Landgericht Arnsberg Beschluss, 11. Sept. 2014 - 6 Qs 81/14
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss aufgehoben.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft betreffend eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wird abgelehnt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden der Staatskasse auferlegt.
1
Gründe
2Die zulässige Beschwerde ist begründet.
3I.
4Nach Aktenklage sind keine dringenden Gründe für die Annahme vorhanden, dass sich der Beschuldigte unerlaubt vom Unfallort entfernt hat:
51.
6Zwar sprechen erhebliche Gründe dafür, dass der Beschuldigte einen Unfall verursacht hat.
72.
8Auch sprechen erhebliche Gründe dafür, dass sich der Beschuldigte vom Unfallort entfernt hat, indem er zunächst weitergefahren ist.
9Für ein tatbestandsmäßiges Entfernen genügt eine Absetzbewegung derart, dass der räumliche Zusammenhang zwischen dem Beteiligten und dem Unfallort aufgehoben und seine Verbindung mit dem Unfall nicht mehr ohne Weiteres erkennbar ist, sodass der Beteiligte nicht mehr uneingeschränkt zu sofortigen Feststellungen an Ort und Stelle zur Verfügung steht, sondern erst durch Umfragen ermittelt werden muss (vgl. Burmann, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage 2014, § 142 StGB Rn. 10 m. w. N.). Der Unfallbeteiligte darf sich nicht schon so weit von der Unfallstelle entfernt haben und es darf noch nicht so viel Zeit verstrichen sein, dass an dem inzwischen erreichten Ort feststellungsbereite Personen ohne Weiteres nicht mehr zu erwarten sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1.10.2007 – III-2 Ss 142/07-69/07 III; eingrenzend BGH, Beschluss vom 15.11.2010 – 4 StR 413/10).
10Hier hielt der Beschuldigte ausweislich der Aussage des Zeugen C. erst „ca. 400 – 500 Meter nach der eigentlichen Unfallstelle“ (Bl. 43 d. A.) an. Ausweislich der Aussage der Geschädigten hat sie das beteiligte Unfallfahrzeug nach dem Unfallgeschehen lediglich „in einiger Entfernung“ wahrgenommen (Bl. 35 d. A.). Da ihr die Feststellung, ob das Fahrzeug fuhr oder stand, nicht möglich war, bestand jedenfalls kein eine sofortige Feststellung ermöglichender Sicht- und Rufkontakt fort. Ausweislich der Aussage der Zeugin N. war der Unfallbeteiligte „wohl schon über den Berg“ (Bl. 51 d. A.).
113.
12Allerdings kann nach Aktenlage nicht mit der hinreichenden Gewissheit davon ausgegangen werden, dass sich der Beschuldigte vorsätzlich entfernt hat. So lässt sich der Beschuldigte dahingehend ein, den Unfall jedenfalls nicht bemerkt zu haben (Bl. 66 ff. d. A.). Diese Einlassung ist nach Aktenlage nicht widerlegt: Ausweislich der Verkehrsunfallanzeige vom 21.05.2014 (Bl. 2 d. A.) hat jedenfalls der hinter dem Beschuldigten fahrende Zeuge C. angegeben, „er sei sich nicht sicher, ob der UB01 diesen Vorgang bemerkt haben muss (…)“ (Bl. 7 d. A.). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge später ausgesagt hat, dass er selbst den Schleudervorgang der Geschädigten im Rückspiegel gesehen habe (Bl. 43 d. A.). Sein Beifahrer, der Zeuge M., hat das Geschehen wie folgt beschrieben: „Ich konnte als Beifahrer nur noch erkennen, dass das Fahrzeug beim Vorbeifahren an uns weiter schleuderte. Mehr konnte ich von meiner Position aus nicht erkennen. Allerdings teilte mir Herr C. auf Nachfrage mit, dass der PKW erst kurz verschwunden wäre und jetzt wieder auf der Fahrbahn stehen würde“ (Bl. 46 d. A.). Dies spricht dafür, dass das Unfallgeschehen für den Beschuldigten lediglich durch aufmerksames Beobachten des rückwärtigen Verkehrsraums wahrnehmbar gewesen ist. Der Beschuldigte dürfte jedoch ausweislich der Aussage der Geschädigten abgelenkt gewesen sein („(…) und erst jetzt nahm der Mann seine rechte Hand ebenfalls ans Lenkrad“ (Bl. 34 d. A.), möglicherweise auf Grund eines Telefonats (vgl. Bl. 51 d. A.). Der Beschuldigte hat sich auch ausweislich der Aussage des Zeugen C. ihm gegenüber dahingehend eingelassen, dass er „von einem Unfall nichts bemerkt habe“ (Bl. 43 d. A.). Dies hat auch der – bislang noch nicht polizeilich vernommene – Zeuge P. so inhaltlich bestätigt (Bl. 88 d. A.).
134.
14Nach Aktenlage ist auch unerheblich, dass der Beschuldigte anlässlich seiner Rückkehr zu dem Unfallort keine Feststellungen ermöglicht hat und erneut weggefahren ist.
15a)
16Das erneute Wegfahren ist nicht tatbestandsmäßig. § 142 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass sich ein Unfallbeteiligter „nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt“. Der danach erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen dem Sich-Entfernen und dem Unfallereignis war hier bereits durch das erstmalige Sich-Entfernen unterbrochen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15.11.2010 – 4 StR 413/10; Mitsch, JuS 2009, 341).
17b)
18Ein unvorsätzliches Entfernen vom Unfallort kann auch nicht mit einem berechtigten oder unentschuldigten Entfernen im Sinne des § 142 Abs. 2 StGB gleichgesetzt werden (BVerfG, Beschluss vom 19.03.2007 – 2 BvR 2273/06).
19II.
20Nach Aktenlage sind auch keine dringenden Gründe für die Annahme vorhanden, dass ein anderes Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 StGB verwirklicht ist.
21III.
22Urteilsbesprechung zu Landgericht Arnsberg Beschluss, 11. Sept. 2014 - 6 Qs 81/14
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Landgericht Arnsberg Beschluss, 11. Sept. 2014 - 6 Qs 81/14 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
- 1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder - 2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.
(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).
(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten P. dahin geändert, dass die Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort im Fall II. B. 3 der Urteilsgründe entfällt,
b) im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, aa) soweit über ein Handbohrgerät mit 8 mmBohrer hinaus weitere Gegenstände eingezogen worden sind; die weiter gehende Einziehungsanordnung entfällt; bb) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit festgestellt worden ist, dass bei allen Angeklagten der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.070 Euro Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
3. Im Umfang der Aufhebung der Feststellung zum Verfall wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen jeweils wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich begangen mit schwerem Bandendiebstahl sowie in einem Fall tateinheitlich begangen mit versuchtem schweren Bandendiebstahl, und wegen vorsätzlicher Brandstiftung, darüber hinaus den Angeklagten E. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und den Angeklagten P. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt und gegen den Angeklagten E. die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, gegen den Angeklagten C. die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie gegen den Angeklagten P. die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt. Des Weiteren hat es mehrere Gegenstände eingezogen und festgestellt, dass in Bezug auf alle drei Angeklagten der Anordnung eines Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.070 Euro Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
- 2
- Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten, mit denen jeweils die Sachrüge erhoben und von den Angeklagten E. und P. darüber hinaus das Verfahren beanstandet wird. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- 1. Soweit der Angeklagte P. im Fall II. B. 3 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren aus Gründen der Verfahrensökonomie auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, weil die Urteilsgründe das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht belegen.
- 4
- Die von der Strafkammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen ergeben weder, ob der Angeklagte die Kollision mit dem Fahrzeug des Geschädigten - eine touchierende Berührung beider Fahrzeuge - unmittelbar während des Unfallgeschehens bemerkte oder erst bei dem späteren Halt an einer Ampel von dem Geschädigten auf den Unfall hingewiesen wurde, noch verhalten sie sich zu der Frage, welche Wegstrecke der Angeklagte bereits zurückgelegt hatte , als er von dem Geschädigten an der Ampel angesprochen wurde. Nach den Feststellungen bleibt daher die Möglichkeit offen, dass der Angeklagte noch in Unkenntnis des Unfalls den Unfallort verließ. Das Entfernen nicht vom Unfallort selbst, sondern von einem anderen Ort, an welchem der Täter erstmals vom Unfall erfahren hat, erfüllt nicht den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 30. August 1978 - 4 StR 682/77, BGHSt 28, 129, 131). Auch eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet aus, da das unvorsätzliche Verlassen des Unfallorts nicht vom Wortlaut der Norm erfasst wird (BVerfG, NZV 2007, 368). Entgegen einer in Rechtsprechung (vgl. OLG Düs- seldorf, NZV 2008, 107) und Literatur (vgl. Blum, NZV 2008, 495; Laschewski, NZV 2007, 444, 448) vertretenen Ansicht sieht der Senat keine Veranlassung, die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des Unfallorts (vgl. OLG Stuttgart, NZV 1992, 327; OLG Karlsruhe, NStZ 1988, 409; OLG Köln, NZV 1989, 197, 198) zu modifizieren, um auf diese Weise Fälle strafrechtlich zu erfassen, in denen der Täter nachträglich auf den Unfall hingewiesen wird und sich dennoch weiter entfernt (vgl. OLG Hamburg, NZV 2009, 301; SSWStGB /Ernemann § 142 Rn. 43; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 142 Rn. 52).
- 5
- Vom Wegfall der für die Tat II. B. 3 verhängten Einzelgeldstrafe von 20 Tagessätzen wird die Gesamtstrafe nicht berührt. Angesichts der vier Einzelfreiheitsstrafen von zweimal drei Jahren sechs Monaten, drei Jahren drei Monaten und zwei Jahren kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer ohne die entfallende Einzelstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
- 6
- 2. Die über die Einziehung des bei der Tat II. B. 1 benutzten Handbohrgeräts mit Bohrer hinausgehende Einziehungsanordnung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Strafkammer hat die Anordnung damit begründet, dass die verschiedenen Gegenstände dazu bestimmt waren, künftig von den Angeklagten für die Begehung von Straftaten verwendet zu werden. Die Einziehung von Tatmitteln ist aber nach § 74 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn sie zur Begehung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 1996 - 2 StR 256/96, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6).
- 7
- 3. Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO kann ebenfalls keinen Bestand haben. Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, ob das Landgericht im Rahmen seiner Entscheidung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO die Härtevorschrift des § 73c StGB geprüft hat (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; Beschluss vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hierfür hätte es tatsächlicher Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten bedurft.
- 8
- Für die insoweit neu zu treffende tatrichterliche Entscheidung verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10 (zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
Franke Bender
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
- 1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder - 2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.
(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).
(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten P. dahin geändert, dass die Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort im Fall II. B. 3 der Urteilsgründe entfällt,
b) im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, aa) soweit über ein Handbohrgerät mit 8 mmBohrer hinaus weitere Gegenstände eingezogen worden sind; die weiter gehende Einziehungsanordnung entfällt; bb) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit festgestellt worden ist, dass bei allen Angeklagten der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.070 Euro Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
3. Im Umfang der Aufhebung der Feststellung zum Verfall wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen jeweils wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich begangen mit schwerem Bandendiebstahl sowie in einem Fall tateinheitlich begangen mit versuchtem schweren Bandendiebstahl, und wegen vorsätzlicher Brandstiftung, darüber hinaus den Angeklagten E. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und den Angeklagten P. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt und gegen den Angeklagten E. die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten, gegen den Angeklagten C. die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie gegen den Angeklagten P. die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt. Des Weiteren hat es mehrere Gegenstände eingezogen und festgestellt, dass in Bezug auf alle drei Angeklagten der Anordnung eines Verfalls von Wertersatz in Höhe von 100.070 Euro Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
- 2
- Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten, mit denen jeweils die Sachrüge erhoben und von den Angeklagten E. und P. darüber hinaus das Verfahren beanstandet wird. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- 1. Soweit der Angeklagte P. im Fall II. B. 3 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren aus Gründen der Verfahrensökonomie auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, weil die Urteilsgründe das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht belegen.
- 4
- Die von der Strafkammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen ergeben weder, ob der Angeklagte die Kollision mit dem Fahrzeug des Geschädigten - eine touchierende Berührung beider Fahrzeuge - unmittelbar während des Unfallgeschehens bemerkte oder erst bei dem späteren Halt an einer Ampel von dem Geschädigten auf den Unfall hingewiesen wurde, noch verhalten sie sich zu der Frage, welche Wegstrecke der Angeklagte bereits zurückgelegt hatte , als er von dem Geschädigten an der Ampel angesprochen wurde. Nach den Feststellungen bleibt daher die Möglichkeit offen, dass der Angeklagte noch in Unkenntnis des Unfalls den Unfallort verließ. Das Entfernen nicht vom Unfallort selbst, sondern von einem anderen Ort, an welchem der Täter erstmals vom Unfall erfahren hat, erfüllt nicht den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 30. August 1978 - 4 StR 682/77, BGHSt 28, 129, 131). Auch eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet aus, da das unvorsätzliche Verlassen des Unfallorts nicht vom Wortlaut der Norm erfasst wird (BVerfG, NZV 2007, 368). Entgegen einer in Rechtsprechung (vgl. OLG Düs- seldorf, NZV 2008, 107) und Literatur (vgl. Blum, NZV 2008, 495; Laschewski, NZV 2007, 444, 448) vertretenen Ansicht sieht der Senat keine Veranlassung, die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des Unfallorts (vgl. OLG Stuttgart, NZV 1992, 327; OLG Karlsruhe, NStZ 1988, 409; OLG Köln, NZV 1989, 197, 198) zu modifizieren, um auf diese Weise Fälle strafrechtlich zu erfassen, in denen der Täter nachträglich auf den Unfall hingewiesen wird und sich dennoch weiter entfernt (vgl. OLG Hamburg, NZV 2009, 301; SSWStGB /Ernemann § 142 Rn. 43; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 142 Rn. 52).
- 5
- Vom Wegfall der für die Tat II. B. 3 verhängten Einzelgeldstrafe von 20 Tagessätzen wird die Gesamtstrafe nicht berührt. Angesichts der vier Einzelfreiheitsstrafen von zweimal drei Jahren sechs Monaten, drei Jahren drei Monaten und zwei Jahren kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer ohne die entfallende Einzelstrafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
- 6
- 2. Die über die Einziehung des bei der Tat II. B. 1 benutzten Handbohrgeräts mit Bohrer hinausgehende Einziehungsanordnung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Strafkammer hat die Anordnung damit begründet, dass die verschiedenen Gegenstände dazu bestimmt waren, künftig von den Angeklagten für die Begehung von Straftaten verwendet zu werden. Die Einziehung von Tatmitteln ist aber nach § 74 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn sie zur Begehung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 1996 - 2 StR 256/96, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6).
- 7
- 3. Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO kann ebenfalls keinen Bestand haben. Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, ob das Landgericht im Rahmen seiner Entscheidung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO die Härtevorschrift des § 73c StGB geprüft hat (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; Beschluss vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hierfür hätte es tatsächlicher Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten bedurft.
- 8
- Für die insoweit neu zu treffende tatrichterliche Entscheidung verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10 (zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
Franke Bender
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
- 1.
zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder - 2.
eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.
(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).
(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
- 1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), - 1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), - 2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), - 3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder - 4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.