Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Mai 2013 - 6 Sa 20/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0528.6SA20.13.0A
bei uns veröffentlicht am28.05.2013

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Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens Az.: 6 Ca 427/12 - vom 22. November 2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine Befristung zum 31. August 2012 geendet hat und um die Weiterbeschäftigung der Klägerin.

2

Die Klägerin trat am 26. Juni 2003 als teilzeitbeschäftigte Angestellte für Assistententätigkeiten im Fachbereich Betriebswirtschaftlehre in die Dienste des beklagten Landes ein. Der unter dem Zeichen der Fachhochschule Kaiserslautern abgefasste schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. Juni 2003 wurde für das beklagte Land in Vertretung durch den Präsidenten der Fachhochschule Kaiserslautern geschlossen und war zur Elternzeitvertretung zunächst befristet bis 29. September 2003. In der Folge haben die Parteien mit Nachtragsverträgen vom 29. März 2003, 10. März 2004, 22. Juni 2006 und 20. Juli 2006 jeweils eine befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Unter dem 30. April 2007 wurde ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag bis 25. Juni 2009 abgeschlossen, hinsichtlich des Befristungsgrundes unter Verweis auf die Regelungen des Hochschulrahmengesetzes. Ab September 2009 schlossen die Parteien sechs weitere halbjährlich befristete Arbeitsverträge über eine Tätigkeit der Klägerin in Teilzeit als Lehrkraft für besondere Aufgaben für verschiedene Themen des Fachbereichs Betriebswirtschaftslehre, jeweils unter Angabe des Befristungsgrundes „Urlaubsvertretung“. Zuletzt richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrages vom 22. Februar 2012 (Bl. 25 ff. d. A.; im Folgenden: AV), nach dem die Klägerin befristet vom 01. März 2012 bis 31. August 2012 als Lehrkraft für besondere Aufgaben in den Themenbereichen Geschäftspolitik von Finanzdienstleistungs- Unternehmen und Betriebswirtschaftslehre beschäftigt wurde. Alle Arbeitsverträge wurden unter dem Zeichen der Fachhochschule Kaiserslautern abgefasst und für das beklagte Land in Vertretung durch den Präsidenten der Fachhochschule Kaiserslautern geschlossen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Verträge wird auf Bl. 6 bis 26 d. A. Bezug genommen.

3

Die Klägerin wurde zuletzt in der Zweigstelle Z. der Fachhochschule Kaiserslautern eingesetzt. Im Wintersemester 2011/2012 übernahm sie die Vorlesungen "IT-orientiertes Finanz- und Rechnungswesen" (vier Semester-Wochenstunden) und "Grundlagen der BWL im Fachbereich IMST" (acht Semester-Wochenstunden). Im Sommersemester 2012 hielt sie die Vorlesungen "Geschäftspolitik von FIDI-Unternehmen" (drei Semester-Wochenstunden), "Betriebliche Informationssystems" (zwei Semester-Wochenstunden), "Business Consulting" (zwei Semester-Wochenstunden) und "Grundlagen der BWL im Fachbereich IMST" (sechs Semester-Wochenstunden). Teilweise war die Klägerin für die Vorlesungen bereits in den Vorjahren verantwortlich.

4

Mit Schreiben vom 06. Juni 2012 machte die nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerin außergerichtlich gegenüber dem Kanzler der Fachhochschule Kaiserslautern die Unwirksamkeit der Befristung aus dem Arbeitsvertrag vom 22. Februar 2012 geltend. Mit Schreiben vom 02. Juli 2012 teilte der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes für die Fachhochschule Kaiserslautern mit, diese sehe sich nicht verpflichtet, das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zu entfristen.

5

Die Klägerin hat am 24. Juli 2012 beim Arbeitsgericht unter Beifügung der befristeten Arbeitsverträge (mit Ausnahme der Nachtragsverträge) und des außergerichtlichen Schriftverkehrs Entfristungsklage erhoben und zugleich ihrer Weiterbeschäftigung begehrt. Als beklagte Partei hat die Klägerin die Fachhochschule Kaiserslautern bezeichnet, der die Klage unter dem 02. August 2012 zugestellt worden ist.

6

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie halte die Kettenbefristung für unwirksam. Sie hat zunächst die Auffassung vertreten, entgegen der beklagtenseitigen Rüge vom 24. September 2012 vermöge die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis laut Arbeitsvertrag formell mit der Beklagten als Arbeitgeberin geschlossen sei, an der Passivlegitimation der Fachhochschule Kaiserslautern nichts zu ändern, solle das Gericht jedoch anderer Auffassung sein, könne es durch Auslegung der Klage angesichts der mit der Klageschrift eingereichten Unterlagen jederzeit ermitteln, wer Anspruchsgegner sei solle und das Rubrum formlos berichtigen. Der seit drei Jahren und auch im Arbeitsvertrag vom 22. Februar 2012 angegebene Sachgrund der Urlaubsvertretung sei frei erfunden, da es keine zu vertretende Lehrkraft gebe. Die Vorlesung „IT-orientiertes Finanz- uns Rechnungswesen“, „Betriebliche Informationssysteme“ und „Business Consulting“ halte sie seit dem Wintersemester 2009/2010, die Vorlesung „Geschäftspolitik FIDI-Unternehmen“ im Sommersemester 2012 zum zweiten Mal, zuletzt lese sich auch „E-Business“ und seit 2010 zudem „Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre“. Die beklagtenseits im Rechtsstreit behauptete Vertretungskette wegen krankheits- und forschungssemesterbedingten Ausfällen habe ebenso wenig bestanden wie ein absehbarer Vertretungsbedarf nur bis Sommer 2012. Bereits in der Dienstbesprechung vom 25. April 2012 sei - unter Betonung des Risikos unwirksamer Befristungen - hervorgehoben worden sei, dass von den 1.120 jährlich anfallenden Semesterwochenstunden ca. 300 Semesterwochenstunden auf Lehrbeauftragte oder Lehrbeauftragte für besondere Aufgaben verteilt würden, so dass von einem zeitweisen Bedarf nicht ausgegangen werden könne. Dass weiterer Bedarf bestanden habe, zeige sich auch daran, dass sie bereits im Stellenplan für das Wintersemester 2012/2013 fest eingeplant gewesen sei. Eine von ihr gegenüber dem Kanzler der Fachhochschule Kaiserslautern erbetene Entfristung ihres Arbeitsvertrages habe dieser abgelehnt und ihr einen diesbezüglichen Verzicht für die Zukunft angesonnen, da sie anderenfalls nur noch einen mit Gehaltseinbußen verbundenen stundenreduzierten Vertrag als Lehrbeauftragte erhalten werde.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 22. Februar 2012 zum 31. August 2012 endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

9

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den Ablauf des 31. August 2012 zu ansonsten unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

12

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Fachhochschule Kaiserslautern sei nicht passivlegitimiert, da der Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land bestanden habe. Eine Berichtigung des Passivrubrums sei jedenfalls angesichts der Festlegung der Klägerin auf die Fachhochschule Kaiserslautern als Beklagte trotz der beklagtenseitigen Rüge nicht möglich. Die streitige Befristung sei wegen erforderlicher Urlaubsvertretung gerechtfertigt, da im Wintersemester 2011/2012 den Professoren Dr. S und Dr. H und im Sommersemester 2012 den Professoren und Professorinnen Dr. A, Dr. B, Dr. M und Dr. W ein Freisemester bewilligt worden sei. Die Klägerin habe - wie bei Forschungsfreisemestern oder längeren krankheitsbedingten Ausfällen im Ausnahmefall üblich - vertretungsweise von Prof. Dr. J vier Semester-Wochenstunden Vorlesung übernommen, der wiederum für Prof. Dr. L eingesprungen sei, dessen Deputat während seines Dekanats um neun Semester-Wochenstunden reduziert gewesen sei. Dadurch dass die Klägerin zusätzlich für den Fachbereich IMST acht Semester-Wochenstunden „BWL“ übernommen habe, habe der Fachbereich durch anderweitigen internen Ausgleich die Semesterfreistellung für Prof. Dr. S auffangen können. Im Sommersemester 2012 habe die Klägerin vom freigestellten Prof. Dr. A mit drei Semester-Wochenstunden die Vorlesung „Geschäftspolitik von FIDI- Unternehmen“ übernommen und für Prof. Dr. J, der kommissarisch die Studienleitung für den erkrankten Prof. Dr. E übernommen habe, habe sie mit zwei Semester-Wochenstunden die Vorlesung „Betriebliche Informationssysteme“ gehalten und für den freigestellten Prof. Dr. A mit zwei Semester-Wochenstunden die Vorlesung „Business Consulting“. Die Situation habe sich zum Ende des Sommersemesters erwartungsgemäß entspannt und der Vertretungsbedarf sei weggefallen, das Dekanat des Prof. Dr. L sein zu Ende gegangen, für den neuen Dekan könne die Klägerin mangels Spezialisierung in dessen Fachgebiet (Versicherungsbetriebslehre) nicht eingesetzt werden und die Professoren Dr. F und Dr. K seien neu berufen worden. Die Klägerin sei lediglich für eine von drei Blockwochen im Lehrplan-Entwurf für das kommende Wintersemester eingeplant gewesen. Zu Unrecht berufe sie sich auch darauf, sie sei über Jahre hinweg durchgängig mit der Lehre in „ihren“ Fächern betraut worden, da alle von ihr betreuten Veranstaltungen nach Konzeption durch die Lehrstuhlinhaber nur vertretungsweise gelesen worden seien.

13

Das Arbeitsgericht hat im Kammertermin vom 22. November 2012 durch Beschluss das Passivrubrum dahingehend berichtigt, dass das beklagte Land, vertreten durch die Fachhochschule Kaiserslautern beklagt sei. Eine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das beklagte Land nach gerichtlichem Hinweis auf die fehlende Beschwerdefähigkeit des arbeitsgerichtlichen Beschlusses unter dem Vorbehalt zurückgenommen, die Passivlegitimation zum Gegenstand des Berufungsverfahrens zu machen.

14

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat mit Urteil vom 22. November 2012 (Bl. 99 - 111 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 22. Februar 2012 zum 31. August 2012 beendet worden ist, hat dem Weiterbeschäftigungsantrag entsprochen und zur Begründung angeführt, die Befristung sei unwirksam, weil das beklagte Land zwar einen Vertretungsbedarf, nicht jedoch die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter substantiiert dargelegt habe. Die Freistellungen der jeweiligen Professoren könnten bereits deshalb nicht ursächlich für die Befristung der Klägerin gewesen sein, weil diese die Vorlesungen bereits seit dem Wintersemester 2009/2010 bzw. zumindest zum zweiten Mal gelesen habe. Vieles spreche für eine unzulässige Dauervertretung, da die Klägerin bereits im April 2012 gefragt worden sei, ob sie zu einer Blockveranstaltung im Wintersemester 2012/2013 bereit sei, sie im Stellenplan bereits mit einer weiteren befristeten Stelle eingeplant gewesen sei und die Beklagte offenbar in ständiger Praxis ca. 300 Semester-Wochenstunden auf Lehrbeauftragte bzw. Lehrbeauftragte mit besonderen Aufgaben verteile.

15

Die Beklagte hat gegen das ihr am 13. Dezember 2012 zugestellte Urteil mit am 10. Januar 2013 eingegangenem Schriftsatz vom 07. Januar 2013 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 13. März 2013 mit Schriftsatz vom 11. März 2013, bei Gericht eingegangen am 13. März 2013, begründet.

16

Die Beklagte macht mit der Berufungsbegründung (Bl. 61 ff. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend,
die Klage sei bereits abzuweisen, da das Arbeitsgericht das Passivrubrum nicht habe berichtigen können und dürfen, sondern die Klage mangels Passivlegitimation der von der anwaltlich vertretenen Klägerin bis zum Kammertermin als rechtlich und tatsächlich existente juristische Person in Anspruch genommenen Fachhochschule Kaiserslautern habe abweisen müssen. Die Klage sei – auch nach entsprechender Rüge noch - ausdrücklich gegen die Fachhochschule Kaiserslautern errichtet gewesen. Hinzu komme, dass sich aus den der Klageschrift beigefügten Unterlagen gerade nicht erkennbar ergeben habe, wer Arbeitgeber sei, da die Arbeitsverträge - anders als bei Beifügung eines aktuellen Kündigungsschreibens im Kündigungsschutzprozess - allenfalls Beleg dafür seien, wie bei Vereinbarung der Befristung, nicht jedoch bei Klageerhebung Arbeitgeber gewesen sei. Dass der Klägerin die erforderliche Klageänderung im Lauf des Verfahrens wegen Versäumung der maßgeblichen Klagefrist versperrt gewesen sei, könne nicht dazu führen, dass ihr im Wege der Berichtigung des Rubrums „geholfen“ werde. Ungeachtet dessen sei die streitige Befristung durch den Sachgrund der Vertretung sachlich gerechtfertigt gewesen. Der Vertretungsbedarf habe sich einmal daraus ergeben, dass im Fachbereich wegen laufender Berufungsverfahren zwei Professorenstellen nicht besetzt gewesen seien und nicht absehbar gewesen sei, ob die diesbezüglichen Berufungen zu realisieren seien, wobei ein Hochschullehrer erfreulicherweise seinen Dienst bereits zum 01. August 2012 angetreten habe, das zweite Berufungsverfahren erst im Juli 2012 hochschulintern habe abgeschlossen werden können und Ruferteilung in Kürze erfolgen solle. Dieser bestehende Vertretungsbedarf sei noch durch die Tatsache verstärkt worden, dass für das Sommersemester 2012 ungewöhnlich viele Professorinnen/ Professoren ein Forschungs-Freisemester beantragt hätten. Aufgrund dieser Sachlage sei wiederum befristet auf die Klägerin zurückgegriffen worden. Die vom Arbeitsgericht verlangte unmittelbare Kausalität zwischen Vertretungsbedarf einerseits und den der Klägerin übertragenen Lehrveranstaltungen andererseits sei nicht erforderlich, es habe vielmehr genügt, dass im Rahmen einer Gesamt-Aufgabenverteilung unter Berücksichtigung des Gesamt-Vertretungsbedarfs die Klägerin auch mit anderen Aufgaben betraut worden sei, wenn insgesamt der Vertretungsbedarf abgedeckt werde. Dass der Einsatz der Klägerin im Wintersemester 2012/2013 anlässlich der vorläufigen Planungen im April 2012 besprochen worden sei, habe allein im Zusammenhang mit den nicht abgeschlossenen Berufungsverfahren gestanden.

17

Das beklagte Land beantragt,

18

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Auswärtige Kammern Pirmasens vom 22. November 2012 wird die Klage abgewiesen.

19

Die Klägerin beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 02. Mai 2013 (Bl. 211 ff. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird und trägt im Wesentlichen vor,
die Rubrumsberichtigung sei zu Recht erfolgt, da aus den klägerseits vorgelegten Unterlagen hervorgegangen sei, zwischen welchen Rechtssubjekten das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses streitig gewesen sei. Auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits habe sie sich nicht gegen eine Rubrumsberichtigung verwehrt, sondern lediglich die Auffassung vertreten, dass die Fachhochschule alle Arbeitgeberfunktionen erfülle. Angesichts des außergerichtlichen Auftretens des Beklagtenvertreters und dessen Einlassung zur Sache im Namen der Fachhochschule Kaiserslautern stelle die Unterscheidung zwischen der Fachhochschule und dem Land einen reinen Formalismus dar und stehe einer eindeutigen Zuordnung des klägerischen Begehrens als eines solchen, dass sich gegen das beklagten Land richte, nicht entgegen. Auch materiell-rechtlich sei das angegriffene Urteil zutreffend. Der angebliche Vertretungsbedarf habe auch über den 31. August 2012 hinaus bestanden. Der Dekan Prof. Dr. L habe auch während seiner Amtszeit das volle Deputat erbracht. Auch im Rahmen einer Prozessbeschäftigung halte sie die streitigen Vorlesungen weiter. Dass die Planung des Semesters unter dem Vorbehalt der Berufungsverfahren gestanden habe, sei an den Haaren herbeigezogen und auch aus keinem Protokoll ersichtlich.

22

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 28. Mai 2013 Bezug genommen

Entscheidungsgründe

A.

23

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Sie war zurückzuweisen.

I.

24

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 13. Dezember 2012 mit am 10. Januar 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 07. Januar 2013 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 11. März 2013, bei Gericht eingegangen am 13. März 2013, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

II.

25

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Befristungskontrollklage zu Recht stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt.

26

1. Die zulässige Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG ist auch in der Sache erfolgreich. Die beklagte Partei ist passivlegitimiert. Die zwischen den Parteien am 22. Februar 2012 vereinbarte Befristung ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. August 2012 beendet.

27

1.1. Die Klage ist nicht bereits mangels Passivlegitimation der beklagten Partei abzuweisen.

28

Das Arbeitsgericht hat das Passivrubrum zutreffend dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Rheinland-Pfalz ist. Die Klägerin hat mit der Befristungskontrollklage von Anfang an das Land Rheinland-Pfalz in Anspruch genommen und nicht die Fachhochschule Kaiserslautern, die sie zunächst in der Klageschrift als beklagte Partei bezeichnet hat. Dies ergibt die Auslegung der Klageschrift.

29

1.1.1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Auch bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar mit der Parteibezeichnung gemeint ist (vgl BGH 24. Januar 1952 - III ZR 196/50 -; BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 13, 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 12 mwN; jeweils zitiert nach juris). Dafür ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - Rn. 7, zitiert nach juris). Hierbei ist das tatsächliche Vorbringen der Klagepartei zugrunde zulegen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 13, 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 16, mwN aaO). Maßgeblich für die Beurteilung sind die gesamten erkennbaren Umstände, insbesondere auch die der Klageschrift beigefügten Unterlagen (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 13, 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 13, aaO). Die Berichtigung einer offensichtlich unrichtigen Parteibezeichnung ist während des gesamten Verfahrens möglich (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 13).

30

1.1.2. Nach diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Rheinland-Pfalz ist. Die Klägerin hat zwar in der Klageschrift zunächst die Fachhochschule Kaiserslautern als Beklagte bezeichnet. Der Klageschrift lagen jedoch die Arbeitsverträge bei, die die Klägerin sämtlich mit dem Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Fachhochschule Kaiserslautern, abgeschlossen hat. Dies entspricht § 43 Abs. 1 Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz (im Folgenden: HochschulG RP), nach dem Bedienstete an Hochschulen im unmittelbaren Dienst des Landes stehen, während die Hochschulen, wozu nach § 1 Abs. 1, 3 HochschulG RP auch die Fachhochschule Kaiserslautern zählt, gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 HochschulG RP die Personalverwaltung als Auftragsangelegenheit durchführen und hierbei der Fachaufsicht des Landes unterstehen (§ 105 Abs. 2 HochschulG RP). Vor diesem Hintergrund war von Anfang an klar erkennbar, dass die Klägerin - obgleich anwaltlich vertreten - nicht die zwar als eigene Rechtspersönlichkeit existente, jedoch nur als Vertreterin handelnde Fachhochschule Kaiserslautern verklagen wollte, sondern ihre Arbeitgeberin, das beklagte Land Rheinland-Pfalz und die Fachhochschule Kaiserslautern offensichtlich fehlerhaft als Beklagte bezeichnet hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte nach der beklagtenseitigen Rüge fehlender Passivlegitimation zunächst die Auffassung vertreten hat, der „formelle“ Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Land Rheinland-Pfalz stehe der Passivlegitimation des beklagten Landes nicht entgegen. Die (nachträgliche) Äußerung - zumal offensichtlich - unzutreffender Rechtsansichten ist für die Auslegung der Klageschrift nicht erheblich, da es auf das tatsächliche Vorbringen der klagenden Partei ankommt. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin von Anfang an zumindest hilfsweise eine Berichtigung des Rubrums durch das Gericht anheim gestellt hat, weshalb von einer tatsächlichen Festlegung der Klägerin auf die Fachhochschule Kaiserslautern als beklagte Partei im Rahmen der Auslegung nicht auszugehen war. Soweit sich das beklagte Land darauf stützt, der Auslegung stehe entgegen, dass sich den der Klageschrift beigefügten Unterlagen - anders als etwa bei einem zeitnah zuvor zugegangenen Kündigungsschreiben - nicht zweifelsfrei habe entnehmen lassen, wer bei Klageerhebung Arbeitgeber gewesen sei, vermochte sich die Berufungskammer dem nicht anzuschließen. Der der Klageschrift beigefügte Arbeitsvertrag zählt zu den Gesamtumständen, die für die Auslegung, wer beklagte Partei einer Befristungskontrollklage sein soll, heranzuziehen sind (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 13; zitiert nach juris). Vorliegend fehlte es bei Klageerhebung an jeglichen objektiven Anhaltspunkten für einen im Widerspruch zu allen Vorgängerverträgen stehenden Arbeitgeberwechsel zwischen Vertragsschluss am 22. Februar 2012 und Klageerhebung am 24. Juli 2012, dem zudem die Vorschriften des HochschulG RP entgegengestanden hätten.

31

1.2. Die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG wurde durch die Einreichung der Klageschrift am 24. Juli 2012 gewahrt. Eine Befristungskontrollklage kann bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhoben werden (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 8; 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12; jeweils zitiert nach juris). Zwar ist die Klage am 02. August 2012 der Fachhochschule Kaiserslautern zugestellt worden und erst im Kammertermin vom 22. November 2012 und damit nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG die Berichtigung des Passivrubrums erfolgt. Da die Fachhochschule Kaiserslautern vertretungsberechtigt für das beklagte Land ist, war jedoch sichergestellt, dass diesem die Tatsache der Klageerhebung bekannt wurde. Damit war dem Sinn der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG Genüge getan(vgl. zur Frist des § 4 Satz 1 KSchG: BAG 12. Februar 2004 - 2 AZR 136/03 Rn. 20, zitiert nach juris). Prozessuale Rechte des beklagten Landes wurden nicht verletzt, da dieses durch seine Vertreterin, die Fachhochschule Kaiserslautern, von Anfang an Kenntnis von der prozessualen Inanspruchnahme durch die Klägerin hatte (vgl. BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 753/08 Rn. 14, zitiert nach juris).

32

1.3. Die im Arbeitsvertrag vom 22. Februar 2012 vereinbarte Befristung ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis daher nicht zum 31. August 2012 beendet. Sie ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG aufgrund des Sachgrundes der Vertretung gerechtfertigt.

33

1.3.1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. In ständiger Rechtsprechung, der sich die Berufungskammer anschließt, geht das Bundesarbeitsgericht - auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (C-586/10 Kücük, zitiert nach juris) - in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen aus (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 13 ff., 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., jeweils zitiert nach juris):

34

Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 13, 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, jeweils zitiert nach juris).

35

a) Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt (BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 13, aaO). Geht es um eine unmittelbare Vertretung, hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren (BAG 10. Oktober 2012 - 7 AZR 462/11 - Rn. 17, mwN, zitiert nach juris).

36

b) Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Auch ohne dass eine Vertretungskette vorliegt, kann die Kausalität bei der mittelbaren Vertretung auch dann bestehen, wenn der Arbeitgeber - was ihm auch im Vertretungsfalle unbenommen ist - die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu verteilt. Er hat dann zunächst die bisher dem vertretenen Mitarbeiter übertragenen Aufgaben darzustellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere Mitarbeiter zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (BAG 10. Oktober 2012 - 7 AZR 462/11 - Rn. 18, 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 22 mwN; jeweils zitiert nach juris).

37

c) Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, kann sich die erforderliche Kausalität aber auch daraus ergeben, dass der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Mitarbeiter im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. Zur Gewährleistung des Kausalzusammenhanges zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Nur so ist gewährleistet, dass die Einstellung tatsächlich auf der Abwesenheit des zu vertretenen Mitarbeiters beruht und nicht etwa auf die Abwesenheit eines Mitarbeiters, die Vertretung durch eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer gestützt wird (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 15, zitiert nach juris). Die gedankliche Zuordnung kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 23 mwN, 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, jeweils zitiert nach juris).

38

1.3.2. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht vor. Das beklagte Land hat zur Begründung des befristeten Beschäftigungsbedarfs für die Klägerin im Wintersemester 2011/2012 und im Sommersemester 2012 im Wesentlichen für verschiedene Professoren und Professorinnen bewilligte Freisemester, die Entlastung des Deputats des damaligen Dekans und die Erkrankung eines Studienleiters angeführt und im Einzelnen vorgetragen, welche Semesterwochenstunden und Vorlesungen die Klägerin infolge dessen übernommen habe. Im Berufungsverfahren hat sich die beklagte Partei darüber hinaus auf einen vorliegenden Gesamtvertretungsbedarf berufen und darauf, dass zwei Berufungsverfahren nicht abgeschlossen gewesen seien, was die befristete Beschäftigung der Klägerin gerechtfertigt habe. Im Ergebnis geht das Arbeitsgericht zu Recht davon aus, dass das beklagte Land nicht ausreichend dargelegt hat, dass der Sachgrund der Vertretung die am 22. Februar 2012 getroffene Befristungsabrede gerechtfertigt hat.

39

a) Zwar steht dem Vorliegen eines Befristungsgrundes entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht bereits grundsätzlich entgegen, dass die Klägerin verschiedene der streitgegenständlichen Vorlesungen schon mehrfach, teilweise über mehrere Jahre gehalten hat. Auch die Tatsache, dass das beklagte Land an der Fachhochschule Kaiserslautern unstreitig jährlich ca. 300 Semesterwochenstunden auf Lehrbeauftragte bzw. Lehrbeauftragte für besondere Aufgaben verteilt, widerspricht dem Bestehen des Sachgrundes der Vertretung nicht ohne weiteres. Auch ein ständiger Vertretungsbedarf steht dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen(vgl. BAG18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 14; LAG Rheinland-Pfalz 11. Januar 2013 - 9 Sa 366/12 - Rn. 62; jeweils zitiert nach juris). Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es jedoch nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 14, 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20; jeweils zitiert nach juris). Ob vor diesem Hintergrund ausreichende Anhaltspunkte für die vom Arbeitsgericht angenommene unzulässige Dauervertretung vorlagen, bedurfte keiner Entscheidung.

40

b) Das beklagte Land hat bereits nicht ausreichend dargelegt, dass die Klägerin - unmittelbar oder mittelbar - zur Abdeckung der angeführten Vertretungsfälle wegen Freistellung, Erkrankung oder Reduzierung des Deputats des Dekans befristet zu beschäftigen war.

41

(1) Hinsichtlich des Wintersemesters 2011/2012 mag dem beklagten Land zugestanden werden, dass die Klägerin in nachvollziehbarer Vertretungskette für vier Semesterwochenstunden Vorlesungen anstelle von Prof. Dr. J gehalten hat, damit dieser Stunden des reduzierten Deputats des damaligen Dekans Prof. Dr. L übernehmen konnte. Soweit sich das beklagte Land jedoch darauf berufen hat, durch die weiter von der Klägerin übernommenen acht Semesterwochenstunden ("Grundlagen der BWL im Fachbereich IMST") habe der Fachbereich durch anderweitigen internen Ausgleich die Semesterfreistellung für Prof. Dr. S auffangen können, fehlt es an jeder Darlegung, wie der Vertretungsbedarf konkret abgedeckt wurde. Eine Vertretungskette oder auch nur eine Umorganisation des Arbeitsbedarfs mit einer nach außen erkennbaren gedanklichen Zuordnung der von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben zu einem abwesenden Beschäftigten ist nicht ersichtlich.

42

(2) Auch den befristeten Beschäftigungsbedarf für die Klägerin im Sommersemester 2012 hat das beklagte Land nicht nachvollziehbar dargelegt. Selbst wenn man von einer unmittelbaren Vertretung des freigestellten Prof. Dr. A im Umfang von drei Semesterwochenstunden ("Geschäftspolitik für FIDI-Unternehmen") und einer mittelbaren Vertretung der freigestellten Prof. Dr. B im Umfang von zwei Semesterwochenstunden (Übernahme der Veranstaltung "Business Consulting" vom unmittelbar vertretenden Prof. Dr. A) und des erkrankten Studienleiters Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. E im Umfang von zwei Semesterwochenstunden (Übernahme der Veranstaltung "Betriebliche Informationssysteme" vom unmittelbar vertretenden Prof. Dr. J) ausgeht, ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund ein Bedarf bestanden hat, die Klägerin für sechs Semesterwochenstunden mit der Veranstaltung "Grundlagen der BWL im Fachbereich IMST" zu betrauen. Unabhängig davon, dass bereits für das Wintersemester 2011/2012 aus den dargelegten Gründen eine entsprechende Vertretungskette bzw. ein Kausalzusammenhang nicht dargelegt worden ist, war nicht ersichtlich, dass Prof. Dr. S, auf dessen Freistellung das beklagte Land sich für das Wintersemester 2011/2012 insoweit berufen hatte, im Sommersemester noch freigestellt war.

43

(3) Soweit das beklagte Land zweitinstanzlich in Anspruch nimmt, die befristete Beschäftigung der Klägerin sei dadurch gerechtfertigt gewesen, dass zwei Professoren-Stellen nicht besetzt und nicht absehbar gewesen sei, wann die Berufungen zu realisieren seien, vermochte die Berufungskammer hierin keinen nachvollziehbaren Vertretungsbedarf zu erkennen. Die beklagte Partei hat nicht vorgetragen, welche Tätigkeit den zu Berufenden zuzuordnen war und inwieweit die Klägerin unmittelbar oder mittelbar einen unterstellt befristet bestehenden Beschäftigungsbedarf abgedeckt hat.

44

c) Die Befristung ist auch nicht aufgrund des Sachgrundes des Gesamtvertretungsbedarfs gerechtfertigt, auf den sich das beklagte Land im Berufungsverfahren zusätzlich berufen hat. Zwar kann sich im Schulbereich der Sachgrund der Vertretung nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus einem schuljahresbezogenen Gesamtvertretungsbedarf ergeben (vgl. BAG 10. Oktober 2012 -7 AZR 462/11 - Rn. 27 ff.; 23. Februar 2000 - 7 AZR 555/98 – Rn. 23; jeweils zitiert nach juris). Der Sachgrund der Gesamtvertretung bei Lehrkräften setzt nicht voraus, daß das beklagte Land den in zulässiger Weise ermittelten Vertretungsbedarf durch die befristete Einstellung von Vertretungskräften völlig abdeckt. Nach den Wertungsmaßstäben dieses Sachgrundes ist es ausreichend, dass zwischen dem zeitweiligen Ausfall einer planmäßigen Lehrkraft und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft ein Kausalzusammenhang besteht. Dieser Ursachenzusammenhang bleibt gewahrt, wenn die Zahl der befristet eingestellten Vertretungskräfte einen zutreffend ermittelten Gesamtvertretungsbedarf für planmäßige Lehrkräfte nicht übersteigt (BAG 23. Februar 2000 - 7 AZR 555/98 – Rn. 30; 3. Dezember 1986 - 7 AZR 354/85 -; jeweils zitiert nach juris). Unabhängig davon, ob der Sachgrund der Gesamtvertretung auf die in der Lehre der Fachhochschule Kaiserslautern Beschäftigten zu übertragen ist, scheitert die Anwendung der dargestellten Grundsätze auch dann, wenn man am Rechtsinstitut der schuljahresbezogenen Gesamtvertretung festhalten wollte (vgl. BAG 10. Oktober 2012 - 7 AZR 462711 - Rn. 30; zitiert nach juris), jedenfalls daran, dass das beklagte Land einen nachvollziehbaren rechnerisch ermittelten Gesamtvertretungsbedarf nicht dargelegt hat.

45

1.4. Da das beklagte Land nach alledem das Vorliegen des Sachgrundes der Vertretung nicht ausreichend dargelegt hat, kann dahinstehen, dass nach Auffassung der Berufungskammer ausreichende Anhaltspunkte für einen institutionellen kein Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) der Vertretungsbefristung(vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 783/10 - Rn. 33, zitiert nach juris), auf den sich die Klägerin auch nicht berufen hat, vorliegend nicht gegeben sind. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Befristung vom 22. Februar 2012 nicht wirksam beendet worden.

46

2. Die Berufung bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie sich - da uneingeschränkt - auch gegen die Verurteilung durch die angefochtene Entscheidung zur Weiterbeschäftigung der Klägerin richtet. Der auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Antrag zu 2) ist zulässig und begründet.

47

2.1. Der als Leistungsantrag zulässige Weiterbeschäftigungsantrag bedarf der Auslegung.

48

Für die Auslegung ist nicht an dem reinen Wortlaut des Antrags festzuhalten, sondern auch das übrige Klagevorbringen zu berücksichtigen (vgl. BAG vom 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 20, zitiert nach juris). Maßgeblich für die Auslegung des Klageantrages ist das maßgebliche Klageziel und die richtig verstandenen Interessenlage des Klägers (BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 35/11 - Rn. 12 mwN, zitiert nach juris). Aus dem der Klage beigefügten Arbeitsvertrag ergibt sich, dass die Klägerin die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Lehrkraft für besondere Aufgaben begehrt.

49

2.2. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. August 2012 hinaus fortbestanden hat, ist der Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Befristungskontrollverfahrens nach §§ 611, 613 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG, § 242 BGB begründet. Nach dem Beschluss des großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - (zitiert nach juris) hat ein gekündigter Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung bis zur endgültigen Klärung der Wirksamkeit der Kündigung, soweit kein überwiegendes schützenswertes Interesse des Arbeitgebers dem Beschäftigungsanspruch entgegensteht. Ist durch arbeitsgerichtliche Entscheidung festgestellt worden, dass die Kündigung unwirksam ist, ist ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nur gegeben, wenn besondere Umstände vorhanden sind, die der Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Auf Rechtsstreitigkeiten oder sonstige Beendigungstatbestände, wie die Wirksamkeit einer Befristung, sind diese Grundsätze entsprechend anzuwenden (BAG vom 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 -, Rn. 75, zitiert nach juris). Umstände, die einer vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

B.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

51

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Mai 2013 - 6 Sa 20/13

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Mai 2013 - 6 Sa 20/13

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,2. die Bef

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Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 17 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben,

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Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juli 2008 - 2 Sa 2/08 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. April 2008 geendet hat.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 1996 bis zum 30. April 2008 aufgrund mehrerer mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossener befristeter Arbeitsverträge - mit Unterbrechungen - als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beschäftigt. Der letzte Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 war nach § 57b Abs. 1 HRG befristet und hatte eine Laufzeit vom 1. Mai 2002 bis zum 30. April 2008. Am 23. April 2002 hatte der Kläger seine Dissertation verteidigt. Die Promotionskommission gab ihm am selben Tag das Gesamtergebnis der Promotion mit „magna cum laude“ bekannt. Am 8. Mai 2002 bestätigte der Fakultätsrat die Bewertung der Promotionskommission. Mit der Promotionsurkunde vom 8. Mai 2002 wurde dem Kläger der akademische Grad „Dr. phil.“ verliehen. Die Promotionsurkunde wurde ihm einige Tage später ausgehändigt.

3

Die Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 lautet auszugsweise:

        

㤠12

        

Bewertung der Promotionsleistungen

        

(1)

Nach erfolgreichem Abschluß der Verteidigung der Dissertation ist in nichtöffentlicher Beratung durch die Promotionskommission über die Bewertung der Promotionsleistungen zu entscheiden. Die Mitglieder des Fakultätsrates und die gewählten Mitglieder des Senats können beratend teilnehmen.

        

...

        

        

(3)

Das Gesamtprädikat ist vorbehaltlich der Bestätigung durch den Fakultätsrat im Anschluß an die Verteidigung der Dissertation bekanntzugeben.

        

§ 13

        

Entscheidung über die Verleihung

        

(1)

Nach Abschluß des Verfahrens informiert das vorsitzende Mitglied der Promotionskommission die Dekanin bzw. den Dekan über die Empfehlung für den Beschluß zur Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades.

        

(2)

Über die Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades und das Prädikat der Gesamtleistung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluß. In begründeten Fällen kann der Fakultätsrat von dem errechneten Notendurchschnitt abweichen.

        

...

        
        

(4)

Die endgültige Verleihung des akademischen Grades und die Übergabe der Promotionsurkunde setzen die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 voraus.

        

...

        
        

§ 14

        

Veröffentlichung der Dissertation

        

(1)

Die Dissertation ist zu veröffentlichen. Als Formen der Veröffentlichung sind zulässig:

        

a)   

die Publikation als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag;

        

b)   

die Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren im Format DIN A 5; ausnahmsweise kann der Fakultätsrat gestatten, dass die photomechanische Vervielfältigung im Format DIN A 4 erfolgt;

        

…       

        
        

e)   

der Abdruck in einer wissenschaftlichen Zeitschrift; in Sonderfällen kann der Fakultätsrat gestatten, daß sich dieser Abdruck auf einen wesentlichen Teil der Dissertation beschränkt. In diesem Fall sind sechs Exemplare der vollständigen Dissertation der Fakultät zu übergeben.

        

(2)

Der Fakultät sind 40 Exemplare der gedruckten oder photomechanisch vervielfältigten Dissertation einzureichen. Im Falle der Veröffentlichung als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag oder in einer wissenschaftlichen Zeitschrift oder bei Ablage der Datei der Dissertation im Dissertationen-Archiv auf dem zentralen WWW-Server der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sind sechs Sonderdrucke an das Dekanat abzuliefern. Über Ausnahmen entscheidet der Fakultätsrat.

        

...

        

§ 17

        

Promotionsurkunde

        

(1)

Die Promotion wird mit der Aushändigung der Promotionsurkunde durch die Dekanin bzw. den Dekan vollzogen.

        

...

        
        

(3)

Erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde erwirbt die sich bewerbende Person das Recht, den Grad zu führen. Das Promotionsverfahren ist damit abgeschlossen.

        

...“

        
4

Mit der am 19. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der die mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossenen Arbeitsverträge beigefügt waren, hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. April 2008 gewandt. In der Klageschrift hat er den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, mit Schriftsatz vom 2. August 2007 die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als beklagte Partei bezeichnet.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 30. April 2008 sei unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG seien nicht erfüllt, da bei Vertragsschluss am 26./29. April 2002 seine Promotion noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Promotion werde mit der Aushändigung der Promotionsurkunde vollzogen. Erst damit werde das Promotionsverfahren abgeschlossen und das Recht erworben, den akademischen Grad zu führen. Vorliegend sei dies erst einige Tage nach dem 8. Mai 2002 der Fall gewesen.

6

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund einer Befristung zum Ablauf des 30. April 2008 endete, sondern unbefristet fortbesteht.

7

Die beklagte Partei hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung sei nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Es komme für die Befristung nach dieser Bestimmung nicht auf den Abschluss des Promotionsverfahrens an, sondern auf den Abschluss der Promotion. Die Promotion sei mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002 abgeschlossen gewesen. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung rechtsmissbräuchlich.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die als Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg bezeichnete beklagte Partei Berufung eingelegt. In der Berufungsverhandlung hat das Landesarbeitsgericht auf Antrag des Klägers im Einvernehmen mit der beklagten Partei das Passivrubrum dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der als Befristungskontrollklage auszulegenden Feststellungsklage zu Recht stattgegeben.

10

A. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich trotz des auf eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hindeutenden letzten Halbsatzes des Klageantrags ausschließlich um eine Befristungskontrollklage gem. § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der zum 30. April 2008 vereinbarten Befristung geltend macht. Andere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Der letzte Halbsatz des Klageantrags hat daher keine eigenständige Bedeutung.

11

B. Die Klage ist begründet. Die beklagte Partei ist passivlegitimiert. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 30. April 2008 beendet.

12

I. Die Klage ist nicht mangels Passivlegitimation der beklagten Partei abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht hat das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat mit der Befristungskontrollklage von Anfang an das Land Sachsen-Anhalt in Anspruch genommen und nicht die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg oder deren Kanzler, die er zunächst als beklagte Partei bezeichnet hat. Dies ergibt die Auslegung der Klageschrift.

13

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Auch bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar mit der Parteibezeichnung gemeint ist (so bereits BGH 24. Januar 1952 - III ZR 196/50 - BGHZ 4, 328; BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 60 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 76). Dafür ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569). Hierbei ist das tatsächliche Vorbringen der Klagepartei zugrunde zulegen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 16, mwN aaO). Maßgeblich für die Beurteilung sind die gesamten erkennbaren Umstände, insbesondere auch die der Klageschrift beigefügten Unterlagen (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 13, aaO). Die Berichtigung einer offensichtlich unrichtigen Parteibezeichnung ist während des gesamten Verfahrens möglich.

14

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift zunächst den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als Beklagten bezeichnet und dies später auf Anregung des Arbeitsgerichts dahingehend präzisiert, dass beklagte Partei die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sei. Der Klageschrift lagen jedoch die Arbeitsverträge bei, die mit dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, abgeschlossen waren. Dies entspricht § 110 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der ab 13. Mai 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: HSG LSA). Danach ist das Land Sachsen-Anhalt Arbeitgeber des an den Universitäten beschäftigten wissenschaftlichen Personals. Die Universität nimmt nach § 55 Abs. 1 HSG LSA die Personalangelegenheiten im Auftrag des Landes war. Es war daher von Anfang an erkennbar, dass der Kläger das Land Sachsen-Anhalt als seinen Arbeitgeber in Anspruch nehmen wollte und er lediglich fehlerhaft dessen Vertreter als beklagte Partei bezeichnet hat. Demzufolge sind auch die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung, in denen als Berufungsklägerin die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg genannt ist, so zu verstehen, dass die Berufung von der Universität namens und in Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet wurde. Durch die erst im zweiten Rechtszug und nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG erfolgte Berichtigung der Parteibezeichnung wurden keine prozessualen Rechte des beklagten Landes verletzt. Dieses hatte durch seine Vertreterin, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, von Anfang an Kenntnis von der prozessualen Inanspruchnahme durch den Kläger. Es hat gegen die Berichtigung der Parteibezeichnung auch keine Einwendungen erhoben.

15

II. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam. Sie ist nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung ist nicht rechtsmissbräuchlich.

16

1. Die Befristung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG, da die Promotion des Klägers bei Abschluss des Änderungsvertrags am 26./29. April 2002 noch nicht abgeschlossen war. Dies war erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 der Fall.

17

a) Die Wirksamkeit der am 26./29. April 2002 vereinbarten Befristung richtet sich nach § 57b Abs. 1 HRG. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Danach gelten für die in der Zeit vom 23. Februar 2002 bis zum 17. April 2007 an staatlichen Hochschulen abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal die §§ 57a bis 57f HRG in der ab 31. Dezember 2004 geltenden Fassung.

18

b) Die Befristung genügt nicht den Anforderungen des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG.

19

aa) Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen Personal ist nach § 57b Abs. 1 Satz 1 HRG bis zur Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion (sog. Postdoc-Phase) ist gem. § 57b Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. HRG eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren möglich. Eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird. Es ist daher nicht zulässig, einen nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG befristeten Arbeitsvertrag schon vor der Promotion für die Zeit danach abzuschließen(aA Hailbronner/Geiß-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 7). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG. Diese Vorschrift gestattet mit wissenschaftlichem Personal die Befristung „nach abgeschlossener Promotion“ bis zur Dauer von sechs Jahren. Sinn und Zweck der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG bestätigen dies. Die Vorschrift ermöglicht den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit bereits promoviertem wissenschaftlichen Personal (BT-Drucks. 14/6853 S. 33). Sie setzt daher eine erfolgreiche Promotion voraus. Ob eine Promotion erfolgreich ist, steht vor dem Abschluss der Promotion nicht fest. Vor Abschluss der Promotion kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass für den Mitarbeiter die Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG überhaupt eröffnet wird. Deshalb kann von der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG erst nach Abschluss der Promotion Gebrauch gemacht werden.

20

bb) Danach ist die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung nicht nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Promotion des Klägers war entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht bereits mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002, sondern erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 abgeschlossen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des HSG LSA und der Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 (im Folgenden: Promotionsordnung).

21

(1) Die Vorschriften des HRG, insbesondere § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG regeln nicht, wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG „abgeschlossen“ ist. § 18 Abs. 2 Satz 1 HRG verweist hinsichtlich der Verleihung von Hochschulgraden auf das Landesrecht. Wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist, ist daher nach den landesrechtlichen Vorschriften und der jeweiligen Promotionsordnung zu beurteilen(ebenso KR/Lipke 8. Aufl. § 57b HRG Rn. 28; ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Reich HRG 9. Aufl. § 57b Rn. 3; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 10; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; KR/Treber 9. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 26; Preis/Hausch NJW 2002, 927, 929). Es kann vorliegend dahinstehen, ob bei Fehlen einer ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung die Promotion mit dem Tag der mündlichen Prüfung (Verteidigung der Dissertation, Disputation, Rigorosum) und der anschließenden Verkündung des Gesamtergebnisses iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist(so zB KR/Lipke aaO; Annuß/Thüsing-Lambrich TzBfG 2. Aufl. § 23 Rn. 107 f.; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 7; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; Preis/Hausch aaO) oder ob dies erst mit der Verleihung des Doktorgrades der Fall ist (so zB ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Hailbronner/Geis-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 10). Nach den hochschulrechtlichen Vorschriften des beklagten Landes und den Regelungen der Promotionsordnung ist die Promotion noch nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, sondern erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde.

22

(a) Die Promotionsordnung regelt allerdings nicht ausdrücklich, wann die Promotion abgeschlossen ist. Sie enthält lediglich Regelungen zum Abschluss des Promotions„verfahrens“ (§ 17 Abs. 3) und dem Abschluss „des Verfahrens“ (§ 13 Abs. 2). Diese Bestimmungen bezeichnen unterschiedliche Tatbestände. Abschluss des „Verfahrens“ iSv. § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung ist die Verteidigung der Dissertation und die anschließende Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission gem. § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung. Dagegen regelt § 17 Abs. 3 der Promotionsordnung, dass das „Promotionsverfahren“ mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen ist. Zu welchem Zeitpunkt die „Promotion“ abgeschlossen ist, bestimmt die Promotionsordnung nicht ausdrücklich. Dies ergibt sich aber aus § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Mai 2004 geltenden Fassung (aF; seit 13. Mai 2004: § 18 Abs. 8 Satz 2 HSG LSA) in Verbindung mit der Promotionsordnung. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA aF ist Voraussetzung für die Zulassung zur Habilitation „der mit dem Erwerb des Doktorgrades erfolgte Abschluß der Promotion“. Danach ist die Promotion mit dem Erwerb des Doktorgrades abgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 der Promotionsordnung erwirbt der Doktorand erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde das Recht, den Doktorgrad zu führen. Nach diesen Regelungen ist daher nicht nur das Promotionsverfahren, sondern auch die Promotion selbst erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen.

23

(b) Nach der hier maßgeblichen Promotionsordnung ist die Promotion entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch deshalb nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, weil die der Promotionskommission obliegende Entscheidung über die Bewertung der Promotionsleistungen nicht abschließend ist. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der Promotionsordnung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluss über die Verleihung oder Nichtverleihung des akademischen Grades und das Gesamtprädikat. Der Fakultätsrat ist in seiner Entscheidung zwar nicht völlig frei. Er kann nach § 13 Abs. 2 Satz 2 der Promotionsordnung nur in begründeten Fällen von der Empfehlung der Promotionskommission abweichen. Mit dieser Maßgabe ist ihm aber die Letztentscheidung über den Erfolg der Promotion und deren Ergebnis vorbehalten. Dementsprechend wird das von der Promotionskommission errechnete Gesamtprädikat im Anschluss an die Verteidigung der Dissertation nach § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung nicht endgültig, sondern unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch den Fakultätsrat bekannt gegeben.

24

(2) Diese Auslegung der hochschulrechtlichen Bestimmungen führt allerdings dazu, dass die Zeit zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde nicht für eine befristete Beschäftigung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG genutzt werden kann und sich eine nach § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG mögliche Verlängerung der sechsjährigen Höchstbefristungsdauer um diesen Zeitraum verringert. Da die Aushändigung der Promotionsurkunde sowohl den Beschluss des Fakultätsrats über die Verleihung des Doktorgrades als auch nach § 13 Abs. 4 der Promotionsordnung die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 der Promotionsordnung voraussetzt, kann zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde im Einzelfall geraume Zeit verstreichen. Dadurch wird jedoch das vom Bundesgesetzgeber mit der Verlängerungsregelung in § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG angestrebte Ziel, eine zügige Promotion zu honorieren und es zu ermöglichen, die bei der Promotion eingesparte Zeit in der Postdoc-Phase entsprechend anzuhängen (BT-Drucks. 14/6853 S. 33), nicht in Frage gestellt. Der Doktorand und die Universität haben die Möglichkeit, im beiderseitigen Interesse eines zügigen Vertragsschlusses die Voraussetzungen für eine zeitnahe Übergabe der Promotionsurkunde zu schaffen. Dem steht das Erfordernis der Veröffentlichung der Dissertation nicht entgegen. Diese muss nicht als Publikation in einem wissenschaftlichen Verlag, sondern kann zB auch durch Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren erfolgen (§ 14 Abs. 1 Buchst. b Promotionsordnung). In diesem Fall sind der Fakultät nach § 14 Abs. 2 der Promotionsordnung 40 Exemplare der Dissertation einzureichen. Dies lässt sich ebenso ohne größere zeitliche Verzögerung von dem Doktoranden bewerkstelligen wie die Herbeiführung des nach § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung erforderlichen Beschlusses des Fakultätsrats durch die Universität.

25

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung nicht rechtsmissbräuchlich ist. Diese Würdigung greift die Revision nicht an. Der Kläger hat lediglich von dem ihm nach § 17 Satz 1 TzBfG zustehenden Recht Gebrauch gemacht, trotz seines bei Vertragsschluss geäußerten Einverständnisses mit der Befristung deren Unwirksamkeit geltend zu machen.

26

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Schuh    

                 
7
Allerdings muss gemäß § 519 Abs. 2 ZPO in der Berufungsschrift angegeben werden, gegen welches Urteil sich die Berufung richten soll. Dazu gehört die Angabe, von wem und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll. Diese Information muss sich aber nicht aus der Rechtsmittelschrift allein ergeben. Vielmehr können dafür auch die mit dem Schriftsatz eingereichten sonstigen Unterlagen herangezogen werden, insbesondere die beigefügte Abschrift des erstinstanzlichen Urteils. Lässt sich daraus innerhalb der Berufungsfrist für das Gericht und für den Gegner mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, für und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll, reicht das aus (BGH, Urt. v. 6. Februar 1985 - I ZR 235/83, NJW 1985, 2651; Beschl. v. 31. März 1992 - VI ZB 7/92, VersR 1992, 761; Urt. v. 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832).

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juli 2008 - 2 Sa 2/08 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. April 2008 geendet hat.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 1996 bis zum 30. April 2008 aufgrund mehrerer mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossener befristeter Arbeitsverträge - mit Unterbrechungen - als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beschäftigt. Der letzte Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 war nach § 57b Abs. 1 HRG befristet und hatte eine Laufzeit vom 1. Mai 2002 bis zum 30. April 2008. Am 23. April 2002 hatte der Kläger seine Dissertation verteidigt. Die Promotionskommission gab ihm am selben Tag das Gesamtergebnis der Promotion mit „magna cum laude“ bekannt. Am 8. Mai 2002 bestätigte der Fakultätsrat die Bewertung der Promotionskommission. Mit der Promotionsurkunde vom 8. Mai 2002 wurde dem Kläger der akademische Grad „Dr. phil.“ verliehen. Die Promotionsurkunde wurde ihm einige Tage später ausgehändigt.

3

Die Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 lautet auszugsweise:

        

㤠12

        

Bewertung der Promotionsleistungen

        

(1)

Nach erfolgreichem Abschluß der Verteidigung der Dissertation ist in nichtöffentlicher Beratung durch die Promotionskommission über die Bewertung der Promotionsleistungen zu entscheiden. Die Mitglieder des Fakultätsrates und die gewählten Mitglieder des Senats können beratend teilnehmen.

        

...

        

        

(3)

Das Gesamtprädikat ist vorbehaltlich der Bestätigung durch den Fakultätsrat im Anschluß an die Verteidigung der Dissertation bekanntzugeben.

        

§ 13

        

Entscheidung über die Verleihung

        

(1)

Nach Abschluß des Verfahrens informiert das vorsitzende Mitglied der Promotionskommission die Dekanin bzw. den Dekan über die Empfehlung für den Beschluß zur Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades.

        

(2)

Über die Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades und das Prädikat der Gesamtleistung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluß. In begründeten Fällen kann der Fakultätsrat von dem errechneten Notendurchschnitt abweichen.

        

...

        
        

(4)

Die endgültige Verleihung des akademischen Grades und die Übergabe der Promotionsurkunde setzen die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 voraus.

        

...

        
        

§ 14

        

Veröffentlichung der Dissertation

        

(1)

Die Dissertation ist zu veröffentlichen. Als Formen der Veröffentlichung sind zulässig:

        

a)   

die Publikation als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag;

        

b)   

die Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren im Format DIN A 5; ausnahmsweise kann der Fakultätsrat gestatten, dass die photomechanische Vervielfältigung im Format DIN A 4 erfolgt;

        

…       

        
        

e)   

der Abdruck in einer wissenschaftlichen Zeitschrift; in Sonderfällen kann der Fakultätsrat gestatten, daß sich dieser Abdruck auf einen wesentlichen Teil der Dissertation beschränkt. In diesem Fall sind sechs Exemplare der vollständigen Dissertation der Fakultät zu übergeben.

        

(2)

Der Fakultät sind 40 Exemplare der gedruckten oder photomechanisch vervielfältigten Dissertation einzureichen. Im Falle der Veröffentlichung als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag oder in einer wissenschaftlichen Zeitschrift oder bei Ablage der Datei der Dissertation im Dissertationen-Archiv auf dem zentralen WWW-Server der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sind sechs Sonderdrucke an das Dekanat abzuliefern. Über Ausnahmen entscheidet der Fakultätsrat.

        

...

        

§ 17

        

Promotionsurkunde

        

(1)

Die Promotion wird mit der Aushändigung der Promotionsurkunde durch die Dekanin bzw. den Dekan vollzogen.

        

...

        
        

(3)

Erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde erwirbt die sich bewerbende Person das Recht, den Grad zu führen. Das Promotionsverfahren ist damit abgeschlossen.

        

...“

        
4

Mit der am 19. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der die mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossenen Arbeitsverträge beigefügt waren, hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. April 2008 gewandt. In der Klageschrift hat er den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, mit Schriftsatz vom 2. August 2007 die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als beklagte Partei bezeichnet.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 30. April 2008 sei unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG seien nicht erfüllt, da bei Vertragsschluss am 26./29. April 2002 seine Promotion noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Promotion werde mit der Aushändigung der Promotionsurkunde vollzogen. Erst damit werde das Promotionsverfahren abgeschlossen und das Recht erworben, den akademischen Grad zu führen. Vorliegend sei dies erst einige Tage nach dem 8. Mai 2002 der Fall gewesen.

6

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund einer Befristung zum Ablauf des 30. April 2008 endete, sondern unbefristet fortbesteht.

7

Die beklagte Partei hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung sei nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Es komme für die Befristung nach dieser Bestimmung nicht auf den Abschluss des Promotionsverfahrens an, sondern auf den Abschluss der Promotion. Die Promotion sei mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002 abgeschlossen gewesen. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung rechtsmissbräuchlich.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die als Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg bezeichnete beklagte Partei Berufung eingelegt. In der Berufungsverhandlung hat das Landesarbeitsgericht auf Antrag des Klägers im Einvernehmen mit der beklagten Partei das Passivrubrum dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der als Befristungskontrollklage auszulegenden Feststellungsklage zu Recht stattgegeben.

10

A. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich trotz des auf eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hindeutenden letzten Halbsatzes des Klageantrags ausschließlich um eine Befristungskontrollklage gem. § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der zum 30. April 2008 vereinbarten Befristung geltend macht. Andere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Der letzte Halbsatz des Klageantrags hat daher keine eigenständige Bedeutung.

11

B. Die Klage ist begründet. Die beklagte Partei ist passivlegitimiert. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 30. April 2008 beendet.

12

I. Die Klage ist nicht mangels Passivlegitimation der beklagten Partei abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht hat das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat mit der Befristungskontrollklage von Anfang an das Land Sachsen-Anhalt in Anspruch genommen und nicht die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg oder deren Kanzler, die er zunächst als beklagte Partei bezeichnet hat. Dies ergibt die Auslegung der Klageschrift.

13

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Auch bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar mit der Parteibezeichnung gemeint ist (so bereits BGH 24. Januar 1952 - III ZR 196/50 - BGHZ 4, 328; BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 60 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 76). Dafür ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569). Hierbei ist das tatsächliche Vorbringen der Klagepartei zugrunde zulegen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 16, mwN aaO). Maßgeblich für die Beurteilung sind die gesamten erkennbaren Umstände, insbesondere auch die der Klageschrift beigefügten Unterlagen (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 13, aaO). Die Berichtigung einer offensichtlich unrichtigen Parteibezeichnung ist während des gesamten Verfahrens möglich.

14

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift zunächst den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als Beklagten bezeichnet und dies später auf Anregung des Arbeitsgerichts dahingehend präzisiert, dass beklagte Partei die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sei. Der Klageschrift lagen jedoch die Arbeitsverträge bei, die mit dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, abgeschlossen waren. Dies entspricht § 110 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der ab 13. Mai 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: HSG LSA). Danach ist das Land Sachsen-Anhalt Arbeitgeber des an den Universitäten beschäftigten wissenschaftlichen Personals. Die Universität nimmt nach § 55 Abs. 1 HSG LSA die Personalangelegenheiten im Auftrag des Landes war. Es war daher von Anfang an erkennbar, dass der Kläger das Land Sachsen-Anhalt als seinen Arbeitgeber in Anspruch nehmen wollte und er lediglich fehlerhaft dessen Vertreter als beklagte Partei bezeichnet hat. Demzufolge sind auch die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung, in denen als Berufungsklägerin die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg genannt ist, so zu verstehen, dass die Berufung von der Universität namens und in Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet wurde. Durch die erst im zweiten Rechtszug und nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG erfolgte Berichtigung der Parteibezeichnung wurden keine prozessualen Rechte des beklagten Landes verletzt. Dieses hatte durch seine Vertreterin, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, von Anfang an Kenntnis von der prozessualen Inanspruchnahme durch den Kläger. Es hat gegen die Berichtigung der Parteibezeichnung auch keine Einwendungen erhoben.

15

II. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam. Sie ist nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung ist nicht rechtsmissbräuchlich.

16

1. Die Befristung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG, da die Promotion des Klägers bei Abschluss des Änderungsvertrags am 26./29. April 2002 noch nicht abgeschlossen war. Dies war erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 der Fall.

17

a) Die Wirksamkeit der am 26./29. April 2002 vereinbarten Befristung richtet sich nach § 57b Abs. 1 HRG. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Danach gelten für die in der Zeit vom 23. Februar 2002 bis zum 17. April 2007 an staatlichen Hochschulen abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal die §§ 57a bis 57f HRG in der ab 31. Dezember 2004 geltenden Fassung.

18

b) Die Befristung genügt nicht den Anforderungen des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG.

19

aa) Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen Personal ist nach § 57b Abs. 1 Satz 1 HRG bis zur Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion (sog. Postdoc-Phase) ist gem. § 57b Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. HRG eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren möglich. Eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird. Es ist daher nicht zulässig, einen nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG befristeten Arbeitsvertrag schon vor der Promotion für die Zeit danach abzuschließen(aA Hailbronner/Geiß-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 7). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG. Diese Vorschrift gestattet mit wissenschaftlichem Personal die Befristung „nach abgeschlossener Promotion“ bis zur Dauer von sechs Jahren. Sinn und Zweck der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG bestätigen dies. Die Vorschrift ermöglicht den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit bereits promoviertem wissenschaftlichen Personal (BT-Drucks. 14/6853 S. 33). Sie setzt daher eine erfolgreiche Promotion voraus. Ob eine Promotion erfolgreich ist, steht vor dem Abschluss der Promotion nicht fest. Vor Abschluss der Promotion kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass für den Mitarbeiter die Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG überhaupt eröffnet wird. Deshalb kann von der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG erst nach Abschluss der Promotion Gebrauch gemacht werden.

20

bb) Danach ist die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung nicht nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Promotion des Klägers war entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht bereits mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002, sondern erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 abgeschlossen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des HSG LSA und der Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 (im Folgenden: Promotionsordnung).

21

(1) Die Vorschriften des HRG, insbesondere § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG regeln nicht, wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG „abgeschlossen“ ist. § 18 Abs. 2 Satz 1 HRG verweist hinsichtlich der Verleihung von Hochschulgraden auf das Landesrecht. Wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist, ist daher nach den landesrechtlichen Vorschriften und der jeweiligen Promotionsordnung zu beurteilen(ebenso KR/Lipke 8. Aufl. § 57b HRG Rn. 28; ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Reich HRG 9. Aufl. § 57b Rn. 3; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 10; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; KR/Treber 9. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 26; Preis/Hausch NJW 2002, 927, 929). Es kann vorliegend dahinstehen, ob bei Fehlen einer ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung die Promotion mit dem Tag der mündlichen Prüfung (Verteidigung der Dissertation, Disputation, Rigorosum) und der anschließenden Verkündung des Gesamtergebnisses iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist(so zB KR/Lipke aaO; Annuß/Thüsing-Lambrich TzBfG 2. Aufl. § 23 Rn. 107 f.; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 7; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; Preis/Hausch aaO) oder ob dies erst mit der Verleihung des Doktorgrades der Fall ist (so zB ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Hailbronner/Geis-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 10). Nach den hochschulrechtlichen Vorschriften des beklagten Landes und den Regelungen der Promotionsordnung ist die Promotion noch nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, sondern erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde.

22

(a) Die Promotionsordnung regelt allerdings nicht ausdrücklich, wann die Promotion abgeschlossen ist. Sie enthält lediglich Regelungen zum Abschluss des Promotions„verfahrens“ (§ 17 Abs. 3) und dem Abschluss „des Verfahrens“ (§ 13 Abs. 2). Diese Bestimmungen bezeichnen unterschiedliche Tatbestände. Abschluss des „Verfahrens“ iSv. § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung ist die Verteidigung der Dissertation und die anschließende Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission gem. § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung. Dagegen regelt § 17 Abs. 3 der Promotionsordnung, dass das „Promotionsverfahren“ mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen ist. Zu welchem Zeitpunkt die „Promotion“ abgeschlossen ist, bestimmt die Promotionsordnung nicht ausdrücklich. Dies ergibt sich aber aus § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Mai 2004 geltenden Fassung (aF; seit 13. Mai 2004: § 18 Abs. 8 Satz 2 HSG LSA) in Verbindung mit der Promotionsordnung. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA aF ist Voraussetzung für die Zulassung zur Habilitation „der mit dem Erwerb des Doktorgrades erfolgte Abschluß der Promotion“. Danach ist die Promotion mit dem Erwerb des Doktorgrades abgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 der Promotionsordnung erwirbt der Doktorand erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde das Recht, den Doktorgrad zu führen. Nach diesen Regelungen ist daher nicht nur das Promotionsverfahren, sondern auch die Promotion selbst erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen.

23

(b) Nach der hier maßgeblichen Promotionsordnung ist die Promotion entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch deshalb nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, weil die der Promotionskommission obliegende Entscheidung über die Bewertung der Promotionsleistungen nicht abschließend ist. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der Promotionsordnung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluss über die Verleihung oder Nichtverleihung des akademischen Grades und das Gesamtprädikat. Der Fakultätsrat ist in seiner Entscheidung zwar nicht völlig frei. Er kann nach § 13 Abs. 2 Satz 2 der Promotionsordnung nur in begründeten Fällen von der Empfehlung der Promotionskommission abweichen. Mit dieser Maßgabe ist ihm aber die Letztentscheidung über den Erfolg der Promotion und deren Ergebnis vorbehalten. Dementsprechend wird das von der Promotionskommission errechnete Gesamtprädikat im Anschluss an die Verteidigung der Dissertation nach § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung nicht endgültig, sondern unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch den Fakultätsrat bekannt gegeben.

24

(2) Diese Auslegung der hochschulrechtlichen Bestimmungen führt allerdings dazu, dass die Zeit zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde nicht für eine befristete Beschäftigung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG genutzt werden kann und sich eine nach § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG mögliche Verlängerung der sechsjährigen Höchstbefristungsdauer um diesen Zeitraum verringert. Da die Aushändigung der Promotionsurkunde sowohl den Beschluss des Fakultätsrats über die Verleihung des Doktorgrades als auch nach § 13 Abs. 4 der Promotionsordnung die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 der Promotionsordnung voraussetzt, kann zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde im Einzelfall geraume Zeit verstreichen. Dadurch wird jedoch das vom Bundesgesetzgeber mit der Verlängerungsregelung in § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG angestrebte Ziel, eine zügige Promotion zu honorieren und es zu ermöglichen, die bei der Promotion eingesparte Zeit in der Postdoc-Phase entsprechend anzuhängen (BT-Drucks. 14/6853 S. 33), nicht in Frage gestellt. Der Doktorand und die Universität haben die Möglichkeit, im beiderseitigen Interesse eines zügigen Vertragsschlusses die Voraussetzungen für eine zeitnahe Übergabe der Promotionsurkunde zu schaffen. Dem steht das Erfordernis der Veröffentlichung der Dissertation nicht entgegen. Diese muss nicht als Publikation in einem wissenschaftlichen Verlag, sondern kann zB auch durch Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren erfolgen (§ 14 Abs. 1 Buchst. b Promotionsordnung). In diesem Fall sind der Fakultät nach § 14 Abs. 2 der Promotionsordnung 40 Exemplare der Dissertation einzureichen. Dies lässt sich ebenso ohne größere zeitliche Verzögerung von dem Doktoranden bewerkstelligen wie die Herbeiführung des nach § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung erforderlichen Beschlusses des Fakultätsrats durch die Universität.

25

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung nicht rechtsmissbräuchlich ist. Diese Würdigung greift die Revision nicht an. Der Kläger hat lediglich von dem ihm nach § 17 Satz 1 TzBfG zustehenden Recht Gebrauch gemacht, trotz seines bei Vertragsschluss geäußerten Einverständnisses mit der Befristung deren Unwirksamkeit geltend zu machen.

26

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Schuh    

                 

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

8

I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

9

1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

10

2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

11

II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

12

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

13

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

14

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

15

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

16

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

17

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

18

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

19

2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

20

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

21

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

22

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

23

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

24

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

25

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

27

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. November 2008 - 12 Sa 860/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer tariflichen Altersgrenzenregelung am 30. November 2009 geendet hat.

2

Die am 23. November 1949 geborene Klägerin war seit 1970 als Flugbegleiterin bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. In dem von der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Manteltarifvertrag Nr. 11 Kabinenpersonal LTU in der Fassung vom 1. Januar 2007 (im Folgenden: MTV Nr. 11) ist ua. bestimmt:

        

„§ 47 

        

Erreichen der Altersgrenze

        

Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem die Zahlung einer Altersrente durch den gesetzlichen Versicherungsträger eintritt, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet hat.“

3

Die Klägerin bat die Beklagte mit Schreiben vom 12. März und 23. April 2007 um die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses über die tarifliche Altersgrenze hinaus. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20. März und 8. Mai 2007 ab.

4

Mit der am 4. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Altersgrenzenregelung gewandt und gemeint, diese sei unwirksam. Für eine Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal gebe es keinen sachlichen Grund. Außerdem bewirke die Regelung eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.   

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung nach § 47 des Manteltarifvertrags Nr. 11 für das Kabinenpersonal LTU zum 30. November 2009 beendet wird,

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 30. November 2009 hinaus zu den bisherigen vertraglichen Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin tatsächlich weiterzubeschäftigen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Regelung in § 47 MTV Nr. 11 sei wirksam und habe das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2009 beendet. Die tarifliche Altersgrenze diene - ebenso wie die Altersgrenze von 60 Jahren für Cockpit-Personal - der Flugsicherheit und sei daher von der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien gedeckt. Das Kabinenpersonal sei in gleicher Weise wie das Cockpit-Personal außergewöhnlich hohen physischen und psychischen Belastungen wie zB Höhenstrahlung, Druckunterschieden, Temperaturschwankungen, verschiedenen Zeitzonen und Schichtdienst ausgesetzt. Wegen dieser besonderen Belastungen sei die Wahrscheinlichkeit eines altersbedingten Leistungsabbaus höher als bei anderen Arbeitnehmern. Der Ausfall eines Mitglieds des Kabinenpersonals könne die Flugsicherheit erheblich gefährden. Das Kabinenpersonal trage ebenso wie das Cockpit-Personal die Verantwortung für die Sicherheit der Passagiere, der Allgemeinheit und wertvoller Wirtschaftsgüter. Nach dem Flight Safety Manual und den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen in OPS 1 „Gewerbsmäßige Beförderung in Flugzeugen“, Abschn. O „Kabinenbesatzung“ dürfe nur eine geringere Anzahl von Passagieren befördert werden, wenn bereits vor Flugbeginn feststehe, dass ein Flugbegleiter ausfalle. Dies beruhe darauf, dass ein Flugbegleiter nur für eine bestimmte Anzahl von Passagieren verantwortlich sein könne. In Notfällen, in denen das Flugzeug innerhalb von 90 Sekunden evakuiert werden müsse, führe der Ausfall eines Flugbegleiters zu einer erheblichen Gefährdung der Passagiere. Auch während des normalen Flugbetriebs sei die Tätigkeit des Kabinenpersonals sicherheitsrelevant. Das zeigten die Vorschriften des Flight Safety Manual über die Unterbringung von Kindern an Bord, über nicht gehfähige Passagiere, über Sicherheitsausrüstungen der Kabine, die Unterbringung von Handgepäck, die Sicherheitsbelehrung der Passagiere, über das Verfahren nach der Landung, über Feuerschutzvorschriften, den Betrieb elektronischer Geräte sowie die Vorschriften über die vom Kabinenpersonal durchzuführenden Checks. Auch das First Aid Manual enthalte im normalen Flugbetrieb zu beachtende sicherheitsrelevante Regelungen für das Kabinenpersonal. Die Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal sei auch aus Gründen der Gleichbehandlung mit Cockpit-Personal nach Art. 3 Abs. 1 GG sowie zur Verhinderung einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung des zu 95,79 % männlichen Cockpit-Personals geboten.

7

Das Arbeitsgericht hat der - erstinstanzlich noch gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 23. November 2009 sowie auf Weiterbeschäftigung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gerichteten - Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit einer den zuletzt gestellten Klageanträgen entsprechenden Maßgabe zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Klageantrag zu 1. zu Recht stattgegeben. Die Befristungskontrollklage ist zulässig und begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht nach § 47 MTV Nr. 11 am 30. November 2009 geendet. Die in dieser Bestimmung festgelegte Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal ist unwirksam. Für sie besteht kein sachlicher Grund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG. Der Klageantrag zu 2. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

9

I. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig und begründet.

10

1. Der Klageantrag ist zulässig.

11

a) Mit dem Klageantrag zu 1. wendet sich die Klägerin im Wege einer Befristungskontrollklage iSv. § 17 Satz 1 TzBfG gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Altersgrenzenregelung in § 47 MTV Nr. 11 zum 30. November 2009. Der erstinstanzlich gestellte Antrag war zwar auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Erreichen des 60. Lebensjahres am 23. November 2009 geendet hat. Die Beklagte hatte sich allerdings nicht auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt, sondern zum 30. November 2009 nach § 47 MTV Nr. 11 berufen. Die Vorschrift sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht am Tag der Vollendung des 60. Lebensjahres, sondern erst mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet, vor. Nach der zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Klagebegründung war jedoch zweifelsfrei erkennbar, dass sich die Klägerin von Anfang an gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Altersgrenzenregelung in § 47 MTV Nr. 11 gewandt hat. Deshalb war trotz der fehlerhaften Datumsangabe in dem ursprünglichen Klageantrag zu 1. ausschließlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2009 Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. In diesem Sinne hat die Klägerin den Klageantrag zu 1. in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ausdrücklich klargestellt.

12

b) Für die Befristungskontrollklage besteht nach § 17 Satz 1 TzBfG das erforderliche Feststellungsinteresse. Dem steht nicht entgegen, dass die Klage bereits nahezu zwei Jahre vor dem Erreichen der Altersgrenze erhoben wurde. An der alsbaldigen Klärung der Frage, ob eine Befristung wirksam ist, besteht in der Regel bereits vor dem vereinbarten Vertragsende ein rechtliches Interesse der Parteien. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Arbeitgeber - wie im Streitfall - auf die Wirksamkeit der Befristung beruft. Dementsprechend wird die materiell-rechtliche Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt(vgl. etwa BAG 13. Oktober 2004 - 7 AZR 654/03 - zu I 1 der Gründe, AP TzBfG § 14 Nr. 13 = EzA TzBfG § 14 Nr. 14; 10. März 2004 - 7 AZR 402/03 - zu I der Gründe, BAGE 110, 38).

13

2. Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht nach § 47 MTV Nr. 11 am 30. November 2009 geendet. Die tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Mitglieder des Kabinenpersonals ist mangels eines sie rechtfertigenden sachlichen Grundes iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG unwirksam. Beim Einsatz von Kabinenpersonal besteht kein annähernd vergleichbares Risiko für die Sicherheit des Flugverkehrs wie beim Einsatz von Cockpit-Personal, für das nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats eine Altersgrenze von 60 Jahren sachlich gerechtfertigt ist.

14

a) Die in § 47 MTV Nr. 11 normierte Altersgrenze ist nicht durch einen sachlichen Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt.

15

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle. Dazu gehören auch tarifliche Altersgrenzen(vgl. etwa BAG 27. November 2002 - 7 AZR 655/01 - zu B II 1 a der Gründe, AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 2).

16

(1) Nach der bereits vor Inkrafttreten des TzBfG am 1. Januar 2001 entwickelten ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts waren Altersgrenzen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt vorsehen, in dem der Arbeitnehmer noch nicht die Möglichkeit hat, eine gesetzliche Altersrente zu beziehen, sachlich gerechtfertigt, wenn das Erreichen eines bestimmten Lebensalters wegen der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit zu einer Gefährdung wichtiger Rechtsgüter führen kann. Altersgrenzen, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Mitgliedern der Besatzung von Luftfahrzeugen vorsehen, hat das Bundesarbeitsgericht für zulässig gehalten, wenn durch die Beschäftigung des Arbeitnehmers über ein bestimmtes Lebensalter hinaus nach einer nachvollziehbaren Einschätzung der Tarifvertragsparteien das Risiko unerwarteter altersbedingter Ausfallerscheinungen zunimmt und dadurch die Gefahr für Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder, der Passagiere sowie der Personen am Boden ansteigt(vgl. die zahlreichen Nachweise in BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 17, AP TzBfG § 14 Nr. 55 = EzA TzBfG § 14 Nr. 54). Zwar hängt das zur Minderung der Leistungsfähigkeit führende Altern nicht allein vom Lebensalter ab, sondern ist ein schleichender Prozess, der individuell verschieden schnell vor sich geht. Es entspricht jedoch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit generell mit zunehmenden Alter größer wird (BAG 27. November 2002 - 7 AZR 655/01 - zu B II 1 a der Gründe, AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 2). Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, sind insbesondere Flugzeugführer überdurchschnittlichen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt, in deren Gefolge auch bei guter individueller gesundheitlicher Verfassung mit höherem Lebensalter das Risiko plötzlicher Ausfallerscheinungen und unerwarteter Fehlreaktionen zunimmt (vgl. BAG 20. Februar 2002 - 7 AZR 748/00 - zu B II 3 b bb der Gründe mwN, BAGE 100, 292). Die Vereinbarung einer Altersgrenze, die das Ende des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds des Cockpit-Personals von dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters abhängig macht, trägt dieser möglichen Gefahrenlage Rechnung und schützt damit zugleich das Besatzungsmitglied vor einer Überbeanspruchung durch seine berufliche Tätigkeit (vgl. BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZR 253/07 (A) - aaO). Bei der Beurteilung des Sicherheitsrisikos haben die Tarifvertragsparteien einen Einschätzungsspielraum, der von den Gerichten für Arbeitssachen bei der Würdigung, ob für die tarifliche Regelung ein sachlicher Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG besteht, zu beachten ist(BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - zu II 1 b der Gründe, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 5).

17

(2) An diesen Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet hat(BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - zu B II 3 c der Gründe, AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 25), hat der Senat unter der Geltung des TzBfG festgehalten (BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 17, AP TzBfG § 14 Nr. 55 = EzA TzBfG § 14 Nr. 54).

18

bb) Danach besteht für die in § 47 MTV Nr. 11 enthaltene Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal kein sachlicher Grund. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für die Annahme dargelegt oder sonst ersichtlich sind, das altersbedingte Nachlassen der Leistungsfähigkeit von Mitgliedern des Kabinenpersonals könne zu einer ernsthaften Gefährdung von Leben und Gesundheit der Passagiere, der Flugbesatzung oder der Personen in den überflogenen Gebieten führen. Die Tarifvertragsparteien haben daher die ihnen zustehende Einschätzungsprärogative und ihren Gestaltungsspielraum bei der Normsetzung überschritten.

19

(1) Der Senat hat durch Urteil vom 31. Juli 2002(- 7 AZR 140/01 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 102, 65) entschieden, dass eine auf die Vollendung des 55. Lebensjahres bezogene tarifvertragliche Altersgrenze für das Kabinenpersonal, die mit dem möglichen altersbedingten Nachlassen des physischen und psychischen Leistungsvermögens begründet wird, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen kann. Er hat dies damit begründet, dass das Sicherheitsrisiko beim Einsatz von Kabinenpersonal demjenigen von Cockpit-Personal nicht annähernd vergleichbar sei. Fälle, in denen der altersbedingte Ausfall eines Mitglieds des Kabinenpersonals die Passagiere, die Besatzung oder gar Menschen in überflogenen Gebieten in ernste Gefahr bringen könnte, seien derart theoretisch und unwahrscheinlich, dass sie nicht geeignet seien, eine generelle Altersgrenze von 55 Jahren für diese Personengruppen zu rechtfertigen. Falls ein Mitglied des Kabinenpersonals tatsächlich während eines Flugs altersbedingt ausfallen sollte, würden dadurch Leib und Leben der Flugpassagiere und der Besatzungsmitglieder oder sonstige wichtige Rechtsgüter nicht gefährdet. Allein mit der extremen Ausnahmesituation einer etwaigen Notlandung lasse sich die Altersgrenze nicht rechtfertigen. Diese Rechtsprechung hat der Senat für eine tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal im Beschluss vom 16. Oktober 2008 (- 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 20 ff., AP TzBfG § 14 Nr. 55 = EzA TzBfG § 14 Nr. 54) bestätigt.

20

(2) Für die in § 47 MTV Nr. 11 normierte Altersgrenze von 60 Jahren gilt nichts anderes. Der altersbedingte Leistungsabbau oder das mit zunehmendem Alter erhöhte Risiko plötzlicher, unvorhersehbarer gesundheitlicher Ausfallerscheinungen können bei einem Mitglied des Kabinenpersonals nicht zu einer annähernd vergleichbaren Gefährdung für die Sicherheit des Flugverkehrs führen wie bei einem Mitglied des Cockpit-Personals. Fälle, in denen der altersbedingte Ausfall eines Flugbegleiters andere Menschen in ernste Gefahr bringen könnte, sind derart theoretisch und unwahrscheinlich, dass sie nicht geeignet sind, eine generelle Altersgrenze von 60 Jahren zu rechtfertigen.

21

(a) Beim Ausfall eines Mitglieds des Kabinenpersonals während des Flugs werden Leib und Leben anderer Menschen oder sonstige wichtige Rechtsgüter nicht ernsthaft gefährdet. Zwar hat sich die Beklagte darauf berufen, dass ein Flugbegleiter nur eine bestimmte Anzahl von Fluggästen hinsichtlich der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften nach dem sog. Flight Safety Manual betreuen könne, zB was die ordnungsgemäße Unterbringung des Gepäcks, die Betätigung der Sitze und Sicherheitsgurte, das Freihalten von Ausgängen sowie die Sicherheitsbelehrung der Passagiere betreffe. Die durch den Ausfall eines Flugbegleiters während des Fluges entstehende Gefahrenlage ist jedoch derjenigen beim Ausfall eines Mitglieds des Cockpit-Personals, das für die Führung des Flugzeugs verantwortlich ist, nicht vergleichbar. Selbst wenn der Ausfall eines Flugbegleiters zur Vernachlässigung einzelner nach dem Flight Safety Manual oder dem First Aid Manual bestehender Sicherheitsbestimmungen führen sollte, erscheint es völlig unwahrscheinlich, dass dies den Absturz des Flugzeuges zur Folge haben könnte.

22

(b) In Fällen einer Notlandung oder Notwasserung könnte das altersbedingte Nachlassen der Leistungsfähigkeit oder der vollständige Ausfall eines Mitglieds des Kabinenpersonals zwar zu einer Gefährdung der Passagiere führen, wenn das Flugzeug nicht schnell genug oder nicht sachgerecht geräumt werden könnte oder - bei einer Notwasserung - nicht alle Rettungsboote ordnungsgemäß betreut werden könnten. Diese Fälle sind jedoch derart theoretisch und unwahrscheinlich, dass sie zur Rechtfertigung einer generellen Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal nicht geeignet sind(vgl. BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZR 253/07 (A) - Rn. 19 - 21, AP TzBfG § 14 Nr. 55 = EzA TzBfG § 14 Nr. 54).

23

cc) Die Altersgrenze von 60 Jahren ist nicht deshalb sachlich gerechtfertigt, weil das Kabinenpersonal die Möglichkeit hat, Ansprüche auf eine von der Beklagten finanzierte, tariflich geregelte Übergangsversorgung zu erwerben. Eine Übergangsversorgung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats allenfalls geeignet, eine an sich sachlich gerechtfertigte Altersgrenze als „noch eher zumutbar“ erscheinen zu lassen(BAG 31. Juli 2002 - 7 AZR 140/01 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 102, 65).

24

b) Da die Gefahrenlage für die Sicherheit des Flugverkehrs beim Ausfall von Mitgliedern des Kabinenpersonals derjenigen beim Ausfall von Cockpit-Personal nicht annähernd vergleichbar ist, ist die Normierung einer Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal nicht aus Gründen der Gleichbehandlung mit Cockpit-Personal geboten. Eine Ungleichbehandlung beider Personengruppen in Bezug auf die Altersgrenze verstößt daher weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG, noch bewirkt sie eine unzulässige geschlechtsspezifische Diskriminierung iSv. §§ 7, 1 AGG des überwiegend männlichen Cockpit-Personals gegenüber dem überwiegend weiblichen Kabinenpersonal.

25

II. Der Klageantrag zu 2. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Mit diesem Antrag macht die Klägerin den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Rechtsstreits(BAG 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122) geltend. In diesem Sinne hat das Arbeitsgericht den Antrag nach den Ausführungen zu II des erstinstanzlichen Urteils ausgelegt. Gegen diese Würdigung haben sich die Parteien nicht gewandt. Der Rechtsstreit ist mit der Verkündung der Entscheidung des Senats über den Klageantrag zu 1. rechtskräftig abgeschlossen. Der Senat hat daher nicht zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht dem Weiterbeschäftigungsantrag zu Recht stattgegeben hat.

26

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    G. Güner    

        

    Hansen    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Februar 2009 - 7 Sa 1132/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. Juni 2008 geendet hat. Hilfsweise macht der Kläger den Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrags geltend. Für den Fall des Obsiegens begehrt er seine Weiterbeschäftigung. Hilfsweise verlangt er Entschädigung wegen Altersdiskriminierung.

2

Der am 25. Januar 1968 geborene Kläger promovierte im Jahr 2003. Aufgrund eines zwischen ihm und dem Land Nordrhein-Westfalen am 31. Mai 2005 geschlossenen und vom 1. Juni 2005 bis zum 31. Mai 2007 befristeten Arbeitsvertrags war er bei der beklagten Universität als wissenschaftlicher Angestellter auf einer Stelle zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses beschäftigt. Neben der Erfüllung der ihm übertragenen Lehraufgaben arbeitete er an seiner Habilitation. Die Beklagte nimmt keine sog. Hausberufungen vor, dh. sie beruft keine „im eigenen Hause“ habilitierten Wissenschaftler auf eine Professorenstelle. Vor dem 31. Mai 2007 beantragte das Institut für O eine Verlängerung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger um zwei Jahre. Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis auf einen Beschluss des Rektorats vom 21. November 2005 ab. Dieser Beschluss sieht vor, dass die Einstellung von wissenschaftlichem Personal auf befristet zu besetzenden Nachwuchsstellen in aller Regel nur zulässig ist, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor dem vollendeten 40. Lebensjahr - ausnahmsweise spätestens ein halbes Jahr danach - endet. Am 14. Mai 2007 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 31. Mai 2005, wonach der Kläger „befristet bis zum 30.06.2008 im Rahmen einer Befristung gem. §§ 1 ff. Wissenschaftszeitvertragsgesetz weiterbeschäftigt“ wurde. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wäre der Arbeitsvertrag mit dem Kläger, der am 25. Januar 2008 sein 40. Lebensjahr vollendete, ohne den Rektoratsbeschluss mit einem über den 30. Juni 2008 hinausgehenden Endtermin - jedenfalls mit einer Dauer bis zum 31. Mai 2009 - vereinbart worden.

3

Unter dem 28. Januar/1. Februar 2008 beantragte das Institut für O erneut eine Verlängerung des Arbeitsvertrags um zwei Jahre. Das Rektorat der beklagten Universität lehnte den Verlängerungsantrag mit Schreiben vom 15. Februar 2008 ab und führte ua. aus:

        

„Einer Weiterbeschäftigung auf einer Nachwuchsstelle steht der Rektoratsbeschluss vom 21.11.2005 entgegen, der grundsätzlich eine Beschäftigung eines Mitarbeiters über das vollendete 40. Lebensjahr hinaus ablehnt. Über Ausnahmen entscheidet das Rektorat, stellvertretend der Kanzler. Die abschließend vereinbarten Ausnahmetatbestände sind:

        

1.    

die Beschäftigung in einem Exzellenzbereich,

        

2.    

geringfügige (< 6 Monate) Überschreitung des 40. Lebensjahres,

        

3.    

Kindererziehungszeiten in Höhe der Überschreitung des 40. Lebensjahres.

        

Andere Konstellationen werden in Absprache mit dem Kanzler nicht mehr vorgelegt. Leider scheiden die Punkte 1 - 3 im vorliegenden Fall aus.“

4

Mit seiner am 28. Mai 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrags vom 14. Mai 2007 benachteilige ihn ungerechtfertigt wegen seines Alters. Sie sei daher nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Im Hinblick auf die diskriminierende Ablehnung der Vertragsverlängerung mit Schreiben vom 15. Februar 2008 sei die Beklagte jedenfalls verpflichtet, ihm einen bis zum 30. Juni 2010 befristeten Vertrag anzubieten. Bestehe diese Verpflichtung nicht, habe die Beklagte eine Entschädigung wegen der Diskriminierung zu zahlen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die Befristung im Änderungsvertrag vom 14. Mai 2007 nicht zum 30. Juni 2008 aufgelöst wird, sondern unverändert fortbesteht;

        

hilfsweise hierzu

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2010 als vollbeschäftigter wissenschaftlicher Angestellter der Entgeltgruppe E 13 TVÜ-L zu unterbreiten;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. oder 2., die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollbeschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter der Entgeltgruppe E 13 TVÜ-L weiterzubeschäftigen;

        

äußerst hilfsweise

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in angemessener Höhe zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei wirksam. Die im Rektoratsbeschluss vom 21. November 2005 festgelegte unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern aufgrund deren Alters sei durch legitime Ziele gerechtfertigt, erforderlich und angemessen. Unterstelle man zugunsten des Klägers eine unzulässige Altersdiskriminierung, folge hieraus nicht die Unwirksamkeit der Befristungsabrede. Der Kläger stünde sonst besser als ohne die Benachteiligung, denn der letzte Arbeitsvertrag wäre auch ohne den Rektoratsbeschluss nur befristet bis zum 31. Mai 2009 abgeschlossen worden.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Befristungskontroll- und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht der Befristungskontrollklage entsprochen. Über die weiteren Anträge hatte der Senat nicht zu befinden.

9

A. Der zulässige Klageantrag zu 1. ist begründet.

10

I. Bei ihm handelt es sich ausschließlich um eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG. Dem Antragswortlaut „... sondern unverändert fortbesteht“ kommt keine eigenständige Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zu. Dies ergibt die Auslegung des Klageantrags unter Hinzuziehung der Klagebegründung. Dort wird ausschließlich begründet, warum das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der vereinbarten Befristung im Änderungsvertrag vom 14. Mai 2007 zum 30. Juni 2008 geendet haben soll. Andere Beendigungstatbestände sind zwischen den Parteien nicht im Streit.

11

II. Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Befristung im Änderungsvertrag vom 14. Mai 2007 gegen § 7 Abs. 1 AGG verstößt und deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist.

12

1. Die Befristung gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die Klage ist am 28. Mai 2008 und damit noch vor dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags beim Arbeitsgericht eingegangen. Die materiell-rechtliche Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG wird nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt(vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8).

13

2. Die Dauer der vereinbarten Befristung benachteiligt den Kläger wegen seines Alters iSv. § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

14

a) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet auf den Streitfall Anwendung. Die Vereinbarung einer Befristung des Arbeitsverhältnisses ist eine Entlassungsbedingung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG. Solche Bedingungen sind neben Kündigungen - unbeschadet der Sonderregelung des § 2 Abs. 4 AGG - auch alle anderen Beendigungstatbestände. Sie beziehen sich sowohl auf das „Ob“ als auch auf das „Wie“ der Beendigung und umfassen damit auch die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aufgrund einer vereinbarten Befristung endet (vgl. zB Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 9).

15

b) Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe - hierzu gehört auch das Alter - benachteiligt werden. Der Kläger wurde durch die Vereinbarung der Befristung im Vertrag vom 14. Mai 2007 wegen seines Alters benachteiligt. Die unterschiedliche Behandlung war nicht zulässig.

16

aa) Der Kläger wurde durch die im Vertrag vom 14. Mai 2007 vereinbarte Befristungsdauer wegen seines Alters unmittelbar benachteiligt.

17

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde(vgl. BAG 8. Dezember 2010 - 7 ABR 98/09 - Rn. 62 mwN).

18

(2) Das ist hier der Fall. Der Kläger erfuhr gegenüber einer hypothetischen Vergleichsperson in vergleichbarer Situation eine ungünstigere Behandlung, weil sein Arbeitsvertrag lediglich bis zum 30. Juni 2008 befristet wurde. Mit einer hypothetischen Vergleichsperson wäre ein Vertrag mit längerer Befristungsdauer abgeschlossen worden. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wäre die Änderungsvereinbarung vom 14. Mai 2007, mit der das befristete Arbeitsverhältnis verlängert worden ist, ohne den Rektoratsbeschluss vom 21. November 2005 von vornherein mit einem anderen, nach dem 30. Juni 2008 liegenden Beendigungstermin geschlossen worden. Einem jüngeren, im Übrigen aber vergleichbaren Beschäftigten wäre ein Vertrag mit längerer Vertragslaufzeit angeboten worden.

19

bb) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, war die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nicht nach § 10 AGG zulässig.

20

(1) § 10 Satz 1 AGG lässt - unbeschadet des § 8 AGG - eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Die Rechtfertigungsgründe werden in § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG zunächst in Form einer Generalklausel umschrieben. § 10 Satz 3 AGG zählt sodann sechs Anwendungsfälle auf. Diese stellen, wie das Wort „insbesondere“ deutlich macht, keinen abschließenden Katalog, sondern die Generalklausel konkretisierende Beispiele dar (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 35 mwN, AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn.  40 mwN, BAGE 129, 181 ). Bei Anwendung der Generalklausel des § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG müssen die nationalen Gerichte sicherstellen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters nicht ausgehöhlt wird. Deshalb genügen allgemeine Behauptungen, dass eine bestimmte Maßnahme geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen, nicht zur Darlegung eines legitimen Ziels iSd. § 10 AGG. Vielmehr müssen zumindest aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter ihr stehenden Ziels ermöglichen, um die Rechtmäßigkeit, die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Als rechtmäßig sind jedenfalls Ziele anzusehen, die als sozialpolitische Ziele im allgemeinen Interesse stehen (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 39 mwN, aaO). Insgesamt erfordert die Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG - ebenso wie nach der nahezu wortgleichen Regelung in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 2000/78/EG) - der Sache nach, „dass sich die zugrunde liegende Maßnahme auf ein legitimes Ziel stützt und einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält“ (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 6. Mai 2010 in der Rechtssache - C-499/08 - [Andersen] Rn. 47, dort auch unter Rn. 41 bis 46 zur Bedeutung und Einordnung der Worte „objektiv und angemessen“ sowie „angemessen und erforderlich“; vgl. dazu auch EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 65, Slg. 2009, I-1569).

21

(2) Hier kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass diese mit der wegen des Alters des Klägers gewählten Befristungsdauer legitime Ziele verfolgte. Das hierzu gewählte Mittel, das Arbeitsverhältnis des Klägers kürzer zu befristen als das vergleichbarer jüngerer Arbeitnehmer, war zur Erreichung der Ziele aber weder erforderlich noch angemessen.

22

(a) Die Beklagte verfolgt mit der bei ihr geltenden Regelung, wissenschaftliche Nachwuchskräfte auf den Qualifikationsstellen bis höchstens zur Erreichung eines Lebensalters von 40 ½ Jahren zu beschäftigen, verschiedene Ziele. Zum einen soll die Regelung dazu dienen, das Erstberufungsalter von Professoren herabzusetzen und damit im Interesse der Allgemeinheit sicherzustellen, dass aus Steuermitteln qualifizierte Nachwuchswissenschaftler möglichst lange der selbstständigen Forschung zur Verfügung stehen. Zum anderen soll der laufende Zustrom junger Wissenschaftler und neuer Ideen gewährleistet werden. Und schließlich soll sie verhindern, dass Inhaber von Nachwuchsstellen erst in einem Lebensalter, in dem eine berufliche Neuorientierung nicht mehr oder nur noch schwer möglich ist, realisieren, ihre angestrebte Habilitation und das Ziel einer Hochschulprofessur nicht erreichen zu können. Dabei ist - entgegen der, im Ergebnis allerdings offengelassenen Fragestellung des Landesarbeitsgerichts - nicht entscheidend, ob der Beschluss des Rektorats vom 21. November 2005 wegen eines unzulässigen Eingriffs in das Recht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG unwirksam ist. Nähme man dies an, folgte allein daraus nicht, dass die mit einer Altersgrenze begründete Befristung des Arbeitsvertrags des Klägers eine ungerechtfertigte Benachteiligung wäre. Maßgeblich ist allein, ob die zur Begründung der - an das Lebensalter anknüpfenden - Befristungsdauer vorgebrachten Ziele iSd. § 10 Satz 1 AGG legitim und die Mittel zur Erreichung dieser Ziele iSd. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sind.

23

(b) Die von der Beklagten verfolgten Ziele unterfallen keinem der in § 10 Satz 3 AGG genannten Beispielsfälle. Sie mögen zwar iSv. § 10 Satz 1 AGG legitim sein. Das gewählte Mittel ist aber weder erforderlich noch angemessen.

24

(aa) Keines der Ziele unterfällt einem der in § 10 Satz 3 AGG aufgeführten Beispielsfälle. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 10 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 AGG nicht gegeben. Nach § 10 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 AGG ist die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand möglich. Die Vorschrift zielt auf ältere Beschäftigte, deren Rentenalter bereits absehbar ist und bei denen einer aufwendigen Einarbeitung am Arbeitsplatz eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Mindestdauer einer produktiven Arbeitsleistung gegenüberstehen soll (BT-Drucks. 16/1780 S. 36). Im vorliegenden Fall geht es der Beklagten nicht darum, Beschäftigte nur bis zu einem bestimmten Alter auf den Nachwuchsstellen einzustellen, um auf diesen Stellen eine Mindestbeschäftigungszeit bis zum Eintritt in den Ruhestand zu erreichen.

25

(bb) Zugunsten der Beklagten kann angenommen werden, dass die von ihr mit der Ungleichbehandlung verfolgten Ziele legitim sind. Das gewählte Mittel ist aber nicht verhältnismäßig.

26

(aaa) Die von der Beklagten verfolgten Ziele mögen legitim iSd. § 10 Satz 1 AGG sein. So hat das Bundesverfassungsgericht die Vorgabe einer die Mobilität des wissenschaftlichen Personals sichernden Regelaltersgrenze für die Erstberufung, die beim Abschluss des Qualifikationswegs nicht überschritten sein sollte, als probates Mittel zur Verfolgung hochschulpolitischer Reformziele anerkannt (vgl. BVerfG 27. Juli 2004 - 2 BvF 2/02 - zu B IV der Gründe, BVerfGE 111, 226). Auch stellen die Schaffung einer hochwertigen Lehre und die optimale Verteilung von Professorenstellen auf die Generationen legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG dar(EuGH 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 68, NZA 2011, 29). Schließlich mag auch das Ziel, im objektiven Interesse der Nachwuchswissenschaftler Sackgassen in ihrer Erwerbsbiographie zu vermeiden, iSv. § 10 Satz 1 AGG legitim sein.

27

(bbb) Das von der Beklagten gewählte Mittel - die Reduzierung der an sich nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG möglichen Befristungsdauer - ist zur Erreichung der Ziele weder erforderlich noch angemessen(verhältnismäßig im engeren Sinn). Zur Senkung des Erstberufungsalters von Professoren der Beklagten erscheint die Altersgrenze für befristete Verträge mit Habilitanden ohnehin ungeeignet, nimmt doch die Beklagte keine sog. Hausberufungen vor. Ferner ist sie aber auch deshalb unverhältnismäßig, weil die Habilitation nicht notwendig der Vorbereitung einer universitären Laufbahn dient. Nicht jeder Habilitand wird nach erfolgreicher Habilitation Professor. Nichts anderes gilt für das Interesse der Forschung und Lehre an der kontinuierlichen Fluktuation der Nachwuchswissenschaftler. Es wäre unverhältnismäßig, die Höchstdauer der Zeitbefristungen nach dem WissZeitVG im Hinblick auf das Lebensalter noch weiter zu reduzieren. Im Übrigen hängt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - das Ausmaß der Fluktuation im wissenschaftlichen Bereich der Universitäten und staatlichen Hochschulen nicht davon ab, wie alt die Bewerber zum Zeitpunkt der Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses sind, sondern davon, wie lange sie auf den von ihnen besetzten Stellen verweilen. Dass sich die Verweildauer der Wissenschaftler auf den ohnehin nur befristet zu besetzenden Stellen in Abhängigkeit vom Lebensalter verkürzt oder verlängert, ist nicht ersichtlich. Auch zur Vermeidung beruflicher Sackgassen ist die an das Lebensalter anknüpfende Reduzierung der Befristungsdauer jedenfalls unangemessen, nimmt sie doch auch den Habilitanden, die keine universitäre Laufbahn im Auge haben, die Möglichkeit, sich im Rahmen eines nach dem WissZeitVG befristeten Arbeitsverhältnisses zu habilitieren.

28

3. Das Landesarbeitsgericht hat frei von Rechtsfehlern angenommen, dass die unzulässige Benachteiligung des Klägers bei der Befristungsdauer gemäß § 7 Abs. 2 AGG zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede „an sich“ führt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat deshalb nicht etwa zu einem späteren Zeitpunkt, sondern - jedenfalls aufgrund der Befristungsabrede - überhaupt nicht geendet.

29

a) § 139 BGB ist auf das Verhältnis zwischen der Befristungsdauer und der Vereinbarung der Befristung nicht anwendbar. § 139 BGB setzt die Teilbarkeit des Rechtsgeschäfts voraus. Der unwirksame Teil des Rechtsgeschäfts muss von dem wirksamen in dem Sinn trennbar sein, dass das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil hätte vorgenommen werden können (Palandt/Ellenberger BGB 70. Aufl. § 139 Rn. 10). Dies ist hier nicht der Fall. Die Befristungsvereinbarung ist nur Teil eines Rechtsgeschäfts, nämlich des Arbeitsvertrags. Sie ist als einheitliche Klausel auch nicht teilbar. Es gibt keine Befristung ohne bestimmte Dauer (vgl. [bei der unwirksamen Länge der Ausschlussklausel] BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 5 f der Gründe, BAGE 116, 66).

30

b) Weder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung noch der Umdeutung nach § 140 BGB oder der Anwendung der Grundsätze zur „Anpassung nach oben“ bei diskriminierender Vorenthaltung von Leistungen kann eine andere - längere - Befristungsdauer angenommen werden.

31

aa) Durch die Unwirksamkeit der gesamten Befristungsvereinbarung entsteht keine Vertragslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist. Die Beklagte hat deutlich zum Ausdruck gebracht, vor dem Hintergrund des Rektoratsbeschlusses zur Altersgrenze gerade die gewählte Befristungsdauer zu wünschen. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus, wenn eine der Vertragsparteien einen abschließenden Willen zum Ausdruck gebracht hat (vgl. Palandt/Ellenberger BGB § 157 Rn. 3 mwN).

32

bb) Der unwirksam bis zum 30. Juni 2008 befristete Vertrag kann nicht nach § 140 BGB in einen bis zu einem anderen Beendigungstermin befristeten Vertrag umgedeutet werden. § 140 BGB erfordert das Vorliegen eines nichtigen Rechtsgeschäfts, das den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht. Die nichtige Befristungsvereinbarung ist kein Rechtsgeschäft, sondern Teil eines solchen, nämlich des - gerade nicht nichtigen - Arbeitsvertrags.

33

cc) Eine Aufrechterhaltung der vereinbarten Befristung mit verlängerter Befristungsdauer kommt auch nicht etwa vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum Anspruch benachteiligter Arbeitnehmer auf „Anpassung nach oben“ in Betracht. Ist eine - gesetzliche oder tarifliche - Regelung unwirksam, weil sie unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG einem Arbeitnehmer eine Leistung vorenthält oder kürzt, kann dieser einen Anspruch auf die Leistung haben(vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 35 f., BAGE 129, 93; 24. September 2003 - 10 AZR 675/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 108, 17). Dies ist auf eine den Arbeitnehmer benachteiligende Befristungsdauer nicht übertragbar. Sie stellt keine einseitig gewährte Leistung des Arbeitgebers dar, sondern ist als Vereinbarung eine einheitliche belastende Regelung, die nicht in einen belastenden und einen begünstigenden Teil aufgespalten werden kann. Im Übrigen begegnete es erheblichen Bedenken, den ungerechtfertigt benachteiligten Arbeitnehmer mit der Unsicherheit zu belasten, welche Dauer seines Arbeitsvertrags die „richtige“ ist. Dies gilt insbesondere wegen der von ihm nach § 17 Satz 1 TzBfG einzuhaltenden Klagefrist.

34

c) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht schließlich davon aus, dass der Annahme eines unbefristeten Fortbestands des Arbeitsverhältnisses bei diskriminierender Befristungsdauer § 15 Abs. 6 AGG nicht entgegensteht. § 15 Abs. 6 AGG schließt seinem Wortlaut nach einen gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses oder auf Gewährung des beruflichen Aufstiegs aus. Der in dieser Regelung zum Ausdruck kommende Schutz der Privatautonomie gebietet nicht die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG auf eine nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksame Befristungsabrede. Es fehlt an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage. § 15 Abs. 6 AGG trägt der grundrechtlich geschützten Auswahlfreiheit des Arbeitgebers Rechnung(vgl. zB Adomeit/Mohr AGG § 15 Rn. 113). Es ist wertungsmäßig ein Unterschied, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, einen von ihm abgelehnten Arbeitnehmer einzustellen oder auf einer anderen (Beförderungs-)Position zu beschäftigen, oder ob er verpflichtet ist, einen Arbeitnehmer, den er aus eigener Willensentscheidung auf einer bestimmten Position eingestellt hat, weiterzubeschäftigen.

35

d) Auch die Argumentation der Beklagten, der Kläger stünde bei der Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses letztlich aufgrund der Diskriminierung besser, als er ohne sie gestanden hätte, vermag die Annahme eines zu einem späteren - nicht diskriminierenden - Zeitpunkt befristeten Arbeitsvertrags nicht zu rechtfertigen. § 7 Abs. 2 AGG begründet keinen Schadensersatzanspruch des benachteiligten Arbeitnehmers, sondern normiert als Rechtsfolge und Sanktion der diskriminierenden Vereinbarung deren Unwirksamkeit.

36

B. Die Klageanträge zu 2. und 4. sind dem Senat als echte, nur für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. gestellte Hilfsanträge nicht zur Entscheidung angefallen. Auch über den zu 3. gestellten Weiterbeschäftigungsantrag war nicht zu befinden. Er ist inhaltlich auf die Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag gerichtet. Die Entscheidung des Senats über den Feststellungsantrag wird mit der Verkündung rechtskräftig.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gallner    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Für den durch Ablauf der Amtszeit
an der Unterschrift gehinderten
Richter Güner.
Linsenmaier    

        

    M. Zwisler    

                 

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Juli 2008 - 2 Sa 2/08 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. April 2008 geendet hat.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 1996 bis zum 30. April 2008 aufgrund mehrerer mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossener befristeter Arbeitsverträge - mit Unterbrechungen - als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg beschäftigt. Der letzte Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 war nach § 57b Abs. 1 HRG befristet und hatte eine Laufzeit vom 1. Mai 2002 bis zum 30. April 2008. Am 23. April 2002 hatte der Kläger seine Dissertation verteidigt. Die Promotionskommission gab ihm am selben Tag das Gesamtergebnis der Promotion mit „magna cum laude“ bekannt. Am 8. Mai 2002 bestätigte der Fakultätsrat die Bewertung der Promotionskommission. Mit der Promotionsurkunde vom 8. Mai 2002 wurde dem Kläger der akademische Grad „Dr. phil.“ verliehen. Die Promotionsurkunde wurde ihm einige Tage später ausgehändigt.

3

Die Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 lautet auszugsweise:

        

㤠12

        

Bewertung der Promotionsleistungen

        

(1)

Nach erfolgreichem Abschluß der Verteidigung der Dissertation ist in nichtöffentlicher Beratung durch die Promotionskommission über die Bewertung der Promotionsleistungen zu entscheiden. Die Mitglieder des Fakultätsrates und die gewählten Mitglieder des Senats können beratend teilnehmen.

        

...

        

        

(3)

Das Gesamtprädikat ist vorbehaltlich der Bestätigung durch den Fakultätsrat im Anschluß an die Verteidigung der Dissertation bekanntzugeben.

        

§ 13

        

Entscheidung über die Verleihung

        

(1)

Nach Abschluß des Verfahrens informiert das vorsitzende Mitglied der Promotionskommission die Dekanin bzw. den Dekan über die Empfehlung für den Beschluß zur Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades.

        

(2)

Über die Verleihung/Nichtverleihung des akademischen Grades und das Prädikat der Gesamtleistung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluß. In begründeten Fällen kann der Fakultätsrat von dem errechneten Notendurchschnitt abweichen.

        

...

        
        

(4)

Die endgültige Verleihung des akademischen Grades und die Übergabe der Promotionsurkunde setzen die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 voraus.

        

...

        
        

§ 14

        

Veröffentlichung der Dissertation

        

(1)

Die Dissertation ist zu veröffentlichen. Als Formen der Veröffentlichung sind zulässig:

        

a)   

die Publikation als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag;

        

b)   

die Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren im Format DIN A 5; ausnahmsweise kann der Fakultätsrat gestatten, dass die photomechanische Vervielfältigung im Format DIN A 4 erfolgt;

        

…       

        
        

e)   

der Abdruck in einer wissenschaftlichen Zeitschrift; in Sonderfällen kann der Fakultätsrat gestatten, daß sich dieser Abdruck auf einen wesentlichen Teil der Dissertation beschränkt. In diesem Fall sind sechs Exemplare der vollständigen Dissertation der Fakultät zu übergeben.

        

(2)

Der Fakultät sind 40 Exemplare der gedruckten oder photomechanisch vervielfältigten Dissertation einzureichen. Im Falle der Veröffentlichung als selbstständige Schrift in einem wissenschaftlichen Verlag oder in einer wissenschaftlichen Zeitschrift oder bei Ablage der Datei der Dissertation im Dissertationen-Archiv auf dem zentralen WWW-Server der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sind sechs Sonderdrucke an das Dekanat abzuliefern. Über Ausnahmen entscheidet der Fakultätsrat.

        

...

        

§ 17

        

Promotionsurkunde

        

(1)

Die Promotion wird mit der Aushändigung der Promotionsurkunde durch die Dekanin bzw. den Dekan vollzogen.

        

...

        
        

(3)

Erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde erwirbt die sich bewerbende Person das Recht, den Grad zu führen. Das Promotionsverfahren ist damit abgeschlossen.

        

...“

        
4

Mit der am 19. Juli 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der die mit dem Land Sachsen-Anhalt abgeschlossenen Arbeitsverträge beigefügt waren, hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. April 2008 gewandt. In der Klageschrift hat er den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, mit Schriftsatz vom 2. August 2007 die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als beklagte Partei bezeichnet.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung zum 30. April 2008 sei unwirksam. Die Voraussetzungen für eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG seien nicht erfüllt, da bei Vertragsschluss am 26./29. April 2002 seine Promotion noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die Promotion werde mit der Aushändigung der Promotionsurkunde vollzogen. Erst damit werde das Promotionsverfahren abgeschlossen und das Recht erworben, den akademischen Grad zu führen. Vorliegend sei dies erst einige Tage nach dem 8. Mai 2002 der Fall gewesen.

6

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund einer Befristung zum Ablauf des 30. April 2008 endete, sondern unbefristet fortbesteht.

7

Die beklagte Partei hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung sei nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Es komme für die Befristung nach dieser Bestimmung nicht auf den Abschluss des Promotionsverfahrens an, sondern auf den Abschluss der Promotion. Die Promotion sei mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002 abgeschlossen gewesen. Im Übrigen sei die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung rechtsmissbräuchlich.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die als Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg bezeichnete beklagte Partei Berufung eingelegt. In der Berufungsverhandlung hat das Landesarbeitsgericht auf Antrag des Klägers im Einvernehmen mit der beklagten Partei das Passivrubrum dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der als Befristungskontrollklage auszulegenden Feststellungsklage zu Recht stattgegeben.

10

A. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich trotz des auf eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hindeutenden letzten Halbsatzes des Klageantrags ausschließlich um eine Befristungskontrollklage gem. § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Unwirksamkeit der zum 30. April 2008 vereinbarten Befristung geltend macht. Andere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Der letzte Halbsatz des Klageantrags hat daher keine eigenständige Bedeutung.

11

B. Die Klage ist begründet. Die beklagte Partei ist passivlegitimiert. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 30. April 2008 beendet.

12

I. Die Klage ist nicht mangels Passivlegitimation der beklagten Partei abzuweisen. Das Landesarbeitsgericht hat das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat mit der Befristungskontrollklage von Anfang an das Land Sachsen-Anhalt in Anspruch genommen und nicht die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg oder deren Kanzler, die er zunächst als beklagte Partei bezeichnet hat. Dies ergibt die Auslegung der Klageschrift.

13

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Auch bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar mit der Parteibezeichnung gemeint ist (so bereits BGH 24. Januar 1952 - III ZR 196/50 - BGHZ 4, 328; BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 60 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 76). Dafür ist entscheidend, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat (BGH 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569). Hierbei ist das tatsächliche Vorbringen der Klagepartei zugrunde zulegen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 16, mwN aaO). Maßgeblich für die Beurteilung sind die gesamten erkennbaren Umstände, insbesondere auch die der Klageschrift beigefügten Unterlagen (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 525/05 - Rn. 13, aaO). Die Berichtigung einer offensichtlich unrichtigen Parteibezeichnung ist während des gesamten Verfahrens möglich.

14

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht das Passivrubrum zu Recht dahingehend berichtigt, dass beklagte Partei das Land Sachsen-Anhalt ist. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift zunächst den Kanzler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg als Beklagten bezeichnet und dies später auf Anregung des Arbeitsgerichts dahingehend präzisiert, dass beklagte Partei die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sei. Der Klageschrift lagen jedoch die Arbeitsverträge bei, die mit dem Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, abgeschlossen waren. Dies entspricht § 110 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der ab 13. Mai 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: HSG LSA). Danach ist das Land Sachsen-Anhalt Arbeitgeber des an den Universitäten beschäftigten wissenschaftlichen Personals. Die Universität nimmt nach § 55 Abs. 1 HSG LSA die Personalangelegenheiten im Auftrag des Landes war. Es war daher von Anfang an erkennbar, dass der Kläger das Land Sachsen-Anhalt als seinen Arbeitgeber in Anspruch nehmen wollte und er lediglich fehlerhaft dessen Vertreter als beklagte Partei bezeichnet hat. Demzufolge sind auch die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung, in denen als Berufungsklägerin die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg genannt ist, so zu verstehen, dass die Berufung von der Universität namens und in Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet wurde. Durch die erst im zweiten Rechtszug und nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG erfolgte Berichtigung der Parteibezeichnung wurden keine prozessualen Rechte des beklagten Landes verletzt. Dieses hatte durch seine Vertreterin, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, von Anfang an Kenntnis von der prozessualen Inanspruchnahme durch den Kläger. Es hat gegen die Berichtigung der Parteibezeichnung auch keine Einwendungen erhoben.

15

II. Die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung ist unwirksam. Sie ist nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung ist nicht rechtsmissbräuchlich.

16

1. Die Befristung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG, da die Promotion des Klägers bei Abschluss des Änderungsvertrags am 26./29. April 2002 noch nicht abgeschlossen war. Dies war erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 der Fall.

17

a) Die Wirksamkeit der am 26./29. April 2002 vereinbarten Befristung richtet sich nach § 57b Abs. 1 HRG. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Danach gelten für die in der Zeit vom 23. Februar 2002 bis zum 17. April 2007 an staatlichen Hochschulen abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal die §§ 57a bis 57f HRG in der ab 31. Dezember 2004 geltenden Fassung.

18

b) Die Befristung genügt nicht den Anforderungen des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG.

19

aa) Die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen Personal ist nach § 57b Abs. 1 Satz 1 HRG bis zur Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion (sog. Postdoc-Phase) ist gem. § 57b Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. HRG eine Befristung bis zur Dauer von sechs Jahren möglich. Eine Befristung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird. Es ist daher nicht zulässig, einen nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG befristeten Arbeitsvertrag schon vor der Promotion für die Zeit danach abzuschließen(aA Hailbronner/Geiß-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 7). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG. Diese Vorschrift gestattet mit wissenschaftlichem Personal die Befristung „nach abgeschlossener Promotion“ bis zur Dauer von sechs Jahren. Sinn und Zweck der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG bestätigen dies. Die Vorschrift ermöglicht den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit bereits promoviertem wissenschaftlichen Personal (BT-Drucks. 14/6853 S. 33). Sie setzt daher eine erfolgreiche Promotion voraus. Ob eine Promotion erfolgreich ist, steht vor dem Abschluss der Promotion nicht fest. Vor Abschluss der Promotion kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass für den Mitarbeiter die Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG überhaupt eröffnet wird. Deshalb kann von der Befristungsmöglichkeit nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG erst nach Abschluss der Promotion Gebrauch gemacht werden.

20

bb) Danach ist die in dem Änderungsvertrag vom 26./29. April 2002 vereinbarte Befristung nicht nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG gerechtfertigt. Die Promotion des Klägers war entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht bereits mit der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission am 23. April 2002, sondern erst mit der Übergabe der Promotionsurkunde nach dem 8. Mai 2002 abgeschlossen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des HSG LSA und der Promotionsordnung der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vom 6. Oktober 1999 idF vom 4. Juli 2001 (im Folgenden: Promotionsordnung).

21

(1) Die Vorschriften des HRG, insbesondere § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG regeln nicht, wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG „abgeschlossen“ ist. § 18 Abs. 2 Satz 1 HRG verweist hinsichtlich der Verleihung von Hochschulgraden auf das Landesrecht. Wann eine Promotion iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist, ist daher nach den landesrechtlichen Vorschriften und der jeweiligen Promotionsordnung zu beurteilen(ebenso KR/Lipke 8. Aufl. § 57b HRG Rn. 28; ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Reich HRG 9. Aufl. § 57b Rn. 3; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 10; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; KR/Treber 9. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 26; Preis/Hausch NJW 2002, 927, 929). Es kann vorliegend dahinstehen, ob bei Fehlen einer ausdrücklichen landesrechtlichen Regelung die Promotion mit dem Tag der mündlichen Prüfung (Verteidigung der Dissertation, Disputation, Rigorosum) und der anschließenden Verkündung des Gesamtergebnisses iSv. § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG abgeschlossen ist(so zB KR/Lipke aaO; Annuß/Thüsing-Lambrich TzBfG 2. Aufl. § 23 Rn. 107 f.; APS/Schmidt 2. Aufl. § 57b HRG Rn. 7; APS/Schmidt 3. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 10; Preis/Hausch aaO) oder ob dies erst mit der Verleihung des Doktorgrades der Fall ist (so zB ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 57b HRG Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 2 WZVG Rn. 3; Hailbronner/Geis-Waldeyer HRG Stand Dezember 2008 § 57b Rn. 10). Nach den hochschulrechtlichen Vorschriften des beklagten Landes und den Regelungen der Promotionsordnung ist die Promotion noch nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, sondern erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde.

22

(a) Die Promotionsordnung regelt allerdings nicht ausdrücklich, wann die Promotion abgeschlossen ist. Sie enthält lediglich Regelungen zum Abschluss des Promotions„verfahrens“ (§ 17 Abs. 3) und dem Abschluss „des Verfahrens“ (§ 13 Abs. 2). Diese Bestimmungen bezeichnen unterschiedliche Tatbestände. Abschluss des „Verfahrens“ iSv. § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung ist die Verteidigung der Dissertation und die anschließende Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission gem. § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung. Dagegen regelt § 17 Abs. 3 der Promotionsordnung, dass das „Promotionsverfahren“ mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen ist. Zu welchem Zeitpunkt die „Promotion“ abgeschlossen ist, bestimmt die Promotionsordnung nicht ausdrücklich. Dies ergibt sich aber aus § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Mai 2004 geltenden Fassung (aF; seit 13. Mai 2004: § 18 Abs. 8 Satz 2 HSG LSA) in Verbindung mit der Promotionsordnung. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 HSG LSA aF ist Voraussetzung für die Zulassung zur Habilitation „der mit dem Erwerb des Doktorgrades erfolgte Abschluß der Promotion“. Danach ist die Promotion mit dem Erwerb des Doktorgrades abgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 der Promotionsordnung erwirbt der Doktorand erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde das Recht, den Doktorgrad zu führen. Nach diesen Regelungen ist daher nicht nur das Promotionsverfahren, sondern auch die Promotion selbst erst mit der Aushändigung der Promotionsurkunde abgeschlossen.

23

(b) Nach der hier maßgeblichen Promotionsordnung ist die Promotion entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch deshalb nicht am Tag der Verteidigung der Dissertation und der anschließenden Bekanntgabe des Gesamtprädikats durch die Promotionskommission abgeschlossen, weil die der Promotionskommission obliegende Entscheidung über die Bewertung der Promotionsleistungen nicht abschließend ist. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der Promotionsordnung entscheidet der Fakultätsrat durch Beschluss über die Verleihung oder Nichtverleihung des akademischen Grades und das Gesamtprädikat. Der Fakultätsrat ist in seiner Entscheidung zwar nicht völlig frei. Er kann nach § 13 Abs. 2 Satz 2 der Promotionsordnung nur in begründeten Fällen von der Empfehlung der Promotionskommission abweichen. Mit dieser Maßgabe ist ihm aber die Letztentscheidung über den Erfolg der Promotion und deren Ergebnis vorbehalten. Dementsprechend wird das von der Promotionskommission errechnete Gesamtprädikat im Anschluss an die Verteidigung der Dissertation nach § 12 Abs. 3 der Promotionsordnung nicht endgültig, sondern unter dem Vorbehalt der Bestätigung durch den Fakultätsrat bekannt gegeben.

24

(2) Diese Auslegung der hochschulrechtlichen Bestimmungen führt allerdings dazu, dass die Zeit zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde nicht für eine befristete Beschäftigung nach § 57b Abs. 1 Satz 2 HRG genutzt werden kann und sich eine nach § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG mögliche Verlängerung der sechsjährigen Höchstbefristungsdauer um diesen Zeitraum verringert. Da die Aushändigung der Promotionsurkunde sowohl den Beschluss des Fakultätsrats über die Verleihung des Doktorgrades als auch nach § 13 Abs. 4 der Promotionsordnung die Veröffentlichung der Dissertation entsprechend § 14 der Promotionsordnung voraussetzt, kann zwischen der Verteidigung der Dissertation und der Aushändigung der Promotionsurkunde im Einzelfall geraume Zeit verstreichen. Dadurch wird jedoch das vom Bundesgesetzgeber mit der Verlängerungsregelung in § 57b Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. HRG angestrebte Ziel, eine zügige Promotion zu honorieren und es zu ermöglichen, die bei der Promotion eingesparte Zeit in der Postdoc-Phase entsprechend anzuhängen (BT-Drucks. 14/6853 S. 33), nicht in Frage gestellt. Der Doktorand und die Universität haben die Möglichkeit, im beiderseitigen Interesse eines zügigen Vertragsschlusses die Voraussetzungen für eine zeitnahe Übergabe der Promotionsurkunde zu schaffen. Dem steht das Erfordernis der Veröffentlichung der Dissertation nicht entgegen. Diese muss nicht als Publikation in einem wissenschaftlichen Verlag, sondern kann zB auch durch Vervielfältigung im photomechanischen Verfahren erfolgen (§ 14 Abs. 1 Buchst. b Promotionsordnung). In diesem Fall sind der Fakultät nach § 14 Abs. 2 der Promotionsordnung 40 Exemplare der Dissertation einzureichen. Dies lässt sich ebenso ohne größere zeitliche Verzögerung von dem Doktoranden bewerkstelligen wie die Herbeiführung des nach § 13 Abs. 2 der Promotionsordnung erforderlichen Beschlusses des Fakultätsrats durch die Universität.

25

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Befristung nicht rechtsmissbräuchlich ist. Diese Würdigung greift die Revision nicht an. Der Kläger hat lediglich von dem ihm nach § 17 Satz 1 TzBfG zustehenden Recht Gebrauch gemacht, trotz seines bei Vertragsschluss geäußerten Einverständnisses mit der Befristung deren Unwirksamkeit geltend zu machen.

26

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Schuh    

                 

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

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I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

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1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

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2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

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II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

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1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

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a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

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b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

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c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

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aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

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bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

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cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

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2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

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a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

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aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

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bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

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b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

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aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

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bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

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3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Mai 2009 - 4 Sa 877/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Klägerin war beim beklagten Land als Justizangestellte in der Zeit vom 2. Juli 1996 bis zum 31. Dezember 2007 aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Zuvor hatte sie am Amtsgerichts Köln vom 1. September 1994 bis zum 2. Juli 1996 eine Ausbildung absolviert. Dort wurde sie anschließend durchgehend als Justizangestellte im Geschäftsstellenbereich der Zivilprozessabteilung eingesetzt. Die Befristungen dienten mit einer Ausnahme der Vertretung vorübergehend beurlaubter Justizangestellter.

3

Nach § 1 des letzten zwischen den Parteien am 12. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 geschlossenen Arbeitsvertrags wurde die Klägerin „zur Vertretung der Mitarbeiterin K, die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Sonderurlaub erhalten hat“, befristet weiterbeschäftigt. Frau K, die seit 1980 beim Amtsgericht Köln als Vollzeitkraft angestellt ist, nahm nach der Geburt ihrer beiden Kinder ab 1995 Erziehungsurlaub in Anspruch; anschließend bewilligte ihr das beklagte Land nach Maßgabe der einschlägigen tariflichen Bestimmungen Sonderurlaub ohne Bezüge, zunächst bis zum 31. Dezember 2002, sodann jeweils jährlich, zuletzt bis zum 31. Dezember 2007. Nach dem mit Frau K geschlossenen Arbeitsvertrag bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Der Präsident des Amtsgerichts Köln unterrichtete den Personalrat unter dem 29. November 2006 über die mit der Klägerin bis zum 31. Dezember 2007 beabsichtigte befristete Vertragsverlängerung und gab als Grund die Vertretung der Mitarbeiterin K an. Der Personalrat verlangte keine weiteren Informationen und stimmte am 30. November 2006 der beabsichtigten Maßnahme zu. Nach ihrem Sonderurlaub wurde Frau K ab dem 1. Januar 2008 mit 75 vH einer Vollzeitstelle in der Haftabteilung des Amtsgerichts eingesetzt.

4

Die Klägerin hat mit der Befristungskontrollklage vom 18. Januar 2008 die Auffassung vertreten, die zum 31. Dezember 2007 vereinbarte Befristung sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Bei insgesamt 13 befristeten, sich über einen Zeitraum von über elf Jahren jeweils unmittelbar aneinander anschließenden Arbeitsverträgen könne nicht mehr von einem Vertretungsfall im Sinne dieser Vorschrift ausgegangen werden. Eine Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts, nach der eine derartige „Kettenbefristung“ als wirksam erachtet werde, befinde sich nicht mehr im Einklang mit § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Die Befristung sei außerdem wegen Verstoßes gegen das LPVG NW unwirksam.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung im Vertrag vom 12. Dezember 2006 am 31. Dezember 2007 beendet worden ist.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die letzte Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Dem stehe ein etwa beim Amtsgericht Köln vorhandener dauerhafter Vertretungsbedarf nicht entgegen. Jeder Vertretungsfall müsse befristungsrechtlich isoliert beurteilt werden. Selbst wenn ein Vertretungsbedarf immer wieder auftrete, müssten größere Unternehmen oder Dienststellen keine ständige Personalreserve bilden. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Vorabentscheidung vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) die nationalen Gerichte nach § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung zu der Missbrauchskontrolle auch einer Sachgrundbefristung anhalte, habe die Klägerin keine besonderen Umstände für die Annahme eines dem beklagten Land anzulastenden Rechtsmissbrauchs vorgetragen. Allein die Anzahl und Dauer der Befristungen reiche dafür so wenig aus wie die persönliche und familiäre Situation der Klägerin.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Befristungskontrollklage weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision. Der Senat hat den Gerichtshof mit Beschluss vom 17. November 2010 (- 7 AZR 443/09 (A) - BAGE 136, 168) um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union(AEUV) über folgende Fragen ersucht:

        

1.    

Verstößt es gegen § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999, eine nationale Bestimmung, die wie § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz(TzBfG) vorsieht, dass ein sachlicher Grund zur wiederholten Befristung eines Arbeitsvertrags vorliegt, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, dahin auszulegen und anzuwenden, dass der sachliche Grund auch im Falle eines ständigen Vertretungsbedarfs gegeben ist, obwohl der Vertretungsbedarf auch gedeckt werden könnte, wenn der betreffende Arbeitnehmer unbefristet eingestellt und ihm die jeweilige Vertretung eines der regelmäßig ausfallenden Arbeitnehmer übertragen würde, der Arbeitgeber sich aber vorbehält, jeweils neu zu entscheiden, wie er auf den konkreten Ausfall von Arbeitnehmern reagiert?

        

2.    

Falls der Gerichtshof die Frage zu 1. bejaht:

                 

Verstößt die in der Frage zu 1. beschriebene Auslegung und Anwendung einer nationalen Bestimmung wie derjenigen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG unter den in der Frage zu 1. beschriebenen Umständen auch dann gegen § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999, wenn der nationale Gesetzgeber mit dem in einer nationalen Bestimmung wie derjenigen des § 21 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz(BEEG) geregelten, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigenden Sachgrund der Vertretung jedenfalls auch das sozialpolitische Ziel verfolgt, Arbeitgebern die Bewilligung sowie Arbeitnehmern die Inanspruchnahme von Sonderurlaub, etwa aus Gründen des Mutterschutzes oder der Erziehung, zu erleichtern?

8

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) erkannt:

        

„Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass die Anknüpfung an einen vorübergehenden Bedarf an Vertretungskräften in nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden grundsätzlich einen sachlichen Grund im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann. Aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber gezwungen sein mag, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen, und dass diese Vertretungen auch durch die Einstellung von Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen gedeckt werden könnten, folgt weder, dass kein sachlicher Grund im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der genannten Rahmenvereinbarung gegeben ist, noch das Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne dieser Bestimmung. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse durch einen solchen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, müssen die Behörden der Mitgliedstaaten jedoch im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten alle Umstände des Falles einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder -verhältnisse berücksichtigen.“

9

Die Parteien halten auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs an ihren Anträgen fest.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann noch nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung des letzten am 12. Dezember 2006 zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags wirksam ist. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass für diese Befristung der Sachgrund der Vertretung vorlag. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung der Vorabentscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend spricht die elf Jahre übersteigende Gesamtdauer der insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträge dafür, dass der bei der letzten Befristungsabrede vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde. Die Sache war gleichwohl nicht abschließend entscheidungsreif, sondern an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

11

A. Gegenstand der vorliegenden am 18. Januar 2008 rechtzeitig innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG erhobenen Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien am 12. Dezember 2006 zum 31. Dezember 2007 getroffene Befristungsabrede.

12

I. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07  - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand ( § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

13

II. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

14

B. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Nicht abschließend beurteilen lässt sich dagegen, ob die Befristung der darüber hinaus gebotenen Missbrauchkontrolle standhält.

15

I. Die streitbefangene Befristung war an sich durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der Senat hält insoweit auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest. Entscheidend ist danach ausschließlich, ob zum Zeitpunkt der streitbefangenen Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Darauf, ob ein ständiger Vertretungsbedarf bestand, den der Arbeitgeber ebenso durch eine Personalreserve von unbefristet eingestellten Arbeitnehmern abdecken könnte, kommt es für die Beurteilung des Vorliegens des Sachgrunds der Vertretung nicht an. Auch sind weder an den sachlichen Grund mit zunehmender Anzahl der aufeinanderfolgenden befristeten Verträge „gesteigerte Anforderungen“ zu stellen noch ändert sich der Prüfungsmaßstab bei der vom Arbeitgeber in Fällen der Vertretungsbefristung anzustellenden Prognose.

16

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

17

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

18

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

19

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer der „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

20

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

21

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

22

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

23

2. Der Senat hält auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Vorabentscheidung veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

24

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Die Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

25

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

26

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

27

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

28

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

29

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80 ). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

30

c) Die Vorabentscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren von der deutschen Bundesregierung vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Vorabentscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten B II).

31

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Die im Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2006 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin erfolgte zur Vertretung der Justizangestellten K.

32

a) Das beklagte Land hat die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin der abwesenden Mitarbeiterin K erkennbar gedanklich zugeordnet. Dies ergibt sich aus § 1 des Arbeitsvertrags vom 12. Dezember 2006 sowie aus der Unterrichtung des Personalrats vom 29. November 2006. Danach wurde die Klägerin „zur Vertretung der Mitarbeiterin K, die in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 Sonderurlaub erhalten hat“, befristet weiterbeschäftigt.

33

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land hätte die Aufgaben der Klägerin als Servicekraft in der Geschäftsstelle der beurlaubten Justizangestellten K im Falle ihrer Anwesenheit rechtlich und tatsächlich übertragen können, wenn sie im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Vertrags mit der Klägerin in den Dienst zurückgekehrt wäre.

34

aa) Das beklagte Land wäre zu einer solchen Aufgabenübertragung rechtlich befugt gewesen. Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich verpflichtet, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die dem Merkmal seiner Vergütungsgruppe entspricht, wenn ihm dies billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01  - zu II 2 d aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25). Nach dem mit Frau K geschlossenen Arbeitsvertrag bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Die Befugnis des beklagten Landes, Frau K im Wege des Direktionsrechts andere Aufgaben als die von ihr bisher in der Haftabteilung ausgeübten zu übertragen, folgt damit aus § 4 Abs. 1 TV-L, der die entsprechende Vorschrift in § 12 Abs. 1 BAT ersetzt hat.

35

bb) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hätte das beklagte Land Frau K die Aufgaben der Klägerin auch tatsächlich zuweisen können. Nach den erstinstanzlichen, vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen und nicht mit Revisionsrügen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO angegriffenen Feststellungen bestand zwischen beiden Arbeitnehmerinnen eine „fachliche Austauschbarkeit“. Frau K hätte danach die der Klägerin übertragenen Aufgaben aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeit ausüben können. Dem steht nicht entgegen, dass sie vor ihrer Elternzeit als Schreibkraft in der Haftabteilung gearbeitet hat und erst nach einer - auch längeren - Einarbeitungsphase, die alle ehemaligen Schreibkräfte absolvieren mussten, als Servicekraft mit der Wahrnehmung höherwertiger Geschäftsstellenaufgaben eingesetzt werden könnte. Rechtlich unerheblich ist insoweit, dass das beklagte Land der Justizangestellten K nach deren Rückkehr nicht den Arbeitsplatz der Klägerin übertragen, sondern sie auf ihren Wunsch hin wieder in der Haftabteilung eingesetzt hat. Maßgeblich sind die Voraussetzungen bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags. Es steht der Kausalität der Vertretungsbefristung folglich auch nicht entgegen, dass Frau K ihre Arbeitszeit anschließend auf 75 vH einer Vollzeitkraft reduziert hat.

36

II. Trotz des vom Landesarbeitsgericht hiernach zu Recht angenommenen Sachgrunds der Vertretung stellt sich das angefochtene Urteil auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen und Erwägungen nicht als zutreffend dar. Das Landesarbeitsgericht hat es - wenngleich nach der bisherigen Senatsrechtsprechung konsequent - zu Unrecht unterlassen, die jedenfalls aus Gründen des Unionsrechts gebotene, nach deutschem Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende umfassende Missbrauchskontrolle durchzuführen. Im vorliegenden Streitfall sprechen Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Arbeitsverträge dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Der Senat konnte der Klage dennoch nicht stattgeben. Der Rechtsstreit war vielmehr an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

37

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO, unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn. 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168 ).

38

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

39

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00 - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

40

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

41

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

42

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie insbesondere die Missbrauchsprüfung durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

43

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls im Streitfall bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert ist, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 783/10 - bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten und vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen.

44

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat in der Vorabentscheidung die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

45

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

46

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

47

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

48

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch - sei es alternativ, sei es kumulativ - mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

49

4. Das Landesarbeitsgericht hat die im Streitfall gebotene umfassende Missbrauchskontrolle bisher nicht vorgenommen. Die Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen sprechen vorliegend dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen wurden hierdurch in besonders gravierendem Ausmaß überschritten. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass die Klägerin in allen befristeten Vertragsverhältnissen stets dieselben Aufgaben zu verrichten hatte und ersichtlich beim Amtsgericht Köln ein ständiger Vertretungsbedarf hinsichtlich der von der Klägerin verrichteten Tätigkeit besteht. Trotz des hiernach im Streitfall indizierten Rechtsmissbrauchs und der damit indizierten Unwirksamkeit der streitbefangenen Befristungsabrede konnte der Senat der Klage nicht abschließend stattgeben. Das beklagte Land hat aufgrund der bisherigen Rechtsprechung keine Veranlassung gehabt, trotz Vorliegens eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds in tatsächlicher Hinsicht zur Frage eines möglichen Rechtsmissbrauchs vorzutragen. Ihm muss daher Gelegenheit gegeben werden, nach einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgerichts in tatsächlicher Hinsicht noch zur Frage des Rechtsmissbrauchs Stellung zu nehmen und ggf. besondere Umstände vorzutragen, die den nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen an sich indizierten Missbrauch auszuräumen geeignet sind.

50

III. Die Sache ist auch nicht aus anderen Gründen im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO entscheidungsreif. Insbesondere kann der Klage nicht etwa mit der Begründung entsprochen werden, die Befristungsabrede sei wegen fehlender Zustimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 LPVG NW unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

51

1. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW in der vom 1. Januar 2004 bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung (aF) hatte der Personalrat bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mitzubestimmen. Unterliegt eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats, hat der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW). Der Personalrat kann verlangen, dass der Leiter der Dienststelle die beabsichtigte Maßnahme begründet (§ 66 Abs. 2 Satz 2 LPVG NW). Beabsichtigt der Personalrat, der Maßnahme nicht zuzustimmen, hat er dies innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Aufforderung dem Leiter der Dienststelle mitzuteilen. In diesem Fall ist die beabsichtigte Maßnahme mit dem Ziel der Verständigung zwischen dem Leiter der Dienststelle und dem Personalrat zu erörtern (§ 66 Abs. 2 Satz 3 LPVG NW aF). Der Beschluss des Personalrats über die beantragte Zustimmung ist nach § 66 Abs. 3 Satz 1 LPVG NW aF dem Leiter der Dienststelle - sofern eine Erörterung stattfindet - innerhalb von zwei Wochen nach dem Tag der Erörterung mitzuteilen(BAG 10. März 2004 - 7 AZR 397/03 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 257). Der Arbeitgeber genügt nach der Rechtsprechung des Senats seiner Unterrichtungspflicht, wenn für den Personalrat der Sachgrund für die Befristung seiner Art nach hinreichend deutlich wird. Der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts erfordert keine weitergehende unaufgeforderte Begründung des Sachgrunds durch den Arbeitgeber. Er ist durch die typologisierende Bezeichnung des Befristungsgrunds auf diesen festgelegt. Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen Sachgrund austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat (BAG 10. März 2004 - 7 AZR 397/03 - zu IV 2 der Gründe mwN, aaO).

52

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Personalrat wurde durch das Schreiben des Dienststellenleiters vom 29. November 2006 ordnungsgemäß über die beabsichtigte Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin unterrichtet und um seine Zustimmung gebeten. Das beklagte Land hat den Sachgrund der Vertretung unter Angabe der vertretenen Mitarbeiterin K typisierend bezeichnet und die Befristungsdauer mitgeteilt. Der Personalrat hat keine weiteren Informationen verlangt, sondern der Maßnahme am 30. November 2006 zugestimmt.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

8

I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

9

1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

10

2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

11

II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

12

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

13

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

14

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

15

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

16

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

17

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

18

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

19

2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

20

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

21

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

22

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

23

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

24

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

25

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

27

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Mai 2009 - 4 Sa 877/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Klägerin war beim beklagten Land als Justizangestellte in der Zeit vom 2. Juli 1996 bis zum 31. Dezember 2007 aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Zuvor hatte sie am Amtsgerichts Köln vom 1. September 1994 bis zum 2. Juli 1996 eine Ausbildung absolviert. Dort wurde sie anschließend durchgehend als Justizangestellte im Geschäftsstellenbereich der Zivilprozessabteilung eingesetzt. Die Befristungen dienten mit einer Ausnahme der Vertretung vorübergehend beurlaubter Justizangestellter.

3

Nach § 1 des letzten zwischen den Parteien am 12. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 geschlossenen Arbeitsvertrags wurde die Klägerin „zur Vertretung der Mitarbeiterin K, die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Sonderurlaub erhalten hat“, befristet weiterbeschäftigt. Frau K, die seit 1980 beim Amtsgericht Köln als Vollzeitkraft angestellt ist, nahm nach der Geburt ihrer beiden Kinder ab 1995 Erziehungsurlaub in Anspruch; anschließend bewilligte ihr das beklagte Land nach Maßgabe der einschlägigen tariflichen Bestimmungen Sonderurlaub ohne Bezüge, zunächst bis zum 31. Dezember 2002, sodann jeweils jährlich, zuletzt bis zum 31. Dezember 2007. Nach dem mit Frau K geschlossenen Arbeitsvertrag bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Der Präsident des Amtsgerichts Köln unterrichtete den Personalrat unter dem 29. November 2006 über die mit der Klägerin bis zum 31. Dezember 2007 beabsichtigte befristete Vertragsverlängerung und gab als Grund die Vertretung der Mitarbeiterin K an. Der Personalrat verlangte keine weiteren Informationen und stimmte am 30. November 2006 der beabsichtigten Maßnahme zu. Nach ihrem Sonderurlaub wurde Frau K ab dem 1. Januar 2008 mit 75 vH einer Vollzeitstelle in der Haftabteilung des Amtsgerichts eingesetzt.

4

Die Klägerin hat mit der Befristungskontrollklage vom 18. Januar 2008 die Auffassung vertreten, die zum 31. Dezember 2007 vereinbarte Befristung sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Bei insgesamt 13 befristeten, sich über einen Zeitraum von über elf Jahren jeweils unmittelbar aneinander anschließenden Arbeitsverträgen könne nicht mehr von einem Vertretungsfall im Sinne dieser Vorschrift ausgegangen werden. Eine Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts, nach der eine derartige „Kettenbefristung“ als wirksam erachtet werde, befinde sich nicht mehr im Einklang mit § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Die Befristung sei außerdem wegen Verstoßes gegen das LPVG NW unwirksam.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung im Vertrag vom 12. Dezember 2006 am 31. Dezember 2007 beendet worden ist.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die letzte Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Dem stehe ein etwa beim Amtsgericht Köln vorhandener dauerhafter Vertretungsbedarf nicht entgegen. Jeder Vertretungsfall müsse befristungsrechtlich isoliert beurteilt werden. Selbst wenn ein Vertretungsbedarf immer wieder auftrete, müssten größere Unternehmen oder Dienststellen keine ständige Personalreserve bilden. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Vorabentscheidung vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) die nationalen Gerichte nach § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung zu der Missbrauchskontrolle auch einer Sachgrundbefristung anhalte, habe die Klägerin keine besonderen Umstände für die Annahme eines dem beklagten Land anzulastenden Rechtsmissbrauchs vorgetragen. Allein die Anzahl und Dauer der Befristungen reiche dafür so wenig aus wie die persönliche und familiäre Situation der Klägerin.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Befristungskontrollklage weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision. Der Senat hat den Gerichtshof mit Beschluss vom 17. November 2010 (- 7 AZR 443/09 (A) - BAGE 136, 168) um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union(AEUV) über folgende Fragen ersucht:

        

1.    

Verstößt es gegen § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999, eine nationale Bestimmung, die wie § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz(TzBfG) vorsieht, dass ein sachlicher Grund zur wiederholten Befristung eines Arbeitsvertrags vorliegt, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, dahin auszulegen und anzuwenden, dass der sachliche Grund auch im Falle eines ständigen Vertretungsbedarfs gegeben ist, obwohl der Vertretungsbedarf auch gedeckt werden könnte, wenn der betreffende Arbeitnehmer unbefristet eingestellt und ihm die jeweilige Vertretung eines der regelmäßig ausfallenden Arbeitnehmer übertragen würde, der Arbeitgeber sich aber vorbehält, jeweils neu zu entscheiden, wie er auf den konkreten Ausfall von Arbeitnehmern reagiert?

        

2.    

Falls der Gerichtshof die Frage zu 1. bejaht:

                 

Verstößt die in der Frage zu 1. beschriebene Auslegung und Anwendung einer nationalen Bestimmung wie derjenigen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG unter den in der Frage zu 1. beschriebenen Umständen auch dann gegen § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999, wenn der nationale Gesetzgeber mit dem in einer nationalen Bestimmung wie derjenigen des § 21 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz(BEEG) geregelten, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigenden Sachgrund der Vertretung jedenfalls auch das sozialpolitische Ziel verfolgt, Arbeitgebern die Bewilligung sowie Arbeitnehmern die Inanspruchnahme von Sonderurlaub, etwa aus Gründen des Mutterschutzes oder der Erziehung, zu erleichtern?

8

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) erkannt:

        

„Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass die Anknüpfung an einen vorübergehenden Bedarf an Vertretungskräften in nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden grundsätzlich einen sachlichen Grund im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann. Aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber gezwungen sein mag, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen, und dass diese Vertretungen auch durch die Einstellung von Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen gedeckt werden könnten, folgt weder, dass kein sachlicher Grund im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der genannten Rahmenvereinbarung gegeben ist, noch das Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne dieser Bestimmung. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse durch einen solchen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, müssen die Behörden der Mitgliedstaaten jedoch im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten alle Umstände des Falles einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder -verhältnisse berücksichtigen.“

9

Die Parteien halten auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs an ihren Anträgen fest.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann noch nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung des letzten am 12. Dezember 2006 zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags wirksam ist. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass für diese Befristung der Sachgrund der Vertretung vorlag. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung der Vorabentscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend spricht die elf Jahre übersteigende Gesamtdauer der insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträge dafür, dass der bei der letzten Befristungsabrede vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde. Die Sache war gleichwohl nicht abschließend entscheidungsreif, sondern an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

11

A. Gegenstand der vorliegenden am 18. Januar 2008 rechtzeitig innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG erhobenen Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien am 12. Dezember 2006 zum 31. Dezember 2007 getroffene Befristungsabrede.

12

I. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07  - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand ( § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

13

II. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

14

B. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Nicht abschließend beurteilen lässt sich dagegen, ob die Befristung der darüber hinaus gebotenen Missbrauchkontrolle standhält.

15

I. Die streitbefangene Befristung war an sich durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der Senat hält insoweit auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest. Entscheidend ist danach ausschließlich, ob zum Zeitpunkt der streitbefangenen Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Darauf, ob ein ständiger Vertretungsbedarf bestand, den der Arbeitgeber ebenso durch eine Personalreserve von unbefristet eingestellten Arbeitnehmern abdecken könnte, kommt es für die Beurteilung des Vorliegens des Sachgrunds der Vertretung nicht an. Auch sind weder an den sachlichen Grund mit zunehmender Anzahl der aufeinanderfolgenden befristeten Verträge „gesteigerte Anforderungen“ zu stellen noch ändert sich der Prüfungsmaßstab bei der vom Arbeitgeber in Fällen der Vertretungsbefristung anzustellenden Prognose.

16

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

17

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

18

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

19

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer der „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

20

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

21

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

22

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

23

2. Der Senat hält auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Vorabentscheidung veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

24

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Die Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

25

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

26

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

27

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

28

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

29

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80 ). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

30

c) Die Vorabentscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren von der deutschen Bundesregierung vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Vorabentscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten B II).

31

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Die im Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2006 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin erfolgte zur Vertretung der Justizangestellten K.

32

a) Das beklagte Land hat die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin der abwesenden Mitarbeiterin K erkennbar gedanklich zugeordnet. Dies ergibt sich aus § 1 des Arbeitsvertrags vom 12. Dezember 2006 sowie aus der Unterrichtung des Personalrats vom 29. November 2006. Danach wurde die Klägerin „zur Vertretung der Mitarbeiterin K, die in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 Sonderurlaub erhalten hat“, befristet weiterbeschäftigt.

33

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land hätte die Aufgaben der Klägerin als Servicekraft in der Geschäftsstelle der beurlaubten Justizangestellten K im Falle ihrer Anwesenheit rechtlich und tatsächlich übertragen können, wenn sie im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Vertrags mit der Klägerin in den Dienst zurückgekehrt wäre.

34

aa) Das beklagte Land wäre zu einer solchen Aufgabenübertragung rechtlich befugt gewesen. Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich verpflichtet, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die dem Merkmal seiner Vergütungsgruppe entspricht, wenn ihm dies billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01  - zu II 2 d aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25). Nach dem mit Frau K geschlossenen Arbeitsvertrag bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Die Befugnis des beklagten Landes, Frau K im Wege des Direktionsrechts andere Aufgaben als die von ihr bisher in der Haftabteilung ausgeübten zu übertragen, folgt damit aus § 4 Abs. 1 TV-L, der die entsprechende Vorschrift in § 12 Abs. 1 BAT ersetzt hat.

35

bb) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hätte das beklagte Land Frau K die Aufgaben der Klägerin auch tatsächlich zuweisen können. Nach den erstinstanzlichen, vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen und nicht mit Revisionsrügen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO angegriffenen Feststellungen bestand zwischen beiden Arbeitnehmerinnen eine „fachliche Austauschbarkeit“. Frau K hätte danach die der Klägerin übertragenen Aufgaben aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeit ausüben können. Dem steht nicht entgegen, dass sie vor ihrer Elternzeit als Schreibkraft in der Haftabteilung gearbeitet hat und erst nach einer - auch längeren - Einarbeitungsphase, die alle ehemaligen Schreibkräfte absolvieren mussten, als Servicekraft mit der Wahrnehmung höherwertiger Geschäftsstellenaufgaben eingesetzt werden könnte. Rechtlich unerheblich ist insoweit, dass das beklagte Land der Justizangestellten K nach deren Rückkehr nicht den Arbeitsplatz der Klägerin übertragen, sondern sie auf ihren Wunsch hin wieder in der Haftabteilung eingesetzt hat. Maßgeblich sind die Voraussetzungen bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags. Es steht der Kausalität der Vertretungsbefristung folglich auch nicht entgegen, dass Frau K ihre Arbeitszeit anschließend auf 75 vH einer Vollzeitkraft reduziert hat.

36

II. Trotz des vom Landesarbeitsgericht hiernach zu Recht angenommenen Sachgrunds der Vertretung stellt sich das angefochtene Urteil auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen und Erwägungen nicht als zutreffend dar. Das Landesarbeitsgericht hat es - wenngleich nach der bisherigen Senatsrechtsprechung konsequent - zu Unrecht unterlassen, die jedenfalls aus Gründen des Unionsrechts gebotene, nach deutschem Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende umfassende Missbrauchskontrolle durchzuführen. Im vorliegenden Streitfall sprechen Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Arbeitsverträge dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Der Senat konnte der Klage dennoch nicht stattgeben. Der Rechtsstreit war vielmehr an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

37

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO, unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn. 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168 ).

38

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

39

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00 - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

40

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

41

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

42

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie insbesondere die Missbrauchsprüfung durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

43

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls im Streitfall bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert ist, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 783/10 - bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten und vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen.

44

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat in der Vorabentscheidung die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

45

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

46

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

47

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

48

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch - sei es alternativ, sei es kumulativ - mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

49

4. Das Landesarbeitsgericht hat die im Streitfall gebotene umfassende Missbrauchskontrolle bisher nicht vorgenommen. Die Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen sprechen vorliegend dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen wurden hierdurch in besonders gravierendem Ausmaß überschritten. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass die Klägerin in allen befristeten Vertragsverhältnissen stets dieselben Aufgaben zu verrichten hatte und ersichtlich beim Amtsgericht Köln ein ständiger Vertretungsbedarf hinsichtlich der von der Klägerin verrichteten Tätigkeit besteht. Trotz des hiernach im Streitfall indizierten Rechtsmissbrauchs und der damit indizierten Unwirksamkeit der streitbefangenen Befristungsabrede konnte der Senat der Klage nicht abschließend stattgeben. Das beklagte Land hat aufgrund der bisherigen Rechtsprechung keine Veranlassung gehabt, trotz Vorliegens eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds in tatsächlicher Hinsicht zur Frage eines möglichen Rechtsmissbrauchs vorzutragen. Ihm muss daher Gelegenheit gegeben werden, nach einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgerichts in tatsächlicher Hinsicht noch zur Frage des Rechtsmissbrauchs Stellung zu nehmen und ggf. besondere Umstände vorzutragen, die den nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen an sich indizierten Missbrauch auszuräumen geeignet sind.

50

III. Die Sache ist auch nicht aus anderen Gründen im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO entscheidungsreif. Insbesondere kann der Klage nicht etwa mit der Begründung entsprochen werden, die Befristungsabrede sei wegen fehlender Zustimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 LPVG NW unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

51

1. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW in der vom 1. Januar 2004 bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung (aF) hatte der Personalrat bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mitzubestimmen. Unterliegt eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats, hat der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW). Der Personalrat kann verlangen, dass der Leiter der Dienststelle die beabsichtigte Maßnahme begründet (§ 66 Abs. 2 Satz 2 LPVG NW). Beabsichtigt der Personalrat, der Maßnahme nicht zuzustimmen, hat er dies innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Aufforderung dem Leiter der Dienststelle mitzuteilen. In diesem Fall ist die beabsichtigte Maßnahme mit dem Ziel der Verständigung zwischen dem Leiter der Dienststelle und dem Personalrat zu erörtern (§ 66 Abs. 2 Satz 3 LPVG NW aF). Der Beschluss des Personalrats über die beantragte Zustimmung ist nach § 66 Abs. 3 Satz 1 LPVG NW aF dem Leiter der Dienststelle - sofern eine Erörterung stattfindet - innerhalb von zwei Wochen nach dem Tag der Erörterung mitzuteilen(BAG 10. März 2004 - 7 AZR 397/03 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 257). Der Arbeitgeber genügt nach der Rechtsprechung des Senats seiner Unterrichtungspflicht, wenn für den Personalrat der Sachgrund für die Befristung seiner Art nach hinreichend deutlich wird. Der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts erfordert keine weitergehende unaufgeforderte Begründung des Sachgrunds durch den Arbeitgeber. Er ist durch die typologisierende Bezeichnung des Befristungsgrunds auf diesen festgelegt. Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen Sachgrund austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat (BAG 10. März 2004 - 7 AZR 397/03 - zu IV 2 der Gründe mwN, aaO).

52

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Personalrat wurde durch das Schreiben des Dienststellenleiters vom 29. November 2006 ordnungsgemäß über die beabsichtigte Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin unterrichtet und um seine Zustimmung gebeten. Das beklagte Land hat den Sachgrund der Vertretung unter Angabe der vertretenen Mitarbeiterin K typisierend bezeichnet und die Befristungsdauer mitgeteilt. Der Personalrat hat keine weiteren Informationen verlangt, sondern der Maßnahme am 30. November 2006 zugestimmt.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

8

I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

9

1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

10

2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

11

II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

12

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

13

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

14

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

15

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

16

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

17

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

18

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

19

2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

20

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

21

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

22

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

23

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

24

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

25

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

27

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. April 2011 - 16 Sa 452/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres letzten Arbeitsvertrages.

2

Der Kläger wurde an der M (M) in Hannover eingesetzt. An dieser Schule sind ca. 100 Lehrkräfte beschäftigt. Sie wurde durch das beklagte Land zum 1. August 2001 gegründet und vereint in gemeinsamen Räumlichkeiten mehrere Schulformen, nämlich Berufsschule, Berufsfachschule, Fachoberschule und Fachschule. Der Einrichtung sind durch Runderlass des beklagten Landes vom 19. Januar und 22. Juni 2004 umfangreiche Personalbefugnisse, auch das Recht zur Begründung von Beamten- und Arbeitsverhältnissen übertragen. Ihr ist ein Budget zur Eigenverwaltung zugewiesen.

3

Der Kläger war bei dem beklagten Land vom 1. Februar 2007 bis zum 24. Juni 2009 aufgrund von insgesamt drei jeweils befristeten Arbeitsverträgen eingesetzt. Der letzte Arbeitsvertrag wurde am 3. Juli 2008 für die Dauer vom 1. August 2008 bis zum 24. Juni 2009 geschlossen. Er sah eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 12 Unterrichtsstunden vor. In dem Vertrag heißt es ua.:

        

„Befristet nach § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) - § 21 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der jeweiligen Fassung zur Vertretung von Frau B.“

4

Der Kläger unterrichtete die Fächer „Politik“ sowie „Werte und Normen“. Zum Einsatz im Fach „Werte und Normen“ kam es, weil die M vom Kultusministerium angehalten wurden, entgegen der vorangegangenen Übung mehr Religionsunterricht anzubieten. Damit war auch die Notwendigkeit einer Unterrichtung im Fach „Werte und Normen“ verbunden, weil nach den schulrechtlichen Vorgaben Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, verpflichtet sind, in entsprechendem Umfang Unterricht im Fach „Werte und Normen“ zu nehmen.

5

Die im Arbeitsvertrag des Klägers genannte Frau B hatte am 5. Mai 2008 für die Zeit vom 14. Juni 2008 bis zum 31. Juli 2010 einen Antrag auf Elternzeit gestellt. Vor Beginn der Elternzeit war sie vollzeitlich mit 24,5 Unterrichtsstunden/Woche an den M tätig. Sie unterrichtete zuletzt die Fächer Informatik und Wirtschaft.

6

Ebenfalls über die Vertretung von Frau B verhielt sich der am 18. September 2008 zwischen dem beklagten Land, vertreten durch die M, mit Frau Dr. R abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. November 2008 bis 31. Juli 2009. Frau Dr. R wurde mit 24,5 Unterrichtsstunden wöchentlich eingestellt. Als Befristungsgrund wurde die Vertretung von „Frau B / Frau H“ im Arbeitsvertrag genannt. Frau H war vom 1. November 2007 bis zum 31. Juli 2009 in Elternzeit. Vorher deckte sie ein Unterrichtsvolumen von wöchentlich 17,0 Unterrichtsstunden ab.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land könne sich zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf den Sachgrund der Vertretung berufen. Ein Fall der mittelbaren Vertretung in Gestalt der so genannten gedanklichen Zuordnung liege nicht vor. Das beklagte Land habe Frau B aufgrund ihrer Fächerkombination nicht die vom Kläger unterrichteten Fächer zuweisen können. Auch ein Fall des Gesamtvertretungsbedarfs sei nicht gegeben. Gegen diese Rechtsfigur bestünden zudem unionsrechtliche Bedenken. Das beklagte Land decke in Wirklichkeit einen Dauerbedarf ab.

8

Mit seiner am 15. Mai 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land „über den 24. Juni 2009 hinaus unbefristet fortbesteht“. In zweiter Instanz hat er zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 3. Juli 2008 zum Ablauf des 24. Juni 2009 beendet ist.

9

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Es hält die Befristung für sachlich gerechtfertigt. Das Unterrichtsfach „Werte und Normen“ bedürfe keiner besonderen Unterrichtsbefähigung. Es könne von allen ausgebildeten Lehrkräften unterrichtet werden. Hierauf komme es im Übrigen nicht an, weil die Befristung aufgrund eines Gesamtvertretungsbedarfs gerechtfertigt sei.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Das beklagte Land begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte die Klage nicht abgewiesen werden dürfen. Der Rechtsstreit ist auch nicht aus anderen Gründen zur Entscheidung reif.

13

I. Die Befristung erweist sich nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam. Die Klage ist auch in ihrer Formulierung in der ersten Instanz als punktuelle Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG auszulegen, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land nicht infolge der am 3. Juli 2008 vereinbarten Befristung zum 24. Juni 2009 geendet hat. Das ergibt sich aus der Auslegung des Klageantrages unter Hinzuziehung der Klagebegründung. Die gesamte Klagebegründung wandte sich allein gegen die Wirksamkeit der letzten Befristung. Deren Überprüfung hat der Kläger damit zum alleinigen Streitgegenstand gemacht. Damit ist auch die dreiwöchige Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG hinsichtlich dieser Befristung eingehalten; eine Befristungskontrollklage kann bei einer Zeitbefristung auch vor dem vereinbarten Befristungsende erhoben werden (vgl. nur BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8).

14

II. Das Landesarbeitsgericht hätte mit der von ihm gegebenen Begründung die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht bestätigen dürfen. Zu Unrecht hat es die Frage, ob Frau B statt des Klägers der vom Kläger erteilte Unterricht in den Fächern „Politik“ sowie „Werte und Normen“ hätte übertragen werden können, als unerheblich behandelt. Entgegen der angegriffenen Entscheidung kann bei der Prüfung des Sachgrundes der Vertretung in der Form der gedanklichen Zuordnung nicht darauf verzichtet werden, zu prüfen, ob ein Einsatz des Vertretenen dort, wo der Vertreter eingesetzt wurde, möglich ist.

15

1. Nach § 21 Abs. 1 BEEG, § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrundes ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 19 mwN, BAGE 136, 17).

16

2. Es muss sich deshalb aus den Umständen bei Vertragsschluss ergeben, dass der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an den Kausalzusammenhang und seine Darlegung durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 17).

17

a) Geht es um eine unmittelbare Vertretung, hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 21 mwN, BAGE 136, 17).

18

b) Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Auch ohne dass eine Vertretungskette vorliegt, kann die Kausalität bei der mittelbaren Vertretung auch dann bestehen, wenn der Arbeitgeber - was ihm auch im Vertretungsfalle unbenommen ist - die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu verteilt. Er hat dann zunächst die bisher dem vertretenen Mitarbeiter übertragenen Aufgaben darzustellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere Mitarbeiter zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 22 mwN, BAGE 136, 17).

19

c) Die erforderliche Kausalität kann sich aber auch daraus ergeben, dass der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Mitarbeiter im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. Zur Gewährleistung des Kausalzusammenhanges zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Nur so ist gewährleistet, dass die Einstellung tatsächlich auf der Abwesenheit des zu vertretenen Mitarbeiters beruht und nicht etwa auf die Abwesenheit eines Mitarbeiters, die Vertretung durch eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer gestützt wird (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73). Die gedankliche Zuordnung kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 136, 17).

20

d) Unionsrechtliche Gründe stehen der weiteren Anwendung dieser Grundsätze nicht entgegen. Die Abdeckung eines Vertretungsbedarfs durch den Abschluss befristeter Arbeitsverträge ist - selbst wenn sich aufgrund der Größe des arbeitgeberseitigen Betriebes oder der Dienststelle ständig ein Vertretungsbedarf ergibt - grundsätzlich nicht missbräuchlich iSd. § 5 RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Es ist lediglich zu prüfen, ob im Einzelfall ein institutioneller Rechtsmissbrauch vorliegt (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - DB 2012, 2813 und - 7 AZR 783/10 - DB 2012, 2634).

21

3. Im Streitfall liegt keine unmittelbare Vertretung vor. Das beklagte Land hat auch keine Vertretungskette dargelegt. Ebenso wenig hat das beklagte Land konkrete Umorganisationsmaßnahmen vorgetragen. Allerdings ist im streitbefangenen Arbeitsvertrag als Befristungsgrund die Vertretung von Frau B angegeben. Unter diesem Gesichtspunkt kommt grundsätzlich der Sachgrund der Vertretung von Frau B in Form der gedanklichen Zuordnung in Betracht.

22

a) Dem steht nicht entgegen, dass Frau B nicht nur durch den Kläger sondern auch durch Frau Dr. R vertreten wurde und im Arbeitsvertrag von Frau Dr. R nicht genau angegeben wurde, mit welcher Stundenzahl Frau Dr. R Frau B vertreten sollte. Aus dem Arbeitsvertrag von Frau Dr. R ergibt sich nämlich, dass diese auch zur Vertretung von Frau H eingestellt wurde. Es ist deshalb ausreichend, dass das Gesamtstundenvolumen des Klägers und von Frau Dr. R - 36,5 Unterrichtsstunden - hinter dem ausgefallenen Stundenvolumen von Frau B und Frau H - 41,5 ausfallende Unterrichtsstunden - zurückbleibt.

23

b) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger mit dem Fach „Werte und Normen“ Unterricht in einem Fach erteilte, hinsichtlich dessen sich aufgrund der verstärkten Erteilung von Religionsunterricht der Unterrichtsbedarf erhöhte und insoweit ein Dauerbedarf entstand. Der erhöhte Stundenbedarf ändert nichts daran, dass zu seiner Deckung die Unterrichtskapazität von Frau B wegen ihres Erziehungsurlaubs nicht zur Verfügung stand. Damit war weiter eine Vertretung von Frau B erforderlich.

24

c) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts setzt die Vertretung in Form der gedanklichen Zuordnung aber voraus, dass Frau B tatsächlich und rechtlich hätte für den Unterricht eingesetzt werden können, den der Kläger in den Fächern „Politik“ und „Werte und Normen“ erteilt hat. Das Landesarbeitsgericht durfte nicht auf entsprechende Feststellungen verzichten. Der Sachgrund der Vertretung setzt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG voraus, dass der Arbeitnehmer „zur“ Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Das setzt eine Kausalitätskette voraus. Würde bei der gedanklichen Zuordnung auf die Möglichkeit verzichtet werden, den vertretenen Mitarbeiter so einzusetzen, wie den befristet beschäftigten Vertreter, wäre diese Kausalität nicht mehr gegeben. Das wäre mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Eine wirksame Befristungskontrolle wäre nicht mehr gewährleistet (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 22, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73).

25

d) Der Rechtsstreit ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob das beklagte Land rechtlich und tatsächlich die vom Kläger aufgrund des befristeten Arbeitsvertrags erteilten Unterrichtsstunden im Falle ihrer Anwesenheit Frau B hätte übertragen können. Dabei wird zunächst festzustellen sein, welchen Rechtsstatus Frau B hat. Sollte sie Arbeitnehmerin sein, wäre die fiktive Personalmaßnahme - unter Berücksichtigung individueller und kollektiver Vertragsinhalte - am Maßstab des § 106 GewO zu prüfen(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73; 17. August 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 15, EzA GewO § 106 Nr. 8). Sollte sie Beamtin sein, wären beamtenrechtliche Grundsätze heranzuziehen (vgl. dazu zB BVerwG 26. Mai 2011 - 2 A 8.09 - Rn. 19, DokBer 2011, 333; 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - Rn. 25, NVwZ-RR 2008, 547). In jedem Fall wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes erfüllt sind, wonach Lehrkräfte Unterricht auch in anderen Fächern zu erteilen haben, wenn es ihnen nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zugemutet werden kann und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist. Bei der Beurteilung ist ein generalisierender Maßstab anzulegen, dh. individuelle Belange der zu vertretenden Stammkraft, die eine Umsetzung im Einzelfall gegebenenfalls als unzumutbar erscheinen lassen, sind im Rahmen der Entfristungsklage nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 23 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

26

III. Das Urteil erweist sich nach den bisherigen Feststellungen auch nicht deshalb als richtig, weil die Voraussetzungen eines Gesamtvertretungsbedarfs vorlägen.

27

1. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen, dass im Schulbereich der Sachgrund der Vertretung sich auch aus einem schuljahresbezogenen Gesamtvertretungsbedarf ergeben kann.

28

Die Rechtsprechung ging von den Entscheidungen des Senats vom 13. April 1983 (- 7 AZR 51/81 - BAGE 42, 203) und vom 3. Dezember 1986 (- 7 AZR 354/85 - BAGE 54, 10) aus. Diese Entscheidungen betrafen den Gesamtvertretungsbedarf an bayerischen Volksschulen, der auf der Ebene der Bezirksregierungen ermittelt wurde. Der Senat hat in seinen Entscheidungen zum einen angenommen, eine Ermittlung des Gesamtvertretungsbedarfs sei schuljahresbezogen möglich. Er ist zum anderen davon ausgegangen, es reiche aus, wenn insgesamt in dem Organisationsbereich, der für den Einsatz der Lehrer zuständig sei, ein Vertretungsbedarf entstehe, der ausgeglichen werde und sei es auch an einer anderen Schule. Der Senat hat dabei darauf abgestellt (13. April 1983 - 7 AZN 51/81 - zu II 4 der Gründe, aaO), dass innerhalb des Organisationsbereichs ohne weiteres Versetzungen möglich sind. Als Grenze des Gesamtvertretungsbedarfs hat er angesehen, dass nicht mehr Vertretungslehrer befristet eingestellt werden dürfen, als es insgesamt an Vertretungsbedarf gibt.

29

Diese Rechtsprechung hat der Senat dann mit seiner Entscheidung vom 20. Januar 1999 (- 7 AZR 640/97 - BAGE 90, 335; ohne inhaltliche Änderungen nehmen darauf Bezug: BAG 9. Juni 1999 - 7 AZR 35/98 - und 23. Februar 2000 - 7 AZR 555/98 - RzK I 9 c Nr. 35; lediglich erwähnt ist der Begriff in der Entscheidung BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 24, BAGE 136, 17) weiterentwickelt. Er hat als Unterschied zur unmittelbaren und zur mittelbaren Einzelvertretung herausgearbeitet, „daß innerhalb einer durch Organisationsentscheidung festgelegten Verwaltungseinheit der Vertretungsbedarf für das Lehrpersonal eines Schulbereichs bezogen auf ein Schuljahr rechnerisch ermittelt und durch befristet eingestellte Vertretungskräfte abgedeckt wird, die - von Ausnahmen abgesehen - nicht an den Schulen der zu vertretenden Lehrkräfte eingesetzt werden oder deren Fächerkombination unterrichten“ (BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Er hat deshalb im Bereich des organisatorisch zuständigen Berliner Landesschulamts „grundsätzlich eine schultypenunabhängige Ermittlung und einen Ausgleich des Vertretungsbedarfs bei Lehrkräften“ zugelassen, „soweit das Landesschulamt über uneingeschränkte Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse verfügt und im Stande ist, Personalüberhänge und Personalbedarfslagen im Schulbereich unabhängig vom jeweiligen Schultyp auszugleichen und dazu die angestellten oder verbeamteten planmäßigen Lehrer ohne Rücksicht auf deren Lehrbefähigung und Status zur Abdeckung eines vorübergehenden Personalbedarfs an allen Berliner Schulen einzusetzen“ (BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - zu II 3 der Gründe, aaO). Für unerheblich hat es der Senat dabei gehalten, „ob der Arbeitgeber bei der Auswahl von Vertretungskräften fachspezifische Bedarfslagen berücksichtigt, die nicht auf dem Ausfall von Lehrern, sondern auf einer unzureichenden Ausstattung mit planmäßigen Lehrkräften beruhen“ und dabei angenommen, dies gelte „jedenfalls dann, wenn das beklagte Land nicht daran gehindert ist, für den Unterricht in diesen Fächern vorhandene planmäßige Lehrkräfte fachfremd zu verwenden“ (BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - zu III 1 b der Gründe, aaO).

30

2. Der Senat lässt es nunmehr dahingestellt, ob an dem Rechtsinstitut der schuljahresbezogenen Gesamtvertretung festzuhalten ist, welche Modifikationen gegebenenfalls vorzunehmen sind und welche schulorganisatorischen Einheiten für die Anwendung dieses Rechtsinstituts gegebenenfalls in Betracht kämen. Jedenfalls setzt eine Gesamtvertretung eine Beurteilung des schuljahresbezogenen Gesamtvertretungsbedarfs voraus. Dazu hat das Landesarbeitsgericht im vorliegenden Fall keine Feststellungen getroffen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat ab.

31

IV. Der Rechtsstreit ist nicht zu Gunsten des Klägers entscheidungsreif. Insbesondere liegen keine Anzeichen für einen institutionellen Rechtsmissbrauch vor (vgl. dazu BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - DB 2012, 2813 und - 7 AZR 783/10 - DB 2012, 2634). Anhaltspunkte dafür sind im Streitfall bei einer Gesamtbeschäftigungsdauer von ca. zweieinhalb Jahren sowie einer Anzahl von drei Befristungen nicht gegeben.

32

V. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Gerschermann    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 26. März 2009 - 4 Sa 1/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die zwischen ihnen bestehenden (Teilzeit-)Arbeitsverhältnisse aufgrund ihrer Befristungen am 18. Juli 2008 geendet haben.

2

Der Kläger ist Lehrer. Er war beim beklagten Land auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Den ersten befristeten Arbeitsvertrag schlossen die Parteien am 11. August 2006. Nach Maßgabe dieses Arbeitsvertrags beschäftigte das beklagte Land den Kläger in der Zeit vom 21. August 2006 bis zum 31. Juli 2007 als vollbeschäftigten Angestellten mit den Aufgaben eines Realschullehrers. Am 30. Juli/7. August 2007 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008, nach welchem der Kläger „vertretungsweise für die Elternzeit der Lehrkraft W …“ „für die Aufgaben eines Grund- und Hauptschullehrers teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 25,00 Stunden wöchentlich eingestellt“ wurde. Am 18. Februar 2008 vereinbarten die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 18. Februar bis 19. März 2008. Nach diesem war der Kläger „für die Aufgaben eines Realschullehrers teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 13,5“; die Einstellung erfolgte „zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft P der Realschule im Schulzentrum in A im Rahmen der zugewiesenen Mittel zur Vermeidung von Unterrichtsausfall (Vertretungsfonds)“.

3

Am 14./19. März 2008 vereinbarten die Parteien einen „Änderungsvertrag“, nach welchem der befristete Arbeitsvertrag vom 18. Februar 2008 einvernehmlich bis zum 30. April 2008 „zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft H der Realschule im Schulzentrum in A im Rahmen der zugewiesenen Mittel zur Vermeidung von Unterrichtsausfall (Vertretungsfonds)“ verlängert wurde. Mit weiterem „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 18. Februar 2008“ vom 29. April 2008 wurde die Befristung einvernehmlich bis zum 18. Juli 2008 verlängert und für die Zeit vom 1. Mai bis 18. Juli 2008 ein Pflichtstundensoll iHv. insgesamt 10,5 Wochenstunden bestimmt. Die Verlängerung erfolgte nach der arbeitsvertraglichen Festlegung „zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft H der Realschule im Schulzentrum in A im Rahmen der zugewiesenen Mittel zur Vermeidung von Unterrichtsausfall (Vertretungsfonds)“. Das für die Realschule im Schulzentrum in A zuständige Schulamt des Kreises St teilte dem beim beklagten Land bestehenden Bezirkspersonalrat Lehrer mit einem dort am 30. April 2008 eingegangenen Schreiben die beabsichtigte befristete Verlängerung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger bis zum 18. Juli 2008 mit. Der Bezirkspersonalrat erklärte mit Schreiben vom 30. April 2008, dass gegen die beabsichtigte Personalmaßnahme keine Bedenken bestünden. Die ausgefallenen Lehrkräfte Frau P und Frau H unterrichteten an der Realschule im Schulzentrum in A Französisch. In der Zeit vom 18. Februar bis 18. Juli 2008 waren in der Schule insgesamt 28 Wochenplanstunden Französisch vorgesehen. Der Kläger deckte diesen Bedarf mit elf Wochenstunden ab; zwei andere Lehrkräfte unterrichteten in diesem Fach sieben und sechs Stunden. Weitere vier Stunden fing die Schule durch Zusammenlegung von zwei zehnten Klassen auf.

4

Daneben schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag zunächst für die Zeit vom 5. bis 19. März 2008, nach welchem der Kläger im Bereich des Schulamts S zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft Frau V als Realschullehrer „mit 10 Stunden pro Woche“ beschäftigt wurde. Diesen Vertrag verlängerten die Parteien bis zum 16. Mai 2008. Am 17. Mai 2008 vereinbarten sie einen befristeten Arbeitsvertrag, demzufolge der Kläger „ab dem 17. Mai 2008 … für die Aufgaben eines Realschullehrers teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 10 Stunden … für die Dauer der Pflichtstundenermäßigung der Lehrerin Frau V, längstens bis zum 18. Juli 2008“ eingestellt wurde. Diese letzte befristete Einstellung geht auf eine Verfügung der zuständigen Schulrätin des Kreises S vom 16. Mai 2008 zurück, in welcher ua. angegeben ist, dass dem Bezirkspersonalrat eine Kopie der Verfügung zur Information zugeleitet werden solle.

5

Das beklagte Land beschäftigte an den allgemeinbildenden öffentlichen Schulen im Schuljahr 2006/2007 ca. 23.500 Lehrkräfte in Voll- und Teilzeit. Es weist den Schulämtern Mittel aus dem Fond „Vermeidung von Unterrichtsausfall“ (sog. Vertretungsfond) zu, um damit kurzfristige Arbeitsverträge zur Vertretung abschließen zu können, die durch im Laufe des Schuljahres auftretenden Ausfall von Lehrkräften - in der Regel wegen Erkrankung - erforderlich werden. Die Beschäftigung der Vertretungskräfte erfolgt nicht auf Planstellen. Mit Stand Juli 2008 waren 1.795 Lehrerinnen und Lehrer einschließlich 358 Lehrkräfte, die den Vorbereitungsdienst noch nicht absolviert hatten, auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge im Wesentlichen zur Vertretung von wegen Mutterschutz, Elternzeit oder Erkrankung ausgefallenen Stammlehrkräften tätig.

6

Mit am 6. August 2008 beim Arbeitsgericht erhobener Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung „seines Arbeitsverhältnisses“ zum 18. Juli 2008 gewandt und mit Klageerweiterung vom 23. Oktober 2008 seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens begehrt. Er hat die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats hinsichtlich der Befristungsabreden der beiden letzten, nebeneinander bestehenden Teilzeitarbeitsverhältnisse gerügt und gemeint, das Mitbestimmungsrecht des Personalrats umfasse nach den landespersonalvertretungsrechtlichen Bestimmungen auch die Befristung. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, das beklagte Land könne sich nicht formal bei den befristeten Verträgen auf die konkret bestimmten Vertretungsfälle beziehen. Die Anzahl der Vertretungskräfte zeige, dass das Land strukturell eine zweite Lehrergruppe in Form der „Vertretungslehrer“ beschäftige. Weil der Schulbetrieb aber eine staatliche Pflichtaufgabe des Landes sei, bestehe für die Beschäftigung von Lehrern prinzipiell kein nur vorübergehender Bedarf. Im Rahmen der Personalbedarfsplanung kalkuliere das beklagte Land letztlich mit einem dauerhaften Mehrbedarf zur Vertretung.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung ab dem 17. Mai 2008 und 1. Mai 2008 durch Befristungsablauf am 18. Juli 2008 endet und

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger über den 18. Juli 2008 hinaus zu den bisherigen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristungen der beiden letzten Arbeitsverträge seien sachlich gerechtfertigt. Grundlage seien die in den Verträgen jeweils konkret benannten Vertretungsfälle, nämlich die Erkrankung der Lehrerin Frau H und die Pflichtstundenreduzierung der Lehrerin Frau V. Der Personalrat habe nach den landespersonalvertretungsrechtlichen Regelungen kein Mitbestimmungsrecht bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsvertrags und damit auch nicht bei der Befristungsabrede. Nähme man ein solches an, sei das Mitbestimmungsverfahren jedenfalls ordnungsgemäß durchgeführt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des beklagten Landes abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die streitgegenständlichen Befristungen der Arbeitsverträge rechtswirksam sind und die zwischen dem Kläger und dem beklagten Land bestehenden Arbeitsverhältnisse zum 18. Juli 2008 endeten. Die Befristungen sind sachlich gerechtfertigt. Auch sind sie nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gründen unwirksam.

11

A. Die Klage ist zulässig. Beim Klageantrag zu 1. handelt es sich der Sache nach um zwei Befristungskontrollklagen nach § 17 Satz 1 TzBfG. Der Kläger hat nicht, wie die Formulierung des Klageantrags zunächst nahe legt, zuletzt nur einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land geschlossen, sondern zwei unabhängig voneinander bestehende Arbeitsverträge, in denen jeweils eine bis zum 18. Juli 2008 befristete Teilzeitbeschäftigung vereinbart worden ist. Dass er beide Befristungen angreift, lässt sich dem bei der Auslegung des Klageantrags zu berücksichtigenden Klagevorbringen entnehmen. Der Kläger wendet sich zum einen gegen die Befristungsabrede „ab dem 17. Mai 2008“ und meint damit ersichtlich das zuletzt für die „Dauer der Pflichtstundenermäßigung der Lehrerin Frau V, längstens bis zum 18. Juli 2008“ geschlossene Arbeitsverhältnis. Daneben umfasst sein Klagebegehren die Überprüfung der Befristungsabrede „ab dem 1. Mai 2008“ und betrifft somit hinreichend bestimmt den zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft Frau H am 29. April 2008 für die Dauer bis zum 18. Juli 2008 geschlossenen Vertrag.

12

B. Der Klageantrag zu 1. ist unbegründet.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht nur die zwei jeweils letzten Befristungen in den Verträgen vom 29. April 2008 („Vertretung Frau H“) und vom 17. Mai 2008 („Vertretung Frau V“) der Befristungskontrolle unterzogen. Zum einen gelten die früheren Befristungsabreden nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, da sie der Kläger nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG gerichtlich angegriffen hat. Zum anderen entspricht es der ständigen Senatsrechtsprechung, dass die Arbeitsvertragsparteien ihr Arbeitsverhältnis durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags regelmäßig auf eine neue rechtliche Grundlage stellen wollen und damit zugleich ihr etwa unwirksam befristetes früheres Arbeitsverhältnis aufheben (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 9 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Anders verhält es sich, wenn es sich bei dem letzten Arbeitsvertrag um einen unselbständigen Annex zu dem vorherigen Arbeitsvertrag handelt, mit dem lediglich die in dem vorangegangenen Vertrag vereinbarte Vertragslaufzeit verhältnismäßig geringfügig verlängert wird und sich die Korrektur am Sachgrund für die Befristung des vorangegangenen Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der Vertragslaufzeit an später eintretende, im Zeitpunkt des Abschlusses des vorangegangenen Vertrags nicht absehbare Umstände besteht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 9 mwN, aaO). Dies war hier nicht der Fall.

14

II. Die Befristungen beider Arbeitsverhältnisse gelten nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam, denn der Kläger hat ihre Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Mit seiner am 6. August 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat er die dreiwöchige Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Die Klage genügt den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Klageerhebung gem. § 17 Satz 1 TzBfG zu stellen sind(vgl. hierzu BAG 16. April 2003 - 7 AZR 119/02 - BAGE 106, 72).

15

III. Die in dem Vertrag vom 29. April 2008 („Vertretung Frau H“) und in dem Vertrag vom 17. Mai 2008 („Vertretung Frau V“) jeweils getroffenen Befristungsabreden zum 18. Juli 2008 sind wirksam. Beide Befristungen sind durch einen sachlichen Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt.

16

1. Die Befristungen bedürfen der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund. Eine sachgrundlose Befristung der Verträge vom 29. April 2008 und vom 17. Mai 2008 jeweils zum 18. Juli 2008 nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG war gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, weil zwischen den Parteien bereits zuvor befristete Arbeitsverhältnisse bestanden hatten. Eine sachgrundlose Verlängerung eines früheren Vertrags gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG kommt nicht in Betracht. Dem stehen sowohl die zeitliche Unterbrechung vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Februar 2008 als auch die bei den jeweiligen Vertragsschlüssen vereinbarten Änderungen der Vertragsbedingungen entgegen (vgl. BAG 23. August 2006 - 7 AZR 12/06 - Rn. 11 mwN, BAGE 119, 212).

17

2. Die in den Verträgen vom 29. April 2008 und vom 17. Mai 2008 vereinbarten Befristungen sind wirksam. Sie sind jeweils nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

18

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird.

19

aa) Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend wegen Krankheit oder aus sonstigen Gründen ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrunds ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Davon kann grundsätzlich ausgegangen werden, weil in der Regel damit zu rechnen ist, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Erkrankung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht.

20

bb) Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 13, BAGE 117, 104). Nimmt der Arbeitgeber den Vertretungsfall zum Anlass für eine befristete Beschäftigung, ist auf Grund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist.

21

(1) In den Fällen der unmittelbaren Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren.

22

(2) Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu zu verteilen, so muss er zunächst die bisher dem vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darstellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere andere Arbeitnehmer zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (vgl. BAG 18. April 2007 - 7 AZR 293/06 - Rn. 14 mwN, AP LPVG NW § 72 Nr. 33).

23

(3) Der erforderliche Kausalzusammenhang kann schließlich auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist aber zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

24

b) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die in den Verträgen vom 29. April 2008 und vom 17. Mai 2008 vereinbarten Befristungen durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt sind. Auf das Rechtsinstitut des sog. schultypenübergreifenden Gesamtvertretungsbedarfs (vgl. dazu BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - BAGE 90, 335) kommt es vorliegend, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht an. Vielmehr war die befristete Einstellung des Klägers in beiden Verträgen durch den konkreten vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft veranlasst.

25

aa) Die im Vertrag vom 29. April 2008 vereinbarte Befristung ist gerechtfertigt durch den krankheitsbedingten Ausfall der Lehrkraft Frau H. Es handelt sich um einen Fall der unmittelbaren Vertretung. Das beklagte Land hat den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der erkrankten Lehrerin und der befristeten Einstellung des Klägers dargelegt. Nach den vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)war Frau H zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags arbeitsunfähig und fiel mit ihrem Zeitvolumen für den Französisch-Unterricht aus. Der Kläger deckte den dadurch entstandenen Unterrichtsbedarf von 11 Stunden im Fach Französisch an der Einsatzschule ab.

26

bb) Die im Vertrag vom 17. Mai 2008 vereinbarte Befristung ist gerechtfertigt durch die Pflichtstundenreduzierung der Lehrkraft Frau V. Nach den vom Kläger gleichfalls nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)bestand wegen der Absenkung des Pflichtstundensolls für Frau V im Bereich des Schulamtes des Kreises S ein Vertretungsbedarf, den der Kläger abdeckte. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der der Annahme eines sachlichen Grundes nicht entgegensteht, dass das beklagte Land zum Zeitraum des Vertretungsbedarfes nichts vorgetragen hat. Die vereinbarte Dauer eines befristeten Arbeitsvertrags bedarf keiner eigenen Rechtfertigung.

27

c) Entgegen der Behauptung des Klägers bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, das beklagte Land habe ihn über mehrere Jahre „innerhalb eines Regelbedarfs“ beschäftigt, weswegen die konkret vereinbarten Befristungen zur Vertretung vorgeschoben und somit rechtsmissbräuchlich seien.

28

aa) Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass der Sachgrund der Befristung nicht vorgeschoben sein darf. Bei der Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG sind unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere die der RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Befristungsrichtlinie) zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (Rahmenvereinbarung), zu beachten (vgl. BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 17 ff., EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Die in § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genannte Maßnahme besteht darin, zu verlangen, dass die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu dieser Maßnahme, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten (EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, I-03071). Aufgabe der nationalen Gerichte ist es, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen. Hierzu müssen sie insbesondere dafür sorgen, dass nationale Regelungen, welche die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs zulassen, nicht dazu genutzt werden können, einen tatsächlich ständigen und dauernden Bedarf zu decken (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07  ua. - [Angelidaki] Rn. 103, 106, aaO).

29

bb) Im vorliegenden Streitfall besteht kein Anlass, die Befristungen deshalb als missbräuchlich anzusehen, weil das beklagte Land einen in Wirklichkeit bestehenden Regelbedarf abdeckt.

30

(1) Die befristeten Einstellungen gehen auf den Bedarf wegen des zeitweiligen Ausfalls und der vorübergehenden Arbeitszeitreduzierung zweier Lehrerinnen zurück, den der Kläger abgedeckt hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass Frau V nicht nur vorübergehend ihre Pflichtstunden ermäßigte oder dass mit einer Rückkehr der erkrankten Lehrerin Frau H an ihren Arbeitsplatz nicht zu rechnen war. Dies spricht gerade gegen einen Dauerbedarf.

31

(2) Der Umstand, dass der Haushaltsplan gesonderte Mittel für Vertretungskräfte vorsieht, rechtfertigt nicht die Annahme, dass für die Beschäftigung bestimmter Vertretungskräfte ein „ständiger und dauerhafter Bedarf“ (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki] Rn. 103, Slg. 2009, I-03071) besteht. Dies käme nur dann in Betracht, wenn bei dem beklagten Land ein ständiger Vertretungsbedarf an Lehrern vorhanden wäre, den es statt durch den wiederholten Abschluss befristeter Arbeitsverträge auch durch die unbefristete Einstellung eines Lehrers abdecken könnte. Dies würde aber voraussetzen, dass der unbefristet - quasi als „Springer“ - eingestellte Lehrer nach der vom beklagten Land vorgegebenen Organisation tatsächlich fachlich, örtlich und zeitlich in der Lage wäre, jeweils eine der regelmäßig ausfallenden Stammkräfte zu vertreten. Hieran ist insbesondere zu denken, wenn in einem Betrieb oder in einer Dienststelle regelmäßig Stammkräfte mit denselben Aufgaben ausfallen, die unschwer auch von einem zusätzlich dauerhaft als Personalreserve eingestellten Arbeitnehmer wahrgenommen werden könnten. Hierfür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass das beklagte Land über die unbefristet eingestellten Lehrer hinaus ständig einen Vertretungsbedarf an Lehrkräften hat. Es ist aber nicht ersichtlich, dass dieser Vertretungsbedarf durch zusätzliche, unbefristet eingestellte Lehrer sinnvoll gedeckt werden könnte. Aufgrund der unterschiedlichen Schultypen, der mannigfachen Fächerkombinationen und der großen räumlichen Diversifizierung in einem Flächenstaat ist das „Anforderungsprofil“ an die Vertretungskraft für die jeweils konkret ausfallende Stammkraft unterschiedlich. Daher stellt es keinen Missbrauch des Sachgrundes der Vertretung dar, wenn das beklagte Land jeweils durch die befristete Einstellung einer konkret - fachlich, örtlich und zeitlich - geeigneten Lehrkraft für die Vertretung der ausfallenden Stammkraft sorgt.

32

3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, dass die Befristungen nicht wegen fehlender Zustimmungen der Personalräte unwirksam sind. Die ohne Zustimmung des Personalrats vereinbarte Befristung eines Arbeitsvertrags ist allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unwirksam, wenn sie nach dem maßgeblichen Personalvertretungsgesetz der zwingenden Mitbestimmung des Personalrats unterfällt (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 AZR 287/06 - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 17 Nr. 7 = EzA TzBfG § 14 Nr. 39). Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Der Personalrat hat nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte - Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein (MBG SH) - kein Mitbestimmungsrecht bei der Befristung von Arbeitsverträgen.

33

a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH bestimmt der Personalrat mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Im Gegensatz zum Bundespersonalvertretungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen der anderen Bundesländer enthält das MBG SH keinen - und sei es im Sinne beispielhafter Aufzählungen - Katalog mitbestimmungspflichtiger Maßnahmen. Die Vorschrift des § 51 Abs. 1 MBG SH konkretisiert vielmehr den bereits in § 2 Abs. 1 MBG SH enthaltenen Grundsatz der „Allzuständigkeit“ des Personalrats, die in Form der Mitbestimmung wahrgenommen wird. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass die Mitbestimmungsfälle nicht - wie in anderen Landespersonalvertretungsgesetzen, die einen entsprechenden Katalog enthalten - positiv festzustellen sind, sondern vielmehr im Sinne einer Negativabgrenzung geklärt werden muss, ob ein bestimmter Sachverhalt (ausnahmsweise) nicht der Mitbestimmung unterliegt. Entsprechend dem in der Begründung zum Entwurf des MBG SH wiedergegebenen Ansatz des Landesgesetzgebers ergeben sich Einschränkungen der Allzuständigkeit aus den Einzelvorschriften des Gesetzes selbst, aus dem Vorrang anderer Rechtsvorschriften, aus den im Gesetz verwendeten Tatbestandsmerkmalen, deren Definition durch eine Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen geklärt ist, und aus dem gesetzlichen Auftrag des Personalrats (Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 12/996 S. 71 [zu § 2 Abs. 1 MBG SH]).

34

b) Befristungsabreden fallen nicht unter die mitbestimmungsrechtliche Allzuständigkeit des Personalrats nach § 2 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH(ebenso für die in § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 65 Abs. 3, § 66 Abs. 3 LPVG Bremen ausgedrückte Allzuständigkeit des Personalrats [kein Mitbestimmungsrecht bei Befristung und Teilzeitbeschäftigung]: BVerwG 17. August 1989 - 6 P 11.87 - BVerwGE 82, 288; aA Kaiser in: Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 75 Rn. 29; Plander PersR 2006, 54, 56; ders. Anm. zu AP LPVG NW § 72 Nr. 9; wohl auch Raedel PersR 2000, 5, 6).

35

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut von § 2 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH, in welchen als Bezug der Mitbestimmung „Maßnahmen“ genannt sind. „Maßnahme“ meint umgangssprachlich keine Vereinbarung oder Abrede, sondern eine „Handlung, Regelung o.Ä., die etw. Bestimmtes bewirken soll“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 6). Sinnverwandte Wörter sind „Aktion, Handlung, Mittel, Schritt, Tat“ (Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl.) und deuten auf einen einseitigen Gestaltungsakt. Allerdings ist der sprachliche Gebrauch bei der Regelung der Mitbestimmungstatbestände in anderen Landespersonalvertretungsgesetzen und insbesondere in den landespersonalvertretungsrechtlichen Bestimmungen, die eine Mitbestimmung des Personalrats bei Befristungen ausdrücklich regeln bzw. geregelt haben, nicht einheitlich: So ist die Befristung aufgeführt beim Katalog der „Personalangelegenheiten(§ 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG Nordrhein-Westfalen in der bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung), der „personellen Einzelmaßnahmen(§ 78 Abs. 2 Nr. 2 LPVG Rheinland-Pfalz) oder der „personellen Angelegenheiten(§ 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Brandenburg [dort in der Überschrift aber auch „personelle Maßnahmen“]).

36

bb) Sinn und Zweck der kollektiven Beteiligung des Personalrats an Maßnahmen der Dienststelle schließen zwar - wie § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG Nordrhein-Westfalen in der bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung, § 78 Abs. 2 Nr. 2 LPVG Rheinland-Pfalz und § 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Brandenburg belegen - ein Mitbestimmungsrecht bei Befristungsabreden nicht von vornherein aus. Ohne eine eindeutige ausdrückliche Regelung sprechen sie aber nicht für ein solches Mitbestimmungsrecht. Die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen dienen vor allem der Begrenzung sowie Kontrolle von einseitig-gestaltenden Entscheidungen des Arbeitgebers im Sinne eines Rechts auf Teilhabe am verwaltungsinternen Entscheidungsverfahren (vgl. zB BVerwG 15. März 1995 - 6 P 31.93 - zu II 3 der Gründe, BVerwGE 98, 77). Auch bei personellen Einzelmaßnahmen hat die Mitbestimmung regelmäßig einen kollektiven Bezug und ist typischerweise kein Instrument zur umfassenden Vertragskontrolle (vgl. zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 35/08 - Rn. 21 mwN, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12; für den Mitbestimmungstatbestand der Einstellung nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 LPVG Sachsen-Anhalt: BVerwG 22. Oktober 2007 - 6 P 1.07 - Rn. 24 mwN, NZA-RR 2008, 223). Der Arbeitsvertrag unterliegt, soweit nicht Rechtsvorschriften oder tarifliche Regelungen seinen Inhalt unmittelbar festlegen, der Vereinbarung der Vertragsparteien. Deren Gestaltungsfreiheit soll durch Mitbestimmung nicht eingeengt werden (für den Mitbestimmungstatbestand der Einstellung nach § 87 Nr. 1 LPVG Berlin: BVerwG 15. November 1995 - 6 P 53.93 - zu II der Gründe, AP LPVG Berlin § 87 Nr. 4).

37

cc) Entstehungsgeschichte und Gesetzesbegründung des MBG SH geben keine Anhaltspunkte für eine entgegenstehende Sichtweise.

38

(1) Im Gegensatz zu der mit dem MBG SH vom 11. Dezember 1990 (GVOBl. Schl.-H. S. 577) eingeführten Allzuständigkeit enthielt das am 1. Februar 1974 in Kraft getretene und vormals geltende Personalvertretungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Neufassung vom 22. Februar 1982 GVOBl. Schl.-H. S. 41) einen Beteiligungskatalog für den Personalrat. Hinter diesem wollte der Landesgesetzgeber offensichtlich nicht zurückbleiben. Nach diesem Katalog war eine Mitbestimmung oder Mitwirkung bei Befristungsabreden aber nicht geregelt.

39

(2) In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zB BVerwG 29. Januar 2003 - 6 P 16.01 - zu II 3 der Gründe mwN, AP MitbestG Schleswig-Holstein § 51 Nr. 3) bezeichnet die Gesetzesentwurfsbegründung zu § 51 MBG SH als Maßnahme „eine Regelung …, die sich auf die Beschäftigten auswirkt oder sie betrifft. Die Maßnahme muß auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach der Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben“ (Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 12/996 S. 107; vgl. auch Donalies/Hübner-Berger MBG Schl.-H. Stand Dezember 2009 § 51 Erl. 1.3). Von einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinn ist also dann auszugehen, wenn es sich um eine den Rechtsstand des oder der Bediensteten betreffende, gestaltende Handlung oder Entscheidung handelt. Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses beruht auf keinem gestaltenden oder, wie bei der Eingruppierung, normvollziehenden Akt, sondern auf einer - und sei es unwirksamen - Vereinbarung.

40

(3) In der Gesetzesentwurfsbegründung ist ferner angeführt, dass es in den Fällen, in denen durch Rechtsvorschriften unmittelbare Rechtswirkungen einträten, keine Mitbestimmung gebe. Hier habe die Dienststelle keinen Entscheidungsspielraum und dürfe auf ein abweichendes Votum des Personalrats ohnehin nicht eingehen. Das auf „Teilhabe an einer Entscheidung“ ausgerichtete Mitbestimmungsverfahren wäre sinnlos (vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 12/996 S. 108). Eine Befristungsabrede betrifft keine Entscheidung der Dienststelle, sondern eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ihre (Un-)Wirksamkeit folgt unmittelbar aus den gesetzlichen Vorschriften des TzBfG. Auch dies spricht dagegen, eine Mitbestimmung des Personalrats nach § 2 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH bei Befristungsabreden anzunehmen.

41

C. Über den auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichteten Klageantrag zu 2. hatte der Senat nicht zu entscheiden. Dieser Antrag steht unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Schuh    

        

    Kley    

                 

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Januar 2009 - 5 Sa 1025/08 - wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Dezember 2007 geendet hat.

2

Die Klägerin war seit dem 5. August 1999 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge beim beklagten Land als Justizangestellte beschäftigt. Ab dem 1. Januar 2002 war sie als Geschäftsstellenverwalterin in einer Serviceeinheit beim Handelsregister eingesetzt und in der Vergütungsgruppe (VergGr.) Vc nach der Anlage 1a zu § 22 Abs. 1 des Bundes-Angestelltentarifvertrags(BAT) eingruppiert. Aufgrund Bewährungsaufstiegs wurde sie ab dem 1. Januar 2005 nach der VergGr. Vb BAT vergütet. Nach den am 1. November 2006 in Kraft getretenen Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) ist die VergGr. Vc BAT der Entgeltgruppe 8 TV-L sowie die VergGr. Vb BAT der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet.

3

Der letzte, am 14. Dezember 2006 geschlossene Arbeitsvertrag der Parteien war für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In § 1 dieses Arbeitsvertrags ist angegeben:

        

„Frau M wird ab 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 ... bei dem Amtsgericht Köln in der derzeitigen Beschäftigung als Geschäftsstellenverwalterin in einer Serviceeinheit bei den Handelsregisterabteilungen befristet weiterbeschäftigt und zwar wegen Vorliegen des folgenden sachlichen Grundes:

        

Zur Vertretung der Mitarbeiterin R, die in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 Sonderurlaub erhalten hat.

        

...“   

4

Frau R ist beim beklagten Land seit dem 20. August 1994 zunächst befristet und seit dem 26. August 2006 auf unbestimmte Zeit als Justizangestellte beschäftigt. Bis zum Beginn ihres Erziehungsurlaubs im Jahr 2001 war sie beim Amtsgericht Köln in der Grundbuchabteilung eingesetzt und für die Grundbucheintragungen zuständig. § 2 ihres Arbeitsvertrags vom 22. August 1994 weist ihre Eingruppierung in der VergGr. VII BAT aus; diese VergGr. ist nach der Überleitung in den TV-L dessen Entgeltgruppe 5 zugeordnet. Frau Rs Arbeitsplatz entfiel während ihrer Abwesenheit durch die Umstellung der Grundbuchabteilungen auf ein EDV-System. Ab dem 22. November 2004 wurde Frau R Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge nach § 50 BAT gewährt. In begleitenden Vermerken zu den Verfügungen des beklagten Landes über die Verlängerung der Sonderurlaubszeiten war jeweils angegeben: „zum Stellenplan: B 66 V c“ bzw. „zum Stellenplan: EG 9/41“.

5

Mit ihrer am 9. Januar 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, es fehle an dem für den Sachgrund der Vertretung notwendigen Kausalzusammenhang. Dem beklagten Land wäre es nicht möglich gewesen, Frau R die von der Klägerin geschuldeten Tätigkeiten zuzuweisen.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 14. Dezember 2006 aufgelöst worden ist.

7

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe Frau R mittelbar vertreten. Dieser würden bei ihrer Rückkehr die Aufgaben einer Servicekraft in der Handelsregisterabteilung bei gleichzeitiger Umgruppierung in die Entgeltgruppe 8 TV-L zugewiesen. Die hierzu erforderliche Änderung des Arbeitsvertrags mit Frau R sei wegen des Wegfalls ihres Arbeitsplatzes in der Grundbuchabteilung vorgegeben.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land weiterhin das Ziel der Klageabweisung. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Befristungskontrollklage zu Recht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2007 geendet. Die Befristung ist mangels eines sie nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigenden sachlichen Grundes unwirksam.

10

I. Der Klageantrag ist zulässig. Insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In ihrem Antrag hat die Klägerin zwar den arbeitsvertraglich vereinbarten Beendigungstermin nicht bezeichnet. Aus dem formulierten Begehren und dessen Begründung ergibt sich aber, dass sie sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 14. Dezember 2006 vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2007 wendet.

11

II. Die Klage ist begründet. Die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Dezember 2007 ist rechtsunwirksam. Sie ist weder durch den Sachgrund der Vertretung noch durch einen sonstigen Sachgrund gerechtfertigt.

12

1. Die zur Überprüfung stehende Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 14. Dezember 2006 ist nicht durch den Sachgrund der Vertretung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG iVm. § 21 Abs. 1 BErzGG(in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung) gerechtfertigt.

13

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird ua. für den Fall einer auf Tarifvertrag beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes konkretisiert durch § 21 Abs. 1 BErzGG(seit 1. Januar 2007: § 21 Abs. 1 BEEG).

14

b) Der Sachgrund der Vertretung liegt nicht vor.

15

aa) Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Damit besteht an der Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Der Sachgrund der Vertretung setzt nicht voraus, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ohne tatsächliche Neuverteilung der Arbeitsaufgaben Tätigkeiten zugewiesen, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang, wenn der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit nicht seine bisherigen Tätigkeiten, sondern den Aufgabenbereich des Vertreters zu übertragen. Außerdem ist bei dieser Fallgestaltung zur Darlegung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten, etwa durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag, erkennbar gedanklich zuordnet. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

16

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist kein Vertretungsfall gegeben.

17

(1) Allerdings hat das beklagte Land die erforderliche Zuordnung der Arbeitsaufgaben der Klägerin zu einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer vorgenommen. Der Sachgrund der Vertretung ist in § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien dokumentiert. Danach wurde die Klägerin zur Vertretung der Mitarbeiterin R beschäftigt.

18

(2) Das beklagte Land wäre aber ohne die vorübergehende Abwesenheit der Mitarbeiterin R rechtlich nicht in der Lage gewesen, dieser die der Klägerin zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. Das Direktionsrecht des beklagten Landes gegenüber Frau R erstreckte und beschränkte sich auf alle Tätigkeiten, die der VergGr. VII BAT (nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 5 TV-L) entsprechen. Die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten entsprachen hingegen den Merkmalen der VergGr. Vc BAT (nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 8 TV-L) und - nach Bewährungsaufstieg - der VergGr. Vb BAT (nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 9 TV-L).

19

(a) Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich verpflichtet, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die dem Merkmal seiner Vergütungsgruppe entspricht, soweit ihm dies billigerweise zugemutet werden kann. Neue Tätigkeiten können ihm zugewiesen werden, soweit sie die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen (vgl. BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 22 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

20

(b) Das beklagte Land wäre rechtlich nicht in der Lage gewesen, der abwesenden Stammkraft Frau R im Falle ihrer Weiterarbeit einseitig die von der Klägerin wahrgenommenen Arbeitsaufgaben zu übertragen. Die von Frau R geschuldete Tätigkeit ist tariflich nicht gleichwertig mit der der Klägerin übertragenen Tätigkeit.

21

(aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entsprach die der Klägerin übertragene Tätigkeit den Merkmalen der VergGr. Vc BAT, nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 8 TV-L. Die Stammkraft Frau R wurde hingegen nach der VergGr. VII BAT - nunmehr zugeordnet der Entgeltgruppe 5 TV-L - vergütet. Diese Eingruppierung ist in § 2 ihres Arbeitsvertrags dokumentiert. Damit können ihr im Wege des Direktionsrechts nur Aufgaben, die den Merkmalen dieser Vergütungs-/Entgeltgruppe entsprechen, zugewiesen werden. Die Übertragung anderswertiger Tätigkeiten - wie die von der Klägerin wahrgenommenen - bedarf einer Vertragsänderung. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Befristungsvereinbarung zwischen den Parteien war der Vertrag mit Frau R aber nicht geändert.

22

(bb) Soweit das beklagte Land dem entgegenhält, die Übertragung tariflich höher bewerteter Tätigkeiten auf Frau R nach deren Rückkehr aus dem Sonderurlaub sei wegen des Wegfalls ihres Arbeitsplatzes in der Grundbuchabteilung „vorgegeben“ gewesen, ändert dies nichts daran, dass ihr der Aufgabenbereich der Klägerin nicht hätte einseitig zugewiesen werden können. Frau R würde im Falle ihrer Anwesenheit Tätigkeiten schulden, die den Merkmalen der VergGr. VII BAT/Entgeltgruppe 5 TV-L entsprechen. Die Übertragung anderswertiger Tätigkeiten könnte allenfalls bei deren tatsächlicher Erledigung durch Frau R zu einer - allerdings auch erst dann anzunehmenden - konkludenten Änderung ihres Arbeitsvertrags führen. Die vom beklagten Land in den Begleitvermerken zu den Sonderurlaubsbewilligungen bekundeten Zuweisungen Frau Rs zu der VergGr. Vc BAT bzw. Entgeltgruppe 9 dokumentieren insofern allenfalls die Planungen des beklagten Landes, die Mitarbeiterin nach ihrer Rückkehr auf einer tariflich höher bewerteten Stelle beschäftigen zu wollen. Der Sache nach hat das beklagte Land zwar den Tätigkeitsbereich der Klägerin einseitig dem der abwesenden Frau R auf der Grundlage deren hypothetischer Umgruppierung infolge einer beabsichtigten, aber noch nicht umgesetzten vertraglichen Änderung zugeordnet. Besteht die rechtliche Möglichkeit der Tätigkeitsübertragung auf den Vertretenen aber bei Abschluss der Befristungsvereinbarung mit dem Vertreter nicht oder wird sie lediglich erwartet oder unterstellt, ist nicht gewährleistet, dass die befristete Einstellung auf der vorübergehenden Abwesenheit des Vertretenen beruht. Würde insoweit auf das Erfordernis der rechtlichen Möglichkeit, der vertretenen Stammkraft im Falle der Anwesenheit die Aufgaben der Vertretungskraft zu übertragen, verzichtet, wäre eine wirksame Befristungskontrolle nicht mehr gewährleistet.

23

2. Die Befristung ist nicht wegen der geplanten Übertragung der von der Klägerin erledigten Aufgaben auf Frau R nach deren Rückkehr und der damit verbundenen, erwarteten Vertragsänderung gerechtfertigt. Die geplante anderweitige Besetzung eines Arbeitsplatzes kann zwar einen sonstigen, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags darstellen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

24

a) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 8 TzBfG enthält eine Aufzählung sachlicher Gründe, die die Befristung von Arbeitsverträgen rechtfertigen können. Die Aufzählung ist, wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt, nicht abschließend. Dadurch werden weder andere von der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des TzBfG anerkannte noch weitere Sachgründe für die Befristung ausgeschlossen. Allerdings können sonstige, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 8 TzBfG nicht genannte Sachgründe die Befristung eines Arbeitsvertrags nur rechtfertigen, wenn sie den in § 14 Abs. 1 TzBfG zum Ausdruck kommenden Wertungsmaßstäben entsprechen und den in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 8 TzBfG genannten Sachgründen von ihrem Gewicht her gleichwertig sind(BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 21 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 71 = EzA TzBfG § 14 Nr. 67). So kann etwa die für einen späteren Zeitpunkt geplante anderweitige Besetzung des Arbeitsplatzes als sonstiger, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 8 TzBfG nicht erwähnter Sachgrund geeignet sein, die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem anderen Arbeitnehmer zu rechtfertigen. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem anderen, als Dauerbesetzung vorgesehenen Arbeitnehmer bereits vertraglich gebunden ist (BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 21 mwN, aaO).

25

b) Diesen Anforderungen genügt die Befristung zum 31. Dezember 2007 nicht. Zwar war Frau Rs Tätigkeit in der Grundbuchabteilung weggefallen. Hingegen erwartete das beklagte Land die für die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten notwendige Vertragsänderung mit Frau R lediglich, ohne dass eine dahingehende vertragliche (Vor-)Bindung oder (Vor-)Verpflichtung bestanden hätte. Das beklagte Land beabsichtigte ein Angebot zur Vertragsänderung, das Frau R bei ihrer Rückkehr auch hätte ablehnen können. Damit bestanden bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit der Klägerin keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass ihre Tätigkeit künftig überhaupt auf Frau R übertragen werden kann. Es war damit auch ungewiss, ob an der Arbeitsleistung der Klägerin nur ein vorübergehender Bedarf bestand. Eine solche Unsicherheit über den künftigen Beschäftigungsbedarf ist nicht geeignet, die Befristung eines Arbeitsvertrags zu rechtfertigen.

26

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gallner    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Rose    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 26. März 2009 - 4 Sa 1/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die zwischen ihnen bestehenden (Teilzeit-)Arbeitsverhältnisse aufgrund ihrer Befristungen am 18. Juli 2008 geendet haben.

2

Der Kläger ist Lehrer. Er war beim beklagten Land auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Den ersten befristeten Arbeitsvertrag schlossen die Parteien am 11. August 2006. Nach Maßgabe dieses Arbeitsvertrags beschäftigte das beklagte Land den Kläger in der Zeit vom 21. August 2006 bis zum 31. Juli 2007 als vollbeschäftigten Angestellten mit den Aufgaben eines Realschullehrers. Am 30. Juli/7. August 2007 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008, nach welchem der Kläger „vertretungsweise für die Elternzeit der Lehrkraft W …“ „für die Aufgaben eines Grund- und Hauptschullehrers teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 25,00 Stunden wöchentlich eingestellt“ wurde. Am 18. Februar 2008 vereinbarten die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 18. Februar bis 19. März 2008. Nach diesem war der Kläger „für die Aufgaben eines Realschullehrers teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 13,5“; die Einstellung erfolgte „zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft P der Realschule im Schulzentrum in A im Rahmen der zugewiesenen Mittel zur Vermeidung von Unterrichtsausfall (Vertretungsfonds)“.

3

Am 14./19. März 2008 vereinbarten die Parteien einen „Änderungsvertrag“, nach welchem der befristete Arbeitsvertrag vom 18. Februar 2008 einvernehmlich bis zum 30. April 2008 „zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft H der Realschule im Schulzentrum in A im Rahmen der zugewiesenen Mittel zur Vermeidung von Unterrichtsausfall (Vertretungsfonds)“ verlängert wurde. Mit weiterem „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 18. Februar 2008“ vom 29. April 2008 wurde die Befristung einvernehmlich bis zum 18. Juli 2008 verlängert und für die Zeit vom 1. Mai bis 18. Juli 2008 ein Pflichtstundensoll iHv. insgesamt 10,5 Wochenstunden bestimmt. Die Verlängerung erfolgte nach der arbeitsvertraglichen Festlegung „zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft H der Realschule im Schulzentrum in A im Rahmen der zugewiesenen Mittel zur Vermeidung von Unterrichtsausfall (Vertretungsfonds)“. Das für die Realschule im Schulzentrum in A zuständige Schulamt des Kreises St teilte dem beim beklagten Land bestehenden Bezirkspersonalrat Lehrer mit einem dort am 30. April 2008 eingegangenen Schreiben die beabsichtigte befristete Verlängerung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger bis zum 18. Juli 2008 mit. Der Bezirkspersonalrat erklärte mit Schreiben vom 30. April 2008, dass gegen die beabsichtigte Personalmaßnahme keine Bedenken bestünden. Die ausgefallenen Lehrkräfte Frau P und Frau H unterrichteten an der Realschule im Schulzentrum in A Französisch. In der Zeit vom 18. Februar bis 18. Juli 2008 waren in der Schule insgesamt 28 Wochenplanstunden Französisch vorgesehen. Der Kläger deckte diesen Bedarf mit elf Wochenstunden ab; zwei andere Lehrkräfte unterrichteten in diesem Fach sieben und sechs Stunden. Weitere vier Stunden fing die Schule durch Zusammenlegung von zwei zehnten Klassen auf.

4

Daneben schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag zunächst für die Zeit vom 5. bis 19. März 2008, nach welchem der Kläger im Bereich des Schulamts S zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft Frau V als Realschullehrer „mit 10 Stunden pro Woche“ beschäftigt wurde. Diesen Vertrag verlängerten die Parteien bis zum 16. Mai 2008. Am 17. Mai 2008 vereinbarten sie einen befristeten Arbeitsvertrag, demzufolge der Kläger „ab dem 17. Mai 2008 … für die Aufgaben eines Realschullehrers teilzeitbeschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 10 Stunden … für die Dauer der Pflichtstundenermäßigung der Lehrerin Frau V, längstens bis zum 18. Juli 2008“ eingestellt wurde. Diese letzte befristete Einstellung geht auf eine Verfügung der zuständigen Schulrätin des Kreises S vom 16. Mai 2008 zurück, in welcher ua. angegeben ist, dass dem Bezirkspersonalrat eine Kopie der Verfügung zur Information zugeleitet werden solle.

5

Das beklagte Land beschäftigte an den allgemeinbildenden öffentlichen Schulen im Schuljahr 2006/2007 ca. 23.500 Lehrkräfte in Voll- und Teilzeit. Es weist den Schulämtern Mittel aus dem Fond „Vermeidung von Unterrichtsausfall“ (sog. Vertretungsfond) zu, um damit kurzfristige Arbeitsverträge zur Vertretung abschließen zu können, die durch im Laufe des Schuljahres auftretenden Ausfall von Lehrkräften - in der Regel wegen Erkrankung - erforderlich werden. Die Beschäftigung der Vertretungskräfte erfolgt nicht auf Planstellen. Mit Stand Juli 2008 waren 1.795 Lehrerinnen und Lehrer einschließlich 358 Lehrkräfte, die den Vorbereitungsdienst noch nicht absolviert hatten, auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge im Wesentlichen zur Vertretung von wegen Mutterschutz, Elternzeit oder Erkrankung ausgefallenen Stammlehrkräften tätig.

6

Mit am 6. August 2008 beim Arbeitsgericht erhobener Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung „seines Arbeitsverhältnisses“ zum 18. Juli 2008 gewandt und mit Klageerweiterung vom 23. Oktober 2008 seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens begehrt. Er hat die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats hinsichtlich der Befristungsabreden der beiden letzten, nebeneinander bestehenden Teilzeitarbeitsverhältnisse gerügt und gemeint, das Mitbestimmungsrecht des Personalrats umfasse nach den landespersonalvertretungsrechtlichen Bestimmungen auch die Befristung. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, das beklagte Land könne sich nicht formal bei den befristeten Verträgen auf die konkret bestimmten Vertretungsfälle beziehen. Die Anzahl der Vertretungskräfte zeige, dass das Land strukturell eine zweite Lehrergruppe in Form der „Vertretungslehrer“ beschäftige. Weil der Schulbetrieb aber eine staatliche Pflichtaufgabe des Landes sei, bestehe für die Beschäftigung von Lehrern prinzipiell kein nur vorübergehender Bedarf. Im Rahmen der Personalbedarfsplanung kalkuliere das beklagte Land letztlich mit einem dauerhaften Mehrbedarf zur Vertretung.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung ab dem 17. Mai 2008 und 1. Mai 2008 durch Befristungsablauf am 18. Juli 2008 endet und

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger über den 18. Juli 2008 hinaus zu den bisherigen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristungen der beiden letzten Arbeitsverträge seien sachlich gerechtfertigt. Grundlage seien die in den Verträgen jeweils konkret benannten Vertretungsfälle, nämlich die Erkrankung der Lehrerin Frau H und die Pflichtstundenreduzierung der Lehrerin Frau V. Der Personalrat habe nach den landespersonalvertretungsrechtlichen Regelungen kein Mitbestimmungsrecht bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsvertrags und damit auch nicht bei der Befristungsabrede. Nähme man ein solches an, sei das Mitbestimmungsverfahren jedenfalls ordnungsgemäß durchgeführt.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des beklagten Landes abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die streitgegenständlichen Befristungen der Arbeitsverträge rechtswirksam sind und die zwischen dem Kläger und dem beklagten Land bestehenden Arbeitsverhältnisse zum 18. Juli 2008 endeten. Die Befristungen sind sachlich gerechtfertigt. Auch sind sie nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gründen unwirksam.

11

A. Die Klage ist zulässig. Beim Klageantrag zu 1. handelt es sich der Sache nach um zwei Befristungskontrollklagen nach § 17 Satz 1 TzBfG. Der Kläger hat nicht, wie die Formulierung des Klageantrags zunächst nahe legt, zuletzt nur einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land geschlossen, sondern zwei unabhängig voneinander bestehende Arbeitsverträge, in denen jeweils eine bis zum 18. Juli 2008 befristete Teilzeitbeschäftigung vereinbart worden ist. Dass er beide Befristungen angreift, lässt sich dem bei der Auslegung des Klageantrags zu berücksichtigenden Klagevorbringen entnehmen. Der Kläger wendet sich zum einen gegen die Befristungsabrede „ab dem 17. Mai 2008“ und meint damit ersichtlich das zuletzt für die „Dauer der Pflichtstundenermäßigung der Lehrerin Frau V, längstens bis zum 18. Juli 2008“ geschlossene Arbeitsverhältnis. Daneben umfasst sein Klagebegehren die Überprüfung der Befristungsabrede „ab dem 1. Mai 2008“ und betrifft somit hinreichend bestimmt den zur Vertretung der erkrankten Lehrkraft Frau H am 29. April 2008 für die Dauer bis zum 18. Juli 2008 geschlossenen Vertrag.

12

B. Der Klageantrag zu 1. ist unbegründet.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht nur die zwei jeweils letzten Befristungen in den Verträgen vom 29. April 2008 („Vertretung Frau H“) und vom 17. Mai 2008 („Vertretung Frau V“) der Befristungskontrolle unterzogen. Zum einen gelten die früheren Befristungsabreden nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam, da sie der Kläger nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG gerichtlich angegriffen hat. Zum anderen entspricht es der ständigen Senatsrechtsprechung, dass die Arbeitsvertragsparteien ihr Arbeitsverhältnis durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags regelmäßig auf eine neue rechtliche Grundlage stellen wollen und damit zugleich ihr etwa unwirksam befristetes früheres Arbeitsverhältnis aufheben (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 9 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Anders verhält es sich, wenn es sich bei dem letzten Arbeitsvertrag um einen unselbständigen Annex zu dem vorherigen Arbeitsvertrag handelt, mit dem lediglich die in dem vorangegangenen Vertrag vereinbarte Vertragslaufzeit verhältnismäßig geringfügig verlängert wird und sich die Korrektur am Sachgrund für die Befristung des vorangegangenen Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der Vertragslaufzeit an später eintretende, im Zeitpunkt des Abschlusses des vorangegangenen Vertrags nicht absehbare Umstände besteht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 9 mwN, aaO). Dies war hier nicht der Fall.

14

II. Die Befristungen beider Arbeitsverhältnisse gelten nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam, denn der Kläger hat ihre Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Mit seiner am 6. August 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat er die dreiwöchige Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Die Klage genügt den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Klageerhebung gem. § 17 Satz 1 TzBfG zu stellen sind(vgl. hierzu BAG 16. April 2003 - 7 AZR 119/02 - BAGE 106, 72).

15

III. Die in dem Vertrag vom 29. April 2008 („Vertretung Frau H“) und in dem Vertrag vom 17. Mai 2008 („Vertretung Frau V“) jeweils getroffenen Befristungsabreden zum 18. Juli 2008 sind wirksam. Beide Befristungen sind durch einen sachlichen Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt.

16

1. Die Befristungen bedürfen der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund. Eine sachgrundlose Befristung der Verträge vom 29. April 2008 und vom 17. Mai 2008 jeweils zum 18. Juli 2008 nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG war gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, weil zwischen den Parteien bereits zuvor befristete Arbeitsverhältnisse bestanden hatten. Eine sachgrundlose Verlängerung eines früheren Vertrags gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG kommt nicht in Betracht. Dem stehen sowohl die zeitliche Unterbrechung vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Februar 2008 als auch die bei den jeweiligen Vertragsschlüssen vereinbarten Änderungen der Vertragsbedingungen entgegen (vgl. BAG 23. August 2006 - 7 AZR 12/06 - Rn. 11 mwN, BAGE 119, 212).

17

2. Die in den Verträgen vom 29. April 2008 und vom 17. Mai 2008 vereinbarten Befristungen sind wirksam. Sie sind jeweils nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

18

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird.

19

aa) Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend wegen Krankheit oder aus sonstigen Gründen ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrunds ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Davon kann grundsätzlich ausgegangen werden, weil in der Regel damit zu rechnen ist, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Erkrankung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht.

20

bb) Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 13, BAGE 117, 104). Nimmt der Arbeitgeber den Vertretungsfall zum Anlass für eine befristete Beschäftigung, ist auf Grund der Umstände bei Vertragsschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist.

21

(1) In den Fällen der unmittelbaren Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren.

22

(2) Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu zu verteilen, so muss er zunächst die bisher dem vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darstellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere andere Arbeitnehmer zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (vgl. BAG 18. April 2007 - 7 AZR 293/06 - Rn. 14 mwN, AP LPVG NW § 72 Nr. 33).

23

(3) Der erforderliche Kausalzusammenhang kann schließlich auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist aber zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

24

b) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die in den Verträgen vom 29. April 2008 und vom 17. Mai 2008 vereinbarten Befristungen durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt sind. Auf das Rechtsinstitut des sog. schultypenübergreifenden Gesamtvertretungsbedarfs (vgl. dazu BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - BAGE 90, 335) kommt es vorliegend, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht an. Vielmehr war die befristete Einstellung des Klägers in beiden Verträgen durch den konkreten vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft veranlasst.

25

aa) Die im Vertrag vom 29. April 2008 vereinbarte Befristung ist gerechtfertigt durch den krankheitsbedingten Ausfall der Lehrkraft Frau H. Es handelt sich um einen Fall der unmittelbaren Vertretung. Das beklagte Land hat den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der erkrankten Lehrerin und der befristeten Einstellung des Klägers dargelegt. Nach den vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)war Frau H zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags arbeitsunfähig und fiel mit ihrem Zeitvolumen für den Französisch-Unterricht aus. Der Kläger deckte den dadurch entstandenen Unterrichtsbedarf von 11 Stunden im Fach Französisch an der Einsatzschule ab.

26

bb) Die im Vertrag vom 17. Mai 2008 vereinbarte Befristung ist gerechtfertigt durch die Pflichtstundenreduzierung der Lehrkraft Frau V. Nach den vom Kläger gleichfalls nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)bestand wegen der Absenkung des Pflichtstundensolls für Frau V im Bereich des Schulamtes des Kreises S ein Vertretungsbedarf, den der Kläger abdeckte. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der der Annahme eines sachlichen Grundes nicht entgegensteht, dass das beklagte Land zum Zeitraum des Vertretungsbedarfes nichts vorgetragen hat. Die vereinbarte Dauer eines befristeten Arbeitsvertrags bedarf keiner eigenen Rechtfertigung.

27

c) Entgegen der Behauptung des Klägers bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, das beklagte Land habe ihn über mehrere Jahre „innerhalb eines Regelbedarfs“ beschäftigt, weswegen die konkret vereinbarten Befristungen zur Vertretung vorgeschoben und somit rechtsmissbräuchlich seien.

28

aa) Allerdings weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass der Sachgrund der Befristung nicht vorgeschoben sein darf. Bei der Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG sind unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere die der RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (Befristungsrichtlinie) zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (Rahmenvereinbarung), zu beachten (vgl. BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 17 ff., EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Die in § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genannte Maßnahme besteht darin, zu verlangen, dass die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu dieser Maßnahme, hat er das unionsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten (EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, I-03071). Aufgabe der nationalen Gerichte ist es, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen. Hierzu müssen sie insbesondere dafür sorgen, dass nationale Regelungen, welche die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs zulassen, nicht dazu genutzt werden können, einen tatsächlich ständigen und dauernden Bedarf zu decken (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07  ua. - [Angelidaki] Rn. 103, 106, aaO).

29

bb) Im vorliegenden Streitfall besteht kein Anlass, die Befristungen deshalb als missbräuchlich anzusehen, weil das beklagte Land einen in Wirklichkeit bestehenden Regelbedarf abdeckt.

30

(1) Die befristeten Einstellungen gehen auf den Bedarf wegen des zeitweiligen Ausfalls und der vorübergehenden Arbeitszeitreduzierung zweier Lehrerinnen zurück, den der Kläger abgedeckt hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass Frau V nicht nur vorübergehend ihre Pflichtstunden ermäßigte oder dass mit einer Rückkehr der erkrankten Lehrerin Frau H an ihren Arbeitsplatz nicht zu rechnen war. Dies spricht gerade gegen einen Dauerbedarf.

31

(2) Der Umstand, dass der Haushaltsplan gesonderte Mittel für Vertretungskräfte vorsieht, rechtfertigt nicht die Annahme, dass für die Beschäftigung bestimmter Vertretungskräfte ein „ständiger und dauerhafter Bedarf“ (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki] Rn. 103, Slg. 2009, I-03071) besteht. Dies käme nur dann in Betracht, wenn bei dem beklagten Land ein ständiger Vertretungsbedarf an Lehrern vorhanden wäre, den es statt durch den wiederholten Abschluss befristeter Arbeitsverträge auch durch die unbefristete Einstellung eines Lehrers abdecken könnte. Dies würde aber voraussetzen, dass der unbefristet - quasi als „Springer“ - eingestellte Lehrer nach der vom beklagten Land vorgegebenen Organisation tatsächlich fachlich, örtlich und zeitlich in der Lage wäre, jeweils eine der regelmäßig ausfallenden Stammkräfte zu vertreten. Hieran ist insbesondere zu denken, wenn in einem Betrieb oder in einer Dienststelle regelmäßig Stammkräfte mit denselben Aufgaben ausfallen, die unschwer auch von einem zusätzlich dauerhaft als Personalreserve eingestellten Arbeitnehmer wahrgenommen werden könnten. Hierfür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass das beklagte Land über die unbefristet eingestellten Lehrer hinaus ständig einen Vertretungsbedarf an Lehrkräften hat. Es ist aber nicht ersichtlich, dass dieser Vertretungsbedarf durch zusätzliche, unbefristet eingestellte Lehrer sinnvoll gedeckt werden könnte. Aufgrund der unterschiedlichen Schultypen, der mannigfachen Fächerkombinationen und der großen räumlichen Diversifizierung in einem Flächenstaat ist das „Anforderungsprofil“ an die Vertretungskraft für die jeweils konkret ausfallende Stammkraft unterschiedlich. Daher stellt es keinen Missbrauch des Sachgrundes der Vertretung dar, wenn das beklagte Land jeweils durch die befristete Einstellung einer konkret - fachlich, örtlich und zeitlich - geeigneten Lehrkraft für die Vertretung der ausfallenden Stammkraft sorgt.

32

3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, dass die Befristungen nicht wegen fehlender Zustimmungen der Personalräte unwirksam sind. Die ohne Zustimmung des Personalrats vereinbarte Befristung eines Arbeitsvertrags ist allerdings nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unwirksam, wenn sie nach dem maßgeblichen Personalvertretungsgesetz der zwingenden Mitbestimmung des Personalrats unterfällt (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 AZR 287/06 - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 17 Nr. 7 = EzA TzBfG § 14 Nr. 39). Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Der Personalrat hat nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Personalräte - Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein (MBG SH) - kein Mitbestimmungsrecht bei der Befristung von Arbeitsverträgen.

33

a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH bestimmt der Personalrat mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Im Gegensatz zum Bundespersonalvertretungsgesetz und den Personalvertretungsgesetzen der anderen Bundesländer enthält das MBG SH keinen - und sei es im Sinne beispielhafter Aufzählungen - Katalog mitbestimmungspflichtiger Maßnahmen. Die Vorschrift des § 51 Abs. 1 MBG SH konkretisiert vielmehr den bereits in § 2 Abs. 1 MBG SH enthaltenen Grundsatz der „Allzuständigkeit“ des Personalrats, die in Form der Mitbestimmung wahrgenommen wird. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass die Mitbestimmungsfälle nicht - wie in anderen Landespersonalvertretungsgesetzen, die einen entsprechenden Katalog enthalten - positiv festzustellen sind, sondern vielmehr im Sinne einer Negativabgrenzung geklärt werden muss, ob ein bestimmter Sachverhalt (ausnahmsweise) nicht der Mitbestimmung unterliegt. Entsprechend dem in der Begründung zum Entwurf des MBG SH wiedergegebenen Ansatz des Landesgesetzgebers ergeben sich Einschränkungen der Allzuständigkeit aus den Einzelvorschriften des Gesetzes selbst, aus dem Vorrang anderer Rechtsvorschriften, aus den im Gesetz verwendeten Tatbestandsmerkmalen, deren Definition durch eine Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen geklärt ist, und aus dem gesetzlichen Auftrag des Personalrats (Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 12/996 S. 71 [zu § 2 Abs. 1 MBG SH]).

34

b) Befristungsabreden fallen nicht unter die mitbestimmungsrechtliche Allzuständigkeit des Personalrats nach § 2 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH(ebenso für die in § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 65 Abs. 3, § 66 Abs. 3 LPVG Bremen ausgedrückte Allzuständigkeit des Personalrats [kein Mitbestimmungsrecht bei Befristung und Teilzeitbeschäftigung]: BVerwG 17. August 1989 - 6 P 11.87 - BVerwGE 82, 288; aA Kaiser in: Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 75 Rn. 29; Plander PersR 2006, 54, 56; ders. Anm. zu AP LPVG NW § 72 Nr. 9; wohl auch Raedel PersR 2000, 5, 6).

35

aa) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut von § 2 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH, in welchen als Bezug der Mitbestimmung „Maßnahmen“ genannt sind. „Maßnahme“ meint umgangssprachlich keine Vereinbarung oder Abrede, sondern eine „Handlung, Regelung o.Ä., die etw. Bestimmtes bewirken soll“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 6). Sinnverwandte Wörter sind „Aktion, Handlung, Mittel, Schritt, Tat“ (Duden Das Synonymwörterbuch 4. Aufl.) und deuten auf einen einseitigen Gestaltungsakt. Allerdings ist der sprachliche Gebrauch bei der Regelung der Mitbestimmungstatbestände in anderen Landespersonalvertretungsgesetzen und insbesondere in den landespersonalvertretungsrechtlichen Bestimmungen, die eine Mitbestimmung des Personalrats bei Befristungen ausdrücklich regeln bzw. geregelt haben, nicht einheitlich: So ist die Befristung aufgeführt beim Katalog der „Personalangelegenheiten(§ 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG Nordrhein-Westfalen in der bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung), der „personellen Einzelmaßnahmen(§ 78 Abs. 2 Nr. 2 LPVG Rheinland-Pfalz) oder der „personellen Angelegenheiten(§ 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Brandenburg [dort in der Überschrift aber auch „personelle Maßnahmen“]).

36

bb) Sinn und Zweck der kollektiven Beteiligung des Personalrats an Maßnahmen der Dienststelle schließen zwar - wie § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG Nordrhein-Westfalen in der bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung, § 78 Abs. 2 Nr. 2 LPVG Rheinland-Pfalz und § 63 Abs. 1 Nr. 4 LPVG Brandenburg belegen - ein Mitbestimmungsrecht bei Befristungsabreden nicht von vornherein aus. Ohne eine eindeutige ausdrückliche Regelung sprechen sie aber nicht für ein solches Mitbestimmungsrecht. Die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen dienen vor allem der Begrenzung sowie Kontrolle von einseitig-gestaltenden Entscheidungen des Arbeitgebers im Sinne eines Rechts auf Teilhabe am verwaltungsinternen Entscheidungsverfahren (vgl. zB BVerwG 15. März 1995 - 6 P 31.93 - zu II 3 der Gründe, BVerwGE 98, 77). Auch bei personellen Einzelmaßnahmen hat die Mitbestimmung regelmäßig einen kollektiven Bezug und ist typischerweise kein Instrument zur umfassenden Vertragskontrolle (vgl. zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen BAG 21. Juli 2009 - 1 ABR 35/08 - Rn. 21 mwN, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12; für den Mitbestimmungstatbestand der Einstellung nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 LPVG Sachsen-Anhalt: BVerwG 22. Oktober 2007 - 6 P 1.07 - Rn. 24 mwN, NZA-RR 2008, 223). Der Arbeitsvertrag unterliegt, soweit nicht Rechtsvorschriften oder tarifliche Regelungen seinen Inhalt unmittelbar festlegen, der Vereinbarung der Vertragsparteien. Deren Gestaltungsfreiheit soll durch Mitbestimmung nicht eingeengt werden (für den Mitbestimmungstatbestand der Einstellung nach § 87 Nr. 1 LPVG Berlin: BVerwG 15. November 1995 - 6 P 53.93 - zu II der Gründe, AP LPVG Berlin § 87 Nr. 4).

37

cc) Entstehungsgeschichte und Gesetzesbegründung des MBG SH geben keine Anhaltspunkte für eine entgegenstehende Sichtweise.

38

(1) Im Gegensatz zu der mit dem MBG SH vom 11. Dezember 1990 (GVOBl. Schl.-H. S. 577) eingeführten Allzuständigkeit enthielt das am 1. Februar 1974 in Kraft getretene und vormals geltende Personalvertretungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Neufassung vom 22. Februar 1982 GVOBl. Schl.-H. S. 41) einen Beteiligungskatalog für den Personalrat. Hinter diesem wollte der Landesgesetzgeber offensichtlich nicht zurückbleiben. Nach diesem Katalog war eine Mitbestimmung oder Mitwirkung bei Befristungsabreden aber nicht geregelt.

39

(2) In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zB BVerwG 29. Januar 2003 - 6 P 16.01 - zu II 3 der Gründe mwN, AP MitbestG Schleswig-Holstein § 51 Nr. 3) bezeichnet die Gesetzesentwurfsbegründung zu § 51 MBG SH als Maßnahme „eine Regelung …, die sich auf die Beschäftigten auswirkt oder sie betrifft. Die Maßnahme muß auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach der Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben“ (Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 12/996 S. 107; vgl. auch Donalies/Hübner-Berger MBG Schl.-H. Stand Dezember 2009 § 51 Erl. 1.3). Von einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinn ist also dann auszugehen, wenn es sich um eine den Rechtsstand des oder der Bediensteten betreffende, gestaltende Handlung oder Entscheidung handelt. Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses beruht auf keinem gestaltenden oder, wie bei der Eingruppierung, normvollziehenden Akt, sondern auf einer - und sei es unwirksamen - Vereinbarung.

40

(3) In der Gesetzesentwurfsbegründung ist ferner angeführt, dass es in den Fällen, in denen durch Rechtsvorschriften unmittelbare Rechtswirkungen einträten, keine Mitbestimmung gebe. Hier habe die Dienststelle keinen Entscheidungsspielraum und dürfe auf ein abweichendes Votum des Personalrats ohnehin nicht eingehen. Das auf „Teilhabe an einer Entscheidung“ ausgerichtete Mitbestimmungsverfahren wäre sinnlos (vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag Drucks. 12/996 S. 108). Eine Befristungsabrede betrifft keine Entscheidung der Dienststelle, sondern eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ihre (Un-)Wirksamkeit folgt unmittelbar aus den gesetzlichen Vorschriften des TzBfG. Auch dies spricht dagegen, eine Mitbestimmung des Personalrats nach § 2 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH bei Befristungsabreden anzunehmen.

41

C. Über den auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichteten Klageantrag zu 2. hatte der Senat nicht zu entscheiden. Dieser Antrag steht unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Schuh    

        

    Kley    

                 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. November 2008 - 17 Sa 1098/08 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 12. Juni 2008 - 2 Ca 87/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge seit dem 19. Januar 2000 als Angestellte im Amt für Gebäudemanagement, Abteilung Betriebswirtschaft, beschäftigt. Die Klägerin verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zur Industriekauffrau. Ihr Aufgabengebiet umfasste die Angebotsnachrechnung und nach der Umstellung von der kameralen auf die doppische Haushaltsführung zum 1. Januar 2006 die Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung.

3

Der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2007 war nach § 1 für die Zeit vom 5. September 2007 bis zum 31. Dezember 2007 befristet. Zur Begründung der Befristung heißt es:

        

„Die befristete Beschäftigung ist als zahlenmäßiger Ersatz für die Dauer der Beurlaubung von Frau W, längstens bis zum 31.12.2007 erforderlich.“

4

§ 1 des Arbeitsvertrags sieht außerdem eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6(§ 17 TVÜ-VKA) vor.

5

Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) für den Bereich Verwaltung (TVöD-V) in der jeweils geltenden Fassung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

6

Frau W wurde von der Beklagten zum 1. April 1992 angestellt. Sie hatte am 11. August 1989 die Prüfung zur Verwaltungsfachangestellten abgelegt und verfügt damit über Kenntnisse und Fähigkeiten im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, die im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden. Mit Schreiben vom 25. November 2006 teilte die Beklagte ihr mit, sie erhalte nach einer Überleitung des BAT zum TVöD-VKA zum 30. September 2005 Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 des TVöD-VKA. Bis zum 25. Dezember 1996 arbeitete Frau W im Ordnungsamt. Seit dem 26. Dezember 1996 befand sie sich in Elternzeit und daran anschließend im Sonderurlaub zur Kinderbetreuung. Bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags mit der Klägerin am 25. Juli 2007 war ihr Sonderurlaub bis zum 29. Februar 2008 gewährt worden, der später bis zum 24. März 2009 verlängert wurde.

7

Nach der Umstellung von der kameralen auf die doppische Haushaltsführung suchte die Beklagte über eine Intranetausschreibung intern Mitarbeiter mit Interesse in den Aufgabenbereichen der Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung unter Einsatz von SAP. Für diese Tätigkeit wurde eine abgeschlossene Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten oder ein abgeschlossener Angestelltenlehrgang I oder eine vergleichbare Qualifikation im kaufmännischen Bereich vorausgesetzt.

8

Mit Schreiben vom 17. Juli 2007 ordnete die Beklagte die unbefristet beschäftigte Mitarbeiterin T in den Arbeitsbereich „Geschäftsbuchhaltung, Angebotsnachrechnung“ ab. Mit Wirkung ab 1. Januar 2008 übertrug sie ihr den Aufgabenbereich der Klägerin. Vor ihrem Wechsel in den buchhalterischen Bereich absolvierte Frau T einen Lehrgang zum Erwerb von Qualifikationen im Bereich des Neuen Kommunalen Finanzmanagements(NKF), der in sieben Module gegliedert über einen Zeitraum von vier Monaten verteilt an insgesamt 13 Lehrgangstagen stattfand.

9

Mit ihrer am 14. Januar 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Befristung ihres Arbeitsvertrags sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Frau W sei fachlich nicht in der Lage, die buchhalterischen Aufgaben der Klägerin zu erfüllen. Wenn die erforderlichen Kenntnisse erst durch eine Zusatzausbildung erworben werden müssten, sei die von der Rechtsprechung geforderte Kausalität des Ausfalls der Stammkraft für die befristete Einstellung der Vertretungskraft nicht gegeben.

10

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.   

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2007 nicht zum 31. Dezember 2007 beendet ist,

        

2.   

die Beklagte für den Fall des Obsiegens zu verurteilen, sie über den 31. Dezember 2007 hinaus für die Dauer des Rechtsstreits als vollbeschäftigte Tarifbeschäftigte weiterzubeschäftigen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für den Sachgrund der Vertretung genüge es, dass sie die von der Klägerin verrichteten buchhalterischen Arbeiten der vorübergehend abwesenden Stammkraft W erkennbar zugeordnet habe. Aufgrund ihrer Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten sei Frau W für alle ihrer Vergütungsgruppe entsprechenden Tätigkeiten der Kommunalverwaltung qualifiziert. Dem stehe nicht entgegen, dass sie zunächst den NKF-Lehrgang absolvieren und am Arbeitsplatz eingearbeitet werden müsse, um die Anforderungen an die Stelle erfüllen zu können.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die zulässige, gem. § 17 Satz 1 TzBfG rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet.

14

I. Der letzte, zur Überprüfung stehende Arbeitsvertrag vom 25. Juli 2007 ist nicht durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG wirksam zum 31. Dezember 2007 befristet.

15

1. Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird.

16

a) Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Damit besteht an der Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis(BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Der Sachgrund der Vertretung setzt nicht voraus, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 14 mwN, aaO). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ohne tatsächliche Neuverteilung der Arbeitsaufgaben Tätigkeiten zugewiesen, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang, wenn der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit nicht seine bisherigen Tätigkeiten, sondern den Aufgabenbereich des Vertreters zu übertragen. Außerdem ist bei dieser Fallgestaltung zur Darlegung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten, etwa durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag, erkennbar gedanklich zuordnet. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 15 mwN, aaO).

17

b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Entgegen der in Teilen des Schrifttums geäußerten Bedenken(vgl. etwa Brose NZA 2009, 706; Eisemann NZA 2009, 1113) entspricht die Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BErzGG durch den Senat den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.

18

aa) Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Die in § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genannte Maßnahme besteht darin, zu verlangen, dass die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu dieser Maßnahme, hat er das gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten(EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki] Rn. 94, 95 mwN, EAS Teil C RL 1999/70/EG § 5 Nr. 4). Aufgabe der nationalen Gerichte ist es, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen. Hierzu müssen sie insbesondere dafür sorgen, dass nationale Regelungen, welche die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs zulassen, nicht dazu genutzt werden können, einen tatsächlich ständigen und dauernden Bedarf zu decken (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki] Rn. 103, 106, aaO).

19

bb) Dieser gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung entsprechen die Anforderungen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung an den Sachgrund der Vertretung stellt. Das gilt auch für die Fallgestaltungen, in denen nach der Rechtsprechung des Senats der Sachgrund der Vertretung vorliegt, obwohl dem befristet Beschäftigten - ohne tatsächliche Umorganisation der im Betrieb anfallenden Tätigkeiten - nicht die Aufgaben übertragen werden, die der Vertretene bislang verrichtet hat. Da der Arbeitgeber in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Senats rechtlich und tatsächlich in der Lage sein muss, dem Vertretenen - sofern er anwesend wäre - die dem Vertreter übertragenen Aufgaben zuzuweisen, wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch das von der Rechtsprechung für diesen Fall entwickelte weitere Erfordernis, wonach der Arbeitgeber bei Vertragsschluss, etwa durch entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag, die Aufgaben des befristet eingestellten Vertreters einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Stammkräften erkennbar gedanklich zuordnen muss, wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht(vgl. BAG 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104).

20

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass vorliegend der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft W und der Einstellung der Klägerin nicht gegeben ist. Frau W wäre während des auf knapp vier Monate befristeten Vertragszeitraums fachlich nicht in der Lage gewesen, die Tätigkeiten der Klägerin auszuüben.

21

a) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, nach § 1 des Arbeitsvertrags habe die Beklagte die Aufgaben der Klägerin der abwesenden Mitarbeiterin W erkennbar gedanklich zugeordnet. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Weisungsrechts dazu befugt ist, Frau W die Aufgaben der Klägerin zuzuweisen.

22

aa) Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich verpflichtet, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die dem Merkmal seiner Vergütungsgruppe entspricht, soweit ihm dies billigerweise zugemutet werden kann(vgl. BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01 - zu II 2 d der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25). Neue Tätigkeiten können ihm zugewiesen werden, soweit sie die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen (vgl. etwa BAG 21. November 2002 - 6 AZR 82/01 - BAGE 104, 16).

23

bb) Rechtlich hätte hiernach die Beklagte Frau W die Aufgaben der Geschäftsbuchhaltung und der Angebotsnachrechnung übertragen können, wenn sie im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Vertrags mit der Klägerin in den Dienst zurückgekehrt wäre. Das Direktionsrecht der Beklagten gegenüber Frau W erstreckte sich auf alle Tätigkeiten der Entgeltgruppe 6 TVöD-VKA. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, die Beklagte sei nach § 106 Satz 1 GewO befugt, von Frau W im Falle der Weiterarbeit die Teilnahme an einem NKF-Lehrgang zu verlangen, der durch einen externen Anbieter am Dienstort M stattgefunden hat. Unabhängig von der Berufsausbildung hätte dieser Lehrgang auch von den anderen Beschäftigten ohne entsprechende Spezialkenntnisse und Erfahrungen absolviert werden müssen, die in diesem Buchhaltungsbereich eingesetzt werden sollen. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Prüfung des fiktiven Umsetzungsprozesses auf diese generalisierenden Umstände beschränkt und nicht hypothetisch die Zumutbarkeit unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Frau W geprüft.

24

b) Zu Unrecht hat dagegen das Landesarbeitsgericht angenommen, die Beklagte hätte Frau W die Aufgaben der Klägerin tatsächlich übertragen können.

25

aa) Ist die Stammkraft weder aufgrund ihrer Ausbildung noch aufgrund der bisherigen Berufstätigkeit oder sonstiger nachweislich erworbener Kenntnisse in der Lage, den fachlichen Anforderungen an die Tätigkeit des Vertreters zu genügen, fehlt der erforderliche Kausalzusammenhang nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG. Dieser setzt voraus, dass die Stammkraft tatsächlich an der Stelle des Vertreters arbeiten könnte. Dabei steht dem Kausalzusammenhang nicht der Umstand entgegen, dass die Stammkraft im Falle ihrer Anwesenheit eine gewisse Einarbeitungszeit benötigen würde, um die Aufgaben der Vertretungskraft zu übernehmen. Der Ausfall der Stammkraft ist aber dann nicht mehr kausal für die befristete Einstellung der Vertretungskraft, wenn die Stammkraft die gesamte Zeit des befristeten Arbeitsverhältnisses benötigen würde, um durch Fortbildung und Einarbeitung die Kenntnisse für die zu übertragende Tätigkeit erst zu erwerben. In diesem Fall könnte die Stammkraft im Falle ihrer Anwesenheit die Aufgaben der Vertretungskraft gerade nicht übernehmen. Damit fehlt es an dem Ursachenzusammenhang zwischen der Abwesenheit der Stammkraft und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft. Der vorübergehende Ausfall der Stammkraft rechtfertigt dann nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Vertretungskraft. Würde auch in einem solchen Fall der Sachgrund der Vertretung als gegeben erachtet, wäre die gemeinschaftsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle nicht mehr möglich.

26

bb) Hiernach fehlt es vorliegend an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Abwesenheit der Frau W und der Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass Frau W während der Laufzeit des mit der Klägerin für die Zeit vom 5. September 2007 bis zum 31. Dezember 2007 abgeschlossenen befristeten Vertrags die von dieser verrichteten Aufgaben der kaufmännischen Buchführung nicht hätte durchführen können. Sie hätte sich dafür vielmehr erst fachlich qualifizieren müssen. Die hierzu erforderliche Fortbildung hätte die gesamte befristete Vertragsdauer der Klägerin in Anspruch genommen. Insbesondere hätte Frau W im Bereich des Neuen Kommunalen Finanzmanagements grundlegend qualifiziert werden müssen. Durch ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten, der die Ausbildungsverordnung vom 2. Juli 1979 zugrunde lag, hatte sie zwar Kenntnisse im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen auf der Grundlage der kameralen Haushaltsführung erworben. Es fehlten ihr aber die erforderlichen Kenntnisse der doppelten Buchführung und des Neuen Kommunalen Finanzmanagements. Diese Kenntnisse hätte sie erst in dem in sieben Module gegliederten NKF-Lehrgang, der sich über einen Zeitraum von vier Monaten erstreckt, erwerben müssen. Auch der Mitbewerberin T konnten die Aufgaben der Klägerin eigenverantwortlich zum 1. Januar 2008 erst übertragen werden, nachdem sie den NKF-Lehrgang absolviert hatte.

27

II. Die Entscheidung über die vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

28

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    für den durch Ablauf der Amtszeit
an der Unterschrift gehinderten
ehrenamtlichen Richter Becher
Linsenmaier    

        

    Coulin    

                 

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

8

I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

9

1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

10

2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

11

II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

12

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

13

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

14

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

15

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

16

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

17

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

18

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

19

2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

20

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

21

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

22

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

23

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

24

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

25

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

27

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.06.2012, Az. 7 Ca 354/12, teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsvereinbarungen der Verträge vom 08.07.2011, 17.01.2012 und vom 26.03.2012 mit Ablauf des 31.01.2012, 28.03.2012 bzw. 29.06.2012 beendet wurde.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung nebst Klageerweiterung zurückgewiesen.

III. Die erstinstanzlichen Kosten tragen das beklagte Land zu 80 % und die Klägerin zu 20 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen das beklagte Land zu 70 % und die Klägerin zu 30 %.

IV. Für das beklagte Land wird die Revision zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein befristetes Arbeitsverhältnis besteht und ob das Arbeitsverhältnis infolge Fristablaufs beendet wurde.

2

Die am … 1960 geborene Klägerin ist Lehrerin. Sie besitzt eine Lehrberechtigung für das Fach Sport. Aufgrund jeweils befristeter Arbeitsverträge vom 19.09.2002, 18.07.2003, 15.09.2003 sowie 06.12.2004 war die Klägerin zunächst seit dem

3

Beginn

Ende   

Datum 

Befristungsgrund laut Vertrag

10.01.2005

06.05.2005

25.02.2005

Elternzeitvertretung Frau M.

06.05.2005

22.07.2005

24.03.2005

Elternzeitvertretung Frau M.

22.07.2005

13.10.2005

16.08.2005

Elternzeitvertretung Frau J.

13.10.2005

14.07.2006

20.10.2005

Elternzeitvertretung Frau J.

15.07.2006

06.07.2007

17.10.2006

Elternzeitvertretung Frau J.

06.07.2007

03.09.2007

29.06.2007

Beschäftigungsverbot Frau M.

03.09.2007

20.06.2008

13.08.2007

Elternzeitvertretung Frau M.

20.06.2008

12.09.2008

06.05.2008

Elternzeitvertretung Frau M.

13.09.2008

31.01.2009

08.09.2008

Elternzeitvertretung Frau S.
Stundenreduzierung Herr B.

01.02.2009

02.10.2009
22.06.2009

07.01.2009

Elternzeitvertretung Frau S. sowie
Zusatzstunden wg. Erkrankung /
Beschäftigungsverbot Frau G.

03.10.2009

31.01.2010

24.08.2009

Elternzeitvertretung Frau G.

01.02.2010

29.04.2010

07.01.2010

Elternzeitvertretung Frau G.

30.04.2010

24.09.2010

10.02.2010

Elternzeitvertretung Frau G.

24.09.2010

17.06.2011

09.08.2010

Elternzeitvertretung Frau G.

08.08.2011

31.01.2012

08.07.2011

Elternzeitvertretung Frau St.

01.02.2012

28.03.2012

17.01.2012

Elternzeitvertretung Frau St.

29.03.2012

29.06.2012

26.03.2012

Beurlaubung Frau St. nach § 87a LBG

4

23.09.2002 bis 13.12.2004 an einer Schulung in S., einer Schule in A. sowie einer weiteren Schule in X mit einer Unterbrechung vom 01.02.2004 bis 05.04.2004 beim beklagten Land angestellt. Seit Januar 2005 wird sie an einem Gymnasium in X. eingesetzt.

5

Den ersten Vertrag über einen Einsatz der Klägerin in dieser Schule schlossen die Parteien unter dem 25.02.2005 (Bl. 19 der Akte). Dieser ist mit "Arbeitsvertrag" überschrieben und hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

6

§ 1
Frau A. wird ab 10.01.2005, längstens bis 06.05.2005, zur Vertretung der Frau M. als Aushilfsangestellte im öffentlichen Schuldienst des Landes Rheinland-Pfalz beschäftigt. Durch die Beschäftigung wird der entstandene Unterrichtsausfall aufgrund der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen begründeten Abwesenheit der Frau M. abgedeckt.

7

Die Beschäftigung am Gymnasium erfolgte auf Basis folgender jeweils befristeter Verträge:

8

Während dieser Zeit wurden weitere Änderungs-/ Ergänzungsverträge bezüglich des Stundendeputats geschlossen.

9

Nach Ende der Befristung zum 17.06.2011 laut dem viertletzten Vertrag vom 09.08.2010 setzte die Klägerin ihre Tätigkeit bis zum letzten Unterrichtstag des Schuljahres 2010/2011 vor den Sommerferien, dem 22.06.2011, fort.

10

Mit Datum vom 08.07.2011 schlossen die Parteien den drittletzten Vertrag (Bl. 16 der Akte). Dieser ist mit "Arbeitsvertrag" überschrieben und hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

11

"§ 1
Frau A. wird ab dem Tag der Dienstaufnahme, frühestens ab 08.08.2011 als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft befristet mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20,00/24,00 Pflichtstunden eingestellt.
Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer der Elternzeit der OStudR St., längstens bis zum 31.01.2012."

12

Ein Vorbehalt bezüglich des Bestandes eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wurde nicht erklärt oder vereinbart. Durch Änderungsvertrag vom 14.07.2011 wurde das Stundendeputat der Klägerin für die Beschäftigung ab dem 08.08.2011 auf 24 Stunden (Vollbeschäftigung) erhöht. Laut dem Änderungsvertrag wird durch die zusätzliche Beschäftigung der Unterrichtsausfall wegen der Elternzeit der Oberstudienrätin St. abgedeckt.

13

Mit Schreiben vom 01.12.2011 (Bl. 56 der Akte) machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion des beklagten Landes den Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses aufgrund des Vertrags vom 24.02.2005 (gemeint: 25.02.2005) geltend und forderte eine Erklärung des beklagten Landes dazu, dass dieses Arbeitsverhältnis auch im Zeitraum vom 18.06.2011 bis 07.08.2011 (Zeitraum zwischen Ende der viertletzten und Beginn der drittletzten Befristung) fortbestand. Mit Schreiben vom 20.12.2001 (Bl. 69 der Akte) teilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion für das beklagte Land mit, dass wegen der Weiterarbeit nach dem 17.06.2011 mit Duldung der Schulleitung ein faktisches Arbeitsverhältnis anerkannt werde und daher die Zahlung der Vergütung für den Zeitraum bis zum Beginn des (drittletzten) befristeten Arbeitsverhältnisses am 08.08.2011 veranlasst werde. Eine Unterbrechung der Stufenlaufzeit finde nicht statt. Mit Schreiben vom 20.12.2011 (Bl. 71 der Akte) wies der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut auf ihren Rechtsstandpunkt zum Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses aufgrund des Vertrags aus dem Februar 2005 hin und bat um Rückäußerung.

14

Mit Datum vom 17.01.2012 schlossen die Parteien den vorletzten Vertrag (Bl. 81 der Akte). Dieser ist mit "Arbeitsvertrag" überschrieben lautet - auszugsweise - wie folgt:

15

"§ 1
Frau A. wird ab dem Tag der Dienstaufnahme, frühestens ab 01.02.2012 als vollbeschäftigte Lehrkraft mit wöchentlich 24 Pflichtstunden befristet eingestellt.
Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer Elternzeit der StR St., längstens bis zum 28.03.2012."

16

Die Klägerin vermerkte unter ihrer Unterschrift

17

(unter Vorbehalt, da ich davon ausgehe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen.)

18

Mit Datum vom 26.03.2012 schlossen die Parteien den letzten Vertrag (Bl. 136 der Akte). Dieser ist mit "'Änderungsvertrag" überschrieben lautet - auszugsweise - wie folgt:

19

"§ 1
Frau A. wird ab dem Tag der Dienstaufnahme, frühestens ab 29.03.2012 als vollbeschäftigte Lehrkraft mit wöchentlich 24 Pflichtstunden befristet eingestellt.
Das Arbeitsverhältnis ist befristet aus Anlass der innerhalb des Schulhalbjahres kurzfristig genehmigten Beurlaubung nach § 87 a LBG der OStR St., längstens bis zum 29.06.2012."

20

Auch bei diesem Vertrag setzte die Klägerin unter ihre Unterschrift einen Vorbehalt wie im Vertrag vom 17.01.2012. Unter dem Vorbehalt ist handschriftlich vermerkt:

21

"akzeptiert
im Auftrag
L. W. / 30.03.2012"

22

Die Klägerin unterrichtete im Schuljahr 2011/2012 (08.08.2011 bis 29.06.2012) 22 Stunden Sport und 2 Stunden Biologie. Die zuletzt ausweislich der befristeten Verträge vom 08.07.2011, 14.07.2011, 17.01.2012 und 26.03.2012 vertretene Frau St. unterrichtete vor ihrer Elternzeit am Gymnasium das Fach Deutsch.

23

Mit ihrer am 27.01.2012 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage macht die Klägerin geltend, sie stehe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis aufgrund des Vertrags vom 25.02.2005. Ferner hat die Auffassung vertreten, die in den Verträgen vom 08.07.2011 (in der Fassung vom 14.07.2011), 17.01.2012 und 26.03.2012 vereinbarten Befristungen seien rechtsunwirksam.

24

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.06.2012, Az: 7 Ca 354/12 (Bl. 193 ff. d. A.).

25

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage mit den Anträgen

26

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien auf Grund des Arbeitsvertrages der Parteien vom 25.02.2005 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der Arbeitsverträge vom 08.07.2011 und 14.07.2011 dahin besteht, dass die Klägerin am XY-Gymnasium, A., als Lehrerin im Umfang von 24 Wochenstunden bei einer Vergütung nach Endgeltgruppe 11, Stufe 5+ TV-L tätig ist,

27

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der Befristungsabrede laut Änderungsvertrag vom 14.07.2011 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 08.07.2011 mit Ablauf des 31.01.2012 endete,

28

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der Befristungsabrede im Arbeitsvertrag der Parteien vom 17.01.2012 mit Ablauf des 28.03.2012 endete,

29

4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der Befristungsabrede laut Änderungsvertrag vom 26.03.2012/30.03.2012 mit Ablauf des 29.06.2012 endet,

30

abgewiesen.

31

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt:

32

Die Klage sei mit dem Antrag zu 1 unzulässig. Soweit dieser Antrag eine allgemeine Feststellungsklage im Hinblick auf die Feststellung des gegenwärtigen Bestands des Arbeitsverhältnisses enthalte, fehle es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, da das beklagte Land sich auf keine anderen Beendigungstatbestände aus den streitigen Befristungen berufe. Wenn die Auffassung der Klägerin zuträfe, es seien überhaupt keine Befristungen des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden, sei dies im Rahmen der Befristungskontrolle zu prüfen. Soweit der Antrag zu 1 eine Eingruppierungsfeststellungsklage enthalte, fehle auch insoweit das Rechtschutzinteresse. Die Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe 11 Stufe 5 plus - TV-L sei vom beklagten Land nicht in Abrede gestellt worden.

33

Die Befristungskontrollklage gerichtet gegen die Befristungsabreden in den Verträgen vom 08.07.2011 (mit der Änderung vom 14.07.2011), 17.01.2012 und 26.03.2012 sei unbegründet.

34

Zwar unterliege die Befristung im Vertrag vom 18.07.2011 ungeachtet der Tatsache, dass die Parteien nachfolgend weitere befristete Arbeitsverträge abgeschlossen hätten, der gerichtlichen Befristungskontrolle. Der vorprozessuale Schriftwechsel zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem beklagten Land vor Abschluss des weiteren befristeten Vertrages vom 17.01.2012 habe deutlich gemacht, dass die Klägerin bereits vom Bestand eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ausgehe. Die Interessenlage sei daher mit der Situation vergleichbar, dass ein weiterer befristeter Vertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen werde, in dem hinsichtlich eines vorangegangenen Vertrages bereits eine Befristungskontrollklage erhoben worden sei. Die Befristung sei aber durch einen sachlichen Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt, da die Befristung wegen der Elternzeit von Frau St. erfolgt sei. Die befristete Einstellung sei durch den konkreten vorübergehenden Ausfall von Frau St. veranlasst gewesen. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall der genannten Mitarbeiterin und der befristeten Einstellung der Klägerin sei vom Land ausreichend dargelegt worden, in dem dieses aufgezeigt habe, dass die Unterrichtsverpflichtung der Frau St. von 24 Stunden Deutschunterricht auf andere Lehrkräfte verteilt worden sei, die ihrerseits wiederum entsprechend Unterrichtsverpflichtungen in den Fächern Biologie und Sport an die Klägerin abgegeben hätten. Unerheblich sei auch, dass bei Vertragsschluss im Juli 2011 bereits absehbar gewesen sei, dass die Elternzeit von Frau St. über die vereinbarte Vertragslaufzeit hinaus andauern würde. Die Vertragslaufzeit des mit einer Vertretungskraft abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages könne auch hinter der voraussichtlichen Dauer der Verhinderung zurückbleiben, da es dem Arbeitgeber frei stehe, auch einen kürzeren Zeitpunkt zu wählen und danach über das Ob und Wie einer weiteren Vertretung erneut zu entscheiden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, die konkret vereinbarten Befristungen zur Vertretung seien nur vorgeschoben und damit missbräuchlich. Den befristeten Beschäftigungen seit Januar 2005 habe jeweils ein zeitweiliger Ausfall von Lehrerinnen und Lehrern zugrunde gelegen, den die Klägerin abgedeckt habe. Auch wenn zugunsten der Klägerin unterstellt werde, dass das beklagte Land über die unbefristet eingestellten Lehrerinnen und Lehrer hinaus ständig einen Vertretungsbedarf an Lehrkräften habe, sei nicht ersichtlich, dass dieser Vertretungsbedarf tatsächlich durch zusätzliche, unbefristet eingestellte Lehrer sinnvoll abgedeckt werden könnte. Aufgrund der unterschiedlichen Schultypen, der verschiedenen Fächerkombination und der räumlichen Diversifizierungen in einem Flächenstaat sei das Anforderungsprofil an die Vertretungskraft für die jeweils konkret ausfallende Stammkraft unterschiedlich. Daher stelle es keinen Missbrauch des Sachgrundes der Vertretung dar, wenn das beklagte Land jeweils durch die befristete Einstellung einer konkret - fachlich, örtlich und zeitlich -geeigneten Lehrkraft für die Vertretung der ausfallenden Stammkraft sorge. Aus den genannten Umständen halte die Befristung auch einer gemeinschaftsrechtlich gebotenen Missbrauchskontrolle stand.

35

Auch die im Arbeitsvertrag vom 17.01.2012 zum 28.03.2012 vereinbarte Befristung sei wirksam und könne sich auf den sachlichen Grund der Vertretung infolge des Fortbestands der Elternzeit der Frau St. stützen. Entsprechendes gelte für die mit Vertrag vom 26.03.2012 vereinbarte Befristung zum 29.06.2012, da infolge der Beurlaubung der Frau St. nach § 87 a LBG erneut ein Vertretungsbedarf bestanden habe.

36

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 30.07.2012 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 14.08.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26.09.2012, beim Landesarbeitsgericht am 27.09.2012 eingegangen, begründet. Zur Begründung ihres Rechtsmittels macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des weiteren Schriftsatzes vom 20.12.2012, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 249 f., 299 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

37

Dem allgemeinen Feststellungsantrag fehle nicht das Feststellungsinteresse. Wenn überhaupt kein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart worden sei, bedürfe es keiner weiteren Befristungskontrolle in Bezug auf die gemäß den Anträgen zu 2 bis 4 zur Überprüfung gestellten Verträge. Tatsächlich sei zwischen den Parteien überhaupt keine Befristung vereinbart worden, da in den dem Vertrag vom 24.02.2005 nachfolgenden Verträgen die Formulierung enthalten sei, dass der jeweilige Vertrag in Abänderung des Arbeitsvertrags vom 24.02.2005 geschlossen werde, so zum Beispiel im Vertrag vom 14.07.2011. Wenn aber dieser Vertrag geändert werden solle, spreche dies zugleich dafür, dass bei der gebotenen Auslegung der Arbeitsvertrag vom 24.02.2005 habe weiterhin gelten sollen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass zwischen den Parteien der Vertrag vom 25.02.2005 unbefristet fortbestanden habe und lediglich die Klägerin innerhalb des unbefristeten Vertrages jeweils befristet für verschiedene Lehrkräfte vertretungsweise tätig sein sollte. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin seit Februar 2007 nach Stufe 5 durchgehend vergütet werde. Auch für die Eingruppierungsfeststellungsklage könne ein Feststellungsinteresse nicht verneint werden. Das beklagte Land habe zwar erklärt, die von der Klägerin beanspruchte tarifliche Eingruppierung sei zutreffend. Dies schütze die Klägerin aber nicht davor, dass es zu fehlerhaften Bezügemitteilungen komme.

38

Die Befristungen gemäß der Verträge vom 08.07.,14.07.2011, 17.01.2012, 26.03.2012 seien unwirksam. Das Arbeitsgericht habe europarechtliche Vorgaben nach Maßgabe ihrer Ausformungen im Urteil des BAG vom 08.07.2012 (7 AZR 443/09) nicht ausreichend berücksichtigt. Die dort genannten Voraussetzungen zur Annahme eines institutionellen Rechtsmissbrauchs seien erfüllt. Ferner fehle es an einem Kausalzusammenhang zwischen der Elternzeit der Frau St. und der befristeten Einstellung der Klägerin. Hierfür spreche, dass dem beklagten Land bekannt gewesen sein müsse, dass die Elternzeit der Frau St. länger andauere als die Dauer der Befristungen gemäß den genannten Verträgen und Frau St. bereits lange Zeit vor dem 08.07.2011 in Elternzeit gewesen sei. Des Weiteren bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen Vertretungsbedarf und vereinbarter Befristungsdauer, insbesondere im Hinblick auf die Beurlaubung der Frau St. im Anschluss an die Elternzeit für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2024. Selbst wenn Frau St. von dem Recht Gebrauch mache, ihre Tätigkeit vorzeitig wieder aufzunehmen, könne sie von dieser Möglichkeit für das gesamte am 01.08.2012 beginnende Schuljahr keinen Gebrauch machen. Es bestehe an der Schule auch ein dauerhafter Bedarf an Sportunterricht. Auch schulrechtliche Bestimmungen (§ 25 Abs. 3 SchulG RP) stünden einer weiteren Beschäftigung nicht entgegen. Eine Lehrbefähigung für zwei Fächer sei nicht zwingend Voraussetzung einer Anstellung. Zu berücksichtigen sei auch, dass nicht nur Sportunterricht, sondern im Schuljahr 2011/2012 auch Biologieunterricht tatsächlich erteilt worden ist.

39

Die Klägerin beantragt unter Abänderung des angefochtenen Urteils,

40

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien aufgrund des Arbeitsvertrages der Parteien vom 25.02.2005 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der Arbeitsverträge vom 08.07.2011 und 14.07.2011 dahin besteht, dass die Klägerin am XY-Gymnasium, A. als Lehrerin im Umfang von 24 Wochenstunden bei einer Vergütung nach Entgeltgruppe 11, Stufe 5 + TV-L beschäftigt ist,

41

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede laut Änderungsvertrag vom 14.07.2011 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 08.07.2011 mit Ablauf des 31.01.2012 endete.

42

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede im Arbeitsvertrag der Parteien vom 17.01.2012 mit Ablauf des 28.03.2012 endete.

43

4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede laut Änderungsvertrag vom 26.03.2012/30.03.2012 mit Ablauf des 29.06.2012 endete.

44

Das beklagte Land beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 28.11.2012 sowie weiterem Schriftsatz vom 04.01.2013, auf die ergänzend jeweils Bezug genommen wird (Bl. 284 ff., 311 f. d. A.), als zutreffend und macht im Wesentlichen geltend:

47

Die Auffassung der Klägerin, auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 25.02.2005 bestehe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, sei im Hinblick auf den Abschluss nachfolgender, in sich abgeschlossener befristeter Arbeitsverträge unzutreffend. Die von der Klägerin zur Feststellung begehrte Eingruppierung sei unstreitig. Die diesbezügliche Feststellungsklage sei daher unzulässig. Für die befristeten Verträge vom 08.07.2011, 17.01.2012 und 26.03.2012 habe jeweils der Sachgrund der Vertretung bestanden. Hieran ändere auch nichts, dass die vertretene Mitarbeiterin St. schon vor dem 08.08.2011 mehrere Jahre lang ausgefallen war, da auch diesem Ausfall jeweils Elternzeiten zugrunde gelegen hätten. § 21 BEEG lasse im Übrigen auch Befristungen für Teile der Elternzeit zu. Die Beurlaubung nach § 87 a LBG lasse ein schuljahresbezogenes Rückkehrrecht zu, weshalb die Befristung gemäß Arbeitsvertrag vom 26.03.2012 bis zum 29.06.2012 erfolgt sei. Das beklagte Land habe auch von einer Rückkehrprognose ausgehen können. Bloße Zweifel daran, ob der vertretene Arbeitnehmer zurückkehre, reichten zur Erschütterung einer Rückkehrprognose nicht aus. Soweit ein dauerhafter Bedarf im Fach Sport angesprochen sei, könne die Klägerin nicht planmäßig am Gymnasium eingestellt werden, da hierfür die Lehrbefähigung in zwei Unterrichtsfächern notwendig sei. Die für das Frühjahr 2012-2013 zu besetzende Planstelle am Gymnasium sei im Sinne einer bestmöglichen Deckung des Personalbedarfs und eines starken Bedarfs im Unterrichtsfach Erdkunde mit Herrn R. besetzt worden. Ein dauerhafter Zusatzbedarf für die Klägerin nur im Fach Sport zu unterrichten, bestehe nicht. Auch ein institutioneller Rechtsmissbrauch liege nicht vor. Dieser scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin nach § 25 Abs. 3 SchulG RP die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfülle. Der immer wieder eintretende Vertretungsbedarf und der hinreichende Kausalzusammenhang mit der jeweils befristeten Einstellung der Klägerin sei durchgängig dargelegt. Der Schulbereich sei durch enge Vorgaben des Gesetz- und Verordnungsgeber gekennzeichnet, da nur hierdurch der staatliche Bildungsauftrag erfüllt werden könne. Lehrkräfte seien nicht ohne weiteres austauschbar. Notwendig sei vielmehr eine schuljahres- sowie fachbezogene Sichtweise unter Berücksichtigung der Struktur der Beschäftigungsschule.

48

Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2013 (Bl. 314 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

49

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und - auch inhaltlich ausreichend - begründet.

B.

50

In der Sache hat das Rechtsmittel der Klägerin in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

51

Das mit dem Berufungsantrag zu 1 verfolgte Feststellungsbegehren ist zum Teil unzulässig. Soweit es zulässig ist, ist es unbegründet.

1.

52

Mit ihrem Antrag zu 1 begehrt die Klägerin mehrere Feststellungen: Zum einen die Feststellung, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, wobei die Klägerin geltend macht, es sei überhaupt keine Befristung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden. Zum anderen beinhaltet der Antrag die Feststellung des zeitlichen Umfangs des wahrzunehmenden Unterrichtsdeputats und schließlich die begehrte Feststellung der tariflichen Entgeltgruppe. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht nur für die beiden zuerst genannten Feststellungsbegehren, nicht aber für die Feststellung der tariflichen Eingruppierung. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien auf der Grundlage des Vertrages vom 25.02.2005 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, ergibt sich aus ihrer Berufungsbegründung, dass sie der Auffassung ist, der genannte Vertrag bestehe fort und die nachfolgenden Verträge hätten nur den jeweiligen Einsatz der Klägerin regeln sollen. Die Klägerin macht damit nicht geltend, dass eine Befristung rechtsunwirksam sei, sondern dass überhaupt keine Befristung zwischen den Parteien vereinbart sei. Wird nicht die Unwirksamkeit einer Befristung, sondern das Fehlen einer Befristungsvereinbarung geltend gemacht, hat dies nicht mit einer Befristungskontrollklage, sondern mit einer allgemeinen Feststellungsklage zu erfolgen (BAG 16.04.2008 - 7 AZR 132/07 -, juris; KR-KSchG/Bader, 10. Auflage, § 17 TzBfG, Rz. 5). Damit kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht unter Verweis auf die Möglichkeit einer Befristungskontrollklage verneint werden. Ein Feststellungsinteresse besteht auch für die begehrte Feststellung des wöchentlichen Lehrdeputats. Wenn die Auffassung der Klägerin zuträfe, dass zwischen den Parteien überhaupt keine Befristung vereinbart worden wäre, besteht angesichts der mehrfachen Veränderungen des Arbeitszeitdeputats in den nachfolgenden Verträgen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des arbeitsvertraglich maßgeblichen Inhalts. Soweit die Klägerin allerdings die Feststellung der Vergütungspflichtigkeit ihrer Tätigkeit Entgeltgruppe 11, Stufe 5 plus TV-L begehrt, fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Das beklagte Land hat bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 27.03.2012 und im Verfahren fortlaufend bekräftigt, dass die von der Klägerin in Anspruch genommene Entgeltgruppe zutreffend ist. Es bedarf daher keiner gerichtlichen Feststellung. Das Feststellungsinteresse folgt auch nicht daraus, dass möglicherweise trotz der übereinstimmenden Auffassung der Parteien zur zutreffenden Eingruppierung der Klägerin in Entgeltabrechnungen Fehler unterlaufen sind. Derartige Fehler können auch im Falle eines Feststellungsurteils vorkommen.

2.

53

Soweit die Feststellungsbegehren zulässig sind, sind sie nicht begründet.

a)

54

Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Arbeitsvertrages vom 25.02.2005 besteht, kann nicht getroffen werden. Die von der Klägerin vertretene Auslegung des Vertrages vom 25.02.2005 ist nicht möglich:

55

Bereits nach dem Wortlaut des genannten Vertrages (Bl. 19 f. d. A.) handelt es sich um einen insgesamt zweck- und zeitbefristeten Vertrag, da dieser vorsieht, dass die Klägerin längstens bis zum 06.05.2005 beschäftigt wird. Dem Wortlaut nach handelt es sich damit nicht um den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nebst der dann erfolgten Zuweisung einer konkreten Tätigkeit für eine bestimmte Zeit. Vielmehr kommt im Wortlaut eindeutig zum Ausdruck, dass das Vertragsverhältnis insgesamt spätestens mit Ablauf des 06.05.2005 seine Beendigung finden sollte. Auch die nachfolgende Vertragspraxis spricht nicht für das von der Klägerin vertretene Verständnis. Unzutreffend ist zunächst, dass in den nachfolgenden Vereinbarungen der Vertrag vom 25.02.2005 jeweils in Bezug genommen worden sei. Dies ist bei den Verträgen vom 17.10.2006 (Bl. 25 f. d. A.), 29.07.2007 (Bl. 27 f. d. A.), 13.08.2007 (Bl. 30 ff. d. A.), 08.09.2008 (Bl. 34 ff. d. A.), 07.01.2009 (Bl. 40 ff. d. A.), 24.08.2009 (Bl. 44 ff. d. A.), 07.01., 10.02. und 09.08.2010 (Bl. 47, 50, 53 ff. d. A.) nicht der Fall. Auch der Vertrag vom 08.07.2011 (Bl. 16 ff. d. A.) enthält keinen Bezug zum Vertrag vom 25.02.2005. Bei den genannten Verträgen handelte es sich jeweils nach Wortlaut und Inhalt um vollständige, die wesent-lichen Inhalte eines Arbeitsverhältnisses regelnden Verträge. Dadurch, dass die genannten Verträge jeweils ausdrücklich regeln, dass das Arbeitsverhältnis befristet ist, musste für die Klägerin erkennbar sein, dass das beklagte Land von einer rechtlichen Beendigung mit Fristablauf ausging und nicht nur einzelne inhaltliche Bestimmungen eines weiter fortbestehenden Arbeitsverhältnisses aus dem Jahre 2005 modifizieren wollte. Wenn - wie die Klägerin meint - vertraglich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden wäre und durch die nachfolgenden Vereinbarungen nur habe festgelegt werden sollen, für welche verschiedenen, zu vertretenen Lehrkräfte die jeweilige Beschäftigung erfolgen solle, hätte es der nachfolgenden Verträge in dieser Form nicht bedurft. In welcher Weise die Klägerin eine vertragliche Unterrichtsverpflichtung zu erbringen hatte, hätte in diesem Fall ohne vertragliche Regelung durch Ausübung des Direktionsrechts festgelegt werden können. Auch soweit die Klägerin darauf verweist, dass ab dem Jahre 2007 durchgängig eine Vergütung nach derselben Vergütungsgruppe erfolgt sei, ergibt sich daraus nichts anderes: § 16 Abs. 3 TV-L stellt auf Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit und nicht auf den durchgängigen Bestand eines einheitlichen, auf einem Vertrag beruhenden Arbeitsverhältnisses ab.

3.

56

Damit kann aber die weiter begehrte Feststellung eines Unterrichtsdeputats von 24 Wochenstunden nicht getroffen werden, da diese gerade auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach dem Arbeitsvertrag vom 25.02.2005 erfolgen soll. Wie ausgeführt, kann aber die demnach vorausgesetzte Feststellung, dass zwischen den Parteien auf der Grundlage des Vertrages aus dem Jahre 2005 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, nicht getroffen werden.

II.

57

Soweit die Klägerin mit ihren Berufungsanträgen zu 2 bis 4 im Wege der Befristungskontrollklage und insoweit mit den Vorgaben nach § 17 TzBfG entsprechenden Feststellungsanträgen die Unwirksamkeit der Befristungen gemäß der Verträge vom 08.07.2011, 17.01.2012 sowie 26.03./30.03.2012 geltend macht, hat die Berufung Erfolg.

1.

58

Die Berufungskammer geht mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass die genannten Verträge der gerichtlichen Befristungskontrolle unterliegen. Hinsichtlich des Vertrages vom 26./30.03.2012 handelt es sich um den letzten, zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag. Die Klagefrist des § 17 TzBfG wurde durch den klageerweiternden Schriftsatz vom 30.04.2012 gewahrt. Aber auch die Befristungen gemäß den Verträgen vom 17.01.2012 und 08.07.2011 sind der gerichtlichen Befristungskontrolle nicht entzogen. Beide Befristungen wurden innerhalb der Frist des § 17 TzBfG gerichtlich angegriffen. Hinsichtlich des Vertrages vom 08.07.2011 mit Befristungsende zum 31.01.2012 wurde die Klage am 13.02.2012 anhängig. Bezüglich des Vertrages vom 17.01.2012 mit Befristungsablauf zum 31.03.2012 wurde die Klagefrist durch Klageerweiterung gemäß Schriftsatz vom 09.02.2012 gewahrt.

59

Zwar kann ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen, wenn er mit dem Arbeitgeber "vorbehaltlos" einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt. Hierbei handelt es sich indessen nur um eine Auslegungsregel, die nicht bindend ist. Die Frage, ob die Parteien mit dem Abschluss eines Folgevertrages einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen (BAG 18.07.2012 - 7 AZR 783/10 - NZA 2012, 1359). Hinsichtlich des Vertrages vom 17.01.2012 hat die Klägerin ausdrücklich schriftlich in der Vertragsurkunde vermerkt, dass der Vertragsschluss unter Vorbehalt erfolge, da sie davon ausgehe, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien mit diesem Vertrag den vorangegangenen Vertrag vom 08.07.2011 hätten aufheben wollen. Entsprechendes gilt auch für den Vertrag vom 17.01.2012. Die Befristung gemäß diesem Vertrag wurde mit Schriftsatz vom 09.02.2012 gerichtlich angegriffen, also zu einem Zeitpunkt, in welchem der letzte befristete Vertrag zwischen den Parteien vom 26./30.03.2012 noch nicht abgeschlossen war. Wenn aber die Parteien nach Rechtshängigkeit einer Klage gemäß § 17 TzBfG weitere befristete Verträge ohne ausdrücklichen Vorbehalt abschließen, ist regelmäßig anzunehmen, dass diese Folgeverträge einen konkludenten Vorbehalt enthalten (BAG, 10.03.2004 - 7 AZR 402/03 -, NZA 2004, 925).

2.

60

Die Berufungskammer geht ferner mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass die Befristungen gemäß den genannten Verträgen an sich auf den Sachgrund der Vertretung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gestützt werden konnten.

61

Die Berufungskammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil in den Entscheidungsgründen zu II. 1 c), 2 b) und 3 b) und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sind insoweit nur folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:

a)

62

Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den Rechtsgrundsätzen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Sachgrund der Vertretung ausgegangen. Auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 26.01.2012 (C 586/10 - (Kücük), EzA § 14 TzBfG Nr. 80) hat das Bundesarbeitsgericht mit den beiden Urteilen vom 18.07.2012 (7 AZR 443/09 und 7 AZR 783/10, NZA 2012, 1351 und NZA 2012, 1359) an diesen Rechtsgrundsätzen festgehalten. Danach liegt der Sachgrund der Vertretung zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt, aber auch dann, wenn der Vertreter mit anderen Aufgaben betraut wird und dabei sichergestellt ist, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Ein ständiger Vertretungsbedarf steht dem Vorliegen eines Sachgrundes nicht entgegen. Eine Deckungsgleichheit zwischen der Dauer des zu erwartenden Vertretungsbedarfs und der Befristungsdauer ist nicht erforderlich. Schließlich führt allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer "Befristungskette" nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung strengere Anforderungen zu stellen sind.

63

Den drei genannten Verträgen lagen jeweils Vertretungsfälle in diesem Sinne zugrunde. Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund der Vertretung besteht darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, den die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet. Dies war hinsichtlich aller drei Verträge der Fall. Bei den Verträgen vom 08.07.2011 und 17.01.2012 befand sich die Mitarbeiterin St. jeweils in Elternzeit, so dass das beklagte Land arbeitsvertraglich rechtlich an diese Mitarbeiterin gebunden war und aufgrund des zeitlich begrenzten Charakters der Elternzeit mit deren Rückkehr hat rechnen müssen. Entsprechendes gilt für den Vertrag vom 26./30.03.2012. Auch die der Mitarbeiterin St. gewährte Beurlaubung war ihrer Art nach vorübergehend. Das beklagte Land musste nach Ende des Beurlaubungszeitraums bzw. bei Inanspruchnahme eines vorzeitigen Rückkehrrechts durch die Mitarbeiterin St. mit deren Rückkehr rechnen.

64

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin hat das beklagte Land auch hinreichend die Ursächlichkeit des Arbeitsausfalls des Arbeitsausfalls der Frau St. für die jeweils befristeten Einstellungen der Klägerin dargelegt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das beklagte Land insoweit die gebildete Vertretungskette vollständig und nachvollziehbar dargestellt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf verwiesen. Zwar wurden der Klägerin nicht die Unterrichtsfächer der Frau St. zugewiesen. Vielmehr wurden die bisher Frau St. obliegenden Unterrichtsverpflichtungen anderen Lehrkräften übertragen, die aufgrund dieser zusätzlichen Verpflichtung ihrerseits Sportstunden abgeben mussten, die sodann von der Klägerin erteilt wurden. Dass die jeweils vereinbarte Befristungsdauer hinter der zu erwartenden Dauer des Vertretungsbedarfs zurückblieb, ist nach den dargestellten Rechtsprechungsgrundsätzen für die Frage, ob an sich der Sachgrund der Vertretung vorliegt, unerheblich.

3.

65

Trotz des vom Arbeitsgericht demnach zu Recht angenommenen Sachgrunds der Vertretung ist die Berufungskammer in Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht in den Urteilen vom 18.07.2012 (a. a. O.) in erster Konkretisierung der nach dem Urteil des EuGH vom 26.01.2012 (C 586/10 - Kücük -) unionsrechtlich gebotenen Missbrauchskontrolle im Sinne einer ersten Orientierung entwickelten Rechtsgrundsätze der Auffassung, dass unter Berücksichtigung des vorliegenden Falles ein sogenannter institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert ist, ohne dass es dem beklagten Land gelungen wäre, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

a)

66

Nach den genannten Urteilen des Bundesarbeitsgerichts verlangt die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles, wobei von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen sind. Von Bedeutung kann ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Zu berücksichtigen ist ferner regelmäßig die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr eines Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt. Soweit die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen sind, kann eine gravierende Überschreitung der in §§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen, innerhalb derer eine sachgrundlose Befristung möglich ist, eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeiten zur Sachgrundbefristung indizieren. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

b)

67

In Anwendung dieser Grundsätze ist Folgendes festzuhalten: Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen wurden kumulativ um ein mehrfaches überschritten. Die befristete Beschäftigung der Klägerin beschränkte sich nicht nur auf deren Tätigkeit im Gymnasium des beklagten Landes, in welchem die Klägerin beginnend ab 10.01.2005 für die Dauer von 7 Jahren und 5 Monaten beschäftigt war. Die Klägerin war insoweit bereits vor dem 10.01.2005 im Zeitraum 23.09.2002 bis 13.12.2004 mit einer nur kurzfristigen zeitlichen Unterbrechung von nur gut zwei Monaten ebenfalls beim beklagten Land, also weitere 2 Jahre beschäftigt, so dass sich eine Gesamtdauer befristeter Beschäftigungen von 9 Jahren und 5 Monaten und damit eine ganz erhebliche Überschreitung der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten zeitlichen Grenze ergibt. Ebenfalls ergibt sich eine gravierende Überschreitung der in § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG genannten Anzahl zulässiger Befristungen. Insgesamt wurden mit der Klägerin allein ab dem Jahr 2005 17 befristete Verträge abgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Klägerin jedenfalls seit dem Jahre 2005 durchgehend mit den gleichen Aufgaben, nämlich im Wesentlichen mit der Erteilung von Sportunterricht beschäftigt wurde.

68

Ferner ist als weiterer, einen institutionellen Rechtsmissbrauch indizierender Umstand zu berücksichtigen, dass weitestgehend die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge zeitlich hinter dem jeweils zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückblieben.

69

Bei den Verträgen, die zur Elternzeitvertretung der Mitarbeiterinnen M., J. und . G. geschlossen wurden, ist zu berücksichtigen, dass die Inanspruchnahme der Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 BEEG eine vorherige Erklärung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin über die beabsichtigte Dauer und die Verteilung der Elternzeit voraussetzt. Bezüglich der Elternzeitvertretung der Frau St. war diese zunächst bis zum 30.06.2010 vorgesehen; danach erfolgte eine Verlängerung bis zum 31.03.2012. Hieraus folgt, dass bei Abschluss des Vertrages vom 08.07.2011 bekannt war, dass die Elternzeit jedenfalls bis zum 31.03.2012 in Anspruch genommen werden sollte. Soweit schließlich mit Vertrag vom 26.03.2012 im Hinblick auf die Beurlaubung der Frau St. nach § 87 a LBG eine Befristung erfolgte, war auch hier absehbar, dass die Beurlaubung der Frau St. keinesfalls bereits zum 29.06.2012 enden würde. Eine Rückkehr der Frau St. aus der Beurlaubung war unter Berücksichtigung des Schreiben des beklagten Landes vom 15.02.2012 (Bl. 296 f. d. A.) erstmals zum 01.08.2013 möglich, da eine vorzeitige Wiederaufnahme des Dienstes voraussetzt, dass dies bis spätestens 01.02. des entsprechenden Jahres beantragt wird. Diese Antragsfrist aber war für das Jahr 2012 zum Zeitpunkt der Bewilligung der Beurlaubung bereits abgelaufen.

70

Angesichts dieser Umstände ist ein institutioneller Rechtsmissbrauch indiziert, so dass es nunmehr Sache des beklagten Landes gewesen wäre, diesen indizierten Gestaltungsmissbrauch durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften. Dies ist dem beklagten Land nicht gelungen.

71

Soweit das beklagte Land darauf verweist, dass den befristeten Verträgen jeweils an sich ein Sachgrund zugrunde gelegen habe, weil es sich jeweils um konkrete, nachvollziehbare Vertretungsfälle gehandelt habe, stellt dies keinen besonderen Umstand im Sinne der dargestellten Rechtssprechungsgrundsätze dar, da dies den Sachgrund selbst betrifft, bei dessen Fehlen es eines Rückgriffs auf das Institut des institutionellen Rechtsmissbrauchs nicht bedurfte. Ebenso wenig stellt es einen besonderen Umstand dar, dass ein Vertretungsbedarf bezogen auf das Land angesichts der unterschiedlichen Schultypen, der mannigfachen Fächerkombinationen und der großen räumlichen Diversifizierung in einem Flächenstaat hinsichtlich des Anforderungsprofils an eine Vertretungskraft nur schwer prognostizierbar sein mag, obwohl konkrete Ausführungen des beklagten Landes etwa dazu, ob und in welchem Umfang in der Vergangenheit bei landesweiter Betrachtung ein Vertretungsbedarf für das Fach Sport bestand, fehlen. Zu berücksichtigen ist insoweit aber, dass nach der Erklärung der Schulleiterin in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer vom 11.01.2013 ein Einsatz von Lehrern im Benehmen mit der jeweiligen Lehrkraft auch in einem Fach erfolgen kann, welches nicht der Fächerkombination der jeweiligen Lehrkraft entspricht. Von dieser Möglichkeit wurde im Falle der Klägerin im Schuljahr 2011/2012 auch Gebrauch gemacht, da diese neben dem Fach Sport auch Biologie unterrichtete. Schließlich stellt auch der vom Land geltend gemachte Gesichtspunkt, dass eine Einstellung als Lehrer/Lehrerin eine Lehrberechtigung in zwei Fächern voraussetzt, keinen Gesichtspunkt dar, der die Indizwirkung entkräftet. Zutreffend ist, dass nach § 2 Abs. 1 der Landesverordnung über die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien sowie nach § 2 Abs. 2 b der Landesverordnung über die Ausbildung und zweite Staatsprüfung für das Lehramt in Gymnasien sich die Lehramtsprüfung auf zwei Unterrichtsfächer bezieht. Das Durchlaufen dieser Ausbildung und der sich hierauf beziehenden Prüfungen ist aber für eine Beschäftigung als Lehrkraft im Anstellungsverhältnis nicht zwingend. § 25 Abs. 3 SchulG RP lässt in Ausnahmefällen auch die Beschäftigung einer Lehrkraft im Anstellungsverhältnis zu, die nach der Feststellung der Schulbehörde für das Lehramt geeignet sind. Wenn das beklagte Land sich nunmehr auf das grundsätzliche Erfordernis einer sogenannten 2-Fächer-Kombination beruft, setzt es sich in Bezug auf die Klägerin in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten: Die Klägerin wurde jahrelang als angestellte Lehrkraft beschäftigt und zudem - wenn auch nur in einem Schuljahr - mit der Erteilung eines weiteren Unterrichtsfachs beauftragt.

III.

72

Das angefochtene Urteil war daher wie aus dem Tenor zu 1 ersichtlich abzuändern. Da zum Zeitpunkt der schriftlichen Niederlegung der Urteilsformel das mittels Tonaufzeichnungsgerät aufgezeichnete Protokoll der Verhandlung vom 11.01.2013 noch nicht vorlag, hat die Berufungskammer übersehen, dass der mit Schriftsatz vom 20.12.2012 (Bl. 299 d. A.) angekündigte Antrag tatsächlich nicht gestellt wurde und hat deshalb irrtümlich mit Tenor zu II. nicht nur die Berufung, soweit sie unbegründet ist, sondern auch die Klageerweiterung zurückgewiesen. Die Berufungskammer bittet dies zu entschuldigen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

8

I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

9

1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

10

2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

11

II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

12

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

13

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

14

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

15

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

16

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

17

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

18

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

19

2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

20

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

21

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

22

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

23

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

24

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

25

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

27

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Mai 2009 - 4 Sa 877/08 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Klägerin war beim beklagten Land als Justizangestellte in der Zeit vom 2. Juli 1996 bis zum 31. Dezember 2007 aufgrund von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Zuvor hatte sie am Amtsgerichts Köln vom 1. September 1994 bis zum 2. Juli 1996 eine Ausbildung absolviert. Dort wurde sie anschließend durchgehend als Justizangestellte im Geschäftsstellenbereich der Zivilprozessabteilung eingesetzt. Die Befristungen dienten mit einer Ausnahme der Vertretung vorübergehend beurlaubter Justizangestellter.

3

Nach § 1 des letzten zwischen den Parteien am 12. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 geschlossenen Arbeitsvertrags wurde die Klägerin „zur Vertretung der Mitarbeiterin K, die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Sonderurlaub erhalten hat“, befristet weiterbeschäftigt. Frau K, die seit 1980 beim Amtsgericht Köln als Vollzeitkraft angestellt ist, nahm nach der Geburt ihrer beiden Kinder ab 1995 Erziehungsurlaub in Anspruch; anschließend bewilligte ihr das beklagte Land nach Maßgabe der einschlägigen tariflichen Bestimmungen Sonderurlaub ohne Bezüge, zunächst bis zum 31. Dezember 2002, sodann jeweils jährlich, zuletzt bis zum 31. Dezember 2007. Nach dem mit Frau K geschlossenen Arbeitsvertrag bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Der Präsident des Amtsgerichts Köln unterrichtete den Personalrat unter dem 29. November 2006 über die mit der Klägerin bis zum 31. Dezember 2007 beabsichtigte befristete Vertragsverlängerung und gab als Grund die Vertretung der Mitarbeiterin K an. Der Personalrat verlangte keine weiteren Informationen und stimmte am 30. November 2006 der beabsichtigten Maßnahme zu. Nach ihrem Sonderurlaub wurde Frau K ab dem 1. Januar 2008 mit 75 vH einer Vollzeitstelle in der Haftabteilung des Amtsgerichts eingesetzt.

4

Die Klägerin hat mit der Befristungskontrollklage vom 18. Januar 2008 die Auffassung vertreten, die zum 31. Dezember 2007 vereinbarte Befristung sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Bei insgesamt 13 befristeten, sich über einen Zeitraum von über elf Jahren jeweils unmittelbar aneinander anschließenden Arbeitsverträgen könne nicht mehr von einem Vertretungsfall im Sinne dieser Vorschrift ausgegangen werden. Eine Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts, nach der eine derartige „Kettenbefristung“ als wirksam erachtet werde, befinde sich nicht mehr im Einklang mit § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Die Befristung sei außerdem wegen Verstoßes gegen das LPVG NW unwirksam.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung im Vertrag vom 12. Dezember 2006 am 31. Dezember 2007 beendet worden ist.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die letzte Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Dem stehe ein etwa beim Amtsgericht Köln vorhandener dauerhafter Vertretungsbedarf nicht entgegen. Jeder Vertretungsfall müsse befristungsrechtlich isoliert beurteilt werden. Selbst wenn ein Vertretungsbedarf immer wieder auftrete, müssten größere Unternehmen oder Dienststellen keine ständige Personalreserve bilden. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Vorabentscheidung vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) die nationalen Gerichte nach § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung zu der Missbrauchskontrolle auch einer Sachgrundbefristung anhalte, habe die Klägerin keine besonderen Umstände für die Annahme eines dem beklagten Land anzulastenden Rechtsmissbrauchs vorgetragen. Allein die Anzahl und Dauer der Befristungen reiche dafür so wenig aus wie die persönliche und familiäre Situation der Klägerin.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Befristungskontrollklage weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision. Der Senat hat den Gerichtshof mit Beschluss vom 17. November 2010 (- 7 AZR 443/09 (A) - BAGE 136, 168) um Vorabentscheidung gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union(AEUV) über folgende Fragen ersucht:

        

1.    

Verstößt es gegen § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999, eine nationale Bestimmung, die wie § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz(TzBfG) vorsieht, dass ein sachlicher Grund zur wiederholten Befristung eines Arbeitsvertrags vorliegt, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, dahin auszulegen und anzuwenden, dass der sachliche Grund auch im Falle eines ständigen Vertretungsbedarfs gegeben ist, obwohl der Vertretungsbedarf auch gedeckt werden könnte, wenn der betreffende Arbeitnehmer unbefristet eingestellt und ihm die jeweilige Vertretung eines der regelmäßig ausfallenden Arbeitnehmer übertragen würde, der Arbeitgeber sich aber vorbehält, jeweils neu zu entscheiden, wie er auf den konkreten Ausfall von Arbeitnehmern reagiert?

        

2.    

Falls der Gerichtshof die Frage zu 1. bejaht:

                 

Verstößt die in der Frage zu 1. beschriebene Auslegung und Anwendung einer nationalen Bestimmung wie derjenigen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG unter den in der Frage zu 1. beschriebenen Umständen auch dann gegen § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999, wenn der nationale Gesetzgeber mit dem in einer nationalen Bestimmung wie derjenigen des § 21 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz(BEEG) geregelten, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigenden Sachgrund der Vertretung jedenfalls auch das sozialpolitische Ziel verfolgt, Arbeitgebern die Bewilligung sowie Arbeitnehmern die Inanspruchnahme von Sonderurlaub, etwa aus Gründen des Mutterschutzes oder der Erziehung, zu erleichtern?

8

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) erkannt:

        

„Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge ist dahin auszulegen, dass die Anknüpfung an einen vorübergehenden Bedarf an Vertretungskräften in nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden grundsätzlich einen sachlichen Grund im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann. Aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber gezwungen sein mag, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen, und dass diese Vertretungen auch durch die Einstellung von Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen gedeckt werden könnten, folgt weder, dass kein sachlicher Grund im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der genannten Rahmenvereinbarung gegeben ist, noch das Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne dieser Bestimmung. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse durch einen solchen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, müssen die Behörden der Mitgliedstaaten jedoch im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten alle Umstände des Falles einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder -verhältnisse berücksichtigen.“

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Die Parteien halten auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs an ihren Anträgen fest.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann noch nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung des letzten am 12. Dezember 2006 zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags wirksam ist. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass für diese Befristung der Sachgrund der Vertretung vorlag. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung der Vorabentscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend spricht die elf Jahre übersteigende Gesamtdauer der insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträge dafür, dass der bei der letzten Befristungsabrede vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde. Die Sache war gleichwohl nicht abschließend entscheidungsreif, sondern an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

11

A. Gegenstand der vorliegenden am 18. Januar 2008 rechtzeitig innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG erhobenen Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien am 12. Dezember 2006 zum 31. Dezember 2007 getroffene Befristungsabrede.

12

I. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07  - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand ( § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

13

II. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

14

B. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Nicht abschließend beurteilen lässt sich dagegen, ob die Befristung der darüber hinaus gebotenen Missbrauchkontrolle standhält.

15

I. Die streitbefangene Befristung war an sich durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Der Senat hält insoweit auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest. Entscheidend ist danach ausschließlich, ob zum Zeitpunkt der streitbefangenen Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Darauf, ob ein ständiger Vertretungsbedarf bestand, den der Arbeitgeber ebenso durch eine Personalreserve von unbefristet eingestellten Arbeitnehmern abdecken könnte, kommt es für die Beurteilung des Vorliegens des Sachgrunds der Vertretung nicht an. Auch sind weder an den sachlichen Grund mit zunehmender Anzahl der aufeinanderfolgenden befristeten Verträge „gesteigerte Anforderungen“ zu stellen noch ändert sich der Prüfungsmaßstab bei der vom Arbeitgeber in Fällen der Vertretungsbefristung anzustellenden Prognose.

16

1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

17

a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

18

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

19

c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer der „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

20

aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

21

bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

22

cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

23

2. Der Senat hält auch nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Vorabentscheidung veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

24

a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Die Vorabentscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

25

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

26

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

27

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

28

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

29

bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80 ). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

30

c) Die Vorabentscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren von der deutschen Bundesregierung vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Vorabentscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten B II).

31

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Die im Arbeitsvertrag vom 12. Dezember 2006 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin erfolgte zur Vertretung der Justizangestellten K.

32

a) Das beklagte Land hat die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin der abwesenden Mitarbeiterin K erkennbar gedanklich zugeordnet. Dies ergibt sich aus § 1 des Arbeitsvertrags vom 12. Dezember 2006 sowie aus der Unterrichtung des Personalrats vom 29. November 2006. Danach wurde die Klägerin „zur Vertretung der Mitarbeiterin K, die in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007 Sonderurlaub erhalten hat“, befristet weiterbeschäftigt.

33

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land hätte die Aufgaben der Klägerin als Servicekraft in der Geschäftsstelle der beurlaubten Justizangestellten K im Falle ihrer Anwesenheit rechtlich und tatsächlich übertragen können, wenn sie im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Vertrags mit der Klägerin in den Dienst zurückgekehrt wäre.

34

aa) Das beklagte Land wäre zu einer solchen Aufgabenübertragung rechtlich befugt gewesen. Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich verpflichtet, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die dem Merkmal seiner Vergütungsgruppe entspricht, wenn ihm dies billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01  - zu II 2 d aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25). Nach dem mit Frau K geschlossenen Arbeitsvertrag bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ersetzenden Tarifverträgen. Die Befugnis des beklagten Landes, Frau K im Wege des Direktionsrechts andere Aufgaben als die von ihr bisher in der Haftabteilung ausgeübten zu übertragen, folgt damit aus § 4 Abs. 1 TV-L, der die entsprechende Vorschrift in § 12 Abs. 1 BAT ersetzt hat.

35

bb) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hätte das beklagte Land Frau K die Aufgaben der Klägerin auch tatsächlich zuweisen können. Nach den erstinstanzlichen, vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen und nicht mit Revisionsrügen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO angegriffenen Feststellungen bestand zwischen beiden Arbeitnehmerinnen eine „fachliche Austauschbarkeit“. Frau K hätte danach die der Klägerin übertragenen Aufgaben aufgrund ihrer Ausbildung und bisherigen Tätigkeit ausüben können. Dem steht nicht entgegen, dass sie vor ihrer Elternzeit als Schreibkraft in der Haftabteilung gearbeitet hat und erst nach einer - auch längeren - Einarbeitungsphase, die alle ehemaligen Schreibkräfte absolvieren mussten, als Servicekraft mit der Wahrnehmung höherwertiger Geschäftsstellenaufgaben eingesetzt werden könnte. Rechtlich unerheblich ist insoweit, dass das beklagte Land der Justizangestellten K nach deren Rückkehr nicht den Arbeitsplatz der Klägerin übertragen, sondern sie auf ihren Wunsch hin wieder in der Haftabteilung eingesetzt hat. Maßgeblich sind die Voraussetzungen bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags. Es steht der Kausalität der Vertretungsbefristung folglich auch nicht entgegen, dass Frau K ihre Arbeitszeit anschließend auf 75 vH einer Vollzeitkraft reduziert hat.

36

II. Trotz des vom Landesarbeitsgericht hiernach zu Recht angenommenen Sachgrunds der Vertretung stellt sich das angefochtene Urteil auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen und Erwägungen nicht als zutreffend dar. Das Landesarbeitsgericht hat es - wenngleich nach der bisherigen Senatsrechtsprechung konsequent - zu Unrecht unterlassen, die jedenfalls aus Gründen des Unionsrechts gebotene, nach deutschem Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende umfassende Missbrauchskontrolle durchzuführen. Im vorliegenden Streitfall sprechen Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Arbeitsverträge dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Der Senat konnte der Klage dennoch nicht stattgeben. Der Rechtsstreit war vielmehr an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um dem beklagten Land Gelegenheit zu geben, noch besondere Umstände vorzutragen, die der Annahme des an sich indizierten Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

37

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO, unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn. 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168 ).

38

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

39

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00 - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

40

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

41

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

42

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie insbesondere die Missbrauchsprüfung durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

43

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls im Streitfall bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert ist, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 783/10 - bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten und vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen.

44

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat in der Vorabentscheidung die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

45

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

46

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

47

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

48

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch - sei es alternativ, sei es kumulativ - mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

49

4. Das Landesarbeitsgericht hat die im Streitfall gebotene umfassende Missbrauchskontrolle bisher nicht vorgenommen. Die Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen sprechen vorliegend dafür, dass das beklagte Land die an sich eröffnete Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen wurden hierdurch in besonders gravierendem Ausmaß überschritten. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass die Klägerin in allen befristeten Vertragsverhältnissen stets dieselben Aufgaben zu verrichten hatte und ersichtlich beim Amtsgericht Köln ein ständiger Vertretungsbedarf hinsichtlich der von der Klägerin verrichteten Tätigkeit besteht. Trotz des hiernach im Streitfall indizierten Rechtsmissbrauchs und der damit indizierten Unwirksamkeit der streitbefangenen Befristungsabrede konnte der Senat der Klage nicht abschließend stattgeben. Das beklagte Land hat aufgrund der bisherigen Rechtsprechung keine Veranlassung gehabt, trotz Vorliegens eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds in tatsächlicher Hinsicht zur Frage eines möglichen Rechtsmissbrauchs vorzutragen. Ihm muss daher Gelegenheit gegeben werden, nach einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgerichts in tatsächlicher Hinsicht noch zur Frage des Rechtsmissbrauchs Stellung zu nehmen und ggf. besondere Umstände vorzutragen, die den nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen an sich indizierten Missbrauch auszuräumen geeignet sind.

50

III. Die Sache ist auch nicht aus anderen Gründen im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO entscheidungsreif. Insbesondere kann der Klage nicht etwa mit der Begründung entsprochen werden, die Befristungsabrede sei wegen fehlender Zustimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 66 Abs. 1 LPVG NW unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

51

1. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NW in der vom 1. Januar 2004 bis zum 16. Oktober 2007 geltenden Fassung (aF) hatte der Personalrat bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen mitzubestimmen. Unterliegt eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats, hat der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW). Der Personalrat kann verlangen, dass der Leiter der Dienststelle die beabsichtigte Maßnahme begründet (§ 66 Abs. 2 Satz 2 LPVG NW). Beabsichtigt der Personalrat, der Maßnahme nicht zuzustimmen, hat er dies innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Aufforderung dem Leiter der Dienststelle mitzuteilen. In diesem Fall ist die beabsichtigte Maßnahme mit dem Ziel der Verständigung zwischen dem Leiter der Dienststelle und dem Personalrat zu erörtern (§ 66 Abs. 2 Satz 3 LPVG NW aF). Der Beschluss des Personalrats über die beantragte Zustimmung ist nach § 66 Abs. 3 Satz 1 LPVG NW aF dem Leiter der Dienststelle - sofern eine Erörterung stattfindet - innerhalb von zwei Wochen nach dem Tag der Erörterung mitzuteilen(BAG 10. März 2004 - 7 AZR 397/03 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 257). Der Arbeitgeber genügt nach der Rechtsprechung des Senats seiner Unterrichtungspflicht, wenn für den Personalrat der Sachgrund für die Befristung seiner Art nach hinreichend deutlich wird. Der Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts erfordert keine weitergehende unaufgeforderte Begründung des Sachgrunds durch den Arbeitgeber. Er ist durch die typologisierende Bezeichnung des Befristungsgrunds auf diesen festgelegt. Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen Sachgrund austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat (BAG 10. März 2004 - 7 AZR 397/03 - zu IV 2 der Gründe mwN, aaO).

52

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Personalrat wurde durch das Schreiben des Dienststellenleiters vom 29. November 2006 ordnungsgemäß über die beabsichtigte Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin unterrichtet und um seine Zustimmung gebeten. Das beklagte Land hat den Sachgrund der Vertretung unter Angabe der vertretenen Mitarbeiterin K typisierend bezeichnet und die Befristungsdauer mitgeteilt. Der Personalrat hat keine weiteren Informationen verlangt, sondern der Maßnahme am 30. November 2006 zugestimmt.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. April 2011 - 16 Sa 452/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres letzten Arbeitsvertrages.

2

Der Kläger wurde an der M (M) in Hannover eingesetzt. An dieser Schule sind ca. 100 Lehrkräfte beschäftigt. Sie wurde durch das beklagte Land zum 1. August 2001 gegründet und vereint in gemeinsamen Räumlichkeiten mehrere Schulformen, nämlich Berufsschule, Berufsfachschule, Fachoberschule und Fachschule. Der Einrichtung sind durch Runderlass des beklagten Landes vom 19. Januar und 22. Juni 2004 umfangreiche Personalbefugnisse, auch das Recht zur Begründung von Beamten- und Arbeitsverhältnissen übertragen. Ihr ist ein Budget zur Eigenverwaltung zugewiesen.

3

Der Kläger war bei dem beklagten Land vom 1. Februar 2007 bis zum 24. Juni 2009 aufgrund von insgesamt drei jeweils befristeten Arbeitsverträgen eingesetzt. Der letzte Arbeitsvertrag wurde am 3. Juli 2008 für die Dauer vom 1. August 2008 bis zum 24. Juni 2009 geschlossen. Er sah eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 12 Unterrichtsstunden vor. In dem Vertrag heißt es ua.:

        

„Befristet nach § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) - § 21 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der jeweiligen Fassung zur Vertretung von Frau B.“

4

Der Kläger unterrichtete die Fächer „Politik“ sowie „Werte und Normen“. Zum Einsatz im Fach „Werte und Normen“ kam es, weil die M vom Kultusministerium angehalten wurden, entgegen der vorangegangenen Übung mehr Religionsunterricht anzubieten. Damit war auch die Notwendigkeit einer Unterrichtung im Fach „Werte und Normen“ verbunden, weil nach den schulrechtlichen Vorgaben Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, verpflichtet sind, in entsprechendem Umfang Unterricht im Fach „Werte und Normen“ zu nehmen.

5

Die im Arbeitsvertrag des Klägers genannte Frau B hatte am 5. Mai 2008 für die Zeit vom 14. Juni 2008 bis zum 31. Juli 2010 einen Antrag auf Elternzeit gestellt. Vor Beginn der Elternzeit war sie vollzeitlich mit 24,5 Unterrichtsstunden/Woche an den M tätig. Sie unterrichtete zuletzt die Fächer Informatik und Wirtschaft.

6

Ebenfalls über die Vertretung von Frau B verhielt sich der am 18. September 2008 zwischen dem beklagten Land, vertreten durch die M, mit Frau Dr. R abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. November 2008 bis 31. Juli 2009. Frau Dr. R wurde mit 24,5 Unterrichtsstunden wöchentlich eingestellt. Als Befristungsgrund wurde die Vertretung von „Frau B / Frau H“ im Arbeitsvertrag genannt. Frau H war vom 1. November 2007 bis zum 31. Juli 2009 in Elternzeit. Vorher deckte sie ein Unterrichtsvolumen von wöchentlich 17,0 Unterrichtsstunden ab.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land könne sich zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf den Sachgrund der Vertretung berufen. Ein Fall der mittelbaren Vertretung in Gestalt der so genannten gedanklichen Zuordnung liege nicht vor. Das beklagte Land habe Frau B aufgrund ihrer Fächerkombination nicht die vom Kläger unterrichteten Fächer zuweisen können. Auch ein Fall des Gesamtvertretungsbedarfs sei nicht gegeben. Gegen diese Rechtsfigur bestünden zudem unionsrechtliche Bedenken. Das beklagte Land decke in Wirklichkeit einen Dauerbedarf ab.

8

Mit seiner am 15. Mai 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land „über den 24. Juni 2009 hinaus unbefristet fortbesteht“. In zweiter Instanz hat er zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 3. Juli 2008 zum Ablauf des 24. Juni 2009 beendet ist.

9

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Es hält die Befristung für sachlich gerechtfertigt. Das Unterrichtsfach „Werte und Normen“ bedürfe keiner besonderen Unterrichtsbefähigung. Es könne von allen ausgebildeten Lehrkräften unterrichtet werden. Hierauf komme es im Übrigen nicht an, weil die Befristung aufgrund eines Gesamtvertretungsbedarfs gerechtfertigt sei.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Das beklagte Land begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hätte die Klage nicht abgewiesen werden dürfen. Der Rechtsstreit ist auch nicht aus anderen Gründen zur Entscheidung reif.

13

I. Die Befristung erweist sich nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam. Die Klage ist auch in ihrer Formulierung in der ersten Instanz als punktuelle Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG auszulegen, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land nicht infolge der am 3. Juli 2008 vereinbarten Befristung zum 24. Juni 2009 geendet hat. Das ergibt sich aus der Auslegung des Klageantrages unter Hinzuziehung der Klagebegründung. Die gesamte Klagebegründung wandte sich allein gegen die Wirksamkeit der letzten Befristung. Deren Überprüfung hat der Kläger damit zum alleinigen Streitgegenstand gemacht. Damit ist auch die dreiwöchige Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG hinsichtlich dieser Befristung eingehalten; eine Befristungskontrollklage kann bei einer Zeitbefristung auch vor dem vereinbarten Befristungsende erhoben werden (vgl. nur BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8).

14

II. Das Landesarbeitsgericht hätte mit der von ihm gegebenen Begründung die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht bestätigen dürfen. Zu Unrecht hat es die Frage, ob Frau B statt des Klägers der vom Kläger erteilte Unterricht in den Fächern „Politik“ sowie „Werte und Normen“ hätte übertragen werden können, als unerheblich behandelt. Entgegen der angegriffenen Entscheidung kann bei der Prüfung des Sachgrundes der Vertretung in der Form der gedanklichen Zuordnung nicht darauf verzichtet werden, zu prüfen, ob ein Einsatz des Vertretenen dort, wo der Vertreter eingesetzt wurde, möglich ist.

15

1. Nach § 21 Abs. 1 BEEG, § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrundes ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 19 mwN, BAGE 136, 17).

16

2. Es muss sich deshalb aus den Umständen bei Vertragsschluss ergeben, dass der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an den Kausalzusammenhang und seine Darlegung durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 136, 17).

17

a) Geht es um eine unmittelbare Vertretung, hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 21 mwN, BAGE 136, 17).

18

b) Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Mitarbeiters nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Auch ohne dass eine Vertretungskette vorliegt, kann die Kausalität bei der mittelbaren Vertretung auch dann bestehen, wenn der Arbeitgeber - was ihm auch im Vertretungsfalle unbenommen ist - die Aufgaben in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle neu verteilt. Er hat dann zunächst die bisher dem vertretenen Mitarbeiter übertragenen Aufgaben darzustellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere Mitarbeiter zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 22 mwN, BAGE 136, 17).

19

c) Die erforderliche Kausalität kann sich aber auch daraus ergeben, dass der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Mitarbeiter im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. Zur Gewährleistung des Kausalzusammenhanges zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Nur so ist gewährleistet, dass die Einstellung tatsächlich auf der Abwesenheit des zu vertretenen Mitarbeiters beruht und nicht etwa auf die Abwesenheit eines Mitarbeiters, die Vertretung durch eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer gestützt wird (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73). Die gedankliche Zuordnung kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 136, 17).

20

d) Unionsrechtliche Gründe stehen der weiteren Anwendung dieser Grundsätze nicht entgegen. Die Abdeckung eines Vertretungsbedarfs durch den Abschluss befristeter Arbeitsverträge ist - selbst wenn sich aufgrund der Größe des arbeitgeberseitigen Betriebes oder der Dienststelle ständig ein Vertretungsbedarf ergibt - grundsätzlich nicht missbräuchlich iSd. § 5 RL 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Es ist lediglich zu prüfen, ob im Einzelfall ein institutioneller Rechtsmissbrauch vorliegt (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - DB 2012, 2813 und - 7 AZR 783/10 - DB 2012, 2634).

21

3. Im Streitfall liegt keine unmittelbare Vertretung vor. Das beklagte Land hat auch keine Vertretungskette dargelegt. Ebenso wenig hat das beklagte Land konkrete Umorganisationsmaßnahmen vorgetragen. Allerdings ist im streitbefangenen Arbeitsvertrag als Befristungsgrund die Vertretung von Frau B angegeben. Unter diesem Gesichtspunkt kommt grundsätzlich der Sachgrund der Vertretung von Frau B in Form der gedanklichen Zuordnung in Betracht.

22

a) Dem steht nicht entgegen, dass Frau B nicht nur durch den Kläger sondern auch durch Frau Dr. R vertreten wurde und im Arbeitsvertrag von Frau Dr. R nicht genau angegeben wurde, mit welcher Stundenzahl Frau Dr. R Frau B vertreten sollte. Aus dem Arbeitsvertrag von Frau Dr. R ergibt sich nämlich, dass diese auch zur Vertretung von Frau H eingestellt wurde. Es ist deshalb ausreichend, dass das Gesamtstundenvolumen des Klägers und von Frau Dr. R - 36,5 Unterrichtsstunden - hinter dem ausgefallenen Stundenvolumen von Frau B und Frau H - 41,5 ausfallende Unterrichtsstunden - zurückbleibt.

23

b) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger mit dem Fach „Werte und Normen“ Unterricht in einem Fach erteilte, hinsichtlich dessen sich aufgrund der verstärkten Erteilung von Religionsunterricht der Unterrichtsbedarf erhöhte und insoweit ein Dauerbedarf entstand. Der erhöhte Stundenbedarf ändert nichts daran, dass zu seiner Deckung die Unterrichtskapazität von Frau B wegen ihres Erziehungsurlaubs nicht zur Verfügung stand. Damit war weiter eine Vertretung von Frau B erforderlich.

24

c) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts setzt die Vertretung in Form der gedanklichen Zuordnung aber voraus, dass Frau B tatsächlich und rechtlich hätte für den Unterricht eingesetzt werden können, den der Kläger in den Fächern „Politik“ und „Werte und Normen“ erteilt hat. Das Landesarbeitsgericht durfte nicht auf entsprechende Feststellungen verzichten. Der Sachgrund der Vertretung setzt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG voraus, dass der Arbeitnehmer „zur“ Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Das setzt eine Kausalitätskette voraus. Würde bei der gedanklichen Zuordnung auf die Möglichkeit verzichtet werden, den vertretenen Mitarbeiter so einzusetzen, wie den befristet beschäftigten Vertreter, wäre diese Kausalität nicht mehr gegeben. Das wäre mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar. Eine wirksame Befristungskontrolle wäre nicht mehr gewährleistet (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 22, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73).

25

d) Der Rechtsstreit ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob das beklagte Land rechtlich und tatsächlich die vom Kläger aufgrund des befristeten Arbeitsvertrags erteilten Unterrichtsstunden im Falle ihrer Anwesenheit Frau B hätte übertragen können. Dabei wird zunächst festzustellen sein, welchen Rechtsstatus Frau B hat. Sollte sie Arbeitnehmerin sein, wäre die fiktive Personalmaßnahme - unter Berücksichtigung individueller und kollektiver Vertragsinhalte - am Maßstab des § 106 GewO zu prüfen(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73; 17. August 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 15, EzA GewO § 106 Nr. 8). Sollte sie Beamtin sein, wären beamtenrechtliche Grundsätze heranzuziehen (vgl. dazu zB BVerwG 26. Mai 2011 - 2 A 8.09 - Rn. 19, DokBer 2011, 333; 28. Februar 2008 - 2 A 1.07 - Rn. 25, NVwZ-RR 2008, 547). In jedem Fall wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes erfüllt sind, wonach Lehrkräfte Unterricht auch in anderen Fächern zu erteilen haben, wenn es ihnen nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zugemutet werden kann und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist. Bei der Beurteilung ist ein generalisierender Maßstab anzulegen, dh. individuelle Belange der zu vertretenden Stammkraft, die eine Umsetzung im Einzelfall gegebenenfalls als unzumutbar erscheinen lassen, sind im Rahmen der Entfristungsklage nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 23 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

26

III. Das Urteil erweist sich nach den bisherigen Feststellungen auch nicht deshalb als richtig, weil die Voraussetzungen eines Gesamtvertretungsbedarfs vorlägen.

27

1. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen, dass im Schulbereich der Sachgrund der Vertretung sich auch aus einem schuljahresbezogenen Gesamtvertretungsbedarf ergeben kann.

28

Die Rechtsprechung ging von den Entscheidungen des Senats vom 13. April 1983 (- 7 AZR 51/81 - BAGE 42, 203) und vom 3. Dezember 1986 (- 7 AZR 354/85 - BAGE 54, 10) aus. Diese Entscheidungen betrafen den Gesamtvertretungsbedarf an bayerischen Volksschulen, der auf der Ebene der Bezirksregierungen ermittelt wurde. Der Senat hat in seinen Entscheidungen zum einen angenommen, eine Ermittlung des Gesamtvertretungsbedarfs sei schuljahresbezogen möglich. Er ist zum anderen davon ausgegangen, es reiche aus, wenn insgesamt in dem Organisationsbereich, der für den Einsatz der Lehrer zuständig sei, ein Vertretungsbedarf entstehe, der ausgeglichen werde und sei es auch an einer anderen Schule. Der Senat hat dabei darauf abgestellt (13. April 1983 - 7 AZN 51/81 - zu II 4 der Gründe, aaO), dass innerhalb des Organisationsbereichs ohne weiteres Versetzungen möglich sind. Als Grenze des Gesamtvertretungsbedarfs hat er angesehen, dass nicht mehr Vertretungslehrer befristet eingestellt werden dürfen, als es insgesamt an Vertretungsbedarf gibt.

29

Diese Rechtsprechung hat der Senat dann mit seiner Entscheidung vom 20. Januar 1999 (- 7 AZR 640/97 - BAGE 90, 335; ohne inhaltliche Änderungen nehmen darauf Bezug: BAG 9. Juni 1999 - 7 AZR 35/98 - und 23. Februar 2000 - 7 AZR 555/98 - RzK I 9 c Nr. 35; lediglich erwähnt ist der Begriff in der Entscheidung BAG 6. Oktober 2010 - 7 AZR 397/09 - Rn. 24, BAGE 136, 17) weiterentwickelt. Er hat als Unterschied zur unmittelbaren und zur mittelbaren Einzelvertretung herausgearbeitet, „daß innerhalb einer durch Organisationsentscheidung festgelegten Verwaltungseinheit der Vertretungsbedarf für das Lehrpersonal eines Schulbereichs bezogen auf ein Schuljahr rechnerisch ermittelt und durch befristet eingestellte Vertretungskräfte abgedeckt wird, die - von Ausnahmen abgesehen - nicht an den Schulen der zu vertretenden Lehrkräfte eingesetzt werden oder deren Fächerkombination unterrichten“ (BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Er hat deshalb im Bereich des organisatorisch zuständigen Berliner Landesschulamts „grundsätzlich eine schultypenunabhängige Ermittlung und einen Ausgleich des Vertretungsbedarfs bei Lehrkräften“ zugelassen, „soweit das Landesschulamt über uneingeschränkte Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse verfügt und im Stande ist, Personalüberhänge und Personalbedarfslagen im Schulbereich unabhängig vom jeweiligen Schultyp auszugleichen und dazu die angestellten oder verbeamteten planmäßigen Lehrer ohne Rücksicht auf deren Lehrbefähigung und Status zur Abdeckung eines vorübergehenden Personalbedarfs an allen Berliner Schulen einzusetzen“ (BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - zu II 3 der Gründe, aaO). Für unerheblich hat es der Senat dabei gehalten, „ob der Arbeitgeber bei der Auswahl von Vertretungskräften fachspezifische Bedarfslagen berücksichtigt, die nicht auf dem Ausfall von Lehrern, sondern auf einer unzureichenden Ausstattung mit planmäßigen Lehrkräften beruhen“ und dabei angenommen, dies gelte „jedenfalls dann, wenn das beklagte Land nicht daran gehindert ist, für den Unterricht in diesen Fächern vorhandene planmäßige Lehrkräfte fachfremd zu verwenden“ (BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 640/97 - zu III 1 b der Gründe, aaO).

30

2. Der Senat lässt es nunmehr dahingestellt, ob an dem Rechtsinstitut der schuljahresbezogenen Gesamtvertretung festzuhalten ist, welche Modifikationen gegebenenfalls vorzunehmen sind und welche schulorganisatorischen Einheiten für die Anwendung dieses Rechtsinstituts gegebenenfalls in Betracht kämen. Jedenfalls setzt eine Gesamtvertretung eine Beurteilung des schuljahresbezogenen Gesamtvertretungsbedarfs voraus. Dazu hat das Landesarbeitsgericht im vorliegenden Fall keine Feststellungen getroffen. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat ab.

31

IV. Der Rechtsstreit ist nicht zu Gunsten des Klägers entscheidungsreif. Insbesondere liegen keine Anzeichen für einen institutionellen Rechtsmissbrauch vor (vgl. dazu BAG 18. Juli 2012 - 7 AZR 443/09 - DB 2012, 2813 und - 7 AZR 783/10 - DB 2012, 2634). Anhaltspunkte dafür sind im Streitfall bei einer Gesamtbeschäftigungsdauer von ca. zweieinhalb Jahren sowie einer Anzahl von drei Befristungen nicht gegeben.

32

V. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Gerschermann    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. August 2010 - 5 Sa 196/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Befristung eines Arbeitsvertrags.

2

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer in mehreren Filialen ihres Einzelhandels. Die Klägerin war dort seit dem 1. März 2002 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Verkäuferin beschäftigt, zuletzt in der Filiale A aufgrund Arbeitsvertrags vom 31. Januar 2008 in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009. Als Befristungsgrund sah der letzte Arbeitsvertrag die Vertretung des Arbeitnehmers L vor. Bevor Herr L in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 Elternzeit in Anspruch nahm, arbeitete er in der Verkaufsstelle U. Im August 2009 beantragte Herr L Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Er wurde daraufhin neben der Klägerin in A zunächst ab 7. September 2009 in Teilzeit und ab dem 1. Oktober 2009 in Vollzeit beschäftigt. Ebenso wie Herr L war die Klägerin für die Verkaufsstellen A, U und R eingestellt worden.

3

Die Klägerin hat mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Befristung ihres letzten Arbeitsvertrags sei unwirksam. Der Sachgrund der Vertretung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG liege nicht vor. In Wirklichkeit sei ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf gegeben. Dafür spreche nicht nur der parallele Einsatz mit Herrn L in der Verkaufsstelle A, sondern der Umstand eines insgesamt fast acht Jahre bestehenden, dreimal verlängerten befristeten Arbeitsverhältnisses. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof oder EuGH) in der Sache Kücük vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) müsse geprüft werden, ob bei wiederholten Vertretungsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG das Beschäftigungsrisiko in rechtsmissbräuchlicher Weise auf die Arbeitnehmerin abgewälzt worden sei. Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Befristungskette seien gegeben.

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Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Befristungsabrede in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 nicht zum 30. November 2009 beendet worden ist.

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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Befristung sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Die Klägerin sei zur Vertretung des Mitarbeiters L beschäftigt worden. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, dass der Mitarbeiter L vor dem Ende der Elternzeit einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stellen werde. Die Befristung sei nicht deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis insgesamt viermal befristet worden sei. Auch die wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehe der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Es sei grundsätzlich Sache des Arbeitgebers darüber zu entscheiden, ob dieser seinen Bedarf an Arbeitskräften mit unbefristeten Arbeitsverträgen oder - bei entsprechendem Bedarf - auch mit befristeten Arbeitsverträgen decke. Diese Rechtsprechung des Senats habe der EuGH in dem Urteil vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) bestätigt. Allein die Häufigkeit und Dauer der vorhergehenden Befristungen spreche im vorliegenden Fall nicht dafür, dass sie - die Beklagte - sich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf den Sachgrund der Vertretung berufen hätte.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarten Befristung am 30. November 2009 geendet. Die Befristung ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Der Senat hält nach erneuter Prüfung sowie unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zum Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG entwickelten Grundsätzen fest. Diese sind grundsätzlich ausreichend, um Arbeitnehmer vor rechtsmissbräuchlichen Mehrfachbefristungen iSd. § 5 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) zu schützen. Darüber hinaus verlangt der Gerichtshof allerdings eine umfassende Missbrauchskontrolle unter Einbeziehung sämtlicher Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsverträge. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)vorzunehmen. Vorliegend besteht bei einer acht Jahre unterschreitenden Gesamtdauer der insgesamt vier befristeten Arbeitsverträge kein Anhaltspunkt dafür, dass bei der letzten Befristungsabrede der an sich vorhandene Sachgrund der Vertretung missbräuchlich eingesetzt wurde.

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I. Gegenstand der vorliegenden in zulässiger Weise bereits vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobenen (vgl. etwa BAG 23. Juni 2010 - 7 AZR 1021/08 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 76 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 8; 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7) Befristungskontrollklage ist ausschließlich die letzte zwischen den Parteien getroffene Befristungsabrede.

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1. Allerdings ist ein Arbeitnehmer, wie der Senat zuletzt mit Urteil vom 24. August 2011 (- 7 AZR 228/10 - Rn. 51, EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 9) klargestellt hat, grundsätzlich nicht gehindert, auch frühere Befristungsabreden - freilich unter Beachtung der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG - im Klageweg anzugreifen. Insbesondere darf die Formulierung in früheren Entscheidungen, prinzipiell unterliege nur die in dem letzten Vertrag vereinbarte Befristung der Befristungskontrolle (vgl. zB BAG 22. April 2009 - 7 AZR 743/07 - Rn. 15, BAGE 130, 313 ), nicht dahin (miss-)verstanden werden, der Arbeitnehmer könne eine frühere Befristung nicht zum Gegenstand einer Befristungskontrollklage machen. Den Streitgegenstand (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) bestimmt auch im Befristungskontrollprozess der Kläger. Mit der zuvor verwendeten Formulierung und der sich anschließenden Begründung hat der Senat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig (typischerweise) die Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags gerichtlich nicht mehr erfolgreich geltend machen kann, wenn er mit dem Arbeitgeber „vorbehaltlos“ einen Folgevertrag schließt und dadurch den vorherigen Vertrag aufhebt (vgl. BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO). Auch haben die früheren Ausführungen des Senats zu den Voraussetzungen und Bedingungen eines beachtlichen „Vorbehalts“ typisierenden Charakter und sind nicht als zwingende, die Tatsachengerichte bindende Auslegungsregeln zu verstehen. Ob die Arbeitsvertragsparteien mit dem Abschluss eines Folgevertrags einen vorherigen Vertrag aufheben, bestimmt sich nach dem Inhalt der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen. Dieser ist vom Gericht der Tatsacheninstanz durch Auslegung der bei Abschluss des Folgevertrags abgegebenen ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln (BAG 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 51, aaO).

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2. Vorliegend hat die Klägerin jedoch ausschließlich die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Befristung zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Beschränkung der Kontrolle auf die zuletzt geschlossene Befristungsabrede schließt es nicht aus, dass bei der Prüfung der Rechtswirksamkeit dieser Befristung, insbesondere bei der unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmenden Missbrauchskontrolle, auch die vorangegangenen befristeten Verträge zu berücksichtigen sind.

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II. Für die in dem letzten Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 für die Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 30. November 2009 vereinbarte Befristung gab es, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG. Der Senat hält unter besonderer Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) uneingeschränkt an den von ihm zum Sachgrund der Vertretung entwickelten Grundsätzen fest.

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1. Ein nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zur Befristung eines Arbeitsvertrags erforderlicher sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Neben dieser allgemeinen Regelung bestimmt § 21 Abs. 1 BEEG, dass ein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigender sachlicher Grund gegeben ist, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes oder für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt wird. Diese Vorschrift regelt einen Sonderfall der Vertretungsbefristung (vgl. dazu BAG 5. Juni 2007 - 9 AZR 82/07  - Rn. 60, BAGE 123, 30 ; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 22, BAGE 136, 168). Der Senat ist bislang in ständiger Rechtsprechung in Fällen der Vertretungsbefristung insbesondere von folgenden Grundsätzen ausgegangen (vgl. etwa 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17 ff., aaO):

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a) Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liegt in Fällen der Vertretung darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis besteht, weil der Arbeitgeber an den vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter, dem die Aufgaben an sich obliegen, rechtlich gebunden ist und er mit dessen Rückkehr rechnet (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168). Der Sachgrund liegt zum einen vor, wenn der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Notwendige Voraussetzung für eine Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist das aber nicht. Der Vertreter kann vielmehr auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 16 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65).

14

b) Nach der Senatsrechtsprechung steht selbst ein ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegen. Entscheidend ist allein, ob bei der letzten Befristungsabrede ein Vertretungsfall vorlag. Im Falle einer sogenannten „Dauervertretung“ kann allerdings die Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Vertreter unwirksam sein. Hierfür genügt es nicht, wenn bereits im Zeitpunkt des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrags zu erwarten ist, dass über das Ende der Vertragslaufzeit hinaus ein weiterer, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ermöglichender Vertretungsbedarf vorhanden sein wird. Es liegt in der freien Entscheidung des Arbeitgebers, ob er bei einem weiteren Vertretungsbedarf erneut den bisherigen Vertreter oder einen anderen Arbeitnehmer mit der Vertretung betraut oder ob er sich in sonstiger Weise behilft. Eine zur Unwirksamkeit der Befristung führende „Dauervertretung“ liegt aber vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht lediglich zur Vertretung eines bestimmten, vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmers eingestellt wird, sondern bereits bei Vertragsschluss beabsichtigt ist, ihn für eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht absehbare Vielzahl von Vertretungsfällen auf Dauer zu beschäftigen. In diesem Fall ist der Sachgrund der Vertretung vorgeschoben und daher unbeachtlich (vgl. BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 22 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 20, BAGE 136, 168).

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c) Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge oder die Gesamtdauer einer „Befristungskette“ führen nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an den Sachgrund der Vertretung „strengere Anforderungen“ zu stellen sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters, die nach der Rechtsprechung des Senats Teil des Sachgrunds der Vertretung ist. Auch in Fällen wiederholter Vertretung kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Vertretene nach Beendigung der Freistellung oder Beurlaubung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 17, BAGE 136, 168; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 304 ff., 323d, 323i mwN, der zu Recht den Unterschied zwischen Mehrbedarfs- und Vertretungsbefristung betont). Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein ( BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08  - Rn. 12 mwN, aaO; 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 19, aaO).

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aa) In früheren, vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Entscheidungen ist der Senat allerdings auch in Fällen der Vertretungsbefristung davon ausgegangen, dass sich mit der Anzahl wiederholter befristeter Arbeitsverträge die Kontrollintensität bei der Prüfung des Sachgrunds erhöhe (vgl. etwa 22. November 1995 - 7 AZR 252/95 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 178 = EzA BGB § 620 Nr. 138; grundsätzlich auch noch 6. Dezember 2000 - 7 AZR 262/99 - zu B II 2 a cc der Gründe, BAGE 96, 320; 27. Juni 2001 - 7 AZR 326/00 - zu 4 der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 178).

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bb) Hieran hat der Senat jedoch später nicht mehr festgehalten. Er hat vielmehr angenommen, dass selbst die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge nicht dazu führt, an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Sachgrund der Vertretung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt ist, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 25, EzA TzBfG § 14 Nr. 57; zustimmend Gooren ZESAR 2012, 225, 228; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 321, 323i; Hako/Mestwerdt 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 92; Sievers RdA 2004, 291, 294; Wolf FS Richardi S. 501, 510).

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cc) Die geänderte Rechtsprechung stieß verschiedentlich auf Kritik. Es wurde verlangt, die Anforderungen an die Prognose mit zunehmender Wiederholung zu verschärfen, wenn sich diese immer wieder als falsch erwiesen habe. Der Arbeitgeber müsse deshalb jeweils detaillierter darlegen, aus welchem tatsächlichen, objektiven Grund er bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrags davon ausgegangen sei, dass eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses mit Ablauf der Befristung bestanden habe und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht möglich gewesen sei (vgl. ua. Bader/Bram/Bader Stand Juni 2012 § 620 BGB Rn. 144 ff.; APS/Backhaus 4. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 58 ff.; HaKo-TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 14 Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 35; KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 145; ders. FS Etzel S. 255, 261; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 9; Persch Kernfragen des Befristungsrechts S. 434; ders. ZTR 2012, 268, 271 f.; Preis/Greiner RdA 2010, 148, 149; Maschmann in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 14 Rn. 34; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 14 Rn. 25; Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 27; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 13; ebenso LAG Köln Vorabentscheidungsersuchen vom 13. April 2010 - 7 Sa 1224/09 - Rn. 25, LAGE TzBfG § 14 Nr. 57, vom EuGH nach Erledigung der Hauptsache nicht entschieden, vgl. aber die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 15. September 2011 - C-313/10 - [Jansen] Rn. 38).

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2. Der Senat hält nach dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) an den zur Vertretungsbefristung entwickelten Grundsätzen fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs veranlasst hinsichtlich des Sachgrunds der Vertretung keine Änderung des Prüfungsmaßstabs. Das gilt zum einen für die Grundsätze zur unmittelbaren und mittelbaren Vertretung sowie zur Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung, zum anderen aber auch im Falle eines beim Arbeitgeber vorhandenen ständigen Vertretungsbedarfs. Auch müssen Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Arbeitsverhältnisse weder „strenger“ kontrolliert werden noch sind an eine Rückkehrprognose mit der Zeit erhöhte Anforderungen zu stellen.

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a) Insbesondere an der zu § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vom Senat entwickelten Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung wurde im Schrifttum vor allem mit unionsrechtlichen Erwägungen Kritik geübt(vgl. Brose NZA 2009, 706, 707; Eisemann NZA 2009, 1113, 1114 f.; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 50; Maschmann BB 2012, 1098, 1099; Preis/Greiner RdA 2010, 148; Greiner Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 34; Staudinger/Preis [2012] § 620 Rn. 113). Das Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung aufzugeben.

21

aa) Der Gerichtshof verlangt für einen sachlichen Grund iSd. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung genau bezeichnete, konkrete Umstände, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang den Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Diese Umstände können sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung die Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder gegebenenfalls aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 27 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Die nationalen Normen, welche die Umstände der Vertretung bezeichnen, müssen sich dazu objektiver und transparenter Prüfungskriterien bedienen, um zu gewährleisten, dass die Verlängerung befristeter Verträge tatsächlich einem echten Bedarf entspricht sowie zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 29 , 34, aaO; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 98, 100 mwN, aaO).

22

bb) Die für Vertretungsbefristungen entwickelte Rechtsfigur der gedanklichen Zuordnung hält den Anforderungen stand, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs an objektive und transparente Kriterien zu stellen sind (vgl. schon BAG 14. April 2010 - 7 AZR 121/09  - Rn. 19 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65). Durch das Erfordernis der gedanklichen Ausübung des Direktionsrechts wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch die darüber hinaus vom Senat geforderte Dokumentation der gedanklichen Zuordnung wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (BAG 20. Januar 2010 - 7 AZR 542/08 - Rn. 15, AP TzBfG § 14 Nr. 68 = EzA TzBfG § 14 Nr. 64; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; vgl. bereits 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104). Diese Dokumentation schließt es außerdem aus, dass der Arbeitgeber die Aufgaben des Vertreters im Nachhinein einer anderen Stammkraft zuordnet, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass der bezeichnete Arbeitnehmer die Aufgaben des Vertreters nicht hätte wahrnehmen können.

23

b) Der Senat hält nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56 , AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) an seiner Rechtsprechung fest, wonach selbst ein beim Arbeitgeber tatsächlich vorhandener ständiger Vertretungsbedarf dem Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG nicht entgegensteht.

24

aa) Die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs nicht dazu missbraucht werden darf, einen tatsächlich „ständigen und dauernden Bedarf“ zu decken (vgl. 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 103, 106, Slg. 2009, I-3071), veranlasste den Senat, den Gerichtshof zu fragen, ob und inwieweit nach dessen Verständnis ein „ständiger und dauernder Bedarf“, zu dessen Abdeckung befristete Arbeitsverträge nicht missbraucht werden dürfen, auch im Falle eines „ständigen Vertretungsbedarfs“ vorliegt, der sich daraus ergibt, dass aufgrund der Größe des Betriebs oder der Dienststelle sowie der Häufigkeit der insbesondere durch längeren Sonderurlaub bedingten Abwesenheit von Stammarbeitnehmern diese ständig durch Vertretungskräfte ersetzt werden müssen, und der Vertretungsbedarf statt durch den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge auch durch eine Personalreserve gedeckt werden könnte, die aus unbefristet eingestellten Arbeitnehmern besteht (BAG 17. November 2010 - 7 AZR 443/09 (A) - Tenor und Rn. 32 f., BAGE 136, 168).

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bb) Der EuGH hat die Frage verneint. Er verlangt vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht, einen ständigen Vertretungsbedarf durch eine Personalreserve aus unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern auszugleichen (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, 56, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0). Der Gerichtshof sieht es als unvermeidlich an, dass in einer Verwaltung, die über eine große Zahl von Mitarbeitern verfügt, immer wieder Vertretungsbefristungen insbesondere aufgrund des Ausfalls von Beschäftigten durch Krankheits-, Mutterschafts- oder Elternurlaub erforderlich werden. Unter diesen Umständen könne die vorübergehende Vertretung von Arbeitnehmern einen sachlichen Grund im Sinne von § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung bilden, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch, bei Bedarf, deren Verlängerung rechtfertige, sofern die insoweit in der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen beachtet würden (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 31, aaO ). Dies gelte umso mehr, wenn mit der nationalen Regelung zur Vertretungsbefristung - wie § 21 Abs. 1 BEEG - Ziele verfolgt würden, die als legitime sozialpolitische Ziele anerkannt seien(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 32, aaO ). Aus dem bloßen Umstand, dass ein Bedarf an Vertretungskräften durch den Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, folge deshalb nicht, dass ein Arbeitgeber missbräuchlich handele und damit sowohl gegen § 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung als auch gegen die nationale Regelung zu ihrer Umsetzung verstoße, wenn er beschließe, auf befristete Verträge zurückzugreifen, um auf einen vorübergehenden Mangel an Arbeitskräften zu reagieren, selbst wenn dieser wiederholt oder sogar dauerhaft auftrete(vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50 , aaO ). Der Bedarf an Vertretungskräften bleibe ein vorübergehender, weil der vertretene Arbeitnehmer nach Beendigung seines Urlaubs, der den Grund für die zeitweilige Verhinderung an der Wahrnehmung der Aufgaben darstelle, seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO ).

26

c) Die Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ) zwingt auch nicht dazu, die Sachgrundprüfung bei Vertretungsbefristungen mit zunehmender Anzahl und Dauer der befristeten Verträge zu intensivieren oder an die Rückkehrprognose erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. auch Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 27; Gooren ZESAR 2012, 225, 229; aA Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter VII; Temming ELR 2012, 43, 47; Wendeling-Schröder AuR 2012, 92, 96). Ob bei Abschluss des regelmäßig der gerichtlichen Prüfung unterfallenden letzten befristeten Vertrags ein Vertretungsfall vorlag, ist grundsätzlich nicht von der Anzahl und Dauer der vorangegangenen befristeten Verträge abhängig. Allerdings führt der Gerichtshof - auch in Abgrenzung zu der im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Kücük vertretenen Auffassung (vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - Rn. 42, aaO) - im Urteil ua. aus, „der Umstand, dass die Zahl oder die Dauer der befristeten Verträge Gegenstand der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. b und c der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge vorgesehenen Präventivmaßnahmen ist“, bedeute nicht, „dass diese Kriterien keine Auswirkung auf die Beurteilung der in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a angesprochenen sachlichen Gründe haben können“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 41, aaO ). Daraus folgt aber nicht etwa, dass aufgrund einer großen Anzahl und/oder Dauer der befristeten Verträge bereits das Vorliegen des Sachgrunds der Vertretung fraglich würde. Das in der Entscheidung angelegte Prüfprogramm ist vielmehr ein anderes. Auch der EuGH sieht es für die Sachgrundprüfung als entscheidend an, dass bei einer Mehrzahl aufeinanderfolgender Verträge jeder der befristeten Verträge für sich genommen geschlossen wird, um eine vorübergehende Vertretung sicherzustellen (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 38 , aaO). Allerdings ist nach der Konzeption des Gerichtshofs die Befristungskontrolle mit der Feststellung des Vorliegens des Sachgrunds nicht in jedem Fall abgeschlossen. Vielmehr ist es seiner Auffassung nach „notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge oder -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43 , vgl. auch Rn. 51, aaO). Diese je nach den Umständen trotz des Vorliegens eines Sachgrunds gebotene umfassende Missbrauchskontrolle ist erforderlichenfalls nach deutschem Recht in einem zweiten Schritt entsprechend den Maßstäben eines institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) durchzuführen (dazu unten III).

27

3. Danach liegt für die streitbefangene Befristung ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG vor. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 vereinbarte befristete Beschäftigung der Klägerin zur Vertretung des Arbeitnehmers L erfolgte, der sich in der Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 17. Dezember 2009 in Elternzeit befand.

28

a) Die Beklagte hat die Klägerin zwar nicht auf dem Arbeitsplatz in der Verkaufsstelle U eingesetzt, den sie dem Arbeitnehmer L vor seiner Elternzeit zugewiesen hatte. Sie beschäftigte die Klägerin vielmehr in der Filiale A. Die Beklagte hat aber die Aufgaben der als Vertretungskraft eingestellten Klägerin im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Januar 2008 erkennbar dem abwesenden Mitarbeiter L gedanklich zugeordnet.

29

b) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte die Beklagte dem Arbeitnehmer L, der in der Verkaufsstelle in U eingesetzt wurde, die Aufgaben der in der Filiale A beschäftigten Klägerin zuweisen können.

30

c) Der Wirksamkeit der Befristung steht es nicht entgegen, dass die Beklagte dem im August 2009 gestellten Antrag des Arbeitnehmers L auf Beschäftigung während seiner Elternzeit entsprochen und ihn ab dem 7. September 2009 zunächst als Teilzeitkraft und ab dem 1. Oktober 2009 mit voller Arbeitszeit in der Verkaufsstelle A eingesetzt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin am 31. Januar 2008 zeichnete sich diese Entwicklung nicht ab.

31

III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht deshalb als unzutreffend dar, weil das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob sich die Beklagte unter Berücksichtigung aller im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände einschließlich der Zahl und Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit der Klägerin geschlossenen befristeten Arbeitsverträge in rechtsmissbräuchlicher Weise (§ 242 BGB) auf das Vorliegen eines Sachgrunds berufen hat. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Möglichkeiten zur wiederholten Befristung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat. Dies kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst abschließend entscheiden.

32

1. Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 26. Januar 2012 (- C-586/10 - [Kücük] AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 =  EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0) zweifelsfrei ergibt, dürfen sich die nationalen Gerichte bei der Befristungskontrolle nicht nur auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Vielmehr obliegt es den Gerichten, „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, aaO unter Verweis auf EuGH 12. Juni 2008 - C-364/07 - [Vassilakis ua.] Rn 116 und auf EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 157, Slg. 2009, I-3071). Zwar „schließt das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge einen Missbrauch“ nach Auffassung des Gerichtshofs „grundsätzlich aus“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 51, aaO). Dennoch ist es nach dem Urteil des EuGH „in Anbetracht des Ziels, das mit allen nach Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Verträge ergriffenen Maßnahmen verfolgt wird, notwendig, dass die zuständigen Stellen auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes, der grundsätzlich den Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse rechtfertigt, erforderlichenfalls alle mit der Verlängerung dieser Arbeitsverträge und -verhältnisse verbundenen Umstände berücksichtigen, da sie Hinweise auf einen Missbrauch geben können, den diese Bestimmung verhindern soll“ (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 43, aaO). Der Gerichtshof hat damit ausdrücklich (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 21, aaO) an die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens vom Senat gestellte Frage angeknüpft, ob und in welcher Weise die nationalen Gerichte bei der ihnen obliegenden Missbrauchskontrolle in Fällen der mit dem Sachgrund der Vertretung gerechtfertigten Befristung die Anzahl und Dauer der bereits in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen haben (BAG 17. November 2010 7 AZR 443/09 (A) - Rn. 36, BAGE 136, 168).

33

2. Für die hiernach unionsrechtlich gebotene Missbrauchskontrolle eignet sich nach bundesdeutschem Recht der allgemeine Prüfungsmaßstab des institutionellen Rechtsmissbrauchs (vgl. Gooren ZESAR 2012, 225, 230). Der Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung beschränkt sowohl subjektive Rechte als auch Rechtsinstitute und Normen (Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 242 Rn. 40). Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass ein Vertragspartner eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Beim institutionellen Missbrauch ergibt sich der Vorwurf bereits aus Sinn und Zweck des Rechtsinstituts, beim individuellen Rechtsmissbrauch dagegen folgt er erst aus dem Verhalten (vgl. allg. Staudinger/Looschelders/Olzen [2009] § 242 Rn. 218). Die institutionelle Rechtsmissbrauchskontrolle verlangt daher weder ein subjektives Element noch eine Umgehungsabsicht.

34

Einer Anwendung der Grundsätze des Rechtsmissbrauchs steht nicht entgegen, dass die Befristungsvorschriften im TzBfG abschließende Spezialregelungen darstellen und die auf „objektive Gesetzesumgehung“ gestützte frühere Dogmatik abgelöst haben (dazu ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 2). Dieser durch den Gesetzgeber vorgenommene Paradigmenwechsel schließt einen Schutz vor einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung der durch das TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeit nicht aus. Dementsprechend hat der Senat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte schon bisher im Rahmen der Befristungskontrolle geprüft, ob Rechtsfolgen, die sich an sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, ausnahmsweise zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge nur abschließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (vgl. zum Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG 25. April 2001 - 7 AZR 376/00  - zu IV 1 a der Gründe, BAGE 97, 317 ; zur sachgrundlosen Befristung bereits 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 26, BAGE 120, 34 und zuletzt 9. März 2011 - 7 AZR 657/09 - Rn. 21, AP TzBfG § 14 Nr. 81 = EzA TzBfG § 14 Nr. 75).

35

3. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (so auch EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ).

36

a) Kriterien, die bei einer Gesamtwürdigung auf einen Gestaltungsmissbrauch hindeuten können, müssen dem Schutzkonzept des § 14 TzBfG iVm. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung Rechnung tragen. Erlaubt das Konzept des TzBfG die Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen eines Sachgrunds, ergibt sich zwingend, dass die Schwelle zur missbräuchlichen Fortsetzung aneinandergereihter Verträge deutlich über derjenigen liegen muss, die für die Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 TzBfG, § 21 Abs. 1 BEEG maßgeblich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs selbst ein dauerhafter Vertretungsbedarf dem Abschluss von Vertretungsbefristungen nicht grundsätzlich entgegensteht (26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 50, 54, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 80). Der Arbeitgeber muss einem ständigen Vertretungsbedarf nicht durch eine Personalreserve begegnen, die von vornherein den Raum für eine unternehmerische Personalplanung einengt. Auf der anderen Seite darf die Gestaltungsmöglichkeit der Vertretungsbefristung, die das Gesetz dem Arbeitgeber als Reaktion auf den zeitweiligen Ausfall der Arbeitskraft zubilligt, nicht zur dauerhaften Umgehung des auch durch das TzBfG gewährleisteten Bestandsschutzes einzelner Arbeitnehmer zweckentfremdet werden (vgl. Bauer/von Medem SAE 2012, 25, 29). Anderenfalls wäre für Arbeitnehmer, die dauerhaft einer tatsächlichen Personalreserve aus befristet Beschäftigten angehören, das befristete und nicht mehr das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall; für sie wäre eine Befristung nicht nur „vorübergehend“ legitimiert (vgl. auch Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80 unter III 2 b bb). Dieses Ergebnis stünde nicht mit dem Leitbild des § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung im Einklang, nach dem das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme des unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellt (allgemeiner Erwägungsgrund 6 der Rahmenvereinbarung; vgl. auch BT-Drucks. 14/4374 S. 12).

37

b) Das Gebot einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls birgt ohne eine Konkretisierung dieser Umstände für Rechtsunterworfene und Rechtsanwender eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. In dem nach dem Urteil des Gerichtshofs erschienenen Schrifttum werden daher unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie die Missbrauchsprüfung insbesondere durch an die Anzahl und Dauer der befristeten Verträge anknüpfende, quantifizierende (Stufen-)Modelle konkretisiert werden könnte (vgl. etwa Preis/Loth Anm. zu EzA TzBfG § 14 Nr. 80; Brose/Sagan NZA 2012, 308, 310; Temming ELR 2012, 43, 49; Persch ZTR 2012, 268, 272).

38

c) Das Erfordernis, bei der Beurteilung der missbräuchlichen Ausnutzung der an sich aufgrund eines Sachgrunds eröffneten Befristungsmöglichkeit sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, ermöglicht weder eine abschließende Bezeichnung aller zu berücksichtigenden Umstände noch eine quantitative Angabe, wo die zeitlichen und/oder zahlenmäßigen Grenzen genau liegen, bei denen ein Missbrauch indiziert oder gar zwingend von einem solchen auszugehen ist. Zum derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung ist der Senat gehalten, Umstände zu benennen, die bei der Missbrauchsprüfung eine Rolle spielen können und in quantitativer Hinsicht eine grobe Orientierung zu geben. Er kann damit die Beurteilung vornehmen, dass jedenfalls bei einer Gesamtdauer von sieben Jahren und neun Monaten sowie von vier Befristungen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch noch nicht vorliegen, während in der am selben Tag entschiedenen Sache - 7 AZR 443/09 - bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und 13 Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung indiziert und der Arbeitgeber gehalten ist, entlastende Umstände vorzutragen.

39

aa) Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung eines möglichen Rechtsmissbrauchs sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Der Gerichtshof hat die Bedeutung dieser beiden Faktoren besonders hervorgehoben (vgl. 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, 41, 55, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Das entspricht dem Ziel der Rahmenvereinbarung. Diese erfasst nicht bereits die erstmalige Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sondern dient der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen (vgl. EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 41 f., Slg. 2005, I-9981; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler ua.] Rn. 101, Slg. 2006, I-6057; 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [Angelidaki ua.] Rn. 90, Slg. 2009, I-3071; BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 24, AP TzBfG § 14 Nr. 82 = EzA TzBfG § 14 Nr. 77). Der wiederholte Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge, der als eine Quelle potenziellen Missbrauchs zu Lasten der Arbeitnehmer gesehen wird, soll eingegrenzt werden, um die „Prekarisierung der Lage der Beschäftigten“ zu verhindern ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 25, aaO). Die Frage, ob eine hiernach grundsätzlich zu verhindernde „Befristungskette“ vorliegt, wird maßgeblich bestimmt durch die Anzahl der befristeten Vertragsverlängerungen sowie deren Gesamtdauer. Das bedeutet zugleich, dass längere zeitliche Unterbrechungen gegen die Annahme von „aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen“ oder „Befristungsketten“ sprechen können (vgl. dazu auch BAG 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 - Rn. 25, aaO).

40

Von Bedeutung kann bei der Beurteilung ferner sein, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt ( vgl. EuGH 26. Januar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40, AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 9 = EzA TzBfG § 14 Nr. 8 0 ). Auch wenn ein ständiger Vertretungsbedarf der Annahme des Sachgrunds der Vertretung nicht entgegensteht und daher geeignet ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter zu rechtfertigen, ist er dennoch ein Umstand, der im Rahmen einer umfassenden Missbrauchskontrolle in die Gesamtwürdigung einbezogen werden kann. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift.

41

Zu berücksichtigen ist ferner die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Vertretungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Vertretungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt.

42

Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an branchenspezifische Besonderheiten etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von beträchtlicher Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film, aber auch für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre.

43

bb) Genaue quantitative Vorgaben hinsichtlich Gesamtdauer und/oder Anzahl der befristeten Verträge, nach denen ein Missbrauch anzunehmen ist, würden dem Gebot, im Einzelfall alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen, nicht gerecht. Nach Auffassung des Senats können für die gebotene Rechtsmissbrauchskontrolle aber derzeit in quantitativer Hinsicht grobe Orientierungshilfen gegeben werden, die im Laufe der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit ggf. noch weiter zu konkretisieren sind. Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann zum einen - wie vom Schrifttum angeregt - an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu(zutr. Gooren ZESAR 2012, 225, 228). Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften.

44

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei der vorliegenden Dauer der vier befristeten Arbeitsverhältnisse von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten kein Anhaltspunkt für einen Missbrauch zu erkennen. Zahl und Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverhältnisse befinden sich unterhalb der Schwelle, die auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten. Auch die sonstigen Umstände geben keinen Anlass einer gegenteiligen Annahme.

45

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Willms    

        

    Busch    

        

        

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. November 2010 - 17 Sa 1345/10 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Zweckbefristung in dem zwischen ihnen bestehenden Arbeitsvertrag wirksam ist.

2

Der Kläger ist für den Beklagten in der Maßregelvollzugsklinik R tätig. Dort betreibt der Beklagte die Unterbringung psychisch kranker Straftäter. Der Betrieb von Maßregelvollzugseinrichtungen ist in Nordrhein-Westfalen landesrechtlich originäre Aufgabe des Landes. Dieses hat sie teilweise auf den Beklagten, teilweise auf andere Träger übertragen. Es bestand bereits ein langjähriger Mangel an Plätzen in Maßregelvollzugseinrichtungen. Das Land Nordrhein-Westfalen beschloss daher im Jahr 2000 den Neubau von sechs forensischen Kliniken mit 470 neuen Plätzen für psychisch kranke und suchtkranke Straftäter. Bis zur vollständigen Inbetriebnahme der neuen Einrichtungen waren übergangsweise Plätze für die Unterbringung von Straftätern erforderlich.

3

Als Teil der Übergangslösung schlossen am 27. Dezember 2002 die Bundesrepublik Deutschland, das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt R einen Grundstückskauf- und Mietvertrag über ein ehemaliges Kasernengelände. Danach sollte die Stadt R den Grundbesitz an dem Gelände erwerben und diesen an das Land Nordrhein-Westfalen vorübergehend zum Zwecke der Schaffung und des Betriebes einer forensischen Übergangseinrichtung vermieten. Die Nutzungsdauer sollte 84 Monate betragen und bis zum 31. Dezember 2010 andauern. Danach sollte sich eine Rückbauphase von sechs Monaten anschließen.

4

Nachdem die erforderlichen Umbaumaßnahmen abgeschlossen waren, nahm der Beklagte den Betrieb der Maßregelvollzugsklinik R, in der auch der Kläger tätig ist, auf. Es wurden ca. 90 Patienten untergebracht. In einer Entfernung von ca. 85 km befindet sich eine dauerhafte vom Beklagten betriebene forensische Fachklinik „Schloss H“.

5

Mit dem Kläger schloss der Beklagte zunächst mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2004 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag bis zum 30. November 2006. Am 1. September 2006 vereinbarten die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag. Darin heißt es auszugsweise:

        

㤠1

        

…       

        

Bis zur vollständigen Inbetriebnahme neu zu errichtender Kliniken des Maßregelvollzuges an anderer Stelle werden am Standort R übergangsweise Plätze für die Unterbringung von Maßregelvollzugspatienten benötigt. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses erfolgt daher mit Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 in der jeweils geltenden Fassung i.V.m. § 30 Abs. 1 TVöD und zwar im Rahmen einer Zweckbefristung wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an Arbeitsleistung durch den Angestellten für die Dauer des Betriebes der Maßregelvollzugsklinik am Standort R (Maßregelvollzugsklinik R).

        

Das Arbeitsverhältnis endet gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG mit dem Ende des Betriebes der Maßregelvollzugsklinik R, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Angestellten durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

        

…       

        

§ 2

        

Die Beschäftigung erfolgt in der Maßregelvollzugsklinik R.

        

Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt. ...

        

§ 3

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). ...“

6

Eine vergleichbare vertragliche Position haben ca. 70 weitere Arbeitnehmer des Beklagten.

7

Am 15. September 2008 vereinbarten die Stadt R und das Land Nordrhein-Westfalen eine Änderung des zwischen ihnen abgeschlossenen Mietvertrages. Zu diesem Zeitpunkt sollte die 84-monatige Nutzungsphase noch bis zum 7. Januar 2012 laufen. Durch die Änderung des Mietvertrages wurde sie bis zum 31. Dezember 2016 verlängert. Danach sollte die sechsmonatige Rückbauphase beginnen.

8

Mit seiner am 26. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 2. Dezember 2009 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der in seinem Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer des Betriebes der Maßregelvollzugsklinik in R gewandt. Er hat die Ansicht vertreten, ein Befristungsgrund liege nicht vor. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages sei unklar gewesen, wie lange die Klinik in R tatsächlich betrieben werde und ob es nicht doch noch zu einer weiteren Nutzung komme. Auch nach dem Wegfall der Klinik in R gebe es weiteren Bedarf an der Tätigkeit des Klägers, ggf. auch an anderen Standorten beim Beklagten. Die 90 kranken Straftäter müssten auch nach einer Betriebsstilllegung in R in anderen forensischen Kliniken betreut werden. Es sei nicht unmöglich oder unwahrscheinlich, dass auch diese neuen Kliniken in Trägerschaft des Beklagten betrieben würden. Zudem sei der Zweck, bei dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden solle, im befristen Vertrag nicht hinreichend bestimmt.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 1. September 2006 vereinbarten Befristung enden wird.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses des befristeten Arbeitsvertrages habe er nur von einem vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers ausgehen dürfen. Es sei nicht prognostizierbar gewesen, dass auch nach Stilllegung der Klinik in R ein weiterer Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers bestehen werde. Neue forensische Kliniken würden nicht zwangsläufig in der Trägerschaft des Beklagten betrieben. Das Land Nordrhein-Westfalen mache zunehmend von der Möglichkeit Gebrauch, Einrichtungen in Trägerschaft Dritter zu errichten. Zumindest sei sicher gewesen, dass der Klinikbetrieb mit Ablauf der vereinbarten Mietvertragsdauer aufgegeben werde. Deshalb habe nicht nur eine allgemeine Unsicherheit über die Entwicklung der Klinik geherrscht. Im nahe gelegenen Schloss H habe es keinen zusätzlichen Personalbedarf gegeben. Das Arbeitsverhältnis habe nach der vertraglichen Vereinbarung enden sollen, wenn der forensische Betrieb eingestellt werde, also mit Verlegung des letzten Patienten. Dies sei nicht unklar.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der zulässigen Klage im Ergebnis zu Recht entsprochen. Die Zweckbefristung im Arbeitsvertrag der Parteien ist unwirksam. Zwar lässt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts der zwischen den Parteien vereinbarte Zeitpunkt der Zweckerreichung zuverlässig erkennen. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Für die vereinbarte Zweckbefristung fehlt es an dem erforderlichen Sachgrund. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht daher die Berufung des Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

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I. Die Auslegung der Klage ergibt, dass keine Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG, sondern eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO vorliegt. Diese ist zulässig.

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1. Bei der Klage handelt es sich nicht um eine Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG, sondern um eine allgemeine Feststellungsklage. Das ergibt die Auslegung des Klageantrages.

15

a) Eine Auslegung als Befristungskontrollklage kommt nicht in Betracht. Es kann dem Kläger nicht unterstellt werden, er wolle eine Klage erheben, die rechtlich nicht möglich ist. Eine Befristungskontrollklage ist rechtlich noch nicht möglich. Die gegen eine Zweckbefristung gerichtete Klage kann als Befristungskontrollklage erst erhoben werden, wenn der Arbeitgeber - was hier noch nicht geschehen ist - gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG den Arbeitnehmer schriftlich darüber unterrichtet, wann der Zweck der Befristung erreicht ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann zwar im Falle einer kalendermäßigen Befristung die Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG bereits vor dem vereinbarten Vertragsende erhoben werden(vgl. etwa BAG 21. September 2011 - 7 AZR 375/10 - Rn. 8 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 86 = EzA TzBfG § 14 Nr. 81). Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet nach § 15 Abs. 2 TzBfG aber frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung. Vor einer solchen schriftlichen Unterrichtung ist für eine Befristungskontrollklage kein Raum. Das entspricht auch der jüngeren Rechtsprechung des Senats zur Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG, mit der nicht nur der Streit über die Wirksamkeit einer Bedingung, sondern auch der über den Eintritt zu entscheiden ist(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18 ff., EzA TzBfG § 17 Nr. 13). Da der Eintritt einer auflösenden Bedingung mit der Auslegung und der Rechtswirksamkeit eng verbunden ist, sind diese Fragen deshalb auch Gegenstand einer Bedingungskontrollklage, wenn sich der Kläger allein dagegen wendet, die auflösende Bedingung sei eingetreten (vgl. BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 23, EzA TzBfG § 17 Nr. 14). Eine Bedingungskontrollklage kann daher erst erhoben werden, wenn diese Punkte auch einheitlich zur Entscheidung gestellt werden können. Für eine Befristungskontrollklage, mit der - wie hier - eine Zweckbefristung nach § 15 Abs. 2 TzBfG angegriffen wird, gilt nichts anderes.

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b) Die Klage ist jedoch als allgemeine Feststellungsklage mit dem Inhalt auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Zweckbefristung in § 1 des Arbeitsvertrages der Parteien befristet ist. Das entspricht dem für die Auslegung des Klageantrages maßgeblichen Klageziel und der richtig verstandenen Interessenlage des Klägers (BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 471/10 - Rn. 15 mwN). Die Auslegung eines Klageantrages kann auch noch durch das Revisionsgericht erfolgen (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 13, BAGE 132, 88).

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2. Diese allgemeine Feststellungsklage ist nach § 256 ZPO zulässig. Nach dieser Vorschrift kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

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a) Allerdings können nach § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich jedoch nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen bzw. auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr. des BAG, vgl. nur 10. Februar 2009 - 3 AZR 653/07 - Rn. 12 mwN, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Hier geht es um die Feststellung der Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam zweckbefristet ist. Dabei handelt es sich nicht lediglich um ein unselbstständiges tatbestandliches Element oder eine Vorfrage, sondern um den rechtlich selbstständig feststellbaren Umfang und die Dauer der zwischen den Parteien vereinbarten beiderseitigen Leistungspflichten.

19

b) Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Das folgt schon daraus, dass sich der Beklagte darauf beruft, die Zweckbefristung sei wirksam. Ebenso hat er ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger richterlicher Entscheidung. Zwar genügt es hierfür nicht, wenn sich eine streitige Frage in einer ungewissen Zukunft möglicherweise einmal stellen wird (vgl. BAG 21. März 2000 - 3 AZR 99/99 - zu II der Gründe). So verhält es sich aber im Streitfall nicht. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich die Frage der Wirksamkeit der Zweckbefristung zwischen den Parteien in absehbarer Zeit stellen wird. Aufgrund der aktuellen Planungen steht eine Schließung der Maßregelvollzugsklinik R schon Ende 2016 im Raum. Angesichts dieser aktuellen Unklarheit über den langfristigen Bestand seines Arbeitsplatzes hat der Kläger schon deshalb ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, um prüfen zu können, ob er sich beruflich anderweitig orientiert.

20

II. Die Klage ist auch begründet. § 30 TVöD steht der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen. Auch ist die Zweckbefristung entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hinreichend klar formuliert. Sie ist jedoch mangels eines sachlichen Grundes unwirksam.

21

1. Die Unwirksamkeit der Zweckbefristung folgt nicht bereits aus der arbeitsvertraglich vereinbarten Anwendung von § 30 TVöD. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Regelung sind kalendermäßig befristete Arbeitsverträge mit sachlichem Grund nur zulässig, wenn die Dauer des einzelnen Arbeitsvertrages fünf Jahre nicht übersteigt. Diese Regelung knüpft an § 15 Abs. 1 TzBfG an, der nur dann gilt, wenn im Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages eine Zeit vereinbart ist, nicht jedoch für zweckbefristete Arbeitsverträge, deren Ende an das Erreichen des vereinbarten Zwecks iSv. § 15 Abs. 2 TzBfG geknüpft ist(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand März 2012 § 30 Rn. 383; APS/Greiner 4. Aufl. § 30 TVöD Rn. 7). Hier liegt ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag vor.

22

2. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die vereinbarte Befristung auch nicht zu unbestimmt.

23

a) Eine Zweckbefristung erfordert zum einen eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden soll, wobei die Einigung nach § 14 Abs. 4 TzBfG schriftlich vereinbart sein muss(BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 774/09 - Rn. 28, AP TzBfG § 14 Nr. 83 = EzA TzBfG § 14 Nr. 78). Zum anderen muss der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, so genau bezeichnet sein, dass hieraus das Ereignis, dessen Eintritt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, zweifelsfrei feststellbar ist (BAG 21. Dezember 2005 - 7 AZR 541/04 - Rn. 36, AP TzBfG § 14 Nr. 18 = EzA TzBfG § 14 Nr. 25). Worauf sich die Parteien geeinigt haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 15, EzA TzBfG § 15 Nr. 3: für die Abgrenzung von Zweckbefristung und auflösender Bedingung).

24

b) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Arbeitsvertrag der Parteien sei so auszulegen, dass im Falle einer - nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts durchaus zu erwartenden - sukzessiven Verringerung des Personalbedarfs der Zweck im Sinne des Arbeitsvertrages der Parteien schon dann erreicht sein kann, wenn sich der Personalbedarf nur verringert. Es hat angenommen, deshalb fehle es an einer hinreichend bestimmten Regelung im Arbeitsvertrag im Hinblick auf die Zweckerreichung.

25

c) Diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Vielmehr ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages, dass der Zweck erst dann erreicht ist, wenn der letzte Patient aus der Maßregelvollzugsklinik R verlegt wird.

26

aa) Geht es um eine typische Vertragsbestimmung, ist deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht revisionsrechtlich uneingeschränkt überprüfbar. Typische, an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtete Erklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei ist auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners abzustellen. In die Auslegung einzubeziehen sind solche Umstände, die auf einen Willen des Verwenders hinsichtlich der allgemeinen Bedeutung der Erklärung gegenüber allen Vertragspartnern schließen lassen. Umstände, die nur eine einzelne Vertragspartei betreffen, sind dagegen nur zu berücksichtigen, wenn es darum geht zu ermitteln, ob im konkreten Einzelfall die Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden haben (vgl. zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen: BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 50 f., BAGE 134, 269; vgl. auch 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 32, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).

27

bb) Hier handelte es sich bei der Zweckbefristung ersichtlich um eine mit ca. 70 Arbeitnehmern in gleicher Weise vereinbarte typische gleichlautende Vertragsbestimmung. Deren Auslegung kann der Senat ohne Einschränkung selbst vornehmen. Sie ergibt, dass der von den Parteien vereinbarte Zweck erst erreicht ist, wenn der Betrieb der Maßregelvollzugsklinik am Standort R vollständig eingestellt ist. Dies wird erst der Fall sein, wenn dort kein Patient mehr zu betreuen ist. Die Befristung im Arbeitsverhältnis der Parteien erfolgte „für die Dauer des Betriebes“ der Klinik. Gleichzeitig hatte die Vereinbarung den Sinn, den Personalbedarf so lange sicherzustellen wie - in der Formulierung des Arbeitsvertrages - „übergangsweise Plätze für die Unterbringung von Maßregelvollzugspatienten benötigt“ werden. Irgendeine Einschränkung, etwa auf eine bestimmte Anzahl zu betreuender Patienten, findet sich in der Vereinbarung nicht. Das Landesarbeitsgericht hat Auslegungsgrundsätze verletzt, indem es entgegen dem erkennbaren Wortlaut und Sinn der die Zweckbefristung festlegenden Vereinbarung der Parteien davon ausgegangen ist, dass bereits eine teilweise oder sukzessive Einstellung der Maßregelvollzugsklinik R zur Erreichung des Zwecks und damit ggf. zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien führen sollte.

28

3. Die angefochtene Entscheidung ist gleichwohl im Ergebnis richtig. Die Zweckbefristung ist deshalb unwirksam, weil sie eines sachlichen Grundes iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG bedarf, ein solcher jedoch nicht vorliegt. Insbesondere sind die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht gegeben. Ein betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers bestand zum Zeitpunkt des Abschlusses des zweckbefristeten Arbeitsvertrages nicht nur vorübergehend im Sinne dieser Bestimmung.

29

a) Bei einer Zweckbefristung machen die Parteien die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Eintritt eines künftigen Ereignisses abhängig, dessen Eintritt sie für gewiss halten, dessen Zeitpunkt dagegen ungewiss ist (BAG 29. Juni 2011 - 7 AZR 6/10 - Rn. 15, EzA TzBfG § 15 Nr. 3; 21. Dezember 2005 - 7 AZR 541/04 - Rn. 36, AP TzBfG § 14 Nr. 18 = EzA TzBfG § 14 Nr. 25). Eine Zweckbefristung bedarf zu ihrer Wirksamkeit des Vorliegens eines sachlichen Grundes. In Betracht kommen zur Rechtfertigung insbesondere die in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG genannten sachlichen Gründe.

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b) Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht(vgl. BAG 17. März 2010 - 7 AZR 640/08 - Rn. 12, BAGE 133, 319; 20. Februar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist ein Teil des Sachgrundes für die Befristung (BAG 17. März 2010 - 7 AZR 640/08 - aaO). Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages auf den Arbeitnehmer abwälzen darf (BAG 20. Februar 2008 - 7 AZR 950/06 - aaO). Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen (BAG 17. März 2010 - 7 AZR 640/08 - Rn. 13, aaO; 5. Juni 2002 - 7 AZR 241/01 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 101, 262).

31

c) Geht es - wie hier - um eine Zweckbefristung, muss sich die Prognose auf die Erreichung des Zwecks richten. Da ein zulässiger Zweck iSd. TzBfG nur ein Ereignis ist, dessen Eintritt die Parteien hinsichtlich des „Ob“ als sicher ansehen, dessen „Wann“ aber noch nicht feststeht, muss mit hinreichender Sicherheit deutlich werden, dass der Zweck tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt erreicht werden wird, wenngleich noch nicht feststeht, wann dies sein wird. Eine auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützte Zweckbefristung fordert daher eine hinreichende Prognosedichte dahingehend, dass der in den Arbeitsvertrag aufgenommene Vertragszweck nicht nur möglicherweise oder wahrscheinlich erreicht wird, sondern dass im Rahmen des Vorhersehbaren sicher angenommen werden kann, dass er eintreten wird. Die Prognose muss sich auf einen arbeitsorganisatorischen Ablauf richten, der hinreichend bestimmt ist und an dessen Ende der Wegfall des Bedarfs für die Tätigkeit des Arbeitnehmers steht. Es reicht nicht aus, dass sich lediglich unbestimmt abzeichnet, aufgrund welcher Abläufe eine Tätigkeit des Arbeitnehmers in der Zukunft entbehrlich sein könnte. An die Zuverlässigkeit der Prognose sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je weiter die vereinbarte Zweckerreichung in der Zukunft liegt.

32

d) Hier hat der Beklagte eine zuverlässige Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers aufgrund eines vorübergehenden betrieblichen Bedarfs nicht ausreichend dargetan. Dabei kann dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Umständen die Entscheidung, einen Betrieb oder eine Dienststelle für einen bestimmten Zweck zu gründen, überhaupt einen vorübergehenden Bedarf iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG darstellen kann. Auch wenn hiervon zugunsten des Beklagten ausgegangen wird, hätte dieser darlegen müssen, dass nach seiner zuverlässigen, bei Vertragsschluss erstellten Prognose mit der Schließung der Maßregelvollzugsklinik am Standort R die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger entfallen würde. Daran fehlt es. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht die Betreuung der Patienten im Maßregelvollzug nicht ohne Weiteres einstellen kann. Es handelt sich um eine Aufgabe, deren Erledigung nicht in seinem freien Belieben steht. Vielmehr ist - wie sich auch aus dem Vortrag des Beklagten ergibt - insoweit grundsätzlich ein Dauerbedarf vorhanden, der sich in einem Bedarf an Betreuungsplätzen niederschlägt. Angesichts dessen hätte es für eine Prognose, die eine Zweckbefristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien rechtfertigt, einer zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages sicheren Vorstellung nicht nur darüber bedurft, dass irgendwann die Betreuung der Patienten im Maßregelvollzug durch den Beklagten eingestellt wird, sondern auch darüber, wie sich diese konkret danach weiter entwickelt. Nur wenn eine solche weitere Betreuung durch andere Träger tatsächlich erfolgt, kann letztlich die Betreuung durch den Beklagten enden. Nur wenn sie sicher vorliegt, rechtfertigt dies die Annahme, dass der vertraglich vereinbarte Zweck auch erreicht werden kann und daher der Bedarf an der Arbeitsleistung iSd. Gesetzes nur vorübergehend besteht.

33

An einer solchen Darlegung fehlt es. Der Beklagte hat lediglich vorgetragen, es gebe Planungen für den Ausbau weiterer Kliniken und es sei noch unklar, wer Träger dieser Kliniken sein solle. Angesichts dessen kann von einem sicher vorhersehbaren Ablauf, an dessen Ende tatsächlich der Wegfall des betrieblichen Bedarfs für die Tätigkeit des Klägers beim Beklagten steht, keine Rede sein.

34

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Spie    

        

    Schuh    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.