Landgericht Magdeburg Urteil, 09. Aug. 2017 - 26 Ns 3/17, 26 Ns 456 Js 38263/15 (3/17)

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2017:0809.26NS3.17.00
bei uns veröffentlicht am09.08.2017

Tenor

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Oschersleben vom 08. Dez. 2016 aufgehoben.

Der Angeklagte wird wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.

Die Höhe eines Tagessatzes wird auf 5,- € festgesetzt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.


Angewendete Vorschriften:

§ 130 Abs. 1 Nr. 1, 47 Abs. 2 StGB

Gründe

I.

1

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Oschersleben vom 06. Juli 2016 wurde der Angeklagte wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10,- € verurteilt. Dem lag zu Grunde, dass er anlässlich einer Kundgebung der Partei "Die Rechte" in Oschersleben am 15. Aug. 2015 während des Umzugs der Kundgebungsteilnehmer neben anderen Personen mehrfach die Parole "Deutschland den Deutsche, Ausländer raus" skandiert haben soll. Gegen diesen Strafbefehl hat der Angeklagte Einspruch eingelegt. Im Rahmen der darauf anberaumten Hauptverhandlung hat ihn das Amtsgericht mit Urteil vom 08. Dez. 2016 aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, da ihm eine Tathandlung nicht nachzuweisen sei.

2

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft.

3

Die Berufung der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, so dass der Angeklagte wie aus dem Tenor ersichtlich unter Aufhebung des freisprechenden Urteils des Amtsgerichts zu verurteilen war.

II.

4

Zur Person des Angeklagten hat die Berufungskammer folgende Feststellungen getroffen:

5

Der am 20. Dez. 1986 in Braunschweig geborene Angeklagte ist verheiratet und Vater zweier minderjähriger Kinder. Er ist Student und lebt von der Unterstützung durch die Familie, die sich nach seinen Angaben auf rund 800,- € monatlich beläuft. Die Ehefrau des Angeklagten bezieht Sozialleistungen nach SGB II. Der Angeklagte ist Mitglied der Partei "Die Rechte".

6

Strafrechtlich ist er bislang wie folgt in Erscheinung getreten:

7

Mit Strafbefehl vom 23. Juli 2012, rechtskräftig seit 17. Aug. 2012, verurteilte ihn das Amtsgericht Hildesheim (Az.: 17 Cs 27 Js 13198/12) wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,- €.

III.

8

Zur Sache hat die Kammer aufgrund der erneuten Beweisaufnahme folgende Feststellungen getroffen:

9

Die Partei "Die Rechte" hatte für den 15. Aug. 2015 in Oschersleben zu einer Kundgebung aufgerufen. Im Verlauf des Mittags fanden sich ca. 120 Personen am Bahnhof in Oschersleben ein, die von dort geschlossen zum Kundgebungsort, dem sog. Knochenpark in Oschersleben, zogen. Nach Abhaltung der Kundgebung zogen diese dann nach 16.40 Uhr wieder zurück zum Bahnhof. Der Angeklagte, der als Redner durch den Veranstalter zur Kundgebung eingeladen war, marschierte sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg in der Gruppe mit. Dabei trug er wie einige andere Teilnehmer auch ein rotes T-Shirt mit dem Aufdruck "Die Rechte" und ging an der Gruppenspitze, zumindest teilweise ein Transparent tragend. Neben den an den roten T-Shirts erkennbaren Parteimitgliedern befanden sich eine Vielzahl schwarz bekleideter Teilnehmer sowie Teilnehmer mit schwarzen T-Shirts mit dem Aufdruck "Division Sachsen-Anhalt" in Frakturschrift sowie den Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot in der Gruppe der Marschierenden, aber auch mit normaler Sport- und Straßenkleidung bekleidete Personen. Zudem wurden verschiedene Fahnen mitgeführt, u.a. rote Fahnen mit Pfeilsymbolen, schwarze Fahnen und schwarze Fahnen mit in Fraktur geschriebenen Ortsnamen bzw. einem stilisierten Adler und der Aufschrift "Division Deutschland".

10

Die Personengruppe zog vom Bahnhof geschlossen zum Kundgebungsort und nach Abschluss der Veranstaltung von dort wieder zurück zum Bahnhof, wobei auch der Seilerweg benutzt wurde. Die Kolonne hatte eine Breite von 5 bis 6 Personen, denen ein Transparent der Partei "Die Rechte" vorangetragen wurde. Sowohl auf dem Hin- als auf dem Rückweg wurde der Zug durch Polizeibeamte in Einsatzkleidung abgesichert.

11

Während des An- und Abmarsches wurden durch die Marschierenden wiederholt lautstark verschiedene Parolen skandiert, wobei zum Teil die Parolen durch einzelne Teilnehmer angestimmt und durch eine Vielzahl der Marschierenden wiederholt und aufgegriffen wurden

12

Dabei handelte es sich u.a. um die Ausrufe "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus", "Kriminelle Ausländer raus, raus, raus", "9mm", "linkes Gezeter, 9mm", "Nationaler Sozialismus", "Frei, sozial und national" "Nationaler Sozialismus jetzt, jetzt, jetzt" sowie "Hier marschiert der nationale Widerstand".

13

Zumindest auf dem Rückweg stimmte der Angeklagte die Parole " Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" an und skandierte diese mit anderen Teilnehmern zusammen.

IV.

14

1. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf dessen Angaben sowie der Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 03. Juli 2017, die durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.

15

2. Die unter III. getroffenen Feststellungen beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten, der Vernehmung der Zeugen H. und P., der Inaugenscheinnahme des Videos des Umzuges sowie der Inaugenscheinnahme der aus dem Video gefertigten Lichtbilder Blatt 7 bis 13 und 16 d.A., auf die gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen wird.

16

Der Angeklagte hat im Rahmen seiner Einlassung eingeräumt, am fraglichen Tag als Redner eingeladen gewesen zu sein und sich mit den anderen Teilnehmern am Bahnhof in Oschersleben getroffen zu haben. Von dort sei man zum Kundgebungsort gezogen, nach der Kundgebung dann wieder zurück zum Bahnhof. Die Parole "Deutschland den Deutsche, Ausländer raus" sei gerufen worden, wobei auch er in den Ruf eingestimmt habe. Weitere Parolen habe er nicht mitbekommen.

17

Die Zeugin H. hat bekundet, die Kundgebung und auch den An- und Abmarsch der Teilnehmer als Fotografin begleitet zu haben. Dabei habe sie mit ihrer Fotokamera sowohl auf dem Hinmarsch als auch auf dem Rückmarsch das in Augenschein genommene Video angefertigt, wobei sie auf dem Hinmarsch der Gruppe der Marschierenden hinterhergelaufen sei. Erst auf dem Rückmarsch habe sie die Gruppe von vorne filmen können. Die mit den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommene Videosequenz gebe den Rückmarsch wieder. Sie habe die verschiedenen lautstark gerufenen Parolen wahrnehmen können und auch gesehen, wie der Angeklagte auf dem Rückweg diese Parole gerufen und auch angestimmt habe. Diesen habe sie schon vorher gekannt und auch eindeutig wiedererkannt. Die Stimmung sei nicht friedlich gewesen, insbesondere am Kundgebungsort habe die Polizei einschreiten müssen.

18

Diese Bekundungen der Zeugin H. werden durch die Angaben des Zeugen P. gestützt: Der Zeuge P. hat als Polizeibeamter die Kundgebung sowie An- und Abmarsch der Teilnehmer begleitet. Er hat ebenfalls angeben, durch die Teilnehmer seien verschiedene szenetypische Parolen skandiert worden, aufgrund der Lage sei ihm jedoch eine Zuordnung zu einzelnen Teilnehmern nicht möglich gewesen. Welche Parolen konkret gerufen worden seien, könne er heute aber nicht mehr sagen. Die Zeugin H. habe die Polizei vor Ort über ihre Feststellungen informiert und auch das Videomaterial zur Verfügung gestellt.

V.

19

Im Ergebnis der getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht.

20

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert. Beide Alternativen liegen, soweit es den objektiven Tatbestand betrifft, vor. Der Angeklagte hat insoweit durch sein Handeln beide Handlungsvarianten erfüllt.

21

1. Das Aufstacheln zum Hass ist eine verstärkte, auf die Gefühle des Aufgestachelten gemünzte, über die bloße Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer emotional gesteigerten feindseligen Haltung (BGHSt 21, 371,372; 40, 97,102; OLG Köln NJW 1981, 1280, 1281; OLG Frankfurt NJW 1995, 143, 144; KG JR 1998, 213, 215; Fischer StGB 64. Aufl., § 130, Rn. 8, m.w.Nachw.). Diese feindselige Haltung sollte hier durch die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" erzeugt werden.

22

Die in Deutschland lebenden Ausländer kommen dabei als hinreichend abgrenzbarer und damit vom Tatbestand der Volksverhetzung geschützter Teil der Bevölkerung in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Sept. 2011, 4 StR 129/11 m. zahlr. Nachw., zit. n. juris).

23

Vor dem Hintergrund der allgemein bekannten gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer, die im allgemeinen Bewusstsein sind, lässt sich die aus einer größeren Personengruppe heraus gegrölte Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" unter den gegebenen Umständen aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbeobachters nur dahin deuten, dass im Hörer dieser Parole gegen die Ausländer nicht nur Vorbehalte und Ablehnung, sondern eine aggressive Missachtung und Feindschaft erzeugt oder gesteigert werden sollten. Eine unmittelbare Aktion braucht damit nicht beabsichtigt zu sein; es genügt, dass die Parole objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt war, auf die Adressaten der Parole in dieser Weise einzuwirken (Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 130, Rn. 5a). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im konkreten Fall dieser Parole eine andere, insbesondere nicht mit dieser Zielrichtung verbundene Bedeutung zukam. Im Gegenteil sprechen auch die gesamten sonstigen Umstände für die Annahme einer bewussten Volksverhetzung durch die Personen, die diese Parole gegrölt haben. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass zeitgleich noch weitere Parolen gerufen wurden, deren geistige Quelle aus dem rechtsradikalen, menschenverachtenden Gedankengut stammt. Die Parolen "Nationaler Sozialismus", "Frei, sozial und national" "Nationaler Sozialismus jetzt, jetzt, jetzt" sowie "Hier marschiert der nationale Widerstand" lassen zweifelsfrei auf eine nationalsozialistische Gesinnung schließen; sie sind Ausdruck einer feindseligen Haltung gegenüber der freiheitlichen Rechtsordnung und einer offenen Gesellschaft. Ähnliches gilt für die weitere Parole "9mm", zumal diese Parole nicht losgelöst von den anderen aus der Gruppe gerufenen Parolen bewertet werden kann. Sie ist – auch wenn sie gegebenenfalls nicht auf die Gruppe der Ausländer, sondern die sog. "Linken" gemünzt war – ein klarer Aufruf zu Gewalt, da mit "9mm" ein Munitionskaliber gemeint ist, das ganz offensichtlich nach Ansicht der Rufer gegenüber Andersdenkenden eingesetzt werden soll. Auch die Tatsache, dass diesen Parolen durch ihre mehrfache Wiederholung besonderer Nachdruck verliehen werden sollte, gewinnt für diese Beurteilung Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Gruppe der Marschierenden durch ihre Bekleidung, die mitgeführten Fahnen sowie ihr geschlossenes Auftreten einen gewaltbereiten aggressiven Eindruck erweckt hat, was anhand der Videoaufzeichnungen zur Überzeugung der Kammer eindeutig feststeht.

24

Dagegen ist es entgegen der Ansicht der Verteidigung für die Tatbestandsverwirklichung des § 130 Abs. 1 Nr. 1 (erste Tatalternative) StGB irrelevant, dass die Teilnehmer des An- und Abmarsches nicht in einer geschlossenen militärischen Formation durch die Straßen gezogen sind und die Parolen teils vereinzelt und von verschiedenen Teilnehmern skandiert wurden. Auf die Größe und Einheitlichkeit der Gruppe kommt es bei der Frage, ob zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt wird, nicht an; es genügt die Verhetzung durch einen einzelnen, sofern die Tat in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Das aber steht nach den getroffenen Feststellungen außer Zweifel. Denn abgesehen davon, dass die Tat nach § 130 StGB kein konkretes, sondern ein potentielles Gefährdungsdelikt ist, lässt das festgestellte Verhalten die ernsthafte Besorgnis aufkommen, dass der Rechtsfrieden in Gefahr ist. Dies ergeben neben den Eindrücken aus dem Video auch die Aussage der Zeugin H., die die von den Teilnehmern des Marsches und der Kundgebung ausgehende Stimmung als aggressiv und bedrohlich schilderte, sowie insbesondere die Bekundung des Zeugen P., wonach sich die Polizeiführung aufgrund der Situation gehalten sah, weitere starke Polizeikräfte zuzuführen.

25

2. Der Angeklagte kann sich insoweit auch nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen:

26

Dieses Grundrecht gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (BVerfGE 93, 266, 289). Jedermann hat insbesondere in der öffentlichen Auseinandersetzung, zumal im politischen Meinungskampf, das Recht, auch in überspitzter und polemischer Form Kritik zu äußern (BVerfG NJW 1992, 2750). Meinungen genießen den Schutz der Meinungsfreiheit, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (vgl. BVerfGE 90, 241, 247). Geschützt sind damit grundsätzlich auch – in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG – rechtsextremistische Meinungen (vgl. BVerfG, EuGRZ 2008, 769, 772; 2011, 88; NJW 2010, 47, 49). Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GG aber eine Schranke in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch § 130 Abs. 1 StGB gehört.

27

Bei der Subsumtion unter diese Strafvorschrift ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird. Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat. Dabei ist stets von dem Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und ihren Begleitumständen bestimmt, soweit diese für den Empfänger erkennbar sind (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BVerfG NJW 2008, 2907, 2908). Es ist deshalb von Bedeutung, ob sich die Äußerungen an einen in irgendeiner Richtung voreingenommenen Zuhörerkreis richten und ob den Zuhörern die politische Einstellung des Angeklagten bekannt ist. Diese Umstände können Hinweise darauf geben, wie der durchschnittliche Zuhörer die Äußerungen auffassen wird (vgl. BGH, NStZ-RR 2006, 305 m.w.Nachw.). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in besonderer Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anliegen nur in schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. BVerfG, NJW 2009, 3503, 3504). Ein solcher Fall liegt typischerweise bei den auf einer Versammlung oder einer Demonstration skandierten Parolen vor, die in der Regel nur den Kern eines Anliegens in knappen Worten zum Ausdruck bringen kann.

28

Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben die Gerichte, wollen sie die zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung ihrer rechtlichen Würdigung zu Grunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (vgl. BVerfGE 114, 339, 349). Gründe dieser Art können sich auch aus den Umständen ergeben, unter denen die Äußerung gefallen ist (vgl. BVerfGE 82, 43, 52).

29

Entgegen der Ansicht der Verteidigung muss daher bei der Wertung der vom Angeklagten skandierten Parole sehr wohl auf den Gesamtzusammenhang der Äußerungen abgestellt werden. Denn auch nach der Rechtsprechung des BVerfG kann eine Verurteilung auf ein Auseinanderfallen von sprachlicher Fassung und objektivem Sinn gestützt werden (vgl. BVerfGE 93, 266, 303), insbesondere bei in der Äußerung verdeckt enthaltenen Aussagen. Ein solches Verständnis muss aber unvermeidlich über die reine Wortinterpretation hinausgehen und bedarf daher der Heranziehung weiterer, dem Text nicht unmittelbar zu entnehmender Gesichtspunkte und Maßstäbe. Diese müssen mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 43, 130, 139; BVerfG NJW 2008, 2907, 2908). Auf eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen verdeckt enthaltene zusätzliche Aussage darf die Verurteilung daher dann gestützt werden, wenn sich die verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängt (vgl. BVerfG NJW 2008, 1654, 1655; 2010, 2193).

30

Diese Voraussetzungen sind nach den eingangs getroffenen Feststellungen hier gegeben. Die für sich genommen möglicherweise noch von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckte Aussage "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" war wie ausgeführt vorliegend nicht als bloße Darstellung der eigenen Meinung des Angeklagten zu werten. Aufgrund der Gesamtumstände verfolgte die Aussage vielmehr im Kontext mit den weiteren gegrölten Parolen, dem Auftreten sowie dem Erscheinungsbild der Teilnehmer nicht nur den Zweck, die eigene Meinung darzutun und auf eine nach Meinung des Angeklagten verfehlte Politik im Hinblick auf Ausländer hinzuweisen, sondern zielte eindeutig darauf ab, eine aggressive und feindselige Stimmung gegen Ausländer zu erzeugen und die Hörer der Parole anzustacheln, sich dem sog. "Nationalen Widerstand" anzuschließen. Betrachtet man das Gesamtbild der Teilnehmer des An- und Abmarsches in Form des teilweise martialischen Auftretens, der erkennbaren rechten Gesinnung, der getragenen Szenebekleidung, der Fahnen und setzt dazu die skandierten Parolen in einen Zusammenhang, so kann auch der hier fraglichen Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" kein anderer Sinngehalt zuteilwerden, als dass "die Ausländer" als Feindbild etabliert werden und man notfalls dieser Forderung – gegen die bestehende Ordnung – auch mit Gewalt Nachdruck verleihen muss. Diese nach Ansicht der Kammer zwar verdeckte, letztlich aber eindeutige Aussage ist von Art. 5 GG dann nicht mehr gedeckt.

31

3. Die getroffenen Feststellungen erfüllen darüber hinaus den objektiven Tatbestand der Volksverhetzung auch insoweit, als es um die Handlungsalternative "Auffordern zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen" geht. Diese Tathandlung liegt vor, wenn der Täter durch seine Erklärung nicht nur eine Handlung befürwortet, sondern auf die Erklärungsempfänger mit dem Ziel einzuwirken versucht, in ihnen den Entschluss hervorzurufen, derartige Maßnahmen gegen den durch § 130 StGB geschützten Personenkreis zu ergreifen (BGHSt 32, 310; Schönke/Schröder, a.a.O., § 111, Rn 3; Fischer, a.a.O., § 130 Rn. 10). Wer die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" neben weiteren, dem politisch äußeren rechten Spektrum zuzuordnenden Parolen gegenüber einem unbestimmten Adressatenkreis grölt, wird damit regelmäßig nicht nur seine Ablehnung oder Verachtung dieses Teils der Bevölkerung kundtun, sondern damit auch die Absicht verbinden, auf den Parolenempfänger in der Weise einzuwirken, dass er sich diesen Imperativ zu eigen macht und daraus seine Handlungskonsequenzen zieht. Wollte er mit dieser Parole diese Aufforderung nicht verbinden, dann würde sie schon ihrer eigentlichen semantischen Bedeutung entkleidet. Jedenfalls aber lässt auch hier eine Gesamtwürdigung aller aufgeführten Umstände nur die Deutung zu, dass ein objektiver Betrachter der Szene die Parolen als eine derartige Aufforderung verstehen konnte.

32

4. Der Angeklagte kann insoweit auch nicht mit Erfolg geltend machen, von den weiteren Umständen des An- und Abmarschs nichts mitbekommen zu haben. Aufmachung und Verhalten der Teilnehmer, die der Angeklagte zumindest auf dem Rückmarsch an der Spitze des Zuges teilweise angeführt hat, konnten ihm kaum verborgen bleiben. Ebenso ist nach der Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnungen zur Überzeugung des Gerichts ausgeschlossen, dass der Angeklagte die weiteren skandierten Parolen nicht gehört haben will. Es handelt sich hierbei um eine bloße Schutzbehauptung. Der Angeklagte wusste sehr wohl um den Eindruck, den der Zug der Teilnehmer erweckte, und die mit dem Marsch verfolgten Ziele. Das insbesondere das Skandieren der Parolen nicht nur den Zweck verfolgte, eine eigene politische Meinung kundzutun, hat sich ihm jedenfalls dann erschließen müssen, als von Widerstand die Rede war und die Parole "9mm" skandiert wurde. Die Kammer geht daher von einem bedingt vorsätzlichen Handeln des Angeklagten aus.

VI.

33

Bei der Strafzumessung hatte die Kammer vom Strafrahmen des § 130 Abs. 1 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht.

34

Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass dieser sich – nunmehr – hinsichtlich des Rufens der Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" geständig eingelassen hat. Zudem konnte Berücksichtigung finden, dass der Angeklagte bislang nicht einschlägig vorbestraft ist.

35

Die Kammer hält daher eine Strafe an der unteren Grenze des gesetzlichen Strafrahmens für angemessen.

36

Da eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten zur Einwirkung auf den Angeklagten demnach aus Sicht der Kammer nicht erforderlich erscheint, war gemäß § 47 Abs. 2 StGB eine Geldstrafe zu verhängen. Diese erscheint mit 120 Tagessätzen als tat- und schuldangemessen, aber auch ausreichend, um dem Angeklagten das Unrecht seines Handelns nachhaltig vor Augen zu führen. Dabei hat sich die Kammer auch von dem Umstand leiten lassen, dass der Angeklagte in diesem Verfahren erstmals im Rahmen einer öffentlichen Hauptverhandlung vor Gericht erscheinen musste.

37

Die Höhe eines einzelnen Tagessatzes hat die Kammer im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse des Angeklagten und seine familiäre Situation mit 5,- € bemessen.

VII.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1 S. 1, 473 Abs. 1 S. 1 StPO.


Urteilsbesprechung zu Landgericht Magdeburg Urteil, 09. Aug. 2017 - 26 Ns 3/17, 26 Ns 456 Js 38263/15 (3/17)

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese
Landgericht Magdeburg Urteil, 09. Aug. 2017 - 26 Ns 3/17, 26 Ns 456 Js 38263/15 (3/17) zitiert 9 §§.

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - 4 StR 129/11

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 129/11 vom 20. September 2011 in der Strafsache gegen wegen Verdachts der Volksverhetzung Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. September 2011, an der teilge

Referenzen

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 129/11
vom
20. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der Volksverhetzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. September 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 8. November 2010 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Volksverhetzung aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Gegen diesen Freispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, während einer Kundgebung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der NPD durch Ausrufe während des Aufzuges sowie durch eine Rede in einer Weise, die geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt zu haben (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB in der Fassung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes vom 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3186).
3
1. Die Strafkammer hat dazu Folgendes festgestellt: http://www.ausländerstopp.nrw.de/ - 4 -
4
Am 25. Oktober 2008 fand in Bochum der von dem Landesverband Nordrhein-Westfalen der NPD angemeldete Aufzug statt. Das zuvor auf dessen Homepage bekannt gegebene Motto lautete: „Deutsche wehrt Euch – Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“ Der unter anderem wegen Volksverhetzung vorbestrafte Angeklagte, der seit ca. 1979 politisch im „rechten Spektrum“ aktiv ist und demBundesvorstand der NPD angehört, war als Gastredner eingeladen. Das Thema der Veranstaltung war ihm bekannt. Nicht festgestellt werden konnte, dass er in die Vorbereitung und Gestaltung der Veranstaltung eingebunden war.
5
Gegen 13.00 Uhr versammelten sich ca. 250 Teilnehmer einschließlich des Angeklagten. Auf einem mitgeführten Lkw waren eine Lautsprecheranlage sowie ein Transparent mit der Aufschrift „www.ausländerstopp.nrw.de“ ange- bracht. Während des Umzugs skandierte der Angeklagte über die Lautspre- cheranlage wiederholt: „Hoch die nationale Solidarität!“. Weiterhin äußerte er: „Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell!“ sowie „Multikulti ist kein Him- melsgesetz. Multikulti und Masseneinwanderung sind nicht vom deutschen Volk gewollt, …“. Daneben führte er sinngemäß unter anderem aus, die Deutschen hätten ein Recht darauf, sich gegen eine seines Erachtens fehlgeleitete Politik, die den Interessen der „Nochmehrheitsbevölkerung“ widerspreche, zu wenden. Während des Aufzugs kam es zu Protesten von Gegendemonstranten.
6
Gegen 14.00 Uhr erreichte der Aufzug den Kundgebungsplatz, wo sich zahlreiche Gegendemonstranten aufhielten. Dort hielt der Angeklagte gegen 15.00 Uhr im Anschluss an zwei andere Personen eine Rede. Hierbei stand er auf der Ladefläche des Lkw und nutzte die Lautsprecheranlage. Am Rednerpult war vom Veranstalter ein Plakat angebracht worden, welches drei Personen zeigte, die Kapuzen über den Kopf gezogen hatten und Sonnenbrillen trugen. http://www.ausländerstopp.nrw.de/ - 5 - Eine der abgebildeten Personen hielt einen Schlagstock in der Hand. Das Bild war überschrieben mit „Deutsche wehrt euch!“ Unter dem Bild stand „Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“ Unten auf dem Plakat stand: „www.ausländerstopp.nrw.de“. Während der Rede des Angeklagten zeigten einige Teilnehmer Transparente mit den Aufschriften: „Gegen Islamisierung, Überfremdung und Ausländerkriminalität“ und „kriminelle Ausländer raus“.
7
Der Angeklagte hielt die Rede frei und sprach wegen des durch die Gegendemonstration verursachten Lärms zwar laut; von der Vortragsweise her waren aber keine Auffälligkeiten erkennbar. In Redepausen erfolgten Beifallskundgebungen , die jedoch im Vergleich zu den Reaktionen auf die weiteren Reden deutlich gemäßigter und moderater ausfielen. Während der Rede kam es nicht zu Zurufen mit ausländerfeindlichen Inhalten aus der Gruppe der Zuhörer.
8
Zu Beginn seiner Rede verwies der Angeklagte darauf, dass sie als „nationale Opposition“ wieder Flagge gezeigt und die Medien gezwungen hätten zu berichten, dass es auch etwas anderes als den „multikulti Wahnsinn“ der etablierten „Einheitsparteien“ gebe. Sie hätten die Medien gezwungen, sich eindeu- tig klar hinzustellen, ob sie auf der Seite des Volkes stünden oder auf der Seite der „multikulturellen, multikriminellen Massenpsychose“, der sie „unser Volk“ aussetzten. Der gegen die Deutschen schlagende „multikulti Wahnsinn“ sei auch heute wieder darin erkennbar geworden, dass sie ein Transparent mit der Aufschrift: „Multikulti ist Völkermord“ nicht hätten zeigen dürfen. Dieses sei Un- terdrückung der freien Meinungsäußerung. Der Angeklagte erinnerte dabei an den Besuch des türkischen Ministerpräsidenten, der genau dies gesagt habe. Nach dessen Meinung sei „Multikulti“ Völkermord zum Nachteil des türkischen Volkes. Sodann äußerte der Angeklagte wörtlich: „Wir haben als Deutsche das Recht in die Öffentlichkeit zu gehen, Öffentlichkeit herzustellen, um damit zu dokumentieren, dass wir als Deutsche nicht bereit sind, widerspruchslos zur Minderheit im eigenen Lande zu werden.“
9
Ferner führte der Angeklagte aus, die „Einheitspolitiker, diese Multikultifanatiker“ , gingen mit großem Aufwand, mit Pressekampagnen und mit der ganzen Macht der etablierten Parteien gegen sie vor. Sie würden jedoch das Spiel dieser Politiker als ein von oben aufgepfropftes, von oben aufgesetztes Spektakel entlarven, das meilenweit an den Interessen und an der Wirklichkeit des eigenen Volkes vorbeigehe; er behauptete, die schweigende Mehrheit der Deutschen denke inzwischen, „Multikulti“ sei gescheitert und zerstöre die ge- wachsenen Strukturen des Volkes.
10
Im Folgenden kritisierte der Angeklagte die für den Polizeieinsatz vor Ort sowie die für die akustischen Störungen während der Veranstaltung Verantwortlichen und führte davon abgrenzend in Bezug auf die Teilnehmer aus, sie dagegen seien Deutsche. Sie hätten und würden es nicht vergessen, was das ewige Recht „unseres Volkes“ sei, das Recht, sein Überleben zu sichern sowie es das Recht eines jeden anderen Volkes auf dieser Welt sei, und so sähen sie sich eins mit den nationalistischen Befreiungsbewegungen, mit nationalen, sozialen Bewegungen überall in der Welt. Nach seinen Ausführungen stünden „überall … die Völker auf gegen den amerikanischen ‚one World’-Traum und deren multikriminellen, internationalistischen Börsengaunern, die die Welt lang- sam aber sicher der internationalen Hochfinanz zum Fraße vorwerfen … und auch das letzte Volk in Unfreiheit führen wollen“.
11
Sodann führte der Angeklagte weiter zur weltwirtschaftlichen Situation aus, das „liberal-kapitalistische ‚Anti-Menschentum’“ gehe einem großen Exo- dus entgegen. Ein aufgepumptes Finanzsystem der internationalen Börsenspekulanten habe dafür gesorgt, das jetzt der Crash komme. Dieser habe gezeigt, dass all’ das, wofür diese Politiker, wofür diese „Börsengauner“ stünden, zu- sammenbreche. Es sei eine falsche Welt mit falschen Werten.
12
Daneben griff der Angeklagte das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ auf und führte dazu aus, dass sie gerade erlebten, wie die „Links Partei“ versuche, mit sozialen Themen als „Bauernfänger“ die Menschen wieder einmal „für dumm zu verkaufen“. Die „Links Partei, die … für Multikulti, für Masseneinwanderung und somit auch für die Zerstörung des Sozialsystems unseres Volkes“ stehe, habe gefordert, eine sozial gerechte Globalisierung zu erkämpfen. Dies funktioniere aber nicht, weil sie als „nationale Kämpfer“ wüssten, dass sozial nur national gehe. Soziale Errungenschaften seien von den Franzosen, Engländern und Deutschen in Jahrhunderte langem Ringen erkämpft worden und nicht von ir- gendwelchen inhomogenen „Multikultimassen“. Soziale Gerechtigkeit sei Aus- druck einer Lebensform, ein kultureller Bestandteil eines Volkes und könne nur von einem gewachsenen Volk erkämpft werden. Ferner meinte er, dass sie in Deutschland in der Zukunft mit massiven Einbrüchen des Sozialsystems zu kämpfen hätten und es mit einer massiven Verelendung in Teilen des Volkes zu tun bekämen. Alles das, was jetzt noch „in Flitter und Glanz und Schein“ zu funktionieren scheine, werde langsam aber sicher zusammenbrechen.
13
Der Angeklagte kündigte an, „Parallelgesellschaften“ würden dazu über- gehen, sich ihr Recht zu nehmen, wenn sie es denn nicht mehr bekämen; Auswüchse wie in den Vororten von Paris oder London würden auch Deutschland erreichen. Ganze Stadtteile in Berlin seien inzwischen von der Polizei für nicht mehr handhabbar erklärt worden. Die Polizei habe offen erklärt, dass man der Banden mit dem „multikulturellen Abgrund“ dort nicht mehr Herr werden könne.
Wörtlich äußerte er: „Mafiastrukturen aus dem Ausland haben sich in unsere Gesellschaft hineingefressen. Es fängt ganz klein an in den Ortsämtern, bei den Sozialämtern, wo die Leute unter Druck gesetzt werden, wenn sie vielleicht einer Großfamilie nicht mehr das Geld zugestehen, welches diese Großfamilie beansprucht. Ganz klein fangen die Mafiastrukturen an, aber sie fressen sich seit Jahrzehnten in die Gesellschaft hinein, bis hoch in höchste politische Ämter. Wir müssen davon ausgehen, dass dieses System langsam aber sicher am Ende ist und krepiert.“
14
Abschließend führte er aus, dass sie die letzte Chance für „unser Volk“ seien. Sie, die „noch Deutsche sein wollten in Deutschland“, würden schon bald von den Deutschen in diesem Lande die Unterstützung erfahren in der Masse, für die sie seit Jahren auf die Straße gingen, denn der Untergang der „multikulturellen Gesellschaft“ sei vorprogrammiert. Dabei forderte er die Teilnehmer auf, ohne zu zögern und ohne Angst auch zukünftig gemeinschaftlich auf die Straße zu gehen, weil sie es nur als eine Einheit der Deutschen, als eine „Kampfgemeinschaft aller nationalen Kräfte“ schaffen würden, Veränderungen in diesem Lande herbeizuführen. Zugleich sprach er indirekt von innerparteili- chen Schwierigkeiten, die „ihr großes Werk einer Gesamtbewegung“ zu zerre- den oder zu zerstören drohten, und endete mit den Worten: „Es ist unsere Aufgabe als nationale, soziale Bewegung zusammenzustehen, nur gemeinsam werden wir den Sieg erringen.“
15
2. Das Landgericht meint, nach den getroffenen Feststellungen sei der objektive Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB aF nicht erfüllt. Die auf der Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze vorzunehmende Würdigung der Äußerungen des An- geklagten führe auch unter Berücksichtigung der festgestellten Begleitumstände nicht allein zu einer die Strafbarkeit begründenden Auslegung (UA 10).

II.


16
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
17
Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 StGB aF nicht vorliegen, weil der Angeklagte nicht zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt hat. Die am 22. März 2011 in Kraft getretene Neufassung des § 130 Abs. 1 StGB durch Gesetz vom 16. März 2011 (BGBl. I S. 418) hat diese Tatvariante nicht geändert und ist daher kein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB.
18
Die in Deutschland lebenden Ausländer kommen als hinreichend abgrenzbarer und damit vom Tatbestand der Volksverhetzung geschützter Teil der Bevölkerung in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 1988 – 3 StR 561/87, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 2; Urteil vom 8. August 2006 – 5StR 405/05, BGHR StGB § 130 Abs. 1 Friedensstörung 1; OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 368; OLG Brandenburg NJW 2002, 1440; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Mai 2011 – 1 Ss 175/11; LK-Krauß, StGB, 12. Aufl., § 130 Rn. 28, 31; Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 130 Rn. 3, 4). Unter Aufstachelung zum Hass ist ein Verhalten zu verstehen, welches auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirkt und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt ist, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende, feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil oder die betreffende Gruppe zu erzeugen oder zu verstärken (BGH, Urteile vom 15. März 1994 – 1 StR 179/93, BGHSt 40, 97, 102, vom 12. Dezember 2000 – 1 StR 184/00, BGHSt 46, 212, 217, vom 8. August 2006 – 5 StR 405/05, BGHR StGB § 130 Abs. 1 Friedensstörung 1 und vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07, BGHR § 130 Nr. 1 Aufstacheln 2).
19
1. Die Annahme des Landgerichts, „eine (allein) zur Strafbarkeit führende Auslegung der Äußerungen des Angeklagten (sei) auch unter Berücksichtigung der … festgestellten Begleitumstände nicht möglich (UA 10), bei der vorzuneh- menden Gesamtbetrachtung (sei) kein Fall gegeben, bei dem die Äußerungen des Angeklagten nur so gedeutet werden können, dass er seine Angriffe auch unmittelbar gegen die in Deutschland lebenden Ausländer gerichtet“ habe (UA 11), hält rechtlicher Nachprüfung stand.
20
a) Bei der Deutung des objektiven Sinns der Äußerungen des Angeklagten hat das Landgericht die Anforderungen beachtet, die sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ergeben :
21
Dieses Grundrecht gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (BVerfGE 93, 266, 289). Jedermann hat insbesondere in der öffentlichen Auseinandersetzung, zumal im politischen Meinungskampf, das Recht, auch in überspitzter und polemischer Form Kritik zu äußern (BVerfG NJW 1992, 2750). Meinungen genießen den Schutz der Meinungsfreiheit, ohne dass es dabei auf deren Begründetheit, Werthaltigkeit oder Richtigkeit ankäme. Sie verlieren diesen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und überzogen geäußert werden (vgl. BVerfGE 61, 1, 7; 85, 1, 14 f.; 90, 241, 247). Geschützt sind damit grundsätzlich auch – in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG – rechtsextremistische Meinungen (vgl. BVerfGK 7, 221, 227; 8, 159, 163; BVerfG EuGRZ 2008, 769, 772; 2011, 88; NJW 2010, 47, 49).
22
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GG eine Schranke in den allgemeinen Gesetzen (vgl. näher BVerfGE 7, 198, 208 f.; BVerfGK 13, 1, 4 f.), zu denen auch § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF gehört.
23
Bei der Subsumtion unter diese Strafvorschrift ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung, dass der Sinn der Meinungsäußerung zutreffend erfasst wird. Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat. Dabei ist stets von dem Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und ihren Begleitumständen bestimmt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BVerfG NJW 2008, 2907, 2908). Es ist deshalb von Bedeutung, ob sich die Äußerungen an einen in irgendeiner Richtung voreingenommenen Zuhörerkreis richten und ob den Zuhörern die politische Einstellung des Angeklagten bekannt ist. Diese Umstände können Hinweise darauf geben, wie der durchschnittliche Zuhörer die Äußerungen auffassen wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 283/05, NStZ-RR 2006, 305 mwN). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in besonderer Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anliegen nur in schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. BVerfGK 13, 1, 5; BVerfG NJW 2009, 3503, 3504). Ein solcher Fall liegt typischerweise bei dem Motto einer Versammlung vor, das in der Regel nur den Kern eines Anliegens in knappen Worten zum Ausdruck bringen kann.
24
Ist eine Äußerung mehrdeutig, so haben die Gerichte, wollen sie die zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung ihrer rechtlichen Würdigung zu Grunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (vgl. BVerfGE 85, 1, 13 f.; 94, 1, 9; 114, 339, 349). Gründe dieser Art können sich auch aus den Umständen ergeben , unter denen die Äußerung gefallen ist (vgl. BVerfGE 82, 43, 52). Frühere eigene Kundgebungen kommen nur in Betracht, wenn zu ihnen ein eindeutiger Bezug hergestellt wird (vgl. BVerfG aaO S. 52 f.). Denn mit Art. 5 Abs. 1 GG wäre es nicht vereinbar, wenn Meinungsäußerungen mit dem Risiko verbunden wären, dass der Äußernde wegen einer nachfolgenden Deutung durch die Strafgerichte verurteilt wird, die dem objektiven Sinn seiner Äußerung nicht entspricht. Der Einzelne darf vielmehr in der Freiheit seiner Meinungsäußerung nicht aufgrund von Meinungen eingeengt werden, die er zwar hegen oder bei anderer Gelegenheit geäußert haben mag, im konkreten Fall aber nicht kundgegeben hat (BVerfG aaO S. 53).
25
Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen schließen zwar nicht aus, dass die Verurteilung auf ein Auseinanderfallen von sprachlicher Fassung und objektivem Sinn gestützt wird (vgl. BVerfGE 93, 266, 303), wie dies insbesondere auf in der Äußerung verdeckt enthaltene Aussagen zutrifft. Ein solches Verständnis muss aber unvermeidlich über die reine Wortinterpretation hinausgehen und bedarf daher der Heranziehung weiterer, dem Text nicht unmittelbar zu entnehmender Gesichtspunkte und Maßstäbe. Diese müssen mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar sein (vgl. BVerfGE 43, 130, 139; BVerfG NJW 2008, 2907, 2908). Auf eine im Zusammenspiel der offenen Aussagen verdeckt enthaltene zusätzliche Aussage dürfen die Verurteilung zu einer Sanktion oder vergleichbar einschüchternd wirkende Rechtsfolgen daher nur gestützt werden, wenn sich die verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schluss- folgerung aufdrängt (vgl. BVerfG NJW 2008, 1654, 1655; 2010, 2193). Hierfür müssen die Gerichte die Umstände benennen, aus denen sich ein solches am Wortlaut der Äußerung nicht erkennbares abweichendes Verständnis ergibt (BVerfG NJW 2008, 2907, 2908).
26
Bei der Abwägung ist von Bedeutung, ob es sich bei den beanstandeten Äußerungen um Werturteile oder Tatsachenbehauptungen handelt. Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab; wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. BVerfGE 99, 185, 196). Bei tatsachenhaltigen Werturteilen spielt die Wahrheit der tatsächlichen Bestandteile eine Rolle. Eine mit erwiesen unwahren Annahmen vermengte Meinung ist weniger schutzwürdig als eine auf zutreffende Annahmen gestützte (vgl. BVerfGE 90, 241, 253).
27
b) An diesen Grundsätzen gemessen begegnet die Deutung des Landgerichts , die Erklärungen des Angeklagten ließen sich – ungeachtet einer ausländerfeindlichen Grundeinstellung – als Äußerung einer ablehnenden Haltung gegen eine bestimmte tatsächliche oder mutmaßlich praktizierte Einwanderungspolitik verstehen und könnten nicht nur so gedeutet werden, dass er seine Angriffe auch unmittelbar gegen die in Deutschland lebenden Ausländer gerichtet habe, keinen rechtlichen Bedenken. Nach dem Wortlaut, dem sprachlichen Kontext und den Begleitumständen, in denen die umstrittenen Äußerungen fielen , kam diese nicht dem Tatbestand des § 130 StGB unterfallende Auslegung in Betracht. Dem standen nachvollziehbare, tragfähige Gründe nicht entgegen.
28
aa) Der von der Revision erhobene Einwand, das Landgericht habe entgegen der vielfach verwendeten Formel einer Gesamtbetrachtung eine solche nicht vorgenommen, geht fehl. Die Strafkammer hat vielmehr ausgehend vom Wortlaut und der konkreten Ausdrucks- und Verhaltensweise des Angeklagten auch die sonstigen Begleitumstände in die Auslegung einbezogen. Insoweit hat sie die zu den einzelnen Themenbereichen jeweils geäußerte Kritik aufgegriffen und einer ausführlichen Bewertung unterzogen. Zudem hat sie sowohl dem Motto der Veranstaltung als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass der Angeklagte als Mitglied und Funktionsträger der NPD seit vielen Jahren politisch im rechten Parteienspektrum aktiv und überdies bereits mehrfach wegen politischer Straftaten vorbelastet ist. Sie hat alle erheblichen Gesichtspunkte hinreichend zueinander in Beziehung gesetzt.
29
bb) Die gebotene Gesamtbetrachtung der konkreten Äußerungen einschließlich der Begleitumstände nötigt – entgegen der Auffassung der Revision – nichtzur Annahme, dass der Angeklagte sich unmittelbar gegen die hier lebenden Ausländer wenden wollte; jedenfalls drängt sich bei unbefangener Betrachtung diese Angriffsrichtung nicht sofort derartig auf, dass die vom Landgericht gefundene Auslegung fern liegend wäre (vgl. OLG Stuttgart NStZ 2010, 453, 454).
30
(1) In seiner Rede grenzte der Angeklagte zwar das deutsche Volk von anderen Völkern ab, sprach vom deutschen Volk und im Gegensatz dazu von anderen Völkern, Ausländern, Fremden oder „Parallelgesellschaften“ und be- hauptete, das deutsche Volk sei durch „Überfremdung“ bedroht, weil „Parallel- gesellschaften“ sich in Deutschland „breit“ gemacht hätten und die noch mehr- heitlich deutsche Bevölkerung bedrohten. Auch äußerte er, das deutsche Volk habe – wie nationalistische Befreiungsbewegungen in aller Welt – das Recht, das Überleben im eigenen Land zu sichern und müsse nicht widerspruchslos hinnehmen, eine Minderheit im eigenen Land zu werden.
31
Diese Äußerungen des Angeklagten stehen jedoch der Deutung des Landgerichts nicht entgegen. Sie können zwanglos als Beschreibung der Folgen einer seiner Ansicht nach verfehlten Ausländerpolitik sowie als Aufruf verstanden werden, sich für eine andere Politik einzusetzen, zumal sie im Kontext mit der Kritik an politischen und gesellschaftlichen Kräften, namentlich den von ihm als „Einheitspolitiker“ und „Multikultifanatiker“ bezeichneten Entscheidungs- trägern der „etablierten Parteien“ standen. Dafür spricht auch der Aufbau der Rede selbst. Denn der Angeklagte bezeichnete bereits zu Beginn der Rede die Teilnehmer als „nationale Opposition“ und nahm eine Abgrenzung zu den „etab- lierten Einheitsparteien“ vor. Dabei warf er diesen pauschal vor, den Interessen des eigenen Volkes zuwider zu handeln. Anschließend griff er – in überspitzter und polemischer Form – verschiedene Themenkomplexe (Störungen während der Veranstaltung, die Finanzkrise, Globalisierung und soziale Gerechtigkeit einschließlich einer Gefahr für das deutsche Sozialsystem) auf und kritisierte pauschal unterschiedliche Entscheidungsträger. Abschließend forderte er die Teilnehmer auf, durch gemeinsames Handeln Veränderungen herbeizuführen, wobei er insoweit lediglich auf gemeinsame Demonstrationen verwies. Vor diesem Hintergrund liegt jedenfalls nicht fern, dass sich der Angeklagte mit seiner Rede gegen die bisherige Politik wenden wollte und Änderungen in der Ausländerpolitik anstrebte, besonders weil er schon während des Aufzugs behauptete, in Deutschland werde eine fehlgeleitete Politik gegen die Interessen der „Nochmehrheitsbevölkerung“ geführt.
32
Gleiches gilt hinsichtlich der vom Angeklagten während des Umzugs gerufenen weiteren Parolen, zumal § 53 AufenthG die Abschiebung rechtskräftig verurteilter Ausländer ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen sogar zwingend vorschreibt, und die Forderung des Angeklagten zwanglos hierauf bezogen werden kann.
33
Soweit die Revision demgegenüber der Rede den Sinn entnimmt, der Angeklagte habe den Begriff „Parallelgesellschaften“ als Synonym für die in Deutschland lebenden Ausländer verwendet und sich nicht auf eine Kritik an der Politik beschränkt, handelt es sich lediglich um eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten. Denn die hierfür von der Revision aufgegriffenen Textpas- sagen (Ausländer hätten sich aktiv „breit“ gemacht und würden die deutsche Bevölkerung zurückdrängen; Ausländer würden das soziale System „unterwan- dern“, wodurch eine massive Verelendung in Teilen der deutschen Bevölkerung drohe; Parallelgesellschaften würden dazu übergehen, sich ihr Recht zu nehmen , wenn sie es denn nicht bekämen; Mafiastrukturen hätten sich in die deut- sche Gesellschaft hineingefressen, es fange ganz klein an in den Ortsämtern…) können – auch unter Beachtung der Wortschöpfung „multikriminell“ und der Pa- rolen: „Sozial geht nur national!“ und „Hoch die nationale Solidarität!“ – eben- falls als überspitzte Beispiele für die Folgen einer seiner Ansicht nach verfehlten Politik gedeutet werden; sie stehen damit der vom Landgericht getroffenen Wertung nicht entgegen. Die Strafkammer hat zu Recht auch den Umstand in seine Würdigung einbezogen, dass der Angeklagte für eine nicht für verfassungswidrig erklärte Partei aufgetreten ist, der das Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG zukommt (vgl. BVerfG NJW 1998, 3631).
34
(2) Die vom Landgericht festgestellten Begleitumstände schließen die von ihm gefundene Auslegung nicht aus.
35
Das Plakat mit dem Motto der Veranstaltung „Deutsche wehrt Euch – Gegen Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität!“, das drei ver- mummte Personen zeigte, wobei eine zudem einen Schlagstock in der Hand hielt, lässt – ungeachtet der aggressiven Form – infolge ihrer knappen Ausdrucksweise verschiedene Deutungen zu; das hat das Landgericht zutreffend erkannt. Der im Imperativ verwendete Begriff „wehren“ ist insoweit neutral, als er sich nicht unbedingt auf eine natürliche Person oder konkrete Personengruppe beziehen muss, sich vielmehr auch auf ein politisches System, auf bestehende politische Verhältnisse beziehen kann. Zwar spricht der Angeklagte selbst wiederholt von „Kampf“ bzw. „Kämpfer“ und bezeichnetdie Teilnehmer als „nationale Befreiungsbewegung“. Gleichwohl kann damit unschwer auch der politische Meinungskampf oder ein Kampf mit politischen Mitteln zum Ausdruck gebracht werden. Dafür streiten auch der Hinweis des Angeklagten, „sie hätten das Recht, in die Öffentlichkeit zu gehen, Öffentlichkeit herzustellen“, und sein Aufruf zur Teilnahme an Demonstrationen, einem regelmäßig der politischen Meinungsbildung dienenden Mittel zur Erreichung von Veränderungen.
36
Gleiches gilt in Bezug auf die Begriffe „Überfremdung, Islamisierung und Ausländerkriminalität“ sowie die am Rednerpult angebrachte Internetadresse. Abgesehen davon, dass dem Angeklagten die Gestaltung der Veranstaltung ausweislich der Feststellungen nicht zugerechnet werden kann, handelt es sich um Schlagworte, die auch in der politischen Auseinandersetzung Verwendung finden und daher seinen Äußerungen insgesamt nicht zwingend einen anderen als den vom Landgericht angenommenen Sinn geben.
37
Soweit die Revision unter Hinweis auf das Urteil des 1. Strafsenats vom 15. März 1994 (1 StR 179/93, BGHSt 40, 97, 101) geltend macht, neben dem Plakat sei bei der Auslegung maßgeblich zu beachten, dass dem Angeklagten die politische Grundeinstellung der Zuhörer bekannt gewesen sei, die sich unter dem Motto zusammengefunden und sich in einer feindseligen Haltung gegen in Deutschland lebende Ausländer gewandt hätten, greift auch dieser Einwand nicht durch. Festgestellt werden konnte insoweit lediglich, dass Teilnehmer des Aufzugs schwarz-weiß-rote Fahnen bzw. eine Fahne in den Farben weiß und rot mit der Aufschrift NPD mit sich führten, Zuhörer Transparente zeigten und in Redepausen Beifall bekundeten, der jedoch im Vergleich zu den Reaktionen auf die anderen Reden deutlich gemäßigter und moderater ausfiel (vgl. in diesem Zusammenhang zur Bedeutung von Beifallskundgebungen BGH aaO). Da die Strafkammer zudem festgestellt hat, dass die Vortragsweise keine Auffälligkeiten erkennen ließ und aus der Gruppe der Zuhörer während der Rede – anders als bei den weiteren Reden – keine Zurufe mit ausländerfeindlichem Inhalt erfolgten, ist trotz einer zu unterstellenden ausländerfeindlichen Grundrichtung der Teilnehmer nicht fern liegend, dass diese die Äußerungen in dem vom Landgericht festgestellten Sinn verstanden. Das Landgericht hat neben den offenen Äußerungen weder für die Zuhörer erkennbare verdeckt enthaltene Aussagen noch Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass sich der Angeklagte auf frühere, als Volksverhetzung gewertete eigene Äußerungen bezog.
38
2. Zudem kann das Verhalten des Angeklagten auch nicht als Aufstacheln zum Hass angesehen werden. Allerdings hat sich der Angeklagte dahingehend sinngemäß geäußert, Mafiastrukturen aus dem Ausland hätten sich in die deutsche Gesellschaft hineingefressen, bis in höchste politische Ämter, ausländische Großfamilien würden Mitarbeiter der Sozialämter unter Druck setzen, um Geld zu erlangen, das ihnen nicht zustehe, sowie Parallelgesellschaften würden dazu übergehen, sich ihr Recht zu nehmen, wenn sie es nicht mehr bekämen. Weiter hat er ausgeführt, es drohten massive Einbrüche unseres So- zialsystems und eine massive Verelendung in Teilen „unseres Volkes“. Selbst wenn man der Revisionsführerin im Ausgangspunkt darin folgen würde, dass diese Ausführungen und deren Begleitumstände geeignet wären, eine auf Ablehnung , ggf. auch auf Verachtung beruhende Haltung gegen in Deutschland lebende Ausländer herbeizuführen, so sind sie jedoch weder für sich noch in ihrer Gesamtheit objektiv geeignet, eine emotional gesteigerte feindselige Hal- tung gegen diese Personengruppe zu erzeugen oder zu verstärken. Den Äußerungen ist zwar eine ausgeprägte negative Grundrichtung gegenüber ausländischen Mitbürgern zu entnehmen, und sie widersprechen ohne Zweifel der für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Erwartung einer Toleranz der deutschen Bevölkerung gegenüber Ausländern (vgl. BVerfG NJW 2010, 2193, 2196). Das Strafgesetzbuch stellt aber nicht schon ausländerfeindliche Äußerungen als solche unter Strafe (BVerfG NJW 2001, 2072, 2073). Da der Angeklagte darüber hinaus keine Bereitschaft zu Übergriffen oder Gewalttätigkeiten gegenüber Ausländern erkennen ließ, vielmehr als Mittel zur Herbeiführung von Veränderungen ausschließlich die Möglichkeit zu demonstrieren erwähnte, ist hier die für ein Aufstacheln zum Hass erforderliche besonders intensive Form der Einwirkung (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Aufstacheln 2; LK-Krauß, aaO, § 130 Rn. 34, 38, 40) auch unter Beachtung des zu berücksichtigenden Kontextes nicht gegeben. Dies bestätigt der Umstand, dass es während der Rede nicht zu Zurufen mit ausländerfeindlichen Inhalten kam.
Ernemann Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, der
a)
zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
b)
zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
c)
die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden oder
2.
einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

(6) Absatz 2 gilt auch für einen in den Absätzen 3 bis 5 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3).

(7) In den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, ist der Versuch strafbar.

(8) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, sowie in den Fällen der Absätze 3 bis 5 gilt § 86 Absatz 4 entsprechend.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.