Landesarbeitsgericht München Urteil, 25. Jan. 2018 - 3 Sa 653/17

bei uns veröffentlicht am25.01.2018
vorgehend
Arbeitsgericht Augsburg, 8 Ca 127/17, 04.07.2017

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 04.07.2017 - 8 Ca 127/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Nachtzuschlags und auf Gutschrift auf sein Arbeitszeitkonto wegen Mehrarbeit.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Produktionsmitarbeiter im Werk G. zu einem Stundenlohn von 19,94 € brutto beschäftigt und wurde im Oktober/November 2016 im Feinbackbereich (F01-F04) eingesetzt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die Nährmittelindustrie und Fettschmelzen zwischen dem Arbeitgeberverband der Bayerischen Ernährungswirtschaft e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Bayern, vom 03.06.2005 (Anlage K1 = Bl. 6 ff. d. A.) Anwendung, der u.a. bestimmt:

㤠3 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist in einem gesonderten Tarifvertrag festgelegt.

2. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist möglichst auf Montag bis Freitag zu verteilen. Muss am Samstag gearbeitet werden, ist diese Arbeitszeit zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat zu vereinbaren.

§ 4 Mehr-, NachtWechselschicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

1. Mehrarbeit ist jede über die betrieblich vereinbarte regelmäßige werktägliche Arbeitszeit hinausgehende geleistete Arbeit, soweit sie angeordnet oder genehmigt ist. Mehrarbeit ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Ist sie unvermeidlich, so kann sie nur unter Zustimmung des Betriebsrats angeordnet werden. Diese Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn es sich um einzelne Arbeitnehmer oder um unvorhergesehene Fälle handelt.

2. Nachtarbeit ist die in der Zeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr unregelmäßig geleistete Arbeit.

3. Nachtschichtarbeit ist die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 05:00 Uhr oder von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr auch im wöchentlichen Schichtwechsel geleistete regelmäßige Arbeit. Wechselschichtarbeit liegt dann vor, wenn der Arbeitstag in verschiedene Abschnitte -Schichten - eingeteilt wird.

Bei Dreiteilung entstehen hierdurch eine Frühschicht (1. Schicht), eine Spätschicht (2. Schicht) und eine Nachtschicht (3. Schicht);

Bei Zweiteilung eine Frühschicht und eine Spätschicht bzw. eine Spät- und Nachtschicht bzw. eine Nacht- und Frühschicht.

Bei regelmäßiger Schichtarbeit kann eine Verschiebung des Zeitraumes der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit entsprechend der Schichtzeiten betrieblich festgelegt werden.

4. Sonn- und Feiertagsarbeit ist die an diesen Tagen zwischen 00:00 Uhr und 24:00 Uhr geleistete Arbeit.

§ 5 Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Wechselschicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

1. a) Die Zuschläge zum Stundenentgelt bzw. zur Stundenvergütung betragen grundsätzlich für Mehrarbeit 25% für Nachtarbeit 50% für Sonntagsarbeit 75% für Nachtschichtarbeit 25%

4. Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge wird grundsätzlich nur jeweils der höchste bezahlt. Erschwerniszulagen nach § 7 sind jedoch in jedem Falle zu zahlen. Mit Mehrarbeit zusammentreffende Zuschläge für Nachtarbeit sind zusätzlich zu bezahlen.

5. Maßgeblich für die Berechnung der Zuschläge ist bei den gewerblichen Arbeitnehmern der vereinbarte tatsächliche Stundenlohn; ….“

Des Weiteren gilt die Betriebsvereinbarung „Arbeitszeitsystem des Werkes G.“ (im Folgenden: BV Arbeitszeitsystem) die unter Berücksichtigung der gesetzlichen und tariflichen Regelungen die Arbeitszeit in den Produktions- und Servicebereichen unter anderem wie folgt regelt:

„3. Arbeitszeitregelungen im Schichtbetrieb

Nachfolgende Regelungen gelten grundsätzlich für alle Mitarbeiter im Schichtbetrieb.

3.1 Allgemeines

Die Einführung des flexiblen Wechselschichtsystems erfolgt auf Grundlage folgender Rahmenbedingungen:

> Einhaltung der gesetzlichen / tariflichen Vorschriften sowie gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse

> Der Schichtwechsel erfolgen wochenbezogen und rückwärts-rollierend (Frühschicht - Nachtschicht - Spätschicht)

> > Die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit verteilt sich auf die Werktage Montag bis Freitag, wobei eine Ausdehnung auf den Samstag im Bedarfsfall möglich ist.

3.4 Der 3-Schichtbetrieb

Das Basismodell, welches auf einer 38-Stunden-Woche basiert, sieht folgende tägliche Sollarbeitszeiten vor:

Montag - Donnerstag Freitag

Frühschicht: 05:00 - 13:30 05:00 - 11:00

Spätschicht: 13:00 - 21:00 11:00 - 17:00

Nachtschicht: 21:00 - 05:00 17:00 - 23:00 Grundsätzlich arbeitet die Nachtschicht bei einem Feiertag in diesen Tag hinein. Abweichend können die Anzahl und Lage der Nachtschichten in einer Feiertagswoche, z. B. Der Beginn am Sonntag um 21:00 Uhr, jeweils individuell zwischen der Werkleitung und dem Betriebsrat abgestimmt werden.

3.6 Mehrarbeit und Zusatzschichten Zur Definition der Mehrarbeit siehe den jeweils gültigen MTV. Gemäß dieser Definition sind Mehrarbeitszeiten angeordnete Arbeitszeiten, die außerhalb der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeiten erbracht werden. Dementsprechend sind in unserem Modell Mehrarbeitszeiten diejenigen Arbeitszeiten, die abweichend vom Basismodell geleistet werden (Freitag „lang“ und Samstagsarbeit).

Wie bereits in Ziffer 3.1. erläutert soll die betriebliche Arbeitszeit möglichst an den Wochentagen Montag bis Freitag erbracht werden. Aufgrund des saisonalen Verlaufs einiger der am Standort hergestellten Produkte ist es allerdings unumgänglich, dass zum Teil Zusatzschichten die wöchentliche Maschinenlaufzeit erhöhen.

Die Werkleitung sollte spätestens am Mittwoch der Vorwoche die Ausdehnung auf die 40-h-Woche bzw. Zusatzschichten für die nachfolgende Kalenderwoche bekannt geben. Der Betriebsrat wird hierüber informiert.

Zusatzschichten am Samstag sollen vorrangig durch Freiwillige besetzt werden.

Die Mehrarbeitszeiten und Mehrarbeitszuschläge werden grundsätzlich auf dem Zeitkonto als Zeitgutschrift erfasst.

Beispiel: 8 Stunden Mehrarbeit führen zu einer zusätzlichen Zeitgutschrift von +2 Stunden (25% Zuschlag). Insgesamt werden also 10 Stunden auf dem Zeitkonto erfasst.

Durch Protokollnotiz „Nachtarbeit“ zur BV Arbeitszeitsystem vom 20.01.2003 (Anlage B3 = Bl. 66 d. A.) einigten sich die Betriebspartner darauf, dass bei zeitlich befristetem Wechsel von der Zweiin die Dreischichtigkeit die in der Nachtschicht eingesetzten Mitarbeiter statt dem tariflichen Nachtschichtzuschlag den tariflichen Nachtarbeitszuschlag erhalten, wenn die zeitliche Befristung nicht mehr als drei Kalenderwochen beträgt. Dementsprechend hätten bei zeitlicher Befristung der Dreischichtigkeit von länger als drei Kalenderwochen die in der Nachtschicht eingesetzten Mitarbeiter keinen Anspruch auf den Nachtarbeitszuschlag, sondern nur auf den Nachtschichtzuschlag haben.

Durch Aushang vom 12.10.2016 ordnete die Beklagte unter Beteiligung des Betriebsrats für das Werk G. für den Feinbackbereich (F01-F04) Zusatzschichten an und zwar an den Samstagen des 15.10., 22.10., 29.10. und 05.11.2016 sowie am Sonntag, den 30.10.2016 von 21:00 Uhr bis 05:00 Uhr. Ihre genaue Einteilung sollten die Arbeitnehmer aus den ausgehängten Schichtplänen entnehmen, für deren Inhalt im Bereich Feinback auf die Anlage B1 (= Bl. 62 ff. d. A.) Bezug genommen wird. Danach war der Kläger in der KW 42 (17.10.2016 bis 23.10.2016) in der Spätschicht, in der KW 43 (24.10.2016 bis 30.10.2016) in der Frühschicht und in der KW 44 (31.10.2016 bis 06.11.2016) in der Nachtschicht eingeteilt. Der Schichtplan der KW 44 enthielt unter „Sonstiges“: „Arbeitsbeginn für die Nachtschicht Sonntagabend 21:00 Uhr (siehe Aushang).“ In der KW 44 fiel auf den 01.11.2016 der in Bayern gesetzliche Feiertag Allerheiligen. Der Kläger nahm ab Donnerstag, den 03.11.2016 Urlaub. Für die Nachtschicht am 30.10.2016 erhielt der Kläger einen Nachtschichtzuschlag in Höhe von 25% pro Nachtschichtarbeitsstunde.

Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit der hiesigen Klage für die am 30.10.2016 geleistete Arbeit einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 50% pro Arbeitsstunde gemäß Ziff. 5 Nr. 1 a) MTV sowie eine Zeitgutschrift für 1,25 Stunden gemäß Ziff. 3.6 BV Arbeitszeitsystem begehrt. Bei der am 30.10.2016 geleisteten Arbeit habe es sich um sog. unregelmäßige Nachtarbeit im Sinne des § 4 Ziff. 2 MTV gehandelt. Die für den 30.10.2016 angeordnete Schicht sei als Zusatzschicht abweichend von dem regelmäßigen Turnus geleistet worden. Die Zeitgutschrift begründe sich aus § 5 Ziff. 4 Satz 2 MTV, Ziff. 3.6 BV Arbeitszeitsystem, weil mit Mehrarbeit zusammentreffende Zuschläge für Nachtarbeit zusätzlich zu bezahlen seien.

Die Beklagte hat für ihren Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass die Anordnung von Nachtarbeit, die sich aus einem Schichtplan ergebe, der Sache nach nicht unregelmäßig sein könne und immer Nachtschichtarbeit darstelle. Auch habe die Zusatzschicht am 30.10.2016 nahtlos an den Schichtturnus des Klägers angeknüpft.

Das Arbeitsgericht Augsburg - Kammer Neu-Ulm - hat durch Urteil vom 04.07.2017 - 8 Ca 127/17 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 24,93 € brutto nebst Zinsen zu zahlen und ihm weitere 1,25 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Der Kläger habe Anspruch auf den Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 50% pro Nachtarbeitsstunde gemäß § 5 Ziff. 1 a) MTV, weil er am 30.10.2016 Nachtarbeit im Sinne des § 4 Ziff. 2 MTV geleistet habe. Nachtarbeit sei unregelmäßig geleistete Arbeit. Der Begriff „unregelmäßig“ sei gegeben, wenn etwas keiner Regel folge. Plankonforme Schichtarbeit sei demzufolge Arbeit in regelmäßiger Schicht. Der Tarifvertrag gehe davon aus, dass die im wöchentlichen Schichtwechsel geleistete Arbeit die regelmäßige Arbeit sei. Der Kläger arbeite in regelmäßiger Dreischicht und habe einen festen Schichtkalender, in dem er einsehen könne, wann er zukünftig in welcher Schicht arbeite. Hiervon weiche die Nacht schicht am 30.10.2016 planwidrig ab, da der Kläger sonst nach Schichtplan in der betreffenden Nacht frei gehabt hätte. Andernfalls würde es nie unregelmäßige Nachtarbeit geben. Diese Auffassung sei auch aus dem Sinn und Zweck des Nachtarbeitszuschlags geboten, Nachtarbeit hinsichtlich der Anzahl der Nächte und der Nächte hintereinander aus Gründen des Gesundheitsschutzes möglichst zu begrenzen. Der Einsatz in Wechselschichtsystemen (wie hier der Dreischichtplan des Klägers) reduziere und begrenze die Anzahl gegebenenfalls anfallender Nachtschichten oder Arbeitsstunden in der tariflichen oder gesetzlichen Nachtzeit. Gemäß § 5 Ziff. 4 Satz 2 MTV seien mit Mehrarbeit zusammentreffende Zuschläge für Nachtarbeit zusätzlich zu vergüten, wobei gemäß § 3 Ziff. 4 BV Arbeitszeitsystem die streitgegenständlichen Stunden mit 25% als Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto zu erfassen seien, woraus sich der Klageantrag zu 2) begründe.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 28.08.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.09.2017 Berufung beim Landesarbeitsgericht München eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.11.2017 am 28.11.2017 begründet.

Für den Kläger, der bei der Beklagten im Dreischichtbetrieb tätig sei und wiederkehrend auch Nachtschichtarbeit zu verrichten habe, könne unregelmäßige Nachtarbeit bei schichtplanmäßiger Einteilung denknotwendig nicht eintreten. Die Annahme des Arbeitsgerichts, der Kläger hätte am 30.10.2016 nach Schichtplan frei gehabt, träfe nicht zu. Der Kläger sei beginnend mit seiner Nachtschicht am Sonntag, den 30.10.2016, schichtplanmäßig bis einschließlich 04.11.2016 zur Nachtschicht eingeteilt gewesen. Auch liege bei Abänderung eines Schichtplans - hier die Vorverlegung des Schichtbeginns von Montag auf Sonntag - keine unregelmäßige Nachtarbeit vor, wenn sie nach Maßgabe einer rechtzeitig und wirksam erfolgten Änderung des zunächst aufgestellten Schichtplans für einen in der Betriebspraxis üblichen Schichtplan geleistet worden sei. Auf den festen Schichtenkalender komme es deshalb nicht an. Im vorliegenden Fall greife auch der Sinn und Zweck des Nachtarbeitszuschlags nicht ein: Der Kläger sei keinem kurzfristigen Arbeitsrhythmuswechsel unterlegen. Er habe lediglich bereits am Sonntag, dem 30.10.2016, mit seiner Nachtschichtarbeit begonnen und urlaubsbedingt ab Donnerstag keine Nachtarbeit mehr geleistet. Regelmäßige Nachtarbeit bzw. Nachtschichtarbeit sei die nach einem festen Zeitplan zu leistende Arbeit. Unregelmäßige Nachtarbeit sei die lediglich von Fall zu Fall zu leistende Arbeit. Nachdem der Kläger keine (unregelmäßige) Nachtarbeit im Sinne des MTV geleistet habe, schulde die Beklagte gemäß § 5 Ziff. 4 Satz 2 MTV auch keine mit Mehrarbeit zusammentreffenden Zuschläge für Nachtarbeit (Zeitgutschriften gemäß § 3 Ziff. 4 BV Arbeitszeitsystem).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg - Kammer Neu-Ulm -, Az. 8 Ca 127/17, vom 04.07.2017 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die zusätzlich geleistete Arbeit im streitgegenständlichen Zeitraum sei nicht regelmäßig. Regelmäßig sei, dass der Kläger in Dreischicht nach einem festen Schichtkalender arbeite. Kurzfristig angeordnete Zusatzschichten seien deshalb planwidrig, auch wenn der Schichtplan kurzfristig angepasst werde. Der höhere Zuschlag bei unregelmäßiger Nachtarbeit solle die damit verbundenen Zusatzbelastungen abgelten und den Arbeitgeber veranlassen, unregelmäßige Nachtarbeit zu vermeiden und sich an den Schichtplan zu halten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 28.11.2017 (Bl. 121 - 127 d. A.), den Schriftsatz des Klägers vom 02.01.2018 (Bl. 136 -137 d. A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2018 (Bl. 138 - 139 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

i. Die nach § 64 Abs. 2 lit. a) ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO, und damit zulässig.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht und mit überwiegend zutreffender Begründung verurteilt, dem Kläger den beantragten Nachtarbeitszuschlag zu zahlen und weitere 1,25 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Der Kläger hat gemäß § 5 Ziff. 1 a) MTV Anspruch auf Zuschlag zum Stundenentgelt für die am 30.10.2016 in der Zeit von 20:54 Uhr bis 05:00 Uhr geleistete Arbeit, weil es sich dabei um Nachtarbeit im Sinne von § 4 Ziff. 2 MTV gehandelt hat(1.). Dementsprechend hat der Kläger auch Anspruch auf Feststellung einer Zeitgutschrift gemäß § 5 Ziff. 1 a), 4 Satz 2 MTV i.V.m. Ziff. 3.6 BV Arbeitszeitsystem (2.).

1. Mit der am 30.10.2016 geleisteten Arbeit liegt Nachtarbeit im Sinne von § 4 Ziff. 2 MTV vor. Dies folgt aus der Auslegung der Tarifnorm.

a) Maßgeblich für die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zur erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in der tariflichen Norm seinen Niederschlag gefunden hat. Abzu stellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Führen diese Grundsätze nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, ist letztlich der Auslegung der Vorzug zu geben, die bei einem unbefangenen Durchlesen der Regelung als näherliegend erscheint und folglich von den Normadressaten typischerweise als maßgeblich empfunden wird (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.2010 - 6 AZR 692/08 - Rn. 17; vgl. auch ErfK/Franzen, 18. Aufl. 2018, § 1 TVG, Rn. 92).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger am 30.10.2016 Nachtarbeit im Sinne von § 4 Ziff. 2 MTV geleistet.

aa) Nach § 4 Ziff. 2 MTV ist Nachtarbeit die in der Zeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr unregelmäßig geleistete Arbeit. Eine Bestimmung, was unter „unregelmäßig geleistete Arbeit“ zu verstehen ist, haben die Tarifvertragsparteien nicht getroffen. Nach dem deshalb heranzuziehenden allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „unregelmäßig“ im Um-kehrschluss zu „regelmäßig“, dass etwas keiner Regel folgt bzw. dass es sich nicht in gleichen Abständen wiederholt (vgl. BAG, Urteil vom 19.09.2007 - 4 AZR 617/06 - Rn. 16 m.w.N.). Der Kläger hat die am 30.10.2016 geleistete Arbeit im Rahmen von Schichtarbeit erbracht. Schichtarbeit wird üblicherweise in einem Schichtplan geregelt. Demzufolge ist Schichtarbeit dann unregelmäßig, wenn sie außerhalb eines rechtzeitig und wirksam aufgestellten Schichtplanes erfolgt (vgl. BAG, Urteil vom 19.09.2007 - 4 AZR 617/06 - Rn. 16). Darüber hinaus weist die Wortbedeutung „sich nicht in gleichen Abständen wiederholend“ darauf hin, dass unregelmäßige Schichtarbeit mit einer außerhalb eines in der Betriebspraxis üblichen Schichtplanzeitraumes geleisteten Arbeit vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 19.09.2007 - 4 AZR 617/06 - Rn. 14 und 18).

bb) Dieses am Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis wird durch die Tarifsystematik bestätigt. § 4 Ziff. 3 MTV definiert die regelmäßige Arbeit und damit den Gegensatz von „unregelmäßig geleistete Arbeit“. Regelmäßige Arbeit im Sinne von § 4 Ziff. 3 MTV ist die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 05:00 Uhr oder von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr auch im wöchentlichen Schichtwechsel geleistete Nachtschichtarbeit. Da Nachtschichtarbeit und Schichtwechsel üblicherweise in einem Schichtplan geregelt werden, liegt regelmäßige Arbeit bei Schichtarbeit auf der Grundlage eines rechtzeitig und wirksam aufgestellten Schichtplanes vor. Des Weiteren führt die Anknüpfung der Nachtschichtarbeit an den wöchentlichen Schichtwechsel dazu, dass regelmäßig geleistete Nachtschichtarbeit nur dann anzunehmen ist, wenn sie innerhalb des in der Betriebspraxis üblichen Schichtplanzeitraums geleistet worden ist.

cc) Für die Auslegung, dass Nachtarbeit als unregelmäßige Arbeit im Sinne von § 4 Ziff. 2 MTV vorliegt, wenn sie außerhalb eines rechtzeitig und wirksam aufgestellten Schichtplanes oder außerhalb des in der Betriebspraxis üblichen Schichtplanzeitraums geleistet wird, spricht zudem der Sinn und Zweck des Zuschlags für unregelmäßig geleistete Nachtarbeit im Vergleich zu demjenigen für schichtplankonforme Nachtarbeit in regulärer Wechselschicht. Durch die höheren Zuschläge für unregelmäßig geleistete Nachtarbeit sollen zum einen die besonderen Erschwernisse abgegolten werden, die dadurch verursacht werden, dass sich die Belastung des Arbeitnehmers durch den kurzfristigen Arbeitsrhythmuswechsel ändert und er sich in seinen gesamten Lebensgewohnheiten -Schlafen, Einnahme der Mahlzeiten, aber auch Gestaltung der Freizeit - umstellen muss, und zum anderen den Arbeitgeber dazu veranlasst werden, die im Verhältnis zur ständigen und zur schichtplankonformen Nachtarbeit in Wechselschicht teurere unregelmäßige Nachtarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. BAG, Urteil vom 19.09.2007 - 4 AZR 617/06 - Rn. 18).

dd) Im Übrigen hat die Beklagte dieses Verständnis von Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit selbst in der Protokollnotiz „Nachtarbeit“ zur BV Arbeitszeitsystem vom 20.01.2003 zugrunde gelegt. Danach erhalten die in Nachtschicht eingesetzten Arbeitnehmer statt des tariflichen Nachtschichtzuschlags den tariflichen Nachtarbeitszuschlag, wenn die zeitliche Befristung der Dreischichtigkeit nicht mehr als drei Kalenderwochen beträgt. Damit kommt es auch nach ihrer Auffassung für die Frage, ob Nachtarbeit vor liegt, nicht allein auf das Bestehen eines Schichtplanes, sondern auch auf die Kontinuität der Dreischichtigkeit und damit auf einen etwaig neuen betriebsüblichen Schichtplanzeitraum an.

c) Bezogen auf die seitens des Klägers am 30.01.2016 geleistete Arbeit ergibt sich deshalb Folgendes:

aa) Der im Betrieb der Beklagten übliche Schichtplanzeitraum ist durch Ziff. 3.4 BV Arbeitszeitsystem bei der vorliegenden 38-Stunden-Woche auf das Basismodell Frühschicht / Spätschicht / Nachtschicht montags bis donnerstags und freitags mit den bestimmten Zeitvorgaben festgelegt worden. Hiermit übereinstimmend bestimmt Ziff. 3.6 BV Arbeitszeitsystem, dass „in unserem Modell“ Mehrarbeitszeiten diejenigen Arbeitszeiten sind, die abweichend vom Basismodell geleistet werden (Freitag „lang“ und Samstagsarbeit). In einer Feiertagswoche, die wie hier in der KW 44 mit dem Feiertag Allerheiligen vorliegt, können die Anzahl und die Lage der Nachtschichten zwar verändert werden, wozu ausdrücklich auch der Beginn der Nachtschicht am Sonntag um 21:00 Uhr gehört. Allerdings dienen diese Änderungen des Basismodells dem Ausgleich etwaig wegen Feiertags ausfallender Schichten, nicht wie hier der Leistung von Zusatzschichten wegen anhaltend guter Auftragslage bei einer angespannten Personalsituation, die im Aushang vom 12.10.2016 als Gründe für die Zusatzschicht angegeben sind. Damit setzen die Ziff. 3.4 und 3.6 BV Arbeitszeitsystem die Rahmenbedingungen um, die die Betriebspartner bei Einführung des Wechselschichtsystems beachten wollten: die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit verteilt sich auf die Werktage Montag bis Freitag, wobei eine Ausdehnung auf den Samstag „im Bedarfsfall“ und mithin nur ausnahmsweise möglich ist.

bb) Die Beklagte weicht von dem in der Betriebspraxis üblichen Schichtmodell der Nachtschichten montags bis freitags ab, indem sie mit der Zusatzschicht am 30.10.2016 einen sechsten Arbeitstag und zwar am Sonntag aus den bereits genannten Gründen in der KW 44 eingefügt hat. Die am 30.10.2016 unstreitig geleistete Arbeit des Klägers ist deshalb Nachtarbeit im Sinne von § 4 Ziff. 2 MTV. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der Kläger ab Donnerstag, den 03.11.2016, Urlaub genommen hat und mithin keine sechs Nachtschichten hintereinander Arbeit leistete. Urlaub wird durch Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub gewährt (vgl. st.Rspr. des BAG, Urteil vom 10.02.2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 19 m.w.N.).

Damit bestand für den Kläger in der KW 44 die Pflicht zur Leistung von sechs Nachtschichten, von der er lediglich durch die Urlaubsgewährung ab 03.11.2016 befreit worden ist (vgl. in diesem Sinn auch Protokollnotiz zu Abs. 1 und 2 des § 27 TVöD, S. 2). Im Übrigen blieb es bei der Belastung durch die vorzeitige Nachtarbeit bereits ab Sonntag, die den Rhythmus der Ruhetage zwischen den Schichten verkürzte.

cc) Hilfsweise stützt die Kammer ihre Entscheidung darauf, dass nach der Regelung des § 5 Ziff. 4 Satz 2 MTV der Mehrarbeitszuschlag von 25% - in gleicher Höhe von 24,93 € brutto - und nicht der Nachtschichtarbeitszuschlag hätte gezahlt werden müssen. Sind nämlich mit Mehrarbeit zusammentreffende Zuschläge für Nachtarbeit zusätzlich zu bezahlen, wie dies § 5 Ziff. 4 Satz 2 MTV bestimmt, heißt dies in Bezug auf Nachtschichtzuschläge, dass diese nicht zusätzlich zu zahlen sind. Es bleibt aber bei der Verpflichtung der Beklagten, Mehrarbeitszuschläge zu zahlen.

dd) Dementsprechend war die Beklagte zur Zahlung weiterer 24,93 € brutto verpflichtet, deren Höhe zwischen den Parteien unstreitig war. Die Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 291, 288 BGB, nachdem die Klageschrift dem Beklagtenvertreter am 14.03.2017 zugestellt worden ist.

2. Die Beklagte ist zudem verpflichtet, für die streitgegenständlichen Stunden eine Zeitgutschrift auf dem Zeitkonto im Umfang von 25% zu erfassen, § 5 Ziff. 4 Satz 2 MTV i.V.m. § 3 Ziff. 6 BV Arbeitszeitsystem. Dieser Anspruch ist gegeben, wenn Nachtarbeit im Sinne des § 4 Ziff. 2 MTV vorliegt. Gegen diese Konsequenz hat sich die Beklagte in ihrer Berufung auch nicht gewandt.

III.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision wird für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen, weil die Frage, ob Nachtarbeit im Sinne von § 4 Ziff. 2 MTV bei Anordnung von Zusatzschichten außerhalb der Feiertagsregelung in Ziff. 3.4 BV Arbeitszeitsystem vorliegt, grundsätzliche Bedeutung hat. Der maßgebliche Manteltarifvertrag für die Ernährungsmittelindustrie und Fettschmelzen zwischen dem Arbeitgeberverband der Bayerischen Ernährungswirtschaft e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Landesbezirk Bayern, vom 03.06.2005 gilt räumlich für das Land Bayern und mithin über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts München hinaus. Die angesprochene Rechtsfrage stellt sich häufig in der betrieblichen Praxis und damit unabhängig vom Rechtsverhältnis der Parteien.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 25. Jan. 2018 - 3 Sa 653/17

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr
Landesarbeitsgericht München Urteil, 25. Jan. 2018 - 3 Sa 653/17 zitiert 9 §§.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Feb. 2015 - 9 AZR 455/13

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(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. März 2013 - 16 Sa 763/12 - aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2011 zu zahlen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 29. März 2012 - 6 Ca 4596/11 - wird im Umfang der Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger zu 80 % zu tragen, die Beklagte zu 20 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1987 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt gegen eine monatliche Vergütung iHv. 3.639,41 Euro brutto. Der nicht unterzeichnete Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1987 regelt unter Ziff. 6 „Weitere Kündigungsregelungen“ Folgendes:

        

„Der Arbeitgeber ist berechtigt, den/die Angestellten jederzeit unter Fortzahlung des letzten monatlichen Gehaltes von der Arbeit freizustellen.“

3

Unter Ziff. 14 „Anwendung einschlägiger Tarifverträge“ heißt es:

        

„Im Übrigen finden auf das Arbeitsverhältnis die einschlägigen Tarifverträge für Angestellte Anwendung, die von dem für den Betrieb räumlich zuständigen Innungsverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks für den Geltungsbereich des Betriebes abgeschlossen sind oder abgeschlossen werden. Dies gilt beispielsweise für Urlaub, vermögenswirksame Leistungen und Kündigungsfrist.“

4

Die Beklagte wendet die Tarifverträge für den „Auftragsbezogenen Ladenbau“ in Nordrhein-Westfalen an.

5

Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2011. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

hiermit kündigen wir das mit Ihnen am 01.10.1987 begonnene Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB, hilfsweise fristgemäß zum 31.12.2011.

        

Der Betriebsrat wurde vor Ausspruch dieser Kündigung angehört.

        

Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“

6

Gegen die Wirksamkeit der Kündigung wandte sich der Kläger in einem beim Arbeitsgericht Dortmund geführten Kündigungsrechtsstreit. Im Gütetermin vom 17. Juni 2011 schlossen die Parteien einen Vergleich. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

„1.     

Die Parteien sind sich dahingehend einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger, ordentlicher Kündigung vom 19.05.2011 mit Wirkung zum 30.06.2011 aus betrieblichen Gründen beendet werden wird.

        

…       

        
        

5.    

Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zum 30.06.2011 ordnungsgemäß ab. Die Parteien sind sich insofern auch dahingehend einig, dass der Kläger bis zum Beendigungstermin von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt bleibt.

        

6.    

Mit der Erfüllung dieses Vergleichs sind alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt.

        

7.    

Damit ist der Rechtsstreit 7 Ca 227/11 erledigt.“

7

In einer am 8. Juni 2011 erstellten Verdienstabrechnung für Mai 2011 wies die Beklagte Urlaubsabgeltung für 88,23 Stunden bei einem Stundensatz von 20,55 Euro brutto iHv. insgesamt 1.813,13 Euro brutto aus. Nach einer unter dem 4. August 2011 erstellten weiteren Verdienstabrechnung erhielt der Kläger ein Urlaubstagegeld iHv. 1.296,40 Euro brutto. Der sich aus der Abrechnung ergebende Nettobetrag wurde an den Kläger ausgezahlt.

8

Mit Schreiben vom 1. August 2011 verlangte der Kläger ua. die ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt gemäß Ziff. 5 des geschlossenen Vergleichs, insbesondere im Hinblick auf die Abgeltung noch ausstehender Urlaubsansprüche. Letztere lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 9. August 2011 ab.

9

Mit seiner am 4. November 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger ua. Urlaubsabgeltung iHv. 2.357,09 Euro brutto geltend gemacht. Hierzu hat der Kläger behauptet, bei einer Beendigung am 30. Juni 2011 habe ihm ein Urlaubsanspruch von 15,5 Tagen zugestanden. Dies entspreche 114,7 Stunden, die mit jeweils 20,55 Euro abzugelten seien. Die Beklagte habe weder durch die Erklärung im Kündigungsschreiben noch durch die Vereinbarung im Vergleich wirksam Erholungsurlaub gewährt.

10

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Urlaub sei dem Kläger durch die Freistellung tatsächlich gewährt worden.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit sie Gegenstand der Revision ist - abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2011 verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Unrecht eine Urlaubsabgeltung iHv. 2.357,09 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2011 zugesprochen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Anspruch des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub bereits erfüllt.

14

I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen, dass der Urlaubsanspruch des Klägers jedenfalls nicht vollständig durch die im Kündigungsschreiben enthaltene Erklärung der Beklagten erfüllt wurde. Die in Verbindung mit der fristlosen und der hilfsweise fristgemäßen Kündigung erteilte bezahlte Freistellung im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung „unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche“ hat den Urlaubsanspruch des Klägers allenfalls teilweise erfüllt.

15

1. Es ist umstritten, ob der kündigende Arbeitgeber Urlaub unter der Bedingung erteilen kann, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

16

a) Der Senat hat bisher angenommen, der Arbeitgeber könne den Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher werde durch eine Kündigung nicht berührt (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 14 f. mwN). Mit der Kündigung mache der Arbeitgeber lediglich geltend, er gehe davon aus, das Arbeitsverhältnis werde zu dem von ihm bestimmten Zeitpunkt enden. Er „behaupte“ eine Beendigung (vgl. BAG 23. Januar 2001 - 9 AZR 26/00 - zu I 2 c bb der Gründe, BAGE 97, 18). Dem entspreche, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der während eines Kündigungsschutzrechtsstreits Urlaub verlangt, Urlaub zu gewähren habe (vgl. BAG 9. November 1999 - 9 AZR 915/98 - zu II 2 b aa der Gründe; 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 92, 299). Die vorsorgliche Urlaubsgewährung liege im wohlverstandenen Eigeninteresse des Arbeitgebers, um die Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern (BAG 9. November 1999 - 9 AZR 915/98 - zu II 2 b bb der Gründe; 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - zu I 2 c der Gründe, aaO). Dem stehe nicht entgegen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzrechtsstreit offen sei, ob der Arbeitgeber Urlaubsentgelt oder Urlaubsabgeltung schulde (vgl. 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 79, 92). Der Urlaubsanspruch sei kein sog. Einheitsanspruch. Er richte sich auf die Befreiung von der Arbeitspflicht. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt werde dadurch nicht berührt. Ist das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung beendet, sei der Urlaub abzugelten.

17

b) Diese Auffassung ist auf Kritik gestoßen (LAG Berlin 7. März 2002 - 7 Sa 1648/01 - zu II 2 c der Gründe; Arnold/Tillmanns/Arnold BUrlG 3. Aufl. § 7 Rn. 69; Bachmann in GK-BUrlG 5. Aufl. § 7 Rn. 38; ErfK/Gallner 15. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 6; AR/Gutzeit 7. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 10). Zum einen sei bei einer bedingten Urlaubserteilung für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung für den Arbeitnehmer nicht hinreichend klar, ob er Erholungsurlaub habe oder nicht (vgl. ErfK/Gallner aaO; AR/Gutzeit aaO). Zum anderen gebiete das Unionsrecht eine Rückkehr zur dogmatischen Einordnung des Urlaubsanspruchs als Einheitsanspruch (vgl. Arnold/Tillmanns/Arnold aaO; AR/Gutzeit aaO). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verkenne zudem, dass der Arbeitgeber durch seine unwirksame Kündigung das Risiko der Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen selbst geschaffen habe (LAG Berlin 7. März 2002 - 7 Sa 1648/01 - zu II 2 c der Gründe).

18

2. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf die Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie) durch den Gerichtshof der Europäischen Union der Modifikation bedarf. Ein Arbeitgeber gewährt durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

19

a) Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers (st. Rspr., zB BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 16, BAGE 131, 30; vgl. auch BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24). Diese ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen muss, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will (st. Rspr., vgl. BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24). Andernfalls ist nicht feststellbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs eine Erfüllungshandlung bewirken (§ 362 Abs. 1 BGB), den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zB zur besseren Wahrung von Geschäftsgeheimnissen ausschließen oder aus sonstigen Gründen als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme mit den in § 615 BGB bezeichneten Folgen verzichten will(st. Rspr., vgl. BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 24; 9. Juni 1998 - 9 AZR 43/97 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 89, 91; Arnold/Tillmanns/Arnold aaO Rn. 25). Das kann auch dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellt (BAG 14. März 2006 - 9 AZR 11/05 - Rn. 11). Notwendig ist allerdings stets die endgültige Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht (BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 17, aaO). Die unter dem Vorbehalt des Widerrufs stehende Befreiung erfüllt daher den Urlaubsanspruch nicht. Andererseits ist die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nur möglich, wenn überhaupt eine Arbeitspflicht im fraglichen Zeitraum besteht (BAG 18. März 2014 - 9 AZR 669/12 - und - 9 AZR 9 AZR 877/13 - jeweils Rn. 16).

20

b) Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung für die Dauer der Kündigungsfrist der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung frei und erhebt der Arbeitnehmer Klage nach § 4 KSchG, so steht in dem Zeitraum, in dem der Urlaub erfüllt werden soll, regelmäßig nicht rechtskräftig fest, ob die außerordentliche Kündigung wirksam ist. Dies gilt auch noch nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts. Nach § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG ist in Rechtsstreitigkeiten über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Berufung immer statthaft. Da nur im Falle der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eine Arbeitspflicht besteht, von der der Arbeitnehmer befreit werden kann, ist mit Zugang der bedingten Freistellungserklärung des Arbeitgebers bei dem Arbeitnehmer nicht klar, ob eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung besteht, von der eine Befreiung möglich ist.

21

c) Darüber hinaus ist der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht allein auf die Freistellung von der Arbeitsleistung gerichtet. Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Zur Erfüllung dieses Anspruchs genügt es daher nicht, dass der Arbeitnehmer in der Zeit des Urlaubs nicht arbeiten muss. Das Gesetz verlangt, dass die Zeit der Freistellung von der Arbeit „bezahlt“ sein muss. § 1 BUrlG entspricht insoweit der Regelung in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und ist damit einer unionsrechtskonformen Auslegung zugänglich(vgl. BAG 5. August 2014 - 9 AZR 77/13 - Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des EuGH bedeutet der in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie enthaltene Begriff des „bezahlten“ Jahresurlaubs, dass das Arbeitsentgelt für die Dauer des Jahresurlaubs im Sinne der Richtlinie weiterzugewähren ist. Der Arbeitnehmer muss für diese Ruhezeit das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 16; 15. September 2011 - C-155/10 - [Williams ua.] Rn. 19; 16. März 2006 - C-131/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 50, Slg. 2006, I-2531). Die Richtlinie behandelt den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als die zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung dieses Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH 22. Mai 2014 - C-539/12 - [Lock] Rn. 17 mwN). Daher ist der Zeitpunkt, zu dem das Entgelt für den Jahresurlaub zu zahlen ist, unbeschadet günstigerer Bestimmungen iSv. Art. 15 der Arbeitszeitrichtlinie so festzulegen, dass der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in Bezug auf das Entgelt in eine Lage versetzt wird, die mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist(EuGH 16. März 2006 - C-131/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 59, aaO).

22

Es kann vorliegend dahinstehen, ob dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen ist, dass die Rechtsprechung des EuGH eine Rückkehr zur Einordnung des Urlaubsanspruchs als sog. Einheitsanspruchs mit allen in der Vergangenheit daraus gezogenen Schlussfolgerungen erfordert (zum Streit vgl. Hohmeister BB 1995, 2110). Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gebietet nicht, dass das Urlaubsentgelt schon vor dem Urlaubsbeginn ausgezahlt werden muss(vgl. zur alten Rspr. BAG 9. Januar 1979 - 6 AZR 647/77 -). Der EuGH hat festgestellt, dass keine Bestimmung der Arbeitszeitrichtlinie ausdrücklich den Zeitpunkt festlegt, zu dem das Entgelt für den Jahresurlaub zu zahlen ist. Diese Festlegung obliegt vielmehr den Mitgliedstaaten (EuGH 16. März 2006 - C-131/04 - [Robinson-Steele ua.] Rn. 54 und 56, aaO).

23

Aus dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub folgt jedoch, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Dazu genügt es nicht, wenn ihm zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Anspruch auf Urlaubsvergütung zuerkannt wird. Der Arbeitnehmer ist in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsgestaltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht weiß, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt wird. Mit dem unionsrechtlichen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wird bezweckt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (vgl. EuGH 10. September 2009 - C-277/08 - [Vicente Pereda] Rn. 21 mwN, Slg. 2009, I-8405). Dieser Zweck kann typischerweise nur dann erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer während des Zeitraums weiß, dass er in Bezug auf das Entgelt in eine Lage versetzt ist, die mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist.

24

d) Dies berücksichtigend hat die Beklagte durch die Erklärung im Kündigungsschreiben den Urlaubsanspruch des Klägers nicht vollständig erfüllt. Sie hat dem Kläger weder vor Antritt des Urlaubs Urlaubsvergütung gezahlt noch vorbehaltlos zugesagt.

25

aa) Dies gilt jedenfalls für den Anteil des Jahresurlaubs, der dem Kläger zugestanden hätte, wenn das Arbeitsverhältnis nicht bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung, sondern erst mit Ablauf der Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung beendet worden wäre. Im Falle der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung hätte der Kläger zwar einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG, der abzugeltende Urlaubsanspruch wäre aber nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG auf vier Zwölftel zu kürzen. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Dezember 2011 hätte dem Kläger dagegen der Urlaubsanspruch ungekürzt zugestanden. In Bezug auf den Anteil von acht Zwölftel des Urlaubsanspruchs des Jahres 2011 wusste der Kläger bis zum Abschluss des gerichtlichen Vergleichs am 17. Juni 2011 nicht, ob ihm ein Vergütungsanspruch zustehen würde. Es ist weder festgestellt noch sonst erkennbar, dass die Beklagte ihm insofern unabhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im fraglichen Zeitraum die Zahlung eines Urlaubsentgelts vorbehaltslos zugesagt hat.

26

bb) Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, der Kläger habe jedenfalls aufgrund der Verdienstabrechnung für Mai 2011 sicher sein können, für 88,23 Stunden eine Urlaubsabgeltung iHv. 1.813,13 Euro brutto zu erhalten, stand diese Abrechnung einer vorbehaltslosen Zusage der Urlaubsvergütung nicht gleich. Der Senat hat die sog. Surrogatstheorie mit Urteil vom 19. Juni 2012 (- 9 AZR 652/10 - BAGE 142, 64) vollständig aufgegeben. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung folgt nicht mehr den Regeln des Urlaubsanspruchs. Dementsprechend muss der Gläubiger nicht stets davon ausgehen, dass die Leistung zur Erfüllung des Urlaubsabgeltungsanspruchs zugleich auch der Erfüllung eines Anspruchs auf Urlaubsentgelt dienen soll. Vielmehr bedarf es regelmäßig einer (hilfsweisen) Tilgungsbestimmung entsprechend § 366 Abs. 1 BGB. Ob die Beklagte eine solche zumindest konkludent abgegeben hat, bedarf keiner weiteren Klärung, weil der Anspruch des Klägers schon aus anderen Gründen nicht gegeben ist.

27

II. Über die Gewährung und Inanspruchnahme von Erholungsurlaub in der Zeit bis zum 30. Juni 2011 haben sich die Parteien unter Ziff. 5 des gerichtlichen Vergleichs vom 17. Juni 2011 geeinigt. Danach wurde der Urlaubsanspruch des Klägers vollständig durch bezahlte Freistellung in diesem Zeitraum erfüllt. Nach § 779 BGB ist der Vergleich ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Die insoweit insbesondere im Hinblick auf die Auslegung des Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestehende Ungewissheit über die Wirksamkeit der Urlaubsgewährung im Kündigungsschreiben wurde durch die Einigung beseitigt.

28

1. Die Auslegung eines Prozessvergleichs richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB(BAG 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 112, 50; Thomas/Putzo/Seiler 36. Aufl. § 794 Rn. 18). In welchem Umfang die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht der Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt, ist umstritten (vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 10 AZR 617/07 - Rn. 20 ff.). Teilweise wird angenommen, weil es sich um eine Prozesshandlung handele, sei die Auslegung gerichtlicher Vergleiche in der Revision vollständig überprüfbar, selbst wenn ihr Inhalt ausschließlich individuell bestimmt sei (BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 558/01 - zu II 2 b aa der Gründe; vgl. auch BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu I 2 der Gründe; GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 22; Düwell/Lipke/Düwell 3. Aufl. § 73 Rn. 22; ErfK/Koch 15. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 8). Andererseits wird die Auffassung vertreten, bei Prozessvergleichen sei ebenso wie bei sonstigen vertraglichen Vereinbarungen darauf abzustellen, ob es sich um eine typische Erklärung handele oder um eine atypische. Handele es sich um einen nichttypischen Vertrag könne die Auslegung des Prozessvergleichs vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das angefochtene Urteil auf einem Verstoß gegen allgemeine Auslegungsregeln, Erfahrungssätze oder Denkgesetze beruht und nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind (BAG 8. März 2006 - 10 AZR 349/05 - Rn. 31 ff., BAGE 117, 218; 15. September 2004 - 4 AZR 9/04 - aaO, mit dem Hinweis, dass Klauseln in Prozessvergleichen in der Regel nichttypische Erklärungen seien; vgl. auch BAG 27. August 2014 - 4 AZR 999/12 - Rn. 18; HWK/Bepler 6. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 15; Schwab/Weth/Ulrich ArbGG 4. Aufl. § 73 Rn. 28; GK-ArbGG/Mikosch Stand Dezember 2014 § 73 Rn. 43 mit der Annahme, es handele sich in der Regel um typische Vereinbarungen).

29

2. Es bedarf keiner abschließenden Klärung, in welchem Umfang die Auslegung des Vergleichs durch das Landesarbeitsgericht zu überprüfen ist. Diese hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat sich rechtsfehlerhaft auf die Auslegung des Satzes 2 der Ziff. 5 des Vergleichs beschränkt, ohne die übrigen Regelungen des Prozessvergleichs in die Auslegung einzubeziehen.

30

a) Im Kündigungsschreiben vom 19. Mai 2011 hat die Beklagte erklärt, im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werde der Kläger mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt. Mit Ziff. 1 des Vergleichs vom 17. Juni 2011 haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass diese Bedingung erfüllt war, indem sie vereinbarten, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger, ordentlicher Kündigung vom 19. Mai 2011 mit Wirkung zum 30. Juni 2011 beendet werden wird. Da die Parteien die Beendigung bereits zum 30. Juni 2011 und nicht - wie in der Kündigungserklärung vom 19. Mai 2011 vorgesehen - zum 31. Dezember 2011 vereinbarten, hätte es nahe gelegen, als Beendigungsgrund den gerichtlichen Vergleich selbst und nicht das Kündigungsschreiben der Beklagten anzunehmen. Das Anknüpfen an die Kündigungserklärung vom 19. Mai 2011 stellt vor diesem Hintergrund ein Indiz dafür dar, dass gerade auch die Urlaubsgewährung ab jenem Zeitpunkt von dem Willen der Parteien umfasst war. Vor diesem Hintergrund bedurfte es - entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts - nicht zwingend der ausdrücklichen Vereinbarung im Prozessvergleich, dass die bezahlte Freistellung der Erfüllung des Urlaubsanspruchs dienen sollte.

31

b) Das Landesarbeitsgericht ist im Rahmen seiner Auslegung auch nicht auf Ziff. 6 des Prozessvergleichs eingegangen. Danach sollten mit der Erfüllung dieses Vergleichs alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt sein. Bei dem Urlaubsanspruch handelt es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Damit folgt auch aus Ziff. 6 des Vergleichs, dass durch die bezahlte Freistellung des Klägers im Zeitraum vom Zugang der Kündigung vom 19. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2011 auch der Urlaubsanspruch erfüllt sein sollte. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass dieser Zeitraum nicht ausgereicht habe, um sämtliche Urlaubsansprüche und Überstundenguthaben zu erfüllen.

32

Der Wortlaut von Ziff. 6 des Vergleichs unterscheidet sich auch erheblich von dem Wortlaut der Erledigungsklausel, die Gegenstand des Urteils des Senats vom 9. Juni 1998 war (- 9 AZR 43/97 - BAGE 89, 91 [„Mit Zahlung des Gehalts Juni und Aushändigung der Papiere sowie einem qualifizierten Zeugnis sind alle gegenseitigen Forderungen erledigt.“]). Durch die Formulierung „mit der Erfüllung dieses Vergleichs“ haben die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zum Ausdruck gebracht, dass die vergütete Freistellung von der Arbeit und nicht erst die Erledigungsklausel selbst zum Untergang des Urlaubsanspruchs führen sollte. Insofern ähnelt die Klausel zwar der Klausel, über die sich die Entscheidung des Achten Senats vom 31. Mai 1990 verhält (- 8 AZR 132/89 - BAGE 65, 171 [„Mit Erledigung der Ziffern 2. bis 4. sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt.“]). In jenem (außergerichtlichen) Vergleich einigten sich die Parteien in Ziff. 2 jedoch nur auf eine Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist, ohne die Vergütungspflicht ausdrücklich zu regeln. Im Übrigen ist im Vergleich der Parteien vom 17. Juni 2011 auch die in der Formulierung, „dass der Kläger … freigestellt bleibt“, liegende Bezugnahme auf das Schreiben vom 19. Mai 2011 zu berücksichtigen, in dem die Anrechnung der bezahlten Freistellung auf sämtliche Urlaubsansprüche ausdrücklich genannt ist.

33

c) Nach Ziff. 3 des Vergleichs vom 17. Juni 2011 zahlt die Beklagte an den Kläger wegen des Verlusts seines sozialen Besitzstands eine Abfindung entsprechend §§ 9, 10 KSchG iHv. 15.000,00 Euro brutto. Es ist - gerade unter Berücksichtigung der Erledigungsklausel in Ziff. 6 des Vergleichs - nicht erkennbar, dass die Beklagte durch den Vergleich neben dem Abfindungsanspruch noch einen zusätzlichen Anspruch begründen wollte. Dies wäre aber nach der Auslegung des Landesarbeitsgerichts der Fall. Der Kläger hätte neben dem Anspruch auf Abgeltung des vollen Urlaubs einen Anspruch auf bezahlte Freistellung im Zeitraum vom Zugang der Erklärung vom 19. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2011. Ein Anlass, warum die Beklagte sich neben der Pflicht zur Urlaubsgewährung bzw. zur Urlaubsabgeltung zu einer weiteren bezahlten Freistellung von der Arbeitsleistung verpflichten sollte, ist weder festgestellt noch dargelegt.

34

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Matth. Dipper    

        

    Anthonisen    

                 

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.