Landgericht Krefeld Urteil, 16. März 2016 - 7 O 119/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T A T B E S T A N D
2Der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der „AS GmbH“ (im folgenden: Insolvenzschuldnerin) nimmt den Beklagten als faktischen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin nach § 64 S. 1 GmbHG auf Ersatz von nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteten Zahlungen in Höhe von 108.233,75 € in Anspruch.
3Die Insolvenzschuldnerin wurde durch Vertrag vom 29.07.2004 durch den Beklagten, den Zeugen A. sowie Herrn B. als Gesellschafter gegründet und betrieb in den Jahren 2004 bis 2013 die Diskothek „L.“ in Krefeld. Nach dem Ausscheiden des Gründungsgesellschafters B. sowie der Abberufung des Zeugen A. als Geschäftsführer im Jahre 2008 wurde der Zeuge C. als Fremdgeschäftsführer bestellt und im Handelsregister eingetragen. Auf diesen folgten zu Beginn des Jahres 2012 als weitere Fremdgeschäftsführer der Zeuge D., sodann der Zeuge E., der Zeuge F. und schließlich ab Januar 2013 der Zeuge G..
4Der Beklagte agierte – neben seiner Gesellschafterstellung bei der Insolvenzschuldnerin – auch als Geschäftsführer der „M. GmbH“, die Vermieterin der Geschäftsräume der Insolvenzschuldnerin war. Zudem führte er die Firma „D“, die ebenfalls mit der Insolvenzschuldnerin in Geschäftsbeziehungen stand.
5Ausweislich des zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrags vom 15.01.2009 wurde der Beklagte, der zu diesem Zeitpunkt bereits Prokura für die Insolvenzschuldnerin besaß, mit Wirkung zum 01.01.2009 als „leitender Angestellter“ beschäftigt. Ab dem 01.01.2009 wurde ihm ein monatliches Brutto-Gehalt von 6.350 €, ab dem 01.12.2009 in Höhe von 16.424,94 € zugesprochen (s. Anlage K 2, Bl. 24 ff. d.A.). Ab Mai 2012 wurde das Gehalt des Beklagten auf 5.023,23 €, ab Mai 2013 auf 3.134,23 € reduziert. Dem Beklagten stand als Firmenwagen ein Range Rover 3.6 TDV8 HSE zur Verfügung, welcher auch zu repräsentativen Zwecken, insbesondere zum Transfer der in der „L.“ auftretenden Künstler, eingesetzt wurde.
6Auf den Insolvenzantrag des im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragenen Zeugen G. vom 14.08.2013 hin wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin durch Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 29.10.2013, Az. 90 IN 39/13, eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
7Der Kläger behauptet, der Beklagte habe in den ganzen Jahren des Geschäftsbetriebs der Insolvenzschuldnerin als faktischer Geschäftsführer agiert. Zwar habe er formal lediglich die Stellung eines Gesellschafters und Prokuristen innegehabt, tatsächlich sei er es jedoch gewesen, der die Geschicke der Insolvenzschuldnerin im Innen- wie Außenverhältnis maßgeblich geleitet habe. So habe er hinsichtlich sämtlicher relevanter Geschäftsvorgänge die Letztentscheidungskompetenz besessen, weshalb die eingetragenen Geschäftsführer nur nach seiner Weisung und in Abstimmung mit ihm hätten tätig werden dürfen. Ihm allein habe die Führung des wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Geschäftsbereichs inklusive der Verfügung über das Geschäftskonto, der Buchhaltung sowie der Personalentscheidungen oblegen. Auch gegenüber den Vertragspartnern der Insolvenzschuldnerin sei er im Außenverhältnis als verantwortlicher Verhandlungsführer und Entscheidungsträger aufgetreten. Seine Stellung als faktischer Geschäftsführer belege schließlich nicht nur sein im Vergleich zu den übrigen, im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführern deutlich höheres Gehalt, sondern auch der Umstand, dass er alleine einen Firmenwagen der Luxusklasse gefahren habe.
8Der Kläger trägt weiter vor, die Insolvenzschuldnerin sei spätestens seit dem 01.07.2013 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Der Beklagte habe es in Kenntnis dieses Umstands entgegen seiner jedenfalls seit dem 14.07.2013 (auch) als faktischer Geschäftsführer bestehenden Pflicht unterlassen, einen Insolvenzantrag für die Insolvenzschuldnerin zu stellen. Stattdessen seien mit seinem Wissen und Wollen noch nach Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen an diverse Geschäftspartner in Höhe von insgesamt 108.233,75 € veranlasst worden, zu deren Rückgewähr er nunmehr verpflichtet sei.
9Der Kläger beantragt,
10den Beklagten zu verurteilen, an ihn in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma AS GmbH i.L. 108.233,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.10.2013 zu zahlen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er trägt vor, er sei lediglich der „kreative Kopf“ der Insolvenzschuldnerin gewesen und habe daher die künstlerische Ausrichtung, die Programmkonzeption, die optische Gestaltung sowie den Außenauftritt der „L.“ mitbestimmt, wobei er seine Tätigkeit auch in diesem Bereich ab dem Jahr 2012 - bedingt durch die Geburt seiner Tochter - nach und nach eingeschränkt habe. Da aber gerade die vorgenannten Aspekte über den Erfolg oder Misserfolg einer Diskothek entschieden, sei das in der Vergangenheit gezahlte hohe Gehalt durchaus gerechtfertigt gewesen. Das gesamte operative Geschäft inklusive der kaufmännischen Leitung, der Personalverantwortung sowie der Industriepartnerpflege habe dagegen jeweils in der Eigenverantwortung der eingetragenen Geschäftsführer gelegen, welche unabhängig und weisungsfrei agiert hätten.
14Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß der Beweisbeschlüsse vom 09.09.2014 (Bl. 213 ff. d.A.) und 16.06.2015 (Bl. 497 f. d.A.) nebst Ergänzungen vom 05.10.2015 (Bl. 616 ff. d.A.), 04.01.2016 (Bl. 669 f. d.A.) und 15.02.2016 (Bl. 687 f. d.A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014 (Bl. 259 ff. d. A.), vom 21.01.2015 (Bl. 346 ff. d.A.) und vom 24.02.2016 (Bl. 698 ff. d.A.) Bezug genommen.
15E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
16Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
17I.
18Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen eines Ersatzanspruchs aus § 64 S. 1 GmbH ist dem Kläger schon der Nachweis misslungen, dass der Beklagte zur maßgeblichen Zeit tatsächlich faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin war und damit tauglicher Anspruchsgegner ist.
19Zwar trifft den faktischen Geschäftsführer nach allgemeiner Auffassung nicht nur die – strafbewehrte - Pflicht zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags nach § 15 a Abs. 1 InsO, sondern auch die haftungsrechtliche Folge des § 64 S. 1 GmbHG (vgl. nur Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 64 Rn. 9). Die Rechtsfigur des faktischen Geschäftsführers wird von der Rechtsprechung jedoch nur äußerst zurückhaltend und unter Anlegung strenger Maßstäbe angenommen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, dass der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGH, Urteil v. 11.07.2005, Az. II ZR 235/03, Rn. 8 m.w.N., zitiert nach juris)
20Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte im Innenverhältnis die vom Kläger behauptete beachtliche Lenkungs- und Leitungsfunktion innehatte. Die Einstufung einer Person als faktischer Geschäftsführer verlangt insoweit, dass er auf die Geschäftsführung – mit einer bestimmten Nachhaltigkeit – Einfluss nimmt. Dieses Kriterium dient insbesondere dazu, Gesellschafter, die ihre normalen mitgliedschaftlichen Befugnisse oder Gläubiger, die ihre normale Verhandlungsstärke ausnutzen, auszugrenzen. Ob die notwendige Qualität an Einfluss vorliegt, beurteilt sich dabei weniger nach rechtlichen als vielmehr nach wirtschaftlichen Maßstäben. Maßgebend ist danach, ob und welche Führungsaufgaben der Betreffende wahrgenommen hat sowie das Ausmaß und die Intensität der vom Dritten bzw. Gesellschafter übernommenen Unternehmensführung. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist letztlich das Ergebnis einer (mitunter komplexen) Abwägung, bei der es auf das Gesamterscheinungsbild (Art der übernommenen Aufgabe, Intensität) ankommt. Geht es – wie zumeist – um die Qualifikation eines Gesellschafters als faktischer Geschäftsführer, muss dieser aus dem „Schatten“ der Gesellschafterbefugnisse hinausgetreten sein, um wie ein Geschäftsführer behandelt werden zu können. Die Aufgaben müssen mit einer gewissen Intensität wahrgenommen werden. Ein faktischer Geschäftsführer muss die Geschäfte der Gesellschaft durch eigenes Handeln prägen bzw. maßgeblichen Einfluss nehmen. Die bloße Möglichkeit der Einflussnahme oder Einwirkung auf die Geschäftsführung reicht hingegen nicht aus (siehe zum Ganzen Haas in Baumbach/Hueck, a.a.O, § 64 Rn. 9 b, m.w.N.).
21Die Vernehmung der Zeugen zu dieser Beweisfrage hat insoweit kein klares, den klägerischen Vortrag bestätigendes Bild erbracht.
22Während die Aussage des Zeugen E. nicht eindeutig und damit für den Kläger letztlich unergiebig ausfiel, haben die weiteren durch den Kläger benannten Zeugen F., H., G. und A. überwiegend in dessen Sinne ausgesagt. Ihre Angaben werden indes durch die Bekundungen der von beiden Parteien benannten Zeugen C. und I. sowie der beklagtenseits benannten Zeugen J., K., K., M., N. und D. erschüttert.
23Der Zeuge E. bestätigte, im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit bei der Insolvenzschuldnerin in der Zeit von Juli bis Oktober 2012 (also zwischen dem Zeugen D. und dem Zeugen F.) den auf Bl. 345 d.A. befindlichen „Masterplan“ entwickelt – und bis auf den 1. Punkt – auch umgesetzt zu haben. Ihm sei es insbesondere wichtig gewesen, Einsparmöglichkeiten zu eruieren. In diesem Zusammenhang habe er das Vertragsverhältnis zum bisherigen Getränkelieferanten bei einem Treffen mit diesem, dem auch der Beklagte beigewohnt habe, eigenmächtig aufgekündigt. Sodann habe er eigenverantwortlich einen neuen Vertragspartner gesucht und mit diesem die Konditionen ausgehandelt. Lediglich bei der Unterzeichnung des neuen Vertrags sei der Beklagte dabei gewesen und habe diesen neben ihm mit unterschrieben. Insgesamt habe er die allgemeine Verwaltung eigenverantwortlich geführt, die Finanzverwaltung sei dagegen in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgt. Auch habe dieser Einfluss auf die Ausgestaltung des Werbekostenzuschusses eines Whisky-Herstellers genommen. Bankgespräche habe es dagegen in seiner „Amtszeit“ nur eines im Rahmen der Werbung von Sponsoren gegeben. Dieses habe er, der Zeuge alleine und eigenständig geführt. Mit dem operativen Abendgeschäft habe der Beklagte nichts zu tun gehabt. Die Gehaltsabrechnungen seien ihm, dem Zeugen, durch die damalige Buchhalterin, die Zeugin I., vorbereitet worden. Er habe diese dann nach Prüfung selbst freigegeben. Das Gehalt des Beklagten sei auf seine Veranlassung hin etwa halbiert worden. Auf Nachfrage gab der Zeuge an, sich insgesamt in einer Art „Mittelposition“ zwischen einem vollständig selbstständigem Geschäftsführer und einem bloß ausführenden Sekretär befunden zu haben. Alle wesentlichen kaufmännischen Entscheidungen seien in Abstimmung mit dem Beklagten getroffen worden, wobei dieser keinen seiner Vorschläge rundweg abgelehnt habe. Der Zeuge sei letztlich aufgrund gesundheitlicher Probleme und nicht etwa aus Unzufriedenheit über seine Position bei der Insolvenzschuldnerin ausgeschieden.
24Demgegenüber hat der Zeuge F., der im Zeitraum September 2012 bis Januar 2013 als Geschäftsführer bei der Insolvenzschuldnerin angestellt war, angegeben, sich lediglich als „besserer Sekretär“ bzw. bloßer „Ausführer“ durch den Beklagten vorgegebener Direktiven gefühlt zu haben. Der Beklagte habe insbesondere entschieden, welche Verbindlichkeiten zu begleichen seien und die hierfür nötigen Überweisungsträger ausgefüllt und unterschrieben. Nach Umstellung des Systems auf „Online-Banking“ auf seine Veranlassung, habe der Beklagte weiterhin entschieden, welche Rechnungen etc. vorrangig zu erfüllen seien. Er habe die entsprechenden Überweisungen dann lediglich unter Verwendung einer entsprechenden TAN bewirkt, ohne jedoch inhaltlich Einfluss zu nehmen. Zudem habe der Beklagte die wöchentlichen Meetings am Montagmorgen mit den wichtigsten Mitarbeitern aller Bereiche geleitet. Diese seien nur vorübergehend auf sein Drängen auf Dienstag verlegt und sodann auf Veranlassung des Beklagten wieder auf den Wochenbeginn verschoben worden, weil der Beklagte hierfür „die ganze Woche im Überblick“ habe haben wollen. Die Teilnahme hieran sei ihm sogar freigestellt worden, wie sich aus der SMS des Beklagten an den Zeugen vom 16.12.2012 (Bl. 293 ff. d.A.) ergebe. Die Treffen seien durch den Beklagten moderiert und dazu genutzt worden, die Aufgaben für die nächste Woche zu verteilen. Zudem zeigte sich der Zeuge F. verärgert darüber, dass er seinem Vertrag nach nicht zu Personalentscheidungen in Form von Einstellungen befugt gewesen sei und dass ihm hierin gewisse Anwesenheitspflichten auferlegt worden seien. Die Einstellung von Aushilfen habe die Betriebsleitung übernommen, die Auswahl von Festangestellten dagegen der Beklagte. Dieser habe sich auch um die Auswahl der Security-Firmen gekümmert und mit diesen Verhandlungen geführt. Gleichzeitig bekundete der Zeuge jedoch, die ursprünglich ebenfalls vorgesehene Verfügungsbeschränkung in seinem Anstellungsvertrag für Überweisungen über 500 € habe man auf seine Initiative hin gestrichen. Zudem habe er veranlasst, dass der damalige Betriebsleiter entlassen und durch dessen Stellvertreter, den Zeugen K., ersetzt worden sei, weil er diesen für inkompetent gehalten habe. Schließlich habe er in der Zeit seiner Beschäftigung erreicht, dass die „L.“ gründlich gesäubert und renoviert, sowie die Energiekosten drastisch gesenkt und die Getränkeeinkaufspreise nach Verhandlungen durch ihn mit den Lieferanten um 10 % reduziert worden seien. Das Promotionteam sei auf seinen Wunsch hin abgeschafft und das Marketing im Bereich der sozialen Medien stark verstärkt worden. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer habe er zudem einen Leasingvertrag über eine ca. 80.000 € teure neue Tonanlage abgeschlossen. Über all diese Maßnahmen sei der Beklagte jedoch stets informiert gewesen und habe diese zuvor „abgesegnet“. Insgesamt zog der Zeuge das Fazit, der Beklagte habe sich zwar stets die Letztentscheidungsgewalt vorbehalten, im Ergebnis aber zu keinem seiner Vorschläge jemals die Zustimmung verweigert. Der Beklagte habe wohl damals eine Art „Retter“ für die „L.“ gesucht und daher innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit mehrere Geschäftsführer hintereinander beschäftigt. Weil die Besucherzahlen während der Zeit seiner Anstellung allerdings nicht gestiegen seien, habe man auch ihn – den Zeugen – wieder entlassen.
25Der Zeuge A., der neben dem Beklagten Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin ist und etwa bis Ende des Jahres 2008 deren Geschäftsführer war, gab im Rahmen seiner Vernehmung ebenfalls an, der Beklagte sei nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers B. für das Kaufmännische im Unternehmen zuständig gewesen. Er habe sämtliche Verträge mit den Vertriebspartnern der Insolvenzschuldnerin, insbesondere mit den Getränke- und Zigarettenfirmen, begleitet. Zwar habe er, der Zeuge, Anfang 2009 aus dem operativen Geschäft der Insolvenzschuldnerin zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm gegenüber auch ein Hausverbot seitens des Zeugen C., der mit dem Beklagten sehr eng freundschaftlich verbunden sei, verhangen worden, so dass er ab diesem Zeitpunkt nichts mehr aus eigener Wahrnehmung beitragen könne. Da er allerdings hieran anschließend die Gastronomie der LS übernommen und es insoweit weiter mit denselben Lieferanten wie die Insolvenzschuldnerin zu tun gehabt habe, sei ihm von seinen Geschäftspartnern immer wieder bestätigt worden, dass – nach wie vor - der Beklagte ihr Verhandlungspartner für die Insolvenzschuldnerin sei. Auf Nachfrage gab der Zeuge an, das Insolvenzverfahren zur Vermeidung einer Einstellung mangels Masse finanziert zu haben.
26Ähnliches zur Position des Beklagten hat auch die Zeugin H., die in der Zeit von August 2005 bis Juni 2011 mit der Buchhaltung der Insolvenzschuldnerin betraut war und nunmehr für den Zeugen A. arbeitet, bekundet. Der Beklagte habe in der damaligen Zeit die Geschäfte in finanzieller Hinsicht geführt. Zu diesem Zweck sei er täglich ins Büro gekommen, habe sich auf den neuesten Stand gebracht und sich die Liste mit den offenen Rechnung zur Prüfung und Anweisung vorlegen lassen. Nach dem Ausscheiden des Zeugen A. als Geschäftsführer habe der Zeuge C. die Geschäftsführung übernommen, sie wisse allerdings gar nicht, welches Aufgabenfeld dieser – neben dem Beklagten – noch gehabt haben sollte. Zwar sei der Zeuge C. beim Nachtgeschäft zugegen gewesen, hier sei aber eigentlich der jeweilige Betriebsleiter für die anstehenden Belange des Personals wie der Gäste zuständig gewesen. Sie selbst habe allenfalls Kleinigkeiten mit dem Zeugen C. erörtert, ihr eigentlicher Chef sei aber der Beklagte gewesen. Mit diesem haben sie auch Personalentscheidungen im Bereich der Festanstellungen abgestimmt. Die diesbezüglichen Gespräche habe sie zum Teil eigenständig geführt und auch die jeweiligen Verträge unterzeichnet. Wer die Verhandlungen mit den Industriepartnern geführt habe und wie die Montagsmeetings abgelaufen seien, könne sie, da sie bei diesen nicht zugegen gewesen sei, nicht bezeugen.
27Der letzte eingetragene Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin in der Zeit von Januar bis Dezember 2013, der Zeuge G., stellte sich im Rahmen seiner Vernehmung gleichsam als bloßer „Unterschriftenautomat“ dar, der lediglich Verträge zur Unterzeichnung vorgelegt bekommen habe, ohne in irgendeiner Form in den Entscheidungsprozess eingebunden gewesen zu sein. Sämtliche Rechnungen habe die damalige Buchhalterin, die Zeugin I., vorher dem Beklagten zur Entscheidung vorgelegt. Dieser sei täglich im Büro vorbeigekommen und habe u.a. darüber befunden, welche Verbindlichkeiten zu erfüllen gewesen seien, der Zeuge selbst sei danach lediglich für die Durchführung der Online-Überweisungen ohne eigene Prüfungskompetenz zuständig gewesen. Darüber hinaus habe er im Wesentlichen Botengänge erledigt, Post abgeholt und Geld bei der Bank eingezahlt. Die einzige Reparaturrechnung, deren Ausgleich er selbst veranlasst habe, sei durch den Beklagten zurückgebucht worden. Letzterer habe auch die jeweiligen Montagsmeetings geleitet bzw. moderiert. Hier habe allerdings jeder Teilnehmer Themen einbringen und zur Abstimmung stellen können. Auf Initiative des Beklagten, die er indes befürwortet habe, sei in der Zeit seiner Beschäftigung wieder das – vorher durch den Zeugen F. abgeschaffte – Promotionteam eingestellt worden. Die diesbezüglichen Einstellungsgespräche habe die Zeugin N., diejenigen für das Personal des Nachtbetriebs der Zeuge K. als Betriebsleiter, durchgeführt. Auf Nachfrage räumte der Zeuge ein, ebenfalls durch den Kläger auf Zahlung von 100.000 € in Anspruch genommen worden zu sein. Diesbezüglich habe man sich jedoch bereits verglichen.
28Im Widerspruch zu den Aussagen der Zeugen A. und H. gab der Zeuge C. dagegen an, er habe in seiner Zeit als Geschäftsführer von Beginn des Jahres 2009 bis Ende des Jahres 2011 uneingeschränkte Handlungsfreiheit genossen. So habe er insbesondere die Personalführung der damaligen Festangestellten innegehabt und hier auch selbständig Personalentscheidungen getroffen, d.h. Kündigungen und Neuanstellungen veranlasst. Darüber hinaus habe er die Verhandlungen mit den Industriepartnern, insbesondere den Großgetränkelieferanten, geführt und die entsprechenden Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren geschlossen und diese auch vor seinem Ausscheiden nochmals verlängert. Schließlich sei er im Nachtgeschäft der „L.“ anwesend gewesen und habe die Wochenendeinnahmen selbst zur Bank gebracht. Die jeweiligen Montagsmeetings, in denen man im Beisein der Festangestellten das Wochenende habe Revue passieren lassen und das künftige Vorgehen besprochen habe, seien von ihm geleitet worden. Seine Handlungsmöglichkeiten seien nicht limitiert gewesen, er habe uneingeschränkte Verfügungsmacht über beide Geschäftskonten besessen und sei nicht gehalten gewesen, vor Begleichung etwaiger Rechnungen irgendeine Erlaubnis einzuholen. Der Beklagte habe zwar – soweit es ihm möglich gewesen sei – an den Montagsmeetings teilgenommen, ansonsten sei er jedoch lediglich unregelmäßig im Büro gewesen, in dem er ja auch keinen eigenen Arbeitsplatz unterhalten habe. Hinsichtlich des Nachtbetriebs habe ein SMS-Verteiler existiert, über den im Zeitraum zwischen 0.00 und 2.00 Uhr nachts die Betriebsleitung, die stellvertretende Betriebsleitung, die Veranstaltungsleitung und der Beklagte über die aktuellen Besucherzahlen und nach Abschluss des Abends über die genauen Gesamtzahlen und den Umsatz informiert worden seien. Alles in allem habe er eine „vollkommen normale und selbständige Geschäftsführertätigkeit“ ausgeübt. Nicht der Beklagte, sondern er selbst habe in dieser Zeit die Geschicke des Unternehmens bestimmt.
29Die Zeugin I., die durch den Zeugen C. als Nachfolgerin der Zeugin H. für die Buchhaltung eingestellt wurde, hat ebenfalls verneint, dass der Beklagte der eigentliche Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Entgegen den Angaben der Zeugen F. und G. hat die Zeugin bestritten, dem Beklagten eine Liste der offenen Posten zur Freigabe vorgelegt zu haben. Die von ihr zusammengestellte Liste der anstehenden Rechnungen und zu tätigenden Überweisungen habe sie vielmehr der Geschäftsleitung, d.h. dem jeweils bestellten Geschäftsführer übermittelt. Dieser habe die einzelnen Positionen überprüft und ihr dann – mit entsprechender Anweisung – zurückgegeben. Eine irgendwie geartete Abstimmung mit dem Beklagten habe sie jedenfalls nicht mitbekommen. Ihr Ansprechpartner sei insoweit ausschließlich die Geschäftsleitung gewesen. Die Post sei ihr entweder von der Geschäftsleitung übergeben worden oder sie habe sie selbst abgeholt. Ihre Aufgabe sei es sodann gewesen, die Post – sofern noch nicht geschehen – zu öffnen, zu sortieren und gegebenenfalls an die jeweilige Abteilung weiterzuleiten. In diesen Vorgang habe sich der Beklagte zu keiner Zeit eingemischt. Den Eindruck des Zeugen F., er habe sich eher als „besserer Sekretär“ gefühlt, könne sie nicht nachvollziehen. Aus ihrer Sicht sei gerade der Zeuge F. derjenige gewesen, der in der Zeit seiner Beschäftigung am meisten verändert habe. Ende des Jahres 2012 habe ihr das unangemessene Ausgabeverhalten des Zeugen F. zunehmend Sorgen bereitet. Aus Angst um die finanzielle Zukunft der Insolvenzschuldnerin und damit auch ihre eigene Stelle habe sie sich dazu entschlossen, den Beklagten als Mehrheitsgesellschafter und damit wirtschaftlich betroffenen Investor über das aus ihrer Sicht alarmierende Verhalten des Zeugen F. zu informieren. Zu diesem Zweck habe sie dem Beklagten eine Liste der ausstehenden Verbindlichkeiten erstellt. Der Beklagte habe sich über ihre Mitteilung insgesamt überrascht gezeigt. Auch der nachfolgende Geschäftsführer, der Zeuge G., habe anstehende Überweisungen online und eigenverantwortlich getätigt. Sofern die Zeugin Anrufe von Getränkelieferanten entgegen genommen habe, hätten diese entweder mit der Betriebsleitung oder dem Geschäftsführer sprechen wollen, der Beklagte persönlich sei im Büro der Insolvenzschuldnerin nicht erreichbar gewesen. Über etwaige Verfügungsbeschränkungen der Geschäftsführer im Hinblick auf die Geschäftskonten sei ihr nichts bekannt. Allerdings habe ihr der Zeuge G. einmal berichtet, dass er Investitionen ab einem bestimmten Rahmen mit dem Beklagten absprechen müsse.
30Der Zeuge J., der für die Insolvenzschuldnerin im Bereich Promotion und Nachtbar tätig war, gab an, der Beklagte habe gelegentlich für ein bis zwei Stunden im Nachtbetrieb vorbeigeschaut. Außerdem habe er etwa an 70 % der wöchentlichen Montagsmeetings teilgenommen. Diese habe er jedoch nicht geleitet, sondern jeder der Teilnehmer habe Anliegen vorbringen können, die sodann in der Runde von allen erörtert worden seien. Während der Zeit seiner Beschäftigung vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2013 könne er nicht bestätigen, dass sich das Auftreten des Beklagten im Unternehmen geändert habe. Der Zeuge G. habe ihn im April 2013 fest angestellt. Insgesamt habe er seine Anweisungen stets vom jeweiligen Geschäftsführer und gegebenenfalls im Nachtbetrieb vom Betriebsleiter erhalten. Den Beklagten habe er zu keinem Zeitpunkt als seinen Chef wahrgenommen. Darüber, ob die Geschäftsführer sich vorher mit dem Beklagten hätten abstimmen müssen bzw. wie deren Verträge ausgestaltet gewesen seien und wer die Verhandlungen mit den Getränkelieferanten geführt habe, könne er nichts sagen.
31Ähnliches hat auch der Zeuge K. ausgesagt. Dieser war bereits ab Januar 2005 als Elektroinstallateur, sodann ab April 2009 als stellvertretender Betriebsleiter und seit 2012 als Nachfolger des Zeugen M. als Betriebsleiter für die Insolvenzschuldnerin tätig. Vorgaben für seine Tätigkeit seien ihm vom jeweiligen Geschäftsführer bzw. in seiner Zeit als stellvertretender Betriebsleiter durch seinen direkten Vorgesetzten, den Zeugen M., erteilt worden. Der Beklagte sei ab und zu vor Ort gewesen, er habe auch meistens an den Montagsmeetings teilgenommen, allerdings habe er diese nicht geleitet oder in diesem Rahmen die alleinigen Entscheidungen getroffen, vielmehr habe jeder der Anwesenden seine Meinung zu einem Thema kundtun dürfen. Durch den Zeugen F., mit dem er sich sehr gut verstanden habe, seien seiner Ansicht nach sehr viele Veränderungen angestoßen worden. Er habe die „L.“ insgesamt modernisieren wollen. Auf seine Veranlassung hin sei das Zahlungssystem auf Online-Banking umgestellt und die Vorgehensweise bei der Einzahlung der Abendeinnahmen verändert worden. Zudem habe er dafür gesorgt, dass die Diskothek teilweise renoviert worden sei. Schließlich habe er die Konditionen für die Getränkeeinkaufspreise neu verhandelt und um 10 % senken können. Nach seiner Probezeit habe er jedoch nicht weiter tätig werden dürfen. Über die internen Entscheidungsprozesse könne er nichts sagen. Jedenfalls habe der Beklagte für ihn nie als Vorgesetzter oder Ansprechpartner fungiert. Mit Fragen und Problemen sei er stets zum Geschäftsführer oder dem Betriebsleiter gegangen. Er selbst sei als Betriebsleiter für die Einstellung des Diskothekenpersonals mitverantwortlich gewesen und habe beispielsweise gemeinsam mit dem Geschäftsführer G. Gespräche zur Einstellung von Thekenkräften und Abräumern geführt. Der Beklagte sei hierbei nie zugegen gewesen.
32Die Zeugin K., die zunächst als Aushilfe im Promotionbereich, sodann ab Juli 2012 als Jahrespraktikantin und später als Auszubildende bei der Insolvenzschuldnerin tätig war, hat im Rahmen ihrer Vernehmung insbesondere den Ablauf der Montagsmeetings geschildert. Auch sie konnte nicht bestätigen, dass diese Treffen durch den Beklagten geleitet oder auch nur moderiert worden seien. Vielmehr habe man sich in großer Runde über das vergangene Wochenende sowie darüber ausgetauscht, was man künftig beibehalten oder ändern wolle. Eingestellt worden sei sie für ihre Aushilfetätigkeit durch den damaligen Promotionleiter. Später habe sie wegen des Jahrespraktikums ein Einstellungsgespräch mit dem Zeugen E. und wegen der Übernahme ins Ausbildungsverhältnis mit dem Zeugen F. geführt. Zu einer irgendwie gearteten Einflussnahme des Beklagten äußerte sich die Zeugin dagegen nicht.
33Ebenso wenig hat der Zeuge M. ein Verhalten des Beklagten beschrieben, welches die Einstufung seiner Person als faktischen Geschäftsführer rechtfertigt. In seiner Zeit als Betriebsleiter von April 2009 bis August 2012 seien durchweg die Geschäftsführer als „Chefs“ aufgetreten. Natürlich habe jeder seine eigene Persönlichkeit und Arbeitsweise mit- und eingebracht. Er selbst sei durch den Zeugen C. eingestellt worden und habe stets eng mit diesem zusammengearbeitet. Insgesamt habe nicht nur eine Person bestimmt, wo es langgeht, sondern jeder habe für seinen Bereich Änderungsvorschläge und Verbesserungen anbringen und auch umsetzen können. Die Verhandlungen mit den Industriepartnern habe der Zeuge allein oder im Zusammenwirken mit dem Zeugen C. geführt. Gelegentlich sei auch der Beklagte bei den Gesprächen zugegen gewesen. Er sei jedoch keineswegs als Verhandlungsführer, sondern eher als „Beisitzer“ aufgetreten. Dem Eindruck des Zeugen nach hätten die jeweiligen Industriepartner eher den Geschäftsführer als den Beklagten gekannt, da dieser gar nicht so in Erscheinung getreten sei.
34Die Ehefrau des Beklagten und ehemalige Eventleiterin der Insolvenzschuldnerin, die Zeugin N., hat gleichermaßen bekundet, dass das Unternehmen in der Zeit ihrer Anstellung, d.h. von April 2006 bis Ende 2013, immer durch den jeweiligen Geschäftsführer geführt worden sei. Dieser habe das letzte Wort bei Entscheidungen gehabt und die Insolvenzschuldnerin auch nach außen vertreten, jedenfalls könne sie dies für den von ihr verantworteten Eventbereich bezeugen. Rechnungen aus ihrem Ressort habe sie an den jeweiligen Geschäftsführer weitergereicht, der über den Ausgleich entschieden und diese an die Buchhaltung weitergeleitet habe. Zum Teil hätten die einzelnen Geschäftsführer bewusst Rechnungen nur teilweise ausgeglichen bzw. den weiteren Ausgleich zurückgehalten. So sei beispielweise der Zeuge C. verfahren, wenn er mit der Leistung eines DJs nicht zufrieden gewesen sei. Der Beklagte habe derartige Entscheidungen nicht getroffen. Sie vermute allerdings, dass er die Geschäftsführer eingestellt habe. Sicher wisse sie dies indes nicht. Bei Einstellungsgesprächen für den Eventbereich sei sie zwar neben dem Geschäftsführer anwesend und in die Entscheidungsfindung einbezogen gewesen, die Arbeitsverträge seien jedoch ausschließlich durch den Geschäftsführer unterzeichnet worden. Über etwaige Verfügungsbeschränkungen der Geschäftsführer im Innenverhältnis sei ihr nichts bekannt.
35Schließlich hat auch der in der ersten Jahreshälfte 2012 als Geschäftsführer angestellte Nachfolger des Zeugen C., der Zeuge D., bestätigt, dass er bei der Insolvenzschuldnerin einen umfassenden Tätigkeitsbereich gehabt und als Ansprechpartner für die einzelnen Abteilungen fungiert habe. Zwar habe er sich gelegentlich auch mit Fragen an den Beklagten gewandt, wenn die jeweiligen „Abteilungsleiter“ nicht erreichbar gewesen seien, er habe jedoch keinerlei Anweisungen von diesem erhalten. Er selbst habe die wöchentlichen Montagsmeetings geleitet und die Abrechnungen nach dem Wochenende gemacht sowie sich um die Bestellung von Eintritts- und Verzehrkarten gekümmert. Auch habe er die Möglichkeit gehabt, neue Ideen umzusetzen, wie die Gewinnung neuer Sponsoren und die Umgestaltung des Archivs. Derartige Dinge habe er ohne Rücksprache mit dem Beklagten realisiert. In einem Fall habe er sogar gegen den Willen des Beklagten agiert und neue Boxen bei einem anderen als dem durch den Beklagten favorisierten Lieferanten, bestellt. Größere Vertragsverhandlungen mit Getränkelieferanten etc. bzw. entscheidende Bankgespräche hätten in seiner Beschäftigungszeit nicht angestanden. Insgesamt habe er sehr frei und selbstbestimmt gearbeitet und schon den Eindruck gehabt, dass er persönlich – in Abstimmung und nach Beratung mit den jeweiligen „Abteilungsleitern“, nicht jedoch mit dem Beklagten – die Geschicke des Unternehmens leite. Auch habe es ihm alleine oblegen, die monatlichen Gehaltszahlungen freizugeben. Der Beklagte sei in diesen Prozess seinem Wissen nach nicht einbezogen gewesen. Ebenso wenig habe er mitbekommen, dass es irgendwelche Abstimmungen bzw. Absprachen zwischen dem Beklagten und der Zeugin I. gegeben habe. Damit hat der Zeuge zugleich bestätigt, dass er entgegen der vertraglich vorgesehenen Beschränkung seiner Verfügungsmacht auf Investitionen bis maximal 500 € (s. die vom Kläger vorgelegte Anlage, Bl. 690 ff. d.A.) durchaus auch größere Summen eigenverantwortlich und insbesondere ohne Rücksprache mit dem Beklagten freigeben durfte. Zusammenfassend stellte der Zeuge D. fest, das gesamte operative Geschäft sei nicht vom Beklagten, sondern von ihm geleitet worden.
36Bei der Würdigung der vorgenannten Zeugenaussagen war zunächst dem Umstand Rechnung zu tragen, dass einige der Zeugen bereits längere Zeit vor dem hier relevanten Zeitpunkt im Jahr 2013 aus dem Unternehmen der Insolvenzschuldnerin ausgeschieden sind und ihren Angaben damit nur bedingte Aussagekraft für die Verhältnisse unmittelbar vor Insolvenzeröffnung zukam.
37Zudem hat die Kammer die jeweilige persönliche Beziehung der Zeugen zum Beklagten – sofern erkennbar – in ihre Erwägungen einbezogen. So war zum Beispiel im Hinblick auf den Zeugen A. zu berücksichtigen, dass dieser aufgrund seiner Gesellschafterstellung sowie der Mitfinanzierung des Insolvenzverfahrens durchaus ein eigenes Interesse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens haben dürfte. Darüber hinaus war er damals aufgrund von Vergewaltigungs- und Untreuevorwürfen als Geschäftsführer abberufen worden und hatte sogar Hausverbot bei der Insolvenzschuldnerin erteilt bekommen. Es ist damit nicht auszuschließen, dass er noch immer einen gewissen Groll gegen den Beklagten hegt und sein Aussageverhalten hiervon zumindest mitgeprägt war. In seinem Lager dürfte darüber hinaus die früher mit ihm liierte und immer noch bei ihm beschäftigte Zeugin H. anzusiedeln sein. Im Rahmen der Aussage des Zeugen F. wurde zudem dessen Enttäuschung über seine Abberufung und Entlassung deutlich. Es sei ihm einfach nicht genug Zeit gegeben worden, um effizient zu arbeiten und nachhaltige Veränderungen umzusetzen. Insoweit ist es denkbar, dass der Zeuge das Verhalten des Beklagten vor allem aus persönlicher Kränkung heraus als unbotmäßige Einmischung aufgefasst hat und seine Aussage hierdurch „gefärbt ist“. Dies erscheint der Kammer vor allem deshalb naheliegend, weil mehrere andere Zeugen dem Zeugen F. durchaus eine größere Einflussnahme auf die Entwicklung der Insolvenzschuldnerin bzw. die Umsetzung verhältnismäßig tiefgreifender Veränderungen bescheinigt haben. Im Hinblick auf den Zeugen G. ist zudem zu berücksichtigen, dass dieser als eingetragener Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags ein offensichtliches Interesse daran hat, seine Verantwortung „kleinzureden“ und die Verantwortlichkeit des Beklagten in den Vordergrund zu stellen. Auch wenn er sich insoweit bereits mit dem Kläger verglichen haben sollte, bleibt die Frage einer möglichen strafrechtlichen wie steuerrechtlichen Verantwortung weiterhin bestehen.
38Aber auch im Bezug auf die für den Beklagten günstigen Zeugenaussagen bestehen Bedenken gegen die völlige Unvoreingenommenheit der Auskunftspersonen. Abgesehen von dem offensichtlichen Näheverhältnis der Zeugin N. als Ehefrau des Beklagten ist wohl auch der Zeuge C. mit dem Beklagten freundschaftlich verbunden. Schließlich pflegt die Zeugin I. scheinbar ebenso weiterhin privaten Kontakt zum Beklagten.
39Keinerlei offensichtlichen Interessenkonflikt vermochte die Kammer dagegen bei den Zeugen E., J., K., M., K. und D. zu erkennen.
40Im Ergebnis sieht sich die Kammer jedenfalls außerstande, den für den Kläger positiv ergiebigen Aussagen mehr Überzeugungskraft beizumessen als den unergiebigen bzw. den für den Beklagten günstigen. Nach alldem steht für das Gericht bereits nicht mit der für § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit fest, dass der Beklagte im Innenverhältnis gegenüber dem jeweils eingetragenen Geschäftsführer sowie den übrigen Mitarbeitern eine derart bestimmende Position eingenommen hat, dass es gerechtfertigt wäre, ihn als faktischen Geschäftsführer anzusehen.
41Weiterhin ist zu beachten, dass selbst die vom Beklagten behauptete Herabwürdigung der jeweils eingetragenen Geschäftsführer zu „reinen Befehlsempfängern“, die umfassend weisungsgebunden gewesen seien und sich jede wesentliche Tätigkeit im Bereich der Geschäftsführung hätten absegnen lassen müssen, für sich genommen nicht ausreichen würde. Denn über derartige, wenn auch massive interne Einwirkungen hinaus, muss der Betroffene auch und gerade im Außenverhältnis gegenüber Dritten erkennbar wie ein Organmitglied aufgetreten sein, d.h. es müsste ein eigenes, nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln des Beklagten gegeben sein (vgl. BGH, Urteil v. 25.02.2002, Az. II ZR 196/00, Rn. 25 f.; BGH, Urteil v. 27.06.2005, Az. II ZR 113/03, Rn. 8-11, zitiert nach juris). Auch der dahingehende Vortrag des Klägers, der Beklagte sei im Außenverhältnis als maßgeblicher Entscheidungsträger und letztlich Alleinverantwortlicher aufgetreten, wurde indes durch die weitere Beweisaufnahme gemäß Beweisbeschluss vom 16.06.2015 (Bl. 497 f. d.A.) nebst Ergänzungen vom 05.10.2015 (Bl. 616 ff. d.A.), 04.01.2016 (Bl. 669 f. d.A.) und 15.02.2016 (Bl. 687 f. d.A.) nicht bestätigt.
42Abgesehen von den Zeugen H. und A. haben sämtliche übrigen Zeugen die Frage nach einem bestimmenden Auftreten des Beklagten im Außenverhältnis eindeutig negativ beantwortet.
43Zwar hat die Zeugin H. vordergründig betrachtet im Sinne des Klägers ausgesagt. So hat sie insbesondere bekundet, der Beklagte habe stets das letzte Wort gehabt und sie habe Anweisungen regelmäßig von ihm und nicht von den Geschäftsführern erhalten, bei näherer Nachfrage räumte die Zeugin jedoch ein, bei Vertragsverhandlungen nicht zugegen gewesen zu sein und damit auch keine Aussage zum Auftreten des Beklagten in diesem Zusammenhang machen zu können. Jedenfalls seien durch ihn gewünschte Änderungen bei der Gestaltung von Verträgen im Ergebnis stets berücksichtigt worden. Ob er seine Vorstellungen allerdings auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten oder nur unternehmensintern mitgeteilt habe, entziehe sich ihrer Kenntnis. Sofern die Zeugin angegeben hat, der Beklagte habe die für das Unternehmen relevanten anwaltlichen Mandate erteilt und den Kontakt zum Steuerberaterbüro unterhalten, hat sie diese Angaben im Nachgang teilweise selbst revidiert. Im Hinblick auf etwaige arbeitsrechtliche Rechtsfragen räumte sie ein – gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Beklagten – unmittelbar selbst Kontakt zu den Anwälten aufgenommen zu haben. Hinsichtlich des Steuerberaterbüros gab die Zeugin auf entsprechende Nachfrage zu, nicht zu wissen, welche steuerlichen Belange der Beklagte mit dem Steuerberater erörtert habe. Insbesondere vermochte sie nicht auszuschließen, dass der Beklagte Belange der Gesellschafter und nicht der Gesellschaft selbst sowie Angelegenheiten seiner weiteren Unternehmen mit der zuständigen Steuerberaterkanzlei besprach. Ungeachtet dessen steht ihre Aussage insoweit im Widerspruch zu den Bekundungen der Zeugen Q. und Gesell als unmittelbaren Mandatsträgern (siehe hierzu sogleich). Die Betriebswirtschaftlichen Auswertungen seien von den Steuerberatern an sie übermittelt worden, der Beklagte habe diese sodann in den Räumen der Insolvenzschuldnerin eingesehen. Auch die Steuererklärungen habe der Beklagte, aber auch der jeweilige Geschäftsführer eingesehen. Wer diese vor Übermittlung an das Finanzamt unterzeichnet habe, war der Zeugin dagegen nicht mehr erinnerlich.
44Insgesamt waren der Aussage der Zeugin, die ohnehin nur bis zum 30.06.2011 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt war, über die bereits erwähnten, von ihr geschilderten Einflussnahmen im Innenverhältnis hinaus, keine belastbaren Angaben zum Auftreten des Beklagten als „faktischer Geschäftsführer“ (auch) im Außenverhältnis zu entnehmen.
45Gleiches gilt für den Zeugen A.. Auch dieser zeigte die Tendenz, den Beklagten im Innen- wie im Außenverhältnis stets als Letztverantwortlichen darzustellen. Bei genauerer Betrachtung vermochte seine Aussage diese Behauptung indes nicht verlässlich zu stützen.
46So führte der Zeuge zunächst aus, dass man in der Anfangsphase des Betriebs der Insolvenzschuldnerin bei Vertragsverhandlungen immer gemeinsam, d.h. mit allen drei Gründungsgesellschaftern, aufgetreten sei. Nach dem Ausscheiden von Herrn B. habe er arbeitsteilig mit dem Beklagten zusammen gearbeitet. Der Beklagte sei in Sachen Vertragsgestaltung etc. versierter gewesen als er. Auf gerichtliche Nachfrage räumte der Zeuge jedoch ein, dass in der konkreten Zeit nach dem Weggang des Herrn B. bis zu seinem Ausscheiden Ende 2008 bzw. Anfang 2009 eigentlich keine gewichtigen Vertragsbeziehungen auszuhandeln gewesen seien, da sämtliche bedeutsamen Verträge schon in der Vergangenheit geschlossen worden seien und noch fortgedauert hätten. Die Kontakte zu den einzelnen Vertragspartnern seien teilweise über den Beklagten (so z.B. im Falle der X-Bank), teilweise auch über ihn persönlich (so z.B. im Falle von LS) entstanden.
47Nach seiner Abberufung als Geschäftsführer könne er nur noch vom Hörensagen berichten. Obwohl er das Auftreten des Beklagten im Außenverhältnis nicht selbst erlebt habe, vermute er aufgrund von Äußerungen des Beklagten selbst sowie von gemeinsamen Vertragspartnern, dass dieser sich gegenüber Dritten als Entscheidungsträger geriert habe. Konkret dazu befragt, wer ihm bzgl. welcher Geschäfte erzählt habe, dass der Beklagte für die Insolvenzschuldnerin als federführender Verhandler etc. aufgetreten sei, wusste der Zeuge nichts Detailliertes zu antworten. Soweit er sehr unpräzise andeutete, der Beklagte habe seinen Informationen zufolge gegenüber der Firma E. bzw. J. als maßgeblicher Ansprechpartner fungiert, vermochte er dies nicht mit Einzelheiten zu untermauern. Zudem steht seine Aussage in diesem Punkt im Widerspruch zu den Angaben des Zeugen V. und C..
48Gleiches gilt für die vermeintlich stets durch den Beklagten erfolgte Mandatierung der für die Insolvenzschuldnerin tätigen Anwaltskanzlei. Der Zeuge Rechtsanwalt Q. hat eindeutig bekundet, er sei regelmäßig durch die jeweiligen (eingetragenen) Geschäftsführer - so auch wiederholt durch den Zeugen A.- oder die Buchhalterin der Insolvenzschuldnerin, die Zeugin H., nicht jedoch durch den Beklagten selbst mit Mandaten betraut worden. Abgesehen von diesem Widerspruch gab der Zeuge A. für die Zeit nach seinem Ausscheiden von sich aus zu, keinerlei Kenntnisse über etwaige Anwaltsmandate bzw. Steuermandate der Insolvenzschuldnerin, die durch den Beklagten hätten vergeben werden können, zu haben. Wenn er die Bilanz habe einsehen wollen, sei er durch das Büro des Steuerberaters dazu angehalten worden, sein Anliegen an die (jeweilige) Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin zu richten.
49Alles in allem lieferte damit auch die Aussage des Zeugen A. keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für ein der Rechtsfigur eines faktischen Geschäftsführers entsprechendes Auftreten des Beklagten im Außenverhältnis.
50Der durch den Kläger benannte Zeuge P., der bestätigten sollte, dass der Beklagte gegenüber der C. KG stets als verantwortlicher Entscheidungsträger fungierte, wusste weder zur Vertragsbeziehung der Insolvenzschuldnerin zur C. KG an sich noch zu den involvierten Beteiligten etwas zu sagen. Seine Aussage war damit gänzlich unergiebig.
51Der vom Kläger zum gleichen Themenkomplex benannte Zeuge C. widersprach dem klägerischen Vorbringen sogar. Seinen Bekundungen zufolge war der ursprüngliche Vertrag von allen drei Gründungsgesellschaftern gemeinsam ausgehandelt worden. Spätere Nachverhandlungen seien durch die jeweiligen Geschäftsführer respektive die zuständigen Betriebsleiter erfolgt. Der Beklagte sei zwar gelegentlich bei Preisverhandlungen zugegen gewesen, allerdings nicht in federführender Funktion.
52Ebenfalls negativ ergiebig war die Aussage des durch den Kläger benannten Zeugen R., der bis zum Jahr 2009 als Betriebsleiter bei der Insolvenzschuldnerin tätig war. Auch wenn dieser – außerhalb seines Beweisthemas - äußerst pauschal und mit klar erkennbarer Belastungstendenz angab, der Beklagte habe im Unternehmen „alles abgenickt“ und intern „das Sagen“ gehabt, räumte selbst er ein, dass der Beklagte bei Vertragsverhandlungen eher nicht in Erscheinung getreten sei. Jedenfalls seien ihm Verhandlungen unter Beteiligung des Beklagten nicht in Erinnerung.
53Gleiches gilt für den klägerseits benannten Zeugen R.. Er bekundete, zum Einen seien der Firma R. seitens der Insolvenzschuldnerin ohnehin nur kleinere Aufträge – insbesondere zu Fahrzeugbeschriftungen – mit einem Volumen bis etwa 250 € „auf Zuruf“ und ohne nennenswerte vorherige Verhandlungen erteilt worden. Zum Anderen sei der Beklagte im Rahmen der Zusammenarbeit nicht der einzige Ansprechpartner bzw. Entscheidungsträger auf Seiten der Insolvenzschuldnerin gewesen. Man habe beispielsweise gleichermaßen mit dem Leiter des Promotionteams kommuniziert.
54Auch der von beiden Parteien benannte Zeuge S. wusste den klägerischen Vortrag nicht zu bestätigen. Sofern die Firma T. der Insolvenzschuldnerin einzelne Künstler vermittelt habe, seien die Konditionen stets mit der für Events zuständigen Zeugin N. verhandelt worden. Im Rahmen der Großveranstaltung „XX“ hätten darüber hinaus der Zeuge C. und der damalige Betriebsleiter, Herr M., als Ansprechpartner gedient. Zwar sei ihm der Beklagte von Person bekannt und man habe sich ab und an in den Räumlichkeiten der L. getroffen, trotz des E-Mail-Verkehrs Bl. 485 d.A. sei dieser jedoch definitiv nicht als Hauptverantwortlicher oder gar alleiniger Entscheidungsträger aufgetreten.
55Diese Angaben stehen im Einklang mit der Aussage des durch den Beklagten benannten Zeugen U.. Letzterer stand mit seiner Agentur „IV“ im Zuge der Veranstaltung „XX“ ebenfalls mit der Insolvenzschuldnerin in Geschäftsbeziehung. Hauptansprechpartner sei in diesem Zusammenhang der Zeuge C. gewesen. Auch die Zeugin N. sei in die jeweiligen Gespräche involviert gewesen. An den Beklagten erinnere er sich allein deshalb, weil er diesem bei abendlichen Besuchen der L. begegnet sei. Anlässlich des ersten Treffens habe er ihm seine Visitenkarte mit der humorvollen Funktionsbezeichnung „Gastgeber“ übergeben. Die eigentlichen Vertragsgespräche seien aber immer und ausschließlich mit dem Zeugen C. erfolgt. Ob dieser – intern – nur nach Absprache mit dem Beklagten habe handeln dürfen, sei ihm nicht bekannt.
56Gleiches hat auch die durch den Beklagten benannte Zeugin N. bekundet. Der Kontakt zur Firma T. und über deren Vermittlung auch der Agentur „IV“ sei über sie zustande gekommen. Als verantwortliche Eventmanagerin sei die Ausrichtung der Veranstaltung „XX“ für sie ein bedeutsamer Auftrag gewesen. Die Vertragsverhandlungen seien durch sie und den Zeugen C., mit dem sie sich stets abgesprochen habe, geführt worden. Folgerichtig hätten sie beide auch die maßgeblichen Verträge unterzeichnet. Der Beklagte sei lediglich im Hinblick auf die erweitert gewünschte Nutzung der Räumlichkeiten, nämlich auch der sog. „Katakomben“, in die Gespräche einbezogen worden. Als Inhaber des vermietenden Unternehmens bzw. Geschäftsführer der Eigentümerin der Immobilie habe er die ordnungsbehördliche Problematik der Nutzung dieses Gebäudeteils, beispielsweise im Hinblick auf Brandschutzfragen, am besten gekannt.
57Darüber hinaus beschrieb die Zeugin N. die Vertragsbeziehung zur Firma R. R. ebenso wie der bereits oben erwähnte Zeuge R.. Ihr jetziger Ehemann habe sich stets eingebracht, wenn es um gestalterische Dinge und den Außenauftritt der L. gegangen sei. Insoweit habe er sicherlich auch Einfluss auf die Gestaltung der Fahrzeugwerbung genommen, alleiniger Ansprechpartner bzw. Entscheidungsträger sei er – auch in dieser Geschäftsbeziehung – jedoch nicht gewesen.
58Entgegen dem klägerischen Vorbringen hat auch der durch den Beklagten benannte Zeuge V. als bis zum Jahr 2011 verantwortlicher Außendienstmitarbeiter des Getränkekonzerns J. bekundet, Verhandlungen seien immer mit dem Zeugen C. und/oder dem damaligen Betriebsleiter, Herrn M., geführt worden. Darüber hinaus sei die Zeugin N. in Marketingfragen und bei Terminabsprachen eingebunden gewesen. Zwar räumte der Zeuge auf Vorhalt ein, der E-Mail-Verkehr Bl. 442 ff. d.A. lasse vermuten, dass der Beklagte intensiver und richtungsgebend mit den seinerzeitigen Verhandlungen befasst gewesen sei, dies entspreche jedoch nicht den Tatsachen. In welchem Kontext der Beklagte die zitierte Korrespondenz verfasst habe und ob er zu dieser Zeit vertretungshalber für den verhinderten Zeugen C. aufgetreten sei, vermochte der Zeuge nicht zu beantworten.
59Die Aussage des von beiden Parteien benannten Zeugen W. zu den Umständen des Leasingvertrags bezüglich des Range Rovers war aus Sicht des Klägers ebenfalls negativ ergiebig. Dieser schilderte den Geschehensablauf in Übereinstimmung mit dem Zeugen C. dahingehend, dass der Erstkontakt mit Letzterem stattgefunden habe. Entsprechend dem durch den Zeugen C. vorgegebenen groben preislichen Rahmen habe man zunächst ein Fahrzeug konfiguriert. Die Feinabstimmung sei sodann im Nachgang mit dem Beklagten erfolgt, da dieser Hauptnutzer des Wagens sein sollte und ihm daher eine gewisse Einflussnahme auf die Ausstattung zugestanden worden sei. Trotz des für unbefangene Dritte vertraulich wirkenden Tons des E-Mail-Verkehrs Bl. 490 ff. d.A. habe er den Beklagten nicht näher gekannt. Für ihn sei primär der Zeuge C. Vertrags- und Ansprechpartner gewesen, der Beklagte sei lediglich als zukünftiger Nutzer in die Gespräche mit einbezogen worden, habe jedoch nicht die Verhandlungen geführt.
60Darüber hinaus hat auch der von beiden Parteien benannte Zeuge X. im Sinne des Beklagten und damit aus Sicht des Klägers negativ ergiebig ausgesagt. Der Zeuge gab zunächst an, das ursprüngliche Mandat zur steuerlichen Betreuung der Insolvenzschuldnerin sei seiner Kanzlei zu Beginn deren Geschäftsbetriebs durch alle drei Gründungsgesellschafter gemeinsam erteilt worden. Hinsichtlich der allgemeinen Buchführung sowie der Lohnbuchhaltung habe man im ständigen Austausch mit der Buchhalterin, d.h. zunächst der Zeugin H. und später der Zeugin I., gestanden. Auch die Betriebswirtschaftlichen Auswertungen seien an diese übermittelt worden. Ansonsten sei eine Aktenübernahme nahezu ausschließlich durch die Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin erfolgt. Sofern notwendig, hätten mit diesen auch die entsprechenden Jahresgespräche stattgefunden. Der Beklagte sei ihm gegenüber insoweit kaum in Erscheinung getreten. Zwar vermochte der Zeuge nicht auszuschließen, dass dieser ihm in seiner Funktion als Gesellschafter und Prokurist der Insolvenzschuldnerin möglicher Weise einige der - wechselnden – Geschäftsführer vorgestellt habe, Fragen betreffend den laufenden Geschäftsbetrieb seien indes nicht mit ihm, sondern mit den jeweils aktuellen Geschäftsführern besprochen worden.
61Ebenfalls im Widerspruch zum klägerischen Vortrag steht die bereits erwähnte Aussage des durch den Beklagten benannten Zeugen Q.. Dieser gab an, die Insolvenzschuldnerin mit seiner Kanzlei bei einigen Rechtsstreitigkeiten beraten zu haben. Ansprechpartner seien insoweit stets die jeweiligen Geschäftsführer, zunächst der Zeuge A., sodann der Zeuge C. und später der Zeuge G. gewesen. Bei Streitigkeiten, die ihren Ursprung in der Bauphase gehabt hätten, sei der Beklagte quasi als „technischer Berater“ der Geschäftsführung, nicht jedoch als Entscheidungsträger der Insolvenzschuldnerin, aufgetreten. Die – u.a. auch arbeitsrechtlichen - Mandate seien stets durch den Geschäftsführer oder die Zeugin H. erteilt worden. Ob Letztere im Innenverhältnis auf Weisung des Beklagten gehandelt habe, entziehe sich der Kenntnis des Zeugen. Konkret erinnerlich sei ihm u.a. ein nachbarrechtlicher Streit mit einem Anwohner wegen der von der L. ausgehenden Geräuschemissionen. Im Zuge des Prozesses habe der Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf einen Ortstermin durchgeführt, bei dem sowohl der Zeuge A. als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin als auch der Beklagte in seiner Eigenschaft als Inhaber des vermietenden Unternehmens zugegen gewesen seien. Ein dominantes Auftreten des Beklagten im Außenverhältnis konnte der Zeuge mithin nicht bestätigen.
62Die durch den Beklagten benannte Zeugin I. konnte als letzte Buchhalterin der Insolvenzschuldnerin – ebenso wie die Zeugin H. – nur bedingt Angaben zum Auftreten des Beklagten im Außenverhältnis machen. Im Gegensatz zu Letzterer bekundete sie jedoch, dass sie vor Einführung des Online-Bankings die vorbereiteten Überweisungsträger nicht an den Beklagten, sondern an den jeweiligen Geschäftsführer übergeben habe, welcher sie dann regelmäßig zur Bank gebracht habe. Daher gehe sie davon aus, dass die Geschäftsführer die Überweisungsträger auch vorher selbst unterzeichnet hätten. Jedenfalls hätten die Zeugen F. und G. sämtliche online getätigten Überweisungen persönlich per von ihnen angeforderter TAN freigegeben. Eine vorherige Rücksprache mit dem Beklagten habe es insoweit nicht gegeben. Auch habe der Zeuge F. eigenverantwortlich und offensichtlich ohne Abstimmung mit dem Beklagten eine teure Ton- und Lichtanlage geleast. Von etwaigen Beschränkungen der Verfügungsbefugnis der Geschäftsführer sei ihr nichts bekannt.
63Zur Korrespondenz mit dem Steuerbüro der Insolvenzschuldnerin befragt, gab die Zeugin an, diese sei zu 90 % über sie persönlich erfolgt. Im Übrigen sei Rücksprache zwischen dem Steuerberater und dem jeweiligen Geschäftsführer gehalten worden. Die Geschäftsführer – und nicht etwa der Beklagte, welcher nur unregelmäßig im Büro der Insolvenzschuldnerin zugegen gewesen sei - hätten insbesondere auch die Bilanzen vor Weiterleitung an das Finanzamt unterschrieben. Ein Auftreten des Beklagten nach außen hin als faktischer Geschäftsführer ließ sich ihren Äußerungen mithin gerade nicht entnehmen.
64Im vorgenannten Sinne – und damit für den Kläger negativ ergiebig – hat auch der zu dieser Beweisfrage durch den Beklagten benannte, erneut vernommene Zeuge C. ausgesagt. Er bekundete in inhaltlicher Übereinstimmung mit den Zeugen C., S., U., N., W., R., V., X. und Q., dass der Beklagte im Verhältnis zu Industriepartnern bzw. dem zuständigen Anwalts- und Steuerberaterbüro nicht als alleiniger Entscheidungsträger und Letztverantwortlicher aufgetreten sei. Vielmehr habe der Zeuge selbst in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer die entscheidenden Verhandlungen geführt bzw. Aufträge erteilt. Diese Angaben wusste der Zeuge mit umfangreichem Detailwissen, insbesondere zu den konkret zuständigen Außendienstmitarbeitern und Ansprechpartnern auf Seiten der Vertragspartner der L. sowie zahlreichen Beispielen zu durchgeführten Projekten etc. zu untermauern. Zwar schloss er ausdrücklich nicht aus, dass der Beklagte möglicherweise bei einigen Gesprächen zugegen gewesen sei, allerdings habe er diese nicht federführend geleitet. Auf konkrete Nachfrage und Vorhalt der E-Mail-Korrespondenz zum Thema „VIP Lounge“ und „B.“ (Bl. 428 ff. d.A.) erläuterte der Zeuge plausibel und nachvollziehbar, dass der Beklagte selbstverständlich in diesen Vorgang mit eingebunden gewesen sei. Die gesamte künstlerische Gestaltung sowie der Außenauftritt der L. habe seine Kernkompetenz betroffen. Hierzu habe auch die Ausrichtung auf bestimmte Sponsoren hin sowie die dazugehörige optische Umsetzung, d.h. die Veränderung der Räumlichkeiten, gehört. Diese habe den Beklagten zudem zugleich als Inhaber der Immobilieneigentümerin tangiert. Gleichermaßen wusste der Zeuge C. auch auf den Vorhalt der E-Mail des Beklagten im Zusammenhang mit der auslaufenden Vertragsbeziehung zur Firma „LS.“ (Bl. 472 d.A.) zu reagieren. Der Beklagte habe in diesem Zusammenhang besser als er über den Verlauf der Vertragsbeziehungen seit Gründung der Insolvenzschuldnerin und insbesondere über etwaige mündliche Nebenabreden Bescheid gewusst. Im Zuge der streitigen Abrechnung der Geschäftsbeziehung habe er den Beklagten daher bewusst in die Kommunikation mit „LS.“ eingeschaltet. Dieser habe zudem ein starkes Eigeninteresse an der korrekten und zügigen Vertragsabwicklung gehabt, da zu Gunsten der „LS.“ eine Grundschuld auf der Immobilie gelastet habe, deren Löschung er naturgemäß angestrebt habe.
65Alles in allem machte der Zeuge sowohl seinen Unternehmenskenntnissen und inhaltlichen Angaben zufolge als auch seinem persönlichen Auftreten nach auf die Kammer nicht den Eindruck eines „bloßen Statisten“, welcher für die Insolvenzschuldnerin nach außen hin nicht in Erscheinungen treten durfte bzw. bei Verhandlungen mit Dritten stets im Schatten des Beklagten stand.
66Ebenso wenig vermögen die übrigen Indizien, die der Kläger vorgebracht hat, seine Behauptung, der Beklagte habe als faktischer Geschäftsführer agiert, hinreichend sicher zu untermauern. Vielen der vorgelegten Schriftstücke, die gleichermaßen das Innen- wie Außenverhältnis betreffen, kommt bereits ihrem objektiven Gehalt nach kein indizieller Wert für eine unbotmäßige Einflussnahme des Beklagten auf die Geschicke der Insolvenzschuldnerin zu. Vielmehr spiegeln sie in einigen Fällen schlicht wieder, dass der Beklagte mit anderen Mitarbeitern der Insolvenzschuldnerin, insbesondere dem Zeugen C. bzw. der Zeugin N., im Austausch stand, sich beriet und mit diesen abstimmte (vgl. nur die Anlagen D 2, Bl. 426 d.A. sowie Anlage AG 17, Bl. 548 f. d.A.; Anlage D 3, Bl. 427 d.A. und Anlage AG 18, Bl. 550 ff. d.A.; Anlage D 14, Bl. 470 d.A. und Anlage AG 26, Bl. 570 d.A.; Anlage D 15, Bl. 471 f. d.A. und Anlage AG 27, Bl. 571 ff. d.A.). In anderen Fällen enthalten die zur Akte gereichten Dokumente dagegen keinerlei Erklärungswert für die in Rede stehenden Beweisfragen, da ihr Inhalt erkennbar andere Zusammenhänge bzw. keine Weisungen des Beklagten im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Insolvenzschuldnerin betrifft (vgl. die Anlage D 1, Bl. 425 d.A. und Anlage AG 16, Bl. 545 ff. d.A.; Anlagenkonvolut D 10, Bl. 462 ff. d.A.; Anlage D 12, Bl. 468 d.A. und Anlage AG 24, Bl. 568 d.A.). Soweit die klägerseits vorgelegten Dokumente dagegen tatsächlich vordergründig betrachtet für eine Dominanz bzw. Weisungskompetenz des Beklagten sprechen, hat dieser dezidiert und vom Kläger unwidersprochen auf jedes einzelne vorgelegte Schriftstück – sei es firmeninterne Korrespondenz oder Schriftwechsel mit Dritten – erwidert und dessen mögliche Beweiskraft erschüttert bzw. widerlegt. So hat er unter anderem dargetan, dass die betreffenden Textpassagen verkürzt wiedergegeben bzw. aus dem Kontext gerissen worden seien und den jeweiligen Hintergrund erläutert.
67Abschließend ist zudem zu berücksichtigen, dass der Beklagte Mehrheitsgesellschafter und Prokurist der Insolvenzschuldnerin ist und bereits aufgrund dieser Funktionen eine gewisse Teilhabe am operativen Geschäft der Insolvenzschuldnerin nicht ungewöhnlich erscheint. Dass seine Tätigkeiten jedoch einen von der Rechtsprechung geforderten Umfang angenommen haben, lässt sich dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entnehmen. Insbesondere ließ sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Beklagte Teile des Aufgabenbereichs eines Geschäftsführers in einem Ausmaß und einer Regelmäßigkeit übernommen hat, die es rechtfertigen würden, davon auszugehen, dass tatsächlich der Beklagte selbst nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft nachhaltig geprägt hat.
68II.
69Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
70Streitwert: 108.233,75 €
71Rechtsbehelfsbelehrung:
72Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
731. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
742. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
75Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
76Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
77Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Krefeld Urteil, 16. März 2016 - 7 O 119/13
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
II. Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 20. Dezember 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.944, 98 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2001 zu zahlen.
Dem Beklagten wird vorbehalten, nach Erstattung des Ver urteilungsbetrages an die Masse seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 5 % und dem Beklagten zu 95 % auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Schuldnerin) den Beklagten als faktischen (Mit-)Geschäftsführer der Schuldnerin gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG auf Ersatz von nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteten Zahlungen in Anspruch.
Die Schuldnerin erwarb Anfang 1998 von dem Gesamtvollstreckungsverwalter der in die Insolvenz geratenen G. GmbH in B., an der u.a. der Beklagte als Gesellschafter beteiligt gewesen war, deren Auftragsbestand und führte seit dem 1. März 1998 deren Geschäftsbetrieb weiter. Für die Nutzung des Betriebsgrundstücks in B. und das betriebsnotwendige Anlagevermögen hatte die Schuldnerin - wie zuvor die G. GmbH - an die Gr. GbR, an der der Beklagte zur Hälfte beteiligt war, einen monatlichen Mietzins in Höhe von 40.600,00 DM zu entrichten; außerdem hatte sie an die Gr. GmbH, deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter zu 1/ 2 ebenfalls der Beklagte war, für ein Darlehen über 100.000,00 DM monatliche Zins- und Tilgungsraten von 6.878,00 DM zu erbringen. Für diese Gesellschaft führte die Schuldnerin außerdem aufgrund laufender Geschäftsbeziehung Aufträge aus und bezog Material von ihr.
Der Beklagte war aufgrund einer Vollmacht des Alleingesellschafters der Schuldnerin, Gru., vom 1. April 1998 berechtigt, diesen umfassend bei der Schuldnerin zu vertreten, und zwar insbesondere bei Gesellschafterversammlungen und allen anderen Tätigkeiten, Aufgaben und Überwachungen als Gesellschafter. Zudem war der Beklagte gegen eine monatliche Vergütung von 5.000,00 DM für den gesamten finanziellen Bereich der Schuldnerin - unter Ausschluß des satzungsmäßigen Geschäftsführers Ga. - allein zuständig und hatte auch allein Bank- und Zeichnungsvollmacht über das einzige Geschäftskonto der Schuldnerin bei der Kreissparkasse He.. Daher nahm auch nur der Beklagte die Überweisung sämtlicher Zahlungen für den laufenden Geschäftsbetrieb der Schuldnerin von diesem Konto vor und veranlaßte die Übersendung der Kontoauszüge an seine Geschäftsadresse bei der Gr. GmbH in He., die spätestens ab Januar 2000 die Buchhaltung der Schuldnerin gegen ein Honorar von 7.600,00 DM monatlich führte. Etwa einmal monatlich suchte der Beklagte den Betriebssitz der Schuldnerin in B. auf, um die Tätigkeit des satzungsmäßigen Geschäftsführers Ga. vor Ort zu kontrollieren und diesem Weisungen und Anleitungen zu erteilen. Dieser hatte faktisch die Stellung eines für die Akquisition von Aufträgen zuständigen Außendienstmitarbeiters der Schuldnerin und eines Kontrolleurs der Durchführung ihrer Auftragsarbeiten vor Ort. In finanzieller Hinsicht verfügte Ga. lediglich über eine Bargeldkasse bis maximal 5.000,00 DM, von der er in B. anfallende Unkosten begleichen durfte, deren Auffüllung aber von der Bewilligung und Überweisung durch den Beklagten abhing ; größere Anschaffungen durfte Ga. ohne Rücksprache mit dem Beklagten ebensowenig tätigen wie Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern oder Lohnerhöhungen.
Die Schuldnerin, die sich seit der Übernahme des Geschäftsbetriebs der G. GmbH in beengten finanziellen Verhältnissen befand und
über keine stillen Reserven oder Sachanlagen verfügte, geriet zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten und war schließlich bereits zum 31. Dezember 1999 mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 436.885,96 DM nicht nur rechnerisch überschuldet, sondern insolvenzreif. Gleichwohl stellte der Geschäftsführer Ga. erst unter dem 7. August 2000 Insolvenzantrag , aufgrund dessen das Insolvenzverfahren am 9. Oktober 2000 eröffnet wurde. In der Zeit von Anfang Januar bis Mitte Juli 2000 leistete die Schuldnerin auf Veranlassung des Beklagten Mietzinszahlungen an die Gr. GbR und Darlehensraten sowie Zahlungen für Lieferungen und Leistungen an die Gr. GmbH in einem Gesamtumfang von 289.355,24 DM (= 147.944,98 €).
Das Landgericht hat der auf Erstattung dieser Zahlungen gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten bleibt überwiegend erfolglos (I.); sie ist nur insoweit begründet, als die Vorinstanzen es versäumt haben, in das Urteil den gebotenen (BGHZ 146, 264) Vorbehalt hinsichtlich des Verfolgungsrechts des Beklagten gegen den Insolvenzverwalter bezüglich seiner Gegenansprüche nach Erstattung der Klageforderung an die Masse aufzunehmen (II.).
I. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte dagegen, daß die Vorinstanzen ihn als faktischen Geschäftsführer der Schuldnerin und in dieser Eigenschaft als erstattungspflichtig i.S. des § 64 Abs. 2 GmbHG für die von ihm nach Insolvenz-
reife veranlaßten Zahlungen an die Gr. GbR sowie die Gr. GmbH im Umfang der Klageforderung angesehen haben.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48; vgl. ferner Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, Umdr. S. 6, z.V.b.).
2. Von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen des Senats ist das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - zutreffend ausgegangen und hat auf dieser Grundlage in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen, daß der Beklagte faktischer (Mit-)Geschäftsführer der Schuldnerin war; revisible Rechtsfehler sind ihm dabei - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht unterlaufen.
a) Das gilt im Rahmen des Gesamterscheinungsbildes des Auftretens des Beklagten zweifellos für dessen maßgeblich die Geschicke der Schuldnerin lenkende Tätigkeit im internen Geschäftsführungsbereich. Die Vorinstanzen haben insoweit aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme unter sorgfältiger Würdigung insbesondere der bedeutsamen Aussage des Zeugen Ga. umfangreiche Feststellungen dazu getroffen, daß der Beklagte im Innenverhältnis in
nahezu sämtlichen Bereichen der Schuldnerin - Führung des wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Geschäftsbereichs einschließlich der laufenden alleinigen Verfügung über das einzige Geschäftskonto, der Buchhaltung, der Personalentscheidungen sowie der Erteilung von Weisungen gegenüber dem satzungsmäßigen Geschäftsführer Ga. auf dem Gebiet der Unternehmenspolitik und -organisation - die Geschicke der Schuldnerin wesentlich bestimmt hat; dagegen vermag die Revision - wie sie selbst einräumen muß - nichts zu erinnern.
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Oberlandesgericht - im Anschluß an das Landgericht - auch hinreichende Feststellungen zu einem eigenen maßgeblichen Handeln des Beklagten mit Außenwirkung im Sinne einer faktischen Geschäftsführung für die Schuldnerin getroffen. So war es dem Beklagten vorbehalten, aufgrund der ihm vom Alleingesellschafter erteilten weitreichenden Vollmacht allein die Bankgeschäfte der Schuldnerin, die typischerweise in die Kompetenz der Geschäftsführung einer GmbH fallen, zu führen. Dabei kommt besondere Bedeutung dem ungewöhnlichen Umstand zu, daß nur der Beklagte Bankvollmacht über das einzige Gesellschaftskonto im Außenverhältnis zur Kreissparkasse hatte, während der satzungsmäßige Geschäftsführer Ga. - was auch der Sparkasse gegenüber zur Sprache gekommen ist - offenbar bewußt von jeglicher Verfügungsbefugnis ausgeschlossen worden ist. Dementsprechend ist auch in diesem Zusammenhang die Feststellung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß gerade die Tatsache, daß der Beklagte es war, der darüber entschied, welche Gläubiger vorrangig bedient werden sollten - nämlich nahezu ausschließlich die von ihm selbst geführten beiden Gr.-Gesellschaften -, durchaus erhebliche "Außenwirkung" hatte. Hinzu kommt, daß nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Landgerichts der Beklagte auch - in einem Fall urkundlich belegt - maßgeb-
liche Verhandlungen mit der Kreissparkasse über die Bedienung bestimmter Außenstände geführt hat; dabei ist der Umstand, daß der Beklagte den Schriftverkehr auch auf Geschäftsbögen der Gr. GmbH geführt hat, unerheblich, weil zum einen das Handeln nicht für jene Gesellschaft, sondern für die Schuldnerin aus dem Kontext klar hervorging und zum anderen der Geschäftspartnerin aus der laufenden Geschäftsverbindung bekannt war, daß der Beklagte insoweit für die Schuldnerin handelte und sich im übrigen standardmäßig die Geschäftsunterlagen , wie Kontoauszüge und dergleichen, an die Adresse jener Gr. GmbH senden ließ. Schließlich hat sich der Tatrichter auch revisionsrechtlich einwandfrei davon überzeugt, daß der Beklagte in gewissem Umfang auch im sonstigen Geschäftsverkehr mit Geschäftspartnern wie ein Geschäftsführer der Schuldnerin aufgetreten ist, und zwar sowohl vor der Berufung des Zeugen Ga. zum satzungsmäßigen Geschäftsführer als auch danach, so u.a. aus Anlaß der Vereinbarung von Zahlungsbedingungen mit der R. GmbH, der Hauptlieferantin der Schuldnerin; der dagegen gerichtete Einwand der Revision, der Beklagte habe lediglich vergessen, den Zusatz "Geschäftsführer" auf dem Bestätigungsschreiben für die R. GmbH zu streichen, ist unerheblich, weil es entscheidend auf die objektive Außenwirkung seines Handelns ankommt und dieses dokumentierte Verhalten im Gesamtzusammenhang ein aussagekräftiges Indiz für sein Auftreten als faktischer Geschäftsführer auch im übrigen darstellt.
c) Soweit die Revision die einzelnen Elemente der Würdigung des Gesamterscheinungsbildes des Auftretens des Beklagten für die Schuldnerin anders als das Oberlandesgericht gewichten möchte, handelt es sich um den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die maßgebliche tatrichterliche Würdigung durch eine eigene zu ersetzen. Jedenfalls im vorliegenden Fall der Aufteilung der Geschäftsführungszuständigkeiten zwischen dem namentlich für Akquisiti-
on, Außenwerbung und Ausführungskontrolle zuständigen eigentlichen Geschäftsführer Ga. und dem für den wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Bereich faktisch verantwortlichen Beklagten reichen die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen zur Tätigkeit des Beklagten in seinem Ressort auch bezüglich seines Handelns im Außenverhältnis aus, um sein gesamtes Auftreten für die Beklagte als faktische Geschäftsführung einzustufen.
II. Demgegenüber kann die vorbehaltlose Verurteilung des Beklagten keinen Bestand haben.
Die Vorinstanzen haben zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Senatsurteil BGHZ 146, 264 zutreffend den Einwand des Beklagten hinsichtlich einer Kürzung des Ersatzanspruchs der Schuldnerin um die fiktiv auf die vom Beklagten unzulässig beglichenen Forderungen entfallende Insolvenzquote zurückgewiesen , weil nach der neueren Senatsrechtsprechung der nach § 64 Abs. 2 GmbHG als faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommene Beklagte die verbotswidrigen Zahlungen der Insolvenzmasse ungekürzt zu erstatten hat. Dabei haben beide Tatgerichte aber übersehen, daß der Senat in demselben Urteil entschieden hat, daß zur Vermeidung einer Bereicherung der Masse dem erstattungspflichtigen Geschäftsführer im Urteil vorzubehalten ist, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (BGHZ 146, 264, 279 sowie Leitsatz c).
Die insoweit erforderliche Korrektur der vorinstanzlichen Urteile durch Einfügung des gebotenen Vorbehalts kann der Senat selbst vornehmen, da die Sache endentscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eines ausdrücklichen Antrags des Beklagten auf Vorbehalt seiner Rechte bedurfte es schon deshalb
nicht, weil § 64 Abs. 2 GmbHG stets die Konstellation zugrunde liegt, daß das auch für diesen Ersatzanspruch eigener Art sinngemäß geltende schadensrechtliche Bereicherungsverbot letztendlich eine Reduzierung der Haftung um die sich am Schluß des Insolvenzverfahrens etwa ergebende Insolvenzquote erfordert.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der L. GmbH (Gemeinschuldnerin), nimmt die Beklagten auf Zahlung von 1.839.409,37 DM in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Alleingesellschafter G. der Gemeinschuldnerin, die über ein Stammkapital von 100.000,00 DM verfügte, übertrug mit notariellem Vertrag vom 21. August 1992 einen Geschäftsanteil von 20 % auf Ma. M. und einen solchen von 60 % auf F. S., der als Treuhänder des Beklagten zu 2 handelte. Durch weiteren Vertrag vom 21. August 1992 verpfändeten Herr M. den von ihm erworbenen und Herr G. den von ihm gehalte-
nen restlichen Geschäftsanteil von 20 % der Beklagten zu 1 als Sicherheit für ein von dieser der Gemeinschuldnerin gewährtes, am 1. Oktober 1997 rückzahlbares verzinsliches Darlehen von 5 Mio. DM. Zugleich übertrugen beide der Beklagten zu 1 für die Dauer des Darlehensvertrages ihr Gewinnbezugsrecht und erteilten ihr die unwiderrufliche Vollmacht, das Stimmrecht in der Gemeinschuldnerin auszuüben und sie als Gesellschafter in allen Gesellschafterfunktionen zu vertreten. Die Beklagte zu 1 erklärte sich auûerdem damit einverstanden, daû Herr G. mit dem Darlehensbetrag Rechnungen von Bauunternehmen für ein von ihm durchgeführtes Bauvorhaben "U.straûe" beglich und mit diesen Zahlungen zugleich ein Darlehen von ca. 1,5 Mio. DM getilgt wurde, das er nach seinen Angaben der Gemeinschuldnerin gewährt hatte. Am 26. November 1992 übertrug F. S. den für den Beklagten zu 2 gehaltenen Geschäftsanteil auf Herrn E., der am 4. November 1992 zusätzlich zu den Herren G. und M. als Geschäftsführer bestellt worden war und der den Anteil als Treuhänder für den Beklagten zu 2 hielt.
In der Zeit vom 25. August bis zum 31. Oktober 1992 wurden zu Lasten der Gemeinschuldnerin Verbindlichkeiten von Herrn G. in Höhe von 1.498.596,37 DM gegenüber der Firma "W." und am 7. Dezember 1992 in Höhe von 340.813,00 DM gegenüber der Firma "Max." durch Zahlung mit Schecks getilgt, die Herr M. ausgestellt hatte.
Der Kläger verlangt von den Beklagten Erstattung des zu Lasten der Gemeinschuldnerin für Herrn G. bezahlten Gesamtbetrages von 1.839.409,37 DM. Er stützt den Anspruch auf die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG, die den Beklagten zu 2 als Treugeber des für ihn von Herrn
E. gehaltenen Geschäftsanteils und die Beklagte zu 1 als Pfandnehmerin der Geschäftsanteile sowie Berechtigte aus den im Vertrag vom 21. August 1992 enthaltenen Nebenabreden treffe. Er ist ferner der Ansicht, die Beklagten seien zum Ersatz wegen einer Treupflichtverletzung gegenüber der Gemeinschuldnerin und Gefährdung ihrer Existenz verpflichtet. Darüber hinaus seien sie faktisch als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin aufgetreten und hafteten deswegen nach § 43 Abs. 3 GmbHG. Er hält ferner die Voraussetzungen für eine Haftung nach den Grundsätzen des qualifiziert faktischen GmbHKonzerns sowie aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB sowie § 826 BGB) für gegeben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 40.000,00 DM und den Beklagten zu 2 von 60.000,00 DM - jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 15. März 1997 und als Gesamtschuldner neben M. und G. - verurteilt. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Landgerichtsurteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten über die vom Berufungsgericht hinaus zuerkannten Beträge keine Ersatzansprüche zu.
Die Beklagten haften nach § 31 Abs. 3 GmbHG nicht über die Beträge hinaus, die das Berufungsgericht dem Kläger gegen die Beklagten zugesprochen hat. Ihre Haftung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
Treupflichtverletzung gegenüber der Gemeinschuldnerin oder der Gefährdung ihrer Existenz. Sie trifft auch keine Haftung nach den Grundsätzen des qualifiziert faktischen GmbH-Konzerns oder aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB bzw. aus § 826 BGB.
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagten nach § 31 Abs. 3 GmbHG zu einer Erstattungsleistung entsprechend den ihnen zuzurechnenden Geschäftsanteilen verurteilt, weil von Herrn G. als dem alleinigen Empfänger der Leistungen keine Rückzahlungen zu erlangen sind. Es hat jedoch die Haftsumme auf den Betrag des Stammkapitals der Gemeinschuldnerin beschränkt , so daû auf die Beklagte zu 1 ein Erstattungsbetrag von 40.000,00 DM und den Beklagten zu 2 ein solcher von 60.000,00 DM entfällt. In Höhe des darüber hinaus geltend gemachten Betrages von insgesamt 1.739.409,37 DM hat es die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision, nach deren Ansicht die Haftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG auch den nicht vom Eigenkapital gedeckten, einem Gesellschafter unter Verstoû gegen § 30 Abs. 1 GmbHG zugewandten Betrag erfaût, haben keinen Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob Herr G. der Gemeinschuldnerin ein Darlehen über ca. 1,5 Mio. DM gewährt hatte und die Zahlungen, die aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin an die Firma W. vorgenommen worden sind, der Tilgung dieses Darlehens dienten. Für die Revisionsinstanz ist somit davon auszugehen, daû ein solches Darlehen nicht bestanden hat und daher Tilgungsleistungen darauf nicht erbracht worden sind.
Das Berufungsgericht hat auch keine Feststellungen zu der Behauptung des Klägers getroffen, in der Zeit vom 25. August bis zum 7. Dezember 1992 habe sich der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag um 3.460.852,12 DM erhöht. Auch davon ist daher revisionsrechtlich auszugehen.
b) Entgegen der Ansicht der Revision erfaût die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG jedoch nicht den gesamten durch das Eigenkapital nicht gedeckten Betrag. Vielmehr ist die Haftung auf den Betrag des Stammkapitals zu beschränken, der zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird.
Allerdings hat der Senat bereits vor längerer Zeit entschieden, § 30 GmbHG decke nicht nur die Erhaltung vorhandenen Stammkapitals, sondern auch den Fall ab, daû Zahlungen an Gesellschafter nach Verlust des Stammkapitals der Gesellschaft nur noch unter Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung aus Fremdmitteln erfolgen könnten. Denn die Sicherung des Stammkapitals sei nicht gegenständlich, sondern als rein rechnerischer Schutz des Gesellschaftsvermögens angelegt, so daû der Rechnungsposten "Stammkapital" auch dann noch geschützt werden müsse, wenn das Aktivvermögen der Gesellschaft nicht nur den rechnerischen Betrag des Stammkapitals, sondern auch die vorhandenen Verbindlichkeiten nicht mehr decke. Die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG bestehe mithin auch in den Überschuldungsfällen. Der Senat hat jedoch damals ausdrücklich offengelassen, ob das Haftungsrisiko der Mitgesellschafter aus § 31 Abs. 3 GmbHG in den Überschuldungsfällen im Interesse der Vermeidung einer nicht mehr kalkulierbaren Haftungsausweitung zu beschränken sei (Sen.Urt. v. 5. Februar 1990 - II ZR 114/89, ZIP 1990, 451, 453).
Der Senat hält bei der Auszahlung von Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, an Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung der Mitgesellschafter, die von der Auszahlung nicht profitieren, mit der weit überwiegenden Meinung im Schrifttum für geboten (Baumbach /Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Aufl. § 31 Rdn. 17; Hachenburg /Goerdeler/Müller, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 54; Scholz/H. P. Westermann, GmbHG 9. Aufl. § 31 Rdn. 30; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 31 Rdn. 21; K. Schmidt, BB 1995, 532, 533; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. § 37 III 3 b; im Ergebnis zustimmend auch Roth/Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 31 Rdn. 21; a.A. Fabritius, ZHR 144 (1980), 628, 635; Immenga, ZGR 1975, 487, 491; Gätsch, BB 1990, 704; Kleffner, Erhaltung des Stammkapitals und Haftung nach §§ 30, 31 GmbHG 1994, S. 182 f.). Zwar löst das Gesetz den Widerstreit zwischen dem Interesse dieser Gesellschafter an der Aufrechterhaltung ihrer Haftungsbeschränkung und dem Interesse der Gläubiger an der Erhaltung des gebundenen Kapitals zu Lasten der Gesellschafter. Damit trägt es der Tatsache Rechnung, daû die Gesellschafter der GmbH und ihren wirtschaftlichen Risiken näherstehen als die Gläubiger. Den Umstand, daû die Mitgesellschafter aus der Zahlung nichts erlangen , berücksichtigt es damit, daû es ihnen lediglich eine Ausfallhaftung nach den bevorteilten Gesellschaftern zumutet. Ferner darf nicht übersehen werden, daû sich das Risiko, das mit der Auszahlung nicht durch Eigenkapital gedeckten Vermögens verbunden ist, nach der gesetzgeberischen Konzeption auf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen beschränkte. Mit Stammkapital war "das im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Sollvermögen" zu verstehen, "dem das Aktivvermögen der Gesellschaft als Deckung gegenübersteht" (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Drucks. zu den Verhandlungen des Deut-
schen Reiches 1891, Nr. 94, S. 66; vgl. ferner Ulmer, FS 100 Jahre GmbHGesetz 1992, S. 363, 371). Dieser Ausgangspunkt ist allgemein als unzutreffend erkannt worden (vgl. u.a. BGHZ 60, 324, 331; Urt. v. 5. Februar 1990, aaO S. 453). Trotz dieser Entstehungsgeschichte der §§ 30 f. GmbHG erscheint es zwar gerechtfertigt, die Haftung nach § 31 Abs. 1 und 2 GmbHG auf den gesamten , nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag zu erstrecken. Den Belangen der nach § 31 Abs. 3 GmbHG haftenden Gesellschafter würde man vor diesem Regelungshintergrund auch bei angemessener Berücksichtigung der Gläubigerinteressen jedoch nicht gerecht, wenn sie auch für den die Stammkapitalziffer übersteigenden Fehlbetrag haften würden. Zudem wird zu Recht darauf hingewiesen, daû eine unbeschränkte Haftung mit der besonderen Haftungsstruktur in der GmbH und mit dem Fehlen einer gesetzlichen Nachschuû- und Übernahmepflicht der Gesellschafter unvereinbar wäre (so zutreffend Ulmer, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, aaO S. 371; K. Schmidt, BB 1995, aaO S. 530; Scholz/H. P. Westermann, aaO § 31 Rdn. 30; im Ergebnis auch Roth/Altmeppen, aaO § 30 Rdn. 13).
Im Schrifttum ist im einzelnen umstritten, auf welchen Betrag diese Haftung zu beschränken ist. Die Regelung des § 31 Abs. 3 GmbHG, daû die Gesellschafter "nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile" haften, ist nach herrschender Ansicht so zu verstehen, daû dieser anteiligen Haftung der Fehlbetrag in Höhe des Stammkapitals als Obergrenze zugrunde zu legen ist (vgl. u.a. Hachenburg/Goerdeler/Müller, aaO § 31 Rdn. 54; Baumbach/Hueck/Fastrich, aaO § 31 Rdn. 17; Just, GmbH-Rundschau 1983, 289 f.; Ulmer, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, aaO S. 372). Nach anderer Ansicht ist die Vorschrift so auszulegen , daû sich wie bei § 24 GmbHG die anteilige Haftung auf die Stammeinlagebeträge der Gesellschafter beschränkt, die den unter Verstoû gegen das
Gesetz ausgezahlten Betrag empfangen haben (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht , aaO § 37 III 2 d, S. 1139 f.; BB 1995, aaO S. 530 f.). Diese Frage bedarf jedoch im vorliegenden Falle keiner Entscheidung. Da die Beklagten das Berufungsurteil hingenommen haben, ist es, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, bereits rechtskräftig.
2. Die Beklagten trifft keine Haftung aus einem sonstigen Verpflichtungsgrund.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der schuldhaften Mitwirkung an der Auszahlung der Beträge von 1.498.596,37 DM an die Firma W. und von 340.813,00 DM an die Firma Max. durch die Herren G. und M. abgelehnt. Wie der Senat unter Aufgabe seiner gegenteiligen frühren Rechtsprechung entschieden hat, richten sich die Rechtsfolgen eines Verstoûes gegen das Kapitalerhaltungsgebot aus § 30 GmbHG ausschlieûlich nach § 31 GmbHG. Die abschlieûende Regelung dieser Vorschrift schlieût eine weitergehende Haftung auch bei schuldhafter Mitwirkung der anderen Gesellschafter an dem Vermögensentzug grundsätzlich aus.
b) Im vorliegenden Fall scheidet auch eine Haftung der Beklagten wegen Existenzvernichtung der Gemeinschuldnerin aus.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daû nach der neuesten Rechtsprechung des Senats eine Ausfallhaftung der Gesellschafter dann in Betracht kommt, wenn sie beim Abzug von Vermögen der Gesellschaft nicht die gebotene angemessene Rücksicht auf die Erhaltung ihrer Fähigkeit zur Be-
dienung ihrer Verbindlichkeiten genommen und damit die Insolvenz der Gesellschaft herbeigeführt haben. Das muû auch für die durch ihr Einverständnis mit dem Vermögensabzug an der Existenzvernichtung der Gesellschaft mitwirkenden Gesellschafter gelten. (BGHZ 142, 92, 95; BGH, Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874, 1876). Zur Darlegung einer Existenzvernichtung der Gemeinschuldnerin hat die Revision auf den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 16. Dezember 1999 Bezug genommen. Aus diesem Vortrag ergibt sich jedoch nicht, daû die Beklagten durch ihr Verhalten die Existenz der Gemeinschuldnerin vernichtet hätten. Der Kläger führt in diesem Schriftsatz unter Darlegung eines umfangreichen Zahlenwerkes aus, das Vermögen der Gemeinschuldnerin sei durch die Auszahlungen um ca. 22 % verringert und um diesen Betrag die Überschuldung der Gesellschaft erhöht worden. Es ist zwar unbestreitbar, daû sich durch die Auszahlungen die wirtschaftliche Lage der Gemeinschuldnerin in dem vom Kläger dargestellten Maûe verschlechtert hat. Ein bestandsvernichtender Eingriff, der den Beklagten zuzurechnen wäre, kann darin jedoch schon deswegen nicht gesehen werden, weil die Beklagte zu 1 der Gemeinschuldnerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, nach dem Vertrag vom 21. August 1992 5 Mio. DM und später nochmals 3,6 Mio. DM, also insgesamt 8,6 Mio. DM zur Verfügung gestellt hat.
Der Kläger hat in diesem Zusammenhang weiter vorgetragen, die Beklagten hätten die Überschuldung der späteren Gemeinschuldnerin zum Schaden der Gläubiger dadurch auszunutzen versucht, daû sie ohne eigene reale Gegenleistung den sogenannten Beraterstamm der Gemeinschuldnerin hätten vereinnahmen wollen. Darin kann schon deswegen kein bestandsvernichtender Eingriff gesehen werden, weil es nach dem Vortrag des Klägers bei dem Versuch der Abwerbung geblieben ist. Es ist nicht ersichtlich, daû ein mögliches
Bemühen der Beklagten um die Abwerbung der Berater Erfolg gehabt hat, die Gemeinschuldnerin aus diesem Grunde zum Absatz ihrer Produkte nicht mehr in der Lage und mit Rücksicht darauf ihre weitere Existenz nicht mehr gewährleistet war.
3. Eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des qualifiziert faktischen GmbH-Konzerns scheidet ebenfalls aus.
Wie sich aus dem Senatsurteil vom 17. September 2001 (aaO S. 1876) ergibt, hat der Senat die Rechtsprechung zur Haftung aus qualifiziert faktischem Konzern aufgegeben. An ihre Stelle ist die Ausfallhaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs (vorstehend 2 b) getreten. Im übrigen gelten die Grundsätze der Haftung aus Treupflichtverletzung gegenüber den Mitgesellschaftern (BGHZ 65, 15).
4. Aus den oben bereits genannten Gründen (unter 2 b) scheidet auch eine Haftung aus der Erfüllung der Tatbestände des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und des § 826 BGB aus.
5. Die Revision ist der Ansicht, die Beklagten hätten sich durch bis in Einzelheiten gehende Weisungen gegenüber den Geschäftsführern G. und M. faktisch wie Geschäftsführer verhalten. Als solche hätten sie pflichtwidrig Zahlungen im Sinne des § 64 Abs. 2 GmbHG vorgenommen, so daû sie auch nach dieser Vorschrift erstattungspflichtig seien. Ferner komme eine Haftung nach § 43 GmbHG in Betracht. Dieser Rüge der Revision ist ebenfalls der Erfolg zu versagen.
a) Eine Haftung der Beklagten zu 1, einer GmbH, als "faktisches Geschäftsführungsorgan" scheidet von vornherein aus. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG kann Geschäftsführer nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Was nach dem Gesetz für das rechtlich dem geschäftsführenden Organ angehörige Mitglied gilt, ist auch für die Beurteilung maûgebend, ob jemand faktisch als Mitglied des geschäftsführenden Organs in Betracht kommt.
b) Aber auch eine Haftung des Beklagten zu 2 scheidet unter dem von der Revision angeführten Gesichtspunkt aus. Ob eine Person, die sich faktisch wie ein Geschäftsführer verhält, auch wie ein solcher haftet, ist im Schrifttum umstritten (bejahend Hopt in Groûkomm. AktG, 4. Aufl. § 93 Rdn. 49 f.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 18; Organhaftung bei Organverdrängung bejahend U. Stein, Das faktische Organ 1984, S. 136 ff.; KK/Mertens, 2. Aufl. § 93 Rdn. 12; ablehnend Hüffer, AktG 4. Aufl. § 93 Rdn. 12; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 43 Rdn. 3). Der Senat hat bisher lediglich ausgesprochen, daû eine Person, die zwar rechtlich nicht dem geschäftsführenden Organ einer Kapitalgesellschaft angehört, tatsächlich aber wie ein Organmitglied auftritt und handelt, die Pflicht trifft, den Insolvenzantrag nach § 64 Abs. 1 GmbHG zu stellen (BGHZ 104, 44; vgl. auch BGHZ 75, 96, 106). Die Frage der Haftung des "faktischen Organs" braucht auch im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, weil entgegen der Ansicht der Revision die von dem Kläger aufgeführten Einzelheiten des Verhaltens des Beklagten zu 2 die Voraussetzungen, unter denen von einem "faktischen Organ" gesprochen werden kann, nicht erfüllen. Der Senat hat dazu seinerzeit ausgeführt, es sei nicht erforderlich, daû der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdränge. Entscheidend sei aber, daû der Betreffende
die Geschicke der Gesellschaft maûgeblich in die Hand genommen habe. Dazu reiche eine interne Einwirkung auf die satzungsmäûigen Geschäftsführer nicht aus, sondern es müsse auch ein eigenes, nach auûen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln gegeben sein (BGHZ 104, 44, 48).
Die Revision umschreibt das Handeln des Beklagten zu 2 dahingehend, die Herren G. und M. hätten jede wesentliche Tätigkeit im Bereich der Geschäftsführung von dem Beklagten zu 2 genehmigen lassen müssen. Die Umschreibung, bei den Geschäftsführern habe es sich nur noch um "reine Befehlsempfänger" gehandelt, treffe den Nagel auf den Kopf. Das Berufungsgericht bemerkt dazu jedoch zutreffend, damit sei lediglich eine interne Einwirkung des Beklagten zu 2 auf die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin belegt. Die Ansicht der Revision, ein Handeln mit Auûenwirkung sei nicht erforderlich , weil es im vorliegenden Falle nicht um einen Vertrauensschutz Dritter gehe, verkennt, daû es bei der Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens ankommt. Dazu gehört auch maûgeblich ein Handeln im Auûenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlich dem Geschäftsführungsorgan angehörenden Mitgliedes nachhaltig prägt. Da somit das Verhalten des Beklagten zu 2 die Voraussetzungen, unter denen von einem "faktischen Organ" ausgegangen werden kann, nicht erfüllt, kommt auch seine Haftung nicht in Betracht.
6. Aufgrund der dargelegten Umstände ist die Klage über den Umfang hinaus, in dem ihr bereits durch das Berufungsgericht stattgegeben worden ist, nicht begründet. Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger führt im Auftrag der I. in Deutschland den sog. Banksettlement Plan (BSP) durch; im Rahmen dieses vereinheitlichten Systems zur Vereinfachung von Verkauf, Abrechnung und Verwaltung von Flugpassagen zwischen den der I. angehörenden Luftverkehrsgesellschaften und den Verkaufsagenturen oblag dem Kläger u.a. der turnusmäßig einmal im Monat stattfindende Einzug der von den Agenturen aus den Ticketverkäufen vereinnahmten Gelder. Nach den Agenturverträgen waren sämtliche derartigen Einnahmen
"Eigentum und Besitz der Fluggesellschaft" und "dem Agenten für oder im Namen der Fluggesellschaft solange zur Verwahrung anvertraut, bis über sie eine zufriedenstellende Rechenschaft abgelegt worden ist und eine Abrechnung stattgefunden hat". Die I. hatte einen solchen Agenturvertrag über den Verkauf von Flugtickets auch mit der B. GmbH (nachfolgend: B. GmbH) abgeschlossen. Deren Geschäftsführer und zugleich Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 24,5 % war der Beklagte zu 2; ihre Mehrheitsgesellschafterin mit einem Geschäftsanteil von 51 % war die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH), deren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Beklagte zu 1 war.
Im Herbst 1993 geriet die B. GmbH in finanzielle Schwierigkeiten, die dazu führten, daß sie abredewidrig die für die I. und deren Mitglieder vereinnahmten Gelder aus Ticketverkäufen zur Deckung ihrer laufenden - die Einnahmen übersteigenden - Ausgaben verwendete; dies verdeckte sie dadurch, daß sie jeweils im Abrechnungszeitpunkt am 15. des Monats anstelle der verbrauchten Einnahmen der abzurechnenden Periode auf ihrem Konto bereits vereinnahmte Gelder des folgenden Abrechnungszeitraums für die turnusmäßige Abbuchung des Klägers bereitstellte. Nach einem Krisengespräch vom 14. Oktober 1993 zwischen den beiden Beklagten und weiteren Hinweisen des Steuerberaters über die immer prekärer werdende finanzielle Lage der B. GmbH erklärte der Beklagte zu 2 zwar zunächst dem Beklagten zu 1 gegenüber die Niederlegung seines Amtes, wurde jedoch in der Folgezeit weiterhin als Geschäftsführer für die B. GmbH tätig. Trotz einer vom Beklagten zu 1 Ende Dezember 1993 zum Zwecke der Abwendung der Überschuldung abgegebenen Rangrücktrittserklärung für Forderungen gegen die B. GmbH sah sich der Beklagte zu 2 am 21. Januar 1994 gezwungen, für die Gesellschaft Konkursan-
trag zu stellen. Daraufhin stellte die I. unter dem 24. Januar 1994 bei der B. GmbH ihre Tickets sicher und entzog ihr die I.-Verkaufslizenz. Auf Betreiben des Beklagten zu 1 wurde auf einer Gesellschafterversammlung der B. GmbH am 26. Januar 1994 die - später von der Mitgesellschafterin Y. mit Erfolg angefochtene - Abberufung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer und die Bestellung des Beklagten zu 1 zum neuen Geschäftsführer beschlossen. Nachdem der Beklagte zu 1 Ende Januar 1994 die Schließung des Büros der B. GmbH veranlaßt hatte, nahm er am 1. Februar 1994 den Konkursantrag zurück. Am 14. Februar 1994 buchte der Kläger die Forderung aus den Ticketverkäufen für den letzten Abrechnungszeitraum (Januar 1994) in Höhe von 330.295,92 DM vom Konto der B. GmbH ab, jedoch erfolgte bereits eine Woche später die Rückbuchung mangels Deckung des Kontos. Am 21. Februar 1994 wurde schließlich der Beklagte zu 2 wirksam als Geschäftsführer der B. GmbH abberufen und der Beklagte zu 1 zu ihrem neuen Geschäftsführer bestellt.
Der Kläger nimmt wegen der - bislang unbeglichen gebliebenen - Forderung für Januar 1994 beide Beklagten als Gesamtschuldner aus dem Gesichtspunkt einer - angeblich nebentäterschaftlich begangenen - Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB auf Schadensersatz in Anspruch; dabei macht er in bezug auf den Beklagten zu 1 geltend, dieser sei als faktischer Geschäftsführer der B. GmbH - neben dem Beklagten zu 2 als ihrem satzungsmäßigen Vertreter - für die Veruntreuung der vereinnahmten Treuhandgelder verantwortlich. Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 2 stattgegeben, sie jedoch hinsichtlich des Beklagten zu 1 abgewiesen, weil die Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung nicht vorgelegen hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen , hingegen auf die Berufung des Klägers auch den Beklagten zu 1 antrags-
gemäß verurteilt und im übrigen die Revision insgesamt nicht zugelassen. Ein dagegen gerichtetes Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten zu 2 hat der Senat - bestandskräftig - zurückgewiesen, während er auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 1 dessen Revision zugelassen hat.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten zu 1 ist begründet und führt - soweit dieser verurteilt worden ist - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat in bezug auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 ausgeführt:
Der Beklagte zu 1 hafte dem Kläger gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2 auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung, weil er spätestens seit Oktober 1993 bis zu seiner Bestellung am 21. Februar 1994 als faktischer Geschäftsführer der B. GmbH anzusehen sei und daher als Nebentäter i.S. des § 266 StGB für die Veruntreuung der der Gesellschaft treuhänderisch anvertrauten Einnahmen aus dem Verkauf der I.-Tickets verantwortlich sei. Seine Stellung als faktischer Geschäftsführer ergebe sich daraus, daß er als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der F. GmbH, die als Mehrheitsgesellschafterin die B. GmbH beherrscht habe, selbst dominierenden Einfluß auf die Geschäftsführung der B. GmbH ausgeübt habe; denn er habe "letztlich das Sagen" im Gesamtkonzern gehabt. Faktisch habe er als Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin den Beklagten zu 2 als den satzungsmäßig bestellten Vertreter der B. GmbH entmachtet, weil dieser ihn nach dem Krisengespräch vom 14. Oktober 1993 bei allen wesentlichen Geschäftsmaßnahmen , insbesondere Geldbewegungen über 5.000,00 DM, habe
informieren müssen; darüber hinaus habe der Beklagte zu 1 später sogar eine andere Person als kommissarischen Geschäftsführer in der B. GmbH eingesetzt. Im übrigen habe sich die B.er Gesellschaft bei den zentralen wirtschaftlichen Entscheidungen wie Preiskalkulation, Werbung und Abrechnung nach den Vorgaben der vom Beklagten zu 1 beherrschten F.er Muttergesellschaft richten müssen, die auch Abbuchungsvollmachten für die Konten der B. GmbH gehabt habe und daher ihre Forderungen intern leicht habe durchsetzen können.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die vom Berufungsgericht aufgeführten Einzelheiten bezüglich des Verhaltens und der Stellung des Beklagten zu 1 nicht die Voraussetzungen erfüllen, unter denen von einem "faktischen Organ" gesprochen werden kann.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48).
Das hat das Berufungsgericht verkannt. Denn seinen Feststellungen lassen sich lediglich (interne) Einwirkungen und Weisungen des Beklagten zu 1 als Konzernherr "auf" die Geschäftsführung der - von der F. GmbH be-
herrschten - B. GmbH, nicht hingegen ein - darüber hinaus erforderliches - maßgebliches eigenes Handeln des Beklagten zu 1 mit Außenwirkung für die B. GmbH entnehmen.
So stellen die vom Berufungsgericht besonders hervorgehobenen Maßnahmen , wie die dem Beklagten zu 2 auferlegte Pflicht zur Berichterstattung bei wesentlichen Geschäftsmaßnahmen und Geldbewegungen, die angebliche spätere Entmachtung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der B. GmbH, ferner die zentrale Steuerung der Werbung, der Preiskalkulation und -festsetzung sowie des Abrechnungssystems der B. GmbH und der weiteren abhängigen Gesellschaften durch die F. GmbH, lediglich gesellschaftsoder konzerninterne Einwirkungen des als Geschäftsführer der Konzernspitze handelnden Beklagten zu 1 dar, die nicht zugleich auch dessen Stellung als faktischer Geschäftsführer bei der Tochtergesellschaft begründen; das gilt selbst dann, wenn durch die Intensität der Einwirkungen der Beklagte zu 2 als deren satzungsmäßiger Geschäftsleiter zu einem "reinen" Befehlsempfänger "degradiert" worden sein sollte (vgl. Senat, BGHZ 150, 61, 69).
Nichts anderes gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die F. GmbH habe für die Konten der B. GmbH Abbuchungsvollmachten gehabt und habe daher ihre Forderungen intern leicht durchsetzen können. Auch eine solche Abrechnungsmöglichkeit verdeutlicht schon nach der eigenen Wertung des Berufungsgerichts allenfalls, "daß es sich bei der B. GmbH um eine von der F. GmbH und damit - mittelbar - vom Beklagten zu 1 abhängige Tochterfiliale gehandelt hat". Zwar mag es sein, daß - wie die Revisionserwiderung geltend macht - das Gebrauchmachen von solchen Abbuchungsvollmachten auch bestimmte Außenwirkungen im Verhältnis zur kontoführenden Bank zeitigt; indessen hat das Berufungsgericht nach dem Ergebnis
der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme keine sicheren Feststellungen dazu treffen können, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die F. GmbH (ungerechtfertigt) zu Lasten der B. GmbH Abbuchungen von deren Konten vorgenommen hat. Daß etwa gerade der Beklagte zu 1 persönlich derartige Abbuchungen "per Hand" - noch dazu in einem die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans der B.er GmbH nachhaltig prägenden Maße - getätigt hat, steht ebensowenig fest.
2. Da mithin ein täterschaftliches Verhalten des Beklagten zu 1 i.S. des § 266 StGB bereits deshalb ausscheidet, weil er auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kein faktischer Geschäftsführer der B. GmbH war, kommt es für den Erfolg der Revision nicht mehr darauf an, ob zudem - wie der Kläger rügt - eine selbständige Tathandlung oder Unterlassung des Beklagten zu 1 im Sinne des Untreuetatbestandes sowie der für § 266 StGB mindestens erforderliche bedingte Vorsatz nicht hinreichend festgestellt worden sind.
III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht im Endergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO).
Zwar ist nach dem Zusammenhang der bisherigen Feststellungen anstelle einer selbständigen nebentäterschaftlichen Untreuehandlung des Beklagten zu 1 dessen Teilnahme als Anstifter oder Gehilfe an der vom Beklagten zu 2 als satzungsmäßigem Geschäftsführer der B. GmbH täterschaftlich begangenen Untreue und damit seine gesamtschuldnerische Verantwortlichkeit für den daraus resultierenden Schaden gemäß § 830 BGB ernsthaft zu erwägen. Jedoch fehlen derzeit ausreichende Feststellungen, um die Verurteilung des Beklagten zu 1 aus diesem - offensichtlich weder von den Parteien noch vom Tatrichter in Betracht gezogenen - anderen rechtlichen Gesichtspunkt aufrechterhalten zu können.
IV. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es unter dem Aspekt einer etwaigen Teilnahme des Beklagten zu 1 an der vom Beklagten zu 2 täterschaftlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 830 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - die erforderlichen, evtl. auch die den Einwänden der Revision nachgehenden, weiteren Feststellungen treffen kann.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.