Landgericht Hamburg Beschluss, 13. Nov. 2017 - 630 Qs 13/17

bei uns veröffentlicht am13.11.2017

Tenor

Die Beschwerde des P. B. e.V. vom 28. April 2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 10. Mai 2016 (160 Gs 456/16) wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe

1

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen einen vom Amtsgericht Hamburg erlassenen Durchsuchungsbeschluss.

I.

2

1. Im Frühjahr des Jahres 2016 ereigneten sich nach polizeilichen Erkenntnissen mehrere betäubungsmittelrechtlich relevante Vorfälle im Zusammenhang mit dem Hinterhof des Hauses in der B.-N.-Straße ... . Der Hinterhof liegt in kurzer Distanz zu der als Drogenumschlagsplatz bekannten B.. Nach Aktenlage beobachtete die Polizei am 3. Februar 2016 drei Personen, die sich nach mutmaßlichen Betäubungsmittelverkäufen in den Hinterhof begaben. Zudem wurde ein weiterer mutmaßlicher Betäubungsmittelverkauf unmittelbar vor dem Hinterhof beobachtet. Ferner wurde festgestellt, dass aus dem Haus in der B.-N.-Straße ... Stromkabel führten, an denen im Hinterhof Mobiltelefone aufgeladen wurden. Am 11. Februar 2016 wurden zwei Personen bei einer Austauschhandlung über den Zaun des Hinterhofs beobachtet. Unmittelbar im Anschluss räumte eine der beteiligten Personen nach Belehrung den Erwerb von Marihuana ein. Am 14. März 2016 flüchteten mehrere Personen aus dem Bereich der B. in den Hinterhof. An dem vorherigen Standort einer dieser Personen wurden sodann mehrere Tütchen mit Marihuana gefunden.

3

Am Abend des 12. April 2016 konnte ein Zivilfahnder vor dem Hinterhof eine Austauschhandlung zwischen einer unbekannt gebliebenen Person und dem anderweitig verfolgten D. B. beobachten. Die unbekannt gebliebene Person begab sich unmittelbar im Anschluss in den Hinterhof und betrat dann über eine Hintertür das Gebäude. Die Tür wurde kurz darauf überprüft und konnte von außen nicht geöffnet werden. Der anderweitig verfolgte B. wurde von Polizeibeamten angesprochen und räumte nach Belehrung den Erwerb von Marihuana ein. Das Marihuana wurde sichergestellt.

4

Die Lage der Hintertür, durch die die unbekannt gebliebene Person das Haus in der B.-N.-Straße betrat, wurde in der von dem Zivilfahnder verfassten Strafanzeige wie folgt beschrieben:

5

„Der [unbekannte Täter] entfernte sich sofort danach in den Hinterhof der V. und ging anschließend weiter in einer Hauseingangstür/Terrassentür in diesem Innenhof [sic]. Die besagte Tür ist so gelegen, dass sie in Verlängerung der Eingangstür des dort errichteten Zaunes, im hinteren Bereich des Hofes, etwa 1-1,5m weiter nach rechts liegt.“

6

Zudem befindet sich auf Blatt 5 der Akte ein Foto, auf dem der Hinterhof, der davor errichtete Zaun mit Eingangstor und die ersten zwei Geschosse des hinter dem Hof liegenden Gebäudes zu sehen sind. Aus dem unteren Geschoss führt eine Tür zum Hof. Von dem Eingangstor des Zaunes aus gesehen ist diese Tür ein Stück nach rechts versetzt. Sie ist mit einem „X“ markiert. In der Strafanzeige konnte die Tür noch keiner Hausnummer zugeordnet werden. Eine entsprechende Zuordnung erfolgte erst in einem späteren polizeilichen Vermerk.

7

2. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein UJs-Verfahren gegen den Inhaber der von dem mutmaßlichen Betäubungsmittelhändler betretenen Räume in der B.-N.-Straße wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ein und beantragte am 22. April 2016 bei dem Amtsgericht Hamburg, gemäß §§ 103, 105 StPO die „Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume (einschließlich Hinterhof) des unbekannten Beschuldigten, B.-N.-Straße ... , Lichtbild Bl. 6 [sic] - Erdgeschoss, ... H.“ zu beschließen. Das Amtsgericht sandte die Akte ohne Entscheidung an die Staatsanwaltschaft zurück und bat um Klärung, zu welcher Wohnung die in Rede stehende Tür gehöre und wer dort wohne. Außerdem wies das Amtsgericht darauf hin, dass für die Durchsuchung nicht § 103 StPO, sondern § 102 StPO maßgeblich sei.

8

3. Nachdem eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt ergeben hatte, dass unter der fraglichen Anschrift 44 Personen gemeldet waren, beantragte die Staatsanwaltschaft erneut den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses nach §§ 103, 105 StPO und erklärte, dass die Identität des Wohnungsinhabers ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht ermittelt werden könne.

9

4. Daraufhin ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 10. Mai 2016

10

„die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume, der Geschäfts-, Büro und sonstigen Betriebsräume der auf Bl. 5 abgebildeten im Erdgeschoss links gelegenen vom Hinterhof des Hauses B.-N.-Str. ... zugänglichen Wohnung eines noch nicht identifizierten Wohnungsinhabers, der ihm gehörenden Sachen sowie seiner Person und seiner Kraftfahrzeuge“

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an. Der Inhaber der genannten Räume sei verdächtig, eine Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln begangen zu haben, indem er dem unbekannt gebliebenen Haupttäter im April 2016 seine Wohnräume zur Unterstützung des Betäubungsmittelhandels als Rückzugsbereich zur Verfügung gestellt habe. Es sei zu vermuten, dass die Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln führen werde, insbesondere von Unterlagen über die Identität des Wohnungsnutzers und des Haupttäters sowie von Utensilien des Betäubungsmittelhandels. Der Beschluss wurde auf §§ 102, 105 StPO gestützt.

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5. Der Durchsuchungsbeschluss wurde am 18. Juli 2016 vollstreckt. Ausweislich des polizeilichen Durchsuchungsberichts wurden Wohnräume im - vom Hinterhof aus gesehen - ersten Obergeschoss sowie der Hinterhof durchsucht. An dem Polizeieinsatz waren 267 Beamte beteiligt, da die Polizei mit Solidarisierungsaktionen aus der linken Szene rechnete. In dem Hinterhof wurden unter anderem Marihuana und kokainhaltiges Gemenge sichergestellt. Zudem wurde festgestellt, dass von dem Balkon im - vom Hinterhof gesehen - ersten Obergeschoss ein Stromkabel in den Hinterhof führte. Dort wurden sechs Mobiltelefone aufgeladen. Daneben lagen sechs weitere Mobiltelefone.

13

6. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der das Grundstück in der B.-N.-Straße ... gepachtet und mehreren Personen zum gemeinschaftlichen Wohnen überlassen hat. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Verein gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts vom 10. Mai 2016 und rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG sowie - soweit die Durchsuchung der Person des Beschuldigten angeordnet worden ist - von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.

14

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er als Pächter des durchsuchten Gebäudes beschwerdebefugt sei. In dem Haus betreibe der Verein ein „Wohnprojekt“, das dem Wohnen in einem Mehrfamilienhaus ähnle. Bei den Räumlichkeiten hinter der auf Blatt 5 der Akte markierten Tür handele es sich um Gemeinschaftsräumlichkeiten für unterschiedliche Nutzungen durch verschiedene Personen. Direkt hinter der Tür liege ein Keller, der zur Durchführung von Veranstaltungen wie zum Beispiel Feierlichkeiten oder Lesungen diene.

15

Es habe schon deshalb an einem ausreichenden Anfangsverdacht gegen den Inhaber der in dem Durchsuchungsbeschluss genannten Räume gefehlt, weil zweifelhaft sei, ob die in der Durchsuchungsanordnung genannte Tür mit der im Polizeibericht beschriebenen Tür identisch sei. Die Beschreibung in der Strafanzeige sei zu ungenau, um die fragliche Tür identifizieren zu können. Dies gelte auch bei Hinzuziehung des Lichtbilds auf Blatt 5 der Akte, zumal das Foto nur einen Ausschnitt des Hinterhofs erkennen lasse und unklar sei, wie das Bild erstellt worden sei und wer darauf die Tür mit einem Kreuz markiert habe. Der Beschwerdeführer hat ein weiteres Foto von dem Hinterhof vorgelegt und ausgeführt, dass dieses Bild nicht zu der Beschreibung in der Strafanzeige passe. Außerdem sei bemerkenswert, dass es dem Beamten, der die Strafanzeige verfasst habe, nicht möglich gewesen sei, die Hintertür einer Hausnummer zuzuordnen, obwohl das Haus bei den Beamten des zuständigen Kommissariats bekannt sei.

16

Unabhängig davon habe kein Anfangsverdacht für eine Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln vorgelegen. Allein aus der Beobachtung des Vorfalls am 12. April 2016 ergebe sich hierfür keine ausreichende Tatsachengrundlage. Aus einem einmaligen Betreten der Räume könne nicht geschlossen werden, dass dies mit Wissen und Wollen der Inhaber geschehen sei. Abgesehen von dem Vorfall am 12. April 2016 habe es keine Erkenntnisse darüber gegeben, dass die Tür zum Hinterhof von mutmaßlichen Betäubungsmittelhändlern genutzt worden sei, obwohl es vor Ort eine intensive Polizeipräsenz gebe.

17

Da es an einem Anfangsverdacht gefehlt habe, habe auch keine Auffindevermutung vorgelegen. Des Weiteren sei die Durchsuchungsanordnung unverhältnismäßig gewesen, da als mildere Maßnahme eine kurzfristige Observation der besagten Hintertür hätte vorgenommen werden können.

18

Schließlich rügt der Beschwerdeführer, dass die am 18. Juli 2016 durchsuchten Räume nicht die in dem Durchsuchungsbeschluss bezeichneten gewesen seien. Es sei eine Wohnung durchsucht worden, die keinen Zugang zum Hinterhof habe, sondern nur über das Treppenhaus betreten werden könne.

19

7. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Die Voraussetzungen für eine auf §§ 102, 105 StPO gestützte Durchsuchung hätten vorgelegen. Gegen den unbekannten Beschuldigten habe im Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung ein Anfangsverdacht der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in einer Vielzahl von Fällen bestanden. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers habe der Tatverdacht nicht allein auf dem am Abend des 12. April 2016 beobachteten Vorgang beruht. Vielmehr sei mehrfach beobachtet worden, dass Betäubungsmittelhändler von dem Umschlagplatz an der B. in den besagten Hinterhof geflüchtet seien oder durch den Holzzaun zum Hinterhof Austauschhandlungen vorgenommen hätten. Außerdem hätten die Bewohner des Hauses mutmaßlichen Betäubungsmittelhändlern in den Hof führende Stromkabel zum Aufladen von Mobiltelefonen zur Verfügung gestellt. Angesichts der Schwere der Haupttaten sei die Anordnung der Durchsuchung auch verhältnismäßig gewesen.

II.

20

1. Es bestehen bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerde.

21

a) Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass in dem Beschluss vom 10. Mai 2016 unter anderem die Durchsuchung der Person des noch nicht identifizierten Wohnungsinhabers angeordnet worden ist, ist die Beschwerde unzulässig, weil der Beschwerdeführer als eingetragener Verein durch diese Anordnung nicht beschwert ist. Aus dem Umstand, dass möglicherweise Mitglieder betroffen waren, ergibt sich für den Verein noch keine Beschwer.

22

b) Im Übrigen ist die Zulässigkeit der Beschwerde zumindest zweifelhaft, da das Vorliegen einer Beschwer auch insoweit fraglich erscheint.

23

Eine Durchsuchungsanordnung stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG dar. Träger des Grundrechts kann auch ein eingetragener Verein sein (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 24. Mai 1977 - 2 BvR 988/75 -, juris, Rn. 55). Von dem mit der Anordnung einhergehenden Eingriff ist indes nur der Träger der tatsächlichen Sachherrschaft und somit der unmittelbare Besitzer betroffen, nicht aber der mittelbare Besitzer (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 1119/05 -, juris, Rn. 28 m.w.N.).

24

Der Beschwerdeführer hatte das Durchsuchungsobjekt gepachtet. Er hat das Grundstück dann jedoch anderen Personen zu Wohnzwecken überlassen. Dieser Umstand legt die Annahme nahe, dass der Beschwerdeführer nur noch den mittelbaren Besitz an den durchsuchten Räumlichkeiten innehatte, während der unmittelbare Besitz den Bewohnern zufiel. Eine Beschwer kommt nur dann in Betracht, wenn der Verein die tatsächliche Sachherrschaft über die im Durchsuchungsbeschluss bezeichneten Räume trotz der Überlassung zu Wohnzwecken behalten hat. Dies erscheint zweifelhaft, lässt sich aber anhand der Aktenlage - zumal es sich bei den direkt über den Hinterhof erreichbaren Räumen um Gemeinschaftsräume handeln soll - nicht abschließend beurteilen.

25

2. Letztlich kann die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers dahingestellt bleiben, da die Beschwerde jedenfalls unbegründet ist.

26

a) Das Amtsgericht hat seinen Beschluss zutreffend auf § 102 StPO gestützt. Zwar sollen in Verfahren gegen „unbekannt“ nach wohl überwiegender Auffassung nur Durchsuchungen nach § 103 StPO zulässig sein (vgl. LG Trier, Beschluss vom 22. März 2006 - 5 Qs 40/06 -, juris, Rn. 12; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 102 Rn. 4; a.A. aber LG Hamburg, Beschluss vom 28. März 2017 - 630 Qs 1/16 -, unveröffentlicht; Hadamitzky, in: KMR, 65. EL [Dezember 2012], § 102 Rn. 5). Dafür spricht, dass es in einem UJs-Verfahren definitionsgemäß keinen Beschuldigten im Sinne der StPO gibt und daher auch keine „Durchsuchung bei Beschuldigten“ (vgl. die amtliche Überschrift des § 102 StPO) möglich ist. Nach Auffassung der Kammer kann eine Durchsuchungsanordnung in einem UJs-Verfahren aber dann auf § 102 StPO gestützt werden, wenn das Durchsuchungsobjekt dem noch nicht identifizierten Tatverdächtigen zuzurechnen ist. Da die Durchsuchung in derartigen Fällen bei einem - wenn auch noch nicht identifizierten - Tatverdächtigen erfolgt, gibt es keinen Grund, die für Unverdächtige geltenden, erhöhten Anforderungen des § 103 StPO zur Anwendung zu bringen. Vielmehr erscheint es sachgerecht, auch bei einem unbekannten Tatverdächtigen die weitergehende Eingriffsnorm des § 102 StPO anzuwenden, da allein der Umstand, dass die Identität des Verdächtigen noch nicht ermittelt ist, keine höhere Schutzbedürftigkeit auslöst.

27

Demnach konnte der Durchsuchungsbeschluss auf § 102 StPO gestützt werden, da sich der vom Amtsgericht angenommene Tatverdacht der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unzweifelhaft gegen den Inhaber der im Durchsuchungsbeschluss genannten Räume richtete. Der Tatverdacht ist gerade mit der Gewalt über diese Räume begründet worden.

28

b) Der angegriffene Beschluss ist mit Blick auf die Bezeichnung der zu durchsuchenden Räume auch noch hinreichend bestimmt.

29

Den Ermittlungsrichter trifft die Pflicht, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der mit der Durchsuchung verbundene Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG messbar und kontrollierbar bleibt (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 26. Mai 1976 - 2 BvR 294/76 -, juris, Rn. 31; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 -, juris, Rn. 35; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 16. April 2015 - 2 BvR 440/14 -, juris, Rn. 14). Daher muss der Durchsuchungsbeschluss aus sich heraus verständlich und hinreichend bestimmt sein. Unter anderem müssen die Räume, deren Durchsuchung angeordnet wird, hinreichend genau bezeichnet werden (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 16. April 2015 - 2 BvR 440/14 -, juris, Rn. 16).

30

Diesen Anforderungen wird der angegriffene Beschluss noch gerecht. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob zur Identifizierung des Durchsuchungsobjekts - wie es das Amtsgericht getan hat - auf die Akte verwiesen werden darf oder ob sich eine hinreichend konkrete Bezeichnung der zu durchsuchenden Räume stets aus dem Beschluss selbst ergeben muss. Denn auch ohne die Verweisung auf das Lichtbild auf Blatt 5 der Akte sind die zu durchsuchenden Räume in dem Beschluss des Amtsgerichts noch hinreichend bestimmt. Die Bezeichnung der „im Erdgeschoss links gelegenen vom Hinterhof des Hauses B.-N.-Str... zugänglichen Wohnung“ ist ausreichend konkret und lässt den mit der Vollstreckung beauftragten Beamten keinen unzulässigen Spielraum.

31

Unabhängig davon dürfte es sich aber empfehlen, Lichtbilder, die zur Konkretisierung des Durchsuchungsobjekts herangezogen werden sollen, in den Beschlusstext zu kopieren oder diesem zumindest als Anlage beizufügen.

32

c) Einen für eine Durchsuchungsanordnung nach § 102 StPO ausreichenden Anfangsverdacht hat das Amtsgericht zutreffend bejaht. Erforderlich ist insoweit ein Tatverdacht, der auf konkreten Tatsachen beruht; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus (statt aller BVerfG [Kammer], Beschluss vom 1. August 2014 - 2 BvR 200/14 -, juris, Rn. 15 m.w.N.).

33

aa) Da der vom Amtsgericht angenommene Anfangsverdacht mit der Sachherrschaft über die in der Strafanzeige beschriebenen Räume begründet worden ist, hätte der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses abgelehnt werden müssen, wenn die betroffenen Räume nicht identifizierbar gewesen wären. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war die Lage der Tür, durch die der mutmaßliche Betäubungsmittelhändler das Gebäude betreten hat, in der Strafanzeige jedoch noch ausreichend konkretisiert. Zwar ist versäumt worden, die Entstehung des Lichtbilds auf Blatt 5 der Akte sowie der darauf angebrachten Markierung aktenkundig zu machen. Gleichwohl konnte das Amtsgericht mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, dass es sich bei der beschriebenen Hintertür um die Tür handelt, für die es sodann die Durchsuchung angeordnet hat.

34

Aus der Beschreibung in der Strafanzeige ergibt sich zunächst, dass sich die Hintertür auf der dem Zaun gegenüberliegenden Seite befindet („in Verlängerung der Eingangstür des dort errichteten Zauns, im hinteren Bereich des Hofes“). Weiter wird angegeben, dass die Tür in Verlängerung der Eingangstür „etwa 1-1,5m weiter nach rechts“ liege. Bei dieser Beschreibung handelt es sich ersichtlich nur um eine grobe Schätzung. Gleicht man diese Angaben mit dem Lichtbild auf Blatt 5 der Akte ab, kommt ausschließlich die mit dem „X“ markierte Tür in Betracht. Nichts anderes ergibt aus dem von dem Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbild. Der Hinterhof ist darauf aus einer leicht verschobenen Perspektive abgebildet. Gleichwohl ist darauf keine andere Tür zu erkennen, auf die die Beschreibung aus dem polizeilichen Bericht ebenfalls zutreffen könnte.

35

Das Amtsgericht konnte daher mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, dass sich die Beschreibung auf die Tür des Hauses in der B.- N.-Straße ... bezog, für die es sodann den Durchsuchungsbeschluss erlassen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Hausnummer nachträglich ergänzt worden war, obwohl das Haus in der B.- N.-Straße ... den eingesetzten Beamten des zuständigen Kommissariats - wie der Beschwerdeführer nachvollziehbar vorgetragen hat - hinreichend bekannt gewesen sein dürfte. Der Verfasser der Strafanzeige konnte aus seiner Position auf der Hinterseite des Hauses keine Hausnummer erkennen. Auch wenn das Haus polizeibekannt gewesen sein mag, kann nicht vorausgesetzt werden, dass die Hausnummer bei allen Beamten des zuständigen Kommissariats als präsentes Wissen verfügbar war.

36

bb) Ein ausreichender Tatverdacht gegen den Inhaber der in dem Durchsuchungsbeschluss bezeichneten Räume wegen einer Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 27 StGB) lag zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung vor. Nach den polizeilichen Beobachtungen am 12. April 2016 hatte sich eine unbekannt gebliebene Person unmittelbar nach dem Verkauf von Marihuana in die genannten Räume zurückgezogen. Nach kriminalistischer Erfahrung rechtfertigte dies den Schluss, dass diese Räume von dem mutmaßlichen Haupttäter als Rückzugsort und Lagerstätte für Betäubungsmittel genutzt wurden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verkäufer von Betäubungsmitteln im Straßenhandel üblicherweise nur geringe Mengen von Betäubungsmitteln mit sich führen und ihren zum Abverkauf bestimmten Vorrat an nahe gelegenen Orten verwahren. Außerdem wurde die benutzte Hintertür kurz darauf verschlossen vorgefunden; mithin waren die betroffenen Räume nicht für jedermann frei zugänglich. Bei dieser Sachlage ergibt sich der Verdacht, dass die bezeichneten Räume dem unbekannten Haupttäter vorsätzlich zur Unterstützung seiner Handelstätigkeit zur Verfügung gestellt worden sind. Dass keine weiteren Fälle aktenkundig geworden sind, in denen die Räume im Zusammenhang mit einer Austauschhandlung betreten oder verlassen worden sind, mag den Verdacht zwar abschwächen, steht seiner Annahme jedoch nicht entgegen.

37

Der mithin schon aufgrund des Vorfalls vom 12. April 2016 anzunehmende Anfangsverdacht wird dadurch verstärkt, dass nach den vorangegangenen polizeilichen Beobachtungen dringende Gründe dafür vorlagen, dass der Hinterhof von Betäubungsmittelhändlern als Rückzugsort genutzt wurde, und dass im Hinterhof über ein Stromkabel aus den Räumen in der B.-N.-Straße ... Mobiltelefone aufgeladen werden konnten. Es lagen daher weitere, auf Tatsachen gründende Indizien dafür vor, dass der Betäubungsmittelhandel von Bewohnern des Hauses nicht nur geduldet, sondern auch gefördert worden ist.

38

cc) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ist das Amtsgericht indes schon aus konkurrenzrechtlichen Gründen zutreffend nur von einer Beihilfetat ausgegangen (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl. 2017, § 27 Rn. 31 m.w.N.). Entweder lag schon nur ein Verdacht hinsichtlich einer Beihilfehandlung vor, jedenfalls aber lässt sich die Hilfeleistung nicht auf verschiedene Haupttaten aufteilen.

39

d) Es lag auch eine Auffindevermutung vor. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der Beschluss des Amtsgerichts erst einen Monat nach dem Vorfall vom 12. April 2016 erlassen worden ist. Zwar konnte man nicht davon ausgehen, noch Betäubungsmittelreste von diesem Tatabend zu finden. Die Durchsuchung diente jedoch dem Zweck, Unterlagen über die Identität des Inhabers der Räume - also des Tatverdächtigen - und weitere Hinweise auf eine Nutzung der Räumlichkeiten als Rückzugs- und Lagerort für ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu finden (z.B. Betäubungsmittelrückstände, Verpackungsmaterial und sonstige Utensilien für den Betäubungsmittelhandel).

40

e) Schließlich war die Anordnung der Durchsuchung auch verhältnismäßig.

41

Weniger eingriffsintensive, den Ermittlungszweck nicht gefährdende Maßnahmen waren nicht verfügbar. Insbesondere hätten die Ermittler keine informatorischen Befragungen oder Vernehmungen von Anwohnern durchführen können, ohne den Ermittlungszweck zu gefährden, zumal es sich bei den Bewohnern des betroffenen Hauses nach der polizeilichen Einschätzung - und bestätigt durch den Ablauf der Durchsuchung - um eine eng zusammenhaltende Gemeinschaft handelt. Der Versuch, den oder die Inhaber der betroffenen Räume durch eine Abfrage beim Einwohnermeldeamt zu ermitteln, hatte keinen Erfolg, da in der B.-N.-Straße ... insgesamt 44 Personen amtlich gemeldet waren.

42

Eine Observation der Hintertür erscheint als mildere Ermittlungsmaßnahme ebenfalls nicht geeignet. Im Wege der Durchsuchung sollte insbesondere die Identität des Inhabers der Räume ermittelt werden. Eine Observation der Hintertür hätte hierzu aber voraussichtlich keine Erkenntnisse erbracht. Außerdem sollte nach Gegenständen gesucht werden, die einen Bezug zum Handel mit Betäubungsmitteln aufweisen. Auch dies wäre im Rahmen einer Observation nicht möglich gewesen. Die Rechtfertigung für die Durchsuchung wäre somit auch bei Durchführung einer Observation - unabhängig von deren Ergebnis - nicht entfallen. Wäre eine Observation durchgeführt worden und hätte diese keine weiteren Erkenntnisse erbracht, wäre eine Durchsuchungsanordnung aus den oben genannten Gründen gleichwohl gerechtfertigt gewesen. Wäre der Tatverdacht durch eine Observation erhärtet worden, hätte erst recht durchsucht werden können.

43

Die Durchsuchungsanordnung steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts (vgl. etwa BVerfG [Kammer], Beschluss vom 11. Februar 2015 - 2 BvR 1694/14 -, juris, Rn. 23 m.w.N.). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass im vorliegenden Fall kein besonders gewichtiger Tatverdacht gegen die betroffenen Wohnungsinhaber vorgelegen hat. Der Tatvorwurf ist jedoch nicht derart geringfügig, dass bei einer Gesamtbetrachtung von der Unverhältnismäßigkeit der Durchsuchungsanordnung auszugehen wäre. Dies gilt schon dann, wenn allein auf den Vorfall vom 12. April 2016 abgestellt wird. Zwar geht es dabei in der Sache lediglich um eine Beihilfe zu einer Haupttat, die eine geringe Menge Marihuana zum Gegenstand hatte. Gleichwohl betrifft der Tatvorwurf eine Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben und somit zu der regelmäßig schwersten Tatbestandsvariante des § 29 Abs. 1 BtMG (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2001 - 1 StR 339/01 -, juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 11. Dezember 2015 - 1 Ws 168/15 -, juris, Rn. 34). Außerdem liegen aufgrund der polizeilichen Beobachtungen gewichtige Anhaltspunkte für ein gewerbsmäßiges Handeln des Haupttäters vor; dieses gesteigerte Gewicht der Haupttat ist hinsichtlich des Gehilfen zwar nicht bei der Bestimmung des Strafrahmens (vgl. § 28 Abs. 2 StGB), wohl aber bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04 -, juris, Rn. 12; Fischer, StGB, 64. Aufl. 2017, § 28 Rn. 13; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 28 Rn. 29). Die Verhältnismäßigkeit ist erst recht gegeben, wenn über den Vorfall vom 12. April 2016 hinaus in den Blick genommen wird, dass aufgrund der polizeilichen Beobachtungen der Verdacht bestand, dass die betroffenen Räume schon zu einem früheren Zeitpunkt für den Betäubungsmittelhandel zur Verfügung gestellt worden waren.

44

f) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass sich die Durchsuchung auf Räumlichkeiten erstreckt habe, die von dem Durchsuchungsbeschluss nicht umfasst gewesen seien, wendet er sich nicht gegen den Beschluss, sondern gegen die Art und Weise der Durchsuchung. Insoweit ist die Kammer im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens nicht zur Entscheidung berufen.

45

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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Tenor Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 23. Oktober 2015 aufgehoben. Es ergeht gegen den Beschuldigten der anliegende Haftbefehl. Gründe I. 1 Die Staatsanwaltschaft Hamburg

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(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches oder eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem auf Grund von Tatsachen anzunehmen ist, daß sich der Beschuldigte in ihm aufhält.

(2) Die Beschränkungen des Absatzes 1 Satz 1 gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 339/01
vom
22. August 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2001 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 27. März 2001 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Revision des Angeklagten S. C. : 1. Der Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, daß der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zufolge nicht der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist, sondern der Anstiftung zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Senat sieht indessen von einer Ä nderung des Schuldspruchs ab, weil der rechtsfehlerhafte Schuldspruch insoweit den Angeklagten nicht beschwert. Der Anstifter ist gleich einem Täter zu bestrafen (§ 26 StGB). Die Tatbestandsvariante des Handeltreibens ist im Vergleich zu derjenigen der Abgabe die regelmäßig schwerere Deliktsvariante innerhalb desselben Straftatbestandes (§ 29a Abs. 1 BtMG; vgl. BGH NStZ 1999, 625; 2000, 95). 2. Der Senat ist an einer Verwerfung der Revision des Angeklagten im Beschlußverfahren nicht dadurch gehindert, daß der Generalbundesanwalt die Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe der erörterten Schuldspruchänderung gemäß § 349 Abs. 4 StPO beantragt hat. Die in Frage stehende Schuldspruchänderung hätte sich nicht zugunsten des Angeklagten ausgewirkt, weshalb der Sache nach kein Antrag nach Absatz 4 der genannten Vorschrift vorlag. 3. Es gereicht dem Angeklagten schließlich auch nicht zum Nachteil, daß das Landgericht die Taten in den Fällen 1, 6 und 7 der Urteilsgründe lediglich als unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewürdigt hat. Schäfer Nack Schluckebier Kolz Schaal

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 23. Oktober 2015 aufgehoben.

Es ergeht gegen den Beschuldigten der anliegende Haftbefehl.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft Hamburg führt gegen den Beschuldigten, einen senegalesischen Staatsangehörigen, ein Ermittlungsverfahren wegen zweier Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Beschuldigte soll an zwei Tagen im September diesen Jahres jeweils mit - 4,8g bzw. 1,5g - Marihuana im Hamburger Stadtteil Sternschanze gehandelt haben. Nach erfolgter Zuführung des Beschuldigten im Zuge seiner zweiten polizeilichen Festnahme lehnte der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts den beantragten Erlass eines Haftbefehls aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ab. Eine hiergegen erhobene Beschwerde der Staatsanwaltschaft verwarf das Landgericht Hamburg durch die in der Beschlussformel benannte Entscheidung. Auch die Große Strafkammer verwies darauf, dass der Beschuldigte „aller Voraussicht nach" mit einer Gesamtgeldstrafe zu rechnen habe und sich vor diesem Hintergrund eine Freiheitsentziehung als unverhältnismäßig erweise.

II.

2

Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig (vgl. hierzu nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 310 Rn. 8 m.w.N.). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls liegen vor (§ 112 Abs. 1 Satz 1 und 2, Absatz 2 Nr. 1 StPO). Ermittlungsrichter und Beschwerdegericht gehen bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit jeweils von einem - rechtlich unzutreffenden - Maßstab aus, der das verfassungsrechtlich abgesicherte Gebot effektiver Strafrechtspflege leerlaufen ließe.

3

1. Die erforderlichen dringenden Verdachtsgründe sind gegeben (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO).

4

aa) Dringender Tatverdacht besteht, wenn aufgrund bestimmter, im Zeitpunkt der Entscheidung aktenkundiger Tatsachen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung des Beschuldigten im Erkenntnisverfahren besteht (vgl. nur KK-StPO/Graf, 7. Aufl., §112 Rn. 6 ff.).

5

bb) Gemessen hieran ist der Beschuldigte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, jeweils gewerbsmäßig begangen, in zwei Fällen dringend verdächtig (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG, § 53 StGB).

6

(1) Am 14. September 2015 führte er im Hamburger Stadtteil Sternschanze zumindest drei verkaufsfertig abgepackte Gripptütchen mit zumindest zwei Gramm Marihuana bei sich, die er um 16:15 Uhr dem in zivil auftretenden Polizeibeamten S. vorzeigte und mit den Worten: „You want some? For 20!" zum Kauf angebot. Schnell wurde der Beschuldigte misstrauisch, lief trotz polizeilicher Aufforderung zum Stehenbleiben weg und konnte am Abend desselben Tages an derselben Stelle abermals polizeilich festgestellt werden. Hierbei führte er drei - hochwahrscheinlich - zum Verkauf bestimmte Gripptütchen mit Marihuana bei sich.

7

(2) Am 28. September 2015 verkaufte und übergab der Beschuldigte - wiederum im Sternschanzenpark in Hamburg - gegen 16:39 Uhr dem gesondert verfolgten G. 1,5g Marihuana zum Preis von 20 €.

8

cc) Dieser Sachverhalt wird sich in der Hauptverhandlung hochwahrscheinlich bereits aufgrund der Wahrnehmungen der eingesetzten Polizeikräfte erweisen lassen.

9

(1) Dies gilt für das Geschehen vom 14. September 2015 bereits allein mit Blick auf die Aussage des Beamten S.. Dieser hat seine Wahrnehmungen in einem detaillierten - mangels Vernehmungsinhalten naheliegend nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO in die Hauptverhandlung einzuführenden - Vermerk niedergelegt (Bl. 3 d.A.). Der Beschuldigte hat sich teilgeständig gegenüber dem Ermittlungsrichter eingelassen (Bl. 31 d.A.). Bei Bestreiten in der Hauptverhandlung kann dieser Vermerk innerhalb von Minuten ebenfalls im Wege des Urkundsbeweises eingeführt werden (§ 254 StPO). Dies gilt gleichermaßen für die Test- und Wiegeberichte. Vor diesem Hintergrund ist die Beweislage als derart einfach und klar anzusehen, dass auch eine polizeiliche Kräfte bindende Vorladung der eingesetzten Beamten mit Blick auf § 244 Abs. 2 StPO hochwahrscheinlich verzichtbar sein wird.

10

(2) Gleiches gilt für die Tat vom 28. September 2015. Die in den Vermerken niedergelegten Wahrnehmungen der Beamten E. (Bl. 10/11 d.A.), B. (Bl. 11 d.A.), R. (Bl. 17 f. d.A.) sowie sämtliche Test- und Wiegeberichte sind - freilich mit Ausnahme der Angaben des gesondert Verfolgten G. (Bl. 11 d.A.) - nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO im Wege des Urkundsbeweises einzuführen. Vor dem Hintergrund der hierdurch belegten dichten Verdachtslage wird sich hochwahrscheinlich die Vernehmung des gesondert Verfolgten G. auch nach Maßgabe des § 244 Abs. 2 StPO nicht aufdrängen.

11

(3) Der Beschuldigte handelte in beiden Fällen hochwahrscheinlich auch mit der Absicht, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. nur Körner/Patzak/Volmer, BtMG, 7. Aufl. § 29 Abs. 3 Rn. 12 m.w.N.). Es liegen zureichend aktenkundige Beweiszeichen vor, die ein solches strafschärfendes Vorgehen belegen. Hierzu an dieser Stelle nur beispielhaft:

12

Der Beschuldigte führte an beiden Tagen Barmittel in einem Umfang bei sich, die bereits ihrer Höhe nach unvereinbar waren mit seinen wirtschaftlichen Verhältnissen. Weder ist der Beschuldigte erkennbar erwerbstätig, noch ist ihm eine solche Erwerbstätigkeit erlaubt. Er lebt im Bundesgebiet ohne festen Lebensmittelpunkt, ist für die für ihn in erster Linie zuständigen bayerischen Behörden durch unangekündigten Wegzug unerreichbar und schlägt sich in Hamburg erkennbar nur mit Drogenhandel durch.

13

Vor diesem Hintergrund ist auch die Höhe der von ihm jeweils mitgeführten Barschaft (55 € bzw. 80 €) nicht anders als etwas Erlangtes aus den rechtswidrig begangenen Taten anzusehen. Die Barschaft stammt hochwahrscheinlich aus von ihm getätigten Drogengeschäften. Dieser Schluss wird bereits getragen durch die jeweils einschlägige Stückelung und den engen Zusammenhang zwischen den Rauschgiftgeschäften unter Beisichführen von Marihuana einerseits und das zeitgleiche Mitführen dieses Bargeldes als Tatbeute und Wechselgeld andererseits.

14

Angesichts dessen und ausgehend von dem höchstrichterlich anerkannten Grundsatz, dass der Tatrichter nicht verpflichtet ist, entlastende Angaben eines Angeklagten hinzunehmen, wenn für deren Richtigkeit keine objektiven Anhaltspunkte vorliegen, erweist sich die Einlassung des Beschuldigten, er habe das Rauschgift zum Eigenkonsum bei sich geführt, als abwegig. Die Zurückweisung einer solchen Einlassung erfordert gerade nicht, dass diese zu widerlegen ist oder sich gar ihr Gegenteil positiv feststellen lässt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2014 - 4 StR 129/14, BeckRS 2014, 15648; vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85, 86). Angesichts dieser Maßgaben ist es hochwahrscheinlich, dass sich der Tatrichter von einem insgesamt gewerbsmäßigen Handeln des Beschuldigten wird überzeugen können (§ 261 StPO). Der Beschuldigte verfügt über keinerlei legale wirtschaftliche Mittel. Gleichwohl will er das wenige Bargeld, das ihm aus unerklärlichen Gründen zur Verfügung stand, in Drogen, nicht aber in Lebensmittel und Unterkunft investiert haben.

15

2. Es besteht auch der nach § 112 Abs. 2 StPO erforderliche Haftgrund. Der Beschuldigte hält sich vor den Strafverfolgungsbehörden verborgen (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StPO).

16

a) Der Haftgrund des Verborgenhaltens ist anzunehmen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme tragen, der Beschuldigte enthalte den Behörden seinen Lebensmittelpunkt oder seinen tatsächlichen Aufenthalt vor, um sich dem Strafverfahren dauernd oder aber auf längere Zeit zu entziehen. Solches ist bei Beschuldigten ohne gesicherten Aufenthaltsstatus regelmäßig anzunehmen, wenn diese sich für die zuständigen Stellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bzw. den Ausländerbehörden unerreichbar im Bundesgebiet aufhalten. Ein solches Verhalten dokumentiert in zureichender Weise, dass der Beschuldigte jedes Gebot zur Mitwirkung (vgl. etwa § 82 AufenthG) an behördlichen Verfahren ignoriert oder eine Mitwirkung gar verweigert. Dies indiziert eine absehbare Verweigerungshaltung erst recht für das Strafverfahren. Denn hier drohen ihm nicht nur besondere freiheitsentziehende Sanktionen, sondern im Falle einer Verurteilung zu einer unbedingten - d.h. nicht mehr zur Bewährung ausgesetzten - Freiheitsstrafe sogar die zwingende Ausweisung aus dem Bundesgebiet (§ 53 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) und zugleich die Rechtsfolgen des § 11 AufenthG sowie Sperrwirkungen mit Blick auf sozialrechtliche Ansprüche.

17

b) So liegt es hier: Der Beschuldigte hat sich zuletzt im Juli 2015 in der ihm zugewiesenen Einrichtung im Landkreis Regen gemeldet und Geldleistungen entgegen genommen (vgl. Telefonvermerk des Berichterstatters vom 10. Dezember 2015). Er hat sich nach Abschluss seines Asylverfahrens nicht für die Rücküberstellung nach Italien bereitgehalten, sondern ist untergetaucht und nach Hamburg verzogen. Hier hielt er sich im September 2015 unangemeldet auf. Die Polizeibehörden haben ihn hier in zwei Fällen aufgegriffen und durch ihre Ermittlungen den dringenden Tatverdacht des (gewerbsmäßigen) Handeltreibens begründen können.

18

c) Wird der Beschuldigte aufgrund des heute zugleich erlassenen Haftbefehls des Senats ergriffen, wird der Haftgrund sodann umzustellen sein auf den der Fluchtgefahr. Diese folgt ohne Weiteres aus seinem bisherigen - vorstehend beschriebenen - Verhalten.

19

d) Aber auch sonst - etwa nach einer vorläufigen Festnahme (§ 127 Abs. 2 StPO) - wird in Fällen eines nicht sesshaften Beschuldigten, dessen Asylbegehren noch nicht rechtskräftig verbeschieden und dessen dauerhafter Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet daher fraglich ist, unabhängig von der jeweils im Raum stehenden Straferwartung der Haftgrund der Fluchtgefahr ohne Weiteres anzunehmen sein (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO), wenn sich der Beschuldigte für die zuständigen Stellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bzw. den Ausländerbehörden unerreichbar im Bundesgebiet aufhält.

20

aa) Die Voraussetzungen dieses Haftgrundes werden in diesen Fällen indiziert durch eine längere, gar mehrmonatige Abwesenheit des Beschuldigten von der ihm jeweils zugewiesenen Unterkunft oder von der durch ihn angegebenen postalischen Erreichbarkeit. In diesen Fällen ist keine zuverlässige Kommunikation mit dem Beschuldigten möglich. Dies gilt gleichermaßen, wenn von ihm - entgegen der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten (vgl. etwa § 82 AufenthG) - keinerlei belastbarer Kontakt zu den ihn betreuenden und sein Asylersuchen bearbeitenden Stellen unterhalten wird.

21

bb) Ein weiteres bestimmendes Beweiszeichen für eine bestehende Fluchtgefahr ist in diesen Fällen der Umstand, dass der Beschuldigte die ihm zum Bestreiten des täglichen Lebensunterhalts zustehenden materiellen staatlichen Unterstützungsleistungen nicht abfordert und entgegennimmt.

22

cc) Fluchtgefahr wird überdies auch und gerade beim dringenden Verdacht einer Betäubungsmittelstraftat regelmäßig anzunehmen sein. Dies folgt bereits aus der gesetzgeberischen Wertung des § 61 Abs. 1c AufenthG und § 59b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG. Hiernach kann eine - kraft Gesetzes nach § 61 Abs. 1b AufenthG bzw. § 59a Abs. 1 AsylVfG erloschene - räumliche Beschränkung dann wieder angeordnet werden, wenn der betreffende Ausländer bzw. Asylsuchende einer Drogenstraftat „hinreichend verdächtig" ist. Der Gesetzgeber anerkennt hier ersichtlich mit Blick auf die Mobilität der solcher Taten Verdächtigen besondere Gefahren, die es rechtfertigen, bereits vor einem rechtskräftigen Urteil ordnungsbehördlich einzuschreiten.

23

(1) Der Verdachtsgrad ist hier freilich nicht im strafprozessualen Sinne zu bestimmen. Die Maßgaben von § 170 Abs. 1 und § 203 StPO finden weder durch ausdrückliche Verweisung noch durch regelungssystematischer Auslegung Anwendung. Auch die Gesetzesbegründung streitet hierfür nicht, spricht sie doch lediglich von einem „begründeten Tatverdacht" (vgl. BT-Drucks. 18/3144, S. 12). Ein solches Normverständnis legen schließlich auch Zweckmäßigkeitserwägungen nicht nahe, da anderenfalls stets der Abschluss der Ermittlungen (§ 169a StPO) für die Anordnung dieser verwaltungsrechtlichen Nebenbestimmung maßgeblich wäre. Dieser ist indes während eines verdachtsbegründet geführten Ermittlungsverfahrens nicht konkret in jedem Falle absehbar. Die mit dem Asylverfahren befassten Behörden müssten sich für die ihnen nach § 61 Abs. 1c AufenthG und § 59b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG obliegende Ermessensentscheidung daher auf einen unabsehbaren und für die gebotene ordnungsbehördliche Steuerung unkalkulierbaren Zeitpunkt verweisen lassen. Die auf ein Drogendelikt hin vom Gesetzgeber geforderte verwaltungsbehördliche Reaktion hat gerade mit Blick auf das bedrohte Rechtsgut der Volksgesundheit eine effektive Gefahrenabwehr in den Blick zu nehmen (vgl. § 59b Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, der bei allen anderen strafrechtlichen Verurteilungen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft abstellt).

24

(2) Notwendig aber auch zureichend für die Bestimmung des Verdachtsgrads nach § 61 Abs. 1c AufenthG und § 59b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG ist daher eine Prüfung der aktenkundigen Beweistatsachen im Einzelfall (ähnlich wohl Welte, ZAR 2015, 219, 222). Begründet diese gar die Annahme eines dringenden Tatverdachts, steht außer Frage, dass die von diesen Regelungen geforderte Verdachtsschwelle erreicht und eine Übermittlung der maßgebenden Unterlagen an die zuständige Verwaltungsbehörde nach § 86 AufenthG geboten ist.

25

3. Der Anordnung der begehrten verfahrenssichernden Zwangsmaßnahme steht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - anders als Amts- und Landgericht meinen - nicht entgegen.

26

a) Der Beschuldigte hat mit einer nicht unempfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen.

27

aa) Dabei ist der Strafbemessung in beiden Fällen aus den vorstehend dargelegten Gründen der Strafrahmen des § 29 Abs. 3 BtMG zugrunde zu legen. Danach ist ein besonders schwerer Fall gegeben, wenn die Tat bei Berücksichtigung aller Umstände die gewöhnlich vorkommenden und vom Gesetz für den ordentlichen Strafrahmen vorgesehenen Fälle an Strafwürdigkeit so sehr übertrifft, dass die Anwendung des verschärften Strafrahmens geboten erscheint (Patzak, a.a.O. Rn. 3 m.w.N.).

28

bb) Dies wird sich als Ergebnis der Hauptverhandlung hier hochwahrscheinlich erweisen lassen. Hierbei werden auch die Urteilsgründe - soweit derzeit absehbar - auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen haben:

29

(1) Zwar kann die Regelwirkung dieses unvertypten Strafschärfungsgrundes erschüttert werden durch das Vorliegen bestimmender Strafmilderungsgründe. Hier kommen namentlich die bisherige Unbestraftheit des Beschuldigten, der Handel mit einer Droge von geringerem Gefährlichkeitsgrad, die vergleichsweise geringen erwirtschafteten Gewinne sowie die Tatsache in Betracht, dass mangels - hier angesichts der Menge freilich auch entbehrlicher - Qualitätsuntersuchung von einem Rauschgift von nur durchschnittlicher Qualität ausgegangen werden muss. Die Annahme geringer Qualität liegt angesichts des Verkaufspreises hingegen fern. Ebenso kommt dem Teilgeständnis des Beschuldigten angesichts der erdrückenden Beweislage hier keine besondere Bedeutung zu.

30

(2) Diese Aspekte reichen hier aber für den Wegfall des Strafschärfungsgrundes ersichtlich nicht aus. Beide Taten sind von einer besonders dreisten und nachhaltigen Begehungsweise geprägt. Der Beschuldigte hat im ersten Fall von sich aus in einem öffentlichen Park Kunden angesprochen und ist - nach zwischenzeitlicher polizeilicher Entdeckung - noch am selben Tag an den Tatort zurückgekehrt und hat erkennbar unbeeindruckt von dem Vorangegangenen weitergehandelt. Im zweiten Fall hat er - weiterhin erkennbar unbeeindruckt von den zuvor gegen ihn geführten polizeilichen Maßnahmen, namentlich einer Festnahme - am selben Ort abermals Handel getrieben. Überdies ist die Bedeutung der durch die Taten erwirtschafteten Gewinne in einer Gesamtschau an den Umständen des Einzelfalls zu messen. Vor dem Hintergrund jeglicher fehlender legaler Einkünfte des untergetauchten Beschuldigten erweisen sich die Einkünfte aus seinen Taten gerade nicht als unbedeutend. Sie sichern seinen unerlaubten Aufenthalt vielmehr ab und ermöglichen ihm ein Leben in der Illegalität. Daher ist der Umstand, dass der Beschuldigte auf den ersten Blick ein „Kleindealer“ ist, auch hier ohne Belang (vgl. BGH, Urt. v. 16. 5. 1979 - 2 StR 151/79). Anderes mag allenfalls dann gelten, wenn der Beschuldigte ein umfassendes Geständnis ablegt.

31

b) Ungeachtet dessen vermag der Senat nicht zu erkennen, aus welchen Gründen hier - wie Amts- und Landgericht meinen - bei Annahme des § 29 Abs. 1 BtMG eine Geldstrafe jeweils naheliegen sollte. Schon für sich dürfte die Grenze des § 47 StGB durch beide Taten überschritten werden. Aber selbst wenn der Tatrichter jeweils Einzelstrafen von unter sechs Monaten verhängen sollte, drängt sich die Unerlässlichkeit kurzfristiger Freiheitstrafen hier auf. Freiheitsstrafen sind hier bereits mit Blick auf das jeweils hohe Handlungsunrecht geboten (vgl. etwa HansOLG, Beschluss vom 27. September 2006 - III - 104/06, JR 2006, 212 mit zust. Anm. von Gemmeren, der zahlreiche instruktive Beispiele hierzu aufführt). Eine solche ist hier hochwahrscheinlich auch unerlässlich. Den gesamten Tatumstände wohnt ein besonders hartnäckiges, durch rasche Wiederholung und auch dadurch zur Schau getragenes rechtsmissachtendes Verhalten inne. Als solches fügt es sich ohne Weiteres ein in den durch das Untertauchen und jede Zusammenarbeit mit den Behörden verweigerndes Verhalten des Beschuldigten betreffend seinen asyl- und aufenthaltsrechtlichen Status. Es kann vor diesem Hintergrund weder von der kurzen Untersuchungshaft noch von einer Geldstrafe erwartet werden, dass diese ihn in der notwendigen Weise beeindrucken werden.

32

c) Und schließlich: Die Staatsanwaltschaft hat wiederholt darauf hingewiesen, dass sie - vor dem Hintergrund der einfachen Beweislage plausibel - sofort nach der Verhaftung Anklage erheben wird. Dieses könnte hier gar im Wege des beschleunigten Verfahrens erfolgen (§ 417 StPO). Daher steht nicht im Ansatz eine längere, das Maß der Tatschuld signifikant übersteigende Untersuchungshaft für den Beschuldigten zu besorgen.

33

4. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:

34

a) Der jeweils knappe Hinweis von Ermittlungsrichter wie Strafkammer auf eine angeblich „naheliegende" Geldstrafe verliert ersichtlich die Maßgaben von § 113 StPO aus dem Blick. Hiernach kann - worauf die Generalstaatsanwaltschaft mit Recht hingewiesen hat - auch bei Geldstrafen die Anordnung von Untersuchungshaft geboten sein (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 113 Rn. 1 m.w.N.). Ist der Beschuldigte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - und damit der schwersten Tatbestandsvariante des § 29 BtMG - dringend verdächtig und zugleich für die Behörden wegen seines Untertauchens unerreichbar, droht für den Fall einer unterlassenen Haftanordnung hier der Stillstand der Strafrechtspflege. Solches ist nicht zuletzt mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot zur Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in diesen Fällen nicht hinnehmbar.

35

b) Vor dem Hintergrund der vorstehenden Darlegungen zur Beweislage einerseits sowie zum Haftgrund und zur Straferwartung andererseits erscheint eine Zuführung des Beschuldigten in der hier vorliegenden Konstellation auch bereits nach der ersten Tat in Fällen des § 29 Abs. 3 BtMG nicht fernliegend.

36

c) Um gerade die von der mobilen Tätergruppe im Rauschgiftmilieu durch „Erleichterungen bei den Regelungen hinsichtlich der Bewegungsfreiheit" (BT-Drucks 18/3144, S. 9) ausgehenden Gefahren abwehren zu können, hat der Gesetzgeber § 61 Abs. 1c AufenthG und § 59b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG geschaffen. Nur eine effektive - etwa über § 86 AufenthG auch mögliche - enge und rasche Zusammenarbeit der beteiligten Behörden des Polizeivollzugsdienstes wie der Ausländerbehörden aber kann diesem Gesetzeszweck nachhaltig Rechnung tragen. Der Senat vermag dem hier vorliegenden Verfahren indes weder einen Anhalt für die gebotene Zusammenarbeit mit den nicht informierten bayerischen Behörden über den Verbleib des bei ihnen abgängigen Beschuldigten noch einen Informationsaustausch mit der - naheliegend zunächst - zuständigen Hamburger Ausländerbehörde zu entnehmen.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 547/04
vom
11. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Fälschung von Zahlungskarten
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 7. Juli 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen Beihilfe zur Fälschung von Z ahlungskarten zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt im Erg ebnis erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Von einer Aufhebung des Strafausspruchs hat der Senat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO abgesehen. 1. Folgendes ist festgestellt: Der frühere Mitangeklagte R. , der keine Re vision eingelegt hat, hatte sich etliche gefälschte Kreditkarten beschafft und damit zahlreiche Einkäufe
getätigt. Bei einer seiner Einkaufstouren hat ihn der Angeklagte in Kenntnis aller Umstände zu den Tatorten gefahren und ihn in die Geschäfte begleitet. Insgesamt war der Angeklagte bei sieben Einkäufen dabei, die Höhe des einzelnen Einkaufs lag zwischen 23 Euro und 2.598 Euro, der dabei insgesamt angerichtete Schaden belief sich auf 3.347,11 Euro. Der Angeklagte erhielt von R. eine Belohnung. 2. Die Strafkammer geht davon aus, daß bei R. nur eine Tat vorliegt und dementsprechend beim Angeklagten nur eine Beihilfe. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zur Annahme von nur einer Tat bei R. vgl. BGH NStZ-RR 2001, 240, 241 m. w. N.; zur Annahme nur einer Beihilfe beim Angeklagten vgl. BGH NStZ 1999, 513, 514 m. w. N.) und beschwert den Angeklagten nicht. 3. Hinsichtlich des Strafausspruchs hat der Generalbundesan walt in seinem Antrag vom 3. Dezember 2004 unter anderem ausgeführt: "Die Strafkammer (ist) unzutreffend von dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 152a Abs. 2 StGB a. F. (sechs Monate bis elf Jahre drei Monate Freiheitsstrafe) ausgegangen .... Die Kammer hat übersehen, dass der Qualifikationstatbestand des § 152a Abs. 2 StGB a. F. auf den Gehilfen nur anwendbar ist, wenn dieser selbst gewerbsmäßig gehandelt hat. Denn bei der Gewerbsmäßigkeit im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um ein strafschärfendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB... Feststellungen dazu, dass der Angeklagte die Voraussetzungen des gewerbsmäßigen Handelns erfüllt hat, sind dem ... Urteil ... nicht zu entnehmen. Die Strafe hätte deshalb ... dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB
gemilderten Strafrahmen des § 152a Abs. 1 StGB a. F. - drei Monate bis sieben Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe entnommen werden müssen“. Dem stimmt der Senat zu (vgl. auch BGH StV 1996, 87 m. w. N.). 4. Gleichwohl hat der Strafausspruch Bestand:
a) Zwar gilt die Haupttat wegen der einheitlichen B eschaffung der gefälschten Zahlungskarten als nur eine Tat im Rechtssinne, mit der weiteren Folge, daß wegen der sog. Akzessorietät der Beihilfe trotz mehrerer Beihilfehandlungen im Rechtssinne nur eine Beihilfe vorliegt. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Haupttat ebenso wie die Beteiligung des Angeklagten nicht zuletzt auch davon gekennzeichnet ist, daß durch eine Mehrzahl von Einkäufen eine entsprechende Zahl unterschiedlicher Opfer geschädigt wurde. Dieser von der Strafkammer jedenfalls nicht ausdrücklich angesprochene Gesichtspunkt kann bei Bewertung und Gewichtung von Intensität und Folgen der Tat nicht außer Betracht bleiben.
b) Trotz des aufgezeigten Mangels bei der Bestimmung des Strafrahmens ist im übrigen für die Strafzumessung hinsichtlich des Gehilfen das (hier durch Gewerbsmäßigkeit) gesteigerte Gewicht der Haupttat nicht bedeutungslos , sondern kann strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. Tröndle/ Fischer StGB 52. Aufl. § 28 Rdn. 13 m. w. N.).

c) Unter Berücksichtigung auch der sonstigen, von der Straf kammer rechtsfehlerfrei abgewogenen strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte (zum hierauf bezogenen Revisionsvorbringen verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts, die auch durch die Erwiderung der Revision nicht entkräftet werden), hält der Senat die zur Bewährung ausgesetzte Strafe von einem Jahr und sechs Monaten für angemessen. Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.