Landgericht Halle Urteil, 10. März 2010 - 3 KLs 14/09

ECLI:ECLI:DE:LGHALLE:2010:0310.3KLS14.09.0A
bei uns veröffentlicht am10.03.2010

Tenor

Der Angeklagte ist der vorsätzlichen Körperverletzung in drei Fällen und der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen schuldig.

Er wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von

4 (vier) Jahren und 6 (sechs) Monaten

verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.

Gründe

I.

1

Der nicht vorbestrafte und zur Tatzeit 28-jährige Angeklagte stammt aus intakten familiären Verhältnissen.

2

Er besuchte zunächst das Gymnasium, wechselte jedoch wegen schulischer Probleme auf die Realschule, welche er erfolgreich absolvierte. Die sich anschließende Ausbildung zum Metallbauer brach er ebenso wie eine Ausbildung zum Bürokaufmann ab. Sodann erlernte er den Beruf eines Kfz-Mechanikers, den er bis zum Dezember 2008 – unterbrochen von kurzen Phasen der Arbeitslosigkeit – ausübte.

3

Im Januar 2009 begann der Angeklagte im Bildungszentrum in Eisleben eine Ausbildung zur CNC-Fachkraft, die bis Ende 2009 gedauert hätte, seitdem bezog er Sozialleistungen in Höhe des Hartz IV-Satzes nebst Fahrtkostenerstattung; nebenher jobbte er als Cocktailmixer.

4

Von seinem 17. bis zum 25. Lebensjahr lebte er mit N. K zusammen, welche sich jedoch an ihrem Arbeitsplatz, der Gaststätte P in E, dem dort beschäftigten F. G zuwandte und sich deshalb vom Angeklagten trennte.

5

Dass ihn seine Freundin verließ, erlebte der emotional labile Angeklagte nicht nur als Verlust, sondern auch als schwere Kränkung, zumal sein Rivale G ca. 20 Jahre älter als er ist.

II.

6

Im November 2008 lernte der Angeklagte in der Cocktailbar B in E die spätere Geschädigte 25jährige C. O kennen, welche dort als Aushilfskellnerin beschäftigt war, und begann eine Liebesbeziehung mit ihr, die der Angeklagte und die Geschädigte übereinstimmend als anfangs harmonisch und erfüllend beschrieben. Der Angeklagte und C. O lebten zwar nicht zusammen, er verfügte aber über einen Schlüssel zu ihrer in E, gelegenen Wohnung und übernachtete oft bei ihr. Auch die vierjährige Tochter der C. O, E, akzeptierte den Angeklagten als neuen Partner ihrer Mutter und sprach ihn mit „Papa“ an, was dem Angeklagten gefiel, da er beide als seine Familie ansah und C. O heiraten wollte.

7

C. O erhielt Ende Januar 2009 einen Praktikumsplatz in der Gaststätte P. Ab diesem Zeitpunkt verschlechterte sich die Beziehung erheblich, denn der Angeklagte argwöhnte, dass C. O ihn – ebenso wie zuvor seine damalige Lebensgefährtin K – mit einem Angestellten oder einem Gast des Restaurants betrügen würde. Der Angeklagte wurde eifersüchtig, was sich nicht nur darin äußerte, dass er seiner Partnerin mit Kontrollgängen nachspionierte, ihre Freundinnen „aushorchte“ und hinter ihrem Rücken mit ihren Eltern über sie sprach und diese bat, auf ihre Tochter zu seinen Gunsten einzuwirken, sondern auch in fast täglichen stundenlangen Diskussionen, die er mit ihr nach ihrem Feierabend führte. Hierbei kam es regelmäßig zum Streit, da C. O das von ihr als nachspionierendes Verhalten empfundene Misstrauen gegen sie nicht akzeptierte.

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Diese Konflikte hielten auch an, als C. O vom Angeklagten ein Kind erwartete. Aber Anfang März 2009 verlor sie dieses in der 8. Schwangerschaftswoche. Dieser Verlust vertiefte die Beziehungskrise weiter, wenn auch die Eifersucht des Angeklagten sich etwas legte, denn infolge der Fehlgeburt und des sich anschließenden Krankenhausaufenthalts hatte sie ihre Stelle verloren.

9

Als sie im April 2009 wieder eine Anstellung als Aushilfskellnerin im B erhielt, lebte die Eifersucht des Angeklagten auf: Erneut argwöhnte er, seine Lebensgefährtin könnte einen Nebenbuhler kennenlernen und ihn betrügen. Die – grundlose – Eifersucht des Angeklagten verschärfte sich noch dadurch, dass C. O auf derselben Etage wohnte wie ihr früherer Partner V. L, zu dem sie auch nach der Trennung noch freundschaftlichen Kontakt hielt. Der Angeklagte meinte - zu Unrecht -, seine Partnerin betrüge ihn mit V. L. Den Bekundungen C. O, dass sein Verdacht nicht begründet sei, sie aber auch alleine mit anderen etwas unternehmen wolle, schenkte er keinen Glauben.

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Eine Trennung wollten zu diesem Zeitpunkt beide nicht, der Angeklagte sehnte sich nach einer eigenen kleinen Familie und wünschte sich weiterhin ein Kind, C. O fühlte sich in harmonischen Momenten beim Angeklagten geborgen und wollte für ihre Tochter gerne einen Vater haben. Auch mag für beide eine Rolle gespielt haben, dass sie in der Kleinstadt E als „das Traumpaar“ galten, besonders wenn sie, beide gutaussehend, im Cabrio des Angeklagten Ausfahrten unternahmen.

11

In der Folgezeit kam es zu folgenden Taten des Angeklagten:

1.

12

Am Abend des 13.05.2009 kam der Angeklagte ins „B“, um C. O, deren Dienst bald endete, abzuholen. Während er wartete, trank er zwei Weizenbier.

13

Am Nachmittag war es wieder zu einem Streit zwischen beiden gekommen:

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Anlass war gewesen, dass C. O mit ihrer Tochter E, dem V. L und dessen Tochter den Spielplatz besucht hatte. Anschließend hatte sie mit L noch einen Kaffee getrunken, wodurch die Eifersucht des Angeklagten, als dieser davon erfuhr, angestachelt worden war; er machte ihr Vorhaltungen und warf ihr wieder vor, ein Verhältnis mit L zu unterhalten. C. O verneinte dies erneut.

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Nach ihrem Dienstschluss – gegen 22.30 Uhr – fuhr C. O mit dem Angeklagten zu sich nach Hause, wo sich beide zunächst in der Küche noch unterhielten, aber nicht mehr stritten. Dann begaben sie sich zu Bett. Der Angeklagte schlief ein; C. O sah noch fern, um sich von der Arbeit zu entspannen, und entdeckte eine Wiederholung ihrer Lieblingssendung, welche sie sodann anschaute. Der Angeklagte, der aufgewacht war, fühlte sich durch den Betrieb des Fernsehers gestört, sagte aber nichts, stand vielmehr auf, schaltete den Fernseher aus und ging ins Bad. C. O wollte sich dieses Verhalten nicht gefallen lassen, rutschte an die Bettkante vor und schaltete das Gerät wieder ein. Dort saß sie noch, als der Angeklagte ins Schlafzimmer zurückkehrte und sich erbost und verärgert über den wieder eingeschalteten Fernseher ins Bett legte. Daher wollte er nun seinen Willen mit Gewalt durchsetzen, umklammerte C. O von hinten, zog sie mit voller Kraft aufs Bett und hielt ihr dabei mit der rechten Hand Mund und Nase zu. C. O war von diesem Übergriff völlig überrascht, wehrte sich, woraufhin der Angeklagte sie losließ und sie ihn anschrie: „Was soll der Mist?“ Der Angeklagte zog sie daraufhin, weil sie laut wurde und ihm das nicht passte, erneut mit voller Wucht nach hinten, hielt ihr mit der einen Hand wieder Mund und Nase zu, mit der anderen Hand drückte er ihr ein Kissen auf das Gesicht. C. O, welche keine Luft bekam, verspürte daher Todesangst und schlug um sich, weshalb der Angeklagte sie kurzzeitig losließ. Jedoch hielt er ihr unmittelbar darauf wieder Mund und Nase zu.

16

Durch den Lärm der Auseinandersetzung und Hilferufe wach geworden, klopfte V. L, dessen Schlafzimmer unmittelbar an das Schlafzimmer der C. O grenzt, an die Wand und rief: „Ruhe!“ C. O gelang es wiederum, sich durch körperliche Gegenwehr vom Angeklagten loszureißen. Sie flüchtete in das Kinderzimmer - ihre Tochter übernachtete bei ihren Eltern -, der Angeklagte lief ihr nach und wollte sie nun umarmen, da ihm sein gewalttätiges Verhalten inzwischen leid tat. Sie schrie ihn aber aus Angst vor weiterem Übergriff an: „Hau ab!“ und flüchtete in das Wohnzimmer. Der Angeklagte verfolgte sie erneut, weshalb sie resignierte, weinend auf der Couch liegen blieb und ein Plüschtier umarmte.

17

Durch die körperlichen Misshandlungen erlitt C. O ein Hämatom im Bereich des linken Auges und der linken Wange sowie ein Hämatom an der Unterlippe, der linke Unterkiefer war angeschwollen. Zur ergänzenden Darstellung der Verletzungen (Schwellung der linken Wange und Verfärbung unterhalb des linken Auges) wird auf die Fotos Bl. 33 bis 40 Bd. III verwiesen.

18

Der Angeklagte wollte und wußte, dass er C. O durch sein Verhalten erhebliche Schmerzen bereitet.

19

Am nächsten Tag (14.05.2009) erklärte C. O dem Angeklagten, dass sie in Anbetracht des Übergriffes Abstand von ihm brauche, worauf er sich für sein Verhalten entschuldigte und sagte, es tue ihm leid, zugleich machte er ihr erneut Vorhaltungen, weil sie sich mit V. L getroffen hatte.

20

Am selben Tag sprach V. L C. O auf die nächtliche Auseinandersetzung an und sah dabei ihre blauen Flecken im Gesicht. O erzählte ihm, dass der Angeklagte sie herumgestoßen habe, worauf ihr dieser riet, sich vom Angeklagten zu trennen, da sie sonst weitere Gewalttätigkeiten befürchten müsse.

21

Der Angeklagte akzeptierte die von C. O gewünschte Pause ihrer Beziehung nicht, suchte sie statt dessen auf, brachte Blumen mit, umwarb sie und redete auf sie ihn, dass ihm alles leid tue, so etwas nie wieder vorkomme, worauf sie die Beziehung mit ihm fortsetzte, da sie ihm glaubte.

22

Allerdings setzten sich bald die Diskussionen und Streitigkeiten zum Thema Eifersucht unverändert fort.

2.

23

Am Nachmittag des 13.06.2009 ging der Angeklagte mit E. O auf den Spielplatz und verlangte, dass C. O beide begleite. Diese lehnte ab, weil sie bügeln musste und andere Tätigkeiten im Haushalt erledigen wollte. Durch diese Ablehnung verärgert, ging der Angeklagte am Abend dieses Tages allein aus und trank ein bis zwei Flaschen Bier. C. O, welche seinen offen zur Schau getragenen Ärger bemerkt hatte und dadurch verängstigt war, rief ihre im selben Haus wohnende Freundin H. W an. In dem Telefonat erzählte sie ihr, dass sie Angst habe und glaube, „heute knallts“. Ihre Freundin versuchte, sie zu beruhigen und riet ihr, früh ins Bett zu gehen, so dass sie bereits schlafe, wenn der Angeklagte zu ihr nach Hause komme, und so jedem Streit aus dem Weg zu gehen. C. O folgte dem Rat.

24

Der Angeklagte war aber bei seinem Nachhausekommen gegen 01.00 Uhr (14.06.2009) noch immer über das ablehnende Verhalten seiner Partnerin verärgert, so dass er den Entschluss fasste, sie zu wecken und zu verletzen. Nachdem er sie aufgeweckt hatte und sie deshalb etwas sagen wollte, hielt er ihr den Mund zu und schleuderte sie wuchtig aus dem Bett, so dass C. O auf den Boden fiel. Sie flüchtete aus Angst vor weiteren Gewalttätigkeiten aus dem Schlafzimmer in die Küche, der Angeklagte verblieb aber im Schlafzimmer. In diesem Moment klingelte es an ihrer Wohnungseingangstür, denn vor der Tür standen zwei Polizeibeamte, die die Nachbarin H. W wegen des noch zwei Etagen tiefer in ihrer Wohnung zu hörenden Lärms aus Angst um ihre Freundin gerufen hatte. C. O aber traute sich wegen der Anwesenheit des Angeklagten nicht, die Tür zu öffnen oder in anderer Art zu reagieren, da sie das Verhalten des Angeklagten nicht vorhersehen konnte und Angst vor einer Fortsetzung der Verletzungen hatte. Sie forderte jedoch den Angeklagten auf, die Tür zu öffnen, was dieser ablehnte, vielmehr ihr erklärte, es sei nicht verwunderlich, das jemand die Polizei gerufen habe, denn nachts wollten die Leute schlafen. Die Polizeibeamten verließen sodann das Gebäude.

25

Der Nachbar L hatte auch diese Auseinandersetzung in seinem angrenzenden Schlafzimmer gehört, verhielt sich diesmal aber ruhig und unternahm nichts.

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C. O erlitt eine Rippenprellung, die ihr am Folgetag so erhebliche Schmerzen bereitete, dass sie sich kaum bewegen konnte; insgesamt dauerte es mehrere Wochen, bis die Beschwerden vollständig abgeklungen waren.

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Auch nach dieser Tat unternahm C. O einen Versuch, die Beziehung zum Angeklagten pausieren zu lassen, allerdings entschuldigte sich der Angeklagte erneut für sein Fehlverhalten, beteuerte, wie leid ihm dies tue, so dass sie sich überzeugen ließ, die Beziehung fortzusetzen; auch fühlte sie sich unter Druck gesetzt, indem ihr der Angeklagte vorwarf, ihrem Kind im Falle einer Trennung den „Vater“ zu nehmen.

28

Daher setzten beide ihre weiterhin von Höhen und Tiefen geprägte Beziehung fort.

29

Der Kontakt der C. O zu ihrer Freundin H. W wurde immer seltener und brach schließlich ganz ab. Denn zum einen schämte sich C. O, die in ihrem Gesicht deutlich sichtbaren Mißhandlungen des Angeklagten zu dulden, zum anderen wollte sie dem Angeklagten durch für diesen nicht kontrollierbare Treffen mit anderen keine „Nahrung“ für weitere Eifersuchtsszenen und -diskussionen bieten.

3.

30

Am 18.07.2009 feierte C. O Mutter ihren 50. Geburtstag. Zu diesem Fest war nicht nur C. O, sondern auch der Angeklagte eingeladen. Allerdings mußte sie abends arbeiten, so dass sie sich nach dem Kaffeetrinken zunächst verabschiedete und gegen 22.30 Uhr wieder auf der Feier erschien.

31

Der Angeklagte war die ganze Zeit über auf der Feier geblieben und hatte inzwischen etwa fünf Flaschen Bier und einige Gläser Fruchtlikör getrunken.

32

C. O grüßte kurz, bediente sich am Büffet und setzte sich nach dem Essen in die Küche, um dort die Füße hochzulegen, sich auszuruhen und dabei auf ihrem Handy nach neu eingegangenen SMS zu sehen. Dort schlug ihr ihre Schwester vor, mit ihrem Freund, dem Angeklagten, bei ihrer Mutter übernachten, worauf sie erklärte: „Sag das ihm, er will doch nach Hause.“ Dies hörte der Angeklagte mit, der gerade in die Küche gelaufen war. Offenbar hatte er sie schon länger beobachtet und in seiner Eifersucht vermutet, sie schreibe sich mit anderen Männern SMS. Denn er entriss ihr verärgert das Mobiltelefon und warf es im Nebenraum vor den Gästen in die Geburtstagsgeschenke. Später stellte sie fest, dass sie in der Tat eine Nachricht erhalten hatte, jedoch vom Angeklagten: „Na, mit wem texten wir denn wieder?“

33

C. O verließ aufgrund dieses ausfallenden Verhaltens des Angeklagten die Feier sofort und fuhr nach Hause, wo sie sich gegen 23.00 Uhr schlafen legte.

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Der Angeklagte hingegen blieb noch, war aber über ihr Verhalten verärgert, fühlte sich durch ihr Weggehen vor ihrer Familie brüskiert, hinzu kam noch, dass er nun kein Fahrzeug und keinen Fahrer mehr hatte, um nach Hause zu kommen, denn es war vereinbart gewesen, dass ihn C. O - da sie wegen ihrer Arbeit sowieso keinen Alkohol trinken konnte - zu sich nach Hause bringt.

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Dieser Ärger hatte sich auch etwa eine Stunde später (19.07.2009, kurz nach 00.00 Uhr) nicht gelegt, als ihn eine Cousine der C. O bei dieser vor dem Haus absetzte. Denn er wollte zu dieser gehen und mit ihr über ihr Verhalten reden, allerdings sie zugleich für ihr Verhalten bestrafen. Daher schloß er mit seinem Schlüssel die Hauseingangstür auf, aber nicht die Wohnungstür. Gegen diese hämmerte und klopfte er vielmehr, wovon C. O zwar wach wurde, aber aus Angst vor dem Angeklagten nicht öffnete, sondern still im Bett liegen blieb. Der Angeklagte brach schließlich die Tür auf, indem er sich dagegen warf und das Schließblech herausbrach. Spätestens jetzt wollte er mit C. O nicht mehr reden, sondern ihr körperlich weh tun. Sofort lief er in das Schlafzimmer, wo er sie packte und sie mit dem Gesicht wuchtig auf den Nachtschrank stieß, sie aus dem Bett zerrte, ihr sodann mindestens einen Faustschlag in das Gesicht versetzte und sie mehrfach mit voller Gewalt durch Schlafzimmer und Flur schubste, so dass sie einmal bis in die Küche gestoßen wurde. Als sie am Boden lag, trat der Angeklagte sie mit dem Fuß dreimal in die Seite. C. O schrie infolge der erlittenen Verletzungen und sagte „Du kannst mich so oft schubsen, ich stehe immer wieder auf.“

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Nun hörte der Angeklagte auf, auf sie einzuwirken und setzte sich im Wohnzimmer an den Computer und verfasste ein Schreiben, wonach er ihr den Wohnungsschlüssel zurückgegeben habe. Er verlangte, dass C. O dieses Schreiben unterzeichne, was diese zunächst ablehnte, aber dann doch tat. Der Angeklagte verließ daraufhin ihre Wohnung, den Schlüssel ließ er zurück.

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Die Geschädigte erlitt aufgrund dieser Misshandlungen erhebliche Schmerzen, zahlreiche blaue Flecken am Oberkörper, ein Hämatom am Oberarm, einen großen Bluterguss im Rückenbereich sowie Schwellungen im Gesicht.

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C. O wollte nun endgültig und ernsthaft die Beziehung beenden, was sie dem Angeklagten auch erklärte. Der Angeklagte aber war – wie zuvor auch schon – nicht bereit, dies zu akzeptieren und wollte ihr Zeit geben, um ihre Entscheidung zu überdenken bzw. rückgängig zu machen, was C. O mit dem Hinweis, keine Zeit zu brauchen, da Schluss sei, ablehnte.

39

In der Folgezeit suchte der Angeklagte mehrfach und regelmäßig den Kontakt zu C. O, sei es im Schwimmbad, beim Einkaufen, nach der Arbeit und redete auf sie ein, dass sie doch ein so schönes Paar seien. C. O sagte ihm immer wieder, dass Schluss sei, ließ sich aber zugleich überreden, sich mit ihm zu treffen, nur „als Freunde“, und ließ seine Besuche in ihrer Wohnung zu, um ihre Beziehung zu diskutieren. Der Angeklagte, der trotz Ratschläge seiner Freunde, das Verhältnis zu C. O zu beenden, an der Beziehung festhielt, suchte nach einer gemeinsamen Wohnung, weil er wusste, dass C. O aus ihrer Wohnung ausziehen wollte.

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Anfang September 2009 besichtigten beide eine neue Wohnung in ... und schlossen einen Mietvertrag ab. C. O glaubte aufgrund der Bemühungen des Angeklagten um sie erneut, es könnte doch alles wieder so harmonisch werden, wie am Anfang ihrer Beziehung, und war glücklich über diese Entwicklung. Der Angeklagte und sie schauten sogar gemeinsam nach Möbeln für die neue Wohnung.

41

Zugleich kontrollierte der Angeklagte C. O aber wieder fast täglich, sei es durch Nachfahren mit dem Auto oder mit Anrufen oder SMS. Dies war Anlass für C. O die Beziehung erneut zu beenden. Der Angeklagte kündigte daher etwa Mitte September 2009 den Mietvertrag, hegte zugleich aber die Hoffnung, doch wieder mit ihr zusammen zu kommen, diese Hoffnung hatte sich ja in der Vergangenheit wiederholt verwirklicht.

4.

42

Am 23.09.2009 gelangte der Angeklagte zu der Einsicht, dass diese Beziehung „eigentlich gelaufen“ sei. Gleichwohl hörte er nicht auf, C. O nachzuspionieren und bezog V. L zu diesem Zweck mit ein, indem er ihm beispielsweise am frühen Morgen des 23.09.2009 zwischen 08.07 und 09.00 Uhr vier SMS schickte, in denen er fragte, ob zwischen C. O und ihm (L) oder einem anderen „etwas laufe“. L reagierte hierauf nicht, informierte aber C. O. Diese hoffte, der Angeklagte werde sie in Ruhe lassen, wenn sie ihn glauben mache, mit einem anderen Mann zusammen zu sein, er erkennen würde, dass sein Festhalten an ihr vergeblich sei. Tatsächlich hatte sie inzwischen Fr. W kennengelernt, der Kontakt war aber noch nicht so intensiv, dass sie ihn zu diesem Zeitpunkt als ihrem neuen Freund betrachtete. Sie ließ dem Angeklagten über L eine SMS zukommen, wonach sie F kennengelernt habe und dieser heute bei ihr übernachten werde, wobei letzteres tatsächlich nicht der Fall war.

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Dies veranlasste den Angeklagten dazu, nun C. O zwischen 10.22 Uhr und 15.31 Uhr sechs SMS zu schreiben mit gleich lautendem Inhalt, nämlich mit ihr und ihrer Tochter E. den morgigen Tag verbringen zu wollen. Darüber hinaus rief er mehrfach ihren Festnetzanschluss und die Mobilfunknummer an, worauf C. O zunächst nicht reagierte, bis sie schließlich entnervt seinen Anruf entgegennahm und ihm bestätigte, dass F ihr neuer Freund sei. Auf seine Frage, ob sie am nächsten Tag zusammen ins Kino gehen wollten, reagierte sie nicht. Der Angeklagte gewann aus dem Telefonat den - falschen - Eindruck, C. O wolle ihm abends noch ihre Entscheidung wegen des Kinobesuchs mitteilen und wartete auf den Rückruf, der aber nicht erfolgte.

44

Gegen 20.00 Uhr begab sich der Angeklagte in die Cocktailbar B, in der seine ehemalige Lebensgefährtin N. K an diesem Abend bediente. Mit dieser unterhielt er sich im Verlauf des Abends mit Unterbrechungen, denn N. K mußte zwischendurch die, wenn auch um diese frühe Uhrzeit noch nicht zahlreichen Gäste bedienen. In den Gesprächen ging es um „alte Zeiten“ und wie das früher mit ihnen gewesen sei, aber auch über die Beziehung zu C. O; der Angeklagte beklagte sich, dass es nicht so laufe, wie er sich das vorgestellt habe, C. oft unterwegs sei, er sich dann um das Kind kümmern müsse, er sich wünsche, dass es mit C. wieder so schön wie am Anfang werde. N. K riet ihm, sich entweder zu fügen oder die Beziehung zu beenden, was der Angeklagte ablehnte, da er C. liebe.

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Der Angeklagte blieb in der Bar bis 21.30 Uhr und trank über die gesamte Zeitspanne insgesamt zwei Cocktails, sogenannte Hardliner. Dabei handelt es sich um Cocktails gemixt aus verschiedenen Spirituosen wie Tequila und Rum sowie Säften und Eiswürfeln, wobei die konkrete Zusammensetzung nebst Mischungsverhältnis nicht festzustellen war.

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Da der Angeklagte beim Treppensteigen innerhalb der Bar nach Konsum des zweiten Cocktails torkelte, rief ihm N. K ein Taxi und legte das Geld für die Getränke aus, denn der Angeklagte suchte zwar in seiner Hosentasche nach Geld, um zu bezahlen, doch N. K befürchtete, er könne es beim Herausziehen aus der engen Hose verlieren und hielt ihn daher erfolgreich vom weiteren Suchen in der Hosentasche ab. Der Angeklagte fühlte sich betrunken und wehrte sich daher gegen diese Fürsorge nicht. Er ließ sich mit dem Taxi nach Hause fahren, nämlich zum Haus seiner Mutter, in dem ihm eine Wohnung zur Verfügung steht, und legte sich, nach Einnahme eines leichten Beruhigungsmittels, sofort schlafen. In der Nacht wachte der Angeklagte nach 03.00 Uhr (24.09.2009) mit dem Gedanken auf, dass er die Beziehung mit C. O vielleicht doch noch retten könne, wie es ihm zuvor schon so oft geglückt war. Er stand auf, trank eine Tasse Kaffee und schickte N. K gegen 03.30 Uhr eine SMS mit der Frage, wieviel Geld sie noch von ihm bekomme. Dabei schrieb er ohne Rechtschreibfehler und beachtete Groß- und Kleinschreibung.

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Der Angeklagte machte sich unter Mitnahme einer Flasche Weißwein auf den Weg zu C. O - die konkrete Uhrzeit konnte nicht festgestellt werden - und lief zu ihrer ca. 15 – 20 Minuten entfernten Wohnung; diesen Fußweg konnte er ohne irgendwelche Zwischenfälle wie Stolpern, Schwanken oder gar Verlaufen absolvieren. Mit seinem Mobiltelefon, das er zuvor eingesteckt hatte, rief er unterwegs C. O an, die das Gespräch entgegennahm. Der Angeklagte sprach die Planung des bevorstehenden Wochenendes an und fragte, wie der Abend mit F gelaufen sei, worauf C. O erklärte, nicht mit ihm weggehen zu wollen, keine Versöhnung zu wollen, vielmehr seien sie geschiedene Leute, auch werde sie wegen seiner Nachstellungen morgen zur Polizei gehen und ihn anzeigen, worauf der Angeklagte sie als Schlampe beschimpfte und erwiderte, „dann mache ich dich fertig“. Der Angeklagte akzeptierte das Ende der Beziehung auch jetzt nicht und beabsichtigte noch immer, C. O wieder zu überreden, zusammen zu bleiben. Zugleich rechnete er aber aufgrund ihres aktuellen Verhaltens und des soeben geführten Telefonats damit, dass sie ihn erneut nicht einlassen könnte, weshalb er beschloss, nicht zu klingeln, sondern sich gewaltsam Zutritt zum Haus (er wußte, dass die Hauseingangstür stets geschlossen war) und zur Wohnung zu verschaffen und sie zu zwingen, ihm zuzuhören. Dabei war ihm bewußt, dass es zum Streit kommen würde, auch rechnete er damit, dass er C. O im Streit wieder schlagen würde.

48

C. O rief nach dem Telefonat mit dem Angeklagten Fr. W an und schilderte ihre Angst vor dem Angeklagten infolge des soeben geführten Telefonats, dieser redete beruhigend auf sie ein. C. O fand aber noch keine Ruhe und schaute in ihrem Schlafzimmer noch fern.

49

Der Angeklagte war inzwischen (ca. 05.00 Uhr) am Wohnhaus der C. O angekommen und zerstörte das Fenster, das zum Keller der C. O gehörte (wegen der Einzelheiten wird auf die Lichtbilder Bl. 71 bis 76 Bd. II verwiesen). Er hatte in der Vergangenheit den Keller aufgeräumt, wußte daher, welches der richtige Keller war. Im Keller war unter dem Fenster ein Karton abgestellt, über den er beim Hereinklettern ohne Probleme in den Keller gelangte. Er riss von diesem Karton passgerecht ein Stück Pappe in der Größe des zerstörten Kellerfensters ab und setzte dies in den Fensterrahmen ein. Anschließend hob er die Tür des Kellerabteils aus den Angeln, verließ das Kellerabteil, hängte die Kellertür wieder ein und stieg in den vierten Stock zu C. O Wohnung hoch, noch immer die Weinflasche dabei. Sodann warf er sich gegen die Wohnungseingangstür, die sofort nachgab und ging ins Schlafzimmer, wo er C. O im Bett liegend antraf. Diese war entsetzt, den Angeklagten plötzlich vor sich stehen zu sehen und schrie ihn an, raus aus ihrer Wohnung zu gehen. Dabei stand sie auf, ging in den Flur und sodann in die Küche, wohin ihr der Angeklagte folgte. Dieser hatte mit diesem Verhalten und dem Wohnungsverweis gerechnet, er hörte die Aufforderung zwar, befolgte sie aber nicht, öffnete statt dessen die Weinflasche und nahm zwei Gläser aus dem Schrank, schenkte ein und wollte nun, sein Glas Wein trinkend, ihre Beziehung diskutieren. Es entwickelte sich nun ein Streitgespräch, in dem C. O vom Angeklagten verlangte, aus ihrer Wohnung und ihrem Leben zu verschwinden. Beide befanden sich wieder im Flur und sodann im Schlafzimmer. Da C. O noch immer verlangte, er solle gehen, hielt ihr der Angeklagte schließlich den Mund zu, wogegen sie sich wehrte, worauf der Angeklagte C. O in Verletzungsabsicht mehrfach mit der Faust kräftig ins Gesicht schlug und sie so heftig würgte, dass sie glaubte, zu ersticken. C. O gelang es in Todesangst, den Angeklagten, der auf ihr kniete, wegzustoßen, wobei sie ihm das Nasenbein brach, allerdings schlug und trat der Angeklagte weiter auf sie ein, hielt er auch immer wieder Mund und Nase zu. C. O versuchte dabei, auf den Angeklagten einzureden und bat ihn vergeblich, doch endlich aufzuhören. Auch versuchte sie, den Notruf anzurufen, doch der Angeklagte hatte bereits den Stecker des Festnetzanschlusses im Flur herausgezogen, so dass sie feststellen mußte, niemanden anrufen zu können.

50

Der Angeklagte mißhandelte C. O mindestens eine halbe Stunde lang ununterbrochen, bis es ihr durch Tritte in die Genitalien des wieder auf ihr knienden Angeklagten gelang, sich so zu befreien, dass sie in den Wohnungsflur laufen und durch die Wohnungseingangstür ins Treppenhaus fliehen konnte.

5.

51

Der Angeklagte wollte dies aber mit allen Mitteln verhindern und fasste nun den Entschluss (inzwischen war es ca. 06.00 Uhr), mit einem Messer auf C. O einzustechen, dabei wahrscheinlich ihren Tod in Kauf nehmend. Er ging daher in die Küche, holte aus dem Besteckkasten des Küchenschranks ein Schälmesser mit einer Klingenlänge von 7,5 cm und lief ebenfalls in den Hausflur. Dort versetzte er C. O, die ihm den Rücken zuwandte und gegen die Wohnungstür des L schlug, einen Stich in den linken Oberarm und fünf wuchtige Stiche in den Rücken, die sie lebensgefährlich verletzten, da hierdurch beide Lungenflügel eröffnet wurden. Dabei schrie er: „Wenn ich dich nicht kriege, kriegt dich auch kein anderer.“

52

Da V. L Tür sich nicht öffnete - er hatte seine Wohnung bereits gegen 04.00 Uhr verlassen - flüchtete C. O in Todesangst in ihren Wohnungsflur zurück und wandte sich dort zum Angeklagten um, weil sie bemerkt hatte, dass er sie wieder verfolgte. Der Angeklagte versetzte ihr sodann einen Stich in die rechte Brust und einen Stich oberhalb des rechten Schlüsselbeins. Um sich vor weiteren Messerstichen zu schützen, hob sie beide Arme, so dass der nächste Stich sie nur am linken Unterarm traf. C. O rannte in die Küche und versuchte, die Küchentür von innen zuzuhalten. Der Angeklagte drückte die Küchentür jedoch auf und lief ebenfalls in die Küche, wo er aufgrund eines Appells der Geschädigten und in Anbetracht ihres Blutes auf dem Boden: „Reicht dir das jetzt nicht?“ endlich von ihr abließ. C. O bemerkte, dass sie stark blutete – der Hausflur, die Wohnungstür des L, ihr Wohnungsflur und der Küchenboden waren blutbefleckt – und immer schwächer wurde. Sie verließ daher die Küche und wollte noch einmal versuchen, den Notarzt zu rufen, denn zuvor, wann genau blieb unklar, war es ihr gelungen, den Netzstecker wieder in die Telefonbuchse zu stecken. Doch der Angeklagte kam ihr aber sofort hinterher, nahm ihr den Telefonhörer Weg, entfernte die Akkus und zog erneut den Netzstecker. Dabei äußerte er: „Nein, wir rufen keinen Arzt, du weißt, welchen Weg wir heute zusammen gehen. Heute sterben wir beide hier zusammen, du kommst hier nicht mehr lebend raus“.

53

C. O fühlte sich inzwischen einer Ohnmacht nahe und versuchte, den Blutverlust zu minimieren, indem sie sich Wohnungsflur auf den Rücken drehte, als sie merkte, dass sie aber weiter unvermindert Blut verliert, auf den Bauch. Während dessen ging der Angeklagte in die Küche, holte mehrere Messer aus der Schublade, wobei er sich mit mindestens einem oberflächliche, ritzerartige Verletzungen an den Unterarmen, an der linken Halsseite und am rechten Oberbauch zufügte und dabei vor sich hin sprach „Sind hier denn alle Messer stumpf?“. Als die im Kinderzimmer schlafende und durch den Lärm der Auseinandersetzung wach gewordene Tochter nach einer Weile nach ihrer Mama rief, rief C. O beschwichtigend dieser zu und sagte, alles sei in Ordnung, sie solle in ihrem Kinderzimmer bleiben, was E. auch tat. Zugleich redete sie dem Angeklagten ins Gewissen, ob er wolle, dass ihre Tochter ihre Mutter verliert. Schließlich besann sich der Angeklagte, setzte das Telefon wieder in Gang und alarmierte um 06.24 Uhr den Rettungsdienst. Nachdem er einen Krankenwagen zu der Anschrift M bestellt hatte, gab er auf die Frage, was passiert sei, wahrheitswidrig an, sie hätten sich eben gegenseitig fast abgestochen, worauf C. O mit letzter Kraft, aber für die Rettungsleitstelle hörbar sagte, „nein, nicht gegenseitig“, der Angeklagte wiederholte, sie hätten gegenseitig mit dem Messer gestochen. Nach dem Anruf legte der Angeklagte sich bäuchlings neben C. O.

54

Der mit seiner Kollegin eingetroffene Rettungssanitäter H fand beide so vor; er untersuchte sogleich C. O auf Verletzungen, seine Kollegin den in Richtung Wohnzimmer verbrachten Angeklagten. Dort wurde er von den um 06.35 Uhr eingetroffenen Polizeibeamten K festgestellt, noch immer auf dem Boden liegend, weinend und wiederholend vor sich hin sprechend „C., ich liebe dich doch“. Nach der daher mehrfach erteilten Beschuldigtenbelehrung und der Aufforderung, mitzukommen, reagierte er, fragte, ob er sich anziehen dürfe – durch die Rettungssanitäterin war sein T-Shirt zerschnitten und entfernt worden -, was er sodann tat. Auf der Fahrt zur Blutentnahme verhielt er sich ruhig und sprach nicht.

55

Anläßlich der Blutentnahme um 08.15 Uhr machte der Angeklagte Angaben zum am Vorabend konsumierten Alkohol, nämlich 2 bis 3 Cocktails, 2 Glas Glas Wein, eine halbe Flasche Weinbrand und als Medikament „Opipramol“.

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Im Untersuchungsbefund finden sich folgende weiteren Angaben: Gewicht geschätzt 75 kg, Körperlänge 182 cm, Konstitution mittel, kein Alkoholgeruch, oberflächliche Schnittwunden an Unterarmen und Thorax, Verdacht auf Nasenbeinbruch, sicherer Gang, plötzliche Kehrtwendung sicher, Sprache deutlich, Bewußtsein klar, Denkablauf geordnet, Stimmung depressiv, Gesamteindruck „Pat. ist „aufgelöst“, steht unter starkem psychischen Streß, weinerlich“, eindeutige Beurteilung, ob er unter Alkohol/Medikamenteneinfluss steht, nicht möglich, weil „der Patient sich in einer psychischen Ausnahmesituation befindet“.

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Für den Entnahmezeitpunkt wurde eine Blutalkoholkonzentration von 0,59 ‰ festgestellt.

58

In der toxikologisch-chemischen Untersuchung wurden im Blut 5 Mikrogramm/ml Coffein und 0,04 Mikrogramm/ml Nordazepam festgestellt.

59

C. O wurde zunächst auf die Intensivstation des Krankenhauses in Eisleben verbracht und dort im Hinblick auf den beidseitigen Pneumothorax notversorgt, um sie sodann in das Krankenhaus Martha Maria nach Halle transportieren zu können, wo sie am selben Tag an beiden Lungenlappen operiert wurde, sich bis zum 26.09.2009 auf der Intensivstation befand und bis zum 06.10.2009 stationär versorgt wurde.

60

Ohne sofortige notärztliche Hilfe und chirurgische Versorgung wäre sie aufgrund der Stichverletzungen im Lungenbereich verstorben.

61

Im einzelnen hat der Angeklagte C. O folgende Verletzungen zugefügt:

62

Mehrere Unterblutungen (petechiale Blutungen) an beiden Augenlidern infolge Würgens, Hämatom an der rechten Mundbodenseite infolge eines Schlages, neun scharfe Stich- und Schnittverletzungen, nämlich:

63

Oberarm links:

64

Stichlücke an der linken Oberarmaußenseite in Höhe der Achsel, großflächige Blutunterlaufung an der linken Oberarmaußenseite,

65

Obere Rückenseite links:

66

winkelförmige Stichlücke zwischen Schultereckgelenk und Achsel, schräg gestellte Stichlücke seitlich der Brustwirbelsäule, schräg gestellte Stichlücke unterhalb der linken Schulterblattspitze,

67

Rücken rechts:

68

annähernd quer gestellte Stichlücke unterhalb des Nackens unmittelbar seitlich der Wirbelsäule, Stichlücke in Höhe des rechten Schulterblatts mit von oben seitlich zur Mitte unten hin gerichtetem Stichkanal,

69

rechte Schulterhöhe:

70

Stichlücke an der rechten Schultervorderseite oberhalb der Schlüsselbeinmitte,

71

rechte Brustseite:

72

kleine Stichlücke im Bereich der rechten Brust mit ritzerartiger Oberhautläsion am unteren Wundwinkel,

73

Arm links:

74

längs gestellte Stichlücke an der Beugeseite des linken Unterarmes.

75

Beide Brusthöhlen waren infolge der Stiche in den Rücken eröffnet; durch die eindringende Luft trat eine Saugwirkung zwischen Rippenfell und Lungenfell ein, was die Atmung erschwerte und zu einem Kollaps der Lungen führte.

76

Die Tiefe der Stichkanäle wurde nicht gemessen.

77

Die ca. 2 bis 3 cm großen, nicht entstellenden und von den Stichverletzungen herrührenden Narben werden sichtbar bleiben.

78

Ob Dauerschäden eintreten, ist derzeit nicht zu beurteilen. Eine mögliche Folge können infolge der Narben in den Lungenflügeln Verwachsungen zwischen Brustfell und Lungenfell sein, die mangels Verschiebbarkeit von Brustfell und Lungenfell zu Beeinträchtigungen bei Wetterumschwüngen führen können.

79

Zu den Verletzungen der Geschädigten wird ergänzend auf die Lichtbildtafel Bl. 85 bis 89 Bd. III und wegen der bildlichen Darstellung der einzelnen Verletzungs- orte wird auf die Skizze Anlage 3 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 03.03.2010, Bl. 35 Protokollband, verwiesen (Die Nummerierung der Verletzungsstellen hat der Sachverständige willkürlich vorgenommen; sie entspricht nicht der Reihenfolge der Messerstiche.)

80

Weiterhin wird zur Veranschaulichung der Geschehnisse in der Wohnung, insbesondere zur aufgebrochenen Tür, den Blutspuren, den Verletzungen des Angeklagten, auf die Skizze Bl. 14 f.Bd. I und die Fotos Bl. 17 bis 49 Bd. I verwiesen. Das verwendete Messer ist auf den Fotos Bl. 63 und 64 Bd. I zu sehen.

81

Die Verletzungen des Angeklagten sind im einzelnen dokumentiert auf den Lichtbildern Bl. 92 bis 95 Bd. III, worauf ebenfalls verwiesen wird.

82

Bei Begehung der 5. Tat lag eine affektbedingte erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten vor. Eine erhebliche Verminderung oder Aufhebung der Einsichtsfähigkeit oder eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit konnte jedoch ausgeschlossen werden.

83

Der Angeklagte wurde in dieser Sache am 24.09.2009 vorläufig festgenommen und befindet sich seitdem aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts E vom 25.09.2009 (Az.: 11 Gs 70/09) in Untersuchungshaft.

84

Im Hauptverhandlungstermin vom 10.03.2010 haben der Angeklagte und C. O einen Vergleich geschlossen: Der Angeklagte hat sich verpflichtet, zum Ausgleich sämtlicher materieller und immaterieller Schäden, welche der Geschädigten aus den verfahrensgegenständlichen Taten entstanden sind, 20.000,00 Euro zu zahlen, wobei ihm die Geschädigte diese Forderung bis zur Haftentlassung zinslos gestundet hat. Zum weiteren Inhalt des Vergleichs wird auf die Anlage 1 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 10.03.2010 (Bl. 52 f. Protokollband) Bezug genommen.

III.

1.

85

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf seinen glaubhaften Angaben.

2.

86

Abweichend von den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wie folgt eingelassen:

87

Die anfangs sehr harmonische Beziehung habe unter dem Lebenswandel seiner Partnerin gelitten, so dass es zeitweise täglich zum Streit um Lappalien gekommen sei; ihre finanziellen Probleme, von denen er erst durch Öffnen ihrer Post anläßlich ihres Krankenhausaufenthaltes erfahren habe, habe sie nicht in den Griff bekommen; ihr Alkoholkonsum sei teilweise so erheblich gewesen, dass er sie immer wieder dazu angehalten habe, auch mal nichts zu trinken; wenn er sich um ihr Kind gekümmert habe, damit sie arbeiten gehen konnte, sei sie immer mal nach Dienstschluss noch mit anderen unterwegs gewesen, obwohl das nicht so vereinbart gewesen sei; auf Probleme ihrer Beziehung angesprochen, sei sie entweder gleich hysterisch geworden oder habe sich abgekapselt, ihn nicht beachtet. Er habe versucht, den Haushalt zu erledigen, ihr Kind zu betreuen, sie aufzubauen, wenn sie sich abgekapselt habe, und dabei auch noch selbst seiner Arbeit nachzugehen. Infolge der Konflikte sei es zu Trennungen sowie Versöhnungen gekommen, so dass er mitunter nicht mehr gewußt habe, ob sie noch ein Paar sind oder nicht.

88

Zur 1. Tat hat er angegeben, er habe wegen des Fernsehers stundenlang nicht einschlafen können, daher C gebeten, das Gerät leiser zu drehen, was sie abgelehnt habe, er könne ja nach Hause zu sich fahren; hieraus habe sich ein Wortgefecht entwickelt, sie sei hysterisch geworden, weshalb er ihr - wegen der Nachbarn - mehrmals die Hand auf den Mund gelegt habe, mehr habe er nicht getan, möglicherweise habe er ihr noch ein Kissen ins Gesicht geworfen.

89

Am nächsten Morgen sei er über ihre Hämatome im Gesicht sehr erschrocken gewesen und habe sie sich nicht erklären können.

90

Auch zur 2. Tat hat er angegeben, es sei zum Streit gekommen, sie habe hysterisch reagiert, er habe C. O mit der Hand den Mund zugehalten und sie „lediglich“ aus dem Bett gestoßen.

91

Im Vorfeld zur 3. Tat sei es zwischen ihnen zum Streit gekommen, da C. O ihm auf dem Fest vorgeworfen habe, sie nach ihrer Rückkehr am Abend nicht beachtet zu haben. Sie habe daher sofort gehen wollen, er sollte mitkommen, womit er nicht einverstanden gewesen sei; durch ihr Verhalten habe er sich brüskiert gefühlt. Nachdem er in ihre Wohnung eingedrungen sei, was er habe tun müssen, da sie ihm nicht geöffnet habe, sei es zum Streit und zur Rückgabe des Schlüssels gekommen. „Im Eifer des Gefechts“ habe er ihr zwei oder drei Ohrfeigen gegeben und sie geschubst, wodurch sie hingefallen sei. Als sie auf dem Boden lag, habe er sie nicht getreten.

92

Hinsichtlich der Taten zu 4. und 5. hat der Angeklagte sich wie folgt eingelassen:

93

Am 23.09.2009 sei ihm klar gewesen, dass die Beziehung zu C. O eigentlich gelaufen sei. Die Beziehung sei mit der Kündigung des Mietvertrages beendet gewesen. Da er aber gehört habe, dass sie und V. L ein Verhältnis haben sollen, habe er zu diesem Kontakt aufgenommen und anschließend zu C.. Diese habe ihm erklärt, mit F sei nichts, sie seien nur zusammen aus gewesen und hätten danach etwas in ihrer Wohnung getrunken. Sie habe ihn wegen des möglichen Kinobesuchs abends noch anrufen wollen, dies aber nicht getan. Nachdem er in der Bar gewesen und mit dem Taxi nach Hause gefahren sei, habe er möglicherweise ein Beruhigungsmittel eingenommen, C. O eine SMS geschickt, worauf sie ihn angeklingelt und er sie zurückgerufen habe. In dem Gespräch habe er nochmals gefragt, ob sie zusammen ins Kino gehen, woraus sich ein Streit entwickelt hätte, sie ihm gesagt habe, er könne machen, was er wolle und das Gespräch beendete. Er habe daraufhin noch mehrmals versucht, sie anzurufen, es sei aber besetzt gewesen.

94

In der Nacht sei er aufgewacht und habe gedacht, dass er „es“ vielleicht doch noch retten könne, wie schon so oft. Deshalb sei er zu ihr gelaufen, habe versucht, sie anzurufen und sei, da er befürchtete, wieder draußen stehen gelassen zu werden, über ihren Keller eingestiegen und habe die Tür aufgedrückt. Er habe mit ihr diskutiert, wie es mit ihnen weitergehe und wie sie das mit F sehe. Zwischendurch sei sie in das Schlafzimmer gegangen, er sei hinterher gelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe es sich um eine normale Streitigkeit gehandelt. C. O hätte dann verlangt, dass er die Wohnung verlasse. Dies sei bei ihm aber „rechts rein und links raus“ gegangen, das hätte er schon so oft gehört. Er habe sich ins Bett legen wollen. C. sei damit aber nicht einverstanden gewesen und „hysterisch“ geworden. Dann sei die Situation eskaliert. Er habe sie mehrmals mit der Faust in das Gesicht geschlagen und auch gewürgt, weil sie um sich geschlagen habe und er sie auf Abstand habe halten wollen.

95

Wie es nach den Faustschlägen weiter gegangen sei, wisse er nicht. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass er dann im Wohnungsflur gestanden habe, dass die ganze Küche rot gewesen sei, C. sich im Wohnungsflur hingelegt und ihre Tochter nach ihr gerufen habe. C. habe erwähnt, er möge den Notarzt rufen, dies sei aber erst gewesen, nachdem er diesen schon angerufen hatte. An den Wortlaut seines Notrufes erinnere er sich nicht mehr. Er wisse aber noch, dass er vor dem Notruf versucht habe, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Um den Notarzt zu rufen, habe das Telefon suchen und den Stecker wieder einstöpseln müssen, denn den hatte er vorher gezogen.

96

Während des Streits habe C. O geschrien und gesagt, sie hasse ihn, er solle verschwinden. Er habe nicht gesagt, sie würden heute zusammen sterben, auch nichts ähnliches. Er habe nur erklärt, wenn sie sterbe, könne er auch sterben und, während sie durch den Notarzt behandelt worden sei, immer wieder gesagt, dass er sie liebe.

97

Die Einlassung des Angeklagten ist widerlegt durch die Angaben der Zeugin O; soweit sich der Angeklagte bei der Tat zu 5. affektbedingt nicht erinnerte, beruhen die Feststellungen ebenfalls auf ihren Angaben.

98

Die Zeugin hat die Taten geschildert wie festgestellt.

99

Die Zeugin ist glaubwürdig, Übertreibungen in ihren Schilderungen schließt die Kammer aus.

100

Die Zeugin schilderte den Verlauf der Beziehung weitgehend übereinstimmend wie der Angeklagte. Sie räumte offen ein, in ihrem Verhalten inkonsequent gewesen zu sein, da sie dem Angeklagten trotz der Gewalttätigkeiten immer wieder Glauben geschenkt und die Beziehung doch fortgesetzt und ihm Hoffnungen gemacht zu haben; es habe ihr gefallen, wenn er sich um sie bemüht habe. Ohne damit eine einseitige Schuldzuweisung zu verbinden, schilderte sie durchaus nachvollziehbar, der Angeklagte habe immer wieder solange auf sie eingeredet, bis sie nachgegeben habe und sie es noch einmal zusammen versuchen wollten, um ihren Traum von einer Familie zu verwirklichen. Zugleich sei sie aber die stundenlangen, immer gleichen Diskussionen darüber, mit wem sie wann und wo gewesen sei, mit ihm leid gewesen, habe sich zu diesen spät abends nach Arbeitsende auch nicht mehr in der Lage gesehen. Er habe ihr nachspioniert, sie mit seinen Anrufen und SMS ständig kontrolliert und sei immer eifersüchtig gewesen, sei es auf Männer oder Freundinnen, mit denen sie sich traf. So habe sie den Kontakt zu ihrer Freundin H. W abgebrochen, auch weil sie sich geschämt habe, wenn Verletzungen infolge der Mißhandlungen sichtbar gewesen seien.

101

Offen erklärte sie, gerne ab und zu Alkohol zu trinken, ebenso wie das der Angeklagte getan hätte.

102

Auch gab sie an, den Angeklagten nicht ständig darüber informiert zu haben, wo sie gerade sei. Sie habe auch mal alleine einkaufen und bummeln gehen wollen, ohne zuvor Diskussionen zu führen, mit wem sie wie lange wohin gehe.

103

Der Angeklagte habe ihr nicht helfen müssen, den Haushalt und die Kinderbetreuung zu regeln, sie könne dies selbst regeln; mitunter helfen ihre Eltern in der Betreuung ihrer Tochter aus; Schulden habe sie, die zahle sie aber ratenweise zurück.

104

Die Zeugin war vor der Kammer in der Beantwortung dieser Fragen, die auch ihren Charakter und ihre Lebensweise betrafen, offen und gefasst, reagierte nicht beleidigt.

105

Insgesamt wirkte die Zeugin sicher in ihrer Erinnerung, auch in Details, sie bauschte nichts auf, obwohl sie dies, wollte sie den Angeklagten zu Unrecht belasten, hätte tun können, denn weitere unmittelbare Tat-Zeugen gab es nicht. So erklärte sie, der Angeklagte habe die Fäuste erst ab der 3. Tat eingesetzt. Wenn sie etwas nicht mehr sicher erinnerte, gab sie dies an. So hatte sie noch im Ermittlungsverfahren hinsichtlich der 2. Tat angegeben, der Angeklagte habe ihr mehrmals das Kissen aufs Gesicht gedrückt, sich aber daran vor der Kammer nicht mehr sicher erinnert.

106

Ihre Aussagen sind glaubhaft, weil die Zeugin das jeweilige Tatgeschehen detailreich, stimmig und widerspruchsfrei geschildert hat.

107

Bereits während ihrer Zeugenvernehmungen im Ermittlungsverfahren hat sie die einzelnen Geschehnisse und auch den Verlauf der Beziehung so beschrieben, wie sie dann später von ihr vor Gericht geschildert wurden. Diese Aussagekonstanz spricht dafür, dass die Angaben der Geschädigten wahrheitsgemäß sind.

108

Die Wahrhaftigkeit ihrer Angaben wird noch dadurch untermauert, dass die Zeugin originelle Details benannt hat, welche dafür sprechen, dass sie ein selbst erlebtes Erinnerungsbild vor Augen hat.

109

So habe sie sich nach der ersten Misshandlung (Tat 1) weinend auf die Couch gelegt und ein Plüschtier umarmt.

110

Zudem werden ihre glaubhaften Aussagen hinsichtlich der Tat 1 noch durch den Zeugen L bekräftigt, der glaubhaft angegeben hat, dass er die erste Tat gegen Mitternacht gehört habe, er habe Krach in der Wohnung und Hilferufe gehört. Deshalb habe er in seinem Schlafzimmer an die Wand zur Nachbarwohnung geklopft und „Ruhe“ gerufen; dann sei Ruhe gewesen. Am nächsten Tag habe er die Geschädigte gesehen, sie habe ihm ihr blaues Auge gezeigt und berichtet, dass der Angeklagte sie herumgestoßen habe. Er habe ihr daraufhin mit den Worten: „Wer einmal schlägt, schlägt wieder“ geraten, sie solle Schluss machen.

111

Schließlich hat der Angeklagte eingeräumt, dass die Geschädigte aufgrund der ersten Misshandlung vom 14.05.2009 Hämatome erlitten hat.

112

Diese Hämatome sind zudem erwiesen durch die Bilder Bl. 33 bis 40 Bd. III, auf denen insbesondere die Verfärbungen der betroffenen Gesichtsbereiche deutlich zu erkennen sind. Die Fotos Bl. 33 bis 38 Bd. III sind nach den auch insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugin vom Angeklagten gefertigt worden, als sie mit ihrer Tochter und ihm am 16.05.2009 anlässlich ihres Geburtstages einen Ausflug unternommen habe. Die Bilder Blatt 39/40 Bd. III, auf denen insbesondere das Hämatom am linken Auge noch zu sehen ist, seien eine Woche später bei einem weiteren Ausflug aufgenommen worden.

113

Dass die Zeugin den Sachverhalt nicht etwa aufgebauscht oder zu Lasten des Angeklagten ausgeschmückt hat, folgt daraus, dass sie auch zu Gunsten des Angeklagten ausgesagt hat: Geschlagen habe sie der Angeklagte anläßlich der Tat 1 am 14.05.2009 nicht. Ihre Hämatome, die er fotografiert und damit – von ihm unbeabsichtigt - dokumentiert habe, rührten von dem massiven Zuhalten/Zudrücken von Mund und Nase und dem massiven Zudrücken mit dem Kissen.

114

Die Zeugin war in der Lage, nicht-chronologisch zu berichten, zwischen den Taten unter Einflechtung des jeweiligen Beziehungsstandes hin und her zu springen, Ergänzungen und Erläuterungen vorzunehmen.

115

So äußerte sie sich vor Gericht zunächst ausführlich zur ersten Tat vom 14.05.2009, ging dann zur Schilderung des Tatgeschehens vom 24.09.2009 über, sprang anschließend zur zweiten Tat vom 14.06.2009 und bekundete, der Angeklagte habe sie am 14.06.2009 wuchtig aus dem Bett gestoßen, als sie schon geschlafen habe. Sie sei auf die Rippen gefallen. Am nächsten Tag sei es ihr richtig schlecht gegangen, sie habe aufgrund starker Rippenschmerzen nicht aufstehen können.

116

Im Anschluss hieran äußerte sie sich ausführlich zur dritten Tat vom 19.07.2009 und war in der Lage, auf Nachfragen zu den einzelnen Taten u.a. noch ergänzende Angaben zur zweiten Tat zu machen: Ihre Rippen hätten ca. eine Woche lang heftig geschmerzt. Am 31.07.2009, als sie im Freibad Uno gespielt habe, sei der stechende Rippenschmerz plötzlich wieder gekommen; sie habe sich deshalb in der Notaufnahme der Helios-Klinik in Eisleben behandeln lassen.

117

Sowohl das originelle Detail des Uno-Spiels als auch das gedanklich Hin- und Herspringen zwischen einzelnen Zeitpunkten spricht dafür, dass die Zeugin Selbsterlebtes wiedergibt. Zeugen, die demgegenüber ein Lügenkonstrukt aufgebaut haben, sind nicht in der Lage, mehrfach zwischen den Zeiten der Tatschilderungen zu wechseln und sogar noch ergänzende Angaben zu tätigen. Vielmehr geraten sie in Verwirrung, weil sie sich mühsam an ihr Konstrukt halten müssen.

118

Die Zeugin war insoweit – ungeachtet der fehlenden Chronologie ihrer Aussagen – inhaltlich bemerkenswert klar und konstant und ergänzte ihre Bekundungen zum Teil auch ohne gezielte Nachfragen. So gab sie z. B. aus eigenem Impuls und lebensnah sowie glaubhaft an, nach der zweiten Tat vom 14.06.2009 sei die Beziehung zum Angeklagten noch schlechter gewesen. Er habe sie unter Druck gesetzt, ob sie ihrer Tochter, welche Papa zu ihm gesagt habe, den Papa schon wieder wegnehmen wolle. Für das Kind habe es ihr leid getan. Sie habe sich deshalb immer wieder zurückgenommen.

119

Des Weiteren werden die Bekundungen der Zeugin zu der Tat zu 2. durch die Aussagen der Hausbewohner L und W gestützt. Der Zeuge L hat die Auseinandersetzung vom 14.06.2009 in seinem angrenzenden Schlafzimmer gemäß eigener glaubhafter Bekundung gehört, diesmal aber nichts unternommen. Letzteres ist ebenso glaubhaft vom Zeugen L damit erläutert worden, schon sein erstes mittelbares Eingreifen und sein erster Rat an die Adresse der Geschädigten, sich vom Angeklagten zu trennen, seien ja ohne Erfolg geblieben.

120

Die Zeugin W hat glaubhaft ausgesagt, sie habe, aufgrund der telefonischen Mitteilung der Geschädigten am Abend des 13.06.2009 vorgewarnt, in der Nacht (des 14.06.2009) gegen 01.00 Uhr die Polizei gerufen, weil sie Lärm aus der Wohnung ihrer Freundin, der Geschädigten, gehört habe.

121

Auch hinsichtlich der 3. Tat waren die Angaben der Zeugin O auch in Unwichtigem detailliert. So bekundete sie, auf ihre Weigerung, das Schlüssel-Übergabeprotokoll zu unterzeichnen, habe der Angeklagte sie dazu zwingen wollen, indem er ihr ihre Schachtel Zigaretten weggenommen und nach Unterzeichnung einige Zeit später halbleer zurückgegeben habe, da er die andere Hälfte der Zigaretten über den Balkon geworfen habe.

122

Die Angaben der Zeugin O zu den Taten 4. und 5. vermittelten durch die Verknüpfung ihrer Gefühle, Todesängste und Überlegungen, wie sie sich am besten verhalten sollte, mit dem Geschehen um sie herum ebenfalls den Eindruck, Selbsterlebtes wiederzugeben. So überlegte sie, wie sie den Blutverlust minimieren könnte, nämlich durch Hinlegen und Nichtbewegen, und dabei auch noch beruhigend und flehentlich auf den Angeklagten einzureden, nicht mehr zuzustechen und einen Krankenwagen zu rufen. Sehr originell war das Detail ihrer Gedanken, das sie vor der Kammer ohne falsche Scham offen und nachvollziehbar schilderte, als sie den Angeklagten nach scharfen Messern suchen hörte, nämlich, dass für sie das Messer scharf genug gewesen sei, für ihn aber nicht.

123

Die Zeugin gab auch an, der Angeklagte habe anders als sonst gewirkt, was sie weniger mit Alkohol in Verbindung brachte, sie bezeichnete seinen Blick als „komisch“, irre und böse; eine Alkoholfahne habe sie nicht bemerkt, auch kein Torkeln.

124

Ihre Angaben stehen im Einklang mit den Aussagen des Zeugen L, welcher am 23.09.2009 eine Vielzahl von SMS erhielt, mit denen der Angeklagte der Zeugin nachspionierte. Die Zeugen O und L haben übereinstimmend bekundet, dass L dem Angeklagten daraufhin per SMS mitgeteilt habe, dass ein F der neue Freund der Geschädigten sei, weil sich die Geschädigte hiervon versprochen habe, dass der Angeklagte sie in Ruhe lasse. Diese Mitteilung erhellt zugleich den Hintergrund für die Eskalation in der folgenden Nacht, in der es dem Angeklagten zunächst darum ging, die Geschädigte in einem Streitgespräch zurückzugewinnen. Die sich an diesen Streit anschließenden Misshandlungen hat die Zeugin sicher, flüssig und detailreich und auch hier auf Nachfragen wieder zwischen einzelnen Zeitabschnitten hin- und herwechselnd bekundet.

125

Ihre Aussagen decken sich zudem mit den Bekundungen in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 24.09.2009. Die Kammer hält es für ausgeschlossen, dass die Geschädigte, vor kurzer Zeit aus der Narkose erwacht, noch erschüttert über das Erlebte, andererseits aber dankbar, mit dem Leben davon gekommen zu sein, während dieser Vernehmung auf der Intensivstation unzutreffende Angaben gemacht habe. Vielmehr betonte der als Zeuge gehörte Vernehmungsbeamte, EKHK V, die Geschädigte habe keine Belastungstendenzen zum Ausdruck gebracht.

126

Ihre Angaben zur Zeitdauer der Streitigkeiten und Misshandlungen von ca. einer Stunde stimmen zudem mit den Angaben der Zeuginnen W und S überein:

127

Die Zeugin W hat ausgesagt, sie sei um ca. 05.00 Uhr durch Poltern und Rumsen aufgeweckt worden und habe Schreie einer weiblichen Stimme gehört. Die Uhrzeit könne sie deshalb so genau angeben, weil sie unmittelbar nach dem Wachwerden auf den Wecker geschaut habe. Das Poltern und Rumsen habe bis zirka 06.00 Uhr angedauert. Dies wisse sie deshalb, weil sie in dieser Zeit mit ihrer Enkeltochter, die sie seit längerem betreue, beschäftigt gewesen sei. Sie habe ihre Enkeltochter gewaschen, angezogen, ihr Frühstück gegeben usw. Dabei habe sie immer mal wieder auf eine Uhr geschaut, in jedem ihrer Räume befinde sich eine Uhr.

128

Die Zeugin S hat ausgesagt, sie habe am 24.09.2009 gegen 05.00 Uhr gehört, wie in der Wohnung der Geschädigten, welche sich direkt über der Wohnung der Zeugin befindet, Lärm von einer Auseinandersetzung zu hören gewesen sei: Es seien Türen geknallt worden, Rufe einer weiblichen Stimme und Hin- und Hergeflitze zu vernehmen gewesen. Ein bis zwei Minuten hätte zwischendurch Ruhe geherrscht, dann sei es wieder losgegangen. Sie habe sich noch gedacht, die Geschädigte kriege wieder einmal Dresche, wie zuvor auch schon. Sie – die Zeugin – hätte sich deshalb schon früher beim Vermieter beschwert. Der ganze Vorfall vom 24.09.2009 habe vielleicht eine Stunde gedauert, es sei eine ganze Weile hin- und hergegangen. Gegen 06.00 Uhr habe sie plötzlich einen stumpfen Schlag gehört und sich gedacht, dass die Geschädigte in Ohnmacht gefallen sei.

129

Die Angaben der Zeugin O werden auch bestätigt durch die Bekundungen des Zeugen H, der erklärt hat, den Angeklagten neben der Geschädigten liegend angetroffen zu haben.

130

Die Feststellungen zu den Verletzungen der Geschädigten, welche sie bei den Taten 4. und 5. erlitten hat, und den möglichen Folgeschäden beruhen auf dem mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. K, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der die geschädigte C. O noch am 24.09.2009 im Krankenhaus Martha Maria selbst untersucht hat.

131

Die Angaben des Sachverständigen waren plausibel, verständlich und gut nachvollziehbar.

132

Auch führte der Sachverständige aus, er gehe davon aus, dass die Stiche nicht vor ca. 06.00 Uhr geführt worden seien, denn anderenfalls wäre C. O infolge der Verletzungen bei Eintreffen des Rettungswagens nicht mehr ansprechbar, wahrscheinlich sogar schon verstorben gewesen, die Wundränder hätten sich dann auch anders dargestellt. Das umsichtige Verhalten der Zeugin, nachdem sie die Stichverletzungen erlitten habe, habe mit dazu beigetragen, dass sie bis zum Eintreffen des Rettungswagens überlebt hat.

133

Hinsichtlich der Taten zu 1. bis 3. hielt er die Angaben der Zeugin O über erlittene Mißhandlungen und deren von ihr geschilderten Folgen für nachvollziehbar und widerspruchsfrei.

3.

a.

134

Der Angeklagte war bei Begehung der Taten zu 1. bis 4. weder in seiner Einsichts- noch in seiner Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt, noch viel weniger war diese aufgehoben.

135

Die Feststellungen zur Alkoholisierung des Angeklagten bei Begehung dieser Taten beruhen auf den Angaben des Angeklagten, denen insoweit gefolgt werden konnte. Der Angeklagte bemühte sich, möglichst exakte Angaben zu machen, doch waren mangels konkreter Angaben zu Trinkbeginn, Trinkende, Trinkmenge und teilweise auch der Alkoholsorte (Fruchtlikör) Berechnungen der Blutalkoholkonzentrationen auf einer ansatzweise gesicherten Basis nicht möglich.

136

Es ergaben sich aus dem jeweiligen Verhalten des Angeklagten keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Verminderung oder gar Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit i. S. d. §§ 20, 21 StGB. Sowohl der rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. K als auch der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. med. Dr. h.c. A. M, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, haben nachvollziehbar angegeben, angesichts der planvollen sowie zielgerichteten Handlungen keine Hinweise auf Rauschzustände zu haben.

137

Die Feststellungen zur Alkoholisierung des Angeklagten bei Begehung Taten zu 4. und 5. beruhen auf dem plausibel begründeten Rückrechnungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K, welches die Kammer nach eigener Prüfung teilt: Ausgehend von der festgestellten Blutalkoholkonzentration des Angeklagten am 24.09.2009 um 08.15 Uhr von 0,59 ‰ ist eine Abbauzeit von rund 2 Stunden bis zur Beendigung der letzten Tat zugrunde zu legen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist mit dem höchstmöglichen Abbauwert von 0,2 ‰ pro Stunde und einem Sicherheitszuschlag von 0,2 ‰ zu rechnen. Daraus ergibt sich für ca. 06.00 Uhr eine Tatzeitkonzentration von 1,24 ‰, welche zugunsten des Angeklagten auf 1,3 ‰ zu runden ist, und für das Eintreffen am Haus um ca. 05.00 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von gerundet 1,5 ‰.

138

Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. K resultiert aus diesen BAK-Werten angesichts des zielgerichteten und geordneten Vorgehens des Angeklagten, beginnend beim Einbrechen in den Keller über das sorgsame Verschließen des zerbrochenen Kellerfensters mit Pappe über das Aufbrechen der Wohnungstür (welches der Angeklagte plausibel damit erklärte, auf Klingeln hätte ihm die Geschädigte nicht geöffnet) sowie das anschließende Tatgeschehen keine alkoholbedingte erhebliche Verminderung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit.

b.

139

Der Angeklagte beging die Tat zu 5. im Zustand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit, hervorgerufen durch einen Affekt.

140

Hierzu folgt die Kammer den in der Hauptverhandlung getätigten, von Sachkompetenz getragenen und nachvollziehbaren Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. M.

141

Der Sachverständige führte mit dem Angeklagten ein Explorationsgespräch und veranlasste die Durchführung testpsychologischer Verfahren.

142

Der Angeklagte weise keine schwere krankhafte seelische Störung, keinen Schwachsinn und keine schwere andere seelische Abartigkeit auf.

143

Festzustellen sei aber eine Akzentuierung seiner Persönlichkeit, ohne dass diese die Dimension einer Persönlichkeitsstörung erreiche:

144

Erkennbar sei bei ihm eine hohe emotionale Labilität; er zeige Tendenzen zu Externalisierung, Reduzierung und Bagatellisierung. Es seien leicht impulsive Elemente vorhanden, eine durchgehende dysfunktionale Impulsivität sei hingegen nicht erkennbar. Der Angeklagte weise eine Tendenz zur Anklammerung, und eine Tendenz, das Verlassenwerden mit allen Mitteln zu verhindern, auf, allerdings nicht in einer psychopathologischen Dimension. Die erkennbare Eifersuchtsproblematik weise auf Mißtrauen hin. Auch eine erkennbare egozentrische Haltung weise keine pathologische Dimension auf.

145

Allerdings lägen viele Anzeichen für eine tiefgreifende Bewußtseinsstörung, nämlich einen Affekt, hinsichtlich der Tat zu 5. vor:

146

In den letzten Monaten vor dem Geschehen vom 23./24.09.2009 habe sich eine höchst ambivalente Beziehung konstituiert, mit gegenseitigen Beschimpfungen, Tätlichkeiten, häufigen kurzzeitigen Trennungen und Versöhnungen, Mißtrauen und Versuchen, das Vertrauen wieder aufzubauen sowie der Wunsch nach Trennung im Wechsel mit dem heftigen Wunsch, doch zusammen zu bleiben, bis Frau O den Schritt getan habe, die unwiderruflich Beziehung zu beenden und sich einem anderen Mann zuzuwenden und dies dem Angeklagten mitzuteilen.

147

Die Tat zu 5. sei die von der Erheblichkeit her kardinale Tat.

148

Diese Tat weise eine spezifische Vorgeschichte, abgeleitet aus der Täter-Opfer-Beziehung, auf.

149

Diese besondere Beziehung habe das Selbstwertgefühl des Angeklagten erschüttert, insbesondere nachdem er von seiner langjährigen früheren Partnerin verlassen worden war.

150

Die vom Angeklagten als etabliert vermutete Beziehung sei de-etabliert worden, was durch seine verzweifelten und inkompetenten Versuche, die Partnerschaft fortzusetzen, weiter verstärkt worden sei.

151

Aus dieser Erschütterung der Selbstdefinition sei ein destruktives Bereitschaftspotential entwickelt worden mit einhergehendem Kompetenzverlust, mit Konflikten souverän umzugehen. Dies habe seine sowieso labile Persönlichkeitsstruktur weiter labilisiert.

152

Das Erkennen der Endgültigkeit des Verlustes habe eine emotionale Ausnahmesituation hervorgerufen mit einem Bündel von asthenischen Gefühlen der Wut, des Zorns und der Aggressivität sowie asthenischen Gefühlen der Anklammerung und Verlustangst.

153

Diese Eskalation habe beim Angeklagten, der eine ohnehin labile Persönlichkeit darstelle und hohe emotionale Labilität aufweise, zu einer akuten Auslösesituation mit gegenseitigen Beschimpfungen, Anschreien und Handgreiflichkeiten geführt. Aufgrund der Interaktion zwischen den Protagonisten, insbesondere der gegenseitigen Provokationen, sei es zu einer spiralartigen Steigerung der Affekte gekommen und hierdurch letztlich zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne einer tiefgreifenden Bewusstseinstrübung.

154

Als Auslöser sei der Moment anzusehen, in dem die Geschädigte die Wohnung und damit ihn verlassen habe. Möglicherweise habe auch eine Rolle gespielt, dass die Geschädigte ausgerechnet bei V. L Hilfe und Schutz suchte, den der Angeklagte in Verdacht hatte, mit ihr ein Verhältnis zu haben. Mit dem Betreten des Hausflures habe der Angeklagte sich nicht mehr ausreichend steuern können, es sei zu der plötzlich beginnenden Messerattacke gekommen. Ein ebenso plötzliches Ende habe der Affekt im „Aufwachen“ durch das Erblicken der Blutmenge auf dem Küchenboden gefunden. Die pseudo-suizidale Handlung zeige die Handlungsinkompetenz des Angeklagten.

155

Bis zum Verlassen des Wohnungsflures durch die Geschädigte, mithin bei den Handlungen zu Tat 4., habe der Angeklagte noch gezielt handeln können.

156

Ein sehr starkes Anzeichen für die affektbedingte Bewusstseinsstörung liege darin, dass der Angeklagte schon während der vorbereitenden Exploration durch den Sachverständigen als auch in seiner Vernehmung durch die Kammer lediglich das Randgeschehen der letzten Tat wiedergeben konnte, während er die Tat als solche nicht erinnerte. Diese nur fragmentarisch erfolgte Wahrnehmung und Speicherung der Ereignisse sei kennzeichnend für einen Affekt, ebenso der bereits geschilderte rechtwinklige Ablauf der Tat.

157

Insbesondere könne er ausschließen, dass der Angeklagte fehlende Erinnerung – sei es aufgrund von Scham oder als Lüge/Schutzbehauptung – nur vorgebe. Dazu bedürfe es anderer Faktoren, die der Sachverständige nicht festzustellen vermochte. Gerade weil der Angeklagte aus einzelnen Phasen der letzten Tat einzelne, erinnerte Tatsachen angebe, seien die sonst vorliegenden Erinnerungslücken kompatibel mit einem Affekt.

158

Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte einen Affektaufbau hätte verhindern können, lägen nicht vor.

159

Das im Verlauf des Abends des 23.09.2009 vom Angeklagten ausweislich der toxikologisch-chemischen Untersuchung eingenommene Medikament, ein mildes Beruhigungsmittel, habe in der festgestellten Konzentration in keiner Weise auf die Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit gewirkt.

IV.

160

Nach den obigen Feststellungen hat sich der Angeklagte wie folgt strafbar gemacht:

161

Taten 1. - 3.:

162

Durch diese Taten hat sich der Angeklagte jeweils wegen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

163

Die einzelnen Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, § 53 StGB.

164

Tat 4.

165

Jedoch hat sich der Angeklagte hier wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB strafbar gemacht.

166

Die Würgegriffe waren lebensgefährlich, wie der Sachverständige Prof. Dr. K plausibel ausgeführt hat: Denn die von ihm festgestellte bandförmige Einblutung im rechten Unterlid und die Petechienblutungen in den Augenlidern der Geschädigten belegen die Intensität des Würgens und damit die vorhandene Lebensgefahr.

167

Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bereits hier mit Tötungsvorsatz handelte, ließen sich nicht feststellen. Vielmehr war der Angeklagte nach seiner insoweit nicht widerlegten Einlassung zunächst bei C. O eingebrochen, um sich mit ihr – wenn auch mit objektiv völlig untauglichen Mitteln – zu versöhnen. Er versuchte, diesen Beziehungskonflikt, wie schon zuvor, mit Gewalt zu lösen.

168

Tat 5.:

169

Der Angeklagte hat sich der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB schuldig gemacht.

170

Diese Tat steht aufgrund des zweiaktigen Geschehens, der Zäsur durch Wechseln des Tatmittels und des -ortes und nicht zuletzt aufgrund der neuen Entschließung des Angeklagten im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB (BGH, Urteil vom 21.09.1983, Az.: 2 StR 19/83; BGH, Urteil vom 25.11.2004, Az.: 4 StR 326/04, jeweils zit. nach juris).

171

Verärgert, gekränkt und hilflos über die erkannte Zurückweisung durch C. O, welche ihm verdeutlichte, dass sie sich nunmehr endgültig von ihm getrennt habe, woran auch seine Gewalttätigkeiten nichts hatten ändern können, entschied sich der Angeklagte sodann aufgrund eines neuen und damit gesonderten Tatentschlusses, zur Waffe zu greifen, nämlich dem Küchenmesser. Damit gab er der Auseinandersetzung eine entscheidende Wendung und eine neue Qualität, eine besondere Gefährlichkeit, die zuvor nicht bestanden hatte und auch eine neue Zielrichtung, nämlich sie nun zu strafen, nicht mehr, sie zurückzugewinnen.

172

Vieles spricht dafür, dass er zugleich in Kauf nahm, C. O durch die Messerstiche, die er in Körperregionen setzte, die wegen der dort liegenden lebenswichtigen Organe besonders gefährdet sind, zu töten.

173

Auch erst ab diesem Zeitpunkt sprach der Angeklagte davon, gemeinsam zu sterben und drohte der C. O mehrfach ihren Tod an.

174

Letztlich kann dies aber dahin stehen, da er jedenfalls von diesem beendeten Tötungsversuch (einen solchen unterstellt) mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist, § 24 StGB. Denn in dem Zeitpunkt, in dem er den Erfolg nicht mehr abzuwenden vermochte – als C. O mit tödlichen Verletzungen im Wohnungsflur lag –, hat er durch Rufen des Rettungswagens eine neue Kausalkette in Gang gesetzt, welche für die Nichtvollendung der Tat mitursächlich wurde (BGH, Urteil vom 22.08.1985, Az.: 4 StR 326/85, zit. nach juris).

V.

1.

175

Bezüglich der Taten zu 1. bis 3. hat die Kammer den Strafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) angewendet.

176

Bei der Bemessung der konkreten Strafhöhe fanden insbesondere folgende Umstände Berücksichtigung:

177

Der Angeklagte ist nicht vorbestraft und teilgeständig. Er bereut sein Tun. Ferner war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass sämtliche Taten um einen Beziehungskonflikt kreisten, in dem die Geschädigte dem Angeklagten durchaus widersprüchliche Signale übermittelt hatte. Dies beförderte das Besitzverlustdenken des emotional labilen Angeklagten. Die Verletzungen hinterließen keine bleibenden Schäden. Aufgrund des jeweiligen Alkoholkonsums ist davon auszugehen, dass der Angeklagte alkoholisch enthemmt war. Die Taten geschahen spontan. Der Angeklagte ist Erstverbüßer.

178

Zu seinen Lasten war allerdings die erhebliche Intensität der einfachen Körperverletzungen zu werten. Darüber hinaus litt die Geschädigte bei Begehung der ersten und zweiten Tat subjektiv unter Todesangst.

179

Nach erneuter Abwägung aller Umstände hielt die Kammer auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten und unter Berücksichtigung der Wirkungen, die von der Strafe für sein künftiges Leben in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 StGB), folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:

180

für die unter II. 1. festgestellte Tat eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00 Euro,

181

für die unter II. 2. festgestellte Tat eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00 Euro und

182

für die unter II. 3. festgestellte Tat eine Freiheitsstrafe von neun Monaten.

2.

183

Hinsichtlich der Taten zu 4. und 5. ging die Kammer vom Strafrahmen des § 224 Abs. 1, 1. Halbsatz StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) aus.

184

Sodann war zu prüfen, ob jeweils ein minder schwerer Fall gemäß § 224 Abs. 1, 2. Halbsatz StGB (Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren) vorliegt, was hinsichtlich der Tat zu 4. aber zu verneinen war.

185

Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn das Gewicht der Tat unter Berücksichtigung des gesamten Tatbildes einschließlich aller subjektiven Momente und unter umfassender Würdigung der Persönlichkeit des Täters vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Tat wegen des Überwiegens schuldmindernder Umstände in einem solchen Maße abweicht, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens unangemessen erscheint.

186

Die Prüfung dieser Frage erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Bewertung der Tat und des Täters von Bedeutung sind, unabhängig davon, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorangehen oder nachfolgen.

187

Zugunsten fanden insbesondere die bereits oben genannten Umstände Berücksichtigung. Der Angeklagte schloss zur Schadenswiedergutmachung einen Vergleich mit der Geschädigten.

188

Zu seinen Lasten waren die massive und lang andauernde Gewalteinwirkung und das Gefühl der Todesangst zu werten. Der Angeklagte war in den geschützten Raum der eigenen Wohnung der Geschädigten gewaltsam eingedrungen.

189

Nach Abwägung dieser Umstände überwiegen die entlastenden Tatsachen die belastenden Tatsachen nicht erheblich.

190

Deshalb erachtet die Kammer innerhalb des Regelstrafrahmens des § 224 StGB nach nochmaliger Abwägung der Umstände für die unter II. 4. festgestellte Tat eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren für tat- und schuldangemessen.

191

Bei der Strafzumessung hinsichtlich der unter II. 5. aufgeführten Tat hat die Kammer einen minder schweren Fall nach den o. g. Kriterien geprüft und im Ergebnis bejaht.

192

Auch hier waren zu Gunsten des Angeklagten insbesondere die bereits genannten Umstände zu berücksichtigen. Der Angeklagte handelte im Zustand der verminderten Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB), nämlich im Affekt. Soweit er sich erinnern konnte, war er geständig. Er ergriff Rettungsmaßnahmen. Dauerschäden sind bei der Geschädigten bislang nicht eingetreten.

193

Der Angeklagte verwirklichte innerhalb des Tatbestandes zwei Qualifikationen. Der Tat wohnte eine hohe Intensität inne. Die Geschädigte mußte sich einer Operation unterziehen und befand sich mehr als eine Woche in stationärer Behandlung.

194

Die Kammer ist zur Bejahung eines minderschweren Falles allein unter zusätzlicher Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgrund Affekts gelangt. Für eine Milderung nach § 49 StGB war der Milderungsgrund des § 21 StGB damit verbraucht, § 50 StGB; der nach § 49 StGB gemilderte Strafrahmen wäre im übrigen für den Angeklagten wegen des höheren Höchststrafrahmens ungünstiger gewesen.

195

Nach nochmaliger Abwägung aller ent- und belastenden Umstände hat die Kammer für die unter II. 5. festgestellte Tat eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

3.

196

Unter Berücksichtigung aller Umstände hat die Kammer gemäß §§ 53, 54 StGB die Verhängung einer Gesamtstrafe in Höhe von vier Jahren und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet.

197

Dabei hat die Kammer hinsichtlich aller Taten den engen sachlichen Zusammenhang und hinsichtlich der Taten zu II. 4. und II. 5. zusätzlich den engen zeitlichen Zusammenhang strafmildernd gewertet.

VI.

198

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1 Satz 1, 472 Abs. 1 Satz 1 StPO.


Urteilsbesprechung zu Landgericht Halle Urteil, 10. März 2010 - 3 KLs 14/09

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Halle Urteil, 10. März 2010 - 3 KLs 14/09

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö
Landgericht Halle Urteil, 10. März 2010 - 3 KLs 14/09 zitiert 14 §§.

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(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 54 Bildung der Gesamtstrafe


(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Strafgesetzbuch - StGB | § 50 Zusammentreffen von Milderungsgründen


Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden.

Referenzen - Urteile

Landgericht Halle Urteil, 10. März 2010 - 3 KLs 14/09 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landgericht Halle Urteil, 10. März 2010 - 3 KLs 14/09 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2004 - 4 StR 326/04

bei uns veröffentlicht am 25.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 326/04 vom 25. November 2004 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. November 2004, an der te

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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 326/04
vom
25. November 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25.
November 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. April 2004 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Geiselnahme zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Sie beanstandet die Verurteilung des Angeklagten wegen einer zu ihrem Nachteil begangenen gefährlichen Körperverletzung und erstrebt insoweit eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in zwei Fällen.
Das entgegen dem auf Aufhebung des gesamten Urteils gerichteten Revisionsantrag nach der Revisionsbegründung auf die Anfechtung der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung beschränkte (vgl. BGHR StPO § 344
Abs. 1 Antrag 3; Kuckein in KK-StPO 5. Aufl. § 344 Rdn. 5 m.w.N.) und demgemäß zulässige Rechtsmittel (§ 400 Abs. 1 StPO) hat Erfolg.

I.


1. Der Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Der Angeklagte wollte mit Hilfe des Zeugen R. seine persönlichen Sachen aus der Wohnung der Nebenklägerin, seiner früheren Lebensgefährtin , holen. Hierbei kam es zum Streit mit der Nebenklägerin. Als sie erklärte , sie habe eine sexuelle Beziehung zu einem anderen Mann, wurde der Angeklagte "ausbruchartig zunehmend aggressiver". Er zerstörte Einrichtungsgegenstände und bedrohte die Nebenklägerin mit einem Messer. Nach einer Rangelei mit dem Zeugen R. , der versuchte, den Angeklagten zurückzuhalten , verfolgte der Angeklagte die in das Schlafzimmer geflüchtete Nebenklägerin. Dort würgte er sie „mindestens 6 oder 7 Sekunden“ lang, um sie zu töten. Der Zeuge R. riß den Angeklagten schließlich von der Nebenklägerin weg.
Nachdem der Zeuge den Angeklagten von der Nebenklägerin getrennt hatte, machte der Angeklagte den Festnetzanschluß der Nebenklägerin unbrauchbar , nahm das Mobiltelefon an sich, um zu verhindern, daß die Nebenklägerin die Polizei anrief, und verließ mit dem Zeugen R. die im 7. Stockwerk des Hauses gelegene Wohnung. Im Hausflur kniete der Angeklagte einige Minuten zusammengekauert und weinend auf dem Boden. Der ZeugeR. und der Angeklagte fuhren dann mit dem Fahrstuhl ins Erd-
geschoß. Dort erklärte der Angeklagte dem Zeugen, er brauche seine Ruhe und wolle für sich allein sein.
Sodann ging der Angeklagte in den Keller des Hauses, holte aus einem Kellerraum ein Messer mit 20 cm Klingenlänge, fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf in den 7. Stock und trat die Tür zur Wohnung der Nebenklägerin ein. Die Nebenklägerin war inzwischen in eine ein Halbgeschoß tiefer gelegene Wohnung geflüchtet und hatte mit der Mutter des Angeklagten und der Polizei telefoniert. Der Angeklagte, der möglicherweise im Flur die Stimme der Nebenklägerin gehört hatte, drang in die Wohnung ein und griff die Nebenklägerin - "immer noch" in Tötungsabsicht - mit dem Messer an. Er versetzte ihr einen mehrere Zentimeter tiefen Stich in den linken Brustkorb, der die Lunge verletzte und zu starken inneren Blutungen führte. Der Angeklagte entriß der Nebenklägerin den gemeinsamen Sohn Leon, den diese noch auf ihrem rechten Arm trug, warf ihn auf ein Sofa und versetzte der Nebenklägerin einen Stich in die linke Unterbauchseite , der zu einer 5 bis 6 cm großen äußeren Verletzung und einer zweifachen Durchtrennung des Dünndarms führte. Ohne notärztliche Versorgung wäre die Nebenklägerin binnen weniger Stunden an den Folgen der beiden Stichverletzungen durch Verbluten verstorben.
Dem Zeugen R. , der dem Angeklagten nachgeeilt war, gelang es, diesen nach einem Gerangel, in dessen Verlauf die Nebenklägerin weitere, geringfügigere Verletzungen erlitt, vorübergehend zu Boden zu bringen. Die Nebenklägerin flüchtete aus der Wohnung, ging über die Treppe zwei Stockwerke tiefer. Dort setzte sie sich, durch die Verletzungen geschwächt, zu Boden und bat eine vorbeikommende Hausbewohnerin um Hilfe. Als der Angeklagte , der sich inzwischen von dem Zeugen R. hatte losreißen können,
mit dem Messer in der Hand hinzukam, bat die Nebenklägerin ihn flehentlich, er möge doch endlich aufhören, es sei genug. Dabei zeigte sie ihm ihre Bauchwunde , aus der Darmschlingen hervorquollen. Der Angeklagte gab nunmehr sein Vorhaben, die Nebenklägerin zu töten, auf, flüchtete mit seinem Sohn Leon , den er der Nebenklägerin entriß, in das 7. Stockwerk, von dort auf das vor dem Haus stehende Baugerüst und drohte, mit seinem Sohn hinunterzuspringen , falls die Polizei eingreife.
2. Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte durch die mit Tötungsvorsatz ausgeführten Verletzungshandlungen einer „tateinheitlich begangenen“ gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 5 StGB) schuldig gemacht. Zwar liege ein „deutlicher zeitlicher Abstand“ zwischen dem Würgen und dem Messerangriff auf die Nebenklägerin. Es sei aber nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, daß der Angeklagte den einmal gefaßten Tötungsvorsatz zwischenzeitlich aufgegeben und einen neuen Tatentschluß für den Angriff mit dem Messer gefasst habe. Da der Angeklagte sich schließlich entfernt habe, obwohl es für ihn ein leichtes gewesen sei, weitere Verletzungshandlungen mit Tötungsvorsatz auszuführen, sei er mit strafbefreiender Wirkung von dem versuchten Totschlag zurückgetreten. Zu seinen Gunsten sei von einem unbeendeten Versuch auszugehen, weil nicht aufklärbar sei, ob der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt habe erkennen können, daß er zur Vollendung der Tat alles Erforderliche getan hatte, mithin die Verletzungen der Nebenklägerin "sicher zum Tode geführt hätten".

II.


Sowohl die Annahme nur einer Tat im Rechtssinne zum Nachteil der Nebenklägerin als auch die Annahme eines unbeendeten Totschlagsversuchs begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Daß der Angeklagte seinen einmal gefaßten Tötungsvorsatz während des mehraktigen Tatgeschehens nicht aufgegeben hat, vermag auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen die Annahme nur einer Tat im Rechtssinne nicht zu rechtfertigen.

a) Eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im materiellrechtlichen Sinne liegt bei einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen nach der Rechtsprechung vielmehr nur dann vor, wenn die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, daß das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint (vgl. BGHSt 41, 368; BGHSt 43, 381, 387; BGH NStE Nr. 39 zu § 24 StGB, jeweils m. w. N.). Auch für die Beurteilung einzelner Versuchshandlungen als eine natürliche Handlungseinheit ist eine solche Gesamtbetrachtung vorzunehmen (st. Rspr., vgl. BGHSt 40, 75, 76). Dabei begründet der Wechsel eines Angriffsmittels nicht ohne weiteres eine die Annahme einer Handlungseinheit ausschließende Zäsur (vgl. BGHSt 40, 75, 77; 41, 368, 369). Eine tatbestandliche Handlungseinheit endet jedoch mit dem Fehlschlagen des Versuchs (vgl. BGHSt 41, 268, 269; 44, 91, 94). Ein solcher Fehlschlag, der nach der Rechtsprechung einen Rücktritt aussschließt (vgl. BGHSt 34, 53, 56; 35, 90, 94; 39, 221, 228), liegt vor, wenn der Täter die Tat, wie er weiß, mit den bereits eingesetzten oder den zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr ohne zeitliche Zäsur
vollenden kann (vgl. BGHSt 39, 221, 228; BGHSt 41, 368, 369; BGH NStZ-RR 2002, 168), so daß ein erneutes Ansetzen notwendig ist, um zu dem gewünschten Ziel zu gelangen (vgl. BGHSt 39, 221, 232; 41, 368, 369).

b) Nach diesen Grundsätzen legen die bisherigen Feststellungen - unbeschadet des fortbestehenden Tötungsvorsatzes - die Annahme zweier Taten im Rechtssinne nahe, durch die sich der Angeklagte jeweils des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gemacht hat:
Objektiv hat der Geschehensablauf durch das massive Eingreifen des Zeugen R. , das schließlich zur Beendigung des für die Nebenklägerin lebensgefährdenden Würgens und dazu führte, daß der Angeklagte die Wohnung der Nebenklägerin mit dem Zeugen verließ, eine Zäsur erfahren. War der Angeklagte durch das Eingreifen des Zeugen gehindert, die Nebenklägerin weiter zu würgen oder den angestrebten Taterfolg ohne zeitliche Zäsur mit anderen bereitstehenden Mitteln - etwa dem zuvor zur Drohung eingesetzten Messer - herbeizuführen, so war der Versuch, die Nebenklägerin in deren Wohnung zu töten, fehlgeschlagen. War der Versuch, die Nebenklägerin durch Würgen zu töten, fehlgeschlagen, kommt ein strafbefreiender Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 StGB nur hinsichtlich des zweiten, mittels eines Messers begangenen Totschlagsversuchs in Betracht.
2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht insoweit die Annahme eines unbeendeten, durch bloße Aufgabe der weiteren Tatausführung rücktrittsfähigen Versuchs im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB begründet
hat, beruhen jedoch auf einem unzutreffenden Ansatz zur Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch.
Ein beendeter Versuch im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB, der für die Straffreiheit Gegenmaßnahmen des Täters zur Erfolgsabwendung verlangt , liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht erst bei Kenntnis vom sicheren Todesverlauf (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, beendeter 4), sondern schon dann vor, wenn der Täter die naheliegende Möglichkeit des Erfolgseintritts erkennt, selbst wenn er ihn nunmehr weder will noch billigt (BGHSt 31, 170, 177; 33, 295, 300). Die Kenntnis der tatsächlichen Umstände , die den Erfolgseintritt nach der Lebenserfahrung nahe legen, reicht aus. Sie liegt bei gefährlichen Gewalthandlungen und schweren Verletzungen, insbesondere bei tief in den Brust- oder Bauchraum eingedrungenen Messerstichen , deren Wirkungen der Täter, wie hier, wahrgenommen hat, auf der Hand (BGHSt 39, 221, 231 m.w.N.; vgl. auch BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, beendeter 8; BGHR aaO Versuch, unbeendeter 13; BGH NStZ 1993, 279 f.; BGH, Urt. vom 2. Juli 1997 - 2 StR 248/97). Dies gilt auch dann, wenn der Täter bei unverändert fortbestehender Handlungsmöglichkeit mit einem tödlichen Ausgang zunächst noch nicht gerechnet hat, unmittelbar darauf jedoch erkennt, daß er sich insoweit geirrt hat (BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, beendeter 12). Unbeachtlich ist deshalb, ob der Angeklagte, weil die Nebenklägerin flüchten konnte, zunächst weitere Verletzungshandlungen für erforderlich gehalten hat und er eine umfassende Kenntnis der Umstände, die nach der Lebenserfahrung den Erfolgseintritt nahe legen, erst erlangte, als ihm die nunmehr am Boden sitzende Nebenklägerin ihre Bauchverletzung zeigte, aus der Darmschlingen hervorquollen.
Ein beendeter Versuch wäre im übrigen auch dann anzunehmen, wenn sich der Angeklagte bei Aufgabe der weiteren Tatausführung keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns gemacht hätte (vgl. BGHSt 40, 304, 306). Auch hiermit hätte sich das Landgericht vor einer Anwendung des Zweifelssatzes auseinandersetzen müssen, denn dieser greift erst nach abgeschlossener Würdigung aller Umstände ein (vgl. BGH, Urt. vom 2. Februar 1997- 2 StR 248/97).
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung hat daher keinen Bestand. Die insoweit gebotene Aufhebung des Urteils hat die Aufhebung auch des Ausspruchs über die Gesamtstrafe zur Folge.
Da die Sache in diesem Umfang neu zu verhandeln und entscheiden ist, bedürfen die weiteren von der Revision gegen das Urteil erhobenen Einwendungen keiner Erörterung, zumal die Ausführungen der Revision zu den Mordmerkmalen der Heimtücke, der Mordlust und der Grausamkeit in den Urteilsgründen keine Stütze finden und nach den bisherigen Feststellungen die Annahme niedriger Beweggründe fern liegt.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.