit unterstellt, kann nur der tatsächliche Auszahlungsbetrag, nicht jedoch ein fiktiv aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneter Bruttobetrag angerechnet werden (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 198/10 - Rn. 22 ff. mwN). Das Arbeitslosengeld iHv. 2.242,50 Euro monatlich überschreitet zusammen mit der Karenzentschädigung iHv. 4.294,60 Euro die in den streitgegenständlichen Monaten relevante Grenze von 110 % des vorhergehenden Bruttoentgelts nicht.
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Gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergibt sich für die Monate September und Oktober 2010 jeweils ein Anspruch in Höhe von 4.294,50 Euro brutto. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 74b Abs. 1 HGB.
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IV. Dem Beklagten steht kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB iVm. § 74c Abs. 2 HGB zu(vgl. dazu BAG 23. November 2004 - 9 AZR 595/03 - zu A II der Gründe, BAGE 112, 376; 12. Januar 1978 - 3 AZR 57/76 -). Der Kläger hat dessen Auskunftsanspruch durch Vorlage der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2010 und des Leistungsbescheids der Agentur für Arbeit erfüllt. Aus diesen Unterlagen ergeben sich alle erforderlichen Angaben zur Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung im Streitzeitraum. Die vom Beklagten behauptete Verpflichtung zur Vorlage einer Lohnsteuerbescheinigung am Schluss eines jeden Kalendervierteljahres ergibt sich weder aus § 15 des Arbeitsvertrags noch aus § 74c HGB. Im Übrigen sah § 41b Abs. 1 EStG in der im Streitzeitraum anwendbaren Fassung eine solche Bescheinigung nicht vor.
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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
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Mikosch
Schmitz-Scholemann
W. Reinfelder
D. Kiel
W. Guthier
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. Februar 2009 - 2 Sa 1138/08 - aufgehoben.
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 19. Juni 2008 - 3 Ca 608/07 - wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Rückzahlung von Ausbildungskosten iHv. 7.500,00 Euro und über einen vom Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch nach Kunsturheberrecht.
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Der Beklagte war bei der Klägerin, die einen örtlichen Zugverkehr betreibt, seit dem 1. August 2003 als Mitarbeiter im Service auf Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14. Juli 2003 tätig. Er absolvierte nach vorangegangener Bewerbung ab dem 4. Oktober 2005 eine von der Klägerin finanzierte Ausbildung zum Triebwagenführer. Die Parteien schlossen darüber eine Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung, die vom 31. Januar 2006 datiert und auszugsweise lautet:
-
„1.
Der Mitarbeiter wird in der Zeit vom 04.10.2005 bis vsl. 10.02.2006 an der Ausbildung für Triebfahrzeugführer teilnehmen. Die Ausbildung gilt als beendet, wenn der Mitarbeiter alle Prüfungen erfolgreich bestanden hat und die Gesellschaft auf Basis dieser Prüfungsergebnisse den Einsatz als Triebfahrzeugführer erlaubt. Im Zweifel gilt als Tag der Beendigung der Ausbildung der letzte Werktag vor der ersten eigenverantwortlichen Fahrt des Mitarbeiters als Triebfahrzeugführer.
Die Teilnahme an dieser Ausbildung erfolgt nach übereinstimmender Auffassung der Gesellschaft und des Mitarbeiters im Interesse seiner beruflichen und fachlichen Fort- und Weiterbildung.
…
2.
Der Mitarbeiter wird im Hinblick auf die Ausbildung unter Fortzahlung seiner Bezüge als Servicekraft von seiner Arbeit einvernehmlich freigestellt.
…
4.
Die Gesellschaft übernimmt für den Mitarbeiter die Kosten der Ausbildung. Dazu gehören neben den unter Nr. 2 genannten Kosten der Freistellung insbesondere Unterrichtsgebühren, der Aufwand der praktischen Ausbildung, Prüfungsgebühren, Übernachtungskosten sowie Reisekosten entsprechend der Reisekostenordnung der Gesellschaft.
5.
Kündigt der Mitarbeiter entweder vor Beendigung der Ausbildung oder vor Ablauf von 2 Jahren nach deren Beendigung (s. Nr. 1) oder wird seitens der Gesellschaft gegenüber dem Mitarbeiter eine Kündigung aus Gründen, die in der Person bzw. dem Verhalten des Mitarbeiters liegen, ausgesprochen, so ist der Mitarbeiter verpflichtet, sämtliche Aufwendungen und Kosten, die der Gesellschaft durch die Ausbildungsteilnahme entstanden sind, zurückzuzahlen. Als Höchstsumme wird ein Betrag von 7.500,00 EUR festgelegt.
Die Rückzahlungsverpflichtung staffelt sich wie folgt: Bei Kündigung
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während der Ausbildung oder vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung sind 100 %
-
nach Ablauf eines Jahres seit Beendigung der Ausbildung, jedoch vor Ablauf von 18 Monaten sind 50 %
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nach Ablauf von 18 Monaten seit Beendigung der Ausbildung, aber vor Ablauf von 2 Jahren sind 25 %
der angefallenen Kosten und Aufwendungen für die Ausbildung zurück zu erstatten.
6.
Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter den unter Nr. 5 genannten Umständen wird der Rückzahlungsbeitrag sofort zur Zahlung fällig. Die Gesellschaft ist berechtigt, etwaige Rückzahlungsbeträge gegen fällige Lohn-, Gehaltsforderungen aufzurechnen.
…
9.
Sollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung unwirksam sein oder sollten sie ihre Rechtswirksamkeit später verlieren, oder sollte sich in dieser Vereinbarung ein Lücke befinden, so wird hierdurch die Rechtswirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Vertragsbestimmungen oder zur Ausfüllung einer Lücke soll eine angemessene Regelung treten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie diesen Punkt bedacht hätten.
…“
- 3
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Die Klägerin hat mit ca. 25 Arbeitnehmern entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen.
- 4
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Der Beklagte absolvierte die Prüfung am 12. März 2006. Aufgrund eines Vorfalls vom 13. April 2006 wurde der Eisenbahnfahrzeugführerschein des Beklagten Ende April 2006 eingezogen. Er durfte nicht mehr als Triebwagenführer eingesetzt werden und war deshalb wieder im Servicebereich tätig. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis selbst zum 31. Dezember 2006.
- 5
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Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit Zahlung der angefallenen Kosten begrenzt auf einen Betrag von 7.500,00 Euro verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse aufgrund der vertraglichen Regelung die Ausbildungskosten in vereinbarter Höhe zuzüglich Zinsen erstatten.
-
Die Klägerin hat beantragt,
-
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.500,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. 5 % über dem Basiszinssatz der EZB aus dieser Summe seit dem 22. November 2006 zu zahlen.
- 7
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
- 8
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Er hat die Rückzahlungsvereinbarung für unwirksam gehalten sowie ihre Anfechtung erklärt und im Wege der Hilfsaufrechnung einen Schadensersatzanspruch nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) geltend gemacht.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Versäumnisurteil abgewiesen und dieses nach Einspruch der Klägerin aufrechterhalten. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und unter Aufhebung des Versäumnisurteils den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin zu Unrecht stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung der Ausbildungskosten verurteilt. Die Klage ist unbegründet, so dass die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen wiederherzustellen sind. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung von Ausbildungskosten in Höhe von 7.500,00 Euro zu. Der Senat hatte über den hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 22, 23 KunstUrhG nicht zu entscheiden.
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A. Die Klage auf Zahlung von 7.500,00 Euro ist unbegründet. Dem Begehren der Klägerin steht keine Anspruchsgrundlage zur Seite. Die Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 ist am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zu messen. Die Rückzahlungsklausel in Nr. 5 der Vereinbarung benachteiligt den Beklagten unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel entfällt ersatzlos und ist weder im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion noch im Wege ergänzender Vertragsauslegung mit einem zulässigen Inhalt aufrechtzuerhalten. Ob die vom Beklagten erklärte Anfechtung der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung wirksam ist, bedurfte keiner Entscheidung.
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I. Die dem Kostenerstattungsverlangen der Klägerin zugrunde liegende Klausel ist am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu messen und danach unwirksam.
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1. Die Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 stellt Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB dar. Die Klägerin hat identische Ausbildungskostenvereinbarungen mit etwa 25 Triebwagenführern abgeschlossen.
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2. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht der uneingeschränkten AGB-Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB nicht entgegen. Danach gelten die Abs. 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dazu gehören auch Regelungen, die die Umstände des vom Verwender gemachten Hauptleistungsversprechens ausgestalten (vgl. BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 12 mwN, BAGE 129, 121). Um eine derartige Regelung handelt es sich hier. Die Klägerin hat in Nr. 5 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 festgelegt, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte zur Erstattung der von ihr getragenen Kosten über die Weiterbildung verpflichtet sein sollte.
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3. Nr. 5 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Beklagte wird durch die Rückzahlungsklausel unangemessen benachteiligt. Die von der Klägerin gestellte Klausel belastet den Beklagten ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung mit einer Rückzahlungspflicht für entstandene Ausbildungskosten. Die Bestimmung unterscheidet nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist. Sie sieht eine Rückzahlungspflicht im Falle der Eigenkündigung ohne Ausnahme vor, also auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (mit)veranlasst wurde, zum Beispiel durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers. Das führt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten.
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a) Die Auslegung der Klausel ergibt, dass der Beklagte nach einer Eigenkündigung die Ausbildungskosten in jedem Fall zurückzuzahlen hat, das heißt auch dann, wenn die Kündigung durch Gründe in der Sphäre der Klägerin als Arbeitgeberin veranlasst wurde.
- 17
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aa) Die Klausel Nr. 5 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 ist als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Zu berücksichtigen sind dabei die für die Vertragspartner des Verwenders allgemein erkennbaren äußeren Umstände, die einem verständigen und redlichen Erklärungsempfänger Anhaltspunkte für eine bestimmte Auslegung geben. Umstände, die den konkreten Arbeitnehmer bzw. die konkreten Umstände des Vertragsschlusses betreffen, sind nur dann von Belang, wenn im konkreten Einzelfall die Beteiligten übereinstimmend eine Erklärung in demselben Sinn verstanden haben. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 32, 50 f., BAGE 134, 269). Völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten, von denen eine Gefährdung des Rechtsverkehrs ernsthaft nicht zu befürchten ist, haben dabei außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 9. Juni 2011 - III ZR 157/10 - Rn. 33, NJW-RR 2011, 1618).
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bb) Danach ergibt die Auslegung, dass die Klausel Nr. 5 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung eine Erstattung der Ausbildungskosten in jedem Fall einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ohne hiervon die Eigenkündigungen auszunehmen, die vom Arbeitgeber veranlasst wurden, das heißt dessen Verantwortungssphäre zuzurechnen sind.
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Die Klausel unterscheidet nicht danach, ob die Gründe für die vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung aus der Verantwortungssphäre des gekündigten Arbeitnehmers oder der des Arbeitgebers entstammen. Die Formulierung „Kündigt der Mitarbeiter […] oder wird seitens der Gesellschaft gegenüber dem Mitarbeiter eine Kündigung aus Gründen, die in der Person bzw. dem Verhalten des Mitarbeiters liegen, ausgesprochen“ zeigt, dass die Klausel grundsätzlich zwischen zwei unterschiedlichen Beendigungstatbeständen unterscheidet und zwar zwischen der vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung einerseits und der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung andererseits. Nur bei Letzterer wird eine Einschränkung dahin vorgenommen, dass die Rückzahlungsverpflichtung nur dann eingreifen soll, wenn die Kündigung aus Gründen ausgesprochen wird, die in der Person bzw. dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Die Formulierung bezieht sich erkennbar auf die Begrifflichkeiten des Kündigungsschutzgesetzes und schließt damit die Arbeitgeberkündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen als einen die Rückzahlungspflicht auslösenden Beendigungstatbestand aus. Diese beim Beendigungstatbestand der Arbeitgeberkündigung formulierte Einschränkung ist daher ausschließlich auf die Beendigungsvariante „Arbeitgeberkündigung“ bezogen und kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht auf die Arbeitnehmerkündigung übertragen werden.
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Es kann auch nicht angenommen werden, dass solche Kündigungen des Arbeitnehmers, trotz fehlender Einschränkung im Wortlaut, die vom Arbeitgeber veranlasst wurden, von vornherein keine Rückzahlungspflicht auslösen sollten. Die vom Arbeitgeber (mit)verantwortete Kündigung des Arbeitnehmers stellt im Arbeitsleben keinen so seltenen und fernliegenden Beendigungstatbestand dar, dass sie nicht gesondert erwähnt werden müsste. Soll die Rückzahlungsklausel gerade diese Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer nicht erfassen, so muss dies auch hinreichend klar formuliert sein. Daran fehlt es hier.
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b) Die so verstandene Klausel ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen.
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aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird (vgl. BAG 8. August 2007 - 7 AZR 855/06 - Rn. 16, BAGE 123, 327). Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus (vgl. BAG 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 28, BAGE 132, 59). Dabei ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 30, AP BGB § 306 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 45). Es kommt nicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls, sondern auf die typische Sachlage an (vgl. BGH 29. Mai 1991 - IV ZR 187/90 - zu II 3 a der Gründe, NJW 1991, 2763). Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner unter Berücksichtigung der Art, des Gegenstandes, des Zwecks und der besonderen Eigenart des jeweiligen Geschäfts (vgl. BAG 2. September 2009 - 7 AZR 233/08 - Rn. 28, aaO; 19. Januar 2011 - 3 AZR 621/08 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 15).
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Obwohl einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich zulässig sind (vgl. 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 118, 36) und den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen benachteiligen, können Zahlungsverpflichtungen, die an eine vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Da sie geeignet sind, das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 GG einzuschränken, muss die Rückzahlungspflicht einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer muss ein angemessener Ausgleich gegenüberstehen; der Arbeitnehmer muss mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten. Insgesamt muss die Erstattungspflicht - auch dem Umfang nach - dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein (vgl. BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 621/08 - EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 15; 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 17, BAGE 129, 121; 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 25 mwN, aaO; 11. April 1984 - 5 AZR 430/82 - zu II der Gründe, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 8 = EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 4).
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber Ausbildungskosten nur für solche Arbeitnehmer aufwenden will, die auch bereit sind, ihm die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten einige Zeit zur Verfügung zu stellen. Er hat ein berechtigtes Interesse daran, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst langfristig zu nutzen. Demgegenüber geht das Interesse des Arbeitnehmers dahin, durch die Ausbildung die eigenen Arbeitsmarktchancen zu verbessern und dem Arbeitgeber deshalb nicht Kosten für eine Aus- oder Weiterbildung erstatten zu müssen, die sich als Investition im ausschließlichen Arbeitgeberinteresse darstellen (vgl. BAG 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - Rn. 34, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 42). Zudem hat der Arbeitnehmer ein billigenswertes Interesse daran, seinen Arbeitsplatz ohne Belastung mit der Erstattungspflicht wählen zu können (BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 604/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 11; 20. Februar 1975 - 5 AZR 240/74 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 2 = EzA GG Art. 12 Nr. 12).
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bb) Die Unangemessenheit der streitgegenständlichen Rückzahlungsklausel ergibt sich im Streitfall bereits daraus, dass diese hinsichtlich des die Rückzahlungspflicht auslösenden Tatbestandes „Kündigt der Mitarbeiter“ zu weit gefasst ist, da dieser auch Kündigungen des Arbeitnehmers erfasst, deren Gründe der Sphäre des Arbeitgebers entstammen.
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Nach der im Rahmen von § 307 BGB anzustellenden Interessenabwägung ist auch der die Rückzahlungspflicht auslösende Tatbestand zu berücksichtigen. Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden des Arbeitnehmers zu knüpfen, das innerhalb der mit der Klausel vorgesehenen Bindungsfrist stattfindet. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens unterschieden werden (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 27, BAGE 118, 36). Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Verluste aufgrund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden, hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Hätte der betriebstreue Arbeitnehmer die in seine Aus- oder Weiterbildung investierten Betriebsausgaben aber dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet. Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vor, berücksichtigt sie nicht die wechselseitig anzuerkennenden Interessen beider Vertragspartner, sondern einseitig nur diejenigen des Arbeitgebers. Damit benachteiligt eine solche Klausel den Arbeitnehmer unangemessen (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 6 AZR 383/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 157).
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Die in Nr. 5 Satz 1 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 enthaltene Rückzahlungsklausel differenziert bei der Kündigung des Arbeitnehmers nicht danach, wessen Verantwortungs- und Risikobereich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzurechnen ist. Der Arbeitnehmer soll im Falle einer selbst ausgesprochenen Kündigung auch dann mit den Ausbildungskosten belastet werden, wenn er sich wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers als zur Eigenkündigung berechtigt ansehen darf oder seine Kündigung dadurch verursacht ist, dass der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, dem Arbeitnehmer einen seinen verbesserten beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz zuzuweisen (vgl. zu dieser Fallgestaltung BAG 5. Dezember 2002 - 6 AZR 537/00 - zu I 2 c der Gründe, AP BBiG § 5 Nr. 11). In solchen Fallkonstellationen ist die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht dem Arbeitnehmer zuzurechnen. Dieser kann die Rückführung der Aufwendungen durch weitere Betriebstreue nicht mehr erreichen. Eine sachliche Grundlage für seine Kostenbeteiligung, die diese als angemessenen Interessenausgleich erscheinen lässt, gibt es nicht.
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4. Vor diesem Hintergrund hatte der Senat nicht zu entscheiden, ob die Rückzahlungsvereinbarung auch deshalb unwirksam ist, weil sie erst unter dem Datum 31. Januar 2006 und damit mehrere Monate nach Beginn und unmittelbar vor der in Aussicht genommenen Beendigung der Ausbildung unterzeichnet wurde.
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II. Die Klausel in Nr. 5 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung vom 31. Januar 2006 ist auch nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass der Arbeitnehmer nur bei einer seinem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Eigenkündigung zur Rückzahlung der Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies würde eine geltungserhaltende Reduktion darstellen, die im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich ist. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Daran ändert auch Nr. 9 Satz 2 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung nichts.
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1. Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. § 306 BGB sieht eine solche Rechtsfolge nicht vor. Eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre auch nicht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar. Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis anzuwendenden Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Vertragspartner des Verwenders soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem formulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel lässt sich jedoch nicht erreichen, wenn jeder Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst die Grenze dessen unterschreiten könnte, was er zu seinen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise vereinbaren durfte und das gerade noch Zulässige trotzdem gölte. Würde dies als zulässig angesehen, hätte das zur Folge, dass der Vertragspartner des Verwenders in der Vertragsabwicklungspraxis mit überzogenen Klauseln konfrontiert würde. Erst in einem Prozess könnte er gegebenenfalls alle Rechte und Pflichten zuverlässig erfahren. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko seiner Klauselunwirksamkeit tragen (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 der Gründe, BAGE 115, 19; BGH 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81 - zu II 3 b der Gründe, BGHZ 84, 109). Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 39, BAGE 116, 66).
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2. Die Rückzahlungsklausel ist auch nicht lediglich insoweit teilunwirksam, als die Rückzahlungsverpflichtung für Gründe gelten soll, die in den Risiko- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fallen. Die Klausel ist hinsichtlich des Beendigungstatbestandes „Kündigung des Arbeitnehmers“ nicht teilbar.
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a) Eine Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil kommt nur in Betracht, wenn der unzulässige Teil sprachlich und inhaltlich eindeutig abtrennbar ist. In einem solchen Fall wird nicht im Wege der Auslegung eine zu weitgehende Klausel so neu gefasst, dass sie für den Verwender möglichst günstig, aber rechtlich gerade noch zulässig ist. Vielmehr liegt eine sprachlich und inhaltlich teilbare Klauselfassung vor, die ohne ihre unzulässigen Bestandteile mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden kann (vgl. BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - zu II 2 d aa der Gründe, BAGE 114, 97). Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen. Die Zerlegung einer ihrem Wortlaut und Sinn nach einheitlichen Regelung in selbständige Regelungen ist dagegen nicht zulässig.
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b) In diesem Sinne ist die streitbefangene Klausel nicht teilbar. Sie enthält keine verschiedenen, nur äußerlich zusammengefassten Regelungen. Teilbar ist die Klausel zwar insoweit, als sie nach Kündigung des Arbeitnehmers einerseits und Kündigung des Arbeitgebers andererseits unterscheidet. Hinsichtlich der Kündigung des Arbeitnehmers ist sie aber unteilbar, da sie keine Differenzierung enthält. Dies vermag jedoch dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen, denn durch eine Streichung des Beendigungstatbestandes „Kündigung des Arbeitnehmers“ entfällt die Anspruchsgrundlage.
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3. Gesetzliche Vorschriften oder richterrechtliche Rechtsgrundsätze, die nach § 306 Abs. 2 BGB an Stelle der unwirksamen Rückzahlungsklausel zur Anwendung kommen und einen Rückzahlungsanspruch zu Gunsten der Klägerin begründen könnten, bestehen nicht(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 33, BAGE 118, 36).
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4. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet ebenfalls aus. Anderenfalls käme es im vorliegenden Fall zu einem Unterlaufen der gesetzlichen Wertvorstellungen des § 307 BGB, ohne dass Nr. 9 Satz 2 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung daran etwas zu ändern vermag.
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a) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies verlangt zumindest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 140; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19).
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b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Klausel. Im Zeitpunkt der Verwendung der Klausel Ende Januar 2006 war bereits bekannt, dass eine Rückzahlungsklausel unwirksam ist, die an Beendigungstatbestände eine Rückzahlungspflicht knüpft, deren Ursache der Verantwortungssphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Das ergab sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Mai 1998 (- 5 AZR 535/97 - zu II 4 der Gründe, BAGE 88, 340).
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c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der salvatorischen Klausel in Nr. 9 Satz 2 der Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung. Mit dieser Ersetzungsklausel wurde die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wurde. Zudem wurden die Rechte und Pflichten des Vertragspartners entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht klar und durchschaubar dargestellt. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 BGB; vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 c der Gründe, BAGE 115, 19; BGH 22. November 2001 - VII ZR 208/00 - zu II 3 der Gründe, BB 2002, 592).
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5. Ob der Beklagte von der Klägerin zur Kündigung veranlasst wurde, ist nicht entscheidungserheblich. Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38, BAGE 118, 36; BGH 28. Oktober 1981 - VIII ZR 302/80 - BGHZ 82, 121).
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III. Da die Rückzahlungsklausel, soweit sie die Rückzahlung an die Eigenkündigung des Arbeitnehmers knüpft, ersatzlos entfällt, kann dahinstehen, ob die vom Beklagten erklärte Anfechtung der Vereinbarung durchgreift und welche Rechtsfolgen dies hätte.
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IV. Eine andere Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren als die Vereinbarung über Ausbildungskostenerstattung wird von der Klägerin nicht geltend gemacht.
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B. Über den vom Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 22, 23 KunstUrhG hatte der Senat nicht zu entscheiden. Der Anspruch wurde vom Beklagten nur für den Fall zur Aufrechnung gestellt, dass die Klägerin mit ihrem Anspruch auf Erstattung der Aus- bzw. Weiterbildungskosten durchdringt. Diese Bedingung ist nach dem oben unter A. Gesagten nicht eingetreten.
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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.
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Zwanziger
Schlewing
Spinner
Schmidt
Wischnath
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.
3Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
42. Art der Tätigkeit
5… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …
66. Vergütung
7a.) Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.
8b.) Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.
9c.) Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …
1013. Wettbewerbsverbot
11Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …
1216. Salvatorische Klausel
13Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.
14Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und - nur beim Umsatz - mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:
153. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
16Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.
17Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
18Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.
19Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:
20Sehr geehrter Herr K,
21Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.
22Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:
23Kläger:
24Punkt 6b - Bonusregelung:
25In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.
26Beklagte:
27Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.
28Kläger:
29Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.
30Beklagte:
31Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.
32Kläger:
33Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …
34Beklagte:
35Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.
36Kläger:
37… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …
38Kläger:
39Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:
401b - Ziele:
41Dieses Ziel war nicht im Gespräch.
42Beklagte:
43Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.
44Kläger:
453 - Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:
46… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.
47Beklagte:
48Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …
49Kläger:
50Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.
51Beklagte:
52Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.
53Kläger:
54Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.
55Beklagte:
56Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.
57Kläger:
58Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).
59Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.
60Beklagte:
61Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.
62Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte - vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten - im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.
63Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:
64Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.
65Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:
663. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
67Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.
68Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.
69Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.
70Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.
71Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.
72Der Kläger hat beantragt,
73- 74
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 76
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 78
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.
82Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.
83Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.
84Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.
85Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.
86Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.
87Der Kläger beantragt,
88- 89
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 91
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 93
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,
- 95
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;
- 97
5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
99die Berufung zurückzuweisen.
100Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.
101Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.
102Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.
103Entscheidungsgründe
104Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).
105I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.
1061. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.
107a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).
108Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.
109b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.
110Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder - alternativ - eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.
111aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).
112bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.
113(1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.
114Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.
115(2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.
116Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.
117Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.
1182. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
119a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).
120b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).
121Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).
122Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.
123c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung - eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt - zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.
1243. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.
125II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.
1261. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.
127a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).
128aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.
129bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.
130Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.
131cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).
132Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
133Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.
134b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.
135aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.
136bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.
137(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht - auch beim Provisionsvorschuss - selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).
138Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.
139(2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.
140(a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.
141(b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.
142Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.
143(c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.
144cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.
1452. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.
146a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.
147aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.
148bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
149(1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.
150(a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).
151(b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).
152Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.
153(2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
154(a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).
155Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
156(b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.
157(c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
158(aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.
159(bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.
160(aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.
161Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.
162(bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
163Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.
164(ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.
165Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).
166Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger - eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt - bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
167(ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).
168Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.
169(eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).
170Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
171(fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).
172Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.
173cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.
174b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.
175aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.
176bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.
177Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.
178In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.
179cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.
180dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.
1813. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
182III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.
183Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.
184Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.
185IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.
3Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
42. Art der Tätigkeit
5… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …
66. Vergütung
7a.) Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.
8b.) Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.
9c.) Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …
1013. Wettbewerbsverbot
11Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …
1216. Salvatorische Klausel
13Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.
14Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und - nur beim Umsatz - mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:
153. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
16Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.
17Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
18Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.
19Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:
20Sehr geehrter Herr K,
21Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.
22Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:
23Kläger:
24Punkt 6b - Bonusregelung:
25In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.
26Beklagte:
27Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.
28Kläger:
29Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.
30Beklagte:
31Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.
32Kläger:
33Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …
34Beklagte:
35Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.
36Kläger:
37… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …
38Kläger:
39Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:
401b - Ziele:
41Dieses Ziel war nicht im Gespräch.
42Beklagte:
43Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.
44Kläger:
453 - Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:
46… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.
47Beklagte:
48Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …
49Kläger:
50Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.
51Beklagte:
52Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.
53Kläger:
54Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.
55Beklagte:
56Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.
57Kläger:
58Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).
59Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.
60Beklagte:
61Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.
62Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte - vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten - im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.
63Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:
64Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.
65Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:
663. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
67Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.
68Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.
69Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.
70Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.
71Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.
72Der Kläger hat beantragt,
73- 74
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 76
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 78
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.
82Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.
83Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.
84Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.
85Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.
86Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.
87Der Kläger beantragt,
88- 89
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 91
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 93
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,
- 95
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;
- 97
5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
99die Berufung zurückzuweisen.
100Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.
101Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.
102Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.
103Entscheidungsgründe
104Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).
105I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.
1061. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.
107a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).
108Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.
109b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.
110Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder - alternativ - eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.
111aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).
112bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.
113(1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.
114Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.
115(2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.
116Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.
117Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.
1182. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
119a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).
120b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).
121Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).
122Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.
123c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung - eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt - zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.
1243. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.
125II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.
1261. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.
127a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).
128aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.
129bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.
130Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.
131cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).
132Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
133Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.
134b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.
135aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.
136bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.
137(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht - auch beim Provisionsvorschuss - selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).
138Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.
139(2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.
140(a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.
141(b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.
142Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.
143(c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.
144cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.
1452. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.
146a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.
147aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.
148bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
149(1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.
150(a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).
151(b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).
152Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.
153(2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
154(a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).
155Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
156(b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.
157(c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
158(aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.
159(bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.
160(aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.
161Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.
162(bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
163Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.
164(ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.
165Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).
166Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger - eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt - bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
167(ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).
168Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.
169(eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).
170Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
171(fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).
172Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.
173cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.
174b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.
175aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.
176bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.
177Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.
178In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.
179cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.
180dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.
1813. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
182III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.
183Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.
184Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.
185IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger sind Eigentümer einer Tennis- und Badmintonhalle in Ob., welche sie bis Ende 1994 an eine GmbH verpachtet hatten, deren Gesellschafter und Geschäftsführer ihre Ehefrauen sind. Zum 1. Januar 1995 pachtete der Beklagte die Halle für zehn Jahre an. Er übernahm in dem "Mietvertrag" u.a. die Verpflichtung, die Sportanlage an allen Wochentagen von 8.00 Uhr bis 23.30 Uhr zu betreiben, detaillierte Geschäftsaufzeichnungen unter Hinzuzie-
hung eines Steuerberaters zu fertigen und den Klägern periodisch betriebswirtschaftliche Auswertungen, Summensaldenlisten und Bilanzen vorzulegen. Außer dem "Mietzins", dessen jährliche Anhebung bereits im Vertrag geregelt war, hatte der Beklagte bestimmte Betriebskosten zu tragen. Ferner ist in § 7 des Vertrages bestimmt:
"Mieter ist bekannt, daß Vermieter weitere Sportanlagen besitzt und diese teilweise selbst betreibt, teilweise durch eine Betriebsgesellschaft betreiben läßt. Mieter sichert zu, zum gemeinsamen Nutzen bei der Vermarktung der Sportanlagen eng mit Vermieter zusammenzuarbeiten. Um sich zum Kunden hin geschlossen zu präsentieren, ergeben sich folgende Notwendigkeiten: 1. Mieter wird unter dem Logo 'O.' arbeiten. Briefbögen und Werbeunterlagen wird Vermieter dem Mieter zu Selbstkosten zur Verfügung stellen. 2. Die Kosten gemeinschaftlicher Werbungen ... werden im Verhältnis der Nutzflächen der unter dem Logo 'O.' betriebenen Sportanlagen aufgeteilt. 3. Mieter wird die von Vermieter vor einem jeden Saisonbeginn vorgegebenen Abonnement- und Einzelstundenpreise übernehmen. ... Ohne schriftliche Zusicherung des Vermieters ist es Mieter untersagt, Rabatte an Abonnenten zu gewähren. ... ... 5. Im Rahmen der gedeihlichen Zusammenarbeit sind Nachfrageüberhänge sofort dem Vermieter zu benennen. Vermieter sichert zu, gleichermaßen zu handeln und die unter dem Logo 'O.' auftretenden Betriebsgesellschaften entsprechend gleichlautend zu verpflichten. ..." § 21 enthält folgende "Salvatorische Klausel":
"1. Sollte eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam oder nichtig sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. 2. Die Parteien verpflichten sich, unwirksame oder nichtige Klauseln durch rechtswirksame zu ersetzen, die dem wirtschaftlich Gewollten am nächsten kommen. Das gleiche gilt, falls der Vertrag eine ergänzungsbedürftige Lükke enthalten sollte."
Die in diesem Vertrag genannten anderen ’O.’-Tennishallen befinden sich ebenfalls in Ob.. Betreiberinnen sind zwei Gesellschaften, an denen die Kläger und ihre Ehefrauen beteiligt sind.
Die Kläger haben den Vertrag im Februar 1998 fristlos gekündigt, nachdem der Beklagte sowohl mit den "Mietzinsen" als auch mit den Betriebskosten in Rückstand geraten war. Mit der Klage verlangen sie von dem Beklagten Zahlung der ausstehenden Beträge von insgesamt 67.919,78 DM. Dieser hat hilfsweise mit einem Schadenersatzanspruch in Höhe von 120.000 DM wegen angeblicher Täuschung über die Rentabilität der Anlage die Aufrechnung erklärt.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme entsprochen. Die Berufung des Beklagten hat der Kartellsenat des Berufungsgerichts, an den die Sache im zweiten Rechtszug abgegeben worden ist, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Auffassung, daß der "Mietvertrag" der Parteien trotz der von ihm zutreffend als nichtig angesehenen Preisbindungsklausel in § 7 Nr. 3 mit Rücksicht auf die "Salvatorische Klausel" in § 21 des Vertrages wirksam ist, liegt zwar auf der Linie des Senatsurteils vom 8. Februar 1994 (KZR 2/93, WuW/E 2909, 2913 - Pronuptia II); an dieser Rechtsprechung hält der Senat indessen nicht fest. Bei Schaffung des § 139 BGB hat sich der Gesetzgeber bewußt von der ganz herrschenden Auffassung im Gemeinen Recht abgewandt, nach der die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts sich
nicht auf die übrigen Teile desselben erstrecken sollte (vgl. Dernburg, Die Allgemeinen Lehren des bürgerlichen Rechts, 1902, § 119 I S. 355; Enneccerus/ Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 13. Aufl., Bd. 1, § 189 IV 1 S. 615 Fn. 15). Während der Verfasser des Vorentwurfs zum Allgemeinen Teil des BGB, Gebhard, in diesen Fällen eher zur Annahme einer Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts neigte (vgl. Schubert, Vorentwurf zum Allgemeinen Teil, Bd. 2 S. 214 f.), wollte die I. Kommission dies nur dann gelten lassen, "sofern nicht erhellt, daß es (scil. das Rechtsgeschäft) auch ohne die ungültige Bestimmung gewollt sein würde" (Motive bei Mugdan I S. 475). Da "die Verbindung für die innere Zusammengehörigkeit" spreche, im Einzelfall aber anderes gewollt sein könne, hat der Gesetzgeber Veranlassung gesehen, durch den jetzigen § 139 BGB "die Beweislage" zu regeln (Motive aaO).
Die weit verbreiteten, in der Regel standardmäßig verwendeten salvatorischen Erhaltens- und Ersetzungsklauseln besagen danach - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht, daß die von dem Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfaßten Teile des Geschäfts unter allen Umständen - begrenzt allein durch den ordre public - als wirksam behandelt werden sollen. Sie enthalten vielmehr nur eine Bestimmung über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der bei § 139 BGB stets vorzunehmenden Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten lassen. Während bei Fehlen einer salvatorischen Erhaltensklausel die Vertragspartei, welche das teilnichtige Geschäft aufrechterhalten will, darlegungs- und beweispflichtig ist, trifft die entsprechende Pflicht, wenn - wie im hier zu entscheidenden Fall - eine solche Klausel vereinbart ist, denjenigen , der den ganzen Vertrag verwerfen will. Nur bei diesem Verständnis salvatorischer Vertragsklauseln erhält der Gesichtspunkt die ihm zukommende Beachtung, daß es auf die Bedeutung der nichtigen Bestimmung für den gan-
zen Vertrag ankommt, ob dieser auch ohne dieselbe noch eine sinnvolle und ausgewogene Regelung der beiderseitigen Interessen enthält und deswegen anzunehmen ist, er solle nach dem übereinstimmenden Willen beider Beteiligten auch ohne die nichtige Bestimmung wirksam sein.
Diese Beurteilung salvatorischer Erhaltensklauseln entspricht nicht nur der Rechtsprechung anderer Zivilsenate des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 11.10.1995 - VIII ZR 25/94, LM Nr. 83 zu § 139 BGB; Urt. v. 4.12.1996 - VIII ZR 360/95, LM Nr. 85 zu § 139 BGB; Urt. v. 30.1.1997 - IX ZR 133/96, LM Nr. 86 zu § 139 BGB; ferner OLG Stuttgart ZIP 1989, 60, 63 mit Nichtannahmebeschluß des Senats v. 10.10.1989 - KZR 26/88), sie wird auch ganz überwiegend vom Schrifttum vertreten (grundlegend Flume, Das Rechtsgeschäft, § 32, 3 S. 575; Ulmer FS Steindorff S. 799, 804 f.; MünchKomm. z. BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 139 Rdn. 5; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 139 Rdn. 36; Erman/Palm, BGB, 9. Aufl., § 139 Rdn. 10; zweifelnd nur Staudinger /Roth, BGB [1996], § 139 Rdn. 22). Durchgreifende Gründe, für den Anwendungsbereich des GWB hiervon Ausnahmen zuzulassen, bestehen nicht.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zugunsten des Beklagten konnte lediglich als revisionsrechtlich richtig unterstellt werden, daß der "Mietvertrag", aus dem die Kläger ihre Ansprüche herleiten, ohne die nichtige Klausel des § 7
nicht geschlossen worden wäre. Ob diese Behauptung zutrifft, hat das Oberlandesgericht in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren zu klären.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger sind Eigentümer einer Tennis- und Badmintonhalle in Ob., welche sie bis Ende 1994 an eine GmbH verpachtet hatten, deren Gesellschafter und Geschäftsführer ihre Ehefrauen sind. Zum 1. Januar 1995 pachtete der Beklagte die Halle für zehn Jahre an. Er übernahm in dem "Mietvertrag" u.a. die Verpflichtung, die Sportanlage an allen Wochentagen von 8.00 Uhr bis 23.30 Uhr zu betreiben, detaillierte Geschäftsaufzeichnungen unter Hinzuzie-
hung eines Steuerberaters zu fertigen und den Klägern periodisch betriebswirtschaftliche Auswertungen, Summensaldenlisten und Bilanzen vorzulegen. Außer dem "Mietzins", dessen jährliche Anhebung bereits im Vertrag geregelt war, hatte der Beklagte bestimmte Betriebskosten zu tragen. Ferner ist in § 7 des Vertrages bestimmt:
"Mieter ist bekannt, daß Vermieter weitere Sportanlagen besitzt und diese teilweise selbst betreibt, teilweise durch eine Betriebsgesellschaft betreiben läßt. Mieter sichert zu, zum gemeinsamen Nutzen bei der Vermarktung der Sportanlagen eng mit Vermieter zusammenzuarbeiten. Um sich zum Kunden hin geschlossen zu präsentieren, ergeben sich folgende Notwendigkeiten: 1. Mieter wird unter dem Logo 'O.' arbeiten. Briefbögen und Werbeunterlagen wird Vermieter dem Mieter zu Selbstkosten zur Verfügung stellen. 2. Die Kosten gemeinschaftlicher Werbungen ... werden im Verhältnis der Nutzflächen der unter dem Logo 'O.' betriebenen Sportanlagen aufgeteilt. 3. Mieter wird die von Vermieter vor einem jeden Saisonbeginn vorgegebenen Abonnement- und Einzelstundenpreise übernehmen. ... Ohne schriftliche Zusicherung des Vermieters ist es Mieter untersagt, Rabatte an Abonnenten zu gewähren. ... ... 5. Im Rahmen der gedeihlichen Zusammenarbeit sind Nachfrageüberhänge sofort dem Vermieter zu benennen. Vermieter sichert zu, gleichermaßen zu handeln und die unter dem Logo 'O.' auftretenden Betriebsgesellschaften entsprechend gleichlautend zu verpflichten. ..." § 21 enthält folgende "Salvatorische Klausel":
"1. Sollte eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam oder nichtig sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. 2. Die Parteien verpflichten sich, unwirksame oder nichtige Klauseln durch rechtswirksame zu ersetzen, die dem wirtschaftlich Gewollten am nächsten kommen. Das gleiche gilt, falls der Vertrag eine ergänzungsbedürftige Lükke enthalten sollte."
Die in diesem Vertrag genannten anderen ’O.’-Tennishallen befinden sich ebenfalls in Ob.. Betreiberinnen sind zwei Gesellschaften, an denen die Kläger und ihre Ehefrauen beteiligt sind.
Die Kläger haben den Vertrag im Februar 1998 fristlos gekündigt, nachdem der Beklagte sowohl mit den "Mietzinsen" als auch mit den Betriebskosten in Rückstand geraten war. Mit der Klage verlangen sie von dem Beklagten Zahlung der ausstehenden Beträge von insgesamt 67.919,78 DM. Dieser hat hilfsweise mit einem Schadenersatzanspruch in Höhe von 120.000 DM wegen angeblicher Täuschung über die Rentabilität der Anlage die Aufrechnung erklärt.
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme entsprochen. Die Berufung des Beklagten hat der Kartellsenat des Berufungsgerichts, an den die Sache im zweiten Rechtszug abgegeben worden ist, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dessen Auffassung, daß der "Mietvertrag" der Parteien trotz der von ihm zutreffend als nichtig angesehenen Preisbindungsklausel in § 7 Nr. 3 mit Rücksicht auf die "Salvatorische Klausel" in § 21 des Vertrages wirksam ist, liegt zwar auf der Linie des Senatsurteils vom 8. Februar 1994 (KZR 2/93, WuW/E 2909, 2913 - Pronuptia II); an dieser Rechtsprechung hält der Senat indessen nicht fest. Bei Schaffung des § 139 BGB hat sich der Gesetzgeber bewußt von der ganz herrschenden Auffassung im Gemeinen Recht abgewandt, nach der die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts sich
nicht auf die übrigen Teile desselben erstrecken sollte (vgl. Dernburg, Die Allgemeinen Lehren des bürgerlichen Rechts, 1902, § 119 I S. 355; Enneccerus/ Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 13. Aufl., Bd. 1, § 189 IV 1 S. 615 Fn. 15). Während der Verfasser des Vorentwurfs zum Allgemeinen Teil des BGB, Gebhard, in diesen Fällen eher zur Annahme einer Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts neigte (vgl. Schubert, Vorentwurf zum Allgemeinen Teil, Bd. 2 S. 214 f.), wollte die I. Kommission dies nur dann gelten lassen, "sofern nicht erhellt, daß es (scil. das Rechtsgeschäft) auch ohne die ungültige Bestimmung gewollt sein würde" (Motive bei Mugdan I S. 475). Da "die Verbindung für die innere Zusammengehörigkeit" spreche, im Einzelfall aber anderes gewollt sein könne, hat der Gesetzgeber Veranlassung gesehen, durch den jetzigen § 139 BGB "die Beweislage" zu regeln (Motive aaO).
Die weit verbreiteten, in der Regel standardmäßig verwendeten salvatorischen Erhaltens- und Ersetzungsklauseln besagen danach - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht, daß die von dem Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfaßten Teile des Geschäfts unter allen Umständen - begrenzt allein durch den ordre public - als wirksam behandelt werden sollen. Sie enthalten vielmehr nur eine Bestimmung über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der bei § 139 BGB stets vorzunehmenden Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten lassen. Während bei Fehlen einer salvatorischen Erhaltensklausel die Vertragspartei, welche das teilnichtige Geschäft aufrechterhalten will, darlegungs- und beweispflichtig ist, trifft die entsprechende Pflicht, wenn - wie im hier zu entscheidenden Fall - eine solche Klausel vereinbart ist, denjenigen , der den ganzen Vertrag verwerfen will. Nur bei diesem Verständnis salvatorischer Vertragsklauseln erhält der Gesichtspunkt die ihm zukommende Beachtung, daß es auf die Bedeutung der nichtigen Bestimmung für den gan-
zen Vertrag ankommt, ob dieser auch ohne dieselbe noch eine sinnvolle und ausgewogene Regelung der beiderseitigen Interessen enthält und deswegen anzunehmen ist, er solle nach dem übereinstimmenden Willen beider Beteiligten auch ohne die nichtige Bestimmung wirksam sein.
Diese Beurteilung salvatorischer Erhaltensklauseln entspricht nicht nur der Rechtsprechung anderer Zivilsenate des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 11.10.1995 - VIII ZR 25/94, LM Nr. 83 zu § 139 BGB; Urt. v. 4.12.1996 - VIII ZR 360/95, LM Nr. 85 zu § 139 BGB; Urt. v. 30.1.1997 - IX ZR 133/96, LM Nr. 86 zu § 139 BGB; ferner OLG Stuttgart ZIP 1989, 60, 63 mit Nichtannahmebeschluß des Senats v. 10.10.1989 - KZR 26/88), sie wird auch ganz überwiegend vom Schrifttum vertreten (grundlegend Flume, Das Rechtsgeschäft, § 32, 3 S. 575; Ulmer FS Steindorff S. 799, 804 f.; MünchKomm. z. BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 139 Rdn. 5; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 139 Rdn. 36; Erman/Palm, BGB, 9. Aufl., § 139 Rdn. 10; zweifelnd nur Staudinger /Roth, BGB [1996], § 139 Rdn. 22). Durchgreifende Gründe, für den Anwendungsbereich des GWB hiervon Ausnahmen zuzulassen, bestehen nicht.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Zugunsten des Beklagten konnte lediglich als revisionsrechtlich richtig unterstellt werden, daß der "Mietvertrag", aus dem die Kläger ihre Ansprüche herleiten, ohne die nichtige Klausel des § 7
nicht geschlossen worden wäre. Ob diese Behauptung zutrifft, hat das Oberlandesgericht in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren zu klären.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.
3Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
42. Art der Tätigkeit
5… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …
66. Vergütung
7a.) Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.
8b.) Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.
9c.) Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …
1013. Wettbewerbsverbot
11Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …
1216. Salvatorische Klausel
13Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.
14Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und - nur beim Umsatz - mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:
153. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
16Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.
17Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
18Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.
19Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:
20Sehr geehrter Herr K,
21Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.
22Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:
23Kläger:
24Punkt 6b - Bonusregelung:
25In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.
26Beklagte:
27Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.
28Kläger:
29Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.
30Beklagte:
31Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.
32Kläger:
33Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …
34Beklagte:
35Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.
36Kläger:
37… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …
38Kläger:
39Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:
401b - Ziele:
41Dieses Ziel war nicht im Gespräch.
42Beklagte:
43Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.
44Kläger:
453 - Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:
46… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.
47Beklagte:
48Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …
49Kläger:
50Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.
51Beklagte:
52Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.
53Kläger:
54Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.
55Beklagte:
56Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.
57Kläger:
58Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).
59Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.
60Beklagte:
61Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.
62Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte - vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten - im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.
63Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:
64Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.
65Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:
663. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
67Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.
68Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.
69Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.
70Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.
71Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.
72Der Kläger hat beantragt,
73- 74
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 76
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 78
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.
82Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.
83Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.
84Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.
85Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.
86Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.
87Der Kläger beantragt,
88- 89
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 91
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 93
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,
- 95
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;
- 97
5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
99die Berufung zurückzuweisen.
100Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.
101Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.
102Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.
103Entscheidungsgründe
104Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).
105I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.
1061. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.
107a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).
108Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.
109b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.
110Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder - alternativ - eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.
111aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).
112bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.
113(1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.
114Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.
115(2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.
116Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.
117Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.
1182. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
119a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).
120b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).
121Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).
122Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.
123c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung - eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt - zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.
1243. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.
125II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.
1261. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.
127a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).
128aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.
129bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.
130Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.
131cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).
132Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
133Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.
134b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.
135aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.
136bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.
137(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht - auch beim Provisionsvorschuss - selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).
138Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.
139(2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.
140(a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.
141(b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.
142Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.
143(c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.
144cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.
1452. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.
146a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.
147aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.
148bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
149(1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.
150(a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).
151(b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).
152Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.
153(2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
154(a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).
155Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
156(b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.
157(c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
158(aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.
159(bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.
160(aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.
161Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.
162(bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
163Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.
164(ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.
165Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).
166Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger - eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt - bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
167(ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).
168Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.
169(eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).
170Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
171(fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).
172Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.
173cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.
174b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.
175aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.
176bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.
177Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.
178In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.
179cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.
180dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.
1813. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
182III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.
183Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.
184Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.
185IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.
3Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
42. Art der Tätigkeit
5… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …
66. Vergütung
7a.) Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.
8b.) Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.
9c.) Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …
1013. Wettbewerbsverbot
11Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …
1216. Salvatorische Klausel
13Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.
14Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und - nur beim Umsatz - mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:
153. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
16Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.
17Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
18Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.
19Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:
20Sehr geehrter Herr K,
21Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.
22Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:
23Kläger:
24Punkt 6b - Bonusregelung:
25In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.
26Beklagte:
27Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.
28Kläger:
29Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.
30Beklagte:
31Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.
32Kläger:
33Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …
34Beklagte:
35Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.
36Kläger:
37… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …
38Kläger:
39Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:
401b - Ziele:
41Dieses Ziel war nicht im Gespräch.
42Beklagte:
43Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.
44Kläger:
453 - Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:
46… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.
47Beklagte:
48Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …
49Kläger:
50Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.
51Beklagte:
52Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.
53Kläger:
54Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.
55Beklagte:
56Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.
57Kläger:
58Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).
59Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.
60Beklagte:
61Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.
62Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte - vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten - im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.
63Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:
64Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.
65Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:
663. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
67Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.
68Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.
69Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.
70Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.
71Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.
72Der Kläger hat beantragt,
73- 74
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 76
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 78
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.
82Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.
83Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.
84Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.
85Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.
86Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.
87Der Kläger beantragt,
88- 89
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 91
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 93
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,
- 95
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;
- 97
5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
99die Berufung zurückzuweisen.
100Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.
101Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.
102Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.
103Entscheidungsgründe
104Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).
105I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.
1061. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.
107a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).
108Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.
109b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.
110Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder - alternativ - eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.
111aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).
112bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.
113(1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.
114Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.
115(2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.
116Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.
117Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.
1182. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
119a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).
120b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).
121Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).
122Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.
123c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung - eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt - zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.
1243. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.
125II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.
1261. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.
127a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).
128aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.
129bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.
130Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.
131cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).
132Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
133Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.
134b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.
135aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.
136bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.
137(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht - auch beim Provisionsvorschuss - selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).
138Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.
139(2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.
140(a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.
141(b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.
142Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.
143(c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.
144cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.
1452. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.
146a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.
147aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.
148bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
149(1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.
150(a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).
151(b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).
152Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.
153(2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
154(a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).
155Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
156(b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.
157(c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
158(aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.
159(bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.
160(aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.
161Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.
162(bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
163Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.
164(ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.
165Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).
166Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger - eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt - bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
167(ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).
168Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.
169(eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).
170Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
171(fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).
172Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.
173cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.
174b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.
175aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.
176bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.
177Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.
178In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.
179cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.
180dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.
1813. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
182III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.
183Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.
184Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.
185IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.
3Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
42. Art der Tätigkeit
5… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …
66. Vergütung
7a.) Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.
8b.) Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.
9c.) Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …
1013. Wettbewerbsverbot
11Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …
1216. Salvatorische Klausel
13Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.
14Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und - nur beim Umsatz - mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:
153. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
16Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.
17Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
18Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.
19Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:
20Sehr geehrter Herr K,
21Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.
22Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:
23Kläger:
24Punkt 6b - Bonusregelung:
25In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.
26Beklagte:
27Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.
28Kläger:
29Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.
30Beklagte:
31Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.
32Kläger:
33Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …
34Beklagte:
35Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.
36Kläger:
37… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …
38Kläger:
39Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:
401b - Ziele:
41Dieses Ziel war nicht im Gespräch.
42Beklagte:
43Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.
44Kläger:
453 - Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:
46… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.
47Beklagte:
48Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …
49Kläger:
50Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.
51Beklagte:
52Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.
53Kläger:
54Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.
55Beklagte:
56Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.
57Kläger:
58Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).
59Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.
60Beklagte:
61Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.
62Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte - vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten - im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.
63Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:
64Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.
65Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:
663. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
67Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.
68Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.
69Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.
70Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.
71Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.
72Der Kläger hat beantragt,
73- 74
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 76
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 78
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.
82Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.
83Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.
84Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.
85Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.
86Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.
87Der Kläger beantragt,
88- 89
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 91
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 93
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,
- 95
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;
- 97
5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
99die Berufung zurückzuweisen.
100Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.
101Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.
102Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.
103Entscheidungsgründe
104Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).
105I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.
1061. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.
107a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).
108Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.
109b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.
110Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder - alternativ - eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.
111aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).
112bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.
113(1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.
114Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.
115(2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.
116Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.
117Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.
1182. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
119a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).
120b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).
121Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).
122Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.
123c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung - eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt - zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.
1243. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.
125II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.
1261. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.
127a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).
128aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.
129bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.
130Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.
131cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).
132Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
133Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.
134b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.
135aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.
136bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.
137(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht - auch beim Provisionsvorschuss - selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).
138Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.
139(2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.
140(a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.
141(b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.
142Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.
143(c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.
144cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.
1452. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.
146a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.
147aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.
148bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
149(1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.
150(a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).
151(b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).
152Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.
153(2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
154(a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).
155Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
156(b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.
157(c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
158(aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.
159(bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.
160(aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.
161Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.
162(bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
163Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.
164(ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.
165Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).
166Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger - eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt - bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
167(ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).
168Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.
169(eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).
170Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
171(fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).
172Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.
173cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.
174b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.
175aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.
176bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.
177Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.
178In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.
179cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.
180dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.
1813. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
182III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.
183Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.
184Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.
185IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 22. Mai 2013 (2 Ca 1500/12) teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.800,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von weiteren 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Monate September 2012 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.250,00 Euro seit 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 sowie aus jeweils 1.450,00 Euro seit 1. August 2013 und 1. September 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 47,8 %, die Beklagte zu 52,2 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 43,2 %, die Beklagte zu 56,8 %.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung diverser vom Kläger geltend gemachter Vergütungsansprüche. Es geht zum einen um die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 15.000,00 Euro brutto für die Zeit vom 13. Februar 2012 bis 31. August 2012. Hilfsweise macht der Kläger einen von der Beklagten für hierauf geleistete Vorschusszahlungen im Monat August 2012 einbehaltenen Betrag von 3.000,00 Euro brutto geltend. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Zahlung einer weiteren Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.199,88 Euro brutto sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von insgesamt 30.800,00 Euro brutto.
3Die Beklagte ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Produkten für die UV-Phototherapie. Das Unternehmen ist aus der Insolvenz der Firma T GmbH hervorgegangen, über deren Vermögen das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 1. Juni 2010 (43 IN 580/10) das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Kläger stand vom 13. Februar 2012 bis zum 31. August 2012 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als „Manager International Sales“. Als solcher war er seit dem 1. März 2012 tatsächlich tätig. Grundlage der Tätigkeit des Klägers war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nebst Zielvereinbarung vom 13. Februar 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. K1 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 15 d. A.) Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
42. Art der Tätigkeit
5… Zu seinem Aufgabengebiet gehört die Betreuung und Pflege der bestehenden Vertriebspartner, die Akquise neuer Vertriebspartner in den europäischen Kernmärkten. Desweiteren gehört zu seinen Aufgaben die Marktrecherche der relevanten Märkte und die strukturierte Marktbearbeitung dieser Verkaufsgebiete. Der Arbeitnehmer ist verantwortlich für den Abschluss von Vertriebspartnerverträgen, der Aufstellung von Umsatzforecasts, und er unterstützt die Vertriebspartner bei der Vermarktung der Produkte an ihre Kunden. …
66. Vergütung
7a.) Der Arbeitnehmer erhält ein jährliches Festgehalt von EUR 48.000 (in Worten: achtundvierzig tausend Euro) brutto. Das Festgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten jeweils nachträglich zum letzten Kalendertag des Monats.
8b.) Neben dem genannten Festgehalt erhält der Arbeitnehmer einen Bonus, der sich auf der Grundlage einer jährlich zu vereinbarenden Zielvereinbarung errechnet. Die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 ist als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügt. Die Zielvereinbarungen für die darauf folgenden Jahre werden jeweils bis spätestens zum 15. Dezember des Vorjahres festgelegt. Sie werden automatisch Bestandteil dieses Vertrages.
9c.) Mit der vorgenannten Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber einschließlich Überstunden und Reisezeiten abgegolten. …
1013. Wettbewerbsverbot
11Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ein Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Arbeitgeber in Wettbewerb stehenden Unternehmen zu begründen noch ein Wettbewerbsunternehmen zu errichten oder sich an einem solchen zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. …
1216. Salvatorische Klausel
13Sollten einzelne oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nichtig sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung gilt diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich gewollten am ehesten entspricht. Dies gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit auf das Maß oder den Umfang einer Leistung bezieht. Es gilt dann das rechtlich zulässige Maß bzw. der rechtlich zulässige Umfang.
14Die Zielvereinbarung sah für das Jahr 2012 (März bis Dezember) vor, dass ein Gesamtumsatzziel von 700.000,00 Euro Auslandsumsatz sowie der Abschluss von mindestens 10 neuen Vertriebspartnerverträgen mit einem Forecast-Volumen von durchschnittlich 70.000,00 Euro erreicht werden sollte. Die Bonuszahlungen waren gestaffelt nach dem Grad der Zielerfüllung (50 %, 75 %, 100 % und - nur beim Umsatz - mehr als 100 %). Hinsichtlich des Ziels „Auslandsumsatz“ waren Prämien in Höhe von 12.500,00 Euro, 18.750,00 Euro, 25.000,00 Euro sowie 25.000,00 Euro zuzüglich 6 % vom Umsatz, der den Zielumsatz überschreitet, je nach Grad der Zielerreichung vorgesehen. Bei der Zielgröße „Neue Vertriebspartner“ waren Prämien in Höhe von 2.500,00 Euro, 3.750,00 Euro und 5.000,00 Euro möglich. Sodann heißt es in der Zielvereinbarung weiter:
153. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
16Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto.
17Die Zwischenabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt erstmals zum 30.09.2012 unter Verrechnung der bis dahin geleisteten Vorschusszahlungen. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gesamtabrechnung von Oktober 2012 als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausgezahlt.
18Die Gesamtabrechnung der Zielvereinbarung erfolgt zum 31.12.2012 unter Verrechnung aller in 2012 geleisteten Vorschusszahlungen. Zielerfüllungen unter 50 % werden nicht vergütet. Ein möglicher Überschussbetrag wird mit der Gehaltsabrechnung von Januar des Folgejahres als Bruttobetrag unter Berücksichtigung fälliger Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitnehmer ausbezahlt.
19Die Beklagte hatte zunächst einen von ihr vorformulierten Arbeitsvertragsentwurf nebst Zielvereinbarung dem Kläger unter dem 6. Februar 2012 per Mail zur Voransicht übersandt und auf dessen Anmerkungen hin durch ihren Geschäftsführer unter dem 8. Februar 2012 eine neue Version (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie der E-Mail, Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 20 ff. d. A.) mit folgendem Begleittext gemailt:
20Sehr geehrter Herr K,
21Danke für Ihre Kommentare, die ich der Einfachheit halber im Text gelb hinterlegt beantwortet habe. Eine neue Version des Arbeitsvertrages ist ebenfalls beigefügt.
22Der sich daraus ergebende „Dialog“ hat – soweit hier von Interesse – folgenden Wortlaut:
23Kläger:
24Punkt 6b - Bonusregelung:
25In unserem Gespräch am 02.02.2012 in Ihrem Hause war der Bonus komplett an den Umsätzen festgemacht, in dem Vertragsentwurf splitten Sie den Bonus auf Umsatz und die Gewinnung neuer Vertriebspartner.
26Beklagte:
27Das war in der Bonusrechnung in der Tat nicht erkennbar, wir haben jedoch mit Ihnen ausführlich besprochen, dass wir die Gewinnung von Vertriebspartnern erwarten, da dies die Grundlage für Ihren Umsatz ist, wir haben Ihnen außerdem eine Liste unserer Kontakte vorgetragen, mit der Aussage, dass diese idealerweise Ihre ersten Neuvertriebspartner werden. Dies ist Ihnen sicherlich entgangen.
28Kläger:
29Nach der neuen Regelung kann ich einen 100 %-Bonus nun nicht mehr mit 100 % Umsatzplanerfüllung gleich 700.000,00 Euro Umsatz erreichen, sondern muss mind. 750.000,00 Euro (10 x 75.000,00 Euro) erbringen – gleiches gilt für alle Teilziele.
30Beklagte:
31Das kann man so lesen, wir meinen es aber anders: wir arbeiten mit Forecasts, deren Erfüllung durch die Auslandsvertriebspartner wünschenswert, aber nicht sicher einforderbar sind. Dass heißt, wenn der Forecast 75.000,00 Euro ist und wir nur 70.000,00 Euro erzielen, ist bei zehn Vertriebspartnern der Zielumsatz erfüllt. Zum besseren Verständnis ändern wir im Vertrag die Summe auf zehn Vertriebspartner x durchschnittlich 70.000,00 Euro.
32Kläger:
33Wie bereits im Gespräch erwähnt, habe ich keine Vorstellung von den Märkten, auf die ich mich einlasse und bin auf Ihre Fairness angewiesen – wenn aber schon die Bonusregelung modifiziert wird …
34Beklagte:
35Die Bonusregelung wurde nicht modifiziert, sondern Sie haben erstmals einen detaillierten Arbeitsvertrag von uns erhalten, in dem wir Ihnen unser Modell vom Auslandsvertrieb definiert haben. Es geht hier nicht nur um Ihren Bonus, sondern auch wie die Firma N Auslandsumsätze erwirtschaften will und welche Aufgaben Sie dazu erfüllen müssen.
36Kläger:
37… und in sich nicht stimmig ist, fällt es mir schwer, Ihrer Fairness das entsprechende Vertrauen entgegen zu bringen. …
38Kläger:
39Anlage 1 Zielvereinbarung für das Jahr 2012:
401b - Ziele:
41Dieses Ziel war nicht im Gespräch.
42Beklagte:
43Siehe oben. Doch, genau dieses Ziel ist wichtig – nämlich Vertriebspartner zu gewinnen. Dies haben wir besprochen und jetzt quantifiziert.
44Kläger:
453 - Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung:
46… Die Bonusvorauszahlung wurde als anrechenbar, jedoch nicht rückerstattbar definiert.
47Beklagte:
48Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle. …
49Kläger:
50Die unabgesprochenen Änderungen der Bonusvereinbarung irritieren mich.
51Beklagte:
52Nochmals zur Klärung: Wir haben die Eckwerte Ihres Bonusmodells besprochen und dazu gehörte auch die Akquise von Vertriebspartnern. Wir bitten um Entschuldigung, wenn Sie dies irritiert – wir stellen uns allerdings die Frage, wie Sie Ihre künftige Tätigkeit im Gespräch verstanden haben, wenn Sie nicht an akquirierten Vertriebspartnern gemessen werden möchten.
53Kläger:
54Wie im gemeinsamen Gespräch erläutert, basiert jede Bonusvereinbarung derzeit für mich auf mein blindes Vertrauen in Ihre Fairness. Wenn Sie aber schon die erste wesentliche Grundvereinbarung von den besprochenen Vereinbarungen abweicht, sehe ich keine Basis mehr für mein Vertrauen.
55Beklagte:
56Was heißt das genau: Keine Basis mehr für Vertrauen? Bitte bedenken Sie, dass das „blinde“ Vertrauen in der ersten Phase auf Gegenseitig beruht. Wir investieren in Ihren Arbeitsvertrag plus Einarbeitung plus Reisekosten, und wissen nicht, ob Sie die Aufgabe erfolgreich bewältigen.
57Kläger:
58Ich möchte Ihnen mein Vertrauen einmal in Zahlen ausdrücken: Ich verzichte im Vertragsfall bei der N GmbH auf 32.000,00 € Sicherheit (Differenz meines letzten Fixeinkommens zum jetzigen Fixeinkommen) + Firmenwagen der oberen Mittelklasse (sämtliche Kosten für dienstliche und private Nutzung).
59Der Bonus ist eine Kanngröße, welche ich derzeit nicht ermessen kann und somit 100 % Vertrauensfrage.
60Beklagte:
61Bitte gehen Sie davon aus, dass niemand mehr Interesse hat, dass Sie die Kann-Größe Bonus voll und ganz erreichen, denn dann stimmen unsere Umsatzzahlen und Sie haben ein gutes Einkommen realisiert.
62Der Auslandsumsatz der Beklagten betrug im Jahr 2011 insgesamt 224.972,82 Euro. Die Firma T hatte - vom Kläger zuletzt mit Nichtwissen bestritten - im Jahr 2008 einen Auslandumsatz von 682.666,00 Euro erzielt. Der Gesamtumsatz der Beklagten belief sich im letzten Quartal 2011 auf durchschnittlich 24.642,48 Euro monatlich. Aus der vom Kläger hierzu überreichten Übersicht über den Gesamtumsatz der Beklagten (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.) ergibt sich, dass dieser im Jahr 2011 insgesamt 517.488,43 Euro betrug. Die Umsätze hatten in den letzten drei der Unterzeichnung der Zielvereinbarung vorhergehenden Monaten November, Dezember 2011 und Januar 2012 eine Höhe von 33.317,66, 19.117,46 sowie 54.521,74 Euro erreicht. Alle vorgenannten Zahlen waren dem Kläger vor Unterzeichnung der Zielvereinbarung nicht bekannt.
63Die Beklagte zahlte den in der Zielvereinbarung genannten Vorschuss von 1.000,00 Euro brutto für die Monate März bis Mai 2012 neben der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto an den Kläger aus. Danach stellte sie die Vorschusszahlung ein. In einem zuvor geführten Gespräch am 25. Juni 2012 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten räumte dieser ein, bei der Festlegung der Ziele von falschen Voraussetzungen ausgegangen zu sein und die Marktposition der Beklagten falsch eingeschätzt zu haben. Er erklärte, mit einem fairen Kompromissvorschlag auf den Kläger zukommen zu wollen. In einer vom Kläger gefertigten Gesprächsnotiz (Anlage K13 zum Schriftsatz des Klägers vom 3. April 2013, Bl. 86 d. A.) heißt es hierzu:
64Die geplanten Umsatzziele werden nicht erreicht werden, somit sind auch die Bonusvereinbarung auf der Vertragsbasis nicht zu erreichen. … Für den nächsten Monat möchte Herr T1 daher erst einmal die A-Konto Bonuszahlungen stoppen (mit der ich einen Schuldenberg aufbaue) und mit einem fairen Kompromissvorschlag auf mich zukommen.
65Unter dem 2. Juli 2012 regelten die Parteien die Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 16. d. A.) wie folgt neu:
663. Verrechenbarer Vorschuss und Abrechnung
67Auf die Bonuszahlungen wird dem Arbeitnehmer ein verrechenbarer Vorschuss ausgezahlt. Dieser beträgt monatlich EUR 1000 (eintausend Euro) brutto. Die monatliche Zahlung des verrechenbaren Vorschusses auf die Bonuszahlungen kann in begründeten Fällen ausgesetzt werden.
68Die übrigen Regelungen von Nr. 3 Zielvereinbarung blieben unverändert. Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2012 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung frei (vgl. Ablichtung des Kündigungsschreibens, Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 24 d. A.). Mit der Abrechnung für den Monat August 2012 (vgl. Kopie derselben, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 25 d. A.) behielt die Beklagte von der Grundvergütung einen Betrag von 3.000,00 Euro unter der Bezeichnung „Bonusvorausz. (lfd. Bez.)“ ein. Nach Beendigung der Beschäftigung war der Kläger zunächst bis zum 30. Juni 2013 arbeitslos. Er bezog vom 1. September 2012 bis 31. März 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 75,17 Euro und war danach in der Zeit bis zum 30. Juni 2013 ohne Bezüge. Seit dem 1. Juli 2013 steht der Kläger in einem Arbeitsverhältnis gegen eine Vergütung von monatlich 3.500,00 Euro brutto. Wettbewerb zu der Beklagten betrieb der Kläger im gesamten Zeitraum nicht.
69Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 focht der Kläger die Zielvereinbarung für das Jahr 2012 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. Februar 2012 an. Zugleich machte er einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen des unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung Euro geltend. Des Weiteren verlangte er die Zahlung einer Urlaubsabgeltung für 24 Urlaubstage. Nachdem dies erfolglos geblieben war, erhob der Kläger am 12. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eine entsprechende Klage. Mit einem am 5. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er zusätzlich die Zahlung von Karenzentschädigung für die Monate September 2012 bis März 2013 verlangt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 vorsorglich den Verzicht auf die Einhaltung des in Nr. 13 Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes erklärt.
70Zur Begründung seines Schadensersatzanspruches hat sich der Kläger darauf berufen, dass er die Zielvereinbarung wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Die Beklagte habe dem Kläger weder ihre Gesamtumsatzzahlen des letzten Quartals 2011 noch den Auslandsumsatz in diesem Kalenderjahr mitgeteilt. Insbesondere aus dem Letzteren ergebe sich, dass die Zielvorgaben in der Zielvereinbarung für den Kläger unerreichbar gewesen seien, weil er den Umsatz hätte fast vervierfachen müssen. Die Vereinbarung sei nur deswegen erfolgt, weil der Kläger die bisherige Position der Beklagten am Markt nicht habe einschätzen können und die Beklagte ihm dieses Wissen vorenthalten habe, obwohl er vor Vertragsschluss deutlich gemacht habe, dass die Beklagte einen großen Wissensvorsprung ihm gegenüber habe und er deshalb auf ihre Fairness angewiesen sei.
71Hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Karenzentschädigung hat der Kläger die Auffassung vertreten, aus dem Zusammenspiel der Unwirksamkeit der Nr. 13 Arbeitsvertrag in Verbindung mit der salvatorischen Klausel in Nr. 16 Arbeitsvertrag ergebe sich ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Die Berufung der Beklagten auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsvereinbarung in Nr. 13 Arbeitsvertrag sei nach § 242 BGB unbeachtlich. Der Verzicht der Beklagten sei verspätet erklärt worden.
72Der Kläger hat beantragt,
73- 74
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 76
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 78
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
80die Klage abzuweisen.
81Die Beklagte hat vorgetragen, dass die klägerseitig angefochtene Zielvereinbarung gemeinsam abgestimmt und entwickelt worden sei und die Ziele durchaus erreichbar gewesen seien. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass sich das Unternehmen und insbesondere die Vertriebstätigkeit im Aufbau befunden hätten. Der Kläger sei als einziger Mitarbeiter damit betraut gewesen, die im Ausland bestehenden Vertriebsstrukturen zu vertiefen und neu aufzubauen. Die in der Zielvereinbarung angepeilten Umsatzzahlen seien im Hinblick auf die fehlende Marktdurchdringung einerseits und das Produktportfolio der Beklagten, das aus hochwertigen und damit entsprechend hochpreisigen Produkten aus der Medizintechnik bestehe, andererseits ohne weiteres zu erreichen gewesen. Der Kläger habe über alle Möglichkeiten verfügt, die für ihn vertragswesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Der Anfechtung läge lediglich ein Motivirrtum zugrunde und sei erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Jede Zielvereinbarung habe gewisse Unwägbarkeiten in sich. Es fehle auch die Darlegung, weshalb sich die Frage der in den Vorjahren erzielten Umsätze kausal auf den Abschluss der Zielvereinbarung 2012 ausgewirkt hätte.
82Hinsichtlich der Karenzentschädigung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass eine Heilung des nichtigen Wettbewerbsverbots aufgrund der salvatorischen Klausel schon daran scheitere, dass keine verlässliche Bestimmung des von den Parteien wirtschaftlich Gewollten getroffen werden könne. Zwar liege es im Interesse des Klägers, eine Karenzentschädigung zu erhalten. Dies liege aber nicht im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis habe nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden, in dem ein nur äußerst unzureichender Vertriebserfolg erzielt worden sei. Bereits die gezahlte Vergütung stehe in keinem Verhältnis zu den auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführenden Umsätzen. Zudem werde das Schriftformerfordernis nach § 74 Abs. 1 HGB bei der vom Kläger angenommenen Auslegung nicht gewahrt.
83Das Arbeitsgericht hat durch die hier angefochtene Entscheidung der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Zahlung von 4.800,12 Euro brutto Urlaubsabgeltung verlangt hat, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung könne nur von der Grundvergütung in Höhe von 4.000,00 Euro brutto ausgegangen werden. Darüber hinaus bestünden keine Ansprüche. Die Anfechtung der Zielvereinbarung sei unwirksam. Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten, was Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung sei, sei nicht zu erkennen. Selbst wenn sie von falschen Voraussetzungen bei Abschluss der Zielvereinbarung ausgegangen sei, bedeute dies nicht, dass eine Täuschungsabsicht bestanden habe. Ebenso wenig stehe dem Kläger eine Karenzentschädigung zu. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es keine Regelung für eine Karenzentschädigung enthalte. Dies könne nicht durch die salvatorische Klausel überwunden werden, denn darin liege keine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Nr. 13 Arbeitsvertrag sei eindeutig als einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anzusehen, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 8 bis 11 des Urteils, Bl. 102R bis 104 d. A.) verwiesen.
84Das Urteil wurde dem Kläger am 5. Juni 2013 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2013 eingelegte und mit dem am 5. August 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Zugleich hat er die Klage um die Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate April 2013 bis August 2013 erweitert sowie hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit des Antrages auf Zahlung von Schadensersatz die einbehaltene Vergütung für den Monat August 2012 verlangt.
85Der Kläger hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte eine Aufklärungspflicht verletzt habe, in dem sie über die für den Vertragszweck wesentlichen Umsatzzahlen den Kläger trotz seiner offengelegten Unkenntnis nicht aufgeklärt habe. Dies sei auch arglistig erfolgt, da sich allein aus der objektiven Differenz zwischen erreichten Umsätzen und festgelegten Zielen für die Beklagte bzw. deren Geschäftsführer die Erkenntnis ergeben habe, dass die bestehenden Umsatzzahlen eine für den Kläger zum Vertragsschluss entscheidende Tatsache dargestellt hätten. Es sei nicht erforderlich, dass die Beklagte bewusst die Zielvereinbarung mit Zahlen versehen habe, die tatsächlich nicht erreichbar seien. Sie habe es zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Kläger die Zielvereinbarung mit der Vorgabe dieser Ziele nicht unterzeichnet hätte, wenn er um den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Unternehmensumsatz des Vorjahrs bzw. der Vormonate gewusst hätte. Im Übrigen ergebe sich ein Anspruch aus der Störung der Geschäftsgrundlage. Wenn die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie der Kläger davon ausgegangen sei, dass die Beklagte sich in einem geschäftlichen Umfeld bewege, welches die Erreichung der festgelegten Ziele ermögliche, so sei dies doch tatsächlich nicht der Fall gewesen. Die Geschäftsgrundlage habe von Anfang nicht bestanden. Das Risiko der Nichterreichung der Ziele falle auch nicht ausschließlich in die Sphäre eines der Vertragspartner. Auch der Arbeitgeber habe regelmäßig ein Interesse, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Ziele festzulegen, die dieser auch tatsächlich erreichen könne, da nur dann eine motivierende Wirkung von der Zielvereinbarung ausgehe. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage sei das Entstehen eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrags. Darum habe der Kläger den Geschäftsführer ersucht, welcher ihn in Aussicht gestellt, jedoch gleichwohl nicht gewährt habe. Dem zufolge sei dem Kläger ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte zu ersetzen habe. Für die Ermittlung der Urlaubsabgeltung sei auch dieser Schadensersatzanspruch bei der Berechnung der zu zahlenden Urlaubsvergütung zu berücksichtigen. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz verneint werde, habe der Kläger jedenfalls Anspruch auf weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012. Die Parteien hätten eine Verrechenbarkeit der Vorschüsse mit dem Anspruch auf Bonuszahlung vereinbart, nicht aber mit dem Anspruch auf das Grundgehalt. Dies ergebe sich auch aus der Ausgestaltung der Vertragsänderung vom 2. Juli 2012.
86Darüber hinaus bestehe ein Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung. Im vorliegenden Fall bestehe trotz der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB aufgrund der salvatorischen Klausel eine Grundlage für die Zahlung einer Karenzentschädigung. Dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspreche am ehesten die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots mit einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Es verbiete sich von vornherein anzunehmen, dass das wirtschaftlich Gewollte im Sinne des Arbeitsvertrags eine nichtige Regelung sei. Die Ausgestaltung des Wettbewerbsverbots zeige, dass es der Beklagten auf ein wirksames Wettbewerbsverbot angekommen sei. Zudem sei der Kläger in einem Bereich beschäftigt gewesen, der sich im Aufbau befunden habe. Die verhältnismäßig kurze Tätigkeit des Klägers sei unerheblich. Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung werde diese in voller Höhe bis zum 30. Juni 2013 geschuldet. Für die Monate Juli und August 2013 habe eine Anrechnung der Vergütung aus der neuen Beschäftigung des Klägers nach § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB zu erfolgen.
87Der Kläger beantragt,
88- 89
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 91
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von weiteren 1.199,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Oktober 2012 zu zahlen,
- 93
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate September 2012 bis März 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 18.375,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Oktober 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. November 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Dezember 2012, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Januar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Februar 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. März 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. April 2013 zu zahlen,
- 95
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate April 2013 bis August 2013 eine Karenzentschädigung in Höhe von 12.425,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.625,00 Euro seit dem 1. Mai 2013 auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juni 2013, auf den Betrag von weiteren 2.625,00 Euro seit dem 1. Juli 2013, auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. August 2013 und auf den Betrag von weiteren 2.275,00 Euro seit dem 1. September 2013 zu zahlen;
- 97
5. hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrages zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteren Arbeitslohn für den Monat August 2012 in Höhe von 3.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
99die Berufung zurückzuweisen.
100Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zur Sach- und Rechtslage bestreitet die Beklagte weiterhin, den Kläger arglistig getäuscht zu haben. Es fehle hierfür an jedem Anhaltspunkt hierfür. Die Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage scheitere bereits daran, dass kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich sei, dass die Parteien das Erreichen bestimmter Umsatzziele zur Geschäftsgrundlage gemacht hätten. Es entspreche dem Wesen einer Zielvorgabe, dass es sich um eine Prognose handele, deren Eintritt ungewiss sei. Der Kläger verkenne den Charakter einer umsatzabhängigen Zielvereinbarung. Im Übrigen bedeute Vertragsanpassung nicht, dass der maximal zu erreichende Bonus geschuldet werde. Demensprechend bestehe auch kein Anspruch auf eine höhere Urlaubsabgeltung. Darüber hinaus sei die Verrechnung des Bonusvorschusses mit dem Grundgehalt im Monat August 2012 zu Recht erfolgt. Die Interpretation des Klägers, wonach eine Verrechnung lediglich mit Bonuszahlungen möglich sein soll, finde im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze.
101Des Weiteren bestehe kein Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine solche sei nicht vereinbart, die entsprechende Wettbewerbsabrede im Arbeitsvertrag nichtig. Die salvatorische Klausel rechtfertige nicht die Auslegung, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB in Bezug genommen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Regelung in Anlehnung an die gesetzliche Vorschrift zur Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gewollt habe. Der entgegenstehende Wille ergebe sich aus der eindeutigen Vertragsregelung.
102Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den von den Parteien in Bezug genommenen Inhalt der erst- und zweitinstanzlich zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 11. Januar 2013 und 22. Mai 2013 sowie des Landesarbeitsgerichts am 3. Dezember 2013 Bezug genommen.
103Entscheidungsgründe
104Die insgesamt zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder aus anderen Gründen im Hinblick auf die nicht gezahlte variable Vergütung; dementsprechend ist auch keine höhere Urlaubsabgeltung zu zahlen (I.). Die Beklagte hat jedoch für den Monat August 2012 noch Arbeitslohn in Höhe von 3.000,00 Euro brutto zu leisten und dem Kläger eine Karenzentschädigung, wenn auch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe, für die Monate September 2012 bis August 2013 zu zahlen (II.).
105I. Die Beklagte hat weder eine Bonuszahlung noch eine höhere Urlaubsabgeltung an den Kläger zu leisten.
1061. Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz wegen eines von der Beklagten zu vertretenden unterbliebenen Abschlusses einer Zielvereinbarung besteht nicht, weil die Parteien unter dem 13. Februar 2013 eine wirksame Zielvereinbarung getroffen haben. Insbesondere ist sie nicht aufgrund der Anfechtung des Klägers gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.
107a) Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, so resultiert daraus die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Werden entgegen einer arbeitsvertraglichen Abrede keine Verhandlungen über eine Zielvereinbarung geführt und wird deshalb für eine Zielperiode keine Zielvereinbarung getroffen, hat der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Arbeitgeber das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung zu vertreten hat (vgl. BAG, 12. Dezember 2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 <411, 415>, Rn. 14, 44; 10. Dezember 2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 <257 f.>, Rn. 12 ff.; 12. Mai 2010, 10 AZR 390/09, NZA 2010, 1009 <1010>, Rn. 11). Diese Verhandlungspflicht, die als Nebenpflicht aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung einer nach Zielerreichung zu bestimmenden variablen Vergütung folgt, fordert das Angebot realistischer Ziele. Es geht nicht zulasten des Arbeitnehmers, wenn er ein Angebot mit nicht erreichbaren Zielen ablehnt (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a. a. O., Rn. 15 f.).
108Nimmt der Arbeitnehmer ein vom Arbeitgeber unterbreitetes Angebot einer Zielvereinbarung an, ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch entfallen. Denn der Arbeitgeber hat seiner Verhandlungspflicht Genüge getan und eine Regelung ist getroffen worden. Die Angemessenheit der vereinbarten Ziele im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist selbst im Falle der Vorformulierung der Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu überprüfen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber nicht erreichbare Ziele vorformuliert hat. Nimmt der Arbeitnehmer trotzdem ein solches Angebot an, bleibt er daran grundsätzlich gebunden. Er trägt die Konsequenz daraus, dass er der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Vereinbarung zugestimmt hat.
109b) Etwas anderes könnte dann gelten, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arglistigen Täuschung des Arbeitgebers gemäß § 123 BGB seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Zielvereinbarung anfechten kann. In diesem Fall käme es grundsätzlich in Betracht, dass nach dem ersatzlosen Wegfall der Zielvereinbarung gemäß § 142 Abs. 1 BGB es der Arbeitgeber zu vertreten hat, dass für die Zielperiode keine Vereinbarung getroffen wurde, weshalb er dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz haftet.
110Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Ebenso kann offen bleiben, ob vorliegend die Beklagte den Kläger dadurch getäuscht hat, dass sie vor Abschluss der Zielvereinbarung die bisherigen Umsatzzahlen in den vom Kläger umschriebenen Zeiträumen nicht offengelegt hat, oder - alternativ - eine Täuschung dadurch begangen hat, dass sie nicht erreichbare Ziele vorformuliert und dem Kläger als erreichbar dargestellt hat. Die vom Kläger erklärte Anfechtung scheitert an der nach § 123 BGB erforderlichen Arglist. Diese ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellbar.
111aa) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Getäuschten entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG, 12. Mai 2011, 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 <46>, Rn. 43; 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1317>, Rn. 22; 6. September 2012, 2 AZR 270/11, NZA 2013, 1087 <1089>, Rn. 26). Erforderlich ist, dass der Täuschende die Unrichtigkeit der für den Getäuschten bedeutsamen Umstände kennt (vgl. BGH, 3. Februar 1998, X ZR 18/96, NJW-RR 1998, 904 <905>, I. 2. b) der Gründe; BeckOK-BGB/Wendtland, Stand 1. November 2013, § 123 BGB Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Auflage, 2014, § 123 Rn. 11) oder unrichtige Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. BGH, 29. Januar 1975, VIII ZR 101/73, NJW 1975, 642 <645>, 5. der Gründe; 11. Juni 1979, VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 <1888>, II. 2. g) cc) der Gründe). Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat (vgl. BGH, 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690, II. 2. b) der Gründe). Der Täuschungswille muss auf Irrtumserregung und Beeinflussung der Willensentschließung beim anderen Teil gerichtet sein. Das setzt die Kenntnis der Bedeutung des eigenen Verhaltens beim Täuschenden voraus (BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O, Rn. 18). Objektiv unrichtige Angaben lassen zwar regelmäßig den Schluss auf einen Täuschungswillen zu, eine lediglich ungeschickte Formulierung, welche zur Irreführung geeignet ist, genügt aber nicht (vgl. BGH, 3. Februar 1998, a. a. O., 905 f, I. 2. b) der Gründe; 22. Februar 2005, X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 <1083 f.>, 1. e) (1) und (2) der Gründe).
112bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall scheidet eine Arglist aus. Weder lässt sich feststellen, dass die Beklagte wusste, dass sie mit der von ihr vorformulierten Zielvereinbarung unrealistische Ziele vorschlug, noch ist ersichtlich, dass sie über deren Erreichbarkeit den Kläger täuschen wollte. Entsprechendes gilt, soweit sie dem Kläger die Umsatzzahlen nicht mitgeteilt hat.
113(1) Das Arbeitsgericht und die Beklagte verweisen zu Recht darauf, dass jeder Zielvereinbarung die Nichterreichbarkeit von Zielvorgaben immanent ist und es sich bei diesen um Prognosen handelt, deren Eintritt ungewiss ist. Zudem zeigt die vereinbarte Staffelung der Bonuszahlung je nach Grad der Zielerreichung, dass die vollständige Zielerreichung eben gerade nicht gewiss war und Vorsorge für den Fall der teilweisen Zielerreichung getroffen werden sollte. Auch wenn der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Ziele, die dieser nach einer auf den Zeitpunkt des Angebots bezogenen Prognose erreichen könnte, für die jeweilige Zielperiode anzubieten, muss es sich nicht um in jedem Fall erreichbare Ziele handeln. Auch anspruchsvolle Zielvorgaben, deren Verwirklichung nur bei besonderer Anstrengung und einem optimalen Verlauf der Geschäfte erreicht werden können, dürfen Gegenstand einer Zielvereinbarung sein und deswegen vom Arbeitgeber vorformuliert werden.
114Vor diesem Hintergrund war es für den Kläger zwar in der Tat schwierig, dass Auslandsumsatzvolumen fast zu verdoppeln, um überhaupt eine Prämienzahlung für 50 % Zielerreichung zu erhalten. Mehr als schwierig dürfte auch die Erhöhung des bisherigen Umsatzes um das 3,7-fache gewesen sein, so dass die Erreichung dieses Ziels auch bei einem optimalen Verlauf des restlichen Geschäftsjahres im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Einarbeitung des Klägers und den Aufbau des Auslandsvertriebes objektiv kaum möglich gewesen sein dürfte. Auf der anderen Seite wurde mit dem Kläger als „Manager International Sales“ ein speziell für das Ausland zuständiger Vertriebsmitarbeiter eingestellt, welcher die intensivere Bearbeitung des internationalen Marktes für die hochpreisigen Produkte der Beklagten sicher stellen sollte. Dieser Markt war zudem aus Sicht der Beklagten „wenig durchdrungen“, d. h. er bot erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beklagte mag vor diesem Hintergrund die im Jahr 2012 erreichbaren Ziele zu optimistisch formuliert haben. Dies hat ihr Geschäftsführer ausweislich des von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrags des Klägers am 25. Juni 2013 sinngemäß so eingeräumt. Eine leichtfertige Formulierung der zu erreichenden Ziele zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ ist daraus jedoch nicht abzuleiten.
115(2) Entsprechendes gilt, soweit der Kläger darauf abstellt, dass ihm nicht die bisherigen Umsätze mitgeteilt wurden. Zum einen hat er nicht direkt danach gefragt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Die Tatsache der Einstellungsverhandlung stand einer solchen Frage, welche die Grundlagen der erfolgsabhängigen Vergütung betraf, nicht entgegen. Zum anderen konnte seinen Appellen an die „Fairness“ der Beklagten und der durch ihn erfolgten Offenlegung der finanziellen Auswirkungen eines Vertragsschlusses im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen nicht zwingend die Aufforderung an die Beklagten zu einer Mitteilung ihrer bisherigen Umsätze entnommen werden.
116Die Beklagte durfte des Weiteren davon ausgehen, dass der Kläger das Risiko einer völligen oder teilweisen Zielverfehlung bereits vor dem Hintergrund des aufzubauenden Auslandvertriebes und angesichts der vorgesehenen gestaffelten Bonuszahlungen einschätzen konnte. Dann kann ohne eine konkrete Frage des Klägers nach den Umsätzen nicht festgestellt werden, dass deren unterbliebene Offenlegung durch die Beklagte zur Irreführung des Klägers diente und in Kenntnis ihrer Bedeutung für seine Entscheidung zum Abschluss der Vereinbarung erfolgte. Ihr Verhalten ist lediglich Ausdruck einer allenfalls fahrlässigen Fehleinschätzung sowohl der möglichen Zielerreichung als auch des Informationsbedürfnisses des Klägers hinsichtlich der „Sicherheit“ einer Bonuszahlung. Es geht zulasten des Klägers, dass er sein Informationsbedürfnis ausweislich des E‑Mail-Verkehrs vom 6./8. Februar 2012 nicht klar und eindeutig formuliert hat.
117Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass auch eine teilweise Zielerreichung nicht möglich gewesen sei, fehlt es dafür an konkretem Vortrag, warum die Beklagte dies bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zielvereinbarung gewusst und ihn durch die Vorformulierung der Ziele bzw. die unterbliebene Angabe der Umsatzzahlen bedingt vorsätzlich in die Irre geführt hat. Der Kläger hat nur pauschal behauptet, ihm sei bereits im April 2012 klar geworden, dass die Ziele und Boni nicht erreichbar gewesen seien. Belastbare Anhaltspunkte über die von ihm herangezogenen Umsatzzahlen des Jahres 2011 bzw. der letzten drei bis vier Monate vor Abschluss der Zielvereinbarung hinaus bestehen dafür nicht.
1182. Ebenso wenig kommt ein Anspruch auf Bonuszahlung oder einem entsprechenden Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
119a) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB). Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB).
120b) „Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 313 BGB sind die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut, diese aber nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden sind (vgl. BAG, 11. Juli 2012, 2 AZR 42/11, NZA 2012, 1316 <1318>, Rn. 32; 23. April 2013, 3 AZR 512/11, juris, Rn. 41; BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2071>, II. 1. c) der Gründe; 1. Februar 2012, VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 <1720>, Rn. 26).
121Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger darauf, dass die übereinstimmenden Vorstellung der Parteien von der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung genannten Zielgrößen für Auslandsumsatz und Zahl der Vertriebspartner Geschäftsgrundlage gewesen sei, welche von Beginn an falsch gewesen sei, so dass eine Vertragsanpassung zu erfolgen habe. Diese Betrachtung blendet jedoch aus, dass Bestandteil dieser Geschäftsgrundlage genauso gewesen ist, dass die Zielerreichung nicht oder nur teilweise eintreten kann, also ein hier vom Kläger zu tragendes Risiko beinhaltet. Einer Vertragspartei steht auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf Anpassung des Vertrages zu, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19). Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, 21. September 2005, XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 <901>, Rn. 30; 9. März 2010, VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 <1877>, Rn. 24).
122Entgegen der Auffassung des Klägers liegt das Risiko der Zielverfehlung und des daraus resultierenden Entfalls einer Bonuszahlung bei ihm allein. Die Beklagte trägt nur das unternehmerische Risiko, dass sich ihre Umsatzerwartungen nicht erfüllen. Daran ist der Kläger zwar indirekt über die Bonusvereinbarung beteiligt, aber eben gerade in der Weise, dass er das Risiko des Entfalls der Bonuszahlung bei Nichterreichung der Zielvorgaben trägt. Dass im Übrigen nicht mal die in der Vereinbarung vorgesehene teilweise Zielerreichung völlig unrealistisch gewesen sein soll, ist trotz der unverkennbaren Schwierigkeit einer Verdoppelung des Umsatzes aufgrund des pauschalen Vortrags des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar. Die Vorstellung der Vertragsparteien über die immer risikobehaftete Erreichbarkeit der vereinbarten Ziele war nicht grundlegend falsch und ging nicht über das vom Kläger zu tragende Risiko hinaus. Eine Überschreitung der immanenten Grenzen der Risikozuweisung, welche eine Anwendung von § 313 BGB rechtfertigen könnte (vgl. BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 27; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 313 BGB Rn. 19), liegt nicht vor.
123c) Darüber hinaus ist keine Grundlage dafür ersichtlich, dass eine Anpassung - eine Störung der Geschäftsgrundlage unterstellt - zu dem vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch führt. Die benachteiligte Partei kann den anderen Teil zwar unmittelbar auf Anpassung in Anspruch nehmen, d. h. im Rechtsstreit direkt auf die angepasste Leistung klagen (vgl. BGH, 28. April 2005, III ZR 351/04, NJW 2005, 2069 <2070 f.>, II. 1. der Gründe; BeckOK-BGB/Unberath, a. a. O., § 313 BGB Rn. 86; Palandt/Ellenberger, § 313 BGB Rn. 41). Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass dem Kläger bereits für seine geleistet Tätigkeit eine Bonuszahlung für 100 % Zielerreichung zustehen soll. Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, welche Zielvorgaben erreichbar und welche Bonuszahlungen dafür angemessen gewesen wären. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich jedenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach den Grundsätzen, welche das Bundesarbeitsgericht für die Verletzung der Verhandlungspflicht zum Abschluss einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber entwickelt hat, aus § 313 BGB nicht ableiten.
1243. Da demnach die Vergütung des Klägers für die letzten drei Monate (dreizehn Wochen, § 11 BUrlG) jeweils nur 4.000,00 Euro brutto monatlich betrug, besteht kein höherer Urlaubsabgeltungsanspruch als derjenige, welcher vom Arbeitsgericht auf der Grundlage dieser Vergütung zuerkannt wurde.
125II. Dagegen hat die Beklagte noch die im August 2012 einbehaltene Vergütung sowie eine Karenzentschädigung für ein Jahr nach Ausscheiden zu zahlen.
1261. Der erstmals in der Berufungsinstanz hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Zahlung des Einbehalts in Höhe von 3.000,00 Euro brutto ist zulässig und begründet.
127a) Nach § 533 ZPO sind Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Das sind die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Letzteres richtet sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren nicht nach §§ 530 f. ZPO, sondern nach § 67 ArbGG (vgl. BAG, 15. Februar 2005, 9 AZN 892/04, NZA 2005, 484 <486>, II. 2. b) bb) (3) der Gründe; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage, 2013, § 67 ArbGG Rn. 1).
128aa) Bei dem Antrag auf Zahlung von 3.000,00 Euro brutto Lohn für August 2012 handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO. Mit ihm wird im Wege der nachträglichen Klagehäufung, für die § 263 ZPO ebenfalls (entsprechend) anwendbar ist (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. der Gründe; Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 263 ZPO Rn. 1), ein weiterer Streitgegenstand eingeführt. Die Zahlung der vereinbarten Monatsvergütung, welche aufgrund einer Verrechnung mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch für Bonusvorschusszahlungen gekürzt worden ist, stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die Geltendmachung einer Bonuszahlung im Wege des Schadensersatzes oder unter dem Gesichtspunkt des § 313 BGB.
129bb) Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung liegt aufgrund der rügelosen Einlassung in die geänderte Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2013 vor (§ 64 Abs. 6 ArbGG, § 525, § 267 ZPO). Ihre vorherige schriftsätzliche Äußerung in der Berufungserwiderung, „ungeachtet der Frage, ob die erstmalige Geltendmachung eines Vergütungsanspruches für den Monat August 2012 im Wege eines Hilfsantrages in der Berufungsinstanz zulässig ist“, sei dieser unbegründet, steht dem nicht entgegen.
130Im Übrigen ist der Hilfsantrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat August 2012 sachdienlich. Für die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Partei an, sondern allein auf die objektive Beurteilung, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängenden Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit. Weder der Verlust einer Tatsacheninstanz für den Gegner noch die Notwendigkeit neuer Parteierklärungen und Beweiserhebungen sowie eine dadurch bedingte verzögerte Erledigung des Prozesses steht der Annahme der Sachdienlichkeit entgegen. Sie ist im Allgemeinen nur zu verneinen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (vgl. BGH, 10. September 1985, III ZR 93/83, NJW 1985, 1841 <1842>, 4. b) der Gründe; Zöller/Heßler, a. a. O., § 533 ZPO Rn.. 6). Im vorliegenden Fall wird ein weiterer Rechtsstreit der Parteien um die Berechtigung der Verrechnung der Bonusvorschusszahlungen mit dem Gehalt für den Monat August 2012 vermieden. Der sachliche Streitstoff der Parteien hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wird damit ausgeräumt.
131cc) Die Entscheidung über den Hilfsantrag kann auf der Grundlage der ohnehin gemäß § 529 ZPO, § 67 ArbGG der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen erfolgen. Dazu gehört der gesamte in erster Instanz vorgetragene Tatsachenstoff, auch wenn das erstinstanzliche Gericht ihn als unerheblich ansieht und es daher hierzu keine Feststellungen trifft, denn Vortrag ist nicht deshalb in der Berufungsinstanz neu, weil er in erster Instanz für unerheblich befunden wurde. In diesem Fall ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Nichts anderes gilt, wenn die Tatsachen erst durch eine in zweiter Instanz erfolgte Klageänderung erheblich geworden sind (vgl. BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 11 m. w. N.). Die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO sind erfüllt, wenn die Klageänderung auf Vorbringen gestützt wird, das bereits in erster Instanz erfolgt und deshalb nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beachtlich ist. Dies gilt gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 67 ArbGG ebenso für neues unstreitiges Vorbringen (so für die Widerklage sowie für § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO: BGH, a. a. O., Rn. 12 m. w. N.).
132Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen (auch) für die bisherige Klage erheblich ist. Eine solche zusätzliche Einschränkung kann dem Wortlaut des § 533 Nr. 2 ZPO nicht entnommen werden. Zwar heißt es dort, die Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage könnten nur auf Tatsachen gestützt werden, die „das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat“. Diese Formulierung knüpft aber wörtlich an den Eingangssatz von § 529 Abs. 1 ZPO an; schon daraus folgt, dass das Tatsachenvorbringen, auf das die Klageänderung gestützt wird, (nur) die in jener Norm enthaltenen Anforderungen erfüllen muss (vgl. für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, V ZR 183/10, NJW-RR 2012, 429 <430>, Rn. 13 m. w. N.). Dies war auch die erklärte Absicht des Gesetzgebers. § 533 Nr. 2 ZPO soll verhindern, dass über die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage neuer Tatsachenstoff eingeführt wird, der nach § 529 ZPO nicht zu Grunde zu legen ist; umgekehrt soll dieser Tatsachenstoff ausreichen, um hierüber entscheiden zu können. Nur durch die Bezugnahme auf § 529 ZPO soll eine Flucht in die Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung in der Berufungsinstanz verhindert werden (vgl. BT-Drucks. 14/4722, 102; für die Widerklage BGH, 13. Januar 2012, a. a. O.). Wird eine aufwendige Beweisaufnahme über im ersten Rechtszug vorgetragene Tatsachen ausschließlich im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageänderung, Aufrechnungserklärung oder Widerklage erforderlich, kann dies bei fehlender Einwilligung des Gegners allenfalls dazu führen, dass die Sachdienlichkeit gemäß § 533 Nr. 1 ZPO zu verneinen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
133Im vorliegenden Fall war die Zielvereinbarung mit der Regelung der Bonusvorschusszahlung bereits Bestandteil des unstreitigen Tatsachenvortrages erster Instanz im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Entsprechendes gilt für die Verrechnung der für die Monate März bis Mai 2012 geleisteten Vorschusszahlungen mit der Vergütung für den Monat August 2012, welche der Kläger unbestritten in seiner Klage bereits vorgetragen und durch Vorlage der Abrechnung für diesen Monat (Anlage K8 zur Klageschrift) belegt hatte. Es handelt sich bei dem Einbehalt um einen Annex zu der strittigen Frage eines Schadensersatzanspruches wegen Nichtabschlusses einer Zielvereinbarung, welcher damit inzidenter Gegenstand des sachlichen Streitstoffes in diesem Prozess von Beginn an war.
134b) Dem Kläger steht gemäß § 611, § 293, § 615 BGB für die Zeit seiner Freistellung im Monat August 2012 noch ein weiterer Vergütungsanspruch von 3.000,00 Euro zu.
135aa) Gemäß Nr. 6 a) Arbeitsvertrag konnte der Kläger aufgrund des während der Freistellung bestehenden Annahmeverzuges der Beklagten für den Monat August 2012 die Zahlung eines Festgehaltes von monatlich 4.000,00 Euro brutto beanspruchen. Die Beklagte hat nur 1.000,00 brutto gezahlt. Dementsprechend waren weitere 3.000,00 brutto dem Kläger noch zu vergüten.
136bb) Die Beklagte war nicht berechtigt, die in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem Festgehalt zu verrechnen. Dies ist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ausgeschlossen.
137(1) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2, I. der Gründe; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004 <1007>, II. B. 3. c) der Gründe; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris, Rn. 57 m. w. N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht - auch beim Provisionsvorschuss - selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3, III. 2. der Gründe). Bei einer Vorschussgewährung von Geld sind sich Vorschussgeber und Vorschussnehmer darüber einig, dass der letztere Geld für eine Forderung erhält, die entweder noch gar nicht entstanden oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Beide Teile sind sich weiterhin darüber einig, dass im Falle der Entstehung, der endgültigen unbedingten Entstehung oder des Fälligwerdens der bevorschussten Forderung der Vorschuss auf die Forderung zu verrechnen ist. Sollte die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht entstehen, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurück zu gewähren (vgl. BAG, 15. März 2000, a. a. O.; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe).
138Danach wäre der Kläger grundsätzlich verpflichtet gewesen, die auf den nicht erreichten Bonus gewährten Vorschusszahlungen der Beklagten zurückzuzahlen. Weil ein Vorschuss eine vorweggenommene Vergütungstilgung darstellt, bedarf es zur Verrechnung keiner Aufrechnung und Aufrechnungserklärung nach § 387, § 388 BGB. Auch § 394 BGB findet keine Anwendung (vgl. BAG, 13. Dezember 2000, 5 AZR 334/99, NZA 2002, 390 <392>, II. 2. d) der Gründe; 25. September 2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617 <619>, II. 3. a) der Gründe). Die Beklagte hätte deshalb die von ihr vorgenommene Verrechnung mit dem Festgehalt für den Monat August 2012 grundsätzlich vornehmen können.
139(2) Dem stand jedoch die Vereinbarung der Parteien entgegen, das Vorschusszahlungen auf den Bonus nur mit diesem, nicht aber mit dem Festgehalt verrechnet werden konnten.
140(a) Nr. 3 Abs. 1 der Zielvereinbarung enthält sowohl in der Ursprungsfassung vom 13. Februar 2012 als auch in der geänderten Fassung vom 2. Juli 2012 die Regelung, dass auf den Bonus ein „verrechenbarer Vorschuss“ von monatlich 1.000,00 Euro gezahlt wird. Nr. 3 Abs. 2 und 3 Zielvereinbarung regeln sodann die Abrechnung unter Verrechnung mit den erhaltenen Vorschusszahlungen zum 30. September 2012 und 31. Dezember 2012 sowie die Auszahlung eines möglichen Überschussbetrages. Zudem ist in Nr. 3 Abs. 3 Satz 2 Zielvereinbarung festgehalten, dass Zielerfüllungen unter 50 % nicht vergütet werden. Aus dem Wortlaut der Regelung lässt sich demnach noch nicht im Wege der Auslegung ableiten, dass eine Rückgewähr des Vorschusses oder dessen Verrechnung mit dem Grundgehalt ausgeschlossen ist.
141(b) Auch bei einem klaren und eindeutigen Wortlaut der Erklärung gilt jedoch, dass die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen hat. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich selbst gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Lässt sich ein übereinstimmender Wille feststellen, so ist dieser auch dann allein maßgeblich, wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die Auslegung einer Individualabrede (vgl. BAG, 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, 318 <320>, Rn. 20; 2. Juli 2009, 3 AZR 501/07, NZA-RR 2010, 205 <206>, Rn. 19) oder einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (vgl. BAG, 15. September 2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342 <344>, Rn. 27; BGH, 16. Juni 2009, XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 <3423>, Rn. 16) handelt.
142Die Parteien sind bei Abschluss der Zielvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen, dass die auf den Bonus geleisteten Vorschusszahlungen nur mit diesem zu verrechnen, jedoch nicht zurückzuerstatten sind, wenn ein Bonusanspruch nicht besteht. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Austausch vom 6./8. Februar 2012. Auf den ausdrücklichen Hinweis des Klägers zu Nr. 3 der Zielvereinbarung, das im Vorgespräch die „Bonusvorauszahlung … als anrechenbar, jedoch nicht als rückerstattbar definiert“ wurde, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten: „Das steht da auch nicht. Nur verrechenbar. Bitte zeigen Sie die entsprechende Stelle.“ Damit war für beide Parteien klar, dass eine Verrechnung der Vorschüsse ausschließlich mit dem Bonusanspruch erfolgen sollte. Ihre Rückerstattung für den Fall, das ein Bonusanspruch mangels Zielerreichung nicht entsteht, ist dagegen ausgeschlossen.
143(c) Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Gesprächsnotiz des Klägers vom 25. Juni 2012 dieser im Zusammenhang mit der vom Geschäftsführer der Beklagten angekündigten Einstellung der Vorschusszahlungen notiert hat, dass er mit den Vorschusszahlungen „einen Schuldenberg aufbaue“. Daraus resultierte nur die Änderung vom 2. Juli 2012, wonach die Beklagte die Vorschusszahlungen in begründeten Fällen aussetzen konnte. Eine entgegen der ursprünglichen Vereinbarung auch auf das Festgehalt sich erstreckenden Pflicht zur Rückzahlung der Vorschüsse ist dadurch nicht begründet worden. Hinsichtlich der Bonuszahlungen sollte es nach der Erklärung des Geschäftsführers im Gespräch vom 25. Juni 2012 noch zu einem „fairen“ Kompromiss kommen. Daraus konnte der Kläger ableiten, dass über die Einstellung der Vorschusszahlungen hinaus eine den veränderten Verhältnissen angepasste Neuregelung erfolgen sollte. Die Begründung einer umfassenden Rückzahlungsverpflichtung mit der Vereinbarung vom 2. Juli 2012 ergab sich daraus für ihn nicht.
144cc) Eine Berechtigung der Beklagten zur Verrechnung der in den Monaten März bis Mai 2012 geleisteten Bonusvorschusszahlungen mit dem für den Monat August 2012 zu zahlenden Festgehalt schied danach aus. Dementsprechend hat sie den einbehaltenen Betrag an den Kläger auszuzahlen.
1452. Dem Kläger steht des Weiteren ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 25.400,00 Euro brutto für die Monate September 2012 bis August 2013 zu.
146a) Zwischen den Parteien besteht ein wirksames Wettbewerbsverbot. Zwar enthält Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht die Zusage einer Karenzentschädigung. Diese folgt jedoch aus der salvatorischen Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag.
147aa) Wettbewerbsverbote, die entgegen § 74 Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig (vgl. BAG, 13. September 1969, 3 AZR 138/68, NJW 1970, 626 <627>, III. 3. der Gründe; 3. Mai 1994, 9 AZR 606/92, NZA 1995, 72 <73>, I. 1. b) der Gründe; 18. Januar 2000, 9 AZR 929/98, juris, Rn. 10 ff.; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158>, Rn. 11). Nach dem Wortlaut der Regelung in Nr. 13 Arbeitsvertrag liegt ein nichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, weil sie keine Karenzentschädigungszusage für den Kläger enthält. Es findet sich kein Anhaltspunkt in dieser Bestimmung für eine solche Zusage. Dies gilt selbst unter der Berücksichtigung des Ziels redlicher Parteien, im Zweifel ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren zu wollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a. a. O., 1158 f., Rn. 14). Weder heißt es in der Bestimmung, dass im Übrigen auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird (so in dem Fall des BAG, a.a.O.) noch findet sich eine Formulierung, dass die Vereinbarung „im Rahmen des rechtlich Zulässigen“ gelten soll, was für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ausreichen kann (vgl. LAG Köln, 28. Mai 2010, 10 Sa 162/10, juris, Rn. 37 ff.). Nr. 13 enthält ausschließlich eine Regelung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sowie seiner gegenständlichen und zeitlichen Reichweite.
148bb) Das nichtige Wettbewerbsverbot in Nr. 13 Arbeitsvertrag wird jedoch gemäß Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag durch ein wirksames ersetzt, in dem es um eine Karenzentschädigungszusage in der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Mindesthöhe ergänzt wird. Nr. 16 Arbeitsvertrag sieht im Falle der teilweisen oder vollständigen Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner oder mehrerer Bestimmungen des Arbeitsvertrages nicht nur nach seinem Satz 1 vor, dass die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt wird. Vielmehr gilt gemäß Satz 2 bis 4 darüber hinaus anstelle der unwirksamen Bestimmung diejenige wirksame Bestimmung als vereinbart, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am ehesten entspricht, und zwar sowohl hinsichtlich Inhalts als auch Maß und Umfangs der Leistung. Die salvatorische Klausel beinhaltet damit sowohl eine Erhaltungsklausel (Nr. 16 Satz 1 Arbeitsvertrag) als auch eine Ersetzungsklausel (Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag) (zur Unterscheidung vgl. BGH, 6. April 2005, XII ZR 132/03, NJW 2005, 2225 <2226>, II. 1. b) der Gründe; 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 26 f.; MüKo-BGB/Busche, 6. Auflage, 2012, § 139 BGB Rn. 8; BeckOK-BGB/Wendtland, a. a. O., § 139 BGB Rn. 7). Es kann dabei in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob es sich bei dieser Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine der Kontrolle nach § 305 c Abs. 2, § 306, § 307 bis § 309 BGB unterliegende Klausel im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB oder eine Individualvereinbarung handelt. In allen drei Fällen folgt aus der Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag für die Beklagte als Arbeitgeberin die Verpflichtung, eine Vertragsanpassung hinzunehmen, wenn und soweit dies dem Sinn und Zweck der nichtigen Bestimmung und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten entspricht. Dies ist im vorliegenden Fall die Ergänzung des Wettbewerbsverbots in Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
149(1) Die salvatorische Klausel des Nr. 16 Arbeitsvertrag ist für die Beklagte als Arbeitgeberin bindend.
150(a) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Individualabrede handelt, begegnet diese grundsätzlich keinen Bedenken, insbesondere kann dadurch § 139 BGB zulässigerweise abbedungen werden (vgl. BGH, 11. Oktober, 1995, VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773 <774>, II. 2. b) aa) der Gründe; 30. Januar 1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684 <685>, III. 2. a) der Gründe; Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2010, § 139 Rn. 22). Das gilt auch für einen individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag (vgl. ErfK/Preis, 14. Auflage, § 310 BGB Rn. 95; HK-ArbR/Däubler, 3. Auflage, 2013, § 611 BGB Rn. 601).
151(b) Soweit es sich bei der salvatorischen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung bzw. eine der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unterliegende Klausel handelt, ist zwar allgemein anerkannt, dass eine solche Klausel unwirksam ist. Denn damit wird die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wird (vgl. BAG, 13. Dezember 2011, 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 <741>, Rn. 38; 28. Mai 2013, 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 <1420>, Rn. 20; BGH, 22. November 2001, VII ZR 208/00, NJW 2002, 894 <895>, II. 3. der Gründe). Eine solche Abweichung von der Verteilung des Unwirksamkeitsrisikos in § 306 BGB ist unzulässig, weil erst das Risiko der Totalunwirksamkeit einer Klausel Anreiz für den Arbeitgeber ist, angemessene Klauseln zu formulieren und zu verwenden (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., § 310 BGB Rn. 95; HK‑ArbR/Boemke/Ulrici, a. a. O., § 306 Rn. 19; a. A. Staudinger/Schlosser, a. a. O., Neubearbeitung 2013, § 306 BGB Rn. 18). Zudem fehlt es einer solchen Klausel an der erforderlichen Transparenz. Die Rechte und Pflichten des Vertragspartners werden entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht möglichst klar und durchschaubar dargestellt, weil unklar bleibt, welche Regelung konkret an die Stelle der unwirksamen Bedingung treten soll. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. BAG, 25. Mai 2005, 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 <1115>, IV. 8. c) der Gründe; 13. Dezember 2011, a. a. O., 28. Mai 2013, a .a. O.).
152Dies gilt jedoch nicht für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber als Verwender der salvatorischen Klausel auf diese beruft. Die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG, 27. Oktober 2005, 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 <258>, Rn. 16; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 15; BGH, 2. April 1998, IX ZR 79/97, NJW 1998, 2281 <2281>, II. 3. a) der Gründe). Dementsprechend kann die Beklagte als Arbeitgeberin und Verwenderin der vorformulierten Bedingungen des Arbeitsvertrages sich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass im Rahmen einer AGB-Kontrolle Nr. 16 Arbeitsvertrag unwirksam sei.
153(2) Die salvatorische Ersetzungsklausel des Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag führt zu einem wirksamen Wettbewerbsverbot.
154(a) Für eine salvatorische Erhaltensklausel gilt, dass sie es nicht generell ausschließt, dass sich die Nichtigkeit einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen Vertrag erstreckt. Sie begründet aber eine Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8) und damit zugleich der in Anwendung des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30), d. h. sie regelt die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen (vgl. BAG, 23. April 2009, 6 AZR 533/08, NZA 2009, 1260 <1263>, Rn. 30; BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel, gilt gemäß § 139 BGB, dass bei der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Die Vertragspartei, welche den Vertrag aufrechterhalten will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand des teilnichtigen Geschäfts führen (vgl. BGH, 24. September 2002, KZR 10/01, NJW 2003, 347 <347 f.>; 4. Februar 2010, IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364 <1366>, Rn. 30). Ist dagegen eine Erhaltensklausel vereinbart, tritt die Nichtigkeit des gesamten Vertrages nur dann ein, wenn die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts trotz der salvatorischen Klausel im Einzelfall durch den durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird (vgl. BGH, 15. März 2010, II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 <1661>, Rn. 8). Die Vertragspartei, welche den Vertrag entgegen der Klausel als Ganzes für nichtig erachtet, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die insoweit geltend gemachten Tatsachen (vgl. BGH, 24. September 2002, a. a. O.; 4. Februar 2010, a. a. O.).
155Die Gesamtnichtigkeit kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrages verändert würde (vgl. BGH, 15. März 2010, a. a. O.; 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 55). Ebenso kann Gesamtnichtigkeit vorliegen, wenn sich diese aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm ergibt, gegen welche die einzelne vertragliche Bestimmung verstößt (vgl. MüKo-BGB/Armbruster, a. a. O., § 134 BGB Rn. 109; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22).
156(b) Entsprechendes gilt für die salvatorische Ersetzungsklausel. Auch sie bewirkt nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen, insbesondere wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, worauf sich die Parteien des Vertrags bei Nichtigkeit der Bestimmung verständigt hätten (vgl. BGH, 5. Dezember 2012, I ZR 92/11, EuZW 2013, 753 <758>, Rn. 53, 59). Ebenso ist eine Regelung nichtig, wenn der Schutzzweck der Verbotsnorm, gegen die die vertragliche Bestimmung verstößt, ihrer Ersetzung entgegensteht. Im Übrigen scheidet diese nur dann aus, wenn sie im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird, wofür die Vertragspartei, welche die Bestimmung entgegen der Klausel für nicht ersetzbar erachtet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies ist im vorliegenden Fall die Beklagte.
157(c) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit der Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
158(aa) Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots mit dem Inhalt, dass hierfür eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe geschuldet wird, verstößt nicht gegen das der Nichtigkeit nach § 74 Abs. 2 HGB zugrundeliegende Verbot eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbotes, sondern trägt seinem Sinn und Zweck gerade Rechnung.
159(bb) Ein wirksames, d. h. eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe vorsehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht am ehesten dem Sinn und Zweck des nichtigen Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten.
160(aaa) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten ergibt sich aus Nr. 13 Arbeitsvertrag nicht der eindeutige Wille der Beklagten, dass sie ausschließlich die einseitige Auflage des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beabsichtigte, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne irgendeine Zahlungsverpflichtung einzuhalten. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte, welche die Arbeitsverträge ausweislich des E-Mail-Verkehrs aus Februar 2012 vorformuliert hatte, schlicht die ausdrückliche Regelung der Karenzentschädigungszusage vergessen haben kann. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Vertragstext noch aus dem Vortrag der Beklagten. Denn zur Entstehung dieser Formulierung von Nr. 13 Arbeitsvertrag hat sie nichts vorgetragen.
161Darüber hinaus verweist der Kläger zurecht darauf, dass die Beklagte dass beabsichtigte Wettbewerbsverbot zeitlich und räumlich konkretisiert und durch die salvatorische Klausel zum Ausdruck gebracht hat, keine unwirksamen Regelungen zu wollen. Das lässt vom objektiven Empfängerhorizont her die Absicht einer rechtlich verbindlichen, auf die Situation der Vertragsparteien angepassten Vereinbarung über die Begrenzung nachvertraglichen Wettbewerbs erkennen. Jedenfalls ist aufgrund von Nr. 16 Arbeitsvertrag ein hinter der von der Beklagten vorformulierten Regelung des Nr. 13 Arbeitsvertrag stehender Wille, nur ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot zu wollen, nicht klar und eindeutig im Vertrag zum Ausdruck gekommen.
162(bbb) Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist weiter davon auszugehen, dass beide Parteien ein Interesse an dem Abschluss eines wirksamen Wettbewerbsverbotes hatten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als einzigen Mitarbeiter für den Auslandsvertrieb ihrer Produkte. Er sollte diesen aufbauen. Die Beklagte spricht im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit der in der Zielvereinbarung enthaltenen Ziele davon, dass es sich um einen bislang wenig erschlossenen Markt („fehlende Marktdurchdringung“) für ihr Produktportfolio aus hochwertigen und hochpreisigen Produkten der Medizintechnik im Bereich UV-Phototherapie handelt. Scheidet der für einen solchen Markt zuständige Vertriebsmitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis aus, liegt es im Interesse des Arbeitgebers, sich vor den Folgen zu schützen, die grundsätzlich wegen der Markt- und Kundenkenntnisse des Mitarbeiters durch die legitime Nutzung seines beruflichen Erfahrungswissens auch ohne Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entstehen können. Gerade bei Vertriebsmitarbeitern ist es dann üblich, durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes diese Risiken einzugrenzen. Angesichts der Marktstruktur im Geschäftsbereich der Beklagten bestanden für sie erhebliche Risiken, wenn der Kläger zu einem Wettbewerber wechselte. Das gilt erst recht im Hinblick darauf, dass er diesen Markt aufzubauen hatte. Die dadurch ihm zuwachsenden Kenntnisse über mögliche Kunden und Strategien der Akquisition würden im Falle eines Ausscheidens zu einem besonderen Risiko des Rückschlags durch Kundenverlust oder Verlust von Marktchancen führen. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
163Entsprach danach ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten, schloss dies die Zahlung einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe mit ein. Dies entsprach auch dem hypothetischen Willen des Klägers, sich bei einer Inkaufnahme des Wettbewerbsverbots jedenfalls teilweise wirtschaftlich dagegen abzusichern, für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nach Vertragsende gesperrt zu werden, und die Folgen eingeschränkter Chancen auf dem Arbeitsmarkt zumindest abzumildern. Zwar lag eine Beschränkung seiner beruflichen Betätigungsfreiheit grundsätzlich nicht in seinem Interesse. Wie sich aus seiner Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ergibt, war er jedoch bereit, dieses für den Abschluss eines Arbeitsvertrages in Kauf zu nehmen. Dann gilt dies erst recht für ein wirksames, mit einer Karenzentschädigungszusage versehenes Wettbewerbsverbot.
164(ccc) Der Annahme, die Parteien hätten ein wirksames Wettbewerbsverbot unter Einschluss einer Karenzentschädigung gewollt, steht nicht, wie die Beklagte meint, schon der Umstand entgegen, dass das Arbeitsverhältnis nur über einen sehr kurzen Zeitraum bestanden hat und der Kläger nach ihrem Vortrag nur einen äußerst unzureichenden Vertriebserfolg erzielt haben und die gezahlte Vergütung in keinem Verhältnis zu den auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Umsätzen stehen soll. Das nachträgliche tatsächliche „Fehlschlagen“ des Arbeitsverhältnisses ist für die Bestimmung des hypothetischen Parteiwillens unerheblich, weil es als solches allein nicht der Annahme entgegensteht, ein rechtlich verbindliches Wettbewerbsverbot entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck von Nr. 13 Arbeitsvertrag und dem von den Parteien damit wirtschaftlich Gewollten. Denn es trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der mutmaßliche Parteiwillen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu ermitteln ist, weil der Abschluss solcher für die Zukunft bindender Regelungen gerade vor dem Risiko der ungewissen tatsächlichen Entwicklung erfolgt und gerade diese Situation den Parteiwillen bestimmt.
165Es kann sich daher allenfalls die Frage stellen, ob es dem hypothetischen Parteiwillen der Beklagten entsprochen hätte, dass Wettbewerbsverbot erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses in Kraft treten zu lassen, und der Kläger sich hierauf ebenfalls eingelassen hätte, um überhaupt eingestellt zu werden. So kann die Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots daran geknüpft werden, dass das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortbesteht oder erst nach Ablauf einer gewissen Beschäftigungsdauer in Kraft treten soll; eine solche aufschiebende Bedingung ist auch als Allgemeine Geschäftsbedingung zulässig (vgl. BAG, 13. Juli 2005, 10 AZR 532/04, AP HGB § 74 Nr. 78, II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 18). Damit kann der Arbeitgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Arbeitnehmer typischerweise erst dann gefährlich werden kann, wenn er genügend Einblick in Betriebsgeheimnisse gewonnen hat (vgl. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, 2012, Rn. 523).
166Eine solche Annahme scheidet im vorliegenden Fall jedoch aus. Denn der Kläger war als einziger Vertriebsmitarbeiter für den Aufbau des im Vergleich zur Fa. T, aus deren Insolvenz die Beklagte hervorgegangen ist, „brachliegenden“ Auslandsvertriebs zuständig. Geringe Marktdurchdringung in einem hochpreisigen Produktbereich ließen kurzfristige Erfolge durchaus möglich erscheinen, wie sich aus den von der Beklagten vorformulierten ehrgeizigen Zielen in der Zielvereinbarung hinsichtlich Umsatz und Zahl der Vertriebspartner ergibt. Dann konnte der Kläger - eine erfolgreiche Tätigkeit unterstellt - bereits bei einem kurzfristigen Ausscheiden gute Ansätze bei der Steigerung des Auslandsumsatzes wieder zunichte machen, wenn er zu einem Konkurrenten ging. Bei Abwägung der Chancen und Risiken für eine erfolgreiche Tätigkeit des Klägers entsprach unter diesen Umständen ein wirksames Wettbewerbsverbot von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eher dem hypothetischen Parteiwillen sowohl der Beklagten als auch des Klägers. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen.
167(ddd) Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass in der Praxis immer wieder in der Regel von Arbeitgebern vorformulierte Wettbewerbsverbote vorkommen, die keine oder keine ausdrückliche Entschädigungszusage enthalten. Dies mag daran liegen, dass die Rechte des Arbeitnehmers möglichst nicht genau umschrieben werden sollen, damit dieser später Wettbewerb unterlässt, ohne einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen. Ebenso mag der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, sich nicht verbindlich für die Zukunft zu verpflichten, um sich ein Schlupfloch für den Fall freizuhalten, dass er später an dem Wettbewerbsverbot nicht mehr interessiert ist. Er braucht dann den Unterlassungsanspruch nicht geltend zu machen und kann darauf hoffen, dass er vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 439; Grunsky, NZA 1988, 713 <714>).
168Für die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen einer ausdrücklich im Vertrag vereinbarten salvatorischen Klausel, welche die Ersetzung einer unwirksamen Bestimmung durch eine wirksame Regelung vorsieht, ist eine solche Motivation des Arbeitgebers unerheblich und nicht zu berücksichtigen. Denn sie ist weder Vertragsinhalt geworden noch aufgrund ihrer Verdeckung durch die gewählte Vertragsformulierung für den Arbeitnehmer erkennbar gewesen. Sie ist insbesondere nicht das objektiv Vernünftige, das als Parteiwille anzunehmen ist (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 139 BGB Rn. 14). Objektiv vernünftig ist lediglich ein seriöser Geschäftswille eines redlichen Vertragspartners. Unseriöses Verhalten gegenüber Arbeitnehmern bei der Formulierung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist weder schutzwürdig noch schutzbedürftig oder mutmaßlicher übereinstimmender Parteiwille.
169(eee) Der Ersetzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag durch ein Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszusage in gesetzlicher Höhe steht die Systematik des § 74 Abs. 2 HGB nicht entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445). Weder muss die Karenzentschädigung „ausdrücklich“ (so Bauer/Diller, a. a. O.) noch „besonders“ (so Grunsky, a. a. O., 715) vereinbart sein. Notwendig ist lediglich eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Vereinbarung der Vertragsparteien. Diese ist schon dann vorhanden, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB verweist. Denn es ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe verabreden, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einem anderen Auslegungsergebnis führen könnten (vgl. BAG, 31. Juli 2002, 10 AZR 513/01, NZA 2003, 100 <101 f.> II. 1. der Gründe; 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1158 f.>, Rn. 14).
170Dies gilt entsprechend für die aufgrund einer zwischen den Parteien vereinbarten salvatorischen Ersetzungsklausel notwendige Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe als wirksame Bestimmung anstelle des nichtigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigungszusage gilt. Sprechen die erkennbaren Interessen der Parteien dafür, dass sie grundsätzlich bei Kenntnis der nichtigen Wettbewerbsabrede diese durch eine wirksame ersetzt hätten, bedarf es besonderer tatsächlicher Gesichtspunkte, die einem solchen mutmaßlichen Parteiwillen entgegenstehen. Solche besonderen Umstände sind vorliegend weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.
171(fff) Schließlich stehen einer Ergänzung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes um eine Karenzentschädigungszusage in gesetzlicher Höhe weder das Schriftformgebot noch die Verpflichtung zur Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die wesentlichen Bestimmungen des Wettbewerbsverbots enthaltenden Urkunde nach § 74 Abs. 1 HGB entgegen (so aber Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 445).
172Sowohl das Wettbewerbsverbot des Nr. 13 Arbeitsvertrag als auch die salvatorische Ersetzungsklausel in Nr. 16 Satz 2 bis 4 Arbeitsvertrag sind ausweislich der vom Kläger vorgelegten Kopie Bestandteil des von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages, welcher dem Kläger ausgehändigt worden ist. Damit ist das Schriftformgebot hinsichtlich der auf der Ersetzungsklausel beruhenden Ergänzung der Nr. 13 Arbeitsvertrag um die Karenzentschädigungszusage gewahrt. Weder muss die Karenzentschädigungszusage selbst stets im Text enthalten sein noch bedarf es der Nachholung der Schriftform. Denn die Ersetzungsklausel dient der Lückenschließung für die Fälle, in denen eine Klausel endgültig unwirksam ist und deshalb durch eine gültige sinngemäße Klausel ersetzt werden soll (vgl. BGH, 25. Juli 2007, XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 <3203>, Rn. 30; Staudinger/Roth, a. a. O., § 139 BGB Rn. 22). Beruht diese Unwirksamkeit wie hier nicht auf einem Verstoß gegen ein Schriftformgebot, sondern auf dem gesetzwidrigen Inhalt der Klausel, steht einer Ersetzung ein Schriftformgebot nicht entgegen. Ebenso wie bei einer im Wege der Auslegung gewonnenen Entschädigungszusage aus einer Regelung, die neben dem Wettbewerbsverbot nur einen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB enthält (vgl. dazu BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157 <1159>, Rn. 16), ist es für die Wahrung der Schriftform unschädlich, wenn sich die Entschädigungszusage aus einer salvatorischen Klausel ergibt, die Bestandteil des schriftlichen Arbeitsvertrags ist, welcher dem Arbeitnehmer ausgehändigt wurde. Dies reicht zur Information über die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag einschließlich der Wettbewerbsabrede aus, wenn wie hier eine unwirksame Vereinbarung durch eine wirksame ersetzt werden soll. Dementsprechend bedarf es auch keiner Nachholung der Aushändigung eines Wettbewerbsverbotes mit Entschädigungszusage. Die für ihre rechtlich wirksame Begründung notwendigen rechtlichen Grundlagen (Wettbewerbsverbot und salvatorische Klausel) sind in dem ausgehändigten Arbeitsvertrag enthalten.
173cc) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 erklärte Verzicht ist unbeachtlich. Ein solcher kann gemäß § 75 a HGB nur vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche zum 31. August 2012 bereits erfolgte, erklärt werden.
174b) Dem Kläger steht für die Monate September 2012 bis Juni 2013 eine monatliche Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto, für die Monate Juli und August 2013 eine solche von 1.450,00 Euro brutto zu. Dies ergibt für den Gesamtzeitraum einen Betrag vom 25.400,00 Euro brutto. Der weitergehende Anspruch des Klägers war zurückzuweisen.
175aa) Der Kläger hat in den sechs Monaten seiner Beschäftigung durchschnittlich 4.500,00 Euro brutto verdient. Neben dem monatlichen Festgehalt von 4.000,00 Euro brutto hat er noch die nicht zurückzuzahlenden, gemäß § 74 b Abs. 2 HGB zu berücksichtigenden Bonusvorschusszahlungen in Höhe von insgesamt 3.000,00 Euro brutto erhalten. Bei einem Gesamtverdienst von 27.000,00 Euro brutto in sechs Monaten ergibt sich ein durchschnittliches Einkommen von monatlich 4.500,00 Euro brutto, aus dem sich ein gemäß § 74 b Abs. 1 HGB monatlich zu gewährender Anspruch auf Karenzentschädigung von 2.250,00 Euro brutto errechnet.
176bb) Für die Monate September 2012 bis März 2013 war diese Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen. Der Kläger hat in dieser Zeit Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich 2.255,10 Euro bezogen. Es begegnet zum einen Bedenken, nach der Aufhebung von § 148 SGB III ohne eine gesetzliche Neuregelung Arbeitslosengeld auf den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einer Wettbewerbsvereinbarung anzurechnen (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98 <99 f.>, Rn. 14 ff.). Selbst wenn im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung von § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB die Anrechnung von Arbeitslosengeld zulässig wäre, kann der Arbeitgeber lediglich den tatsächlichen Auszahlungsbetrag, nicht aber einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag anrechnen (vgl. BAG, a. a. O, 100, Rn. 22 ff.). Bei einem monatlichen Arbeitslosengeld von 2.255,10 Euro errechnet sich zusammen mit der Karenzentschädigung ein Gesamtbetrag von 4.505,10 Euro. Diese Summe liegt unterhalb des dem Kläger gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB maximal zustehenden Betrages, der sich aus den um ein Zehntel erhöhten zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen von (4.500,00 * 110 % =) 4.950,00 Euro ergibt.
177Für die Monate April 2013 bis Juni 2013 war die Karenzentschädigung in voller Höhe zu zahlen, weil der Kläger in dieser Zeit keine weiteren anrechenbaren Einkünfte hatte.
178In den Monaten Juli 2013 und August 2013 hat der Kläger im Rahmen der von ihm aufgenommenen Beschäftigung einen Betrag von 3.500,00 Euro brutto monatlich verdient. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB hat die Beklagte für diese Monate nur noch einen Betrag von jeweils 1.450,00 Euro zu zahlen.
179cc) Bei der Karenzentschädigung handelt es sich im Übrigen um einen Bruttoanspruch, weil dieses zwar kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV ist und daher keine Sozialabgaben abzuführen sind (vgl. Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1126). Sie unterliegt jedoch der Lohn- und Einkommenssteuer, weil sie als „Entschädigung für die Nichtausübung der Tätigkeit“ gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 b) EStG steuerpflichtiges Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG ist (vgl. BFH, 12. Juni 1996, XI R 43/94, juris; Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 1132, 1134; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, a. a. O., § 74 c HGB Rn. 16), Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages zu verurteilen, was klarstellend in den Tenor der Entscheidung mit aufzunehmen war.
180dd) Ein höherer Anspruch, den der Kläger auf der Grundlage einer zu berücksichtigenden Bonuszahlung ermittelt hat, besteht mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruches nicht.
1813. Der Zinsanspruch für die Zahlung des restlichen Gehalts für August 2012 beruht auf § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 614, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, für die Karenzentschädigung auf § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 74 b Abs. 1 HGB, § 288 Abs. 1, § 247 BGB, wobei der Kläger in Anlehnung an § 614 BGB nicht den Schluss des Monats, sondern den Anfang des Folgemonats für den Beginn des Zinsanspruches gewählt hat.
182III. Hinsichtlich der Kostenentscheidung war zwischen den Instanzen zu unterscheiden, weil unterschiedliche Streitwerte angefallen sind.
183Erstinstanzlich ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen ein Streitwert von 39.375,00 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 6.000,00 Euro Urlaubsabgeltung, 18.375,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt neben den vom Arbeitsgericht als Urlaubsabgeltung zuerkannten Betrag von 4.800,12 Euro mit weiteren 15.750,00 Euro Karenzentschädigung für sieben Monate, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 20.550,12 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 52,2 % (20.550,12 * 100 / 39.375,00), für den Kläger vom 47,8 %.
184Für das Berufungsverfahren ist ausgehend von den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen eine Streitwert von 49.999,88 Euro (15.000,00 Euro Schadenersatz, 1.199,88 Euro weitere Urlaubsabgeltung, 30.800,00 Euro Karenzentschädigung sowie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG 3.000,00 Vergütung für August 2012) der Kostenquotelung zugrunde zu legen. Der Kläger obsiegt mit nunmehr insgesamt 25.400,00 Euro Karenzentschädigung und 3.000,00 Vergütung, d. h. mit einem Gesamtbetrag von 28.400,00 Euro. Daraus ergibt sich für die Beklagte eine Kostenquote von 56,8 % (28.400,00 * 100 / 49.999,88), für den Kläger von 43,2 %.
185IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zuzulassen.
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen.
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.