Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Okt. 2016 - 15 U 189/15

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2016:1013.15U189.15.00
bei uns veröffentlicht am13.10.2016

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das am 07.10.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (28 O 370/14) teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7

Am 28.09.2013 wurde in dem Nachrichtenportal M.org unter der Überschrift „B2, Nazi und Filialleiter P  GmbH E, auf G2“ und dem Link "https://M.org/de/node/96180" eine Sammlung von Screenshots von G2einträgen B2s eingestellt, welche dessen Zugehörigkeit zur Partei NPD und seine rechtsextreme Gesinnung belegen soll. Wegen der weiteren Einzelheiten der Veröffentlichung wird auf die Anlagen K 44 - 46 (= GA 225 ff.) Bezug genommen.

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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Okt. 2016 - 15 U 189/15

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Okt. 2016 - 15 U 189/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Okt. 2016 - 15 U 189/15 zitiert 26 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Bundesdatenschutzgesetz - BDSG 2018 | § 3 Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen


Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurd

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 10


(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Be

Telemediengesetz - TMG | § 7 Allgemeine Grundsätze


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Telemediengesetz - TMG | § 8 Durchleitung von Informationen


(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie 1. die Übermittlung nicht veranlasst,2. den Adressaten der übermi

Telemediengesetz - TMG | § 10 Speicherung von Informationen


Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern 1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch kein

Telemediengesetz - TMG | § 2 Begriffsbestimmungen


Im Sinne dieses Gesetzes1.ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt,2.ist niedergelassener Diensteanbieter jeder Anbieter, der mittels

Telemediengesetz - TMG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nummer 61 des Telekommunikationsgesetzes, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nummer 63 des Telekommu

Telemediengesetz - TMG | § 9 Zwischenspeicherung zur beschleunigten Übermittlung von Informationen


Diensteanbieter sind für eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die allein dem Zweck dient, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, nicht verantwortlich, sofern sie 1. di

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Köln Urteil, 13. Okt. 2016 - 15 U 189/15 zitiert oder wird zitiert von 21 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Aug. 2011 - I ZR 57/09

bei uns veröffentlicht am 17.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 57/09 Verkündet am: 17. August 2011 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2015 - I ZR 174/14

bei uns veröffentlicht am 26.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 174/14 Verkündet am: 26. November 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Stö

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2012 - I ZR 18/11

bei uns veröffentlicht am 12.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 18/11 Verkündet am: 12. Juli 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2011 - VI ZR 93/10

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2007 - VI ZR 101/06

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 101/06 Verkündet am: 27. März 2007 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 196/08 Verkündet am: 23. Juni 2009 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 210/08 Verkündet am: 30. Juni 2009, Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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bei uns veröffentlicht am 15.08.2013

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2013 - VI ZR 211/12

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2006 - VI ZR 259/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR340/14 Verkündet am: 28. Juli 2015 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2015 - I ZR 74/14

bei uns veröffentlicht am 18.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I Z R 7 4 / 1 4 Verkündet am: 18. Juni 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2015 - I ZR 94/13

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Jan. 2015 - VI ZR 386/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR386/13 Verkündet am: 13. Januar 2015 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Sept. 2014 - VI ZR 358/13

bei uns veröffentlicht am 23.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR358/13 Verkündet am: 23. September 2014 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

Diensteanbieter sind für eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die allein dem Zweck dient, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Informationen nicht verändern,
2.
die Bedingungen für den Zugang zu den Informationen beachten,
3.
die Regeln für die Aktualisierung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind, beachten,
4.
die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind, nicht beeinträchtigen und
5.
unverzüglich handeln, um im Sinne dieser Vorschrift gespeicherte Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald sie Kenntnis davon erhalten haben, dass die Informationen am ursprünglichen Ausgangsort der Übertragung aus dem Netz entfernt wurden oder der Zugang zu ihnen gesperrt wurde oder ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde die Entfernung oder Sperrung angeordnet hat.
§ 8 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 3/14 Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR3.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 21. November 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein wirtschaftlicher Verein mit Rechtsfähigkeit kraft staatlicher Verleihung, ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an geschützten Werken der Musik. Die Beklagte ist das größte deutsche Telekommunikationsunternehmen. Sie betrieb bis zum 1. April 2010 ein Telefonnetz, über das ihre Kunden Zugang zum Internet erlangen konnten. Seither betreibt das Telefonnetz die mit der Beklagten konzernrechtlich verbundene D. T. GmbH. In ihrer Funktion als AccessProvider vermittelte die Beklagte ihren Kunden bis dahin auch den Zugang zu dem Internetdienst "3. ".
2
Mit Anwaltsschreiben vom 25. August 2008 ließ die Klägerin die Beklagte auffordern, zukünftig das ihrer Ansicht nach urheberrechtsverletzende öffentliche Zugänglichmachen der im Klageantrag bezeichneten Musikwerke zu ver- ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR3.14.0 hindern. Dazu sollte die Beklagte den Zugriff auf bei "3. " vorhandene elektronische Verweise (Links) zu diesen Musikwerken unterbinden. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 27. August 2008 ab.
3
Die Klägerin hat vorgetragen, am 21. August 2008 und nach Ablehnung einer Sperrung durch die Beklagte am 27. August 2008 sei über einen von der Beklagten bereitgestellten Internetanschluss auf der Webseite "3. " eine Liste von Links abrufbar gewesen, die das Herunterladen der im Klageantrag bezeichneten, widerrechtlich im Internet bereitgestellten Musikstücke ermöglicht hätten. Der Inhalt des - mittlerweile unstreitig eingestellten - Dienstes "3. " habe im Wesentlichen aus Sammlungen von Hyperlinks und URLs (Uniform Resource Locator) zu Kopien urheberrechtlich geschützter Werke bestanden, die bei Sharehostern wie "RapidShare", "Netload" oder "Uploaded" widerrechtlich hochgeladen worden seien. Diese Sharehoster ermöglichten es ihren Nutzern , über ihre Webseiten beliebige Daten anonym hochzuladen. Der hochladende Nutzer erhalte einen Link zum Download mit der URL, mit der er die Daten wieder herunterladen könne. Dieser Link könne an andere Personen weitergegeben werden, damit diese die Dateien ebenfalls abrufen könnten. Ein Verzeichnis über die herunterladbaren Dateien böten die Sharehoster selbst nicht an, weshalb Linksammlungen wie "3. " eine Schlüsselfunktion für die Nutzung der Sharehosting-Dienste einnähmen, weil der Nutzer hierdurch auf einfache Weise durch Eingabe des Interpreten oder des Titels die von ihm gesuchten Dateien auffinden könne. Durch die Vorhaltung von Kontrollfragen habe "3. " verhindert, dass Rechteinhaber die Linksammlungen hätten automatisiert durchsuchen und auswerten können.
4
Die Klägerin hat weiter behauptet, aufgrund von Berechtigungsverträgen Inhaberin des ausschließlichen Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung für Komposition und Text der im Klageantrag bezeichneten Musikstücke und zur Rechtewahrnehmung ermächtigt zu sein. Eine gegen die Betreiber des Dienstes "3. " erwirkte einstweilige Verfügung habe aufgrund falscher Adressangaben nicht vollzogen werden können.
5
Nach Ansicht der Klägerin haftet die Beklagte als Störerin für das öffentliche Zugänglichmachen der Links zum Download und der URLs durch den Dienst "3. ".
6
Die Klägerin hat - soweit in der Revisionsinstanz von Bedeutung - beantragt , es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , Dritten zu ermöglichen die folgenden Musikwerke dadurch öffentlich zugänglich zu machen, dass sie über von ihr bereitgestellte Internetzugänge den Zugriff auf URLs und Links zu diesen Werken über die Website 3. ermöglicht : (Es folgt die Nennung von zehn Titeln unter Angabe von Interpret, Album, Komponist und Textdichter.)
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg, CR 2010, 534). In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Hinblick darauf, dass der Dienst unter der Adresse "www.3. " zwischenzeitlich eingestellt worden war, hilfsweise für den Fall der Verneinung der Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Hauptantrags die Feststellung beantragt, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet war. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg, GRUR-RR 2014, 140). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


8
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch weder aufgrund einer Haftung als Täter oder Teilnehmer noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung nach § 1004 BGB in Verbindung mit den § 97 Abs. 1, § 19a UrhG zu. Dazu hat es ausgeführt:
9
Der Hauptantrag sei zulässig, auch wenn es aufgrund bestehender Umgehungsmöglichkeiten objektiv unmöglich sei, den Zugang zu den auf der Internetseite "3. " vorgehaltenen Links oder URLs vollständig zu sperren. Die Frage, ob die Klägerin der Beklagten in rechtlich unzulässiger Weise etwas Unmögliches abverlange, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
10
Bei der Prüfung der Begründetheit der Klage hat das Berufungsgericht unterstellt , dass die Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Musikstücke zur Geltendmachung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG ermächtigt ist. Weiterhin hat es unterstellt, dass die Linksammlung zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeitpunkten verfügbar gewesen ist und die genannten Werke aufgefunden und heruntergeladen werden konnten. Die Beklagte hafte gegenüber der Klägerin aber nicht als Störerin. Zwar komme die Störerhaftung von Access-Providern - auch unter Berücksichtigung ihrer im Telemediengesetz und im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Privilegierung - grundsätzlich in Betracht. Zudem verletze die Bereitstellung von Links und URLs, die zu Dateien mit geschützten Musikwerken führten, die ohne Zustimmung hochgeladen worden seien, das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung. Ferner habe die Beklagte durch den von ihr vermittelten Zugang zum Internet einen adäquat kausalen Beitrag zu den von der Klägerin gerügten Urheberrechtsverletzungen geleistet. Eine Haftung der Beklagten als Störerin scheitere jedoch an der Unzumutbarkeit der ihr abverlangten - unstreitig technisch möglichen - Sperrmaßnahmen in Gestalt einer URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys", einer IP-Sperre oder einer DNS-Sperre.
11
B. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte nicht als Störerin für die von der Klägerin gerügten Urheberrechtsverletzungen haftet, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
12
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
13
1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt, auch wenn ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs- und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen , weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen , weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst).
14
2. Die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten Unmögliches verlangt, ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
15
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
16
1. Das Berufungsgericht hat unterstellt, die Klägerin sei aufgrund der vorgelegten Berechtigungsverträge als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den im Klageantrag angeführten und nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG geschützten Musikwerken berechtigt, urheberrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Davon ist für das Revisionsverfahren auszugehen.
17
2. Das Berufungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht weiter unterstellt, dass die streitgegenständlichen Musikwerke am 21. und 27. August 2008 über die auf der Webseite "3. " verfügbaren Links auffindbar waren und heruntergeladen werden konnten und keine Nutzungsrechte der die Musikwerke hochladenden Dritten oder der Sharehoster bestanden. Hieraus hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei gefolgert, dass die Werke im Sinne des § 19a UrhG rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Das Berufungsgericht hat ferner in tatsächlicher Hinsicht unterstellt, dass der Dienst "3. " über einen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Internet-Anschluss zu den angegebenen Zeiten erreicht werden konnte. Auch diese der Klägerin günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
18
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Haftung ausscheidet. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilneh- mer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
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4. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Haftung der Beklagten als Störerin scheitere an einer fehlenden Zumutbarkeit der aufzuerlegenden Prüfungspflichten , hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
20
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet , die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
21
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt (Access-Provider) Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln , die Möglichkeit unberührt, nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
22
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist im vorliegenden Fall auszugehen.
23
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
24
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zur vom Berufungsgericht unterstellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff "Vermittler" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel).
Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
25
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
26
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 ff. = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen, allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den streitgegenständlichen Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsver- letzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 25. August 2008 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die in Rede stehenden Werke hingewiesen. Die Beklagte hat der Aufforderung zur Sperrung keine Folge geleistet und bis zum 1. April 2010 den Zugang zu den beanstandeten Links des Internetangebots "3. " nicht unterbunden.
27
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechtsverletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
28
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, sofern die Sperrmaßnahmen wegen der bestehenden Umgehungsmöglichkeiten weitgehend unwirksam seien , sei die Einrichtung von Sperren der Beklagten schon deshalb nicht zuzumuten. Unzumutbar seien sie aber auch bei gegebener Effektivität der technischen Maßnahmen. Bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit sei die besondere Aufgabe der Beklagten als Access-Provider zu berücksichtigen, eine inhaltlich neutrale, sozial erwünschte und von der Rechtsordnung anerkannte Dienstleistung zu erbringen, die in weit überwiegendem Umfang zu rechtmäßigen Zwecken genutzt worden sei. Jede Sperre berge die Gefahr der gleichzeitigen Unterbindung rechtmäßiger Angebote, so dass Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche Dritter in Betracht kämen. Aufgrund der betroffenen Grundrechtspositionen aus Art. 10 GG in Verbindung mit § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG bedürften Sperren dieser Art einer - gegenwärtig nicht vorhandenen - gesetzlichen Grundlage, die die Voraussetzungen einer Maßnahme insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im Einzelnen bestimme. Bei IP-Adressen, URLs und DNSNamen handele es sich um nähere Umstände der Telekommunikation im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG, wenn diese in Bezug zu einem Übertragungs- und Verbindungsvorgang gesetzt würden. Es bestehe die Gefahr einer inhaltlichen Zensur des Internetangebots. Der Gesetzgeber habe im Falle des mittlerweile außer Kraft getretenen Zugangserschwerungsgesetzes, das der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet entgegenwirken sollte, ebenfalls einen Grundrechtseingriff durch die Sperrung von Internetangeboten angenommen, zugleich aber entsprechende Regeln für den Bereich des geistigen Eigentums nicht geschaffen, so dass hier keine Befugnis zur richterlichen Rechtsfortbildung bestehe.
29
bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten , wohl aber im Ergebnis stand.
30
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
31
Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in SchmidtBleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
32
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine inner- staatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
33
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Gestaltungsspielraum , verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
34
cc) Das Berufungsgericht hat unerwähnt gelassen, dass auf Seiten der Klägerin bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu beachten ist, die auch das geistige Eigentum umfasst (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der grundrechtliche Schutz des geistigen Eigentums nach dem Unionsrecht weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet , sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 43 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
35
dd) Das Berufungsgericht ist des Weiteren nicht darauf eingegangen, dass im Rahmen der Abwägung die Grundrechte der Beklagten auf unternehmerische Freiheit und auf Berufsfreiheit zu berücksichtigen sind.
36
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
37
(2) Vorliegend hat das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen , in welcher Weise und in welchem Umfang die Beklagte in ihrer unternehmerischen Betätigung durch die Anordnung einer Sperre - etwa wegen des hiermit verbundenen organisatorischen, technischen oder finanziellen Aufwands oder sonstiger negativer Folgen für den Betrieb ihres Unternehmens - einge- schränkt würde. Die Zumutbarkeit der Anordnung hat als anspruchsbegründende Tatsache der Anspruchsteller darzulegen (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
38
ee) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 26). Solche verlangt die Klägerin auch nicht.
39
ff) Das Berufungsgericht hat die Zumutbarkeit zu Recht nicht an der Effektivität der zur Verfügung stehenden technischen Sperrmaßnahmen scheitern lassen.
40
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel).
41
(2) Das Berufungsgericht hat zur Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen keine Feststellungen getroffen, sondern diese Frage dahinstehen lassen. Im Revisionsverfahren ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind.
42
gg) Die Annahme des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall spreche die Gefahr der Sperrung rechtmäßiger Inhalte gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, wird durch seine tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.
43
(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei Durchführung der Sperrmaßnahmen bestehe die Gefahr, dass der Zugang zu rechtmäßigen Angeboten unterbunden werde, dadurch Rechte Dritter nachhaltig beeinträchtigt würden und die Beklagte deshalb unter Umständen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen Dritter ausgesetzt sei. Nähere Feststellungen zur Betroffenheit legaler Inhalte hat das Berufungsgericht allerdings nicht getroffen.
44
(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Bei der vorzunehmenden Gewichtung ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.).
45
Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen kann vorliegend nicht beurteilt werden, in welchem Umfang legale Angebote betroffen gewesen wären, wenn die Internetseite "3. " gesperrt worden wäre.
46
(3) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. österr. OGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
47
hh) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EU-Grundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
48
(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "3. " abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
49
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde, Sperrverfügungen im Internet, S. 50; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
50
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
51
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor
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jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders., ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
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(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (vgl. Hermes in Dreier, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
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(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
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Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
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Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
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(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt trotz des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Download-Angebote oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 55).
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ii) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, die für die Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Sperrmaßnahmen bedürften als grundrechtsrelevante Maßnahmen nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
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(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, nicht zwischen gleichgeordneten Rechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
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(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen demjenigen, der den Schutz von Urheberrechten verfolgt und einem Telekommunikationsunternehmen, also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
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(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat bei einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums , BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - InternetVersteigerung

II).


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(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der Ausübung der in der EU-Grundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPRITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
63
jj) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
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(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert/ Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
65
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
66
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert /Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
67
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
68
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte deshalb nicht zumutbar, weil die Klägerin nicht in hinreichendem Maße gegen den Betreiber und den Host-Provider der Webseite "3. " vorgegangen ist.
69
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
70
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - die Rechtsverletzung entweder selbst begangen oder - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - zu ihr durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler nur unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite oder seines Host-Providers scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
71
bb) Das Vorgehen der Klägerin gegen den Betreiber und den HostProvider der Internetseite "3. " - ihren Vortrag als richtig unterstellt - rechtfertigt nicht den Schluss, der Beklagten als Access-Provider seien Maßnahmen zur Sperrung des Zugangs zu der fraglichen Internetseite zumutbar.
72
(1) Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe gegen den von ihr als Betreiber der Webseite ermittelten S. M. am 22. August 2008 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf erwirkt. Diese habe ebenso wenig wie vorgerichtliche Postsendungen unter der bei der Domain-Registrierung angegebenen Adresse in der Schweiz zugestellt werden können. Es habe sich um eine fingierte Adresse gehandelt, weil die Postleitzahl falsch gewesen sei und es in C. keinen "B. " gebe.
73
Dieser Vortrag lässt zwar darauf schließen, dass der Betreiber der Webseite seine Inanspruchnahme durch Angabe einer falschen Anschrift verhindern wollte. Im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit ist allerdings vor der Inanspruchnahme des Access-Providers zu verlangen, dass der Rechteinhaber, der Verschleierungsmaßnahmen des Verletzers erkennt, naheliegende Bemühungen unternimmt, um die Identität und Erreichbarkeit des Rechtsverletzers zu klären. Mit der Auskunft, eine hinterlegte Postadresse sei falsch, darf sich der Rechteinhaber nicht zufriedengeben. Vielmehr ist ihm abzuverlangen, weitere Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung - etwa durch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer Unternehmer, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, oder durch die Einschaltung der Ermittlungsbehörden - zu veranlassen, um seine Rechte gegenüber dem Verletzer geltend machen zu können. Erst wenn solche weiteren Maßnahmen fehlschlagen und auch ein Vorgehen gegen den Host-Provider keinen Erfolg verspricht, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers im Hinblick darauf zulässig, dass dem Rechteinhaber andernfalls kein effektiver Rechtsschutz gewährt würde.
74
(2) Die Klägerin hat ferner erfolglos versucht, den Betreiber des Servers in Anspruch zu nehmen, auf dem die Webseite gespeichert war. Sie hat hierzu vorgetragen, sie habe im gegen den Betreiber der beanstandeten Webseite gerichteten Eilverfahren auch den von ihr ermittelten Betreiber des Servers in Anspruch nehmen wollen. Die ermittelte Adresse in L. sei jedoch ebenfalls falsch gewesen, so dass sie den Betreiber des Servers schon vorprozessual nicht habe erreichen können. Den entsprechenden Verfügungsantrag habe sie zurückgenommen, nachdem das Landgericht Düsseldorf darauf hin- gewiesen habe, dass eine Haftung des weiteren Antragsgegners ausscheide, solange dieser keine Kenntnis von der Rechtsverletzung habe.
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Dieses Vorgehen gegen den Host-Provider reicht für die Annahme, eine Rechtsverfolgung gegen den Access-Provider sei verhältnismäßig, ebenfalls noch nicht aus. Dem Rechtsinhaber obliegen zunächst weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung, wenn ein Host-Provider seine Identität verschleiert, bevor eine Inanspruchnahme des Access-Providers zumutbar ist.
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e) Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass für eine Zurückverweisung der Sache besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die Klägerin hat die von ihr vorgenommenen Bemühungen zur Ermittlung der Identität des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers vorgetragen. Das rechtliche Gehör der Klägerin ist deshalb gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, der Klägerin durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
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5. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014, 468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
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C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Schaffert Kirchhoff Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.03.2010 - 308 O 640/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2013 - 5 U 68/10 -

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR340/14 Verkündet am:
28. Juli 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah; 1004
Abs. 1 Satz 1

a) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann
der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern
auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet
abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.

b) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen
kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur
verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich
falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung
der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung
, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich
und dem Störer zumutbar ist.

c) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein
Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst
wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst
die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer,
der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung
der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen aus dem Artikel vom 24. September 2010 gerichtete Hilfsantrag abgewiesen und der auf Schadensersatz gerichtete weitere Hilfsantrag als verspätet angesehen worden ist. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Aktiengesellschaft nimmt den Beklagten auf Löschung von im Internet abrufbaren Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war für die heute nicht mehr existierende Kanzlei Dr. S. & v. B. als freier Mitarbeiter tätig. Im Auftrag von Aktionären der Klägerin nahm er diese gerichtlich auf Erfüllung eines Vertrags über den Rückkauf von Aktien der Klägerin in Anspruch. Auf der Homepage der Kanzlei Dr. S. & v. B. wurde zeitnah über die Klageerhebung berichtet. Der Beitrag wurde später gelöscht. Vom 24. September 2010 an waren in dem Internetportal des B. e.V. und in dem Internetportal "recht§billig" mit dem Foto des Beklagten bebilderte Beiträge abrufbar, in dem unter voller Namensnennung wie folgt über die Klageerhebung berichtet wurde:
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"Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. hat für Aktionäre Zahlungsklage gegen die A. & L. AG in H. erhoben. Die Aktionäre fordern die Erfüllung von Kaufzusagen bezüglich ihrer Aktien durch die A. & L. AG.
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Mit einem Emissionsprospekt warb die A. & L. AG im Jahre 2000 im Rahmen einer Kapitalerhöhung um Aktionäre. Angeboten wurden 10 Millionen Stück Aktien ohne Nennwert zum Verkaufspreis von 5 €. Die Gesellschaft wollte sich mit dem Kapital an Unternehmen in "interessanten aufstrebenden Branchen" beteiligen. Den umworbenen Anlegern wurde der baldige Börsengang zugesagt, ein Ziel, das der Alleinvorstand der Aktiengesellschaft schon bald wieder aufgab.
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Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Mindestens seit 2003 fand weder eine Hauptversammlung statt, noch gab es Geschäftsberichte. Dividendenzahlungen blieben völlig aus. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert.
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Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. verfolgt mit der Klage das Ziel, dass von der A. & L. AG der bereits mehrfach zugesagte Kaufpreis für die Aktien nunmehr tatsächlich auch bezahlt wird.
7
Betroffene Investoren können sich der Interessengemeinschaft "A. & L. AG" im B. e.V. anschließen."
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Nach einer Abmahnung des Beklagten war die Berichterstattung dort nicht mehr abrufbar. Die Klägerin stellte allerdings in der Folgezeit fest, dass eine entsprechende Berichterstattung unter der Überschrift "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar war. Die Berichterstattung war über Suchmaschinen abrufbar.
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Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung des im Internet über Suchmaschinen abrufbaren Artikels vom 24. September 2010 "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" zu bewirken. In einem nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen , ihr jeden Schaden zu erstatten, der ihr infolge der jederzeitigen Abrufbarkeit des beanstandeten Artikels im Internet entstanden ist oder noch entstehen wird. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung folgender Passagen aus dem Artikel zu bewirken: "Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert." Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

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Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zwar sei der Beklagte jedenfalls Mittäter hinsichtlich der zunächst auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren Veröffentlichung. Da der Beitrag jedoch bereits vor Klageerhebung aus dem Internetauftritt herausgenommen worden sei, gehe das Löschungsbegehren insoweit ins Leere. Es könne offenbleiben, ob der Beklagte auch Täter hinsichtlich dieses oder eines inhaltsgleichen Beitrags auf den Seiten des B. e.V. sei, da auch diese Veröffentlichungen vor Klageerhebung gelöscht worden seien. Für die Folgeveröffentlichungen im Internet hafte der Beklagte nicht. Dass er Täter oder Teilnehmer hinsichtlich der Folgeveröffentlichungen sei, behaupte die Klägerin nicht. Der Beklagte sei aber auch nicht Störer. Als Störer sei verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beitrage. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der ur- sprüngliche Beitrag des Beklagten für die in Rede stehenden Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal gewesen sei. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, dass ein Beitrag des Beklagten ohne sein Zutun unter der möglichen Verletzung urheberrechtlich geschützter Positionen von Dritten veröffentlicht werde. Abgesehen davon habe der Beklagte nicht - wie für die Störerhaftung erforderlich - zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Es sei ihm nicht zuzumuten, fremde Internetauftritte zu überprüfen. Aber auch wenn er von rechtswidrigen Veröffentlichungen wisse, bestehe für ihn keine Löschungspflicht. Denn er sei nicht in der Lage, die Störung zu beseitigen, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetauftritte habe. Zwar möge es Fälle geben, in denen einer Unterlassungsverpflichtung nur dadurch Genüge getan werden könne, dass aktiv in den Kausalverlauf eingegriffen werde. Dies könne aber nicht auf Fälle erstreckt werden, in denen - wie im Streitfall - die als rechtswidrig reklamierten Veröffentlichungen ohne Zutun durch den in Anspruch Genommenen erfolgten. Den mit - vom Landgericht nachgelassenen - Schriftsatz nachgeschobenen und auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag habe das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Er sei verspätet.

II.

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Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen kann, die Löschung des gesamten, im Internet abrufbaren Artikels zu bewirken. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der von der Klägerin mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken , nicht vollumfänglich verneint werden. Dem Berufungsgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es den auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag als verspätet angesehen hat.
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1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf Bewirkung der Löschung des gesamten, im Internet aufrufbaren Artikels gerichtete Hauptantrag unbegründet ist.
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a) Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass der Betroffene gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen kann (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 14, 16; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 10, 15; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 6 f., 11; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, AfP 1982, 217, 218, jeweils mwN). Er kann den Störer nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen, sondern in entsprechender Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326 ff., 332 f.; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; vom 28. September 1973 - I ZR 136/71, NJW 1973, 2285, 2286; BVerfG, AfP 1997, 619, 620; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Auflage, Vor §§ 823 ff Rn. 79 ff., § 823 Rn. 241 ff.; MünchKommBGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 219 ff.; Staudinger/Hager, 13. Bearb. 1999, § 823 C 271; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., Einf v § 823 Rn. 38; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., 22. Kapitel, Rn. 2; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 28 sowie zum Beseitigungsanspruch in Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung bei unzulässiger Meinungsäußerung: Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 ff.). Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 13 mwN). Hierauf beschränkt sich der Beseitigungsanspruch aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620 zum Anspruch auf Ergänzung einer Berichterstattung im Rahmen eines "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs"; MünchKommBGB/Rixecker, aaO Rn. 221; Staudinger/Hager, aaO, C 270). Vielmehr kann der Betroffene den Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff. sowie Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf).
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Dem steht nicht entgegen, dass es der Senat in seinem Urteil vom 3. Mai 1977 (VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332 ff.) abgelehnt hat, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Ehrenschutzes über die Rechtsbehelfe der Unterlassung und der Berichtigung hinaus durch Zulassung einer Klage auf Feststellung der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung zu erweitern. Denn tragend für diese Entscheidung war, dass Gegenstand der begehrten Feststellung nicht - wie in § 256 ZPO vorausgesetzt - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine bloße Vorfrage für die Rechtsbeziehungen der Parteien war, auf die eine Feststellungsklage nicht gestützt werden kann (ebenda S. 332).
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Für die Anerkennung eines Beseitigungsanspruchs in Gestalt der Löschung bzw. des Hinwirkens auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen spricht demgegenüber seine Nähe zum Unterlassungsanspruch. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf diese ist in ihren Wirkungen für den Störer und in ihrem Zweck für den Betroffenen der Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen angenähert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands , wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN).
16
Als Mittel zur Beendigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist das im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs geltend gemachte Löschungsbegehren allerdings nicht von geringeren sachlich-rechtlichen und beweismäßigen Voraussetzungen abhängig als die bisher anerkannten Rechtsbehelfe (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 335 f.; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138). Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann dementsprechend nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 337; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 40; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; MünchKomm-BGB/ Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/ Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; jeweils mwN).
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b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Hauptantrag bereits daran, dass er weit über das Ziel hinausschießt. Eine Löschung des gesamten Artikels ist zum Schutze des geschäftlichen Ansehens der Klägerin vor der Fortwirkung einer etwaigen rechtswidrigen Beeinträchtigung nicht erforderlich. Denn der Artikel enthält eine Vielzahl von Aussagen, die entweder ersichtlich zutreffend oder von der Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet worden sind und damit die Rechte der Klägerin nicht verletzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529).
18
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden.
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a) Die Klägerin hat ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren wirksam in den Rechtsstreit eingeführt. Es ist allerdings nicht bereits als Minus im Hauptantrag mitenthalten. Die von der Klägerin gestellten Anträge sind so auszulegen, dass sie mit dem Hauptantrag ausschließlich das Bewirken der Löschung des gesamten Artikels begehrt hat. Denn sie hat nach dem Hinweis des Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie könne nicht den gesamten Artikel "verbieten" lassen, an ihrem Hauptantrag uneingeschränkt festgehalten und ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren ausdrücklich zum Gegenstand eines selbstständigen Hilfsantrags gemacht.
20
Das eingeschränkte Beseitigungsbegehren ist von der Klägerin aber wirksam zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt sind. Denn eine mit der Berufung vorgenommene Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO stellt unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Misserfolg des auf uneingeschränkte Leistung gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 ff.; vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361 Rn. 25; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 30).
21
b) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten eingeschränkten Beseitigungsbegehrens zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt. Zwar hat die Klägerin in der Berufungsinstanz mit ihrenzwei Hilfsanträgen verschiedene Streitgegenstände alternativ geltend gemacht, ohne die Reihenfolge zu benennen, in der sie die Anträge zur Überprüfung durch das Gericht stellt. Sie hat die gebotene Klarstellung aber in zulässiger Weise in der Revisionsinstanz nachgeholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie erklärt, den auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen des Artikels gerichteten Antrag als ersten Hilfsantrag und den auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens gerichteten Antrag als zweiten Hilfsantrag verfolgen zu wollen. Damit hat sie die verschiedenen Streitgegenstände in der gebotenen Weise in ein Eventualverhältnis gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 ff.; vom 27. November 2013 - III ZR 371/12, juris Rn. 2).
22
c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in entsprechender Anwendung der § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte verantwortlich ist.
23
aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren.
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(1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 mwN). Sofern eine Äußerung , in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, AfP 1992, 75, 78; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, AfP 1994, 218 f.; vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252 f.; vom 16. November2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 mwN).
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(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerungen überlagert und geprägt würde.
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Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe , enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe , zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.
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bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.
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cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.
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(1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
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(2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
31
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 mwN; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33).
32
Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen , dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN).
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dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich.
34
(1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 37; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 10 ff., jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 34 - Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Aufl., Vor §§ 823 ff Rn. 83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, S. 84 f.; Ingendaay, AfP 2011, 126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014, 8, 15 ff.).
35
(2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe, allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.
36
(a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungszustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800).
37
(b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverlet- zung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 f.; vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 21).
38
d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.
39
aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; Ott, WRP 2007, 605, 608; Bornkamm inKöhler/ Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn. 26).
40
bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Inter- netplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung , den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen , schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf; Wybitul/ Fladung, BB 2012, 509, 511 f.). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs - oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1976 - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 253; vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, VersR 2004, 797, 798; BVerfG, NJW 2010, 220 Rn. 26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn. 66 (Stand: 01.02.2015)).
41
3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in den Prozess eingeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, NJW 2015, 1296 Rn.14; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154; vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 13; Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).
42
4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Wellner von Pentz Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 324 O 550/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 - 7 U 60/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 80/12 Verkündet am:
15. August 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
File-Hosting-Dienst

a) Ist das Geschäftsmodell eines File-Hosting-Dienstes nicht von vornherein auf
Rechtsverletzungen angelegt, ist der Umstand, dass der Betreiber durch eigene
Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung des Dienstes fördert, bei
der Bestimmung des Umfangs der ihm als Störer obliegenden Prüfpflichten zu berücksichtigen
(Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ
194, 339 Rn. 21 ff. - Alone in the Dark).

b) Leistet ein File-Hosting-Dienst durch sein konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen
in erheblichem Umfang Vorschub, so ist ihm eine umfassende
regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf seinen Dienst verweisen
(Fortführung von BGHZ 194, 339 Rn. 39 - Alone in the Dark).

c) Die Prüfpflichten des Störers, die sich danach ergeben, bestehen in Bezug auf jedes
Werk, hinsichtlich dessen ihm eine klare Rechtsverletzung angezeigt worden ist; sie
verringern sich nicht deswegen, weil er auf eine große Zahl von Verletzungen - im
Streitfall auf das Öffentlich-Zugänglichmachen von über 4800 Musiktiteln - hingewiesen
worden ist.
BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 14. März 2012 wird zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten zu 2 und 3 wird das genannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Beklagten zu 2 und 3 erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt als Verwertungsgesellschaft die Verwertungsrechte von Musikurhebern (Komponisten und Textdichtern ) wahr. Die Klägerin ist Inhaber der ausschließlichen Verwertungsrechte an den in den Anlagen K1, K2 und K27 bezeichneten Musikwerken. Die Beklagte zu 1 (nachfolgend: die Beklagte), eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, stellt unter der Internetadresse www.rapidshare.com Nutzern Speicherplatz im Internet zur Verfügung („File-Hosting-Dienst“). Bei diesem Dienst kann der Nutzer beliebige Dateien auf die Internetseite der Beklagten hochladen , die dann auf deren Server abgespeichert werden. Nach dem Hochladen wird dem Nutzer ein elektronischer Verweis übermittelt, mit dem dieser die abgelegte Datei über seinen Browser aufrufen und herunterladen kann (Download -Link). Der Beklagte zu 2 ist zur Alleinvertretung berechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats der Beklagten, der Beklagte zu 3 war bis in das Jahr 2010 deren Geschäftsführer.
2
Die Beklagte stellt weder ein Inhaltsverzeichnis über die hochgeladenen Dateien noch eine Suchfunktion oder sonstige Katalogisierung dieser Daten bereit. Die Nutzer der Beklagten können jedoch die jeweiligen Download-Links in Linksammlungen einstellen. Es ist möglich, in den Linksammlungen nach bestimmten, auf den Servern der Beklagten abgespeicherten Dateien zu suchen.
3
Die Beklagte bietet für die Nutzung ihres Dienstes zwei Möglichkeiten an. Ohne Registrierung kann der Dienst kostenlos, aber nur in eingeschränktem Umfang genutzt werden. So beginnt der Download mit Verzögerung, weitere Downloads sind im unmittelbaren Anschluss nicht möglich und die Downloadgeschwindigkeit ist begrenzt; zudem können die hochgeladenen Dateien - nach Vortrag der Beklagten - höchstens zehnmal heruntergeladen werden. Daneben gab es die Möglichkeit, nach Registrierung des Nutzers ein kostenpflichtiges Premium-Konto einzurichten. Das Premium-Konto ermöglicht insbesondere ein schnelles und paralleles Herunterladen mehrerer Dateien.
4
Die Beklagte vergab darüber hinaus Premium-Punkte an Nutzer, deren hochgeladene Dateien von anderen Personen abgerufen wurden. Diese Punkte konnten in ein kostenloses Premium-Konto oder andere hochwertige Prämien eingetauscht werden. Mit Wirkung zum 1. Juli 2010 hat die Beklagte die für Dateiaufrufe gewährten Premium-Punkte abgeschafft. Der Nutzer kann nun soge- nannte „Rapids“ und sodann das Leistungspaket „PremiumPro“ erwerben, das im Wesentlichen dem bisherigen Premium-Konto entspricht.
5
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22. November 2006 teilte die Klägerin mit, dass die in der Anlage K2 genannten 143 Musikwerke ohne ihre Zustimmung über den Dienst der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden waren. Mit Schreiben vom 15. Januar 2008 setzte die Klägerin die Beklagte davon in Kenntnis, dass auch die aus der Anlage K1 ersichtlichen 1687 Musikwerke über den Dienst der Beklagten abrufbar seien, unter dem 4. April 2008 folgte ein entsprechendes Schreiben in Bezug auf die in der Anlage K27 genannten 2985 Musikwerke. Nachdem diese Dateien in derFolgezeit nach dem Vortrag der Klägerin weiterhin über den Dienst der Beklagten abrufbar waren, nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.
6
Die Klägerin hat beantragt, es den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, im Rahmen des Online-Dienstes www.rapidshare.com die in der Anlage K1, K2 und K27 genannten Musikwerke öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.
7
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (LG Hamburg , ZUM 2009, 863). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Verurteilung darauf beschränkt , die in Rede stehenden Werke öffentlich zugänglich machen zu lassen (OLG Hamburg, MMR 2012, 393).
8
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


9
A. Das Berufungsgericht hat die Klage - klarstellend beschränkt auf die Handlungsform „öffentlich zugänglich machen zu lassen“ und auf Verletzungshandlungen in Deutschland - für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
10
Der Klägerin stehe gemäß § 97 Abs. 1, §§ 19a, 120, 121 Abs. 4 UrhG, Art. 5 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 6 RBÜ gegenüber den Beklagten ein Anspruch zu, es zu unterlassen, die im Urteilstenor genannten Musikwerke öffentlich zugänglich machen zu lassen.
11
Die Musikwerke seien in dem Moment öffentlich zugänglich gemacht worden, in dem der Download-Link für den Dienst der Beklagten in einer Linksammlung im Internet dritten Personen uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werde. Dies sei hinsichtlich der im Urteilstenor genannten Musikwerke geschehen.
12
Die Klägerin habe die Beklagte mit Schreiben vom 22. November 2006, 15. Januar 2008 und 4. April 2008 in Kenntnis gesetzt, dass über deren Plattform die in den Anlagen K1, K2 und K27 genannten Musikwerke öffentlich hätten heruntergeladen werden können. Damit sei es den Beklagten möglich gewesen , künftige Rechtsverletzungen zu verhindern. Gleichwohl seien diese Musikwerke in der Folgezeit noch über den Dienst der Beklagten abrufbar gewesen. Für diese Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte als Störerin.
13
Auch wenn das Geschäftsmodell der Beklagten grundsätzlich den Schutz der Rechtsordnung verdiene, berge es strukturell in einem Umfang die Gefahr massenhafter Urheberrechtsverletzungen in sich, dass der Beklagten erheblich gesteigerte Prüf- und Handlungspflichten zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen zuzumuten seien. Die Beklagte habe die Position eines neutralen Vermittlers verlassen. Zum Zeitpunkt der Verletzungshandlungen sei ihr Angebot maßgeblich zumindest auch auf die massenhafte Begehung von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet gewesen. Private Nutzer seien ermutigt worden , die hochgeladenen Dateien möglichst breit und flächendeckend zu verteilen. Es verstehe sich von selbst, dass eine Downloadhäufigkeit von über 100.000 Vorgängen, mit der die Beklagte werbe, nicht im vertraulichen geschäftlichen oder privaten Bereich, sondern allenfalls mit hoch attraktiven und damit im Regelfall rechtswidrigen Inhalten erreichbar sei. Die Beklagte hätte die Begehung rechtswidriger Handlungen über ihren Dienst auch durch die an die Häufigkeit des Herunterladens von Dateien gekoppelte Vergabe von PremiumPunkten maßgeblich gefördert. Selbst wenn die Beklagte inzwischen die aktive Bewerbung urheberrechtswidriger Handlungen eingestellt habe, wirke diese doch im Bewusstsein der maßgeblichen Verkehrskreise fort.
14
Unabhängig davon sei für die Annahme einer aktiven Förderung von Urheberrechtsverletzungen von entscheidendem Gewicht, dass die Beklagte ihren Nutzern weiterhin letztlich ein vollständig anonymes Handeln ermögliche. Durch die von ihr gewählte Anonymität hätte sich die Beklagte willentlich außer Stande gesetzt, wirkungsvoll gegen Rechtsverletzer vorgehen zu können. Auch der Umstand, dass die Beklagte ihren Dienst weiterhin im Wesentlichen durch das Volumen heruntergeladener Dateien und nicht durch das Bereitstellen von Speicherplatz finanziere, zeige, dass sie der Begehung von vielfachen Urheberrechtsverletzungen Vorschub leiste.
15
Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte ihren umfangreichen Sorgfaltsund Prüfpflichten als Störerin nicht hinreichend nachgekommen und hafte daher auf Unterlassung.
16
Die Beklagten zu 2 und 3 hafteten nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen in gleicher Weise.
17
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision derBeklagten zu 1 hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat die ihr als Störerin obliegenden Prüfpflichten verletzt; hätte sie diese Pflichten erfüllt, hätten weitere Verletzungen der Rechte der Klägerin verhindert werden können.
18
I. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (BGBl. 1994 II S. 2658). Die Klägerin macht Ansprüche aus einer in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung - dem Öffentlich -Zugänglichmachen der in den Anlagen K1, K2 und K27 genannten Musikwerke - geltend.
19
II. Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), weil die Begründung den Unterlassungstenor nicht trage. Die Begründung verpflichte die Beklagte nur zu reaktiven Maßnahmen mit dem Ziel, erneut eingetretene Rechtsverletzungen innerhalb kürzester Zeit wieder zu beenden. Das sei mit dem tenorierten Verbot nicht vereinbar.
20
Das Berufungsgericht hat die Beklagte als Störerin zur Unterlassung verurteilt. Das bringt der Unterlassungstenor mit der Wendung „öffentlich zugänglich machen zu lassen“ zum Ausdruck. Die Unterlassungspflicht des Störers, die an die Verletzung von Prüfpflichten anknüpft, bezieht sich auf die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung und zur Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen. Daraus folgt notwendig, dass die Entscheidungsgründe sich zentral mit den Prüf- und Handlungspflichten des Störers zu befassen haben. Die entsprechend gefassten Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts genügen der formalen Anforderung des § 547 Nr. 6 ZPO, eine Begründung des Unterlassungstenors zu geben.
21
III. Der Tenor des Berufungsurteils ist hinreichend bestimmt. Die Beklagten können ihm zwar nicht unmittelbar entnehmen, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten ihnen obliegen. Die im Einzelnen zu befolgenden Sorgfalts - und Prüfpflichten ergeben sich aber aus den Entscheidungsgründen des Urteils (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 52 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 37 = WRP 2008, 1104 Internet-Versteigerung III). Im Übrigen lassen sich die Grenzen dessen, was den Beklagten zuzumuten ist, im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungen dadurch, dass die fraglichen Werke öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht konkret abzusehen sind. Daher ist die Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren nicht zu vermeiden, wenn nicht der auf einen durchsetzbaren Unterlassungsanspruch zielende Rechtsschutz geopfert werden soll (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II). Da den Beklagten im Vollstreckungsverfahren stets nur schuldhafte Verstöße zur Last gelegt werden können , kann ein unverschuldetes Verhalten die Verhängung von Ordnungsmitteln nicht rechtfertigen.
22
IV. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den aus den Anlagen K1, K2 und K27 ersichtlichen und nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG geschützten Musikwerken berechtigt, urheberrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
23
V. Ohne Erfolg rügt die Revision, die Feststellung des Berufungsgerichts, die fraglichen Musikwerke seien öffentlich zugänglich gemacht worden, halte rechtlicher Überprüfung nicht stand.
24
Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe hinsichtlich jedes einzelnen der 4815 Musikwerke substantiiert dargelegt, dass sie öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Dem sei die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Ihr Bestreiten mit Nichtwissen sei unerheblich, weil die maßgeblichen Umstände Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten als Dienstbetreiber gewesen seien. Im Übrigen hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Danach habe die Klägerin substantiiert dargelegt und belegt, dass die fraglichen Titel jeweils über einen elektronischen Verweis (Link) auf den Server der Beklagten herunterzuladen waren, der auf einer im Internet abrufbaren Link-Sammlung eingestellt war. Die Klägerin habe dazu die jeweiligen Screenshots, auf denen der konkrete Downloadvorgang zu erkennen sei, und die Datenträger, auf denen nach dem Vortrag der Klägerin die heruntergeladenen Musikdateien gespeichert worden seien , vorgelegt. Sie habe zudem den im Internet veröffentlichten Link zum Server der Beklagten angegeben.
25
Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision mit der Begründung , dass die jeweiligen elektronischen Verweise in den Link-Sammlungen nicht Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten gewesen seien. Eine Verbindung der Beklagten zu den Betreibern der Linksammlungen sei nicht festgestellt worden.
26
Die Revision verkennt, dass das Berufungsgericht nur insoweit von einem unzulässigen Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ausgeht, als ein Verweis auf Dateien erfolgt ist, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind. Der Inhalt ihrer Server ist jedoch ohne weiteres Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten, so dass insoweit ein Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig ist (§ 138 Abs. 4 ZPO). Soweit die Beklagte auch mit Nichtwissen bestritten habe, dass die entsprechenden elektronischen Verweise in LinkSammlungen veröffentlicht wurden, hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts diese Tatsache ohne Rechtsfehler als erwiesen angesehen.
27
Ohne Erfolg rügt die Revision auch, das Berufungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Klägerin einen Dritten zur „Verbesserung ihres Arbeitsergebnisses“ hätte einschalten können. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Ein entsprechendes Verhalten der Klägerin liegt fern. Das Gleiche gilt für die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die von der Klägerin eingesetzte Software auf „private Nachrichten“ aus dem Internet zum Auffinden der Links hätte zugreifen können.
28
VI. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer grundsätzlich vorrangig gegenüber der Störerhaftung ist. Im Streitfall kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Beklagte an den von ihren Nutzern begangenen Urheberrechtsverletzungen etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky). Allerdings setzt eine Teilnehmerhaftung die Kenntnis von einer konkret drohenden Haupttat voraus. Die im Streitfall getroffenen Feststellungen erlauben nicht die Annahme, die Beklagte habe über eine solche Kenntnis verfügt.
29
VII. Die Beklagte kann aber als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie Prüfpflichten verletzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 15 ff. - Alone in the Dark). Entgegen der Ansicht der Revision gehen die der Beklagten vom Berufungsgericht auferlegten Prüfpflichten nicht über das zumutbare Maß hinaus.
30
1. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorge- nommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien steht im Übrigen § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 40 - Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 - L’Oréal/eBay) aufgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
31
Weitergehende Prüfungspflichten können bei einer besonderen Gefahrengeneigtheit des angebotenen Dienstes bestehen. Eine solche ist anzunehmen , wenn das Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky; BGHZ 194, 339 Rn. 22 - Alone in the Dark).
32
2. Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen.
33
a) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG, weil es sich bei den auf ihren Servern gespeicherten Daten um fremde Informationen gemäß § 10 Satz 1 TMG handelt (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 21 - Alone in the Dark).
34
b) Das Geschäftsmodell der Beklagten ist nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen , dass legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes der Beklagten, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich sind.
35
Neben einer Verwendung als „virtuelles Schließfach“ für eine sichere Verwahrung großer Mengen geschäftlicher oder privater Daten kann der Dienst der Beklagten dazu benutzt werden, bestimmten Nutzern eigene oder gemeinfreie Dateien zum Herunterladen oder zur Bearbeitung bereitzustellen. Das kommt etwa für Geschäftskunden in Betracht, die ihren Kunden Zugang zu bestimmten Informationen gewähren wollen, oder für Privatpersonen, die selbst erstellte digitale Bilder oder Filme mit Freunden oder Bekannten austauschen möchten. Dabei ist auch möglich, dass ein berechtigtes Bedürfnis zum massenhaften Herunterladen großer Dateien durch Dritte besteht - ein Merkmal, das die Beklagte als Vorteil ihres Dienstes herausstellt (BGHZ 194, 339 Rn. 23 - Alone in the Dark). Zudem hat das Berufungsgericht - wenn auch in anderem Zusammenhang - darauf verwiesen, dass dezentrale Speicherorte für die Verteilung von Software-Backups genutzt werden und dass der Dienst der Beklagten jedenfalls von einer seriösen Fachzeitschrift auf eine Stufe mit anderen Anbietern legaler Dienstleistungen im Bereich des „Cloud Computing“ gestellt worden ist.
36
c) Das Berufungsgericht ist aber auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte - auch wenn nicht angenommen werden kann, dass sie von konkret bevorstehenden Urheberrechtsverletzungen Kenntnis hatte - die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen gefördert hat. Die abweichende Beurteilung des Senats in der Entscheidung „Alone in the Dark“ (BGHZ 194, 339 Rn. 25 ff.) beruhte auf den dort getroffenen tatrichterlichen Feststellungen.
37
Als gewerbliches Unternehmen ist die Beklagte bestrebt, Einnahmen zu erzielen. Anders als andere Dienste etwa im Bereich des „Cloud Computing“ verlangt die Beklagte kein Entgelt für die Bereitstellung von Speicherplatz. Im Rahmen ihres Geschäftsmodells erzielt sie ihre Umsätze vielmehr nur durch den Verkauf von Premium-Konten oder - nach der inzwischen erfolgten Umstellung ihrer Angebote - von „Rapids“ und „PremiumPro“-Konten.
38
Die damit verbundenen Komfortmerkmale vor allem hinsichtlich Geschwindigkeit der Ladevorgänge, Dauer der Datenspeicherung und Größe der hochladbaren Dateien sind zwar auch bei vielen legalen Nutzungsmöglichkeiten von Bedeutung (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 26 - Alone in the Dark). Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, eine Häufigkeit von 100.000 Downloads für manche Dateien, mit der die Beklagte wirbt, sei nur mit hochattraktiven und damit im Regelfall rechtswidrigen Inhalten zu erreichen. Diese tatrichterliche Beurteilung verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Auch wenn der Dienst der Beklagten auch für die Verteilung von für eine große Personenzahl bestimmten SoftwareUpdates von Interesse sein mag, ist doch die Annahme des Berufungsgerichts nicht rechtsfehlerhaft, für viele Nutzer sei gerade das rechtsverletzende Herunterladen urheberrechtlich geschützter Werke wie Filme, Musik oder Softwareprodukte attraktiv.
39
Je öfter diese Nutzer solche geschützten Inhalte ohne weitere Kosten bei der Beklagten tatsächlich herunterladen oder herunterzuladen beabsichtigen, desto eher sind sie bereit, die kostenpflichtigen Angebote der Beklagten in Anspruch zu nehmen. Das Berufungsgericht ist deshalb ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Umsätze durch eine steigende Zahl von Downloads erhöht und dass sie deshalb in erheblichem Maß gerade von massenhaften Downloads profitiert, für die vor allem zum rechtswidrigen Herunterladen bereitstehende Dateien mit geschützten Inhalten attraktiv sind.
40
Diese Attraktivität für illegale Nutzungen wird, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, durch die Möglichkeit gesteigert, die Dienste der Beklagten anonym in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 25 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). An diesem Umstand ändert sich nichts durch das an die Diensteanbieter gerichtete Gebot, grundsätzlich eine anonyme Nutzung von Telemedien zu ermöglichen , soweit sie technisch möglich und zumutbar ist (vgl. § 13 Abs. 6 TMG).
41
Vor diesem Hintergrund konnte das Berufungsgericht auch die bis zum 30. Juni 2010 praktizierte, von der Downloadhäufigkeit der hochgeladenen Dateien abhängige Vergabe von Premium-Punkten an Nutzer der Beklagten ohne Rechtsfehler als weiteres Indiz dafür ansehen, dass sie Rechtsverletzungen gefördert hat. Denn die Beklagte hat damit insbesondere auch die hohe Attrak- tivität des Herunterladens von Dateien mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt belohnt, die auf ihren Servern ohne Zustimmung der Rechteinhaber zugänglich gemacht worden sind.
42
Das Berufungsgericht hat aus den vorgenannten Feststellungen ohne Rechtsfehler die tatsächliche Schlussfolgerung gezogen, dass die konkrete Ausgestaltung des Dienstes der Beklagten einen erheblichen Anreiz schafft, ihn für massenhafte Rechtsverletzungen zu nutzen. Es hat dabei auch berücksichtigt , dass die Beklagte selbst von einer Missbrauchsquote von 5 bis 6 % ausgegangen ist, was bei einem täglichen Upload-Volumen von 500.000 Dateien auf ca. 30.000 urheberrechtsverletzende Nutzungshandlungen hinausläuft.
43
3. Das Berufungsgericht ist in tatrichterlicher Würdigung dieser Umstände ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Beklagten zwar keine anlasslose , wohl aber eine anlassbezogene Überwachungspflicht auferlegt werden kann, die einer bereits erfolgten Rechtsverletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt.
44
a) Der Umfang der Prüfpflichten desjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, bestimmt sich danach, ob und inwieweit ihm nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 419 f. = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker; Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; Urteil vom 9. Februar 2006 - I ZR 124/03, GRUR 2006, 875 Rn. 32 = WRP 2006, 1109 - Rechtsanwalts-Ranglisten; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Da die Beklagte durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes fördert, obliegen ihr im Rahmen der Störerhaftung grundsätzlich weitgehende Prüfungspflichten. Dennoch ist es ihr - soweit sie als Störerin in Anspruch genommen wird - nicht zuzumuten, jede von Nutzern auf ihren Servern hochgela- dene Datei auf rechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Denn dies würde ihr Geschäftsmodell gefährden, das nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist, sondern - wie dargelegt - in vielfältiger Weise auch legal genutzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I), und für das grundsätzlich das Haftungsprivileg des § 10 Satz 1 TMG gilt (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 24 - Sommer unseres Lebens; vgl. auch EuGH, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L’Oréal/eBay).
45
Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin geschützten Musikwerke, deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Der Umstand, dass die Beklagte durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes fördert, ist jedoch bei der Bestimmung des Umfangs ihrer Prüfpflichten zu berücksichtigen.
46
b) Die Beklagte ist mit Schreiben vom 22. November 2006, vom 15. Januar 2008 und vom 4. April 2008 von der Klägerin auf klare Rechtsverletzungen in Bezug auf die in den Anlagen K1, K2 und K27 genannten Werke hingewiesen worden. Sie war daher ab diesem Zeitpunkt nicht nur dazu verpflichtet , das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern hatte auch Vorsorge zu treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 39 - Stiftparfüm; BGHZ 194, 339 Rn. 29 - Alone in the Dark).
47
c) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen - und insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts waren die in Rede stehenden Musikwerke noch nach den Schreiben der Klägerin vom 22. November 2006, 15. Januar 2008 und 4. April 2008, die jeweils die Prüfpflicht der Beklagten begründeten, auf deren Servern abrufbar. Die Beklagte hat die ihr als Störerin obliegenden Prüfpflichten verletzt, weil sie nach den Hinweisen der Klägerin nicht jeweils alles ihr technisch und wirtschaftlich Zumutbare getan hat, um weitere Rechtsverletzungen im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin geschützten Werke auf ihren Servern zu verhindern (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 31 - Alone in the Dark).
48
aa) Das Berufungsgericht hat nur hinsichtlich der in Anlage K2 aufgeführten Musikwerke ausdrücklich festgestellt, dass die Beklagte die dort genannten Dateien insgesamt gelöscht hat. Auch im Übrigen hat die Beklagte aber eine entsprechende Löschung vorgetragen; das Berufungsgericht hat insoweit keine abweichenden Feststellungen getroffen. Ihre darüber hinausgehenden Sorgfalts - und Prüfpflichten zur Verhinderung weiterer gleichartiger Rechtsverletzungen hat die Beklage zu 1 jedoch nicht erfüllt.
49
Solche gleichartigen Rechtsverletzungen sind nicht nur Angebote, die mit den bekannt gewordenen Fällen identisch sind, die also das Zugänglichmachen derselben Musikwerke durch denselben Nutzer betreffen. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen dessen, was ihr technisch und wirtschaftlich zumutbar ist, dafür Sorge zu tragen, dass weder der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Nutzer noch andere Nutzer Dritten über ihre Server die ihr konkret benannten urheberrechtlich geschützten Werke anbieten. Die Urheberrechtsverletzung ist auf das konkrete urheberrechtlich geschützte Werk bezogen. Im Sinne der Störerhaftung sind Verletzungshandlungen gleichartig, durch die dieses Urheberrecht erneut verletzt wird. Dabei kommt es nicht auf die Person desjenigen an, der durch das Zugänglichmachen des geschützten Werkes den Verletzungstatbestand erfüllt (vgl. BGHZ 194, 339, Rn. 32 - Alone in the Dark).
50
bb) Das Berufungsgericht hat den Tatsachenvortrag der Beklagten zu deren Überprüfungsmaßnahmen als insgesamt unsubstantiiert angesehen, weil diese sich darauf beschränkt hätten, allgemeine organisatorische Maßnahmen zu benennen, die nicht im Zusammenhang mit den ihnen konkret entgegengehaltenen Rechtsverletzungen gestanden hätten. Zudem sei nicht ersichtlich, wann, mit welchen Mitteln, wie, durch wen, wie häufig und mit welchem Ergebnis Maßnahmen durchgeführt worden seien. Das Berufungsurteil beruht indes nicht auf einer Zurückweisung des Vortrags der Beklagten als unsubstantiiert. Das Berufungsgericht hat sich vielmehr im Einzelnen mit den von der Beklagten behaupteten Maßnahmen befasst. Hiergegen wendet sich die Revision vergeblich.
51
(1) Die Revision macht geltend, die Beklagte hätte dargelegt, dass sie ein 17-köpfiges Team zur Bekämpfung von Missbräuchen (Abuse-Team) unterhalte , das sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag mit der Prüfung und Löschung von Dateien im Zusammenhang mit möglichen Urheberrechtsverletzungen befasst sei. Die Mitarbeiter der Beklagten gingen entsprechenden Meldungen nach und suchten aktiv einschlägige Internetseiten auf, um Urheberrechtsverletzungen abzustellen und zu verhindern. Damit hat die Beklagte keine konkreten Maßnahmen in Bezug auf die Verhinderung der gerügten Urheberrechtsverletzungen dargelegt. Allein die Zahl und der Einsatzzeitraum der beschäftigten Mitarbeiter kann schon deshalb nicht als hinreichender Vortrag angesehen werden, weil er keine Angaben dazu enthält, mit welcher Intensität und wie im Einzelnen eine Überprüfung stattfand.
52
(2) Den Hinweis der Beklagten in ihren Nutzungsbedingungen, dass es unzulässig sei, Werke unter Verletzung des Urheberrechts hochzuladen, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler als notwendige, aber wenig effektive Maßnahme angesehen.
53
(3) Der von der Beklagten vorgetragene Einsatz von MD5-Filtern kann Verletzungshandlungen nur in geringem Umfang verhindern, weil diese Filter nur Dateien erkennen können, die mit der rechtsverletzenden Datei identisch sind. Der Einsatz von MD5-Filtern reicht deshalb für die Erfüllung der Überprüfungs - und Kontrollpflichten der Beklagten nicht aus.
54
(4) Auch mit dem von der Revision besonders herausgestellten Angebot eines Lösch-Interface für Rechteinhaber kann die Beklagte ihre Sorgfalts- und Prüfpflichten nicht erfüllen. Der Klägerin bietet das Lösch-Interface nur eine begrenzte Möglichkeit, gegen illegale Nutzungen vorzugehen. Sie kann nur die konkreten, ihr schon bekannten rechtsverletzenden Dateien oder Links löschen, aber nicht selbst nach potentiellen neuen Rechtsverletzungen suchen. Zudem kann die Klägerin nicht gegen die hinter dem jeweiligen rechtsverletzenden Angebot stehenden Personen vorgehen, weil diese im Dienst der Beklagten und folglich auch bei Nutzung des von ihr angebotenen Lösch-Interface anonym bleiben. Schon diese beiden Eigenschaften des von der Beklagten eingerichteten Lösch-Interface begründen einen wesentlichen Unterschied zu dem Programm , zu dem sich der Senat in der Entscheidung „Kinderhochstühle im Internet“ (Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 43 = WRP 2011, 223) geäußert hat. Anders als in jenem Markenverletzungen betreffenden Fall sind die vorliegenden Urheberrechtsverletzungen auch offensichtlich, sobald ein zu einem geschützten Werk führender Link veröffentlicht worden ist. Die Beklagte kann sich den ihr obliegenden Kontrollmaßnahmen deshalb nicht dadurch entziehen, dass sie der Klägerin ihr Lösch-Interface anbietet.
55
cc) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die ihr obliegende Prüfpflicht verletzt und es dadurch versäumt, weitere, mit den von der Klägerin angezeigten Fällen gleichartige Rechtsverletzungen zu verhindern.
56
(1) Die Beklagte hat ihre Prüfpflicht verletzt, weil sie es unterlassen hat, die einschlägigen Linksammlungen im Hinblick auf die im Klageantrag aufgeführten Musikwerke zu durchsuchen.
57
Soweit Hyperlinks in Linksammlungen auf Dateien verweisen, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind und zugunsten der Klägerin geschützte Werke enthalten, handelt es sich um Verletzungshandlungen, die mit den festgestellten Verletzungen gleichartig sind und auf die sich die Prüfpflichten der Beklagten grundsätzlich erstrecken, nachdem sie über entsprechende Verstöße unterrichtet worden ist (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 37 - Alone in the Dark).
58
Da nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen ist, dass die Beklagte durch ihr konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet, ist ihr eine umfassende regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf ihren Dienst verweisen. Soweit der Senat in der Entscheidung „Alone in the Dark“ ausgeführt hat, der Beklagten sei grundsätzlich auch eine manuelle Kontrolle jedenfalls einer einstelligen Zahl von Linksammlungen zumutbar (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 39), war dies auf den in jenem Fall gestellten Klageantrag und die dort getroffenen tatrichterlichen Feststellungen zurückzuführen. Eine allgemeine Begrenzung der Zahl zu kontrollierender Linksammlungen kann dem Urteil „Alone in the Dark“ nicht entnommen werden.
59
Die Prüfpflichten des Störers bestehen bei jedem Werk, zu dem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, im selben Umfang. Sie verringern sich nicht dadurch, dass sie in Bezug auf eine große oder sehr große Werkzahl – allein im Streitfall über 4800 Musikwerke - erfüllt werden müssen. Denn der urheberrechtliche Schutz kann nicht dadurch geschwächt werden, dass es im Rahmen eines an sich zulässigen Geschäftsmodells zu einer gro- ßen Zahl von Rechtsverletzungen kommt. Allerdings ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der als Störer in Anspruch Genommene im Vollstreckungsverfahren mangelndes Verschulden einwenden könnte, wenn er im Einzelfall die Prüfpflicht für eine Vielzahl von Werken einer großen Zahl von Rechteinhabern nicht gleichzeitig erfüllen konnte, obwohl er seinen Geschäftsbetrieb angemessen ausgestattet hatte, um seinen Prüfpflichten nachzukommen. Allerdings werden häufig viele Rechte zahlreicher Rechtsinhaber in denselben Linksammlungen verletzt. Dementsprechend wird die Zahl der zu prüfenden Linksammlungen nicht im selben Verhältnis wie die Zahl der urheberrechtlich geschützten Werke ansteigen, die zu überprüfen sind. Die Annahme mangelnden Verschuldens bei der Verletzung der Prüfpflicht wird daher allenfalls sehr zurückhaltend in Ausnahmefällen in Betracht kommen.
60
Danach hat das Berufungsgericht die Prüfpflichten der Beklagten nicht überspannt, indem es ihr eine umfassende Kontrolle von Link-Ressourcen auferlegt , bei der sie gezielt nach weiteren Links suchen muss, die den Werktitel vollständig oder in einem Umfang enthalten, der darauf schließen lässt, dass das betreffende Werk zugänglich gemacht wird, wobei auch die verbale Beschreibung im Begleittext in die Überprüfung einbezogen werden soll. Die vom Berufungsgericht der Beklagten in diesem Umfang auferlegte allgemeine „Marktbeobachtungspflicht“ ist unter den konkreten Umständen des Streitfalls zumutbar und geboten. Die Beklagte ist somit verpflichtet, über allgemeine Suchmaschinen wie Google, Facebook oder Twitter mit geeignet formulierten Suchanfragen und gegebenenfalls auch unter Einsatz von sogenannten Webcrawlern zu ermitteln, ob sich hinsichtlich der konkret zu überprüfenden Werke Hinweise auf weitere rechtsverletzende Links auf ihren Dienst finden.
61
(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte einen Wortfilter benutzt, um mittels ihrer Server begangene Rechtsverletzungen aufzudecken. Ob dieser Wortfilter - wie erforderlich - unter Anzeige auch ähnli- cher Ergebnisse für alle im Streitfall relevanten Musikwerke eingesetzt worden ist, ist indes nicht festgestellt. Insoweit kann daher nicht von der Verletzung einer weiteren Prüfungspflicht durch die Beklagte ausgegangen werden (vgl. BGHZ 194, 339, Rn. 33 ff. - Alone in the Dark).
62
(3) Dass der Beklagten obliegende Prüfpflichten im Einzelfall auch zu einer Löschung rechtmäßiger Sicherungskopien führen können, macht ihre Erfüllung nicht unzumutbar (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark). Es ist deshalb unerheblich, dass das bloße Hochladen auf die Server der Beklagten für sich allein noch nicht auf die Vorbereitung eines illegalen ÖffentlichZugänglichmachens schließen lässt. Ist ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk über den Dienst der Beklagten bereits einmal in unzulässiger Weise öffentlich zugänglich gemacht worden, begründet das erneute Hochladen dieses Werks grundsätzlich die Gefahr, dass es wieder unter Verletzung des Urheberrechts genutzt wird. Die Beklagte hat dieser Gefahr im Hinblick auf das von ihrem Geschäftsmodell ausgehende erhebliche Gefährdungspotential für urheberrechtlich geschützte Interessen wirksam entgegenzutreten. Entgegen der Ansicht der Revision ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, dass dies zu einer für die Beklagte existenzgefährdenden Vielzahl von Löschungen für rechtmäßige Nutzungen gespeicherter Dateien führt.
63
4. Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte als Störer für die späteren gleichartigen Rechtsverletzungen haftet, weil sie diese bei Erfüllung der ihr obliegenden zumutbaren Prüfpflichten hätte verhindern können. Die im Klageantrag aufgeführten Werke wurden nach den Schreiben vom 22. November 2006, 15. Januar 2008 und 4. April 2008 auf Link-Listen über bestimmte Links zu Speicherplätzen der Beklagten zum Download angeboten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Beklagte als branchenkundiges Unternehmen die gerade zur Suche nach den fraglichen Links dienenden Link-Listen nicht ebenso hätte auffinden können, wie die an einem rechtsverletzenden Herunterladen interessierten Internetnutzer oder die Klägerin. Die Revision macht das auch nicht geltend.
64
C. Dagegen hat die Revision der Beklagten zu 2 und 3 Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 2 und 3 erkannt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
65
Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 zu begründen. Die allein in Betracht kommende Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer scheidet aus, wenn sie weder an der Rechtsverletzung teilgenommen haben noch von ihr wussten und die Möglichkeit hatten, sie zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248 - Sporthosen). Die für die Rechtsverletzung maßgebliche Handlung ist hier die Verletzung von Prüfpflichten , die der Beklagten obliegen, nachdem sie durch die Klägerin von den Urheberrechtsverletzungen hinsichtlich der im Klageantrag aufgeführten Sprachwerke in Kenntnis gesetzt worden ist. Auf die Beklagten zu 2 und 3 bezogene Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht bislang nicht getroffen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.06.2009 - 310 O 93/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.03.2012 - 5 U 87/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 314/10
Verkündet am:
11. Dezember 2012
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Satz 2
Die Presse darf Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der DDR ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Zoll, die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Berichterstattung über seine angebliche Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Anspruch.
2
Der Kläger war Professor an der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzender der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) im Sächsischen Landtag und Spitzenkandidat dieser Partei für die Landtagswahl am 19. September 2004. Die Beklagte verlegt die Zeitungen "Sächsische Zeitung", "Dresdner Mor- genpost" und "Dresdner Morgenpost am Sonntag". In diesen Zeitungen wurde in der Zeit vom 8. bis 17. August 2004 in fünf Artikeln über den Verdacht berichtet , der Kläger habe seit 1970 als inoffizieller Mitarbeiter "IM Christoph" mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet und dabei insbesondere seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt.
3
Der Kläger sieht sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon gehabt , dass das Ministerium für Staatssicherheit ihn als "IM Christoph" geführt habe. Er sei ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden.
4
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung verschiedener Passagen der Artikel verurteilt. Die Berufung der Beklagten war erfolglos. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die vom Kläger beanstandeten Textpassagen seien jeweils Teil einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung und verletzten den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ihre Veröffentlichung sei insbesondere nicht deshalb zulässig, weil die darin als Verdacht geäußerten Behauptungen zutreffend seien. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR zusammengearbeitet habe. Die Beweislast für die Wahrheit der Behauptungen liege bei der Beklagten. Der Beweis sei durch die vorgelegten Dokumente der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (nachfolgend: Bundesbeauftragte) und die Aussagen der Zeugen nicht erbracht worden. Zwar bleibe ein erheblicher Verdacht, dass die Behauptung des Klägers, nicht gewusst zu haben, dass die Zeugen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen seien, nicht zutreffe. Denn den vorgelegten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen sei zu entnehmen, dass der Kläger über Jahre vielfach und unter konspirativen Umständen Kontakt mit Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes gehabt und er diesen gegenüber höchst private und politisch brisante Einzelheiten über Freunde, Bekannte und seine damalige Lebensgefährtin berichtet habe. Sie ließen aber nicht den zwingenden Schluss zu, dass dem Kläger bekannt gewesen sei, wer seine Gesprächspartner waren. Der Möglichkeit, dass der Kläger unwissentlich mit Vertretern der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gesprochen habe, stehe insbesondere nicht zwingend entgegen, dass die HVA im Jahre 1970 für den Kläger eine Karteikarte mit dem Decknamen "IM Christoph" angelegt habe und dass in der Aktennotiz des Zeugen O. vom 5. März 1984 festgehalten worden sei, dass der Kläger bei der HVA positiv erfasst sei und zuverlässig arbeite. Hieraus ergäben sich zwar erhebliche Verdachtsmomente. Eine Gewissheit über eine positive Kenntnis des Klägers bestehe hingegen nicht.
6
Die Berichterstattung sei auch nicht etwa deshalb zulässig, weil es sich um die Verbreitung eines Verdachts gehandelt habe. Ihre Zulässigkeit scheitere jedenfalls daran, dass die Beklagte, die ihre Informationen ausschließlich Berichten des Nachrichtenmagazins "FOCUS" entnommen habe, vor der Veröffentlichung keine eigenen Recherchen durchgeführt habe. In Anbetracht der Konsequenzen, die der Vorwurf, der Kläger sei als "IM" der "Stasi" tätig gewesen , für diesen hätte haben müssen, habe die Beklagte selbst die im Nachrichtenmagazin "FOCUS" auszugsweise zitierten Dokumente der Bundesbeauftragten überprüfen und den Verfasser der darin enthaltenen Berichte, den Zeugen O., zu den Umständen ihrer Entstehung befragen müssen. Die Tatsache, dass sich der Kläger im Landtagswahlkampf befunden habe, stehe dem nicht entge- gen, sondern habe im Gegenteil wegen der absehbaren schwerwiegenden Folgen für den Kläger zu einer genaueren Überprüfung führen müssen. Die Beklagte habe sich nicht gänzlich auf die Einschätzung der Bundesbeauftragten verlassen dürfen, die die Voraussetzungen für eine Herausgabe der Unterlagen an die Presse für gegeben hielt, sondern die ihr zur Verfügung stehenden eigenen Recherchemöglichkeiten nutzen müssen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen , dass sie irgendein Dokument der Bundesbeauftragten in den Händen gehabt habe.
7
In der Abhaltung einer Pressekonferenz am 19. August 2004 durch den Kläger liege keine Einwilligung in die Veröffentlichungen. Da sie erst nach dem Erscheinen der Beiträge stattgefunden habe, entfalle durch sie nicht die Rechtswidrigkeit der Berichterstattung. Es bestehe auch weiterhin Wiederholungsgefahr , zumal die Beklagte nicht konkret vorgetragen habe, zu welchen konkreten Äußerungen der Kläger sich mit welchen Worten in dieser Pressekonferenz geäußert habe.

II.

8
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen der angegriffenen Äußerungen ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
9
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Äußerungen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen. Es hat den Sinngehalt der beanstandeten Äußerungen zutreffend erfasst, indem es angenommen hat, die Beklagte habe dadurch in jeweils unterschiedlichen Formen den Verdacht geäußert, der Kläger habe als informeller Mitarbeiter (IM) mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) zusammengearbeitet und "Spitzeldienste" erbracht. Es hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Die Äußerung des Verdachts, mit dem MfS zusammengearbeitet zu haben, ist geeignet, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit , auszuwirken (vgl. BVerfGE 114, 339, 346; BVerfGE 119, 1, 24, jeweils mwN; siehe auch Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 20 f.; BVerfG, AfP 2010, 562 Rn. 56; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 83).
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2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers werde durch die angegriffenen Äußerungen in rechtswidriger Weise verletzt.
11
a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 35; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 10, jeweils mwN).
12
Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen (vgl. Se- natsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, VersR 2012, 66 Rn. 24; vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11, VersR 2012, 192 Rn. 14, jeweils mwN; BVerfG, NJW 2012, 756 Rn. 18; NJW 2012, 1500 Rn. 33). Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, z.V.b., Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
13
b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die angegriffenen Äußerungen seien nicht (erweislich) wahr.
14
aa) Die Revision macht allerdings ohne Erfolg geltend, bei der Wiedergabe der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe durch die Beklagte handele es sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung, sondern um eine wahrheitsgemäße und deshalb zulässige Berichterstattung über das Zeitgeschehen, nämlich über die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "FOCUS" und die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ergebnisse der Bundesbeauftragten. Denn die Beklagte hat sich die Erkenntnisse des "FOCUS" bzw. der Bundesbeauftragten über den Verdacht einer IM-Tätigkeit des Klägers jeweils zu Eigen gemacht. Sie hat die jeweiligen Artikel selbst verfasst und sich mit den fremden Äußerungen identifiziert, so dass sie als eigene erscheinen; sie hat sie zum Be- standteil eigener Verdachtsberichterstattungen gemacht (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 11; BVerfG, NJW 2004, 590, 591 jeweils mwN).
15
bb) Mit Erfolg rügt die Revision aber die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die von ihr als Verdacht geäußerten Behauptungen wahr seien. Das Berufungsgericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB der auf Unterlassung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden obliegt (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; vom 22. April2008 - VI ZR 83/07, BGH 176, 175 Rn. 21; vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11, VersR 2012, 502 Rn. 13; BVerfGE 114, 339, 352). Wie die Revision jedoch zu Recht beanstandet, beruht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, auf einer Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO.
16
(1) Nach dieser Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, VersR 2012, 1261 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
17
Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt ferner das Beweismaß. Nach § 286 ZPO hat der Tatrichter ohne Bindung an Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, VersR 2008, 1265 Rn. 22; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 241/09, VersR 2011, 223 Rn. 21; BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f.; vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, 937; vom 13. März 2003 - X ZR 100/00, GRUR 2003, 507, 508, jeweils mwN). Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind nicht von Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06, aaO).
18
(2) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
19
(a) Die Beweiswürdigung ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe durch das Landgericht, auf dessen Würdigung das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zum Teil weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfingen kaum in Einklang zu bringen ist. So rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht, das insoweit auf die Würdigung des Landgerichts Bezug genommen hat, den Bericht der Bezirksverwaltung Leipzig des Ministeriums für Staatssicherheit vom 9. März 1984 als mit dem Vortrag des Klägers, er sei lediglich ohne sein Wissen "abgeschöpft" worden, vereinbar angesehen hat. Der Bericht vom 9. März 1984 betrifft nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die erste Kontaktaufnahme der Bezirksverwaltung Leipzig mit dem Kläger, der bis zu dieser Zeit nur bei der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) als inoffizieller Mitarbeiter erfasst war. In diesem Bericht führt Oberleutnant O. von der Bezirksverwaltung Leipzig aus: "Entsprechend der Mitteilung der HVA konnte mit diesem IM die Verbindung zur zeitweiligen Nutzung aufgenommen werden. Dazu wurden die Telefonnummer des IM und ein Erkennungswort mitgeteilt. Die Verbindungsaufnahme zum IM erfolgte telefonisch und geschah ohne Schwierigkeiten." Die Revision beanstandet mit Recht, dass die Würdigung des Landgerichts, unter dem Erkennungswort könne auch der Arbeitsname zu verstehen sein, unter dem alle durch den Kläger erlangten Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwaltung Leipzig auszutauschen seien, unvertretbar ist. Sie trägt insbesondere dem anerkannten Grundsatz nicht Rechnung, wonach der Sinngehalt von Erklärungen unter Berücksichtigung des Wortlautes und des Zusammenhangs zu erfassen und hierbei das übliche Verständnis der betroffenen Verkehrskreise zu berücksichtigen ist. Nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerung erfolgte die Mitteilung des Erkennungswortes an die Bezirksverwaltung gemeinsam mit der Bekanntgabe der Telefonnummer des IM zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit diesem. Im unmittelbar auf die Verwendung des Erkennungswortes folgenden Satz wird mitgeteilt, dass die Kontaktaufnahme telefonisch erfolgt und ohne Schwierigkeiten geschehen sei. Weshalb in diesem Zusammenhang das Erkennungswort den Arbeitsnamen bezeichnen soll, unter dem die Informationen zwischen der Hauptverwaltung und der Bezirksverwal- tung auszutauschen waren, ist schlechterdings nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, wenn man die Aussage der Mitarbeiterin derBundesbeauftragten in der Sitzung des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten des Sächsischen Landtags vom 10. Januar 2006 berücksichtigt, wonach es üblich gewesen sei, zur Herstellung des Kontakts mit einem dem inoffiziellen Mitarbeiter bislang unbekannten Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit Kennwörter zu vereinbaren.
20
(b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt hat. Das Landgericht hat rechtfehlerhaft eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende Gewissheit gefordert. Es hat die Hinweise in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes jeweils isoliert gewürdigt und theoretische Erklärungen dafür gefunden, warum es nicht "gänzlich undenkbar", "nicht unmöglich" oder "nicht gänzlich unplausibel" sei, dass die Darstellung des Klägers zutreffend sei und er nicht gewusst habe, dass er seine umfassende Spitzeltätigkeit tatsächlich für den Staatssicherheitsdienst erbrachte. Die erheblichen Verdachtsmomente wiesen nicht "zwingend" darauf hin, dass der Kläger Kenntnis von der Identität seiner Gesprächspartner gehabt habe.
21
Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass für die richterliche Überzeugungsbildung ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genüge, der Zweifeln Schweigen gebiete, ohne sie völlig auszuschließen. In der Sache hat es aber keine geringeren Anforderungen an die Überzeugungsbildung als das Landgericht gestellt. Es hat sich uneingeschränkt dessen rechtsfehlerhafter Beweiswürdigung angeschlossen und ebenfalls darauf abgestellt, dass die "durchaus erheblichen Verdachtsmomente" nicht den "zwingenden" bzw. "alleinigen Schluss" auf eine Kenntnis des Klägers zuließen bzw. seiner Unkenntnis "nicht zwingend entgegen" ständen.

22
c) Die Revision wendet sich darüber hinaus mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffenen Äußerungen seien auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
23
aa) Soweit die Berichterstattung in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 betroffen ist, rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hat. Die Beklagte hatte in der Klageerwiderung unter Benennung eines Zeugen und unter Verweis auf Anlagen vorgetragen , dass sich der Kläger in einer Pressekonferenz vom 8. August 2004, zu der sämtliche Medien eingeladen worden seien, ausführlich zu den angekündigten FOCUS-Enthüllungen und den darin enthaltenen Verdachtsmomenten geäußert habe. Er habe insbesondere ausgeführt, dass er keine Stasi-Vergangenheit als IM Christoph habe, "nie bewusst" mit dem MfS zusammengearbeitet und "nie wissentlich" einen Stasioffizier getroffen habe. Zu dem - unter Bezugnahme auf den Bericht in den Stasi-Unterlagen erhobenen - konkreten Vorwurf, dass er als IM Christoph über eine Lesung der Autorin Christa Moog berichtet habe, habe er spekuliert, bei seinen "öffentlichen Reden über diese Veranstaltung" von der Stasi "abgeschöpft" worden zu sein. Die Beklagte hatte darüber hinaus in der Klageerwiderung vorgetragen, die vom Kläger als Fraktionschef gesteuerte PDS habe in ihrem Internetportal eine Meldung vom 8. August 2004 zum Abruf bereit gehalten, in der u.a. Folgendes ausgeführt gewesen sei: "Der PDSFraktionschef im Landtag von Sachsen, P., hat Stasi-Vorwürfe zurückgewiesen. … Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "FOCUS" soll P. von Mai 1970 bis in die 80er Jahre als "IM Christoph" der DDR - Auslandsspionage Informationen geliefert und außerdem seine damalige Freundin und heutige Ehefrau R. bespitzelt haben."
24
Dieser Vortrag der Beklagten ist entscheidungserheblich. Die Beklagte hat damit geltend gemacht, der Kläger habe sich - vor der Berichterstattung durch die Beklagte in den Artikeln vom 9., 10., 11. und 17. August 2004 - gezielt an die Öffentlichkeit gewandt, um seine Reaktion auf die Vorwürfe bekannt zu geben, und über die PDS eine Berichterstattung veranlasst, in der die angegriffenen Verdachtsäußerungen bereits verbreitet worden seien. Dieses Verhalten des Klägers kann entweder als eine die Rechtswidrigkeit ausschließende Einwilligung in die Berichterstattung der Beklagten zu werten sein oder jedenfalls dazu führen, dass sein Interesse an einem Schutz seiner Persönlichkeit im Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Beklagten an einer Berichterstattung zurückzutreten hat (vgl. zur Einwilligung in eine Persönlichkeitsbeeinträchtigung : BVerfGE 106, 28, 45 f.; Senatsurteile vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03, VersR 2005, 83 mwN; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 86; LG Köln, AfP 1989, 766 f.; siehe auch OLG Karlsruhe, OLGR 2006, 598, 599; OLG Frankfurt, ZUM 2007, 915, 916; LG München, ZUM-RD 2008, 309; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 249; vgl. zur Berücksichtigung bei der Abwägung: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, NJW 1977, 1288, 1289, insoweit in BGHZ 68, 331 nicht abgedruckt; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08, VersR 2009, 1085 Rn. 26; BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 32; BVerfGK 9, 54, 62). Denn haben der Kläger bzw. auf seine Veranlassung und mit seinem Wissen die PDS sich mit den für seine StasiVergangenheit sprechenden Verdachtsmomenten öffentlich auseinandergesetzt , kann es der Presse nicht untersagt sein, diese Vorwürfe anschließend zum Gegenstand einer Berichterstattung zu machen.
25
bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der in den Artikeln vom 10., 11. und 17. August 2004 enthaltenen Äußerungen die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung überspannt hat.
26
(1) Das Berufungsgericht ist im Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen , dass eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden darf, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62). Erforderlich ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
27
(2) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht den erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der angegriffenen Äußerungen sprechen, verneint und zu hohe Anforderungen an die von der Beklagten einzuhaltende Sorgfalt gestellt hat.
28
(a) Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Mei- nungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN, sowie Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f.; BVerfGE 114, 339, 353 f.; BVerfGK 9, 317, 321; BVerfGK 10, 485, 489; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 66; NJW 2006, 1645 Rn. 78; NJW 2012, 1058 Rn. 82).
29
(b) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten, Herrn B., vom 9. August 2004 rechtsfehlerhaft nicht als privilegierte Quelle gewertet hat, der die Beklagte ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durfte. Wie die Beklagte in der Klageerwiderung geltend gemacht und was das Berufungsgericht durch Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts seiner Entscheidung als unstreitig zugrunde gelegt hat, hatte der Pressesprecher der Bundesbeauftragten erklärt, aus den gefundenen Unterlagen gehe zweifelsfrei hervor, dass der Kläger als "IM Christoph" für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei.
30
Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 StUG um eine Bundesoberbehörde. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 35; OLG Hamburg, ArchPR 1972, 86; OLG Stuttgart, AfP 1990, 145, 147; NJW-RR 1993, 733, 734; KG, AfP 1992, 302, 303; ZUM-RD 2011, 468, 472; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 732, 733; OLG Dresden, NJW 2004, 1181, 1183; LG Oldenburg , AfP 1988, 79, 80; siehe auch EGMR, NJW 2000, 1015 Rn. 72; NJW 2012, 1058 Rn. 105; Peters, NJW 1997, 1334, 1336; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 986). Denn Behörden sind in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte, namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, gebunden und zur Objektivität verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/ Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 156 ff. [Stand: 1. Oktober 2012]).
31
Der Berücksichtigung der Auskünfte steht nicht entgegen, dass es sich dabei nur um sekundäre Quellen handelt. Der Bundesbeauftragte ist für solche Auskünfte besonders kompetent und kann das Vorliegen einer IM-Tätigkeit in aller Regel besser beurteilen als Presseorgane. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit , die gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG zu seinen Aufgaben und Befugnissen gehört, setzt fundierte und umfassende Kenntnisse über den Staatssicherheitsdienst und seinen Wirkungsbereich voraus (vgl. Pietrkiewicz/Burth in Geiger /Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 37 Rn. 15). Deshalb ist beim Bundesbeauftragten auch eine Forschungsabteilung gebildet worden (Stoltenberg/Bossack, StUG, 1. Aufl., § 37 Rn. 11).

III.

32
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der freien Beweiswürdigung unterlie- gen; im Einzelfall kann ihnen durchaus ein hoher Beweiswert zukommen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 23. September 1998 - 2 L 5/96, S. 12 mwN, und vom 18. November 1998 - 2 L 76/97, juris Rn. 20; OLG Brandenburg , Urteil vom 13. November 2007 - 10 UF 161/07, juris Rn. 32; RappLücke in Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl., § 19 Rn. 69; siehe auch BVerfGE 96, 189, 202 f.; BAGE 74, 257, 265; VG Meiningen, LKV 1995, 298, 299 f.). Vorsorglich weist der Senat auch darauf hin, dass der Tenor des Landgerichtsurteils zu weit gefasst ist. Ein Verbot der angegriffenen Äußerungen setzt eine Abwägung zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berücksichtigung des Kontextes der Äußerungen voraus. Ein Verbot ohne Bezugnahme auf den Kontext geht daher grundsätzlich zu weit (vgl. auch OLG Hamburg, ZUM 2010, 606, 609; für die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen Senatsur- teile vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06, BGHZ 174, 262 Rn. 13 f.; vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08, VersR 2009, 1675 Rn. 7 mwN).
Galke Zoll Diederichsen
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.08.2008 - 324 O 774/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.10.2010 - 7 U 89/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/14
Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Störerhaftung des Access-Providers
Art. 7, Art. 8, Art. 11 Abs. 1, Art. 16, Art. 17 Abs. 2; InformationsgesellschaftsRL Art. 8 Abs. 3;
DurchsetzungsRL Abs. 11 Satz 3 UrhG §§ 85, 97 Abs. 1; TKG § 95

a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem
Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden
, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. In die
im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und
nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen
und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer
einzubeziehen.

b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber
zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur
Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme
dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung
der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang
Nachforschungen anzustellen.

c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den
Zugriff auf die konkret beanstandete Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internets
bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen
, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite
bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber
rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur für den klagenden Rechteinhaber,
sondern auch für Dritte geschützte Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber
nicht ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2014 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen , das ihren Kunden als Access-Provider Zugang zum Internet vermittelt.
2
Die Klägerinnen sehen sich durch das Angebot von Musikstücken zum kostenlosen Herunterladen in Internet-Tauschbörsen (Filesharing) und durch Internet-Dienste, die den Zugang zu solchen Tauschbörsen vermitteln, in ihren Rechten verletzt. Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 forderten sie die Beklagte auf, die Verletzung ihrer Rechte durch Dritte und Kunden der Beklagten durch Sperrung des Zugriffs auf die Seite "Goldesel" mit der IP-Adresse 92.241.168.132 zu beenden.


ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0
3
Die Klägerinnen haben behauptet, als Tonträgerhersteller Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken zu sein, die die in den Klageanträgen genannten Musikalben der Künstler "Depeche Mode", "Michael Jackson", "Silbermond", "Sportfreunde Stiller", "Rosenstolz" und Jennifer Rostock enthielten. Die Klägerinnen seien durch entsprechende P- und C-Vermerke als Rechteinhaber auf den im Handel erhältlichen Tonträgern ausgewiesen. Bei dem Internetangebot "Goldesel" handele es sich um eines der größten, ausschließlich deutschsprachigen Internetportale für die Vermittlung illegaler Downloads von Musik-, Film-, Buch- und Softwaredateien. Auf der über die Internet -Adresse http://goldesel.to, die URL http://www.goldesel.to und http://geserver.to sowie verschiedene Umleitungsdienste erreichbaren Internetseite werde ein umfangreicher Index von mehreren tausend editierten Links zu geschützten Dateien angeboten, die in dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" bereitgestellt würden. Der Nutzer müsse den jeweiligen Link ("e-Donkey-Link" oder "ed2k-Link") nur anklicken, um den Download der angeforderten Datei auf seinen eigenen Computer zu beginnen. Im Januar 2010 hätten Ermittler im Auftrag der Klägerinnen festgestellt, dass Audiodateien mit Musikstücken aus den in den Klageanträgen genannten Alben über einen von der Beklagten in Köln vermittelten Internetzugang abrufbar gewesen seien. Den in Russland ansässigen Host-Provider hätten die Klägerinnen erfolglos abgemahnt. Eine wirkungsvolle Rechtsverfolgung sei in Russland praktisch ausgeschlossen.
4
Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Beklagte als Störerin zur Sperrung des Zugangs ihrer Kunden zu dem Internetdienst "Goldesel" verpflichtet. Es sei ihr technisch möglich und rechtlich zumutbar, durch eine DNS-Sperre oder IPSperre den Zugang zu verhindern.
5
Die Klägerinnen haben beantragt, (…) 2. es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten , ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten InternetDienst abrufbar sind, wie dies über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht , welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar: zu der Album-Veröffentlichung Depeche Mode, Sounds of the Universe, CDBestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Michael Jackson, King of Pop, German Edition, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Silbermond, Nichts passiert, CD- Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Sportfreunde Stiller, MTV Unplugged in New York, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Rosenstolz, Die Suche geht weiter (Erweitertes Tracklisting), CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Jennifer Rostock, Der Film, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] und wie geschehen: im Falle der Album-Veröffentlichung von Depeche Mode (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Michael Jackson (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Silbermond (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Sportfreunde Stiller (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Rosenstolz (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Jennifer Rostock (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] 3. hilfsweise, der Beklagten unter Ordnungsmittelandrohung zu verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln , soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten Internet-Dienst und über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht, welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar bezüglich der nachfolgend genannten oder andere, künftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL oder IPAdressen , soweit sich diese auf einen fortbestehenden ed2k-Link beziehen: zu der Album-Veröffentlichung (…) [es folgt die im Hauptantrag enthaltene Aufzählung] 4. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 2 verpflichtet war; 5. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 3 verpflichtet war.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, K&R 2011, 674). Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR 2014, 1081). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig angesehen.
7
Insbesondere sei der Hilfsantrag 3 hinreichend bestimmt, der zwar neben den genannten URL auch zukünftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL erfasse , jedoch durch den Verweis auf die weiter genannten "ed2k-Links" ausreichend begrenzt werde. Die Frage, ob der Beklagten die Erfüllung des beantragten Verbots unmöglich sei, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
8
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass den Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in unmittelbarer Anwendung noch unter dem Aspekt des § 97 Abs. 1 UrhG zustünden. Die Klägerinnen seien zwar aktivlegitimiert, weil die Beklagte der substantiierten Darlegung der Klägerinnen zur Inhaberschaft an den genannten Tonträgerrechten nicht hinreichend entgegengetreten sei. Diese Rechte der Klägerinnen seien auch verletzt worden, weil das Internetangebot "Goldesel" auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke abgezielt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Alben über von der Beklagten bereitgestellte Internetanschlüsse zum Download angeboten worden seien und der Download unter Nutzung eines Anschlusses der Beklagten möglich gewesen sei.
9
Die Beklagte hafte aber nicht als Störerin. Einer spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es zwar nicht für die zivilgerichtliche Anordnung vonDNSoder IP-Sperren, wohl aber für die einen Eingriff in Art. 10 GG darstellende Maßnahme der URL-Sperre, welche daher vorliegend nicht in Betracht komme.
Zugangsvermittler wie die Beklagte könnten grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden. Vorliegend verletze das Bereitstellen von elektronischen Verweisen (Links) durch den Dienst "Goldesel", die zu herunterladbaren Dateien mit den streitgegenständlichen, zugunsten der Klägerinnen urheberrechtlich geschützten Musikwerken führten und über von der Beklagten vorgehaltene Internetzugänge erreichbar seien, die Rechte der Klägerinnen. Das Verhalten der Beklagten sei auch adäquat kausal für diese Rechtsverletzungen. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargelegt, dass der Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stünden, die den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten verhinderten. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren angesichts der Betroffenheit legaler Inhalte und mangelnder Effektivität unzumutbar. Sowohl der Hauptantrag 2 als auch der Hilfsantrag 3 seien daher unbegründet. Eine Erledigung der Hauptsache sei nicht eingetreten, so dass über die weiteren Hilfsanträge 4 und 5 nicht zu entscheiden sei.
10
B. Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die von den Klägerinnen geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte nicht als Störer, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
12
1. Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.
13
a) Die Klägerinnen haben den Gegenstand der begehrten Unterlassung durch Bezugnahme auf die jeweilige konkrete Verletzungsform umschrieben, indem sie im Antrag auf die Abrufbarkeit der Tonträgeraufnahmen über den durch die Angabe von vier URL sowie der IP-Adresse näher bezeichneten Dienst "Goldesel" Bezug genommen und die einzelnen Musikwerke durch Nennung der Namen der Künstler und Alben, der Musiktitel und Bestellnummern sowie - mit der als Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu verstehenden Wendung "und wie geschehen" - durch Angabe der genauen "eDonkey" -Links definiert haben.
14
b) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands hinreichend bestimmt , dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen, weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst).
15
2. Die Frage, ob die Klägerinnen von der Beklagten Unmögliches verlangen , ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
16
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
17
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerinnen Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des § 85 UrhG an den im Antrag genannten Tonträgern sind. Diese den Klägerinnen günstige Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
18
2. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die den Klägerinnen zustehenden Rechte verletzt worden sind, weil über von der Beklagten zur Verfügung gestellte Internetanschlüsse die Internetseite "Goldesel.to" erreichbar und die im Antrag genannten Musikwerke herunterladbar waren. Auch diese den Klägerinnen günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
19
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Handlung der Beklagten nicht in Betracht kommt. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
20
4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der unter dem Aspekt der Störerhaftung verfolgte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
21
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
22
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt, Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt , nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
23
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
24
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
25
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zu der vom Berufungsgericht festgestellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des "Vermittlers" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel). Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
26
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
27
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen , allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den für die Klägerinnen geschützten Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Klägerinnen auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerinnen haben die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die im Antrag genannten Werke hingewiesen. Die Beklagte hat dieser Abmahnung keine Folge geleistet und den unverändert bestehenden Zugang zu den beanstandeten Download-Links des Internetangebots "Goldesel" nicht unterbunden.
28
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei vorliegend eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechts- verletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung seien die Grundrechte der Klägerinnen aus Art. 14 GG zu beachten. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass diese ein legitimes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibe, das auch nicht - anders als etwa ein Host-Provider, der Werbung für bei ihm gehostete rechtsverletzende Angebote mache - zu Rechtsverletzungen anreize. Dass das Geschäftsmodell des "Goldesel"-Angebots in der Zugänglichmachung überwiegend rechtsverletzender Inhalte bestehe, sei hingegen für das Ausmaß der Pflichten der Beklagten unerheblich. Die Störerhaftung sei nicht subsidiär, doch müsse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt werden, dass Dritte - etwa der Betreiber der beanstandeten Internetseite oder sein Host-Provider - die Rechtsverletzungen effektiver abstellen könnten. Zugunsten der Klägerinnen sei allerdings zu unterstellen, dass effektiver Rechtsschutz in Russland, wo der Server stehe, nicht zu erlangen sei. Zu beachten sei ferner, dass auf der Internetseite "Goldesel" nicht die geschützten Inhalte angeboten würden, sondern lediglich elektronische Verweise zu diesen Internetseiten vorhanden seien, und dass Nutzer auf andere entsprechende Seiten ausweichen könnten. Durch eine DNS-Sperre oder eine IP-Sperre werde der Zugang zum Dienst "Goldesel" insgesamt blockiert, so dass der Zugriff auf dort befindliche rechtmäßige Angebote betroffen sei. Nach der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf ca. 4.000 legal abrufbare Dateien; dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Die für Host-Provider geltende Erwägung, die Löschung rechtmäßiger Inhalte stehe der Zumutbarkeit von Prüfpflichten nicht entgegen, treffe auf die reine Zugangsvermittlung nicht zu. Dasselbe gelte für das im Falle von Host-Providern angenommene Erfordernis, externe Links zu kontrollieren. DNS- und IP-Sperren seien nur wenig effektiv; auch sei mit Gegenmaßnahmen der Angebotsbetreiber zu rechnen. IP-Sperren verhinderten zudem den Zugriff auf sämtliche unter einer IP-Adresse erreichbare Seiten. Die Klägerinnen könnten nicht garantieren, dass unter der vorliegend bezeichneten IP-Adresse zukünftig ausschließlich zum "Goldesel"-Angebot gehörende Seiten erreichbar seien. Zugunsten der Beklagten sei ihr Grundrecht auf unternehmerische Freiheit zu beachten. Die Einführung und Unterhaltung von DNS-Sperren und vor allem von IP-Sperren erfordere administrativen, technischen und finanziellen Aufwand. IP-Sperren könnten zu Leistungsverlusten führen, die durch den Einsatz zusätzlicher Hardware ausgeglichen werden müsse. Die Klägerinnen hätten zum fraglichen Aufwand lediglich vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die erforderlichen Vorrichtungen, und zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kosten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Die Klägerinnen hätten nicht darge- legt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperren erlangen würden. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren unzumutbar, weil sie auch legale Inhalte erfassten und nicht ausreichend effektiv seien.
30
bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
31
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
32
Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in Schmidt-Bleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
33
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
34
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Ge- staltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
35
cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht danach angenommen, dass die Klägerinnen sich als Rechteinhaber bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen können , die das geistige Eigentum schützen (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 4 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
36
dd) Im Ausgangspunkt zutreffend ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts , dass auf Seiten des Diensteanbieters die Grundrechte auf Berufsfreiheit und auf unternehmerische Freiheit zu berücksichtigen sind. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerinnen hierzu nicht berücksichtigt.
37
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen,dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
38
(2) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Klägerinnen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen sei unzureichend, nicht frei von Rechtsfehlern.
39
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen hätten lediglich vorgetragen , die Beklagte verfüge bereits über die für die Einrichtung von Sperren erforderlichen technischen Vorrichtungen, und hätten zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kos- ten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Diese Beurteilung durch das Beru- fungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
40
Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts , bei der Zumutbarkeit der Sperranordnung handele es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, deren tatsächliche Grundlage der An- spruchsteller darzulegen habe (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
41
Nach diesem Maßstab kann der Vortrag der Klägerinnen, wie die Revision zu Recht rügt, nicht als unbeachtlich angesehen werden.
42
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Beklagte verfüge über ein technisches System ("Traffic Management"), das in der Telekommunikationsbranche verbreitet sei und eine Sperrung erlaube. Nach dem Vortrag der Klägerinnen ist ferner in einer Pressemitteilung der Beklagten von einer "hoch skalierbaren DNS-Infrastruktur" auf der Basis von Produkten eines Anbieters von DNSbezogenen Dienstleistungen die Rede. In einem Online-Handbuch der Beklagten , so der Vortrag der Klägerinnen weiter, biete die Beklagte selbst IP-Filter an. Die Klägerinnen haben weiter vorgetragen, die Beklagte verfüge über neun DNS-Server und sie sei technisch in der Lage, unkorrekte DNS-Suchanfragen automatisch zu einer unternehmenseigenen Suchseite umzuleiten. Zum operativen Aufwand der Sperrmaßnahmen haben die Klägerinnen unter Vorlage eines Parteigutachtens vorgetragen, für eine DNS- oder IP-Sperre sei die Be- schaffung zusätzlicher Hardware zunächst nicht erforderlich, jedoch müsse - unter bestimmten Umständen - eine Testumgebung eingerichtet werden.
43
Die Klägerinnen haben als Tonträgerunternehmen keinen Einblick in die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten eines Telekommunikationsunternehmens , das sich - wie die Beklagte - mit der Bereitstellung von Internetzugängen befasst. Mit ihrem vorstehend dargestellten Vortrag haben die Klägerinnen - wie die Revision zu Recht geltend macht - daher der ihnen obliegenden Darlegungslast zum erforderlichen Aufwand für Sperrmaßnahmen genügt. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast hatte nunmehr die Beklagte nicht nur die Existenz eines solchen Systems zu bestreiten, sondern durch Vortrag zur administrativen und technischen Ausstattung ihres Unternehmens für die Bereitstellung von Internetzugängen die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, zum erforderlichen Aufwand von Sperrmaßnahmen näher vorzutragen und Beweis anzubieten. Auch mit der ohne Angabe einer näheren tatsächlichen Grundlage geäußerten Kostenschätzung in Höhe von 1 Mio. € ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden.
44
ee) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 27). Solche verlangen die Klägerinnen auch nicht.
45
ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, die nur eingeschränkte Effektivität der DNS- bzw. IP-Sperren spreche im konkreten Fall gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
46
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in Betracht kommenden Sperrmaßnahmen der DNS- und IP-Sperre zwar technisch möglich , aber nur wenig effektiv. Sie beseitigten die Erreichbarkeit der beanstandeten Webseiten nicht vollständig, sondern erschwerten den Zugriff lediglich, weil die Webseiten über Umwege erreichbar blieben. Die Nutzer könnten zudem auf anderweitig im Internet zur Verfügung gestellte "ed2k"-Links ausweichen, die zumindest teilweise auch redaktionell geprüft und daher aus Sicht der Nutzer gleichwertig seien. Weil auch der Dienst "eDonkey" selbst über eine - wenngleich nicht mit Aussagen über den Dateiinhalt versehene - Suchfunktion verfüge , beeinträchtigte grundsätzlich nicht einmal der völlige Ausfall sämtlicher Linkseiten die Funktionsfähigkeit des "eDonkey"-Netzwerks. Die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen aus anderen europäischen Ländern zur - das Auffinden von Inhalten im BitTorrent-Netzwerk erleichternden - Seite "The Pirate Bay" zeigten, dass auch nach der Einrichtung von Sperren signifikante Nutzerzahlen verblieben seien. Maßgeblich für die Interessen der Klägerinnen seien aber nicht die Zugriffszahlen auf Linkseiten dieser (auch vorliegenden) Art, sondern der Datenverkehr in den Netzwerken mit rechtsverletzenden Inhalten, der nach Angaben der Klägerinnen in den Ländern mit Sperren um lediglich 11% zurückgegangen , hingegen in Ländern ohne Sperren um 15% gestiegen sei. Es sei auch mit Gegenmaßnahmen der Seitenbetreiber zu rechnen, die schnell auf andere Domains ausweichen könnten.
47
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel). Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen nicht auf ihren Einfluss auf die Gesamtheit der Zugriffe auf im "eDonkey"-Netzwerk vorgehaltene illegale Dateien abzustellen, sondern auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten. Das Effizienzkriterium ist maßnahmebezogen zu verstehen , weil andernfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. Ebenso wenig wie der Verletzer eines absoluten Rechts durch den Hinweis auf die Fortdauer einer von der beanstandeten Handlung unabhängigen Verletzung desselben Rechts einem Verbot entgehen kann, steht dem Störer die Berufung darauf offen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts nicht verhindert (vgl. High Court of Justice, [2014] EWHC 3354 (Ch) Rn. 173). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht es ferner nicht gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Internet-Zugangsvermittlers, dass Betreiber illegaler Internetangebote im Falle von Sperren schnell auf andere Domains ausweichen könnten, weil auch dies den Rechteinhaber im Ergebnis rechtlos stellte.
48
Die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit (vgl. hierzu Pfitzmann/Köpsell/Kriegelstein, Sperrverfügungen gegen Access-Provider, Technisches Gutachten, S. 52 ff.) spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Maßnahmen, die unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindern oder zumindest erschweren und die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abhalten, im Rahmen der Gesamt- abwägung auch dann zulässig, wenn sie nicht geeignet sind, die Rechtsverletzung vollständig abzustellen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel ). Im vorliegenden Zusammenhang kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine Vielzahl von Nutzern willens und aufgrund ihres technischen Wissens in der Lage ist, etwaige Sperren zu umgehen. Erfolglose Zugriffsversuche dürften vielmehr das Unrechtsbewusstsein der Nutzer verstärken und deren Bereitschaft, die Sperren zu umgehen, entgegenwirken. Angesichts des Umstands, dass jedenfalls der zunächst gewählte Zugangsweg zu den rechtswidrigen Inhalten durch die Sperren unterbunden wird, vermag die bloße Möglichkeit der Umgehung, deren Wahrnehmung nach Art und Umfang nicht zu prognostizieren ist, die Annahme hinreichender Effektivität der Sperren nicht zu erschüttern.
49
Ebenso wenig sprechen etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Andernfalls wären die Inhaber von Urheber- und anderen Schutzrechten gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt. Der Umstand, dass die Betreiber durch häufigen Wechsel des Host-Providers oder Verlagerung des Serverstandortes in Länder, in denen eine effektive gerichtliche Verfolgung erschwert ist, der Rechtsverfolgung zu entgehen versuchen könnten, stärkt vielmehr die Notwendigkeit, durch Sperrverlangen auf der Ebene des AccessProviders den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen.
50
(3) Danach sind auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Vortrags der Klägerinnen sowie bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs sowohl die DNS- als auch die IP-Sperre als hinreichend effektiv anzusehen, weil nach den von den Klägerinnen angeführten Erfahrungen mit vergleichbaren Sperren in anderen europäischen Ländern zu erwarten ist, dass sie die inländischen Zugriffe auf die vorliegend beanstandeten Webseiten eben- falls in relevantem Umfang verringern. Zur Effektivität der URL-Sperren hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen, so dass für das Revisionsverfahren von deren Effektivität auszugehen ist.
51
gg) Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Zumutbarkeit im Ausgangspunkt zu Recht geprüft, inwieweit die von den Klägerinnen begehrten Sperren auch rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Seine Feststellung, URL-Sperren vermieden eine Blockierung rechtmäßiger Inhalte, nimmt die Revision als für die Klägerinnen günstig hin. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die vorliegend von DNS- und IP-Sperren miterfassten rechtmäßigen Inhalte seien nicht vernachlässigenswert und dieser Umstand spreche gegen die Zumutbarkeit der begehrten Sperranordnung, hält der rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
52
(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich auf der Seite "Goldesel.to" neben rechtswidrigen auch rechtmäßige Angebote befanden. Durch die Sperren würde den Kunden der Beklagten generell der Zugang auf sämtliche dort verfügbaren Links verwehrt und somit den Klägerinnen ein weit über ihre im Rechtsstreit geltend gemachten ausschließlichen Nutzungsrechte hinausgehender Schutz zugebilligt. Die Klägerinnen seien nicht als zur Verfolgung der Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken Dritter ermächtigt anzusehen; von einem mutmaßlichen Einverständnis dieser Rechteinhaber könne nicht ausgegangen werden, weil ein Teil der Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den Urhebern kostenlos ins Internet eingestellt worden sein könnten. Bei Zugrundelegung der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf etwa 4.000 legal abrufbare Dateien. Dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass auf der Seite "Goldesel.to" ein Meinungsforum vorge- halten und Werbung von Drittunternehmen präsentiert werde, wenngleich jedenfalls Werbetreibende, die Werbung auf einer den Zugang zu überwiegend rechtsverletzenden Inhalten vermittelnden Seite betrieben, nicht in besonderem Maße schutzwürdig seien.
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(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel).
54
(3) Die Problematik der Mitbetroffenheit legaler Inhalte (sog. "Overblocking" ) ist im Hinblick auf die gewählte Sperrmethode zum einen relevant, wenn durch die Sperrung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit weiterer, unter derselben IP-Adresse vorgehaltener Webseiten unterbunden wird (vgl. Sieber/ Nolde, Sperrverfügungen im Internet, 2008, S. 50). Zum anderen können sich auf der jeweiligen Webseite sowohl illegale als auch legale Angebote befinden. Vorliegend ist nach dem Vortrag der Klägerinnen die im Antrag genannte IPAdresse mit vier Webseiten verknüpft, die sämtlich zum "Goldesel"-Angebot zählten, so dass anderweitige Internet-Seiten mit möglicherweise legalem Inhalt von einer IP-Sperre nicht betroffen wären.
55
Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat zudem anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner /Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.). Dass die Klägerinnen ihre Ansprüche lediglich auf Rechte an 120 Musiktiteln stützen, eine Sperre jedoch über diese Titel hinaus auch Verweise der beanstandeten Internetseiten auf urheberrechtlich geschützte Werke Dritter erfassen würde, zu deren Geltendmachung die Klägerinnen nicht ermächtigt worden sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
56
Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Klägervortrags , demzufolge rechtmäßige Inhalte auf der Internetseite "Goldesel.to" mit einem Anteil von nur 4% vertreten sind, scheitert die Annahme der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen nicht an der Betroffenheit rechtmäßiger Angebote.
57
(4) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. öOGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
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hh) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht stand, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend dargelegt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperrmaßnahmen erzielen würden.
59
Die Erlangung eines konkret zu beziffernden wirtschaftlichen Vorteils für die Klägerinnen ist nicht Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer Sperranordnung gegen Access-Provider. Die Klägerinnen müssen sich auf wirksame Weise gegen die Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten Positionen zur Wehr setzen können. Im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung kommt es allein darauf an, ob weitere Rechtsverletzungen auf wirksame Weise abgestellt oder erschwert werden, ohne dass weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile auf Seiten der Rechteinhaber hinzutreten müssten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 107).
60
ii) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EUGrundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
61
(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "Goldesel" abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
62
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
63
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
64
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
65
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders, ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass /Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
66
(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (Hermes in Dreier, Grundgesetz , 3. Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
67
(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
68
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
69
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten un- mittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
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(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Angebote zum Download oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 68).
71
jj) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, jedenfalls die Anordnung einer URL-Sperre bedürfe als grundrechtsrelevante Maßnahme nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
72
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und nicht zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
73
(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und Telekommunikationsunternehmen , also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte deshalb einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
74
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat hinsichtlich einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - Internet -Versteigerung II).
75
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der in der EUGrundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich geregelt sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPR-ITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
76
kk) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
77
(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert /Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
78
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
79
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert/Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
80
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind allerdings vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
81
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte nicht zumutbar, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseite "Goldesel" vorgegangen sind.
82
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
83
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
84
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zumutbarkeit des von den Klägerinnen begehrten Verbots vorliegend nicht entgegensteht , dass diese nicht gegen den Host-Provider der Webseite "Goldesel" gerichtlich vorgegangen sind.
85
Ob die Inanspruchnahme des Host-Providers schon dann als ohne jede Erfolgsaussicht zu gelten hat, wenn - wie die Revision geltend macht - die (womöglich mehrfache) Verlagerung des Serverstandorts oder der Wechsel des Host-Providers in der Vergangenheit darauf schließen lässt, dass die Inanspruchnahme durch solche Maßnahmen auch zukünftig ineffektiv bleiben werde , muss vorliegend nicht entschieden werden.
86
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, dass sie gegen den in Russland ansässigen Host-Provider der beanstandeten Webseiten in seinem Sitzstaat effektiven Rechtsschutz nicht erlangen können. Diese Annahme ist der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen.
87
cc) Die Revision bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseiten "Goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden kann. Die Klägerinnen haben allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten unternommen zu haben. Hier kommt insbesondere die Einschaltung der staatlichen Ermittlungs- behörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, in Betracht. Ermittlungsansätze könnten sich weiter daraus ergeben, dass - wie aus der Anlage K 23 hervorgeht - in einem Parallelverfahren in den Niederlanden der niederländische Rechteinhaber vom dortigen Host-Provider die paypalAdresse genannt erhielt, über die der niederländische Host-Provider von den Betreibern von "Goldesel" bezahlt wurde. Auch den darin enthaltenen Anhaltspunkten , die eine Firma namens "t. ", eine E-Mail-Adresse "s. @m. " und eine "S. " betreffen, sind die Klägerinnen nicht nachgegangen. Mangels näherer Erkenntnisse zur Identität und zum Sitz der Betreiber der beanstandeten Webseiten steht nicht fest, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Betreiber der fraglichen Internetseiten nicht möglich und erfolgversprechend ist.
88
e) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass zur Zurückverweisung besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie ist auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren gewesen. Die Klägerinnen haben hierzu auf die erfolglose Inanspruchnahme des Host-Providers verwiesen und im Übrigen vorgetragen, dass für sie der Betreiber ohne Identitätsangabe auf der Internetseite nicht greifbar gewesen sei. Soweit die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz um einen Hinweis gebeten haben, sofern das Gericht weiteren Vortrag zur Inanspruchnahme des Host-Service-Providers für erforderlich halten sollte, wirkt sich ein fehlender Hinweis nicht zum Nachteil der Klägerinnen aus, weil zu ihren Gunsten zum Host-Provider in der Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass effektiver Rechtsschutz nicht zu erlangen ist (s.o. 86). Das rechtliche Gehör der Klägerinnen ist damit gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
89
III. Aus den vorstehenden Gründen (dazu B II 4) bleibt auch der Hilfsantrag zu 3 der Klägerinnen ohne Erfolg. Über die Hilfsanträge zu 4 und 5 ist nicht zu entscheiden, weil keine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
90
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014,468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
91
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher Schaffert Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.08.2011 - 28 O 362/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.07.2014 - 6 U 192/11 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 210/08 Verkündet am:
30. Juni 2009,
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Haftung des Verpächters einer Domain für Äußerungen auf der von seinem
Pächter betriebenen Website.
BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. August 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht einen Anspruch auf Unterlassung unwahrer Äußerungen geltend, die Teil eines Beitrags waren, der ab 12. Juni 2007 im Internet abrufbar war. Die Beklagte verlegt das Nachrichtenmagazin "Focus". Sie ist als Inhaber der Domain "focus.de" eingetragen, welche die Tomorrow Focus AG gepachtet hat. Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" ist unter der Adresse http://www.focus.de erreichbar.
2
Im Impressum dieser Internetseite heißt es: "FOCUS ONLINE ist ein Angebot der TOMORROW FOCUS AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des FOCUS-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch die FOCUS Magazin Verlag GmbH". Artikel, die in dem genannten Magazin erscheinen, sind unter www.focus.de/magazin abrufbar.
3
Der Artikel, der Gegenstand der Klage ist, wurde von einer Journalistin verfasst, die bei dem von der Beklagten verlegten Magazin tätig ist. Er stand jedoch nicht in dem Magazin und wurde nicht unter www.focus.de/magazin, sondern im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG veröffentlicht.
4
Die Beklagte erlangte durch Abmahnschreiben des Klägers vom 24. und 27. August 2007 Kenntnis von dem Beitrag. Sie leitete die Schreiben an die Tomorrow Focus AG weiter. Diese löschte den Beitrag und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, was die Beklagte verweigerte.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der der Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten erstrebt.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte weder als Täter noch als Störer für den Inhalt der Äußerungen. Eine Täterhaftung als Verbreiterin komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Beitrag nicht selbst ins Netz gestellt und von ihm keine Kenntnis gehabt habe. Sie müsse für die Verfasserin nicht einstehen, weil diese zwar bei ihr beschäftigt, aber in Bezug auf den Beitrag nur für die Tomorrow Focus AG tätig gewesen sei.
7
Die Beklagte hafte auch nicht deshalb für den Inhalt aller Beiträge auf der Internetseite www.focus.de, weil sich auf der Titelseite des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins ein Hinweis auf die Domain "focus.de" befinde. Dieser Hinweis erleichtere zwar dem Leser des Magazins das Auffinden der Website, mit ihm mache sich jedoch die Beklagte nicht deren Inhalt zu eigen, auch wenn die Beklagte und die Tomorrow Focus AG mit personellen Überschneidungen dem gleichen Konzern angehörten.
8
Zwar erbringe die Beklagte mit der Überlassung der Domain einen wesentlichen Beitrag zur Nutzung der Internetseite und komme somit als Störerin in Betracht. Sie habe die Möglichkeit, sich vertraglich Einfluss auf den Inhalt der Internetseite vorzubehalten oder durch Aufgabe der Domain oder Dekonnektierung des Access-Providers den Internetauftritt von der Domain zu trennen. Ihre Haftung setze aber die zusätzliche Verletzung von Pflichten voraus. Sie müsse nach Hinweis die Unterbindung des Beitrags veranlassen und Vorsorge treffen, dass es zu keinen erneuten Eingriffen in Rechte des Klägers komme. Eine weitergehende Prüfungs- und Überwachungspflicht bestehe nur, wenn sie konkret mit solchen Eingriffen rechnen müsse. Das sei nicht der Fall gewesen. Da sie unverzüglich die Löschung des Beitrages bewirkt habe, hafte sie nicht.

II.

9
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung.
10
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich unabhängig davon, ob die Beklagte Diensteanbieter gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG ist, nicht aus den Vorschriften über die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern im Telemediengesetz (TMG). Die §§ 7 bis 10 TMG weisen nämlich keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten keine Anspruchsgrundlagen, sondern setzen eine Verantwortlichkeit nach allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (Senat, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - VersR 2007, 1004 sowie BGHZ 158, 236, 246 ff.; 172, 119, 126). Eine nach den allgemeinen Vorschriften mögliche Haftung entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
11
1. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die vom Kläger angegriffenen Äußerungen unwahr sind und in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen. Das rügen die Parteien im Revisionsverfahren nicht.
12
2. Davon ausgehend kann eine Störereigenschaft der Beklagten hinsichtlich eines eventuellen Unterlassungsanspruchs wegen ihres Beitrags zur Verbreitung der beanstandeten Äußerung im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG nicht von vornherein verneint werden. Soweit die Revision meint, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe die Beklagte das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht nur als Störerin sondern als Täterin verletzt , kommt es auf eine solche Unterscheidung bei dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht an.
13
a) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - GRUR 1977, 114, 115; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften , der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - aaO m.w.N.). Deshalb kann etwa im Presserecht der Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Autor und Verleger gerichtet werden (vgl. BGHZ 3, 270, 275 f.; 14, 163, 173 ff.), sondern auch gegen so genannte technische Verbreiter, wie Grossisten, Inhaber von Vertriebsstellen oder Buchhandlungen (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; Beater, Medienrecht [2007], Rn. 1927 ff.).
14
Soweit in der neueren Rechtsprechung eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Institut der Störerhaftung zum Ausdruck kommt und erwogen wird, die Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch allein nach deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme zu begründen (vgl. BGHZ 155, 189, 194 f.; 173, 188, 194 ff.; BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00 - GRUR 2003, 969, 970), betrifft dies Fälle, in denen anders als beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht (BGHZ 158, 236, 251; 172, 119, 132; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; KG, MMR 2006, 393, 394; Spind- ler/Weber in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien [2008], § 1004 BGB Rn. 10).
15
b) Die Beklagte hat dadurch zur Verbreitung der Äußerungen beigetragen , dass sie die Nutzung ihrer Domain "focus.de" vertraglich der Tomorrow Focus AG überlassen hat (Domainpacht, vgl. Kilian/Heussen-Koch, Computerrechtshandbuch , Stand: 26. Lfg. 2008, Kap. 24 Rn. 276 ff.; Förster in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, Stand: 22. Lfg. 2009, Kap. 7-A, Teil 3.1 Rn. 1 ff.; Seifert, Das Recht der Domainnamen [2003], Kap. 10 Rn. 14 ff.). Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" konnte dadurch unter der den Domainnamen enthaltenden Adresse http://www.focus.de aufgerufen werden, was die praktische Nutzung erleichtert (zur Abgrenzung von Domain und Website vgl. OGH, MMR 2006, 669, 670).
16
Ebenso wie der Vermieter neben dem Mieter kann auch der Verpächter neben dem Pächter grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 95, 307, 308; 129, 329, 335; BGH, Urteil vom 11. November 1966 - V ZR 191/63 - NJW 1967, 246; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 18). Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte als Domaininhaberin mit dem Betreiber der mit der verpachteten Domain verknüpften Website vertraglich verbunden ist und die Möglichkeit hat, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung den Einfluss auf die Internetseite vorzubehalten und diesen Einfluss im Falle der Verletzung der Rechte Dritter auszuüben, wie im Streitfall geschehen. Außerdem hat es darauf verwiesen, dass im äußersten Fall die Möglichkeit der Trennung von Domain und Website bestehe (vgl. Kilian /Heussen-Koch, aaO, Kap. 24 Rn. 317, 334).
17
c) Der weite Kreis der als Verbreiter möglicherweise auf Unterlassung Haftenden erfährt durch das TMG keine Begrenzung. Haftungsbeschränkungen wie § 10 TMG, die eine Art "Filterfunktion" haben (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23), gelten nicht für Unterlassungsansprüche (Senat, Urteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO, 1004 f. sowie BGHZ 172, 119, 126; so schon zum TDG BGHZ 158, 236, 246 ff.).
18
3. a) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Frage nach der Zumutbarkeit der begehrten Unterlassung stellt (vgl. Senat, BGHZ 106, 229, 235; Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116). Die Störerhaftung darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst den Eingriff vorgenommen haben. Die Haftung des Störers setzt deshalb das Bestehen so genannter Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, BGHZ 158, 236, 251; 158, 343, 350; 172, 119, 131 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; Wegner in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts [2008], § 32 Rn. 26 ff.; v. Hutten in Götting/Schertz/Seitz, aaO, § 47 Rn. 62). Dabei können Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch genommenen Dritten und die Eigenverantwortung des unmittelbar Handelnden eine Rolle spielen (BGHZ 148, 13, 18 f.; 158, 343, 350; vgl. auch Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1, 8 ff.).
19
b) Die Revision meint zu Unrecht, diese Grundsätze fänden keine Anwendung , weil die Beklagte sich die angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht habe. Sie sei deshalb kein mittelbarer, sondern unmittelbarer Störer (vgl. Spindler/Volkmann, WRP 2008, 1) und Diensteanbieter eigener Informationen gemäß § 7 Abs. 1 TMG (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23; Heckmann in juris PKInternetrecht , Kap. 1.7 Rn. 11 ff.; Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., B Rn. 1141 ff. und 1282; Roggenkamp, jurisPR-ITR 10/2008 Anm. 4). Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung aber nur zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert, so dass sie als seine eigene erscheint. Bei der Bejahung einer solchen Identifikation mit der Äußerung eines Anderen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. Senat, BGHZ 66, 182, 189 f.). Die Beklagte macht sich Äußerungen, die unter http://www.focus.de abrufbar sind, nicht schon durch Verpachtung der Domain oder alleine dadurch zu Eigen, dass auf dem Titelblatt des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" die Domain wiedergegeben wird (anders OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 82, 84). Dieser Hinweis soll vielmehr dem Leser des Nachrichtenmagazins aufzeigen, unter welcher Domain er im Magazin erschienene Artikel im Internet aufrufen kann, nämlich unter www.focus.de/magazin, worauf im Impressum der Internetseite hingewiesen wird.
20
4. Die entscheidungserhebliche Frage nach der Zumutbarkeit von Prüfungspflichten hat das Berufungsgericht zutreffend beantwortet.
21
a) Der Beklagten ist als Domainverpächterin nicht zuzumuten, die Website ihres Pächters allgemein dahingehend zu prüfen, ob sie Äußerungen enthält, die das Persönlichkeitsrecht anderer verletzen. Demgemäß trifft den (bloßen) Inhaber der Domain grundsätzlich keine Haftung für Rechtsverletzungen, die durch den Inhalt der Website begangen werden (ebenso OGH, MMR 2006, 669 f.).
22
aa) Allgemeine Prüfungspflichten hat der Bundesgerichtshof für den Alleinimporteur einer ausländischen Zeitschrift in Bezug auf dort abgedruckte, das Persönlichkeitsrecht Dritter verletzende Beiträge verneint (Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116), ebenso für den Spediteur in Bezug auf verletzende Kennzeichnungen der von ihm verbreiteten Waren (BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 - I ZR 56/55 - GRUR 1957, 352, 354) oder für den Betreiber eines Internetauktionshauses in Bezug auf Angebote von Nutzern, die Mar- kenrechte verletzen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.; 172, 119, 133 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - aaO).
23
Entsprechendes gilt für die Beklagte als Domainverpächterin, jedenfalls dann, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für (drohende) Rechtsverletzungen hat. Letzteres bejaht die Revision zwar mit der Erwägung, der Nachrichtendienst "Focus Online" stelle eine "Gefahrenquelle" dar, weil es durch die Medien immer wieder zu Verletzungen des Persönlichkeitsrechts komme. Diese allgemeine Erwägung begründet aber keine konkreten Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Zumutbarkeit von Prüfungspflichten zu bejahen. Nicht zu überzeugen vermag der Einwand, es gehe nicht um die vom Bundesgerichtshof als unzumutbar abgelehnte Prüfung von Angeboten, die eine Vielzahl von Nutzern eines Internetauktionsdienstes auf dessen Website einstellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.), sondern nur um die Prüfung von Beiträgen des Pächters der Domain. Für die Unzumutbarkeit spricht hier die Anzahl der zu überprüfenden Beiträge, die bei einem umfangreichen Nachrichtendienst wie "Focus Online" beträchtlich ist. Zudem werden die Beiträge im Gegensatz zu Printpublikationen ständig ("in Echtzeit") aktualisiert, so dass schon deswegen keine gleich wirksamen Überprüfungen erfolgen können (vgl. Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9).
24
bb) Zwar können, worauf die Revision abstellt, einen Verleger als "Herr der Zeitung" (Senat, BGHZ 39, 124, 129; Urteile vom 4. Juni 1974 - VI ZR 68/73 - VersR 1974, 1080; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1076) oder einen Rundfunkveranstalter als "Herr der Sendung" (Senat, BGHZ 66, 182, 187) allgemeine Prüfungspflichten treffen (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 1957 - VI ZR 263/55 - NJW 1957, 1149, 1150; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 158/78 - GRUR 1980, 1099, 1104). Da er die Herstellung und Verbreitung redaktioneller Beiträge mit sachlichen und persönlichen Mitteln ermöglicht, soll er als wirt- schaftlicher Träger das Haftungsrisiko tragen (Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28.2; v. Hutten, aaO, § 47 Rn. 21). Deshalb bestehen für ihn auch Prüfungspflichten , allerdings in reduzierter Form, wenn es um "fremde" Inhalte geht (vgl. Senat, BGHZ 59, 76, 80; Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1077).
25
Die Beklagte hatte aber allein durch die Verpachtung der Domain nicht die Stellung eines Verlegers inne. Es ist nicht ersichtlich, dass sie auch "Herr des Angebots" von "Focus online" war, und die vom Berufungsgericht festgestellte "gemeinsame Konzernstruktur" - die Beklagte und die Tomorrow Focus AG gehören jeweils der Hubert Burda Media Holding GmbH & Co KG an - der Verschiebung oder Verschleierung von Verantwortlichkeiten diente.
26
Entgegen der Auffassung der Revision entstand auch nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dagegen spricht das Impressum des elektronischen Informationsdienstes (vgl. § 5 TMG), in dem es im August 2007 hieß: "Focus online ist ein Angebot der Tomorrow Focus AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des Focus-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch [die Beklagte]". Dies gilt umso mehr, weil anschließend die Tomorrow Focus AG nochmals als "Anbieter des Gesamtangebots außer http://focus.de/magazin mit Unterseiten" und die Beklagte als "Anbieter für die Seiten unter http://focus.de/magazin" bezeichnet wurde. Dadurch entsteht bei Beiträgen, die wie hier nicht unter http://focus.de/magazin abrufbar waren, nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dies gilt auch, soweit die Revision darauf verweist, dass der Name des von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazins ("Focus") teilweise mit dem des über die URL www.focus.de erreichbaren Online-Nachrichtendienstes ("Focus online" ) übereinstimmt und die URL auf dem Titelblatt des Nachrichtenmagazins genannt wird. Daran ändert nichts, dass im Impressum des Jahres 2006 als Diensteanbieter allein die Tomorrow Focus AG und im Impressum des Jahres 2007 mit dem Zusatz "Copyright © 2007 by Focus Online GmbH" noch eine dritte juristische Person genannt wurde. Schließlich führt auch der Umstand nicht zu einer Haftung, dass der Beitrag von einer bei der Beklagten angestellten Autorin stammte, die im Beitrag als "Focus-Redakteurin" bezeichnet und im Impressum des Nachrichtenmagazins, nicht aber im "Impressum Focus online" aufgeführt war. Die Beklagte haftet grundsätzlich nicht für Beiträge, die ihre Autoren außerhalb des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins veröffentlichen.
27
b) Der Beklagten war allerdings zuzumuten, die Website ihres Pächters zu prüfen, als sie von den konkreten Äußerungen, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigten, Kenntnis erlangte. Insoweit sind - jedenfalls wenn wie hier die Äußerungen unstreitig unwahr waren - keine aufwändigen Nachforschungen erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; BGH, BGHZ 148, 13, 20; 158, 236, 252; 158, 343, 353; Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9). Das Bestehen einer solchen Prüfungspflicht führt aber nur dann zu einem Unterlassungsanspruch, wenn der Störer nach Kenntniserlangung und Prüfung die Störung nicht unverzüglich beseitigt (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2004, 507, 508; LG Berlin, CR 2007, 742, 743). Das ist hier durch die Löschung des Beitrages geschehen (anders im dem Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO zugrunde liegenden Fall).
28
c) Jedenfalls scheitert ein Unterlassungsanspruch am Fehlen einer Wiederholungs - oder Erstbegehungsgefahr, die eine - ebenfalls vom Kläger darzulegende - materielle Anspruchsvoraussetzung ist (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85).
29
Zwar wird die Wiederholungsgefahr bei bereits geschehener Rechtsverletzung grundsätzlich vermutet (BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO, S. 85). Dafür wäre aber eine vollendete Rechtsverletzung nach Begründung einer Prüfungspflicht erforderlich. Eine solche Verletzung kann vorliegen, wenn es nach Kenntniserlangung zu mindestens einem weiteren Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers kommt (vgl. BGHZ 173, 188, 207). Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Tomorrow Focus AG einer Wiederholungsgefahr entgegenstehen könnte.
30
Eine Erstbegehungsgefahr muss jeweils im Einzelfall konkret dargetan werden, weil sich in solchen Fällen keine Basis für eine tatsächliche Vermutung finden lässt (Senat, Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, S. 1077). Der Kläger muss dartun, dass eine erste Verletzungshandlung ernsthaft und greifbar zu befürchten ist bzw. als unmittelbar bevorstehend droht. Die bloße Möglichkeit des Eingriffs reicht nicht aus. Die drohende Verletzungshandlung muss sich in tatsächlicher Hinsicht so konkret abzeichnen, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist (Fritzsche in BeckOK BGB, § 1004 Rn. 88 m.w.N.). Auch einen solchen Vortrag des Klägers hat die Revision nicht aufgezeigt.

31
5. Nach allem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.02.2008 - 324 O 862/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.08.2008 - 7 U 29/08 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 211/12 Verkündet am:
17. Dezember 2013
Holmes
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 823 Abs. 2 Bd;

a) Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
durch eine Internetveröffentlichung ist nicht generell höher oder niedriger
zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den PrintMedien.

b) Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann demjenigen, der
persönlichkeitsrechtsverletzende eigene Inhalte im Internet zum Abruf bereit
hält, auch insoweit zuzurechnen sein, als sie erst durch die Weiterverbreitung
des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner und Stöhr, die Richterin von Pentz und den Richter Offenloch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Mai 2012 aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung zurückgewiesen worden ist. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben , soweit das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 11. November 2011 auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 abgeändert und die Klage auf Zahlung einer Geldent- schädigung gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 25.000 € abgewiesen worden ist. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil ferner aufgehoben, soweit seine Anschlussberufung gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung einer Geldentschädigung gegen die Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von weiteren 25.000 € zurückgewiesen worden ist. Die Revision der Beklagten zu 3 gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Freistellung des Klägers von Rechtsanwaltskosten richtet. Die weitergehenden Revisionen der Beklagten werden zurückgewiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen ihn betreffender Äußerungen in einem Beitrag in Anspruch, der von dem Beklagten zu 1 verfasst wurde, sich maßgeblich auf die Aussagen der Beklagten zu 3 stützt und in der Zeit vom 22. Juni 2007 bis jedenfalls 5. Juli 2007 auf dem von der Beklagten zu 2 betriebenen Internetportal www.stern.de abrufbar war.
2
Der Kläger war in der Zeit von Juni 1994 bis 31. Oktober 2009 Leiter der Rechtsabteilung der L. W. Am 17. Oktober 1994 wurde auf ihn ein Attentat verübt , wodurch er lebensgefährlich verletzt wurde. Die Attentäter hatten im Auftrag von Hintermännern gehandelt, die mit Immobiliengeschäften im Zusammenhang standen. Das Attentat und seine Hintergründe waren in den neunziger Jahren Gegenstand umfangreicher Berichterstattungen in der Presse. Ab Mai 2007 wurde aufgrund öffentlich gewordener Beobachtungen des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz unter dem Titel "Sächsische Korruptionsaffäre" deutschlandweit über den Verdacht berichtet, dass namhafte Personen aus Sachsen mit dem Rotlichtmilieu verquickt seien, ein Kinderbordell besucht und auf Immobilientransaktionen, Justiz und Verwaltung unzulässig Einfluss genommen hätten. Am 11. Juni 2007 strahlte der Mitteldeutsche Rundfunk die Sendung "FAKT" aus, in der sich die Beklagte zu 3, die ehemalige Sekretärin des Klägers zu diesem wie folgt äußerte: "Im Dezember des Jahres 2004 kam ein ca. 14-jähriges Mädchen in mein Büro und wollte Herrn X (Anmerkung des Senats: Kläger) sprechen. Sie nannte ihn dann sofort beim Vornamen und vermittelte mir, sie sei sehr verliebt. Er sei ihr Freund und sie hätte ihn über eine Woche nicht erreicht und mache sich Sorgen, weil er ihr sagte, er würde gern mit ihr auswandern. Meine Gedanken waren sofort: Und das mit einem 14jährigen Mädchen". Weiter heißt es in diesem Fernsehbericht: "Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 3) wurde aus dem Unternehmen herausgemobbt und danach noch verschiedentlich per Telefon und SMS terrorisiert und wollte sich gegenüber der Polizei offenbaren. O-Ton Y: "Ich bin Anfang diesen Jahres zur Polizei zur Zeugenvernehmung in Sachen X geladen worden, habe aber in der Nacht vor der Zeugenvernehmung meine Katze auf dem Grundstück misshandelt vorgefunden, indem sie gefesselt worden ist, und war über diese Tatsache dermaßen erschüttert und ängstlich, so dass ich die Aussage bei der Polizei nicht gemacht habe.""Am 13. Juni 2007 erschienen sowohl in der Lokalausgabe der Bildzeitung unter der Überschrift "Wie halten Sie das aus Herr X? Kindersexvorwurf gegen L. W. Manager" als auch in der Leipziger Volkszeitung unter der Überschrift "Ehemalige Sekretärin erhebt schwere Vorwürfe gegen L. W. - Abteilungsleiter, der weist alle Anschuldigungen zurück" Artikel, die sich u.a. mit den von der Beklagten zu 3 gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen befassten. In einem Beitrag der Tagesschau vom 15. Juni 2007 wurde berichtet, dass die Beklagte zu 3 den Kläger öffentlich der Pädophilie verdächtige.
3
Mit E-Mail vom 3. Juni 2007 an den Pressesprecher der L. W. und vom 10. Juni 2007 an den Kläger persönlich bat der Beklagte zu 1 um ein Interview mit dem Kläger, um ihm die Gelegenheit zu geben, "sich zu alten und neuen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem sog. "Sächsischen und Leipziger Sumpf" zu äußern", die laut Veröffentlichungen in der Presse ihn beträfen. Mit E-Mail vom 11. Juni 2007 teilte der Kläger dem Beklagten zu 1 mit, kein Gespräch mit ihm führen zu wollen. Die Tatsache, dass er Opfer eines Überfalls gewesen sei, befähige ihn nicht, sich qualifiziert zu einer angeblichen Affärein Justiz- oder Politikerkreisen zu äußern. In der Presse hätten so gut wie keine Tatsachen benannt werden können, die strafbar seien. Er kenne keine Tatsachen , die den Beklagten zu 1 bei seinen Recherchen weiterbringen könnten und er wolle sich auch nicht an dem Verbreiten von Gerüchten beteiligen. Der Beklagte zu 1 teilte daraufhin mit, dass er seine Aufgabe nicht in erster Linie darin sehe, strafbare Tatsachen zu benennen. Die Rolle des Klägers habe aber immer wieder Anlass zu Spekulationen und Beschuldigungen gegeben, weshalb er gern in einem persönlichen Gespräch noch einige Punkte klären wolle. Er wolle dem Kläger außerdem Gelegenheit geben, sich zu Vorwürfen seiner ehemaligen Sekretärin zu äußern, die nicht nur arbeitsrechtlicher Natur seien.
4
Am 22. Juni 2007 veröffentlichte die Beklagte zu 2 in ihrem Internetportal einen vom Beklagten zu 1 verfassten und sich maßgeblich auf die Angaben der Beklagten zu 3 stützenden Beitrag mit dem Titel "Sächsische Korruptionsaffäre Ein Krimi aus dem Leipziger Sumpf". Darin heißt es unter voller Namensnennung der Betroffenen u.a.: "Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 3) ahnte lange nicht, warum sie 2005 aus ihrem Job gemobbt und bedroht wurde. Erst als Einzelheiten der Sächsischen Korruptionsaffäre ans Licht kamen, wurde der Sekretärin klar: Sie wusste zu viel - ohne es zu wissen. ... Y wollte nie Kronzeugin sein, Interviews geben oder den Dreck zurückwerfen, mit dem man sie selbst beinahe zur Verzweiflung trieb. Aus lauter Loyalität hat sie sich nicht einmal vor Gericht gegen ihre abgekartete Kündigung gewehrt. ... Y hielt die Rechtsabteilung zusammen. Ihr Chef konnte all die Jahre gar nicht oft genug sagen, was er ohne sie machen sollte; sie war engste Vertraute, Ratgeberin in allen Lebenslagen und verteidigte ihn "wie eine Löwenmutter" gegen alle Anfeindungen aus dem Unternehmen. "Egal was die Kollegen hinter seinem Rücken sagten, ob sie X (Anmerkung des Senats: Kläger) als Faulpelz verleumdeten oder als einen, der sowieso die Hand aufhält" - sie hat ihm immer alles gesteckt , auch als ihn seine eigenen Juristenkollegen "als pädophilen Arsch" bezeichnen. Damals fand sie das unglaublich. ... Es ist ihr unangenehm, als er sie bittet, kindische Vergleichslisten zwischen seiner Ehefrau und einer Geliebten zu beurteilen,… Und als sei dies selbstverständlich, bewahrt sie sogar Diskreti- on, als einmal ein Mädchen, "vielleicht 14 Jahre alt", im Büro auftaucht und "nach X" fragt, der ihr angeblich versprochen hätte, mit ihr nach Sardinien abzuhauen. "Das Mädchen nannte sich Lissy, hat geweint und gebettelt, ich möge X nichts von dem Besuch sagen, denn das hätte er ihr verboten." Und tatsächlich sagt Y ihrem Chef diesmal nichts. Ein paar Wochen später schlägt die Stimmung plötzlich um. "Er redete kein Wort mehr mit mir, ließ meine Urlaubsscheine verschwinden, und an einem Tag im März bekam ich auf einmal zwei völlig konstruierte Abmahnungen". ... Nach der Kündigung zum 30.9.2005 geht sie zu Hause durch die Hölle: "Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen und zermarterte mir mein Hirn, was ich falsch gemacht habe." … Wie zum Hohn treffen regelmäßig schmähende SMS bei ihr ein. "Bin ich froh, dass ich Sie los bin." Sie weiß nicht, warum das jetzt auch noch sein muss, hebt alles auf, frisst es in sich hinein, bis sie plötzlich von drei Motorradfahrern im Straßenverkehr brutal abgedrängt wird. Sie erinnert sich zwar, dass X mal von solchen Spielchen mit Motorradkumpels geschwärmt hat, ihre Anzeige aber stellt sie gegen Unbekannt. … Bei Weihnachtseinkäufen im Dezember trifft sie zufäl- lig Lissy wieder. Das Mädchen teilte freudig mit, es sei alles wieder gut: Sie hätte X den Bürobesuch gebeichtet, er sei nicht weiter sauer gewesen. Plötzlich wird Y alles klar - das war es also: "Weil ich ihm nichts davon erzählt hatte", schließt sie, "muss er angenommen haben, ich würde ihn hintergehen und wusste womöglich noch mehr". ... Vier Monate später kommt die Korruptionsaffäre ins Rollen. In geheimen Akten des Verfassungsschutzes füllt der Name ihres Chefs mehrere Seiten: Als Opfer eines Anschlages, dessen wahre Hintergründe offenbar nie richtig aufgeklärt werden sollten; als Verdächtiger im Zusammenhang mit Kinderprostitution; als eine zentrale Figur im Leipziger Sumpf. Erst jetzt fügen sich für Y immer mehr Puzzleteile zusammen. Das Mädchen, die Andeutungen der Kollegen, "seine Empörung im Büro, nachdem ihm sein Schwager angeblich mit einer Anzeige droht, weil X dessen Tochter im Urlaub zu nahe gekommen sei." Y überwindet ihre Scham, auch diese Dinge zu benennen und geht an die Öffentlichkeit. Ihre Anwälte haben ihr das auch als Schutz empfohlen. Niemand weiß besser als sie, wozu die Leipziger Immobilienmafia fähig ist. ... "Alles, was seine Neigungen betrifft, ist mir dagegen erst im Nachhinein klar geworden". Das ist ihr wichtig: "Denn wer denkt denn an so was?!"
5
Die Behauptung der Beklagten zu 3, ein 14-jähriges Mädchen namens "Lissy" habe nach dem Kläger im Büro gefragt und angegeben, mit diesem befreundet zu sein, führte zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs einer nicht bekannten weiblichen Jugendlichen. Die Staatsanwaltschaft Dresden stellte dieses Verfahren mit Verfügung vom 7. April 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Ein weiteres, im Zusammenhang mit der sog. "Sächsischen Korruptionsaffäre" gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern wurde mit Verfügung vom 28. April 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Kläger erwirkte gegen die Beklagten einstweilige Verfügungen des Landgerichts Hamburg vom 4. September 2007 und 1. August 2007, mit welchen den Beklagten die Verbreitung der im angegriffenen Beitrag mitgeteilten Äußerungen verboten wurde. Die Beklagten akzeptierten diese Unterlassungsverfügungen als endgültige Regelungen und verzichteten auf die Rechtsbehelfe der §§ 924, 926, 927 ZPO.
6
Mit der Behauptung, durch die im angegriffenen Beitrag enthaltenen unwahren Tatsachenbehauptungen sei er sowohl sozial als auch wirtschaftlich vernichtet worden, begehrt der Kläger die Zahlung einer Geldentschädigung wegen schwerwiegender Persönlichkeitsrechtsverletzung sowie den Ersatz von Anwaltskosten. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten in Bezug auf alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden.
7
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 25.000 € und die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zur Zahlung einer weiteren Geldentschädigung in Höhe von 50.000 € verurteilt. Darüber hinaus hat es dem Feststellungsbegehren gegen die Beklagten zu 1 und 2 entsprochen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht die von ihnen zu zahlende Geldentschädigung auf insgesamt 50.000 € reduziert. Die weitergehenden Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht ebenso wie die Berufung der Beklagten zu 3 und die auf Erhöhung der Geldentschädigung gerichtete Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zu 3 verurteilt, den Kläger von einer Gebührenforderung der Rechtsanwälte H & M in Höhe von 1.195,95 € freizustellen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger von den Beklagten zu 1 und 2 eine weitere Geldentschädigung in Höhe von 50.000 €. Die Beklagten verfolgen mit ihren Revisionen ihre Klageabweisungsanträge weiter. Mit der gegen die Beklagte zu 3 gerichteten Anschlussrevision begehrt der Kläger die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Anwälte in Höhe von weiteren 3.712,90 €.

Entscheidungsgründe:

A.

8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat ausgeführt , dass der Kläger von den Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die Zahlung einer Geldentschädigung verlangen könne. Die Beklagten hätten das Persönlichkeitsrecht des Klägers in schwerwiegender Weise dadurch verletzt, dass sie - teils offen, teils verdeckt - die Behauptungen aufgestellt hätten, der Kläger sei pädophil veranlagt, er habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen namens Lissy gehabt, er sei korrupt, Teil eines kriminellen Leipziger Netzwerkes (sog. Sächsische Korruptionsaffäre), habe seine Dienstpflichten nicht erfüllt und die Beklagte zu 3 bedroht, in dem er ihr SMS geschrieben habe, ihre Katze habe strangulieren lassen und sie von drei ihm bekannten Motorradfahrern im Straßenverkehr habe abdrängen lassen. Die Wiedergabe von angeblichen Kollegenäußerungen, wonach der Kläger als "pädophiler Arsch" bezeichnet worden sei, lasse in Verbindung mit seiner Benennung als "Verdächtiger im Zusammenhang mit Kinderprostitution" und dem Bericht der Beklagten zu 3 über den Besuch des Mädchens Lissy für den verständigen Durchschnittsleser nur die Schlussfolgerung zu, der Kläger habe auch zu diesem eine pädophile Beziehung unterhalten. Diese unabweisliche Schlussfolgerung werde dem Leser insbesondere durch die Passage nahegelegt, in der es heißt: "Erst jetzt fügen sich für Y immer mehr Puzzleteile zusammen. Das Mädchen, die Andeutungen der Kollegen, "seine Empörung im Büro, nachdem ihm sein Schwager angeblich mit einer Anzeige droht, weil X dessen Tochter im Urlaub zu nahe gekommen sei.""Diese Schlussfolgerung werde durch die Aussage bestärkt: "Alles, was seine Neigungen betrifft, ist mir dagegen erst im Nachhinein klar geworden" …"Denn wer denkt denn an so was?!". Auch wenn der streitgegenständliche Beitrag überwiegend Bezug auf Äußerungen der Beklagten zu 3 nehme, hätten die Beklagten zu 1 und 2 sich diese Äußerungen zu Eigen gemacht. Durch deren nahtlose Einbindung in den Text, die nahezu bruchlose Verschmelzung von Interviewabschnitten mit Passagen in indirekter Rede, die hergestellte Verbindung zur sog. Sächsischen Korruptionsaffäre bereits im Einleitungstext sowie durch zustimmende und bewertende Kommentierungen bringe der Beklagte zu 1 deutlich zum Ausdruck, dass er die Auffassung der Beklagten zu 3 teile. Die Beklagten hätten nicht den Beweis erbracht, dass die erhobenen Vorwürfe wahr seien. Die Beklagten könnten sich auch nicht auf die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung stützen. Die übernommenen Behauptungen beschränkten sich an keiner Stelle auf die Äußerung eines bloßen Verdachts, sondern würden als unumstößliche Tatsachen dargestellt. In dem Beitrag würden auch keine den Kläger entlastenden Umstände wiedergegeben. Darüber hinaus fehle es an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der berichteten Informationen sprächen. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten dem Kläger auch nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die bloße Kontaktaufnahme per E-Mail ohne eine konkrete Darlegung des Gegenstandes, zu dem eine Stellungnahme erbeten werde, reiche hierfür nicht aus.
9
Die durch die Berichterstattung hervorgerufene schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers könne auch nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden. Die vom Kläger gegen die Beklagten erwirkten Unterlassungsverfügungen bewirkten keinen anderweitigen Ausgleich der Rechtsverletzung. Denn gegenüber Veröffentlichungen im Internet sei die Gel- tendmachung eines Unterlassungsanspruchs im Ergebnis faktisch wirkungslos, weil die Primärmitteilung durch Dritte im Rahmen von Kopien, Blogs oder Verlinkungen weiter verbreitet werde. Der Kläger könne auch nicht auf die Geltendmachung eines Widerrufsanspruchs verwiesen werden, da ihn die Beweislast für die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen treffe. Eine Gegendarstellung bewirke keine Genugtuung. Bei der Bemessung der Höhe des Geldentschädigungsanspruchs sei zu berücksichtigen, dass die verdeckte Behauptung, der Kläger habe eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen unterhalten und sei pädophil veranlagt, nicht allein in dem streitgegenständlichen Artikel enthalten, sondern bereits am 13. Juni 2007 in der Bildzeitung veröffentlicht worden sei. In gleicher Weise habe sich die Beklagte zu 3 zuvor im MDRMagazin FAKT am 11. Juni 2007 geäußert. Es könne nicht außer Betracht bleiben , dass eine Tatsache bereits einer größeren Öffentlichkeit bekannt sei und deren Sicht auf die betroffene Person schon wesentlich mitpräge. Auf der anderen Seite sei die erhebliche Rufschädigung zu berücksichtigen, die der Vorwurf der Pädophilie nach sich ziehe. Es sei auch davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Berichterstattung zumindest mitursächlich für die durch Vorlage diverser Befundberichte belegte depressive Störung des Klägers sei. Sowohl der streitgegenständliche Beitrag als auch die parallel erfolgten Pädophilievorwürfe in anderen Medien seien für sich genommen geeignet, schwerwiegende psychische Folgeschäden, zumindest aber eine längerfristige depressive Verstimmung hervorzurufen. Es liege damit eine Doppelkausalität vor, die für eine Haftungsbegründung ausreiche. Der Entschädigungsanspruch sei auch nicht im Hinblick auf sämtliche, im Zeitraum ab Mai 2007 erschienenen Veröffentlichungen über den Kläger zu mindern. Denn nur die Beiträge im MDR-Magazin FAKT und in der Bildzeitung befassten sich mit der Behauptung, der Kläger unterhalte eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen. Es sei auch kein Grundsatz anzuerkennen, wonach die Geldentschädigung bei einer Internetveröffentli- chung stets höher anzusetzen sei als bei einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Veröffentlichung in den Printmedien. Eine solche Betrachtung lasse außer Acht, dass die Verlinkung auf den angegriffenen Beitrag im Internet und die sonstige Weiterverbreitung in anderen Portalen nicht vom Willen des Verletzers abhängig sei und diesem nicht zugerechnet werden könne. Auch bei einer gedruckten Zeitung sei für die Höhe der Geldentschädigung nicht maßgeblich, ob die belastende Darstellung von anderen Zeitungen, etwa im Rahmen eines Pressespiegels, übernommen werde. Auf der anderen Seite sei die Geldentschädigung bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine Internetveröffentlichung auch nicht generell niedriger anzusetzen als bei einer solchen durch eine Printveröffentlichung. In Fällen, in denen der Schädiger - wie im Streitfall - die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen als Mittel zur Reichweitensteigerung eingesetzt habe, sei die Erzielung von Gewinnen als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. Nach einer Pressemitteilung der Beklagten zu 2 habe das von ihr betriebene Portal im August 2007 durchschnittlich 2,58 Millionen Nutzer gehabt, was in der Gesamtabwägung die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 in Höhe von 50.000 € rechtfertige. Der gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Feststellungsantrag sei zulässig und begründet. Die Beklagten zu 1 und 2 stellten ihre Schadensersatzpflicht in Abrede, die Höhe des Schadens stehe derzeit noch nicht fest und es drohe eine Verjährung des Anspruchs.
10
Die Beklagte zu 3 sei zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 25.000 € verpflichtet. Sie müsse sich den streitgegenständlichen Beitrag als Informantin zurechnen lassen. Sie habe gewusst, welche Schlussfolgerungen der Beklagte zu 1 aus ihren Informationen ziehen würde. Ihre Behauptungen ließen im Gesamtzusammenhang die alleinige Schlussfolgerung zu, der Kläger sei pädophil und habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen. Die Beklagte zu 3 habe die Wirkungen ihrer Behauptungen aus Rache gegenüber dem Kläger, dem sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zugeschrieben habe, in Kauf genommen.
11
Die Anschlussberufung des Klägers sei unbegründet, soweit er die Verurteilung der Beklagten zu 1 und 2 zu einer höheren Geldentschädigung begehre. Er könne indes von der Beklagten zu 3 aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186, 187 StGB die Freistellung von der Gebührenforderung seiner Anwälte in Höhe von 1.195,95 € verlangen, die durch seine Verteidigung in dem auf Initiative der Beklagten zu 3 eingeleiteten Ermittlungsverfahren entstanden sei.

B.

I. Revisionen der Beklagten zu 1 und 2
12
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revisionen der Beklagten zu 1 und 2 nicht in jeder Hinsicht stand.
13
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB gegen die Beklagten zu 1 und 2 zusteht.
14
a) Die Revisionen wenden sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die angegriffenen Äußerungen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzen.
15
aa) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht dem beanstandeten Beitrag die - teils offenen, teils verdeckten - Aussagen entnommen, der Kläger sei pädophil veranlagt, er habe ein sexuelles Verhältnis mit einem minderjährigen Mädchen namens Lissy gehabt, er sei kor- rupt, Teil eines kriminellen Leipziger Netzwerkes (sog. Sächsische Korruptionsaffäre ), habe seine Dienstpflichten nicht erfüllt und die Beklagte zu 3 bedroht, indem er ihr SMS geschrieben habe, ihre Katze habe strangulieren lassen und sie von drei ihm bekannten Motorradfahrern im Straßenverkehr habe abdrängen lassen (vgl. zur Ermittlung verdeckter Aussagen: Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02, AfP 2004, 56, 57 f.). Das Berufungsgericht hat die Äußerungen auch zu Recht als Tatsachenbehauptungen eingestuft. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision nicht.
16
bb) Die vorbezeichneten Aussagen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Sie beeinträchtigen ihn in erheblichem Maße in seiner Ehre und sozialen Anerkennung. Die Äußerungen sind geeignet, sich abträglich auf sein Ansehen, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wird der Kläger in dem Beitrag als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt, der weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt.
17
Anders als das Berufungsgericht beiläufig meint, ist die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers dagegen nicht betroffen (vgl. zur Intimsphäre: Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09, AfP 2012, 47 Rn. 11; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 25 f.). Denn sexuelle Verhältnisse mit Kindern oder Jugendlichen sind in § 182 StGB unter Strafe gestellt. Die Begehung von Sexualstraftaten fällt aber nicht in den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Mit ihnen geht ein Übergriff in die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers einher, so dass ihre Begehung nicht als Ausdruck der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit des Täters ange- sehen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, AfP 2013, 250 Rn. 24; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 26).
18
cc) Die Beklagten zu 1 und 2 sind für die beanstandeten Aussagen uneingeschränkt verantwortlich. Entgegen der Auffassung der Revisionen haben die Beklagten zu 1 und 2 insoweit nicht lediglich fremde Äußerungen - solche der Beklagten zu 3 - verbreitet (vgl. zur Verbreiterhaftung: Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 13; BVerfG AfP 2009, 480 Rn. 69, jeweils mwN). Sie sind nicht als bloße Vermittler der Äußerungen der Beklagten zu 3 aufgetreten, sondern haben sich diese zu Eigen gemacht und damit eigene Behauptungen aufgestellt.
19
(1) Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung regelmäßig dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen (Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11). So genügt es für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht, dass ein Presseorgan die ehrenrührige Äußerung eines Dritten in einem Interview verbreitet, ohne sich ausdrücklich von ihr zu distanzieren (Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 11 mwN; BVerfGK 10, 485, 492; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 69; EGMR, Urteile vom 29. März 2001 - 38432/97 Rn. 64 - Thoma/Luxemburg; vom 30. März 2004 - 53984/00 Rn. 37 ff. - Radio France/Frankreich; vom 14. Dezember 2006 - 76918/01 Rn. 33 ff. - Verlagsgruppe News GmbH/Österreich). Auch kann sich schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; AfP 2009, 480 Rn. 67; Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN).
20
(2) Nach diesen Grundsätzen haben sich die Beklagten zu 1 und 2 die Aussagen der Beklagten zu 3 zu Eigen gemacht. Zwar wird in dem angegriffenen Beitrag ausdrücklich Bezug auf Äußerungen der Beklagten zu 3 in einem zwischen ihr und dem Beklagten zu 1 geführten Gespräch genommen. Auch werden verschiedene ihrer Aussagen als wörtliche Zitate wiedergegeben und als solche kenntlich gemacht. Entgegen der Auffassung der Revisionen wird in dem Beitrag aber nicht lediglich ein Sachverhalt referiert, ohne dessen Richtigkeit zu unterstellen; es werden nicht nur die Äußerungen eines Dritten berichtet. Vielmehr nimmt der Beklagte zu 1 in dem Beitrag eine eigene Bewertung der Vorgänge vor und identifiziert sich mit der Darstellung der Beklagten zu 3. Er unterstreicht die von ihr erhobenen Vorwürfe, stellt sie als Opfer dar und ergreift zu ihren Gunsten Partei. Dies kommt beispielsweise durch die Bewertung des Verhaltens des Klägers als "Mobbing", der von ihm ausgehenden Anzüglichkeiten als "armselig" und der Kündigung der Beklagten zu 3 als "abgekartet" zum Ausdruck ebenso wie durch die wertende Zusammenfassung "Y wurde ihre eigene Diskretion zum Verhängnis" und die Aussage, sie "wollte nie … den Dreck zurückwerfen, mit dem man sie selbst beinahe zur Verzweiflung trieb".
21
dd) Die Revisionen wenden sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sei rechtswidrig.
22
(1) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 10; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 11, jeweils mwN).
23
Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten zu 1 und 2 auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Bei Tatsachenbehauptungen wie im vorliegenden Fall hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 34; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62, jeweils mwN).
24
(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die angegriffenen Behauptungen nicht (erweislich) wahr. Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB wäre es Sache der auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommenen Beklagten als Äußernden gewesen, die Wahrheit der Behauptung nachzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23; Katzenmeier in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 823 Abs. 2 Rn. 9 mwN). Diesen Beweis haben sie nicht geführt.
25
(3) Entgegen der Auffassung der Revisionen sind die angegriffenen Äußerungen auch nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig.
26
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass der auf Unterlassung in Anspruch Genommene vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt hat. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess einschnüren. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen , dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt. Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind deshalb an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen. Allerdings ist auch das Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl.
Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 mwN; vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 26, 28 mwN; BVerfGE 114, 339, 353; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62; EGMR, Entscheidung vom 4. Mai 2010 - 38059/07, Effectenspiegel AG gegen Deutschland, juris Rn. 42). Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f. mwN).
27
(b) Nach diesen Grundsätzen war die angegriffene Berichterstattung unzulässig. Die Beklagten zu 1 und 2 sind ihren publizistischen Sorgfaltspflichten nicht im gebotenen Umfang nachgekommen.
28
(aa) Es fehlt bereits an dem erforderlichen Mindestbestand an Beweistatsachen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt es einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Ehre des Klägers dar, wenn er als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt wird, der ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen hatte und weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt. Dieser Vorwurf trifft den Kläger im Kern seiner Persönlichkeit. Angesichts der Schwere dieses Vorwurfs waren die Beklagten zu 1 und 2 in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 24).
29
Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht unter zutreffender Würdigung aller Indizien zu Recht angenommen, dass weder die Angaben der Beklagten zu 3 noch die den Beklagten zu 1 und 2 vorliegenden Unterlagen eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Verbreitung der den Kläger schwer belastenden Vorwürfe abzugeben vermochten. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gab es für die (verdeckte) Aussage, der Kläger habe ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen namens "Lissy" gehabt, nur einen Anhaltspunkt, nämlich die Angaben der Beklagten zu 3. Diese verfügte insoweit aber weder über eigene Erkenntnisse noch über in tatsächlicher Hinsicht konkrete anderweitige Hinweise. Vielmehr konnte sie lediglich aus ihrer Sicht auffällige Begebenheiten schildern, aus denen sie auf entsprechende sexuelle Kontakte schloss. Eine derartige bloße Schlussfolgerung ohne hinreichende Tatsachengrundlage rechtfertigt es aber nicht, den Betroffenen mit einem derart schweren, ihn im Kern seiner Persönlichkeit treffenden Vorwurf zu überziehen. Unabhängig von der unzureichenden Tatsachengrundlage hätten sich die Beklagten zu 1 und 2 die Schlussfolgerungen der Beklagten zu 3 aber auch deshalb nicht ohne weiteres zu eigen machen dürfen, weil sich die Beklagte zu 3 ausweislich des von den Beklagten zu 1 und 2 vorgelegten Aktenvermerks der Polizeidirektion Leipzig vom 12. Dezember 2006 in psychologischer Behandlung befand, sich vom Kläger gemobbt fühlte und bei ihren Schilderungen "kein gutes Haar an diesem ließ". Bei dieser Sachlage hätten die Beklagten zu 1 und 2 in Rechnung stellen müssen, dass die Angaben der Beklagten zu 3 von einem übermäßigen Belastungseifer getragen sein könnten.
30
Dem als "geheim" gekennzeichneten Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 14. Juli 2006 ist hinsichtlich eines Verhältnisses des Klägers zu einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen namens "Lissy" nichts zu entnehmen. Er beschränkt sich auch im Übrigen auf vage, nicht konkretisierte Mutmaßungen und beruht überwiegend auf anonymen Quellen. Entgegen der Auffassung der Revisionen stellt dieser Bericht auch keine privilegierte Quelle dar, auf deren Richtigkeit der Beklagte zu 1 hätte vertrauen dürfen. Zwar ist es in der Rechtsprechung und im Schrifttum anerkannt, dass den Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 29 ff.; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35 jeweils mwN; Hoene in Soehring /Hoene, Presserrecht, 5. Aufl., § 2 Rn. 21c). Dies beruht auf der Erwägung, dass Behörden in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind und Amtsträger, wenn sie vor der Frage stehen, ob die Presse über amtliche Vorgänge informiert werden soll, die erforderliche Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vorzunehmen haben (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, AfP 2013, 57 Rn. 30; BGH, Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, NJW 1994, 1950, 1951; BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 35; BeckOK GG/Huster/Rux, Art. 20 GG Rn. 169 ff. [Stand: 1. November 2013]). Verletzen sie ihre Amtspflichten, kann ein Schadensersatzanspruch des Betroffenen wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die zuständige Gebietskörperschaft als Träger der Behörde gegeben sein (vgl. BGH, Urteile vom 17. März 1994 - III ZR 15/93, aaO S. 1951 f.; vom 23. Oktober 2003 - III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697; OLG Hamburg, Ufita 70 (1974), 305, 309 ff.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 6 Rn. 136; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 19 Rn. 38). Um eine derartige für die Öffentlichkeit bestimmte Verlautbarung han- delt es sich bei dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz aber gerade nicht. Er war ausdrücklich als "geheim" gekennzeichnet.
31
Gleiches gilt für die Protokolle über die polizeiliche Vernehmung verschiedener Zeugen aus den Jahren 1999 und 2000. Auch sie sind in tatsächlicher Hinsicht unergiebig. Ausweislich des Protokolls über die Vernehmung der Zeugin I. vom 7. Juni 2000 hat diese eine nicht näher identifizierte Person auf einem ihr vorgelegten Lichtbild als Freier des Kinderbordells Jasmin erkannt. Die übrigen Protokolle enthalten bloße Gerüchte oder Vermutungen ohne belastbare tatsächliche Grundlage. Derartige Gerüchte können aber nicht die Basis für eine den Betroffenen im Kern seiner Persönlichkeit treffenden Berichterstattung in der Presse abgeben (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405). Abgesehen davon lagen die Zeugenaussagen im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels bereits sechseinhalb Jahre zurück , ohne dass die Strafverfolgungsbehörden zu Lasten des Klägers hieraus Konsequenzen gezogen hatten.
32
Auch das an die Geschäftsführung der L.W. gerichtete anonyme Schreiben des angeblichen L.W.-Kollegiums vom 14. Mai 2007 vermag die angegriffene Berichterstattung nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass es allein als Beleg für die Behauptung dienen könnte, der Kläger sei korrupt, kommt ihm aufgrund seines vage gehaltenen Inhalts und seiner Diktion nur ein sehr geringer Beweiswert zu. Hinzu kommt, dass sich der Beklagte zu 1 ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, vor der Veröffentlichung des Beitrags nicht in der erforderlichen Weise vergewissert hat, ob das Schreiben der Geschäftsführung überhaupt zugegangen ist.
33
Beruht eine mit einer so erheblichen Ehrenkränkung verbundene Behauptung auf einer derart dürftigen Tatsachen- und Recherchegrundlage, wie dies vorliegend der Fall ist, gebietet eine an den verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern beider Seiten ausgerichtete Abwägung der Interessen, die betroffene Person, hier den Kläger, nicht unter voller Namensnennung "an den Pranger zu stellen".
34
(bb) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der angegriffene Beitrag unausgewogen und ihm nicht hinreichend zu entnehmen ist, dass lediglich über einen nicht bewiesenen Verdacht gegen den Kläger berichtet werden sollte. Wie bereits ausgeführt identifiziert sich der Beklagte zu 1 in dem Beitrag mit der Darstellung der Beklagten zu 3. Er unterstreicht die von ihr erhobenen Vorwürfe, stellt sie als Opfer dar und ergreift zu ihren Gunsten Partei. Die Berichterstattung ist nicht nur bewusst einseitig, sondern erweckt in unzulässiger Weise den Eindruck, die aufgestellten Behauptungen seien inhaltlich zutreffend und der Kläger sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt.
35
(cc) Die Revisionen wenden sich auch ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 1 habe dem Kläger vor der Veröffentlichung nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Entgegen der Auffassung der Revisionen durfte sich der Beklagte zu 1 unter den Umständen des Streitfalles nicht darauf beschränken, den Kläger um ein Interview zu bitten und in den "zunächst nur einleitenden Bitten um ein Gespräch" lediglich den groben Kontext und die Zielrichtung seiner Recherchen zu bezeichnen. Angesichts der besonderen Tragweite, die die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen für den Kläger erkennbar haben konnte, war der Beklagte zu 1 vielmehr gehalten, dem Kläger die Vorwürfe, die Gegenstand des Beitrags werden sollten, konkret zur Kenntnis zu bringen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme auf ihm beliebige Weise zu geben, ohne ihn auf die Möglichkeit der Erörterung der Vorwürfe in einem persönlichen Gespräch zu beschränken (vgl. zur Anhörung des Betroffenen vor der Berichterstattung: Senatsurteile vom 25. Mai 1965 - VI ZR 19/64, VersR 1965, 879, 881; vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 25 f.). Das Interesse der Medien, den Betroffenen erstmals in einem Interview mit den konkreten Vorwürfen zu konfrontieren, um eine spontane Reaktion des Betroffenen zu erfahren, ist in diesem Zusammenhang nicht schutzwürdig. Es muss vielmehr grundsätzlich dem Betroffenen überlassen bleiben, wie er sich äußern will. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich , dass der Kläger ein persönliches Gespräch mit dem Beklagten zu 1 abgelehnt hat. Hierin liegt insbesondere kein Verzicht auf die Möglichkeit der Stellungnahme. Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, kommt die Annahme eines Verzichts nur dann in Betracht, wenn der Betroffene weiß, was ihm konkret vorgeworfen wird.
36
Die Revisionen rügen in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der E-Mail des Beklagten zu 1 vom 10. Juni 2007 ein Telefonat mit der Schwester des Klägers vorangegangen sei, das offensichtlich die streitgegenständlichen Äußerungen zum Gegenstand gehabt habe. Dies ergibt sich aus der E-Mail gerade nicht. Danach hat es der Beklagte zu 1 vielmehr abgelehnt, der Schwester des Klägers Fragen zukommen zu lassen , da sie "erklärtermaßen" nicht mandatierte Vertreterin des Klägers sei und er nicht wisse, ob sie tatsächlich seine Schwester sei.
37
b) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Kläger wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die beanstandete Berichterstattung von den Beklagten zu 1 und 2 die Zahlung einer Geldentschädigung verlangen kann.
38
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 591, 592). Die Zubilligung einer Geldentschädigung kommt auch in Betracht, wenn das Persönlichkeitsrecht, wie im Streitfall, durch eine nicht erweislich wahre rufschädigende Tatsachenbehauptung verletzt wird. In diesem Fall ist aber bei der Gewichtung der Schwere des Eingriffs die offen bleibende Möglichkeit mit zu berücksichtigen, dass die inkriminierte Behauptung wahr sein kann (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27). Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215). Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302 mwN). In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285).
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bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht einen hinreichend schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu Recht bejaht. Der angegriffene Beitrag, in dem der Kläger als gewissen- und skrupelloser pädophiler Täter dargestellt wird, der ein sexuelles Verhältnis mit einem "vielleicht 14 Jahre" alten Mädchen hatte und weder vor der Zerstörung der beruflichen Existenz einer langjährigen loyalen Mitarbeiterin noch vor der Ankündigung von Straftaten zurückschreckt, ist in einem außerordentlich erheblichen Maße herabsetzend und mindert das Ansehen des Klägers besonders nachhaltig. Die darin enthaltenen Vorwürfe treffen den Kläger in den Grundlagen seiner Persönlichkeit und sind geeignet, ihn gesellschaftlich zu vernichten. Die Beklagten zu 1 und 2 handelten auch in erheblichem Maße schuldhaft. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagten zu 1 und 2 ihre publizistischen Sorgfaltspflichten in hohem Maße verletzt haben. Wie unter Ziffer a) dd) (3) (b) ausgeführt, haben sie die den Kläger schwer belastenden Aussagen der Beklagten zu 3, die sich ausweislich des von den Beklagten vorgelegten Aktenvermerks der Polizeidirektion Leipzig vom 12. Dezember 2006 in psychologischer Behandlung befand und einen arbeitsrechtlichen Konflikt mit dem Kläger austrug, kritiklos übernommen und den Kläger in einem äußerst einseitigen und präjudizierenden Beitrag unter voller Namensnennung "an den Pranger" gestellt, ohne diesem zuvor in dem gebotenen Maß Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
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Die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Einwendungen der Revisionen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Zubilligung einer Geldentschädigung setzt insbesondere nicht voraus, dass der Kläger - wie von ihm behauptet - aufgrund der streitgegenständlichen Berichterstattung eine schwere Depression erlitten hat. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Er findet seine sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302; vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 204 f.; BVerfGE 34, 269, 282, 292; BVerfG NJW 2000, 2187 f.; Müller, VersR 2008, 1141, 1150).
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Entgegen der Auffassung der Revisionen wirkt sich auch nicht der Umstand mindernd auf das Gewicht der durch die angegriffenen Äußerungen bewirkten Persönlichkeitsrechtsverletzung aus, dass bereits vor dem angegriffenen Beitrag in verschiedenen Veröffentlichungen über den Kläger berichtet wurde. Denn weder werden unbewiesene Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters deswegen zulässig, weil sie auch von anderen aufgestellt worden sind (vgl. BVerfGE 85, 1, 22; BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; AfP 2009, 480 Rn. 64), noch verliert der Betroffene durch die erste belastende Berichterstattung seine Ehre und soziale Anerkennung in dem Sinne, dass diese Schutzgüter nicht erneut oder nur mit geringerer Intensität verletzt werden könnten. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, stellen die Veröffentlichungen durch andere Verlage jeweils eigenständige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, die einer selbständigen Beurteilung unterliegen. Eine andere Betrachtung würde weder dem Wesen der genannten Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch der Funktion der Entschädigung als Rechtsbehelf zu ihrem Schutz gerecht (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307 f.; aA OLG Stuttgart, AfP 1981, 362). Die Vorveröffentlichungen könnten sich allenfalls mindernd auf die Höhe der zuzubilligenden Geldentschädigung auswirken, wenn und soweit das Interesse der von dem streitgegenständlichen Beitrag angesprochenen Personen durch sie bereits verringert war (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 536; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 32 Rn. 37).
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Aus den von den Revisionen herangezogenen Entscheidungen des Senats vom 29. Juni 1999 (VI ZR 264/98, AfP 1999, 350) und vom 5. November 2013 (VI ZR 304/12, juris), des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33) sowie des EGMR (NJW 1999, 1315) folgt nichts anderes. Sie betrafen andere Fallkonstellationen, weshalb die dort maßgebenden Erwägungen vorliegend nicht herangezogen werden können. In den genannten Entscheidungen ging es jeweils um die dem Willen des Betroffenen widersprechende Offenbarung wahrer Tatsachen, die vor der jeweils angegriffenen Veröffentlichung bereits von anderen Medien mitgeteilt worden und damit schon einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden waren mit der Folge, dass der Betroffene bereits zuvor seine Anonymität verloren hatte bzw. seine persönlichen Daten nicht mehr geheim waren. So wandte sich die Klägerin im Verfahren VI ZR 304/12 gegen die unter Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erfolgte Preisgabe des Abstammungsverhältnisses zu ihrem Vater. Der Kläger im Verfahren VI ZR 264/98 beanstandete als Eingriff in seine Privatsphäre, dass der Grund für die Scheidung von seiner Ehefrau - Ehe- bruch - bekanntgeben worden war. Der Streitfall dagegen ist anders gelagert. Hier steht der Schutz vor unbewiesenen Tatsachenbehauptungen herabsetzenden Charakters in Rede. Es kann dahingestellt bleiben, ob Vorveröffentlichungen angesichts des Umstands, dass es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht um eine statische, für alle Zeiten feststehende Größe handelt, sondern sein Bestand in gewissem Umfang auch von der tatsächlichen Anerkennung durch die Öffentlichkeit abhängt (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33), nach Ablauf einer gewissen Zeit zu einem "Negativ-Image" des Betroffenen führen können (so OLG Stuttgart, AfP 1981, 362). Dies kommt jedenfalls nicht in Betracht, wenn die angegriffene Berichterstattung und die Vorveröffentlichungen - wie im Streitfall - in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen.
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cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beeinträchtigung des Klägers nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Die gegen die Beklagten erwirkten Unterlassungstitel schließen den Geldentschädigungsanspruch unter den Umständen des Streitfalls nicht aus. Auch unter Berücksichtigung der mit ihnen zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen können sie die weitere Abrufbarkeit des angegriffenen Beitrags oder Teilen desselben nicht zuverlässig verhindern. Es ist allgemein bekannt, dass eine in das Internet gestellte Meldung, auch wenn sie von ihrem Urheber gelöscht wurde, jedenfalls für gewisse Zeit weiter zugänglich bleiben kann, weil sie in der Zwischenzeit von Dritten kopiert und auf einer neuen Webseite eingestellt oder von Bloggern zum Gegenstand eines eigenen Beitrags gemacht wurde. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass zahlreiche Nutzer im Internet die Löschung von Inhalten infolge von Unterlassungsansprüchen als Zensur interpretieren und für die Verbreitung "AusweichRouten" finden. Abgesehen davon vermag ein Unterlassungstitel in Fällen derart schwerer Angriffe, die sich gegen die Grundlagen der Persönlichkeit richten, die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht hinreichend auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 13 f.).
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Die Zubilligung einer Geldentschädigung ist im Streitfall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger keinen Widerrufsanspruch geltend gemacht hat. Zum einen sind die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht erfüllt, weil der Kläger nicht beweisen kann, kein Verhältnis mit einem 14 Jahre alten Mädchen (gehabt) zu haben. Zum anderen ist auch ein Widerruf nicht geeignet, die erlittene Beeinträchtigung hinreichend auszugleichen (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87, VersR 1988, 405; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 13 f.).
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2. Die Revisionen wenden sich aber mit Erfolg gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der dem Kläger zustehenden Geldentschädigung.
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a) Allerdings ist die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung in erster Linie Sache des Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar , ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Bemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 29; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307).
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b) Vor diesem Hintergrund ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Verringerung des Interesses der angesprochenen Leser an der streitgegenständlichen Berichterstattung nur die Vorveröffentlichungen im MDR-Magazin "FAKT", in der Bildzeitung und in der Online-Ausgabe der Leipziger Volkszeitung mindernd berücksichtigt, den anderen Beiträgen hingegen keine Bedeutung beigemessen hat (vgl. zur Minderung des Informationsinteresses durch Vorveröffentlichungen: Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 536; vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht , 5. Aufl., § 32 Rn. 37). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts befassten sich die übrigen Vorveröffentlichungen weder mit der Behauptung, der Kläger unterhalte eine sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen , noch mit den weiteren von der Beklagten zu 3 erhobenen Vorwürfen im Zusammenhang mit der Arbeitseinstellung des Klägers, seinem Verhalten am Arbeitsplatz, den Umständen ihrer Kündigung und der angeblichen Bedrohung.
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c) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet demgegenüber die Annahme des Berufungsgerichts, wonach der Anzahl der Aufrufe des angegriffenen Beitrags für die Bemessung der Höhe der Entschädigung keine Bedeutung zukomme. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung als Bemessungsfaktor zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2008, § 51 Rn. 23, 30). Aus diesem Grund kann die Anzahl der Personen, die die beanstandeten Äußerungen zur Kenntnis genommen haben, nicht unbeachtet bleiben.
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d) Wie die Revisionen zu Recht rügen, tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Annahme, die Beklagten zu 1 und 2 hätten die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers als Mittel zur Reichweitensteigerung und zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt, weshalb von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen müsse. Die vom Berufungsgericht für einschlägig gehaltene Fallgruppe der rücksichtslosen Zwangskommerzialisierung einer Persönlichkeit, in der die Präventionsfunktion der Geldentschädigung im Vordergrund steht, ist dadurch gekennzeichnet, dass der Einbruch in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorsätzlich zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94, AfP 1996, 138, 139; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 306 f.; BVerfG, VersR 2000, 897 898; Müller, aaO, § 51 Rn. 10, jeweils mwN). Feststellungen zu einem entsprechenden Vorsatz des Beklagten hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
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e) Die Revisionen beanstanden auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die angegriffenen Äußerungen als (mit)ursächlich für die beim Kläger aufgetretene depressive Störung angesehen hat, ohne über die umstrittene Frage Beweis zu erheben, ob diese Störung nicht bereits durch die Berichterstattung in der BILD-Zeitung vom 13. Juni 2007 und im MDR-Magazin "FAKT" vom 11. Juni 2007 ausgelöst worden ist. Der Ursachenzusammenhang lässt sich insbesondere nicht mit Hilfe der vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsätze der Doppelkausalität bejahen. Doppelkausalität liegt vor, wenn ein bestimmter Schaden durch verschiedene gleichzeitig oder nebeneinander wirkende Umstände verursacht worden ist, aber jede dieser Ursachen allein ausgereicht hätte, um den ganzen Schaden herbeizuführen. In einem solchen Fall sind sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich für den Schadenseintritt zu behandeln, obwohl keiner der Umstände als "conditio sine qua non" für den Schadenseintritt beurteilt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn. 25; vom 20. Februar 2013 - VIII ZR 339/11, NJW 2013, 2018 Rn. 27). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Es steht gerade nicht fest, dass die Veröffentlichungen in der BILDZeitung und im MDR-Magazin "FAKT" einerseits und die streitgegenständliche Berichterstattung andererseits gleichzeitig oder nebeneinander gewirkt und die depressive Störung des Klägers verursacht haben.
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Für eine Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ebenfalls kein Raum. Die Vorschrift setzt voraus, dass eine Ungewissheit hinsichtlich des Verursachers besteht, d.h. nicht feststellbar ist, welcher der Beteiligten den Schaden verursacht hat (vgl. Senatsurteil vom 23. März 1999 - VI ZR 53/98, VersR 1999, 1375). Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten wurde die depressive Störung des Klägers aber bereits durch die Vorveröffentlichungen bewirkt.
II. Revision des Klägers
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Die gegen die Beklagten zu 1 und 2 gerichtete Revision des Klägersist zulässig und begründet. Sie beanstandet zu Recht die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Höhe der dem Kläger zuzubilligenden Geldentschädigung.
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1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Internetveröffentlichung sei wegen der Besonderheiten des Internets generell höher zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den PrintMedien. Sowohl die Frage, ob die Verletzung des Persönlichkeitsrechts so schwerwiegend ist, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, als auch deren Höhe können nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Ein rufschädigender Artikel - beispielsweise auf der Titelseite - einer weit verbreiteten Tageszeitung mit hoher Auflage kann das Ansehen des Betroffenen wesentlich nachhaltiger schädigen als eine Internetmeldung in einem wenig bekannten Portal, das nur begrenzte Nutzerkreise anspricht. Auch der Umstand, dass die üblicherweise erfolgende Verlinkung der in Rede stehenden Meldung in Suchmaschinen die Einholung von Informationen über den Betroffenen ermöglicht, rechtfertigt keine generelle Anhebung der Geldentschädigung. Denn eine solche Informationsbeschaffung setzt die aktive Suche des bereits an dem Betroffenen interessierten Nutzers voraus. Demgegenüber werden durch einen Artikel einer weit verbreiteten Tageszeitung oder durch die Bekanntgabe der Nachricht zu einer beliebten Tageszeit im Fernsehen u.U. Millionen von Personen von dem (angeblichen) Fehlverhalten des Betroffenen in Kenntnis gesetzt.
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2. Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht den - durch Vorlage des Berichts der auf "Online Reputation Management" spezialisierten R. GmbH konkretisierten - Vortrag des Klägers nicht für erheblich gehalten hat, wonach der angegriffene Bericht im Internet zahlreich verlinkt, kopiert und - auch noch nach der Löschung des Ursprungsbeitrags - umfangreich abgerufen worden sei. Wie bereits ausgeführt, ist das Ausmaß der Verbreitung der angegriffenen Veröffentlichung als Bemessungsfaktor bei der Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist den Beklagten zu 1 und 2 die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers auch insoweit zuzurechnen, als sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist.
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a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht schlechthin dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Verletzungshandlung noch weitere Ursachen zur Rechtsgutsverletzung beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsgutsverletzung erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten eines Dritten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen allerdings, wenn die zweite Ursache - das Eingreifen des Dritten - den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken in der Rechtsgutsverletzung dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. Senatsurteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. April 1955 - III ZR 161/53, BGHZ 17, 153, 159; vom 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 11 ff.; vgl. auch MünchKomm/BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 141 ff., 157 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 249 Rn. 35, 58 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage, Vorb. v. § 249 Rn. 33 ff.).
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b) So verhält es sich im Streitfall. Durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags auf dem von der Beklagten zu 2 betriebenen Internet-Portal ist die internettypische besondere Gefahr geschaffen worden, dass an einer umfassenden Kommunikation und Diskussion im Internet interessierte Nutzer den Beitrag verlinken oder kopieren und auf anderen Webseiten zum Abruf bereit halten. Die auf die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte zurückzuführende Ehrkränkung des Klägers steht in einem inneren Zusammenhang zu der durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffenen Gefahrenlage. Erst hierdurch hat sich die spezifische Gelegenheit zum Tätigwerden der Dritten ergeben. Ihr Einschreiten ist nicht als bloß "zufällig" zu qualifizieren.
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c) Die von der Revision darüber hinaus als übergangen gerügten, angeblich noch im Jahr 2012 gegebenen "Hinweise auf die Veröffentlichung im Internet" sind nur dann erhöhend bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen , wenn auch sie die im angegriffenen Beitrag aufgestellten (verdeckten ) Sachaussagen enthalten.
III. Revision der Beklagten zu 3
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1. Die Revision der Beklagten zu 3 ist zulässig, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung richtet. Im Übrigen ist sie nicht statthaft und damit unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob dem Kläger wegen der streitgegenständlichen Berichterstattung Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung zustehen. Die Beschränkung der Revisionszulassung hat zur Folge, dass der Streitstoff, soweit er von der Zulassung nicht erfasst wird, nicht der Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 2).
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 7; Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 3; BGH, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 6, jeweils mwN).
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b) Von einer derartigen beschränkten Revisionszulassung ist vorliegend auszugehen. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen der Beschränkung klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 8; Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, AfP 2012, 371 Rn. 4; BGH, Urteile vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 7; vom 21. Januar 2010 - I ZR 215/07, NJW-RR 2010, 909 Rn. 13 f., jeweils mwN).
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Dies ist hier der Fall. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage nur darin gesehen hat, ob und wie sich eine ausschließlich auf einer Internetseite erfolgte Veröffentlichung auf Grund und Höhe eines Geldentschädigungsanspruchs auswirkt. Diese Rechtsfrage ist aber nur für die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche von Bedeutung. Sie berührt hingegen nicht den davon zu trennenden - und einen selbständigen Streitgegenstand begründenden - Anspruch des Klägers auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm durch Beauftragung eines Anwalts zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen entstanden sind.
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2. Soweit die Revision der Beklagten zu 3 zulässig ist, hat sie in der Sache Erfolg.
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a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass dem Kläger auch gegen die Beklagte zu 3 dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB zusteht. Denn sie hat die in schwerwiegendem Maße persönlichkeitsrechtsverletzende Berichterstattung der Beklagten zu 1 und 2 durch ihre nicht erweislich wahren Informationen veranlasst (vgl. zur Haftung des Informanten: BGH, Urteile vom 11. Mai 1973 - I ZR 123/71, VersR 1973, 764 - Kollo-Schlager; vom 18. Februar 1993 - I ZR 14/91, AfP 1993, 566, 567 - Produktinformation I; vom 19. September 1996 - I ZR 130/94, AfP 1997, 524, 525 - Orangenhaut mwN; Löffler/Steffen, Presserecht , 5. Aufl., § 6 LPG Rn. 229; Soehring in Soehring/Hoene, aaO, § 7 Rn. 32 ff.; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 381 ff.)
64
aa) Die Revision beanstandet in diesem Zusammenhang ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, welche Informationen die Beklagte zu 3 dem Beklagten zu 1 genau erteilt habe. Ausweislich der Feststellungen im Berufungsurteil stützt sich der streitgegenständliche Beitrag maßgeblich auf die Aussagen der Beklagten zu 3 und gibt ihren Bericht über den Besuch des Mädchens "Lissy" sowie ihre Aussagen in Interviewabschnitten und Zitaten wieder. In seinem Beschluss vom 5. April 2012, auf den es in seinem Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, hat das Berufungsgericht darüber hinaus festgestellt , dass die angebliche Verleumdung des Klägers durch seine Arbeitskollegen von der Beklagten zu 3 "kolportiert" worden sei und insbesondere die Passagen, wonach sich für die Beklagte zu 3 immer mehr "Puzzleteile" zusammenfügten , sie ihre "Scham" überwinde und ihr die "Neigungen" des Klägers erst im Nachhinein klar geworden seien, unmittelbar auf ihren Erklärungen beruhten. Die Beklagte zu 3 habe auch gewusst, welche Schlussfolgerungen der Beklagte zu 1 aus ihren Informationen ziehen würde. Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision nicht. Sie macht insbesondere nicht geltend, die Beklagte zu 3 sei in dem angegriffenen Beitrag - beispielsweise bei der Beschreibung von "Lissy" mit den Worten "vielleicht 14 Jahre alt" - falsch zitiert worden. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass bereits die Äußerungen der Beklagten zu 3 gegenüber dem Beklagten zu 1 die - teils offenen, teils verdeckten - Sachaussagen enthalten, welche der angegriffenen Berichterstattung zu entnehmen sind. Auf die Frage, welche Angaben die Beklagte zu 3 gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gemacht hat, kommt es bei dieser Sachlage entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
65
bb) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht auch eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers bejaht, die nicht in anderer Weise als durch Zahlung einer Geldentschädigung befriedigend aufgefangen werden kann.
66
(1) Zwar kann insoweit nicht darauf abgestellt werden, dass durch den angegriffenen Beitrag die absolut geschützte Intimsphäre des Klägers verletzt wurde. Denn wie unter I. 1. a) bb) ausgeführt, fällt die Begehung von Sexualstraftaten nicht in den unantastbaren Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Auch durch die Bekanntgabe der wahren Tatsachen, dass der Kläger eine Geliebte hatte und eine Vergleichsliste über seine Ehefrau und seine Geliebte erstellt hat, haben die Beklagten nicht in diesen Kernbereich eingegriffen. Die bloße Mitteilung ehebrecherischer Beziehungen ohne die Bekanntgabe diesbezüglicher Einzelheiten tangiert die Intimsphäre nicht (vgl. Senatsurteile vom 5. Mai 1964 - VI ZR 64/63, NJW 1964, 1471, 1472; vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, AfP 1999, 350, 351; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 49). Ob eine andere Beurteilung geboten wäre, wenn der Inhalt der Vergleichsliste zum Gegenstand der Berichterstattung gemacht worden wäre, kann offen bleiben, da eine derartige Fallkonstellation nicht vorliegt.
67
(2) Die durch die Äußerungen der Beklagten zu 3 bewirkte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers wiegt aber besonders schwer. Die Berichterstattung ist in einem außerordentlich erheblichen Maße herabsetzend und mindert das Ansehen des Klägers besonders nachhaltig. Die darin enthaltenen Vorwürfe treffen den Kläger im Kern seiner Persönlichkeit und sind geeignet, ihn gesellschaftlich zu vernichten. Hinzu kommt, dass die Beklagte zu 3 vorsätzlich handelte. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen war der Beklagten zu 3 bei der Informationserteilung in vollem Umfang bewusst, wie ihre Äußerungen im Gesamtkontext des von dem Beklagten zu 1 beabsichtigten Beitrags wirken würden; sie nahm dies aus Rache ge- genüber dem Kläger, dem sie den Verlust ihres Arbeitsplatzes zuschrieb, billigend in Kauf.
68
b) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Bemessung der Höhe der dem Kläger zustehenden Geldentschädigung.
69
aa) Das Berufungsgericht hat in seine Erwägungen zur Höhe der Entschädigung allerdings zu Recht mit einfließen lassen, dass die Beklagte zu 3 - wie oben ausgeführt - vorsätzlich handelte.
70
bb) Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, die gegen die Beklagte zu 3 festgesetzte Geldentschädigung müsse bereits deshalb reduziert werden , weil Veröffentlichungen in elektronischen Medien wegen ihrer "Flüchtigkeit" generell mit geringeren Beeinträchtigungen verbunden seien als solche in den Printmedien. Soweit die Revision darauf abhebt, dass ein Beitrag im Internet nach seiner Löschung - anders als ein Zeitungsartikel - nicht mehr "stofflich" existent und reproduzierbar sei, übersieht sie, dass der Beitrag vor der Löschung von Nutzern kopiert und auf anderen Webseiten abgelegt oder ausgedruckt worden sein kann. Wie bereits unter Ziffer II. 1. ausgeführt, kann die Frage , wie hoch die Geldentschädigung sein muss, um ihrer spezifischen Zweckbestimmung gerecht zu werden, vielmehr nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30).
71
cc) Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht der Anzahl der Aufrufe des angegriffenen Beitrags für die Bemessung der Höhe der Entschädigung keine Bedeutung beigemessen hat. Wie bereits unter Ziffer I. 2.
c) ausgeführt, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung auch das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung als Bemessungsfaktor zu berück- sichtigen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1963 - VI ZR 55/62, BGHZ 39, 124, 133 f.; vom 5. März 1963 - VI ZR 61/62, VersR 1963, 534, 535 f.; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137; Müller, aaO, § 51 Rn. 23, 30). Aus diesem Grund kann die Anzahl der Personen, die die beanstandeten Äußerungen zur Kenntnis genommen haben, nicht unbeachtet bleiben.
72
dd) Da der angegriffene Beitrag nicht in die Intimsphäre des Klägers eingreift , kann sich dieser Gesichtspunkt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht erhöhend bei der Bemessung der Geldentschädigung auswirken.
IV. Anschlussrevision des Klägers
73
Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte zwar grundsätzlich der Revision anschließen. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an den Voraussetzungen für eine wirksame Anschließung.
74
1. Zwar setzt die Statthaftigkeit der Anschließung gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) abweichend von dem bis dahin geltenden Recht nicht mehr voraus, dass auch für den Anschlussrevisionskläger die Revision zugelassen worden ist. Daher kann eine Anschlussrevision bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176; vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 39).
75
2. Auch nach neuem Recht erfordert die Statthaftigkeit der Anschließung allerdings, dass zwischen dem Streitgegenstand der Anschlussrevision und dem der - statthaften - Revision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Denn die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, aaO Rn. 40). Hinzu kommt, dass eine unbeschränkte Statthaftigkeit der Anschlussrevision in Fällen, in denen die Hauptrevision - wie im Streitfall - zu Gunsten einer Partei nur teilweise zugelassen wurde, zu einer Benachteiligung des Revisionsklägers führte und somit über den Gesetzeszweck der Schaffung einer Art Waffengleichheit zwischen den Parteien hinausginge. Der Revisionskläger müsste die Entscheidung des Berufungsgerichts im Umfang der Nichtzulassung hinnehmen , während der Revisionsbeklagte das Urteil in vollem Umfang seines Unterliegens anfechten könnte (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 41; Saenger/Kayser/Koch, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 554 Rn. 5; MünchKomm/ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 554 Rn. 6; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 554 Rn.  7 a; Prütting/Gehrlein/Ackermann, ZPO, 5. Aufl., § 554 Rn. 4; Gehrlein, NJW 2008, 896 ff.; aA Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 554 Rn. 4).
76
3. Im Streitfall fehlt es an dem erforderlichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Anschlussrevision und dem der statthaften Revision. Während sich die Revision, soweit sie zugelassen wurde, gegen die Verurteilung der Beklagten zu 3 zur Zahlung einer Geldentschädigung richtet, betrifft die Anschlussrevision einen Anspruch des Klägers auf Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, die ihm durch Beauftra- gung eines Anwalts zu seiner Verteidigung in dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren entstanden sind.
77
V. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben, soweit die Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung verurteilt worden sind und die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von weiteren 50.000 € abgewiesen worden ist. Insoweit war die Sache zur neu- en Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien in den Rechtsmittelschriften zu befassen. Bei der Bemessung der Geldentschädigung wird es zu berücksichtigen haben, dass die Entschädigung nicht eine Höhe er- reichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285). Galke Wellner Stöhr von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 11.11.2011 - 8 O 4330/08 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.05.2012 - 4 U 1883/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 175/14 Verkündet am:
15. September 2015
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Satz 2.

a) Die öffentliche Bekanntgabe der von einem namentlich benannten Kind in
der Grundschule gezeigten konkreten Verhaltensweisen und Fähigkeiten beeinträchtigt
dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung
als Recht auf ungestörte kindgemäße Entwicklung.

b) Die durch die Preisgabe nicht in die Öffentlichkeit gehörender Lebenssachverhalte
bewirkte Persönlichkeitsrechtsverletzung entfällt nicht dadurch, dass
sich der Verletzte oder sein Erziehungsberechtigter nach der Verletzung
ebenfalls zu den offenbarten Umständen äußert.

c) Zur Reichweite des Schutzbereichs der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG).
BGH, Urteil vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin
Dr. Roloff

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. März 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. September 2013 auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen worden und als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer gegen beide Beklagte gerichteten Anträge auf Unterlassung ihrer Bezeichnung als Tochter der A. X. und/oder Kind der A. X. in dem Buch "H. " zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. September 2013 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es zu unterlassen, die erste Auflage des Druckerzeugnisses "H. " (ISBN ) in den Verkehr zu bringen und öffentlich zu verbreiten, wenn die Klägerin in dem genannten Werk mit vollständigem Namen oder als U. X. , als Tochter der A. X. und/oder als Kind der A. X. benannt wird, wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K 1 vorgelegten Buchausdruck.
2. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es zu unterlassen, alle weiteren Auflagen des Druckerzeugnisses und das ebook "H. - " (ISBN ) in den Verkehr zu bringen und öffentlich zu verbreiten, wenn die Klägerin in dem genannten Werk als Tochter der A. X. und/oder als Kind der A. X. benannt wird, wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K 1 vorgelegten Buchausdruck. 3. Der Beklagten zu 1 wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsgebote nach Ziffer 1 und 2 ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, - die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren jeweiligen Geschäftsführern - angedroht. 4. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, es zu unterlassen, die Klägerin in der ersten Auflage des Druckerzeugnisses "H. " (ISBN ) mit vollständigem Namen , als U. X. , als Tochter der A. X. und/oder als Kind der A. X. zu benennen, wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K 1 vorgelegten Buchausdruck. 5. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, es zu unterlassen, die Klägerin in allen weiteren Auflagen des Druckerzeugnisses oder im ebook "H. " (ISBN ) als Tochter der A. X. und/oder als Kind der A. X. zu benennen, wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K 1 vorgelegten Buchausdruck.
6. Der Beklagten zu 2 wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsgebote nach Ziffer 4 und 5 ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, angedroht. 7. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.196,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.157 € seit dem 16. November 2012 und aus 39,43 € seit dem 4. Mai 2013 (Beklagte zu 1) bzw. seit dem 5. Mai 2013 (Beklagte zu 2) zu zahlen. 8. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen. III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/3 und die Beklagten je 1/3.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die minderjährige Klägerin begehrt Unterlassung und Zahlung einer Geldentschädigung wegen der identifizierenden Erwähnung ihrer Person in einem von der Beklagten zu 1 verlegten und von der Beklagten zu 2 verfassten Buch.
2
Die Beklagte zu 2 war Grundschullehrerin und ist die Ehefrau eines früheren Senators von B. Die Klägerin wurde nach einem Umzug im Winter 2007 an der Grundschule angemeldet, an der die Beklagte zu 2 unterrichtete. Die Klägerin nahm probeweise am Unterricht der dritten Klasse teil, um zu testen , ob sie geeignet sei, die zweite Klasse zu überspringen. Die Beklagte zu 2, die die Klassenlehrerin dieser dritten Klasse war, sprach sich gegen ein Überspringen aus. Im März 2008 legte die Mutter der Klägerin wegen des Umgangs der Beklagten zu 2 mit ihrer Tochter eine Beschwerde bei der Senatsverwaltung für Bildung ein. Im November 2008 wandte sich die Mutter an die B. Zeitung und schilderte den Vorgang unter Nennung ihres eigenen Namens und des Namens der Beklagten zu 2. In dem daraufhin am 5. November 2008 erschienenen Artikel hieß es unter voller Namensnennung u.a. wie folgt:
3
"Y (Anmerkung des Senats: Beklagte zu 2) gilt als erfahrene und strenge Grundschullehrerin. Ihr Mann, …senator Z (…), interessiert sich ebenfalls für die Lage der Schulen in B. und äußert sich immer mal wieder in Interviews dazu. Jüngst hat er in einem Leserbrief den Lehrern der …stadt eine "traditionell leistungsabgewandte Kultur" vorgeworfen. Nun hat Y selbst Ärger. Gegen die Lehrerin liegt bereits seit April eine Beschwerde bei der Senatsbildungsverwaltung vor. Unter dem Aktenzeichen VII A 4.4 wird ihr vorgeworfen, schulrechtliche Dienstvorschriften verletzt zu haben. Es geht um ihr eigenmächtiges Verhalten gegenüber einer Schülerin. … "Ich habe den Eindruck, dass die Bil- dungsverwaltung sich mit der Beschwerde bisher gar nicht beschäftigt hat", sagt Rechtsanwältin B., die die Beschwerde eingereicht hat. Anlass für diese Eingabe war der Umgang der Grundschullehrerin Y mit einem Mädchen, das von einer anderen Schule kommend in die dritte Klasse der Grundschule im B. Westen aufgenommen worden war. Dort war Y Klassenlehrerin. Nach Schilderung der Mutter A… X. gab es sofort Probleme zwischen Y und ihrem als hochbegabt eingestuften Kind. Zu Beginn der Weihnachtsferien 2007 soll die Lehrerin plötzlich die Schultasche des Kindes genommen haben und Schulbücher und Unterrichtsmaterialien der zweiten Klasse reingesteckt haben. Auf Nachfrage der Mutter soll Y gesagt haben, dass das Kind nun die zweite Klasse besuchen werde. Allerdings: Einen für eine solche Maßnahme notwendigen Beschluss der Klassenkonferenz gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Später soll die Grundschullehrerin sogar gesagt haben, dass das Mädchen die Schule gar nicht mehr besuchen werde. Die Mutter berichtet, ihre Tochter habe darunter gelitten. Um weitere Belastungen zu vermeiden, habe sie ihr Kind schließlich tatsächlich in die untere Klasse gegeben. Die Mutter des Mädchens schaltete schließlich nach Absprache mit der kommissarischen Schulleiterin, die das Verhalten der Lehrerin Y ebenfalls missbilligte, den zuständigen Schulrat …, H., ein. Dieser, seit 17 Jahren im Amt, bemühte sich um ein klärendes Gespräch zwischen Y und der Kindesmutter. Doch Y, so Anwältin B., habe vorgeschlagene Termine kurzfristig abgesagt - auch ohne Angabe von Gründen. Zuletzt Mitte März 2008. Daraufhin reichte die auf Schulrecht spezialisierte Anwältin im Auftrag der Mutter Beschwerde gegen Y ein. Auch der streitbare Schulrat zog Konsequenzen. Er verordnete der Lehrerin Y "einen pädagogischen Neuanfang" an einer anderen Schule - sie sollte versetzt werden. Dazu aber kam es nicht. Y schrieb am 3. Juli 2008 einen Brief an Bildungssenator J. (…). Darin legte sie eine formal korrekte Eilbeschwerde gegen ihre drohende Versetzung ein. In dem Brief sprach sie von einem "persönlichen Rachefeldzug" gegen sich. Zum Beginn der Sommerferien wird dem resoluten Schulrat H. vom zuständigen Abteilungsleiter der Bildungsverwaltung, L., in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass er zum 15. August versetzt wird und künftig als Schulrat in N.K. arbeitet. Es sei eine "Spannungsumsetzung. …"
4
In der Folgezeit wurde der Vorgang in mehreren Presseveröffentlichungen aufgegriffen. Dabei wurden die Beklagte zu 2 und die Mutter der Klägerin namentlich genannt ebenso wie die von der Klägerin besuchte Grundschule. Der Name der Klägerin wurde nicht mitgeteilt.
5
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst im Jahr 2011 verfasste die Beklagte zu 2 das Buch "H. ". Das Buch wurde von der Beklagten zu 1 verlegt und erschien im Herbst 2012. Die Beklagte zu 2 schildert darin auch die Vorgänge um die probeweise Versetzung der Klägerin in eine höhere Klasse. Sie führt unter voller Namensnennung u.a. aus:
6
"Am 12. November 2007 kam Frau W., damals kommissarische Konrektorin , im Schulflur auf mich zu. Im Hintergrund gewahrte ich eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter. Diese Mutter war A… X. (Anmerkung des Senats: Mutter der Klägerin). Ich sah mir das Kind genauer an. Es war ein aufgeschlossenes Mädchen , aber es stellte sich heraus, dass es für ein drittes Schuljahr noch zu unreif war. Die anderen Mädchen waren ihm sozial überlegen, was sie ihrerseits mit Maulereien und Beleidigtsein quittierte. Sie schrieb noch sehr langsam und ungelenk. Beim Lesen hatte sie Mühe, den Sinn zu erfassen, weinte schnell, wenn etwas nicht gleich gelang, wie einen Würfel zu falten und zu kleben. Beim Rechnen wurden mir von der Fachlehrerin auch große Schwierigkeiten genannt , ebenso gab es im Fach Englisch Probleme… (S. 141 ff.).
7
…Am 5. November 2008 erschien in der B. Zeitung einArtikel unter der Überschrift "Die Frau des Senators sorgt für Streit". Es ging um die schon behandelte "Möchtegernüberspringerin", Tochter von Frau X…. (S. 163).
8
…Ich war ratlos. Sollte es so sein, dass meine Kollegen den reißerischen Presseartikeln Glauben schenkten? ... Um nun wenigstens an meiner Dienststelle eine Informationsbalance herzustellen, stellte ich für meine Kollegen in kurzen Worten zusammen, worum es eigentlich gegangen war…. Hier der ori- ginale Text:
9
Basisinformationen zum Fall U…. X. (Anmerkung des Senats: Klägerin) B., den 9.11.2008
10
U…. X. kam im November 2007 unrechtmäßig auf Wunsch der Mutter und durch Veranlassung der kommissarischen Rektorin Frau W. zur Probe in meine Klasse…. Daher habe ich mich dagegen gewehrt. Das gefiel dem Schul- rat und meiner Schulleiterin nicht, weil sie wohl gerne ihren Fehler, das Kind überhaupt ins 3. Schuljahr gegeben zu haben, vertuschen wollten. Gegenüber der Mutter stellten sie es so dar, als ob ich allein dafür gesorgt hätte, dass das Kind U. X. wieder ins 2. Schuljahr gehen musste…" (S. 166 f.).
11
Die Klägerin macht geltend, die identifizierende Darstellung ihrer Person als unreife "Pseudo-Hochbegabte", der es an der erforderlichen Intelligenz und Sozialkompetenz fehle, verletze sie in ihrer Intimsphäre. Nach Ansicht der Beklagten fehlt es an einer Rechtsverletzung der Klägerin, da der im Buch dargestellte Sachverhalt bereits Gegenstand umfassender Presseberichte gewesen sei.
12
Die Beklagten haben sich in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung dazu verpflichtet, den vollständigen oder abgekürzten Namen der Klägerin im eBook und ab der zweiten Auflage des Druckerzeugnisses nicht mehr zu verwenden.
13
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 verurteilt, es zu unterlassen, die erste Auflage des Buches in den Verkehr zu bringen und öffentlich zu verbreiten , wenn die Klägerin darin, wie in dem als Anlage vorgelegten Buchausdruck geschehen, mit vollständigem Namen oder mit abgekürztem Vornamen und vollem Nachnamen benannt wird. Das Landgericht hat die Beklagte zu 2 verurteilt , es zu unterlassen, die Klägerin in ihrem Buch mit vollständigem Namen oder mit abgekürztem Vornamen und vollem Nachnamen zu benennen, wenn dies wie in dem als Anlage vorgelegten Buchausdruck dargestellt geschieht. Das Landgericht hat die Beklagten darüber hinaus zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

14
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung der identifizierenden Benennung in dem von der Beklagten zu 2 verfassten Buch zu. Zwar werde die Klägerin durch die angegriffene Veröffentlichung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Betroffen sei ihr Recht auf Achtung der Privatsphäre, das auch die Befugnis umfasse, in selbstgewählter Anonymität zu bleiben. Es komme auch nicht darauf an, ob die Identifizierung der Klägerin durch Nennung ihres vollen oder abgekürzten Namens oder durch Mitteilung anderer, ihre Identifizierung ermöglichenden Daten erfolge. Denn es mache keinen Unterschied, ob der Betroffene für die Leser durch die ausdrückliche Nennung seines Namens oder auf sonstige Weise erkennbar gemacht werde. Der Eingriff sei aber nicht rechtswidrig, da die Schutzinteressen der Klägerin hinter dem Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung zurückzutreten hätten. Zwar sei die Privatsphäre der Klägerin in verstärktem Maße schutzbedürftig, weil die Klägerin noch minderjährig sei. Dieser grundsätzlich weitgehende Schutz sei im Streitfall jedoch eingeschränkt, weil der Umstand, dass die Klägerin aufgrund einer Hochbegabung die zweite Klasse habe überspringen sollen und die Beklagte zu 2 ihr dies nicht ermöglicht habe, aufgrund einer Handlung der Mutter der Klägerin allgemein bekannt gewesen sei. So seien in dem auf Veranlassung der Mutter der Klägerin veröffentlichten Zeitungsartikel der Vor- und Nachname der Klägerin, der Name ihrer Anwältin, die Hochbegabung, der Streit um den Verbleib der Klägerin in der dritten Klasse sowie die Lage der Schule erwähnt. Auch die in den nachfolgenden Presseberichten genannten weiteren Einzelheiten seien von der Selbstöffnung umfasst. Denn die Mutter der Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass aufgrund des bekannten Namens der Beklagten zu 2 weitere Presseorgane das Thema aufgreifen und eigene Recherchen anstellen würden; der Name der Grundschule sei leicht zu recherchieren gewesen. Die Klägerin könne nicht einen höheren Grad an Anonymität beanspruchen , als sie infolge der Selbstöffnung ihrer Mutter und der durch diese veranlassten Berichte in der Öffentlichkeit bisher innegehabt habe. Die Berichterstattung aus dem Jahr 2008 sei auch nicht aufgrund Zeitablaufs unbeachtlich. Denn sie sei weiterhin im Internet abrufbar und werde in weiteren Berichten aus dem Jahr 2011 aufgegriffen und verlinkt. Zwar sei der vollständige Name der Klägerin in den angeführten Artikeln nicht erwähnt worden; sie sei jedoch aus den anderen genannten Daten leicht zu identifizieren gewesen. Es gehöre deshalb bereits zu dem in der Öffentlichkeit geprägten Bild der Klägerin, dass es zwischen ihrer Mutter und der Beklagten zu 2 aufgrund eines im Ergebnis fehlgeschlagenen Versuchs der Klägerin, eine Klasse aufgrund einer Hochbegabung zu überspringen, eine längere Auseinandersetzung gegeben habe. Das von der Beklagten zu 2 verfasste Buch mache die Klägerin lediglich weiterhin in gleicher Weise identifizierbar. Dass die Klägerin von der Beklagten zu 2 inhaltlich anders dargestellt werde als in dem von ihrer Mutter veranlassten Pressebericht, liege in der Natur der Sache. Wäre die Klägerin von ihrer Mutter und ihrer Lehrerin gleich eingeschätzt worden, so wäre es zu der Auseinandersetzung nicht gekommen.
15
Demgegenüber könnten sich die Beklagten auf das Recht der Meinungsfreiheit berufen. Ausgehend davon, dass die Beklagte zu 2 ein Debattenbuch über den Zustand der heutigen Schule und insbesondere der Schulverwaltung in B. habe schreiben wollen, dabei auch die von ihr als Mobbing empfundenen Vorkommnisse in den letzten Jahren ihres Schuldienstes habe aufarbeiten wollen , und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Nichtversetzung der Klägerin in der Presse bereits vorher große Beachtung gefunden habe, bestehe ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch an dem die Klägerin und ihre Mutter involvierenden Vorgang. Die Intention der Beklagten sei darauf gerichtet gewesen, eine übergroße Einmischung der Eltern in den Schulbetrieb und eine mangelnde Akzeptanz der Lehrer als pädagogische Autorität zu kritisieren, wofür die Episode mit der Mutter der Klägerin als Beispiel diene. Ausschlaggebend für die Abwägung zu Gunsten der Beklagten sei, dass die eine Identifizierung ermöglichenden persönlichen Daten der Klägerin im Zeitpunkt der angegriffenen Veröffentlichung im Internet zugänglich gewesen seien. Die Sicht der Öffentlichkeit auf die Klägerin sei schon gegeben und durch die bereits vorhandenen Informationen mitgeprägt gewesen.

B.

16
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin gegen die Beklagten Unterlassungsansprüche aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG in dem im Tenor näher bezeichneten Umfang zu. Die Veröffentlichung und Verbreitung des Buches "H. ", in dem der fehlgeschlagene Versuch der Klägerin, eine Klasse zu überspringen, in identifizierender Weise geschildert und diese unter Schilderung näherer Belegtatsachen als unreife und ihren Mitschülerinnen sozial unterlegene "Möchtegernüberspringerin" dargestellt wird, verletzen die Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die Klägerin kann daher auch Ersatz der erforderlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Die Revision ist dagegen unbegründet, soweit mit ihr der Antrag weiterverfolgt wird, die Beklagte zu 2 zu verurteilen, es zu unterlassen , die Klägerin in der Öffentlichkeit und/oder in Bezug auf das Buch in identifizierender Weise zu bezeichnen. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Abweisung des Antrags auf Zahlung einer Geldentschädigung.
17
I. Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG Unterlassung wie im Tenor näher bezeichnet verlangen.
18
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die die Klägerin identifizierende Darstellung der Ereignisse im Zusammenhang mit ihrem missglückten Versuch, die zweite Klasse zu überspringen, in dem von der Beklagten zu 2 verfassten Buch in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingreift. Betroffen ist zum einen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das dem Einzelnen die Befugnis gibt, grund- sätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 9; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 9, jeweils mwN). Betroffen ist darüber hinaus das Recht der minderjährigen Klägerin auf ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ungestörte kindgemäße Entwicklung (vgl. Senatsurteile vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12, BGHZ 198, 346 Rn. 17 mwN; BVerfGK 8, 173, 175; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; AfP 2003, 537). Kinder bedürfen eines besonderen Schutzes, weil sie sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann dadurch, dass persönliche Angelegenheiten zum Gegenstand öffentlicher Erörterung gemacht werden, wesentlich empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen (vgl. Senatsurteile vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12, BGHZ 198, 346, Rn. 17; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 9; BVerfGE 101, 361, 385; 119, 1, 24; 120, 180, 199). Das Recht jedes Kindes auf ungehinderte Entwicklung zur Persönlichkeit - auf "Person werden" - umfasst dabei sowohl die Privatsphäre als auch die kindgemäße Entwicklung und Entfaltung in der Öffentlichkeit (vgl. BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192). Der konkrete Umfang des Rechts des Kindes auf ungestörte kindliche Entwicklung ist vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen (BVerfG, AfP 2003, 537).
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2. Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist rechtswidrig. Das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegt das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit.
20
a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
21
b) Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen (vgl. auch EGMR vom 12. März 2015, Almeida Leitão Bento Fernandes gegen Portugal, Appl. no. 25790/11 - http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-152727#{"itemid":["001-152727"]}, abgerufen am 10. August 2015). Auf die in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Kunstfreiheit können sich die Beklagen dagegen nicht berufen. Das Buch fällt nicht in den Schutzbereich dieses Grundrechts.
22
aa) Der von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Lebensbereich "Kunst" ist durch die vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Wie weit danach die Kunstfreiheitsgarantie der Verfassung reicht und was sie im Einzelnen bedeutet, lässt sich nicht durch einen für alle Äußerungsformen künstlerischer Betätigung und für alle Kunstgattungen gleichermaßen gültigen allgemeinen Begriff umschreiben. Die Schwierigkeit, Kunst zu definieren, entbindet indessen nicht von der verfassungsrechtlichen Pflicht, bei der konkreten Rechtsanwendung zu entscheiden, ob die Vorausset- zungen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorliegen, und zu diesem Zweck die Grundanforderungen künstlerischer Tätigkeit festzulegen (vgl. BVerfGE 67, 213, 225; 75, 369, 377). Dabei ist im Interesse des Schutzes künstlerischer Selbstbestimmung von einem weiten Kunstbegriff auszugehen (BVerfGE 67, 213, 225; 119, 1, 23 - Esra; v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 5 Abs. 3 Rn. 298 f., 301; BeckOK/Kempen, GG, Art. 5 Rn. 163 [Stand: 1. Juni 2015]). Ein Kunstwerk ist jedenfalls dann gegeben, wenn es sich um eine freie schöpferische Gestaltung handelt, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur Anschauung gebracht werden (vgl. BVerfGE 30, 173, 188 f.; 67, 213, 226; 75, 369, 377; 119, 1, 20 f. - Esra). Schildert der Autor eines Werks tatsächliche Begebenheiten und/oder existierende Personen, kommt es darauf an, ob er diese Wirklichkeit künstlerisch gestaltet bzw. eine neue ästhetische Wirklichkeit schafft. Letzteres liegt nahe, wenn der Autor tatsächliche und fiktive Schilderungen vermengt und keinen Faktizitätsanspruch erhebt. Erschöpft sich der Text dagegen in einer reportagehaften Schilderung eines realen Geschehens und besitzt er keine zweite Ebene hinter der realistischen Ebene, so fällt er nicht in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 252/07, AfP 2008, 385 Rn. 8 - Esra; BVerfGE 119, 1, 20 f., 28 f., 31, 33 - Esra; BVerfG AfP 2008, 155 Rn. 4).
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bb) Nach diesen Grundsätzen ist das von der Beklagten zu 2 verfasste Buch nicht als Kunst im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu qualifizieren. Es handelt es um einen reinen Tatsachenbericht, mit dem die Autorin keine gegenüber der realen Wirklichkeit verselbständigte ästhetische Wirklichkeit geschaffen oder angestrebt hat. Die Autorin erhebt vielmehr ausdrücklich einen Faktizitätsanspruch. In ihrem Vorwort weist sie darauf hin, dass sie in erster Linie Missstände im Schulsystem aufdecken wolle und ausschließlich Ge- schehnisse in ihr Buch aufgenommen habe, die sich tatsächlich ereignet hätten und die sie belegen könne.
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c) Die Abwägung zwischen dem Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit und dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit fällt zugunsten der Klägerin aus. Der durch die identifizierende Berichterstattung bewirkte Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht ist erheblich. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches befand sich die Klägerin in einer besonders schutzwürdigen Phase ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie war 12 Jahre alt, gerade in die siebte Klasse einer weiterführenden Schule gekommen und befand sich kurz vor oder schon in der Pubertät. Die Bekanntgabe konkreter, in der Grundschule gezeigter Verhaltensweisen (Maulereien, Beleidigtsein, Weinen, wenn etwas nicht gelingt) und die konkrete Beschreibung ihrer angeblich noch unzureichenden Schreib-, Lese - und Rechenfähigkeiten, die die Beklagte zu 2 als Beleg für die von ihr behauptete soziale, emotionale und leistungsmäßige Überforderung der Klägerin in der dritten Klasse anführt, beeinträchtigen ebenso wie die zusammenfassende , abwertende Bezeichnung der Klägerin als "Möchtegernüberspringerin" deren Recht auf ungestörte kindgemäße Entwicklung in erheblichem Maße. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann eine erhebliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch die Bekanntgabe konkreter schulischer Verhaltensweisen und die Beschreibung ihrer Fähigkeiten nicht mit der Begründung verneint werden, es liege "in der Natur der Sache", dass die Klägerin von der Beklagten zu 2 inhaltlich anders dargestellt werde als in dem von ihrer Mutter veranlassten Pressebericht. Denn die Darstellung der Klägerin ist geeignet, ihre Entwicklung zur und ihre Entfaltung als Persönlichkeit nachhaltig zu behindern. Die Klägerin musste befürchten, dass die mit konkreten Einzelheiten belegte Darstellung ihrer Person als sozial und emotional unreife "Möchtegernüberspringerin" Personen in ihrem nahen Umfeld bekannt wird und von diesen als Grundlage zur Beurteilung ihrer Person genommen wird. Sie musste darüber hinaus gewärtigen, das Ziel von Anfeindungen oder Hänseleien - etwa von Mitschülern - zu werden. Bereits diese berechtigten Befürchtungen der Klägerin genügen, um eine Beeinträchtigung ihres Rechts auf ungestörte kindgemäße Entwicklung zu bejahen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob die Darstellung der Klägerin tatsächlich von ihrem Umfeld zur Kenntnis genommen worden ist. Denn der Feststellung konkreter Beeinträchtigungen für die Persönlichkeitsentfaltung des Minderjährigen oder zu einer Gefährdung seines Wohls bedarf es für die Annahme einer Beeinträchtigung des Rechts auf kindgemäße Entwicklung nicht (vgl. BVerfGK 8, 173, 176; BVerfG, AfP 2003, 537).
25
In diesem Zusammenhang ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten zu 2 preisgegebenen Informationen über die Klägerin auch deshalb einen gesteigerten Schutz vor einer Bekanntgabe an die Öffentlichkeit genießen , weil sie von der - sowohl verbeamtete als auch angestellte Lehrer treffenden - Verschwiegenheitspflicht umfasst sind (§ 37 BeamtStG, § 3 Abs. 2 Tarifvertrag der Länder; vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 21. März 2012 - J 7.250 Sm, JAmt 2012, 266 f.; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 37 BeamtStG Rn. 7 [Stand: März 2009]). Die dargestellten Verhaltensweisen und Fähigkeiten der Klägerin hat diese nämlich im Schulverhältnis gegenüber ihrer Klassenlehrerin, anderen Lehrern oder gegenüber Mitschülern gezeigt; die Beklagte zu 2 hat Kenntnis von diesen Umständen allein aufgrund ihrer dienstlichen Tätigkeit als Lehrerin erlangt.
26
Die Beklagte zu 2 hätte ihr Interesse an einer Richtigstellung der angeblich unzutreffenden Zeitungsberichte und an einer Darstellung der Vorkommnisse an den Schulen in B. dagegen ohne ernstliche Einschränkungen auch dann verfolgen können, wenn sie die Klägerin anonymisiert hätte (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138, 139). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren die mitgeteilten Informationen über die Klägerin auch nicht bereits vor der Veröffentlichung des Buches einer breiten Öffentlichkeit bekannt und prägten die Sicht auf sie. Aufgrund der Berichterstattung in den Medien im November 2008 und Januar 2011 war allenfalls bekannt geworden, dass eine Tochter von A. X. an der Grundschule der Beklagten zu 2 die zweite Klasse überspringen sollte und die Beklagte zu 2 dieses Ziel nicht ermöglicht hat. Nicht bekannt waren hingegen die von der Beklagten zu 2 im Einzelnen dargestellten schulischen Verhaltensweisen und die Schreib-, Leseund Rechenfähigkeiten der Klägerin. Ebenso wenig war ihr voller oder abgekürzter Vorname bekannt geworden. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vorname einer Zweit- bzw. Drittklässlerin, deren Nachname und Grundschule bekannt sind, überhaupt ohne weiteres recherchiert werden kann. Selbst wenn dies einem Teil der Leser der Artikel gelungen ist, hätte die Klägerin ihre Anonymität dadurch noch nicht verloren. Denn durch die Veröffentlichung des Buches ist der Kreis derjenigen Personen, die Kenntnis vom Vornamen der Klägerin hatten, erheblich erweitert worden (vgl. BVerfG, AfP 2010, 365 Rn. 33). Anders als in den vom Senat am 5. November 2013 und 29. April 2014 entschiedenen Fällen (VI ZR 304/12 sowie VI ZR 137 und 138/13) fügte die vorliegend angegriffene Darstellung der Klägerin dem - allenfalls - in der Öffentlichkeit vorhandenen Kenntnisstand in zweifacher Hinsicht etwas Neues hinzu. Zum einen wurde der noch nicht bekannte Vorname der Klägerin preisgegeben; zum anderen wurden konkrete - von der Klägerin in der Grundschule gezeigte - Verhaltensweisen und Fähigkeiten bekannt gemacht und ihre schulische Entwicklung aufgezeigt. Die identifizierende Darstellung der Klägerin im Buch der Beklagten hatte damit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts einen eigenständigen Verletzungsgehalt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 22; vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, AfP 1999, 350, 351).
27
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Mutter der Klägerin im Anschluss an die Veröffentlichung des Buches öffentlich zu den Vorgängen geäußert und die von der Beklagten zu 2 berichteten Informationen bestätigt hat. Denn eine durch die Preisgabe nicht in die Öffentlichkeit gehörender Lebenssachverhalte bewirkte Persönlichkeitsrechtsverletzung entfällt nicht dadurch, dass sich der Verletzte oder sein Erziehungsberechtigter nach der Verletzung ebenfalls zu den offenbarten Umständen äußert (vgl. Senatsurteile vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06, AfP 2008, 610 Rn. 24; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, AfP 2004, 540, 543).
28
3. Wie die Revision zu Recht geltend macht, kann die Klägerin aufgrund der aufgezeigten Rechtsverletzung von den Beklagten nicht nur Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der ersten Auflage des Buches, sondern auch aller weiteren Auflagen desselben und des eBooks verlangen, wenn die Klägerin darin als Tochter und/oder Kind der A…. X. bezeichnet wird und dies so geschieht wie in dem als Anlage K 1 vorgelegten Buchausdruck. Denn der rechtswidrige Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt darin, dass in dem von der Beklagten zu 2 verfassten und von der Beklagten zu 1 vertriebenen Buch die von der Klägerin in der Grundschule gezeigten Verhaltensweisen (Maulereien, Beleidigtsein, Weinen, wenn ihr etwas nicht gelingt) und ihre angeblich unzureichenden Schreib-, Lese- und Rechenfähigkeiten in identifizierender Weise geschildert werden. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat und die Revisionserwiderung nicht ernsthaft in Frage stellt, war die Klägerin auch ohne die Angabe ihres vollen oder abgekürzten Namens aufgrund der mitgeteilten Umstände (Name der Mutter, Bezeichnung der Klägerin als deren Tochter, Name der Schule, Angabe der Klasse und der Jahreszahl) für einen nicht unerheblichen Personenkreis identifizierbar. Die Identifizierbarkeit ist nämlich bereits dann gegeben, wenn eine Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Leser- oder Adressatenkrei- ses aufgrund der gemachten Angaben hinreichend erkennbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 53/91, AfP 1992, 140, 141; vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, AfP 2005, 464, 465; BVerfGK 3, 319, 321 f.; Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Auflage, § 17 Rn. 3; Wenzel /Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 43).
29
Entgegen der Auffassung des Landgerichts waren die mitgeteilten Informationen über die Klägerin nicht bereits vor der Veröffentlichung des Buches einer breiten Öffentlichkeit bekannt und prägten die Sicht auf sie. Wie oben bereits aufgeführt, war aufgrund der Berichterstattung in den Medien im November 2008 und Januar 2011 allenfalls bekannt geworden, dass eine Tochter vonA. X. an der Grundschule der Beklagten zu 2 die zweite Klasse überspringen sollte und die Beklagte zu 2 dieses Ziel nicht ermöglicht hat. Nicht bekannt waren hingegen das konkrete schulische Verhalten der Klägerin und ihr Leistungsstand , mit denen die Beklagte zu 2 die angebliche soziale, emotionale und leistungsmäßige Überforderung der Klägerin in der dritten Klasse begründet hat.
30
Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Sie wird aufgrund der erfolgten Rechtsverletzung vermutet (vgl. Senatsurteile vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, AfP 1986, 241, 242; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 29; vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, AfP 2013, 250 Rn. 31). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht entkräftet. Sie ist insbesondere nicht durch die von den Beklagten abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung entfallen. Denn Gegenstand dieser Erklärung ist lediglich die Verwendung des vollständigen oder abgekürzten Namens der Klägerin, nicht hingegen die Mitteilung anderer Umstände, durch die die Klägerin erkennbar gemacht wird.
31
4. Die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten in Bezug auf die erste Auflage des Druckerzeugnisses "H. " ist nicht deshalb erloschen, weil den Beklagten die Erfüllung ihrer Unterlassungsverpflichtung unmöglich wäre. Die Revisionserwiderung zeigt keinen in den Tatsacheninstanzen übergangenen Sachvortrag auf, wonach das Buch auf dem Markt nicht mehr erhältlich wäre. Ein entsprechendes Vorbringen ergibt sich auch nicht aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll. Der neue und von der Klägerin bestrittene Vortrag der Beklagten in der Revisionsinstanz, wonach die erste Auflage nicht mehr lieferbar sei, ist im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 20 f. mwN).
32
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Beklagte zu 1 von ihrer Unterlassungsverpflichtung auch nicht hinsichtlich solcher Exemplare entbunden , die bereits an den Buchhandel ausgeliefert wurden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die - wie im Streitfall - ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung der Störungsquelle, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN). Dementsprechend hat der Unterlassungsschuldner, um bestehende Gefahrenlagen zu beseitigen und künftige Verletzungen zu verhindern, erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, WM 2015, 1664 Rn. 40; BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., 57. Kap. Rn. 26; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rn. 6.7).
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5. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche durch die Klägerin weder rechtsmissbräuchlich noch verstößt sie gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB). Die Rechtsverfolgung dient ersichtlich der Wahrung der Rechte der Klägerin, insbesondere ihres Rechts auf ungestörte kindliche Entwicklung; sie ist nicht darauf gerichtet, den Beklagten Schaden zuzufügen.
34
II. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsverletzung steht der Klägerin gegen die Beklagten darüber hinaus ein auf die Erstattung der ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten gerichteter Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.196,43 € aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war zur Wahrnehmung der Rechte der Klägerin notwendig. Die Bemessung der Höhe dieses Schadensersatzanspruchs auf der Grundlage eines Gegen- standswerts von 30.000 € und eines Gebührensatzes von 1,3 gemäß § 14 Abs. 1 RVG, Nr. 2300 RVG-VV durch das Landgericht ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Klägerin nicht Ersatz einer nach einem Gebührensatz von 1,5 berechneten Geschäftsgebühr verlangen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die für durchschnittliche Fälle geltende Regelgebühr von 1,3 hinaus nach Nr. 2300 RVG-VV nur gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, NJW-RR 2013, 1020 Rn. 7 f.; Urteil vom 27. Mai 2014 - VI ZR 279/13, VersR 2014, 894 Rn. 20; BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff.). Dies ist hier - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht der Fall. In den Tatsacheninstanzen gehaltenen Sachvortrag, der eine andere Beurteilung rechtfertigt, zeigt die Revision nicht auf.
35
III. Die weiteren Anträge der Revision haben keinen Erfolg.
36
1. Die Klage ist unbegründet, soweit sie auf das Verbot gerichtet ist, die Klägerin in der Öffentlichkeit und/oder in Bezug auf das Buch in identifizierender Weise zu bezeichnen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an der für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist es unstreitig, dass es in der Vergangenheit nicht zu einer entsprechenden Rechtsverletzung gekommen ist. Dass die Beklagte zu 2, wie die Klägerin ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil mit der Berufung geltend gemacht hat, anlässlich einer Buchvorstellung ausführlich über den Fall der Klägerin berichtet hat, was den interessierten Zuhörer zum Kauf des Buchs bewegen und dadurch zur Identifizierung der Klägerin führen könne, genügt nicht. Dieses Verhalten gibt keinen Anlass zu der Befürchtung, dass sich die Beklagte zu 2 zukünftig im Rahmen von Buchvorstellungen nicht auf die abstrakte Schilderung des Falls beschränken, sondern die Klägerin in identifizierbarer Weise damit in Verbindung bringen wird. Weitergehenden, von der Klägerin in den Tatsacheninstanzen gehaltenen Sachvortrag, dem eine konkrete Begehungsgefahr zu entnehmen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
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2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung zu.
38
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 38 ff.; vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14, AfP 2015, 337 Rn. 33, jeweils mwN). Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen ; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 1971 - VI ZR 26/70, DB 1971, 1660, 1661; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - VI ZR 340/08, juris Rn. 3). Denn die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung findet ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 15 f.; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302; vom 6. Dezember 2005 - VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203, 204 f.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 40; BVerfGE 34, 269, 292 f.; BVerfG NJW 2000, 2187 f.; Müller, VersR 2008, 1141, 1150).
39
b) Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung einer Geldentschädigung - auch unter Berücksichtigung des von der Revision in Bezug genommenen Sachvortrags der Klägerin in den Vorinstanzen - nicht erforderlich. Zwar ist der Eingriff in das Recht der Klägerin auf ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ungestörte kindgemäße Entwicklung erheblich. Der Senat hat auch unterstellt, dass das Buch im Februar 2013 im Religionsunterricht der Klägerin zweimal besprochen wurde und die Klägerin aus Angst davor, dass ihre Mitschüler Kenntnis von den sie betreffenden Passagen des Buches erlangen würden, im zeitlichen Zusammenhang unter Kopf- und Bauchschmerzen litt. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der rechtswidrige Eingriff nicht gegen die Grundlagen ihrer Persönlichkeit gerichtet ist; er trifft sie nicht im Kern ihrer Persönlichkeit. Die mit ihm verbundenen Beeinträchtigungen können befriedigend durch den von ihr im vorliegenden Verfahren erwirkten Unterlassungstitel und das Ordnungsmittelverfahren aufgefangen werden. Wie unter I. 4. ausgeführt umfasst die Verpflichtung der Beklagten zur Unterlassung auch die Pflicht, die von ihnen geschaffene Störungsquelle im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu beseitigen und künftige Rechtsverletzungen zu verhindern. Hierdurch erlangt die Klägerin hinreichend Genugtuung.
40
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner von Pentz Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.09.2013 - 28 O 150/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 11.03.2014 - 15 U 153/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR340/14 Verkündet am:
28. Juli 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah; 1004
Abs. 1 Satz 1

a) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann
der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern
auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet
abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.

b) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen
kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur
verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich
falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung
der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung
, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich
und dem Störer zumutbar ist.

c) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein
Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst
wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst
die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer,
der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung
der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen aus dem Artikel vom 24. September 2010 gerichtete Hilfsantrag abgewiesen und der auf Schadensersatz gerichtete weitere Hilfsantrag als verspätet angesehen worden ist. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Aktiengesellschaft nimmt den Beklagten auf Löschung von im Internet abrufbaren Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war für die heute nicht mehr existierende Kanzlei Dr. S. & v. B. als freier Mitarbeiter tätig. Im Auftrag von Aktionären der Klägerin nahm er diese gerichtlich auf Erfüllung eines Vertrags über den Rückkauf von Aktien der Klägerin in Anspruch. Auf der Homepage der Kanzlei Dr. S. & v. B. wurde zeitnah über die Klageerhebung berichtet. Der Beitrag wurde später gelöscht. Vom 24. September 2010 an waren in dem Internetportal des B. e.V. und in dem Internetportal "recht§billig" mit dem Foto des Beklagten bebilderte Beiträge abrufbar, in dem unter voller Namensnennung wie folgt über die Klageerhebung berichtet wurde:
3
"Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. hat für Aktionäre Zahlungsklage gegen die A. & L. AG in H. erhoben. Die Aktionäre fordern die Erfüllung von Kaufzusagen bezüglich ihrer Aktien durch die A. & L. AG.
4
Mit einem Emissionsprospekt warb die A. & L. AG im Jahre 2000 im Rahmen einer Kapitalerhöhung um Aktionäre. Angeboten wurden 10 Millionen Stück Aktien ohne Nennwert zum Verkaufspreis von 5 €. Die Gesellschaft wollte sich mit dem Kapital an Unternehmen in "interessanten aufstrebenden Branchen" beteiligen. Den umworbenen Anlegern wurde der baldige Börsengang zugesagt, ein Ziel, das der Alleinvorstand der Aktiengesellschaft schon bald wieder aufgab.
5
Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Mindestens seit 2003 fand weder eine Hauptversammlung statt, noch gab es Geschäftsberichte. Dividendenzahlungen blieben völlig aus. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert.
6
Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. verfolgt mit der Klage das Ziel, dass von der A. & L. AG der bereits mehrfach zugesagte Kaufpreis für die Aktien nunmehr tatsächlich auch bezahlt wird.
7
Betroffene Investoren können sich der Interessengemeinschaft "A. & L. AG" im B. e.V. anschließen."
8
Nach einer Abmahnung des Beklagten war die Berichterstattung dort nicht mehr abrufbar. Die Klägerin stellte allerdings in der Folgezeit fest, dass eine entsprechende Berichterstattung unter der Überschrift "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar war. Die Berichterstattung war über Suchmaschinen abrufbar.
9
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung des im Internet über Suchmaschinen abrufbaren Artikels vom 24. September 2010 "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" zu bewirken. In einem nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen , ihr jeden Schaden zu erstatten, der ihr infolge der jederzeitigen Abrufbarkeit des beanstandeten Artikels im Internet entstanden ist oder noch entstehen wird. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung folgender Passagen aus dem Artikel zu bewirken: "Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert." Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zwar sei der Beklagte jedenfalls Mittäter hinsichtlich der zunächst auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren Veröffentlichung. Da der Beitrag jedoch bereits vor Klageerhebung aus dem Internetauftritt herausgenommen worden sei, gehe das Löschungsbegehren insoweit ins Leere. Es könne offenbleiben, ob der Beklagte auch Täter hinsichtlich dieses oder eines inhaltsgleichen Beitrags auf den Seiten des B. e.V. sei, da auch diese Veröffentlichungen vor Klageerhebung gelöscht worden seien. Für die Folgeveröffentlichungen im Internet hafte der Beklagte nicht. Dass er Täter oder Teilnehmer hinsichtlich der Folgeveröffentlichungen sei, behaupte die Klägerin nicht. Der Beklagte sei aber auch nicht Störer. Als Störer sei verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beitrage. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der ur- sprüngliche Beitrag des Beklagten für die in Rede stehenden Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal gewesen sei. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, dass ein Beitrag des Beklagten ohne sein Zutun unter der möglichen Verletzung urheberrechtlich geschützter Positionen von Dritten veröffentlicht werde. Abgesehen davon habe der Beklagte nicht - wie für die Störerhaftung erforderlich - zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Es sei ihm nicht zuzumuten, fremde Internetauftritte zu überprüfen. Aber auch wenn er von rechtswidrigen Veröffentlichungen wisse, bestehe für ihn keine Löschungspflicht. Denn er sei nicht in der Lage, die Störung zu beseitigen, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetauftritte habe. Zwar möge es Fälle geben, in denen einer Unterlassungsverpflichtung nur dadurch Genüge getan werden könne, dass aktiv in den Kausalverlauf eingegriffen werde. Dies könne aber nicht auf Fälle erstreckt werden, in denen - wie im Streitfall - die als rechtswidrig reklamierten Veröffentlichungen ohne Zutun durch den in Anspruch Genommenen erfolgten. Den mit - vom Landgericht nachgelassenen - Schriftsatz nachgeschobenen und auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag habe das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Er sei verspätet.

II.

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen kann, die Löschung des gesamten, im Internet abrufbaren Artikels zu bewirken. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der von der Klägerin mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken , nicht vollumfänglich verneint werden. Dem Berufungsgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es den auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag als verspätet angesehen hat.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf Bewirkung der Löschung des gesamten, im Internet aufrufbaren Artikels gerichtete Hauptantrag unbegründet ist.
13
a) Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass der Betroffene gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen kann (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 14, 16; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 10, 15; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 6 f., 11; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, AfP 1982, 217, 218, jeweils mwN). Er kann den Störer nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen, sondern in entsprechender Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326 ff., 332 f.; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; vom 28. September 1973 - I ZR 136/71, NJW 1973, 2285, 2286; BVerfG, AfP 1997, 619, 620; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Auflage, Vor §§ 823 ff Rn. 79 ff., § 823 Rn. 241 ff.; MünchKommBGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 219 ff.; Staudinger/Hager, 13. Bearb. 1999, § 823 C 271; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., Einf v § 823 Rn. 38; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., 22. Kapitel, Rn. 2; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 28 sowie zum Beseitigungsanspruch in Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung bei unzulässiger Meinungsäußerung: Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 ff.). Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 13 mwN). Hierauf beschränkt sich der Beseitigungsanspruch aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620 zum Anspruch auf Ergänzung einer Berichterstattung im Rahmen eines "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs"; MünchKommBGB/Rixecker, aaO Rn. 221; Staudinger/Hager, aaO, C 270). Vielmehr kann der Betroffene den Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff. sowie Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf).
14
Dem steht nicht entgegen, dass es der Senat in seinem Urteil vom 3. Mai 1977 (VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332 ff.) abgelehnt hat, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Ehrenschutzes über die Rechtsbehelfe der Unterlassung und der Berichtigung hinaus durch Zulassung einer Klage auf Feststellung der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung zu erweitern. Denn tragend für diese Entscheidung war, dass Gegenstand der begehrten Feststellung nicht - wie in § 256 ZPO vorausgesetzt - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine bloße Vorfrage für die Rechtsbeziehungen der Parteien war, auf die eine Feststellungsklage nicht gestützt werden kann (ebenda S. 332).
15
Für die Anerkennung eines Beseitigungsanspruchs in Gestalt der Löschung bzw. des Hinwirkens auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen spricht demgegenüber seine Nähe zum Unterlassungsanspruch. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf diese ist in ihren Wirkungen für den Störer und in ihrem Zweck für den Betroffenen der Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen angenähert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands , wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN).
16
Als Mittel zur Beendigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist das im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs geltend gemachte Löschungsbegehren allerdings nicht von geringeren sachlich-rechtlichen und beweismäßigen Voraussetzungen abhängig als die bisher anerkannten Rechtsbehelfe (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 335 f.; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138). Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann dementsprechend nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 337; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 40; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; MünchKomm-BGB/ Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/ Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; jeweils mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Hauptantrag bereits daran, dass er weit über das Ziel hinausschießt. Eine Löschung des gesamten Artikels ist zum Schutze des geschäftlichen Ansehens der Klägerin vor der Fortwirkung einer etwaigen rechtswidrigen Beeinträchtigung nicht erforderlich. Denn der Artikel enthält eine Vielzahl von Aussagen, die entweder ersichtlich zutreffend oder von der Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet worden sind und damit die Rechte der Klägerin nicht verletzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529).
18
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden.
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a) Die Klägerin hat ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren wirksam in den Rechtsstreit eingeführt. Es ist allerdings nicht bereits als Minus im Hauptantrag mitenthalten. Die von der Klägerin gestellten Anträge sind so auszulegen, dass sie mit dem Hauptantrag ausschließlich das Bewirken der Löschung des gesamten Artikels begehrt hat. Denn sie hat nach dem Hinweis des Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie könne nicht den gesamten Artikel "verbieten" lassen, an ihrem Hauptantrag uneingeschränkt festgehalten und ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren ausdrücklich zum Gegenstand eines selbstständigen Hilfsantrags gemacht.
20
Das eingeschränkte Beseitigungsbegehren ist von der Klägerin aber wirksam zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt sind. Denn eine mit der Berufung vorgenommene Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO stellt unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Misserfolg des auf uneingeschränkte Leistung gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 ff.; vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361 Rn. 25; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 30).
21
b) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten eingeschränkten Beseitigungsbegehrens zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt. Zwar hat die Klägerin in der Berufungsinstanz mit ihrenzwei Hilfsanträgen verschiedene Streitgegenstände alternativ geltend gemacht, ohne die Reihenfolge zu benennen, in der sie die Anträge zur Überprüfung durch das Gericht stellt. Sie hat die gebotene Klarstellung aber in zulässiger Weise in der Revisionsinstanz nachgeholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie erklärt, den auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen des Artikels gerichteten Antrag als ersten Hilfsantrag und den auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens gerichteten Antrag als zweiten Hilfsantrag verfolgen zu wollen. Damit hat sie die verschiedenen Streitgegenstände in der gebotenen Weise in ein Eventualverhältnis gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 ff.; vom 27. November 2013 - III ZR 371/12, juris Rn. 2).
22
c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in entsprechender Anwendung der § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte verantwortlich ist.
23
aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren.
24
(1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 mwN). Sofern eine Äußerung , in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, AfP 1992, 75, 78; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, AfP 1994, 218 f.; vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252 f.; vom 16. November2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 mwN).
25
(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerungen überlagert und geprägt würde.
26
Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe , enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe , zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.
27
bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.
28
cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.
29
(1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
30
(2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
31
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 mwN; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33).
32
Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen , dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN).
33
dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich.
34
(1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 37; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 10 ff., jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 34 - Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Aufl., Vor §§ 823 ff Rn. 83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, S. 84 f.; Ingendaay, AfP 2011, 126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014, 8, 15 ff.).
35
(2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe, allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.
36
(a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungszustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800).
37
(b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverlet- zung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 f.; vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 21).
38
d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.
39
aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; Ott, WRP 2007, 605, 608; Bornkamm inKöhler/ Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn. 26).
40
bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Inter- netplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung , den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen , schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf; Wybitul/ Fladung, BB 2012, 509, 511 f.). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs - oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1976 - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 253; vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, VersR 2004, 797, 798; BVerfG, NJW 2010, 220 Rn. 26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn. 66 (Stand: 01.02.2015)).
41
3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in den Prozess eingeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, NJW 2015, 1296 Rn.14; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154; vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 13; Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).
42
4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Wellner von Pentz Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 324 O 550/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 - 7 U 60/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR386/13 Verkündet am:
13. Januar 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer
identifizierenden Textberichterstattung.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, die Richter Pauge, Offenloch und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluss des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Juli 2013 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Oktober 2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung angeblich persönlichkeitsrechtsverletzender Veröffentlichungen in Anspruch.
2
Der Kläger, der als Friseur von zahlreichen Prominenten bekannt geworden ist, betreibt mehrere Friseurgeschäfte. Im März 2012 veröffentlichten die Beklagte zu 1 in der von ihr verlegten BILD-Zeitung und die Beklagte zu 2 in dem von ihr betriebenen Internetportal www.bild.de unter der Überschrift "Filial- leiter von U. W. [voller Name des Klägers] mit ‚Hells Angels‘ verhaftet" einen Artikel, in dem im Wesentlichen darüber berichtet wird, dass Benjamin S., ein Mitarbeiter des Klägers, zusammen mit einem Freund und zwei Mitgliedern der Gruppierung "Hells Angels" wegen des Vorwurfs der versuchten schweren räuberischen Erpressung verhaftet worden sei. Wörtlich heißt es dazu unter anderem : "Als Filialleiter bei Promi-Friseur U. W. [voller Name des Klägers] (67) frisiert Benjamin S. (26) die Reichen und Schönen. Jetzt verhaftete das SEK den Kudamm-Geschäftsführer, einen Freund (29) und zwei "Hells Angels"-Rocker (25, 29)! Der Vorwurf: versuchte schwere räuberische Erpressung. Was hat der Figaro bloß mit den Rockern zu tun? […] Dem Filialleiter tut jetzt alles leid. Über seinen Chef sagt er: ‚Ich bin im Kreuzberger Kiez groß geworden. U. [Vorname des Klägers ] weiß, dass ich eine schwierige Vergangenheit habe. Er hat mir trotzdem eine Chance gegeben.‘"
3
Der Kläger ist insbesondere der Auffassung, er müsse es nicht dulden, für die Beklagten als Aufmacher für ein Ermittlungsverfahren gegen eine dritte Person herzuhalten. Er nimmt die Beklagten darauf in Anspruch, es zu unterlassen , ihn namentlich im Zusammenhang mit einer Festnahme eines Herrn Benjamin S. zu erwähnen, insbesondere wenn dies wie geschehen passiere.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden gegen die Beklagten die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu, weil die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Festnahme von Benjamin S. rechtswidrig in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreife. Zwar betreffe die Namensnennung lediglich die Sozialsphäre des Klägers. Auch beziehe sich die Berichterstattung auf wahre Tatsachen. Die Veröffentlichungen entfalteten aber ungeachtet des Umstandes, dass dem Kläger kein beanstandungswürdiges Verhalten vorgeworfen und er letztlich positiv dargestellt werde, eine unzulässige Prangerwirkung. Denn der Kläger und insbesondere das unter seinem Namen firmierende Geschäft würden in einen Zusammenhang mit einer der organisierten Kriminalität zuzurechnenden Gruppierung gebracht, was geeignet sei, den Kläger und seine geschäftliche Tätigkeit zu beeinträchtigen.

II.

6
1. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die angegriffene Berichterstattung stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar.
7
a) Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist allerdings betroffen.
8
aa) Dies ergibt sich noch nicht alleine aus dem Umstand, dass der Kläger im angegriffenen Artikel überhaupt namentlich erwähnt wird. Denn anders als bei der Veröffentlichung eines Bildes einer Person, die eine grundsätzlich rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet, die unabhängig davon ist, ob die Person in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen und in vorteilhafter oder unvorteilhafter Weise abgebildet ist, ist dies bei personenbezogenen Wortberichten nicht ohne Weiteres der Fall. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bietet nicht schon davor Schutz, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 8 ff.; BVerfG, NJW 2012, 1500 Rn. 35; NJW 2011, 740 Rn. 52).
9
bb) Betroffen ist der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung , das über den Schutz der Privatsphäre hinausgeht und sich als Befugnis des Einzelnen darstellt, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, VersR 2014, 1465 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 6; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 28; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO). In dem angegriffenen Artikel wird dem Leser mitgeteilt, dass der Kläger Benjamin S. beschäftigt. Dass dieser Umstand der beruflichen Sphäre des Klägers zuzuordnen ist, steht der Annahme eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO, Rn. 35; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO Rn. 29; vgl. ferner Senatsurteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 11 f.; noch zweifelnd: Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434).
10
cc) Darüber hinaus ist die ebenfalls vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte (BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92, NJW-RR 1995, 301, 303; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 94) Geschäftsehre des Klägers tangiert. Zwar wird dem Kläger selbst kein Vorwurf gemacht. Er wird aber - worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat - insbesondere durch die Gestaltung der Überschrift , in der bereits sein Name genannt wird, in einen Zusammenhang mit den "Hells Angels" gebracht. Die im Artikel dabei enthaltene Aussage, in seinem Geschäft arbeite mit Benjamin S. eine Person, die einer gemeinsam mit zwei Mitgliedern der "Hells Angels" begangenen Straftat verdächtig sei, ist für das Ansehen und den geschäftlichen Erfolg des Klägers abträglich, da sich Kunden aufgrund dieses Umstandes möglicherweise veranlasst sehen, auf einen Besuch in einem Geschäft des Klägers zu verzichten, weil sie mit vermeintlichen Straftätern und den "Hells Angels" nichts zu tun haben wollen.
11
dd) Von der angegriffenen Berichterstattung nicht betroffen ist indes die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre des Klägers. Denn der Kläger wird allein als Arbeitgeber des Benjamin S. und damit ausschließlich in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit, die der Sozialsphäre zuzurechnen ist, erwähnt.
12
b) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist aber nicht rechtswidrig.
13
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 mwN).
14
bb) Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Diese Abwägung ergibt - anders als das Berufungsgericht meint -, dass die geschützten Interessen der Beklagten diejenigen des Klägers überwiegen.
15
(1) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 23 mwN). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts sind die im angegriffenen Artikel der Beklagten aufgestellten Tatsachenbehauptungen wahr. Ob dies auch für die Behauptung gilt, bei Benjamin S. handle es sich um den Filialleiter der "Kudamm-Filiale", kann dahinstehen. In welcher Funktion Benjamin S. tätig ist, als Filialleiter oder als Verantwortlicher am Empfang, hat für die den Kläger betreffende Abwägung keine Bedeutung.
16
(2) Besondere Umstände, aufgrund derer die Abwägung trotzdem zulasten der Meinungs- und Medienfreiheit der Beklagten ausfallen könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht für ein Überwiegen der geschützten Interessen der Beklagten auch der Umstand, dass die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in seiner beruflichen Sphäre betrifft. Schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, wie sie nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10, ZUM-RD 2012, 253 Rn. 12; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31) erforderlich wären, um an Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre negative Sanktionen knüpfen zu können, drohen nicht. Die angegriffene Berichterstattung belastet den Kläger nur in geringem Maße. Insbesondere drohen - in Bezug auf den Kläger - weder soziale Ausgrenzung noch Stigmatisierung oder Prangerwirkung.
17
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann eine stigmatisierende Wirkung des Artikels in Bezug auf den Kläger nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass über ihn im Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Verfahren berichtet wird. Zwar mag es - wie die Revisionserwiderung annimmt - durchaus zutreffen, dass im Zusammenhang mit einem Strafverfahren bereits die namentliche Nennung einer Person stigmatisierend wirken kann. Im Streitfall ist dies in Bezug auf den Kläger aber gerade nicht der Fall. Es wird im angegriffenen Artikel nämlich in keiner Weise behauptet, der Kläger sei in das möglicherweise strafrechtlich relevante Geschehen in irgendeiner Weise involviert gewesen.
18
Darüber hinaus entfaltet die angegriffene Berichterstattung in Bezug auf den Kläger auch keine Prangerwirkung. Eine solche kommt - wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkannt hat - in Betracht, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25). Dies ist hier nicht der Fall. Der angegriffene Artikel enthält keinerlei gegen den Kläger gerichtete Vorwürfe. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Nennung des Namens des Klägers im Zusammenhang mit dem Umstand, dass "(s)ein 'Filialleiter' mit 'Hells Angels' verhaftet wurde", stehe dem Vorwurf eines beanstandungswürdigen Verhaltens im Sinne der Prangerwirkung gleich, teilt der erkennende Senat nicht. Auch wenn die im Artikel enthaltene Aussage - wie dargelegt - die Geschäftsehre des Klägers berührt, entspricht die von ihr ausgehende Ehrbeeinträchtigung weder hinsichtlich ihrer Qualität noch ihrer Intensität den an die Annahme einer unzulässigen Prangerwirkung zu stellenden Anforderungen. Der von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang betonte Umstand, der Kläger sei von Kunden auf die im Artikel thematisierten Vorgänge angesprochen worden, geht über eine bloße Unannehmlichkeit nicht hinaus. Eine tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Beeinträchtigung, die das Gewicht des Eingriffs verstärken könnte, macht der Kläger selbst nicht geltend.
19
(3) Weiter ändert am Ergebnis der Abwägung und der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Veröffentlichung auch der Umstand nichts, dass über die Festnahme des Benjamin S. und deren Hintergründe auch hätte berichtet werden können, ohne den Kläger zu erwähnen. Es gehört zum Kern der Meinungsund Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses - auch unter dem Gesichtspunkt des "Aufmachers" - wert halten und was nicht. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht , das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (Senatsurteil vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 23 mwN). Im Übrigen kann ein objektives Informationsinteresse an der Berichterstattung darüber, dass der prominente Kläger Benjamin S. trotz seiner "schwierigen Vergangenheit" beschäftigt, nicht verneint werden.
20
(4) Zuletzt greift der Einwand der Revisionserwiderung nicht, die namentliche Nennung des Klägers in der angegriffenen Berichterstattung sei auch deshalb unzulässig, weil sie im Zusammenhang mit einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung erfolgt sei. Dabei kann offenbleiben, ob in Bezug auf Benjamin S. tatsächlich von einer unzulässigen identifizierenden Verdachtsberichterstattung ausgegangen werden kann. Denn jedenfalls könnte der Kläger daraus nichts für sich herleiten. Dass Benjamin S. in - unterstellt - unzulässiger Weise identifizierbar dargestellt wurde, bedeutet nicht, dass auch der Kläger in diesem Zusammenhang nicht hätte namentlich erwähnt werden dürfen.
21
2. Der erkennende Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind. Galke Diederichsen Pauge Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.10.2012 - 27 O 425/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.07.2013 - 10 U 182/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/15
Verkündet am:
1. März 2016
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 (Ah); § 1004; TMG § 7; § 10; ZPO § 138

a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer
grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge
vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen
erlangt.

b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein
von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht
, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden
kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten
Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall
zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei
der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten
ECLI:DE:BGH:2016:010316UVIZR34.15.0

Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - OLG Köln LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
2
Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse www.jameda.de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Bewertungen , die diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit , in einem Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare in eigenen Worten niederzulegen.
3
Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik "Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer: "Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
4
Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die Gesamtnote 4,8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
5
Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […] vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein. Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient" die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen, führte die Beklagte unter anderem aus: "[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin. Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer , welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnis- se und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. […] Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). […] Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können."
6
Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt.
7
Der Kläger hat die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10. August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung "6,0" in den Kategorien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.
8
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt habe.
10
So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14. August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des Klägers gewesen sei: "Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […]. Dr. H[…] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der Bewertung in Frage gestellt. In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und Ihre Bewertung zu prüfen. Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese EMail , indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen. Selbstverständlich geben wir keine dieser In- formationen an den Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
[…]."
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Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender - von der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich gemachter Form vorgelegter - E-Mail bejahend Stellung genommen: "Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H[…] versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ [unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe durchführen [unkenntlich] Mit freundlichen Grüßen"
12
Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem vorgelegten Terminbestätigung - wie vom Kläger behauptet - lediglich ein Prophylaxetermin , nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen, rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine abweichende Würdigung.
13
Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben, damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht habe offenlegen dürfen.
14
Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten , dass die Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gelte.

B.

15
I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
16
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - geht.
17
Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f. - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal ). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal).
18
Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die Beklagte - was für ein ZuEigen -Machen spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN - Hotelbewertungsportal) - eine inhaltlich -redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentli- chung erfolgende - jedenfalls teilweise automatische - Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf "Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 28 - Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt, Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber Bewertungsportalen im Internet , 2014, 128 f.).
19
2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage - wie hier - in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 - Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 244 f. - Internetversteigerung I). Auf eine nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung einer allgemeinen Überwachungsoder Nachforschungspflicht der Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
20
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 48).
21
3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als mittelbare Störerin mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.
22
a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 - Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 - Internetversteigerung III).
23
Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
24
Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. - Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung - wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) - nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche Tatsachengrundlage.
25
b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen.
26
aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen , dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
27
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den Kläger offensichtlich - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
28
(1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung" , "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note 6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
29
(2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
30
(a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 - Sächsische Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 - Filialleiter bei Promi-Friseur; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 - Innenminister unter Druck; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 - Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
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(b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs )Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des Bewertenden überwiegen.
32
(aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.
33
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung , in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
34
Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar enthält sie die tatsächliche Behauptung des Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen Äußerung ist aber die notenmäßige Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der Stellung- nahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff. - Spickmich.de).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung - was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN - Chefjustiziar) - nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden - für den durchschnittlichen Leser erkennbar - typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6. Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
36
(bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde , überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewerten- den an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 34; BVerfGE 85, 1, 17 - kritische BayerAktionäre ; BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51 - Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 - Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 - Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 - Floquet und Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 - Pedersen und Baadsgard /Dänemark; BeckOK InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173.1 [Stand: 01.11.2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
37
c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt.
38
aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung , bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN - Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. - Schöner Wetten). Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26 - Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 50 - Kinderhochstühle im Internet III; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internetversteigerung I; jeweils mwN).
39
bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
40
Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. - Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. - Ärztebewertung II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 27 mwN - Störerhaftung des Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 - Ärztebewertung II) persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) - verdeckt abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 - Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit , Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 9 ff. - Ärztebewertung
I) jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
41
Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend" begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
42
cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung" zurückziehen.
43
Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und - zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - soweit vom Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise geschwärzt - zu übermitteln. Die bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu] nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So er- schließt sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann, hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster wählen können. Dass diese Information für den Kläger von vornherein in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete Behandlungszeitraum in die Zeit einer - beispielsweise - urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen können.
44
II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen Überprüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.
45
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
46
1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
47
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
48
Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN - BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht ihre Obliegenheit , im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
49
Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungs- last nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23). Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2014 - 28 O 516/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2014 - 15 U 141/14 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR386/13 Verkündet am:
13. Januar 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer
identifizierenden Textberichterstattung.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, die Richter Pauge, Offenloch und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluss des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Juli 2013 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Oktober 2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung angeblich persönlichkeitsrechtsverletzender Veröffentlichungen in Anspruch.
2
Der Kläger, der als Friseur von zahlreichen Prominenten bekannt geworden ist, betreibt mehrere Friseurgeschäfte. Im März 2012 veröffentlichten die Beklagte zu 1 in der von ihr verlegten BILD-Zeitung und die Beklagte zu 2 in dem von ihr betriebenen Internetportal www.bild.de unter der Überschrift "Filial- leiter von U. W. [voller Name des Klägers] mit ‚Hells Angels‘ verhaftet" einen Artikel, in dem im Wesentlichen darüber berichtet wird, dass Benjamin S., ein Mitarbeiter des Klägers, zusammen mit einem Freund und zwei Mitgliedern der Gruppierung "Hells Angels" wegen des Vorwurfs der versuchten schweren räuberischen Erpressung verhaftet worden sei. Wörtlich heißt es dazu unter anderem : "Als Filialleiter bei Promi-Friseur U. W. [voller Name des Klägers] (67) frisiert Benjamin S. (26) die Reichen und Schönen. Jetzt verhaftete das SEK den Kudamm-Geschäftsführer, einen Freund (29) und zwei "Hells Angels"-Rocker (25, 29)! Der Vorwurf: versuchte schwere räuberische Erpressung. Was hat der Figaro bloß mit den Rockern zu tun? […] Dem Filialleiter tut jetzt alles leid. Über seinen Chef sagt er: ‚Ich bin im Kreuzberger Kiez groß geworden. U. [Vorname des Klägers ] weiß, dass ich eine schwierige Vergangenheit habe. Er hat mir trotzdem eine Chance gegeben.‘"
3
Der Kläger ist insbesondere der Auffassung, er müsse es nicht dulden, für die Beklagten als Aufmacher für ein Ermittlungsverfahren gegen eine dritte Person herzuhalten. Er nimmt die Beklagten darauf in Anspruch, es zu unterlassen , ihn namentlich im Zusammenhang mit einer Festnahme eines Herrn Benjamin S. zu erwähnen, insbesondere wenn dies wie geschehen passiere.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden gegen die Beklagten die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu, weil die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Festnahme von Benjamin S. rechtswidrig in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreife. Zwar betreffe die Namensnennung lediglich die Sozialsphäre des Klägers. Auch beziehe sich die Berichterstattung auf wahre Tatsachen. Die Veröffentlichungen entfalteten aber ungeachtet des Umstandes, dass dem Kläger kein beanstandungswürdiges Verhalten vorgeworfen und er letztlich positiv dargestellt werde, eine unzulässige Prangerwirkung. Denn der Kläger und insbesondere das unter seinem Namen firmierende Geschäft würden in einen Zusammenhang mit einer der organisierten Kriminalität zuzurechnenden Gruppierung gebracht, was geeignet sei, den Kläger und seine geschäftliche Tätigkeit zu beeinträchtigen.

II.

6
1. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die angegriffene Berichterstattung stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar.
7
a) Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist allerdings betroffen.
8
aa) Dies ergibt sich noch nicht alleine aus dem Umstand, dass der Kläger im angegriffenen Artikel überhaupt namentlich erwähnt wird. Denn anders als bei der Veröffentlichung eines Bildes einer Person, die eine grundsätzlich rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet, die unabhängig davon ist, ob die Person in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen und in vorteilhafter oder unvorteilhafter Weise abgebildet ist, ist dies bei personenbezogenen Wortberichten nicht ohne Weiteres der Fall. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bietet nicht schon davor Schutz, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 8 ff.; BVerfG, NJW 2012, 1500 Rn. 35; NJW 2011, 740 Rn. 52).
9
bb) Betroffen ist der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung , das über den Schutz der Privatsphäre hinausgeht und sich als Befugnis des Einzelnen darstellt, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, VersR 2014, 1465 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 6; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 28; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO). In dem angegriffenen Artikel wird dem Leser mitgeteilt, dass der Kläger Benjamin S. beschäftigt. Dass dieser Umstand der beruflichen Sphäre des Klägers zuzuordnen ist, steht der Annahme eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO, Rn. 35; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO Rn. 29; vgl. ferner Senatsurteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 11 f.; noch zweifelnd: Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434).
10
cc) Darüber hinaus ist die ebenfalls vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte (BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92, NJW-RR 1995, 301, 303; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 94) Geschäftsehre des Klägers tangiert. Zwar wird dem Kläger selbst kein Vorwurf gemacht. Er wird aber - worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat - insbesondere durch die Gestaltung der Überschrift , in der bereits sein Name genannt wird, in einen Zusammenhang mit den "Hells Angels" gebracht. Die im Artikel dabei enthaltene Aussage, in seinem Geschäft arbeite mit Benjamin S. eine Person, die einer gemeinsam mit zwei Mitgliedern der "Hells Angels" begangenen Straftat verdächtig sei, ist für das Ansehen und den geschäftlichen Erfolg des Klägers abträglich, da sich Kunden aufgrund dieses Umstandes möglicherweise veranlasst sehen, auf einen Besuch in einem Geschäft des Klägers zu verzichten, weil sie mit vermeintlichen Straftätern und den "Hells Angels" nichts zu tun haben wollen.
11
dd) Von der angegriffenen Berichterstattung nicht betroffen ist indes die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre des Klägers. Denn der Kläger wird allein als Arbeitgeber des Benjamin S. und damit ausschließlich in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit, die der Sozialsphäre zuzurechnen ist, erwähnt.
12
b) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist aber nicht rechtswidrig.
13
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 mwN).
14
bb) Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Diese Abwägung ergibt - anders als das Berufungsgericht meint -, dass die geschützten Interessen der Beklagten diejenigen des Klägers überwiegen.
15
(1) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 23 mwN). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts sind die im angegriffenen Artikel der Beklagten aufgestellten Tatsachenbehauptungen wahr. Ob dies auch für die Behauptung gilt, bei Benjamin S. handle es sich um den Filialleiter der "Kudamm-Filiale", kann dahinstehen. In welcher Funktion Benjamin S. tätig ist, als Filialleiter oder als Verantwortlicher am Empfang, hat für die den Kläger betreffende Abwägung keine Bedeutung.
16
(2) Besondere Umstände, aufgrund derer die Abwägung trotzdem zulasten der Meinungs- und Medienfreiheit der Beklagten ausfallen könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht für ein Überwiegen der geschützten Interessen der Beklagten auch der Umstand, dass die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in seiner beruflichen Sphäre betrifft. Schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, wie sie nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10, ZUM-RD 2012, 253 Rn. 12; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31) erforderlich wären, um an Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre negative Sanktionen knüpfen zu können, drohen nicht. Die angegriffene Berichterstattung belastet den Kläger nur in geringem Maße. Insbesondere drohen - in Bezug auf den Kläger - weder soziale Ausgrenzung noch Stigmatisierung oder Prangerwirkung.
17
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann eine stigmatisierende Wirkung des Artikels in Bezug auf den Kläger nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass über ihn im Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Verfahren berichtet wird. Zwar mag es - wie die Revisionserwiderung annimmt - durchaus zutreffen, dass im Zusammenhang mit einem Strafverfahren bereits die namentliche Nennung einer Person stigmatisierend wirken kann. Im Streitfall ist dies in Bezug auf den Kläger aber gerade nicht der Fall. Es wird im angegriffenen Artikel nämlich in keiner Weise behauptet, der Kläger sei in das möglicherweise strafrechtlich relevante Geschehen in irgendeiner Weise involviert gewesen.
18
Darüber hinaus entfaltet die angegriffene Berichterstattung in Bezug auf den Kläger auch keine Prangerwirkung. Eine solche kommt - wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkannt hat - in Betracht, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25). Dies ist hier nicht der Fall. Der angegriffene Artikel enthält keinerlei gegen den Kläger gerichtete Vorwürfe. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Nennung des Namens des Klägers im Zusammenhang mit dem Umstand, dass "(s)ein 'Filialleiter' mit 'Hells Angels' verhaftet wurde", stehe dem Vorwurf eines beanstandungswürdigen Verhaltens im Sinne der Prangerwirkung gleich, teilt der erkennende Senat nicht. Auch wenn die im Artikel enthaltene Aussage - wie dargelegt - die Geschäftsehre des Klägers berührt, entspricht die von ihr ausgehende Ehrbeeinträchtigung weder hinsichtlich ihrer Qualität noch ihrer Intensität den an die Annahme einer unzulässigen Prangerwirkung zu stellenden Anforderungen. Der von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang betonte Umstand, der Kläger sei von Kunden auf die im Artikel thematisierten Vorgänge angesprochen worden, geht über eine bloße Unannehmlichkeit nicht hinaus. Eine tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Beeinträchtigung, die das Gewicht des Eingriffs verstärken könnte, macht der Kläger selbst nicht geltend.
19
(3) Weiter ändert am Ergebnis der Abwägung und der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Veröffentlichung auch der Umstand nichts, dass über die Festnahme des Benjamin S. und deren Hintergründe auch hätte berichtet werden können, ohne den Kläger zu erwähnen. Es gehört zum Kern der Meinungsund Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses - auch unter dem Gesichtspunkt des "Aufmachers" - wert halten und was nicht. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht , das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (Senatsurteil vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 23 mwN). Im Übrigen kann ein objektives Informationsinteresse an der Berichterstattung darüber, dass der prominente Kläger Benjamin S. trotz seiner "schwierigen Vergangenheit" beschäftigt, nicht verneint werden.
20
(4) Zuletzt greift der Einwand der Revisionserwiderung nicht, die namentliche Nennung des Klägers in der angegriffenen Berichterstattung sei auch deshalb unzulässig, weil sie im Zusammenhang mit einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung erfolgt sei. Dabei kann offenbleiben, ob in Bezug auf Benjamin S. tatsächlich von einer unzulässigen identifizierenden Verdachtsberichterstattung ausgegangen werden kann. Denn jedenfalls könnte der Kläger daraus nichts für sich herleiten. Dass Benjamin S. in - unterstellt - unzulässiger Weise identifizierbar dargestellt wurde, bedeutet nicht, dass auch der Kläger in diesem Zusammenhang nicht hätte namentlich erwähnt werden dürfen.
21
2. Der erkennende Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind. Galke Diederichsen Pauge Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.10.2012 - 27 O 425/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.07.2013 - 10 U 182/12 -

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/15
Verkündet am:
1. März 2016
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 (Ah); § 1004; TMG § 7; § 10; ZPO § 138

a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer
grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge
vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen
erlangt.

b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein
von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht
, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden
kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten
Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall
zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei
der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten
ECLI:DE:BGH:2016:010316UVIZR34.15.0

Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - OLG Köln LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
2
Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse www.jameda.de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Bewertungen , die diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit , in einem Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare in eigenen Worten niederzulegen.
3
Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik "Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer: "Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
4
Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die Gesamtnote 4,8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
5
Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […] vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein. Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient" die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen, führte die Beklagte unter anderem aus: "[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin. Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer , welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnis- se und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. […] Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). […] Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können."
6
Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt.
7
Der Kläger hat die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10. August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung "6,0" in den Kategorien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.
8
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt habe.
10
So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14. August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des Klägers gewesen sei: "Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […]. Dr. H[…] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der Bewertung in Frage gestellt. In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und Ihre Bewertung zu prüfen. Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese EMail , indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen. Selbstverständlich geben wir keine dieser In- formationen an den Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
[…]."
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Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender - von der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich gemachter Form vorgelegter - E-Mail bejahend Stellung genommen: "Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H[…] versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ [unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe durchführen [unkenntlich] Mit freundlichen Grüßen"
12
Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem vorgelegten Terminbestätigung - wie vom Kläger behauptet - lediglich ein Prophylaxetermin , nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen, rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine abweichende Würdigung.
13
Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben, damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht habe offenlegen dürfen.
14
Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten , dass die Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gelte.

B.

15
I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
16
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - geht.
17
Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f. - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal ). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal).
18
Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die Beklagte - was für ein ZuEigen -Machen spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN - Hotelbewertungsportal) - eine inhaltlich -redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentli- chung erfolgende - jedenfalls teilweise automatische - Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf "Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 28 - Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt, Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber Bewertungsportalen im Internet , 2014, 128 f.).
19
2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage - wie hier - in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 - Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 244 f. - Internetversteigerung I). Auf eine nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung einer allgemeinen Überwachungsoder Nachforschungspflicht der Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
20
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 48).
21
3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als mittelbare Störerin mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.
22
a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 - Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 - Internetversteigerung III).
23
Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
24
Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. - Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung - wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) - nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche Tatsachengrundlage.
25
b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen.
26
aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen , dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
27
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den Kläger offensichtlich - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
28
(1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung" , "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note 6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
29
(2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
30
(a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 - Sächsische Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 - Filialleiter bei Promi-Friseur; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 - Innenminister unter Druck; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 - Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
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(b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs )Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des Bewertenden überwiegen.
32
(aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.
33
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung , in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
34
Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar enthält sie die tatsächliche Behauptung des Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen Äußerung ist aber die notenmäßige Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der Stellung- nahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff. - Spickmich.de).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung - was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN - Chefjustiziar) - nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden - für den durchschnittlichen Leser erkennbar - typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6. Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
36
(bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde , überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewerten- den an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 34; BVerfGE 85, 1, 17 - kritische BayerAktionäre ; BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51 - Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 - Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 - Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 - Floquet und Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 - Pedersen und Baadsgard /Dänemark; BeckOK InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173.1 [Stand: 01.11.2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
37
c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt.
38
aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung , bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN - Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. - Schöner Wetten). Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26 - Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 50 - Kinderhochstühle im Internet III; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internetversteigerung I; jeweils mwN).
39
bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
40
Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. - Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. - Ärztebewertung II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 27 mwN - Störerhaftung des Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 - Ärztebewertung II) persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) - verdeckt abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 - Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit , Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 9 ff. - Ärztebewertung
I) jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
41
Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend" begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
42
cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung" zurückziehen.
43
Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und - zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - soweit vom Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise geschwärzt - zu übermitteln. Die bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu] nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So er- schließt sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann, hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster wählen können. Dass diese Information für den Kläger von vornherein in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete Behandlungszeitraum in die Zeit einer - beispielsweise - urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen können.
44
II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen Überprüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.
45
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
46
1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
47
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
48
Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN - BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht ihre Obliegenheit , im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
49
Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungs- last nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23). Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2014 - 28 O 516/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2014 - 15 U 141/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR386/13 Verkündet am:
13. Januar 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Anspruch auf Unterlassung einer Presseveröffentlichung im Falle einer
identifizierenden Textberichterstattung.
BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, die Richter Pauge, Offenloch und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluss des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. Juli 2013 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. Oktober 2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung angeblich persönlichkeitsrechtsverletzender Veröffentlichungen in Anspruch.
2
Der Kläger, der als Friseur von zahlreichen Prominenten bekannt geworden ist, betreibt mehrere Friseurgeschäfte. Im März 2012 veröffentlichten die Beklagte zu 1 in der von ihr verlegten BILD-Zeitung und die Beklagte zu 2 in dem von ihr betriebenen Internetportal www.bild.de unter der Überschrift "Filial- leiter von U. W. [voller Name des Klägers] mit ‚Hells Angels‘ verhaftet" einen Artikel, in dem im Wesentlichen darüber berichtet wird, dass Benjamin S., ein Mitarbeiter des Klägers, zusammen mit einem Freund und zwei Mitgliedern der Gruppierung "Hells Angels" wegen des Vorwurfs der versuchten schweren räuberischen Erpressung verhaftet worden sei. Wörtlich heißt es dazu unter anderem : "Als Filialleiter bei Promi-Friseur U. W. [voller Name des Klägers] (67) frisiert Benjamin S. (26) die Reichen und Schönen. Jetzt verhaftete das SEK den Kudamm-Geschäftsführer, einen Freund (29) und zwei "Hells Angels"-Rocker (25, 29)! Der Vorwurf: versuchte schwere räuberische Erpressung. Was hat der Figaro bloß mit den Rockern zu tun? […] Dem Filialleiter tut jetzt alles leid. Über seinen Chef sagt er: ‚Ich bin im Kreuzberger Kiez groß geworden. U. [Vorname des Klägers ] weiß, dass ich eine schwierige Vergangenheit habe. Er hat mir trotzdem eine Chance gegeben.‘"
3
Der Kläger ist insbesondere der Auffassung, er müsse es nicht dulden, für die Beklagten als Aufmacher für ein Ermittlungsverfahren gegen eine dritte Person herzuhalten. Er nimmt die Beklagten darauf in Anspruch, es zu unterlassen , ihn namentlich im Zusammenhang mit einer Festnahme eines Herrn Benjamin S. zu erwähnen, insbesondere wenn dies wie geschehen passiere.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden gegen die Beklagten die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu, weil die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Festnahme von Benjamin S. rechtswidrig in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreife. Zwar betreffe die Namensnennung lediglich die Sozialsphäre des Klägers. Auch beziehe sich die Berichterstattung auf wahre Tatsachen. Die Veröffentlichungen entfalteten aber ungeachtet des Umstandes, dass dem Kläger kein beanstandungswürdiges Verhalten vorgeworfen und er letztlich positiv dargestellt werde, eine unzulässige Prangerwirkung. Denn der Kläger und insbesondere das unter seinem Namen firmierende Geschäft würden in einen Zusammenhang mit einer der organisierten Kriminalität zuzurechnenden Gruppierung gebracht, was geeignet sei, den Kläger und seine geschäftliche Tätigkeit zu beeinträchtigen.

II.

6
1. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die angegriffene Berichterstattung stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar.
7
a) Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist allerdings betroffen.
8
aa) Dies ergibt sich noch nicht alleine aus dem Umstand, dass der Kläger im angegriffenen Artikel überhaupt namentlich erwähnt wird. Denn anders als bei der Veröffentlichung eines Bildes einer Person, die eine grundsätzlich rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet, die unabhängig davon ist, ob die Person in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen und in vorteilhafter oder unvorteilhafter Weise abgebildet ist, ist dies bei personenbezogenen Wortberichten nicht ohne Weiteres der Fall. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bietet nicht schon davor Schutz, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200 Rn. 8 ff.; BVerfG, NJW 2012, 1500 Rn. 35; NJW 2011, 740 Rn. 52).
9
bb) Betroffen ist der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aber unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung , das über den Schutz der Privatsphäre hinausgeht und sich als Befugnis des Einzelnen darstellt, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, VersR 2014, 1465 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 6; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 28; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434). Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO). In dem angegriffenen Artikel wird dem Leser mitgeteilt, dass der Kläger Benjamin S. beschäftigt. Dass dieser Umstand der beruflichen Sphäre des Klägers zuzuordnen ist, steht der Annahme eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen (vgl. Senatsurteile vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, aaO, Rn. 35; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, aaO Rn. 29; vgl. ferner Senatsurteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 11 f.; noch zweifelnd: Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90, VersR 1991, 433, 434).
10
cc) Darüber hinaus ist die ebenfalls vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte (BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92, NJW-RR 1995, 301, 303; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung , 5. Aufl., Kap. 5 Rn. 94) Geschäftsehre des Klägers tangiert. Zwar wird dem Kläger selbst kein Vorwurf gemacht. Er wird aber - worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat - insbesondere durch die Gestaltung der Überschrift , in der bereits sein Name genannt wird, in einen Zusammenhang mit den "Hells Angels" gebracht. Die im Artikel dabei enthaltene Aussage, in seinem Geschäft arbeite mit Benjamin S. eine Person, die einer gemeinsam mit zwei Mitgliedern der "Hells Angels" begangenen Straftat verdächtig sei, ist für das Ansehen und den geschäftlichen Erfolg des Klägers abträglich, da sich Kunden aufgrund dieses Umstandes möglicherweise veranlasst sehen, auf einen Besuch in einem Geschäft des Klägers zu verzichten, weil sie mit vermeintlichen Straftätern und den "Hells Angels" nichts zu tun haben wollen.
11
dd) Von der angegriffenen Berichterstattung nicht betroffen ist indes die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre des Klägers. Denn der Kläger wird allein als Arbeitgeber des Benjamin S. und damit ausschließlich in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit, die der Sozialsphäre zuzurechnen ist, erwähnt.
12
b) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist aber nicht rechtswidrig.
13
aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 mwN).
14
bb) Im Streitfall sind das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung, seiner Geschäftsehre und seiner persönlichen Daten mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit abzuwägen. Diese Abwägung ergibt - anders als das Berufungsgericht meint -, dass die geschützten Interessen der Beklagten diejenigen des Klägers überwiegen.
15
(1) Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen insbesondere vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind, unwahre dagegen nicht (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 23 mwN). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts sind die im angegriffenen Artikel der Beklagten aufgestellten Tatsachenbehauptungen wahr. Ob dies auch für die Behauptung gilt, bei Benjamin S. handle es sich um den Filialleiter der "Kudamm-Filiale", kann dahinstehen. In welcher Funktion Benjamin S. tätig ist, als Filialleiter oder als Verantwortlicher am Empfang, hat für die den Kläger betreffende Abwägung keine Bedeutung.
16
(2) Besondere Umstände, aufgrund derer die Abwägung trotzdem zulasten der Meinungs- und Medienfreiheit der Beklagten ausfallen könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht für ein Überwiegen der geschützten Interessen der Beklagten auch der Umstand, dass die angegriffene Berichterstattung den Kläger nur in seiner beruflichen Sphäre betrifft. Schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht des Klägers, wie sie nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10, ZUM-RD 2012, 253 Rn. 12; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31) erforderlich wären, um an Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre negative Sanktionen knüpfen zu können, drohen nicht. Die angegriffene Berichterstattung belastet den Kläger nur in geringem Maße. Insbesondere drohen - in Bezug auf den Kläger - weder soziale Ausgrenzung noch Stigmatisierung oder Prangerwirkung.
17
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann eine stigmatisierende Wirkung des Artikels in Bezug auf den Kläger nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass über ihn im Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Verfahren berichtet wird. Zwar mag es - wie die Revisionserwiderung annimmt - durchaus zutreffen, dass im Zusammenhang mit einem Strafverfahren bereits die namentliche Nennung einer Person stigmatisierend wirken kann. Im Streitfall ist dies in Bezug auf den Kläger aber gerade nicht der Fall. Es wird im angegriffenen Artikel nämlich in keiner Weise behauptet, der Kläger sei in das möglicherweise strafrechtlich relevante Geschehen in irgendeiner Weise involviert gewesen.
18
Darüber hinaus entfaltet die angegriffene Berichterstattung in Bezug auf den Kläger auch keine Prangerwirkung. Eine solche kommt - wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkannt hat - in Betracht, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (BVerfG, VersR 2010, 1194 Rn. 25). Dies ist hier nicht der Fall. Der angegriffene Artikel enthält keinerlei gegen den Kläger gerichtete Vorwürfe. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Nennung des Namens des Klägers im Zusammenhang mit dem Umstand, dass "(s)ein 'Filialleiter' mit 'Hells Angels' verhaftet wurde", stehe dem Vorwurf eines beanstandungswürdigen Verhaltens im Sinne der Prangerwirkung gleich, teilt der erkennende Senat nicht. Auch wenn die im Artikel enthaltene Aussage - wie dargelegt - die Geschäftsehre des Klägers berührt, entspricht die von ihr ausgehende Ehrbeeinträchtigung weder hinsichtlich ihrer Qualität noch ihrer Intensität den an die Annahme einer unzulässigen Prangerwirkung zu stellenden Anforderungen. Der von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang betonte Umstand, der Kläger sei von Kunden auf die im Artikel thematisierten Vorgänge angesprochen worden, geht über eine bloße Unannehmlichkeit nicht hinaus. Eine tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Beeinträchtigung, die das Gewicht des Eingriffs verstärken könnte, macht der Kläger selbst nicht geltend.
19
(3) Weiter ändert am Ergebnis der Abwägung und der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Veröffentlichung auch der Umstand nichts, dass über die Festnahme des Benjamin S. und deren Hintergründe auch hätte berichtet werden können, ohne den Kläger zu erwähnen. Es gehört zum Kern der Meinungsund Medienfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses - auch unter dem Gesichtspunkt des "Aufmachers" - wert halten und was nicht. Denn die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, sondern garantiert primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht , das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann (Senatsurteil vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 23 mwN). Im Übrigen kann ein objektives Informationsinteresse an der Berichterstattung darüber, dass der prominente Kläger Benjamin S. trotz seiner "schwierigen Vergangenheit" beschäftigt, nicht verneint werden.
20
(4) Zuletzt greift der Einwand der Revisionserwiderung nicht, die namentliche Nennung des Klägers in der angegriffenen Berichterstattung sei auch deshalb unzulässig, weil sie im Zusammenhang mit einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung erfolgt sei. Dabei kann offenbleiben, ob in Bezug auf Benjamin S. tatsächlich von einer unzulässigen identifizierenden Verdachtsberichterstattung ausgegangen werden kann. Denn jedenfalls könnte der Kläger daraus nichts für sich herleiten. Dass Benjamin S. in - unterstellt - unzulässiger Weise identifizierbar dargestellt wurde, bedeutet nicht, dass auch der Kläger in diesem Zusammenhang nicht hätte namentlich erwähnt werden dürfen.
21
2. Der erkennende Senat kann nach § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind. Galke Diederichsen Pauge Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.10.2012 - 27 O 425/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.07.2013 - 10 U 182/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 259/05 Verkündet am:
21. November 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 823 Ah, 1004; GG Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen in der Meldung einer Presseagentur unter
namentlicher Benennung des Betroffenen über dessen Abberufung als Geschäftsführer
wegen nachhaltiger Störung des Vertrauensverhältnisses mit einem
Großteil der Mitarbeiter berichtet werden darf.
BGH, Urteil vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - Kammergericht
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. November 2005 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. August 2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der seit dem 10. Juli 2000 Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH war, die drei Krankenhäuser in Brandenburg mit ca. 900 Mitarbeitern betreibt, verlangt von der beklagten Presseagentur Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung unter Nennung seines Namens über die Tatsache und die Umstände seiner Abberufung im Juni 2002.
2
Am 18. Juni 2002 wurde der Vertrag mit dem Kläger ordentlich zum 31. Dezember 2002 gekündigt und der Kläger wurde gemäß der in seinem An- stellungsvertrag enthaltenen Regelung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Verpflichtung zur Dienstleistung freigestellt.
3
Am 20. Juni 2002 brachte die Beklagte über ihre Nachrichtenagentur im Landesspiegel Berlin-Brandenburg unter namentlicher Nennung des Klägers folgende Pressemeldung heraus:
4
"Klinik-Geschäftsführer abberufen Der Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH in S., H.-W. I. [Anonymisierungen durch den Senat], ist mit sofortiger Wirkung beurlaubt worden. Die Gesellschafterversammlung fasste am Dienstag einen entsprechenden Beschluss, teilte Landrat H. B. (SPD) als Vorsitzender der Versammlung am Mittwoch mit. Das Vertrauensverhältnis zwischen I. und einem Großteil der Mitarbeiter im Klinikum sei nachhaltig gestört. Mitarbeiter werfen I. Beleidigungen, massive Bedrohungen, Lügen, Verleumdungen und Diffamierungen vor. Die Belegschaft hatte in einem offenen Brief die sofortige Entlassung I. gefordert."
5
Mit seiner Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, in identifizierender Weise im Zusammenhang mit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH in S. die in ihrem Wortlaut wiedergegebene Pressemeldung wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Beru- fungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG im Sinne des Klagebegehrens als begründet erachtet, weil die angegriffene Agenturmeldung, mit der die Beklagte unter Nennung des Namens des Klägers über dessen Abberufung als Geschäftsführer der Klinikum N. GmbH im gesamten Raum Berlin-Brandenburg und damit überregional berichtet habe, den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Dass der Kläger ein öffentliches Informationsinteresse gerade auch in Bezug auf seine Person geweckt habe, das sein Recht auf Anonymität überrage und die Mitteilung der Abberufung als Geschäftsführer unter Hinweis auf eine angeblich nachhaltige Störung des Verhältnisses zu den Mitarbeitern, deren Forderung nach einer Entlassung und die sofortige Freistellung von der Dienstverpflichtung rechtfertige, könne für das Verbreitungsgebiet der angegriffenen Meldung nicht angenommen werden. Zwar sei der Kläger bereits vorher in den Medien in Erscheinung getreten. Die Presseveröffentlichungen aus dem Jahr 2000, in denen der Kläger erwähnt und teilweise auch zitiert werde, bezögen sich jedoch auf Probleme des Klinikbetriebes, insbesondere zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung durch den Kläger. In keinem der Artikel sei es in erster Linie um die Person des Klägers gegangen, insbesondere sei dieser nicht im Zusammenhang mit den angeblich der Kündigung vorausgegangenen Vorgängen an die Öffentlichkeit getreten. Ein überwiegendes Informationsinteresse an der Namensnennung des Klägers habe allenfalls in der Region Niederlausitz bestanden ; allenfalls dort sei der Kläger als relative Person der Zeitgeschichte anzusehen. Dies gelte jedoch nicht für die Region Berlin-Brandenburg. Dort habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch ohne Namensnennung des Klägers befriedigt werden können. Bei den in der Berichterstattung der Beklagten wiedergegebenen Vorwürfen, die von Falschinformationen über persönliche Beleidigung, massive Bedrohungen bis zu Lügen, Verleumdungen und sogar Diffamierungen reiche, handele es sich um einseitige Vorwürfe, die den Kläger in ein besonders schlechtes Licht rückten und die - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Verdachtsberichtserstattung bei Straftaten - eine einseitige Berichterstattung unter Namensnennung nicht rechtfertigen könnten.

II.

8
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
9
1. Entgegen der Auffassung der Revision scheitert die Zulässigkeit der vorliegenden Unterlassungsklage nicht daran, dass der Klageantrag zu unbestimmt wäre. Der Unterlassungsantrag umfasst durch den Zusatz "in identifizierender Weise" in Verbindung mit "wörtlich oder sinngemäß" lediglich auch sonstige leicht abgewandelte Verletzungshandlungen, die im Kern und Wesen der konkret genannten Verletzungshandlung entsprechen und deshalb ebenfalls von einem Unterlassungsanspruch aufgrund der konkreten Verletzungshandlung getragen werden können. Der Begriff der identifizierenden Berichterstattung ist ein durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs geprägter allgemeiner Rechtsbegriff (vgl. etwa BVerfGE 35, 202, 219 ff. - Lebach; Senatsurteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274, 275), dessen Sinngehalt jedenfalls im vorliegenden Kontext nicht zweifelhaft oder zwischen den Parteien streitig ist und deshalb als Verallgemeinerung der konkreten Verletzungsform im Interesse einer sachgerechten Titulierung unbedenklich ist (vgl. etwa Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 24. Aufl. 2006, § 12 Rn. 2.38 m.w.N.).
10
2. Die Angriffe der Revision haben jedoch in der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht hat bei seiner Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungs- und Pressefreiheit einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG auf Unterlassung der angegriffenen Berichterstattung.
11
a) Das Berufungsgericht ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen , dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht beinhaltet, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach; 54, 148, 155 - Eppler). Dieses Grundrecht wird jedoch auch in dieser Ausprägung nicht grenzenlos gewährt. Vielmehr können im Einzelfall das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Pressefreiheit Vorrang haben. Dies ist hier der Fall.
12
Es geht um eine namentliche Berichterstattung der Beklagten über die berufliche Tätigkeit des Klägers, an der die Öffentlichkeit nach Lage des Falles ein beträchtliches Interesse hat. Dass es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers um seine "Sozialsphäre" handelt, hat das Berufungsgericht im Ansatz zwar nicht verkannt. Es legt aber bei der auch hier erforderlichen Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und den Grundrechten aus Art. 5 GG Maßstäbe an, die dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht gerecht werden, zu- mal diese durch Vorgänge im Gesundheitswesen angesichts der aktuellen Diskussion über dieses Thema unmittelbar berührt wird.
13
Äußerungen zu der Sozialsphäre desjenigen, über den berichtet wird, dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind. Tritt der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen, wirkt er durch sein Verhalten auf andere ein und berührt er dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens , dann ergibt sich aufgrund des Sozialbezuges nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Einschränkung des Bestimmungsrechts desjenigen, über den berichtet wird (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach; 97, 391, 406; BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2000 - 1 BvR 1582/94 - NJW 2000, 2413, 2414; BVerfG Beschlüsse vom 17. Dezember 2002 - 1 BvR 755/99 und 756/99 - AfP 2003, 43, 46).
14
b) Der erkennende Senat hat für eine Berichterstattung über die berufliche Sphäre des Betroffenen klargestellt, dass der Einzelne sich in diesem Bereich von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, einstellen muss (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79 - VersR 1981, 384, 385). Wer sich im Wirtschaftsleben betätigt, setzt sich in erheblichem Umfang der Kritik an seinen Leistungen aus (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1994 - I ZR 216/92 - AfP 1995, 404, 407 f. - Dubioses Geschäftsgebaren - und Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 m.w.N.). Zu einer solchen Kritik gehört auch die Namensnennung. Die Öffentlichkeit hat in solchen Fällen ein legitimes Interesse daran zu erfahren, um wen es geht und die Presse könnte durch eine anonymisierte Berichterstattung ihre meinungsbildenden Aufgaben nicht erfüllen. Insoweit drückt sich die Sozialbindung des Individuums in Beschränkungen seines Persönlichkeitsschutzes aus. Denn dieser darf nicht dazu führen, Bereiche des Gemeinschaftslebens von öffentlicher Kritik und Kommunikation allein deshalb auszusperren, weil damit beteiligte Personen gegen ihren Willen ins Licht der Öffentlichkeit geraten (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79 - aaO).
15
c) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war der Kläger Geschäftsführer einer landeseigenen GmbH, die ein Klinikum mit ca. 900 Mitarbeitern in einer strukturschwachen Region Brandenburgs unweit von Berlin betreibt. Er war nach einem medienwirksamen Skandal im Zusammenhang mit der Abberufung seines Vorgängers angetreten, um als neuer Geschäftsführer das Klinikum aus der Krise herauszuführen und ist damit über den lokalen Bereich hinaus auch mit Interviews an die Öffentlichkeit getreten. Wer im Wirtschaftsleben - noch dazu im Bereich der öffentlichen Hand - als Geschäftsführer eines großen Klinikums eine solch herausragende Position wie der Kläger innehat, muss es grundsätzlich hinnehmen, dass die Presse auch über seine Abberufung wegen einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses mit einem Großteil der Mitarbeiter als Vorgang von öffentlichem Interesse unter namentlicher Nennung des Betroffenen berichtet. Da der Kläger nicht in seiner Privat-, sondern in der Sozialsphäre betroffen ist, kann er, - wie oben ausgeführt - der Beklagten eine entsprechende Berichterstattung nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf sein Persönlichkeitsrecht verbieten, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Anhaltspunkte hierfür lassen sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Die in der Pressemitteilung des Landrats mitgeteilten Umstände der Abberufung des Klägers hat der Kläger ebenso wenig in Frage gestellt wie die Tatsache, dass Mitarbeiter in einem offenen Brief Vorwürfe gegen ihn erhoben haben.
16
d) Auch kann es der Beklagten nicht verwehrt werden, die Pressemeldung über die Abberufung des Klägers im vorgenannten Umfang über den regionalen Bereich Niederlausitz hinaus in den Bundesländern Berlin und Brandenburg zu verbreiten. Ist eine Berichterstattung im Hinblick auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit grundsätzlich gerechtfertigt, so ist es in erster Linie Sache der Presse, zu entscheiden, in welchem geographischen Bereich sie ein öffentliches Interesse ihrer Leser an der Meldung erwartet. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als es sich bei der Beklagten um eine Presseagentur handelt, welche eine Meldung in den entsprechenden Landesdienst einstellt, um es den dort ansässigen Presseorganen zu überlassen, die von ihnen veröffentlichten Agenturmeldungen nach dem mutmaßlichen Interesse ihrer Leserschaft und ihrem Verbreitungsgebiet selbst auszuwählen. Darüber hinaus ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - wenn auch nur vereinzelt und im Zusammenhang mit der Übernahme der Geschäftsführung und sonstigen allgemeinen Problemen des Klinikbetriebs - überregional über die Medien an die Öffentlichkeit getreten ist. Schließlich vermag auch der Umstand, dass das Klinikum nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts von einer landeseigenen GmbH betrieben wird, ein überregionales Interesse zu begründen, welches unter den Umständen des Streitfalles dem geltend gemachten Interesse des Klägers, in der Pressemeldung der Beklagten nicht namentlich genannt zu werden, vorgeht.
17
4. Da keine weiteren Feststellungen mehr erforderlich sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden.

III.

18
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 17.08.2004 - 27 O 343/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2005 - 10 U 218/04 -

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 196/08 Verkündet am:
23. Juni 2009
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BDSG § 29; § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1; § 41 Abs. 1; GG Art. 1, 2, 5
Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personengebundenen
Daten im Rahmen eines Bewertungsforums im Internet (www.spickmich.de).
BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 - OLG Köln
LGKöln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Juli 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Speicherung und Veröffentlichung des Namens, der Schule, der unterrichteten Fächer, einer Benotung und von Zitaten der Klägerin auf der Internetplattform www.spickmich.de. Die als Schülerportal konzipierte Website wird von der Beklagten zu 4, deren Geschäftsführer und Gesellschafter die Beklagten zu 1 bis 3 sind, unterhalten. Es handelt sich um ein sogenanntes Community-Portal, bei dem der Inhalt durch die jeweiligen Nutzer in dem durch den Betreiber des Portals vorgegebenen Rahmen gestaltet wird. Zugang zu diesem Portal haben registrierte Nutzer. Die Registrierung erfolgt nach Eingabe des orthografisch richtigen Namens der Schule, des Schulortes, eines Benutzernamens und einer E-Mail-Adresse. An die E-Mail-Adresse wird ein Passwort versandt, das den Zugang zum Portal eröffnet. Die Nutzer können auf verschiedenen Seiten der Website Informationen über sich selbst zur Verfügung stellen, Nachrichten an andere Nutzer senden oder eigene soziale Kontaktnetze, bestehend aus "Freunden", "Mitgliedern einer Stufe" und "Clubs" aufbauen. Neben den Rubriken "meine Seite", "meine Freunde", "Nachrichten", "meine Stadt" u.ä. gibt es die Rubrik "meine Schule". Dort können Aspekte wie die Ausstattung der Schule, das Schulgebäude aber auch Faktoren wie der "Partyfaktor" und der "Flirtfaktor" mit Noten bewertet werden. Auf dieser Seite können unter dem Menüpunkt "Lehrerzimmer" die Namen von Lehrkräften, die an der Schule unterrichten, eingetragen werden. Über einen Klick gelangt man zu einer Unterseite, auf der der Klarname und die Unterrichtsfächer der Lehrkraft verzeichnet sind. Daneben sind in einem Bewertungsmodul Kriterien aufgelistet, wie beispielsweise "cool und witzig", "beliebt", "motiviert", "menschlich", "guter Unterricht" und "faire Noten". Unter Verwendung der Bewertungskriterien können Noten von 1 bis 6 der im Schulbereich üblichen Notenwertigkeit vergeben werden. Bei früher mindestens vier und inzwischen mindestens zehn abgegebenen Einzelbewertungen wird aus dem Durchschnitt eine Gesamtnote gebildet. Benotungen mit ausschließlich der Note 1 oder 6 werden ausgesondert und fließen nicht in die Gesamtbenotung ein. Auf der Lehrerseite befindet sich außerdem die Schaltfläche "Hier stimmt was nicht", über die Nutzer die Betreiber auf Unstimmigkeiten aufmerksam machen können. Das Bewertungsergebnis wird in Form eines Zeugnisses angezeigt und kann ausgedruckt werden. Ferner können die Nutzer angebliche Zitate der Lehrer unter der Rubrik "Zitate: Alles, was …. schon so vom Stapel gelassen hat (Lustiges, Fieses …)" wiedergeben. Erfolgt innerhalb von 12 Monaten keine Neubewertung für einen Lehrer, werden die früher abgegebenen Bewertungen und die eingegebenen Zitate gelöscht.
2
Die Klägerin hat Anfang Mai 2007 davon erfahren, dass auf der entsprechenden Seite der Website der Beklagten zu 4 ein Zeugnis unter ihrem Namen, der Angabe der Schule, an der sie unterrichtet, und dem Unterrichtsfach Deutsch abgespeichert ist, in dem sie auf der Grundlage von vier Schülerbewertungen mit der durchschnittlichen Gesamtbewertung 4,3 benotet worden ist. Zitate sind dort nicht wiedergegeben. Name, Schule und Unterrichtsfächer der Klägerin können außerdem über die Homepage der Schule im Internet abgerufen werden.
3
Nachdem das Landgericht mit Beschluss vom 15. Mai 2007 dem Antrag der Klägerin gegen die Beklagten zu 1 bis 3 entsprechend die Bewertungsseite verboten hat, ist dieses Verbot auf den Widerspruch der Beklagten zu 1 bis 3 aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren hat die Klägerin beantragt, die Beklagten zur Löschung und zur Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, der Schule und der unterrichteten Fächer im Zusammenhang mit der Gesamt- und Einzelbewertung durch Noten von 1 bis 6 in den auf der Website "spickmich.de" genannten Kategorien sowie der Zitat- und Zeugnisfunktion zu verurteilen. Das Landgericht hat die auf Löschung der Daten gerichteten Klaganträge 1 bis 3 mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig und im Übrigen die Klage als unbegründet abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in CR 2008, 512 ff. veröffentlicht ist, hält in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Klage auf Löschung der streitgegenständlichen Daten aus der Datenbank der Website www.spickmich.de für unzulässig, weil der Unterlassungsanspruch dem Schuldner im Falle der Verurteilung eine dauerhafte, mit Ordnungsmittel bewehrte Verpflichtung auferlege und insofern nicht ersichtlich sei, inwieweit die Klägerin durch die Löschung der Daten darüber hinaus etwas erreichen könnte. Im Übrigen sei ein Unterlassungsanspruch weder wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin noch wegen der Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen gegeben. Bei der Nennung des Namens der Klägerin, ihrer beruflichen Tätigkeit und der von ihr unterrichteten Fächer handle es sich um wahre Tatsachenbehauptungen. Die Bewertungen der Klägerin stellten Meinungsäußerungen bzw. Werturteile dar. Nach der gebotenen Abwägung des mit dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin kollidierenden Grundrechts auf Meinungsfreiheit stellten die Bewertungen keinen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar. Eine Schmähkritik oder auch ein An-den-Prangerstellen sei nicht gegeben. Die von der Klägerin angegriffenen Kriterien "guter Unterricht", "fachlich kompetent", "motiviert", "faire Noten", "faire Prüfungen" und "gut vorbereitet" bezögen sich auf die berufliche Tätigkeit. Die Bewertungsmöglichkeiten "cool und witzig", "menschlich", "beliebt" und "vorbildliches Auftreten" seien zwar persönliche Attribute der Klägerin, sie spielten aber auch im Rahmen ihres beruflichen Wirkens eine Rolle. Im beruflichen Bereich müsse sich der Einzelne auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breite Öf- fentlichkeit wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit für andere habe, einstellen. Die Benotungen könnten den Schülern und Eltern zur Orientierung dienen und zu wünschenswerter Kommunikation, Interaktion und erhöhter Transparenz führen. Der schulische Bereich und die berufliche Tätigkeit von Lehrern seien durch Bewertungen gekennzeichnet, so dass es - auch vor dem Hintergrund eines Feedbacks - nahe liege, diese im Rahmen einer Evaluation zurückzugeben. Die eingerichteten Zugangskriterien böten ausreichend Gewähr dafür, dass das Portal jedenfalls überwiegend von den Schülern der aufgerufenen Schule und von interessierten Eltern und Lehrern genutzt werde. Die Bewertungsseiten seien nicht bei Eingabe des Lehrernamens mit einer Internetsuchmaschine auffindbar. Auch über das Schülerportal www.spickmich.de sei es nicht Erfolg versprechend, nur über die Eingabe des Namens nach der Bewertung des Lehrers zu suchen.
5
Die Veröffentlichung der Bewertung sei nicht schon deshalb unzulässig, weil sie anonym abgegeben werde. In § 4 Abs. 6 des (am 28. Februar 2007 außer Kraft getretenen) Teledienstedatenschutzgesetzes sei die anonyme Nutzung des Internets vorgesehen. Aufgrund des hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen Lehrer und Schüler würden letztere bei Veröffentlichung ihres Namens aus Furcht vor negativen Konsequenzen auf eine Kundgabe ihrer Meinung häufig verzichten. Solange der Betroffene gegen den Betreiber des Forums bei unzulässigen, weil beleidigenden, unwahren oder schmähenden Äußerungen vorgehen könne, trete das Interesse an der Individualisierung desjenigen, der die Bewertung abgebe, hinter dem Schutz der Freiheit eines breiten Kommunikationsprozesses über die Qualität der Bildungsarbeit zurück. Auch die Gefahr, dass sich Nutzer mit unrichtigen Angaben als Schüler einloggen, mache die Bewertungsseite nicht unzulässig. Die Möglichkeit der Verbreitung angeblicher Zitate der Klägerin verletze nicht deren Persönlichkeitsrecht. Bisher sei ein Falschzitat noch nicht eingestellt worden.
Für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr fehlten tatsächliche Anhaltspunkte.
6
Die persönlichen Daten der Klägerin in Form ihres Klarnamens, der Schule, an der sie unterrichte, und der unterrichteten Fächer seien ohne Mühe aus einer allgemein zugänglichen Quelle, nämlich der Homepage der Schule zu entnehmen. Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 BDSG, § 1004 BGB analog. Zwar könne es sich bei den Benotungen um Daten im Sinne des § 3 BDSG handeln, deren Veröffentlichung die Klägerin nicht gemäß § 4 Abs. 1 BDSG zugestimmt habe. Doch sei nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG die Übermittlung und Speicherung der Daten zulässig. Die Beklagten verfolgten mit der von ihnen betriebenen Website durch Werbung u.ä. ein eigenes geschäftliches Interesse. Ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Verbreitung oder der Nutzung der Daten bestehe nach der vorzunehmenden Interessenabwägung nicht.

II.

7
Das Berufungsurteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Der Klägerin stehen weder Löschungsansprüche noch Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten zu.

A

8
Die Klage ist nicht schon unzulässig, soweit die Klägerin die Löschung der bereits veröffentlichten Daten aus der Datenbank der Website www.spickmich.de begehrt. Die Löschung geht über die Unterlassung der künf- tigen Veröffentlichung gleicher Daten hinaus, weil die Veröffentlichung durch Übermittlung der Daten auch ohne deren Löschung beispielsweise mittels einer wirksamen Zugangssperre verhindert werden könnte. Der Klägerin kann deshalb das Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Anträge auf Löschung nicht von vornherein abgesprochen werden.

B

9
Die Klage ist aber unbegründet.
10
I. Allerdings sind die Beklagten nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihnen betriebenen Website befreit.
11
1. Das Telemediengesetz gilt für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind (Telemedien), § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG. Telemediendienste betreffen nicht den Bereich der reinen Übertragung, bei dem es sich um Telekommunikation wie beispielsweise der Internettelefonie handelt. Außerdem sind sie von den Rundfunkdiensten abzugrenzen, bei denen es sich um für die Allgemeinheit bestimmte Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters handelt, § 2 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV).
12
Danach ist die Website der Beklagten weder nur der Telekommunikation zuzuordnen noch erfüllt sie inhaltlich die Voraussetzungen für einen Rundfunkdienst. Sie stellt vielmehr einen Informations- und Kommunikationsdienst im Sinne der Vorschriften des Telemediengesetzes dar.
13
2. Nach § 10 Satz 1 TMG sind Provider nicht für fremde Inhalte verantwortlich , wenn sie keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Informationen haben, die Informationen auch nicht offensichtlich rechtswidrig sind oder wenn sie diese unverzüglich sperren, sobald sie Kenntnis von deren Rechtswidrigkeit erlangen.
14
Als Veranstalterin eines Internetforums, das den Nutzern inhaltliche Dienste anbietet und nicht nur Telekommunikationsleistungen zur Verfügung stellt, ist die Beklagte zu 4 zwar Diensteanbieter im Sinne dieser Vorschrift. Ob sie sich die Wertungen der Schüler als eigene zurechnen lassen muss (vgl. ablehnend Ladeur, RdJB 2008, 16, 30), was zu ihrer vollen Verantwortlichkeit für die Inhalte der Informationen nach § 7 TMG führen würde, bedarf jedoch keiner weiteren Klärung, weil die Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG jedenfalls nicht die Störerhaftung umfasst, die von der Klägerin geltend gemacht wird. § 10 TMG betrifft lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung des Diensteanbieters (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - VersR 2007, 1004 f.; BGHZ 158, 236, 264 ff. zur Vorgängerregelung in § 11 Satz 1 TDG). Dies ergibt sich aus der Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG, wonach die Verpflichtungen zur Entfernung und Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben. Wird ein rechtswidriger Beitrag in ein Community-Forum eingestellt , ist der Betreiber als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unterlassung und, wenn nur über die Beseitigung der Daten die Unterlassung durchgesetzt werden kann, zur Löschung verpflichtet. Ebenso wie der Verleger die von einem Presseerzeugnis ausgehende Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 3, 270, 275 ff. und 14, 163, 174; Löffler/Steffen, Presserecht , 5. Aufl., LPG § 6, Rn. 276 f.), ist der Betreiber eines Internetforums Herr des Angebots und kann der Verletzte deshalb Löschungs- und Unterlassungsansprüche auch gegen ihn richten.
15
Rechtliche Betreiberin der Website und damit rechtlich verantwortlich für dadurch gegebene Beeinträchtigungen Dritter ist die Beklagte zu 4. Daneben trifft die Beklagten zu 1 bis 3 als Gesellschafter und Geschäftsführer gegebenenfalls die Verantwortlichkeit als Mitstörer, weil mögliche Beeinträchtigungen Dritter zumindest mittelbar von ihnen zu verantworten sind (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799; BGH, Urteil vom 15. Dezember 1978 - V ZR 214/77 - NJW 1979, 551; Palandt/Bassenge BGB, 68. Aufl., § 1004 Rn. 15 ff.).
16
II. 1. Der Klägerin steht kein Anspruch nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auf Löschung der streitgegenständlichen Daten aus der Datenbank der Website www.spickmich.de zu. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Dies ist im Streitfall zu verneinen.
17
a) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist nach § 4 Abs. 1 BDSG dann zulässig, wenn das Gesetz die Datenverarbeitung erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat. Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungs- äußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. Gola/Schomerus BDSG, 7. Aufl., § 3 Rn. 2 ff.; Dammann in Simitis Hsg., BDSG, 6. Aufl., § 3 Rn. 7 ff.; Schaffland/Wiltfang, BDSG Stand 1/2009, § 3 Rn. 6; Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, 38. Erg.lief., § 3 Rn. 24; Dorn DuD 2008, 98, 99; Dix DuD 2006, 330; Greve/Schärdel MMR 2008, 644, 647).
18
Von den Beteiligten wird nicht in Zweifel gezogen, dass die Beklagten als nicht-öffentliche Stelle im Sinn des § 2 Abs. 4 BDSG unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen Daten verarbeiten und nutzen, die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse der Klägerin enthalten und damit personenbezogen sind (§ 3 Abs. 1 BDSG). Somit gelten für die Erhebung, Speicherung und Übermittlung der Daten durch die Beklagten grundsätzlich die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes. In die Erhebung, Speicherung und Übermittlung ihrer Daten hat die Klägerin zweifelsohne nicht eingewilligt (§ 4 Abs. 1 BDSG). Doch ist die Datenerhebung und Speicherung durch die Beklagten dennoch zulässig.
19
b) Soweit in der rechtlichen Diskussion zur Zulässigkeit von Bewertungsforen die Auffassung vertreten wird, dass die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes auf die Datenerhebung und -übermittlung in Form eines Bewertungsportals nur eingeschränkt Anwendung fänden, weil für mit Bewertungsforen verbundene Datenerhebungen das in § 41 BDSG enthaltene Medienprivileg gelte (vgl. Greve/Schärdel aaO, 647 f.; Plog CR 2007, 668, 669; unklar Pfeifer /Kamp ZUM 2009, 185, 186; aA Walz in Simitis, aaO, § 41 Rn. 7 ff.), vermag sich dem der erkennende Senat für den vorliegenden Streitfall nicht anzuschließen.
20
aa) Das Medienprivileg stellt die Presse bei der Erfüllung ihrer in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zuerkannten und garantierten Aufgaben (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz GG, Stand Januar 2009, Art. 75 Rn. 85; v. Münch/v. Münch GG, 5. Aufl., Bd. 3 Art. 75 Rn. 24; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, § 41 Rn. 6) von der Einhaltung der Datenschutzvorschriften weitgehend frei, denn ohne die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung der jeweils Betroffenen wäre journalistische Arbeit nicht möglich. Deshalb hat der Bund als Rahmengesetzgeber (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 GG; aufgehoben durch das Grundgesetzänderungsgesetz vom 28. August 2006, BGBl. I 2006 S. 2034, 2035) in dem im Zuge der Datenschutzreform 2001 geänderten § 41 Abs. 1 BDSG (BGBl. I 2001 S. 904, 918) den Ländern aufgegeben , in ihrer Gesetzgebung den Vorschriften der §§ 5, 9 und 38a BDSG entsprechende Regelungen einschließlich einer hierauf bezogenen Haftungsregelung vorzusehen. Im Rückschluss folgt aus der Regelung des § 41 Abs. 1 BDSG, dass das Bundesdatenschutzgesetz für die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse keine Anwendung finden kann, weil insoweit dem Bund die über die Rahmenkompetenz hinausgehende Regelungskompetenz fehlte. Auch für den Datenschutz besteht keine eigene Bundeskompetenz, vielmehr ist die Kompetenz für denjenigen Bereich einschlägig, in dem die Daten geschützt werden sollen (vgl. Schiedermair in Dörr/Kreile/Cole Handbuch Medienrecht S. 297 f.). § 41 BDSG gilt für die Presse im verfassungsrechtlichen Sinne, folglich auch für die "elektronische Presse" (vgl. Walz in Simitis, aaO, § 41 Rn. 9; Spindler/Schuster/Waldenberger, Recht der elektronischen Medien, Presserecht , 7. Teil Rn. 118 ff.). Telemedien sind mithin grundsätzlich vom Medienprivileg dann umfasst, wenn sie unter den Pressebegriff des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen.
21
bb) Die sich aus § 41 Abs. 1 BDSG ergebende datenschutzrechtliche Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbei- tung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient. Maßgebend ist, dass die Daten "ausschließlich für eigene journalistisch -redaktionelle oder literarische Zwecke" bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt (zu weitgehend Greve /Schärdel aaO). Erst wenn die meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit prägender Bestandteil des Angebots und nicht nur schmückendes Beiwerk ist, kann von einer solchen Gestaltung gesprochen werden (vgl. Schmittmann in Schwartmann Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 1. Teil, 6. Abschnitt Rn. 27 f.; Walz in Simitis aaO, § 41 Rn. 16 ff.; Schaffland/Wiltfang, BDSG Stand 1/2009, § 41 Rn. 4; Bergmann/Möhrle/Herb aaO, § 41 Rn. 9).
22
Im Streitfall wird lediglich die Zahl der abgegebenen Bewertungen erfasst und ein arithmetisches Mittel aus den abgegebenen Noten errechnet. Ob dies automatisiert durch ein entsprechendes Programm erfolgt, was nahe liegt, bedarf keiner weiteren Klärung, weil es sich auch bei einer Berechnung durch die Beklagten selbst nicht um eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung handelt, die die Anwendung des Medienprivilegs eröffnen könnte.
23
c) Jedoch sind die Beklagten nach den Regelungen in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BDSG zur Datennutzung berechtigt.
24
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist im Streitfall der Anwendungsbereich des § 29 BDSG und nicht des § 28 BDSG eröffnet. Die Beklagten verfolgen mit der Erhebung der Daten keinen eigenen Geschäftszweck , wie dies § 28 BDSG voraussetzt (Ehmann in Simitis, aaO, § 28 Rn. 22; Gola/Schomerus, aaO, § 28 Rn. 4; Ballhausen/Roggenkamp K&R 2008, 407, 403), sondern erheben und speichern die Daten geschäftsmäßig im Sinne des § 29 BDSG zur Übermittlung an Dritte (vgl. auch Heller ZUM 2008, 243, 245; Dorn DuD 2008, 98, 100; Dix, DuD 2006, 330). Dass zur Finanzierung der Website auch Werbeanzeigen verbreitet werden, ist nicht Zweck der Datenerhebung. Die Erhebung der Daten erfolgt vielmehr im Informationsinteresse und für den Meinungsaustausch der Nutzer. Hingegen liegt eine geschäftsmäßige Erhebung im Sinne des § 29 BDSG vor, weil die Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Dabei ist eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne einer Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich (Ehmann in Simitis, aaO § 29 Rn. 48; Bergmann/Möhrle/Herb, aaO, § 29 Rn. 19; Schaffland /Wiltfang, aaO, § 29 Rn. 4).
25
bb) Soweit es um die Namen der Klägerin, der Schule und die unterrichteten Fächer geht, können diese Daten zwar von der Homepage der Schule abgerufen werden. Sie sind somit bereits im System vorhanden, so dass die Erhebung und Nutzung dieser Daten nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG grundsätzlich zulässig ist. Nach den Umständen des Streitfalls bedarf es für die Frage der Zulässigkeit jedoch einer Würdigung im Zusammenhang mit der Speicherung der Bewertungen, weil nur die gemeinsame Verwendung der Daten den von den Beklagten verfolgten Zweck erfüllt.
26
(1) Die Speicherung der Bewertungen ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG zulässig, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und -speicherung nicht gegeben ist. Der wertausfüllungsbedürftige Begriff des "schutzwürdigen Interesses" verlangt eine Abwägung des Interesses des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte. Dabei sind Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten an den Aufgaben und Zwecken zu messen, denen die Datenerhebung und -speicherung dient (vgl. Gola /Schomerus aaO, § 29 Rn. 11). Legt die Daten erhebende Stelle dar und beweist sie erforderlichenfalls, dass sie die Daten zur Erreichung des angestrebten rechtlich zulässigen Zwecks braucht, darf sie die Daten erheben, solange entgegenstehende schutzwürdige Interessen des Betroffen nicht erkennbar sind. Das Vorliegen von schutzwürdigen Interessen des Betroffenen lässt sich nur in Bezug auf den zukünftigen Verwendungskontext der Daten bestimmen (vgl. Ehmann in Simitis, aaO § 29 Rn. 159 ff. m.w.N.). Schutzwürdige Interessen des Betroffenen können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Wendet sich der Betroffene gegen die Datenerhebung, hat er darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er des Schutzes bedarf. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Speicherung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Speicherung zulässig (Gola/Schomerus, aaO).
27
(2) Im Streitfall hat somit eine Abwägung zwischen dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG zu erfolgen, wie das Berufungsgericht sie auch vorgenommen hat. Diese Abwägung unterliegt in vollem Umfang der rechtlichen Nachprüfung und hat im Ergebnis Bestand.
28
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stellt sich als Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (vgl. BVerfGE 65, 1, 41 ff.; 72, 155, 170; 78, 77, 84; 115, 166, 188; BVerfG NJW 2008, 822, 826). Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. BVerfGE 7, 198 ff. - Lüth; Palandt/Sprau aaO, § 823 Rn. 85). Dem entspricht die Regelung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, wonach die Vorschriften des Datenschutzes auch für nicht öffentliche Stellen gelten.
29
cc) Durch die Erhebung und Speicherung der Benotungen unter Nennung ihres Namens, der Schule und der von ihr unterrichteten Fächer wird die Klägerin unabhängig vom Vorliegen einer Ehrverletzung zweifellos in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Ob es sich hierbei um schutzwürdige Belange handelt, die der Datenerhebung und -speicherung durch die Beklagten entgegenstehen, muss durch eine Abwägung mit der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleisteten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Nutzer (Art. 5 Abs. 1 GG) bestimmt werden.
30
(1) In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien u.a. nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden (vgl. Senat, BGHZ 24, 72, 79 f.; 27, 284, 289 f.; 73, 120, 124; Urteile vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85 - VersR 1987, 778, 779; vom 13. Oktober 1987 - VI ZR 83/87 - VersR 1988, 379, 381 und vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434). Danach genießen besonders hohen Schutz die sogenannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören (vgl. BVerfGE 65, 1, 41 ff.; 78, 77, 84). Allerdings hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muss der Einzelne grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff.; 78, 77, 85 ff.).
31
(2) Zutreffend wertet das Berufungsgericht die von den Beklagten erhobenen und abgespeicherten Bewertungen der Klägerin als Werturteile, die die Sozialsphäre der Klägerin tangieren. Die Bewertungen betreffen die berufliche Tätigkeit der Klägerin, also einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (vgl. Senat, BGHZ 36, 77, 80 und 161, 266, 268; Urteile vom 20. Januar 1981 - VI ZR 163/79 - VersR 1981, 384, 385 und vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - VersR 2007, 511, 512; BVerfG, NJW 2003, 1109, 1111; Zimmermanns, ZfL 2003, 79, 80 f.). Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind.
32
Im Streitfall sind entgegen der Auffassung der Revision die Bewertungen nicht schon deshalb unzulässig, weil die Beklagten mit der Angabe, dass zehn - früher vier - Schüler die Lehrkraft bewertet hätten, eine unwahre Tatsache behaupteten , da jedermann mehrere Bewertungen unter irgendeinem Namen abgeben könne. Insoweit ist schon aufgrund des Systems des Bewertungsforums ersichtlich, dass die Beklagten nur die Information weitergeben, die von einem Nutzer ins System eingegeben worden ist. Im Hinblick auf die Anonymität der Nutzer ist eine darüber hinaus gehende Überprüfung gar nicht möglich.
33
(3) Die Bewertungen "fachlich kompetent" und "gut vorbereitet" sind Meinungsäußerungen , auch wenn sie einen Tatsachengehalt aufweisen, mit dem sich die Meinungsäußerung vermengt. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG greift unabhängig davon ein, ob die Äußerung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist, denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. Senat, BGHZ 132, 13, 21; Urteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250; BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 15; BVerfG NJW 2008, 358, 359). Die Einschätzungen der Klägerin als mehr oder weniger "cool und witzig", "menschlich" , "beliebt" und mit "vorbildlichem Auftreten" betreffen zwar persönliche Eigenschaften , die aber der Klägerin aufgrund ihres Auftretens innerhalb des schulischen Wirkungskreises beigelegt werden. Sie stellen mithin keinen über die Sozialsphäre hinausgehenden Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin dar. Hinsichtlich der Bewertungskriterien "guter Unterricht", "fachlich kompetent", "motiviert", "faire Noten", "faire Prüfungen" und "gut vorbereitet" geht auch die Revision davon aus, dass es sich um Benotungen für ein Verhalten handelt, das der Sozialsphäre der Klägerin zuzuordnen ist.
34
(4) Die Bewertungen stellen weder eine unsachliche Schmähkritik noch eine Formalbeleidigung oder einen Angriff auf die Menschenwürde der Klägerin dar, die eine Abwägung der Rechte der Beteiligten entbehrlich machen würden (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05 - VersR 2007, 249, 250 f. m.w.N.; BGHZ 143, 199, 209; BVerfGE 93, 266, 294; BVerfG, NJW-RR 2000, 1712). Für derartige Umstände fehlen jegliche Anhaltspunkte.
35
(5) Das Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit wird nicht dadurch eingeschränkt, dass die Klägerin selbst nicht an dem Portal als Nutzerin beteiligt ist. Dieses Recht hängt nicht davon ab, dass der Betroffene selbst am Meinungsaustausch teilnimmt.
36
(6) Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin steht der Datenerhebung im Internet auch nicht deshalb entgegen, weil sie geltend macht, im Hinblick auf die Sprechstunden, Elternabende sowie den Kontakt der Schüler untereinander bedürfe es keiner für jedermann zugänglichen Bewertung von Lehrern für eine Orientierung von Schülern und Eltern. Die Meinungsfreiheit umfasst das Recht des Äußernden, die Modalitäten einer Äußerung und damit das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen. Grundsätzlich können Form und Umstände einer Meinungskundgabe so gewählt werden, dass damit die größte Verbreitung oder die stärkste Wirkung erzielt wird (BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110). Allerdings müssen damit verbundene Beeinträchtigungen der Rechte Dritter zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117) sowie erforderlich, und das Verhältnis zwischen Rechtsgüterschutz und -beschränkung muss insgesamt angemessen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 91, 233, 240 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall.
37
Es kann nicht bezweifelt werden, dass über das Internet ein umfassenderer Meinungsaustausch möglich ist als dieser an Elternsprechtagen oder in Pausenhof- oder Schulweggesprächen erfolgen kann. Die Beklagten beschränken durch die Registrierung der Nutzer den Zugriff auf Informationen über eine Lehrkraft einer bestimmten Schule. Die Revision vernachlässigt bei dem Einwand , dass sich jedermann als Nutzer registrieren lassen könne, dass die Registrierung die Kenntnis der Schule voraussetzt und Mehrfachregistrierungen mit derselben E-mail-Adresse nicht möglich sind. Die Daten können weder über eine Suchmaschine noch über die Internetadresse www.spickmich.de nur mit der Eingabe eines Namens abgerufen werden. Aus sich heraus sind die Daten "substanzarm" und gewinnen lediglich für den an Informationsgehalt, der die Klägerin oder wenigstens die Schule kennt. In diesem Fall besteht aber grundsätzlich ein berechtigtes Informationsinteresse über das berufliche Auftreten der Lehrkraft. Erfolgt innerhalb eines Jahres keine Neubewertung, werden die eingegebenen Daten nach Ablauf von zwölf Monaten gelöscht, so dass auch ihr Verbleib im System eingeschränkt ist.
38
Die Datenerhebung ist auch nicht deshalb unzulässig, weil sie wegen der begrenzten Anzahl der anonymen Bewertungen ungeeignet wäre, das Interesse der Nutzer zu befriedigen. Die anonyme Nutzung ist dem Internet immanent (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - VersR 2007, 1004, 1005). Dementsprechende Regelungen zum Schutz der Nutzerdaten gegenüber dem Diensteanbieter finden sich in den §§ 12 ff. TMG, den Nachfolgeregelungen zu § 4 Abs. 4 Nr. 10 TDG. Eine Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden können, ist mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar. Die Verpflichtung, sich namentlich zu einer bestimmten Meinung zu bekennen, würde nicht nur im schulischen Bereich , um den es im Streitfall geht, die Gefahr begründen, dass der Einzelne aus Furcht vor Repressalien oder sonstigen negativen Auswirkungen sich dahingehend entscheidet, seine Meinung nicht zu äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur soll durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entgegen gewirkt werden (vgl. Ballhausen/Roggenkamp K&R 2008, 403, 406).
39
Auch wenn die Erhebung der Daten nach Vielfalt und Qualität nicht den Anforderungen an eine aussagekräftige Lehrerevaluation entspricht, begründet dies noch kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Unterlassung der Datenerhebung und -speicherung. Das Recht auf Meinungsfreiheit ist nicht beschränkt auf objektivierbare allgemein gültige Werturteile. Dass es sich um Äußerungen von Schülern und damit weitgehend von Minderjährigen handelt, ist für jeden Nutzer ebenso offenbar wie der Umstand, dass die Bewertungen von subjektiven Einschätzungen geprägt sein können. Einer diffamierenden Herabsetzung beugen die Beklagten in gewissem Maße durch die Vorgabe von Bewertungskriterien und die Schaltfläche "Hier stimmt was nicht" vor, mit der den Nutzern die Möglichkeit gegeben wird, die Betreiber auf Unstimmigkeiten aufmerksam zu machen. Den Nutzern eines Schülerforums wird im Allgemeinen nach ihrem Erwartungshorizont auch bewusst sein, dass die Bewertungen nicht die gleiche Bedeutung haben können wie beispielsweise ein Warentest für ein bestimmtes Produkt, der von neutralen, objektiven und sachkundigen Testern durchgeführt wird (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 1997 - VI ZR 114/96 - VersR 1997, 1501, 1502 m.w.N.; vgl. zu dieser Problematik Pfeifer/Kamp ZUM 2009, 185, 190).
40
(7) Demgegenüber befriedigen die Beklagten das Informationsinteresse von Schülern, Eltern und Lehrern der Schule, indem sie den Meinungsaustausch unter den Schülern über ihre Erfahrungen mit der Klägerin vereinfachen und anregen. Der Klägerin eröffnet die Bewertungsseite die Möglichkeit eines Feedback über ihre Akzeptanz bei den Schülern. Konkrete Beeinträchtigungen, zu denen es aufgrund der Bewertung gekommen sei, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin gegen die Erhebung und Nutzung der Daten durch die Beklagten ist nicht gegeben, so dass die Speicherung der Daten nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG zulässig ist.
41
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der entsprechenden Daten nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog, i.V.m. § 4 Abs. 1 BDSG durch deren Übermittlung an die abfragenden Nutzer. Diese ist vielmehr nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 a und 2 BDSG zulässig.
42
a) Grundsätzlich ist die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 a und 2 BDSG daran gebunden, dass der Datenempfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung besteht. Von daher könnte nach dem Wortlaut des § 29 BDSG eine Datenübermittlung der vorliegenden Art unzulässig sein, weil sie anonymisiert erfolgt und es schon deshalb an einer solchen Darlegung fehlt (vgl. etwa Dix, DuD 2006, 330; Schilde-Stenzel, RDV 2006, 104 ff.). Indessen ist insoweit eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift geboten, die das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend berücksichtigt. Hierfür ist zu bedenken, dass ein durch Portalbetreiber organisierter Informationsaustausch im Internet weder technisch möglich war noch dergleichen für denkbar gehalten wurde, als § 29 BDSG am 1. Juni 1991 Eingang in das Bundesdatenschutzgesetz gefunden hat. Vielmehr sollte § 29 BDSG die "klassischen" geschäftlichen Datenverarbeitungen reglementieren, wie etwa den gewerbsmäßigen Handel mit personenbezogenen Daten im Adresshandel oder die Unterhaltung von Wirtschafts- und Handelsauskunftsdateien (Ehmann in Simitis, aaO, § 29 Rn. 1 ff.). Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führt mithin die wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 Nr. 1 a und 2 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit. Sie ist auch nicht verein- bar mit dem bis 28. Februar 2007 in § 4 Abs. 6 Teledienstedatenschutzgesetz und seit 1. März 2007 in den §§ 12 ff. TMG gewährleisteten Recht des Internetnutzers auf Anonymität. Einer verfassungskonformen Auslegung bedarf es auch, soweit § 29 Abs. 2 Satz 4 BDSG die Datenempfänger verpflichtet, die Gründe für das Vorliegen eines berechtigten Interesses aufzuzeichnen und, in welcher Art und Weise dieses glaubhaft dargelegt ist (vgl. Ballhausen /Roggenkamp aaO, 409; Braun, jurisPR-ITR 11/2007 Anm. 4; Plog/Bandehzadeh aaO; zum Grundrecht der Informationsfreiheit Kloepfer/Schärdel JZ 2009, 453 ff.).
43
b) Das Recht der Meinungsfreiheit umfasst auch das Recht, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Es besteht der Grundsatz des freien Meinungsaustauschs nicht nur für Themen, die von besonderem Belang für die Öffentlichkeit sind (vgl. BVerfGE 20, 56, 97; 20, 162, 177; BVerfG NJW 2008, 1793, 1797). Wäre die verfassungsmäßig geschützte Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Meinungsforum im Internet nur zulässig, sofern dabei nicht persönliche Daten übermittelt werden, würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, außer es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Bewertungen würden dadurch weitgehend unmöglich gemacht, weil alle negativen Äußerungen aus dem System genommen werden müssten, für deren Weitergabe die Einwilligung des Betroffenen im Allgemeinen fehlt (vgl. Plog/Bandehzadeh K&R 2008, 45). Bewertungsportale bewegen sich naturgemäß in einem Spannungsfeld, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten hat. Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit sind aber nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig sind (BVerfG, NJW 2001, 503, 505). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer muss deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen , dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen den Interessen des Abrufenden an der Kenntnis der Daten und desjenigen, der die Daten übermittelt hat, an deren Weitergabe gegenüberzustellen. Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten sind zu messen an den Aufgaben und Zwecken, denen Speicherung und Übermittlung dienen (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1985 - VI ZR 244/84 - NJW 1986, 2505, 2506).
44
c) Im Streitfall ist danach im Hinblick auf die Zugangsbeschränkungen für die Nutzer, die geringe Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten sowie den Umstand, dass die Erhebung dieser Daten in zulässiger Weise zum Zweck der Übermittlung erfolgt ist, auch diese in Wahrung des Grundrechts auf Informationsgewährung und -beschaffung der Beklagten zulässig. Die Übermittlung kann nicht generell untersagt werden, weil konkrete Umstände, die derzeit einer Übermittlung entgegenstehen könnten, von der Klägerin nicht vorgetragen sind. Die Befürchtung einer generellen Prangerwirkung für den benoteten Lehrer kann kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin begründen, solange Anhaltspunkte für eine solche Wirkung im Hinblick auf ihre Person nicht gegeben sind. Auch etwaige negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Schulwesens können eine schützenswerte subjektive Rechtsposition der Klägerin nicht begründen.
45
3. Hat die Klägerin die Übermittlung, Erhebung und Speicherung der streitgegenständlichen Daten hinzunehmen, kann sie den Beklagten auch nicht untersagen, diese in Form eines Zeugnisses darzustellen. Dass ein Vergleich mit von der Schule ausgegebenen Schülerzeugnissen, Arbeitszeugnissen oder dienstlichen Beurteilungen - wie ihn die Revision zieht - zumindest fern liegt, ergibt sich schon aus der äußeren Form des Zeugnisses, das mit "spickmich" unterzeichnet ist.
46
4. Erfolglos bleibt die Revision auch, soweit sie sich gegen die Zitatfunktion auf der Bewertungsseite der Homepage der Beklagten wendet. Zwar schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dagegen, dass jemandem Äußerungen in den Mund gelegt werden, die er nicht getan hat und die seinen von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 54, 148 - Eppler). Eine für den Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB analog erforderliche gegenwärtige oder unmittelbar drohende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts hat die Klägerin jedoch insoweit nicht dargetan. Eine solche liegt schon deshalb fern, weil bisher ein Zitat nicht eingetragen worden ist. Soweit sich die Klägerin auf eine Erstbegehungsgefahr beruft, zeigt die Revision keinen Vortrag dazu auf, den das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft außer Acht gelassen hätte (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1987 - VI ZR 144/86 - NJW 1987, 2222 f. sowie vom 17. Juni 1997 - VI ZR 114/96 - NJW 1997, 2593 f. und vom 26. September 2000 - VI ZR 279/99 - NJW 2001, 157, 160 m.w.N.).

III.

47
Nach allem war die Revision mit der Kostenfolge nach § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.01.2008 - 28 O 319/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 03.07.2008 - 15 U 43/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR358/13 Verkündet am:
23. September 2014
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen
Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals im
Internet (www.jameda.de).
BGH, Urteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13 - LG München I
AG München
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, dieRichterin
Diederichsen, den Richter Stöhr, den Richter Offenloch und die Richterin
Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 19. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Aufnahme eines Arztes in ein Bewertungsportal gegen dessen Willen.
2
Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.jameda.de ein Arztsuche - und Arztbewertungsportal, auf dem Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Als eigene Informationen der Beklagten werden die sogenannten "Basisdaten" angeboten. Zu ihnen gehören - soweit sie der Beklagten vorliegen - akademischer Grad, Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, weitere Kontaktdaten sowie Sprechzeiten und ähnliche praxisbezogene Informationen. Daneben sind Bewertungen abrufbar, die Nutzer in Form eines Notenschemas und ggf. auch in Form von Freitext- kommentaren abgegeben haben. Die Abgabe einer solchen Bewertung erfordert eine vorherige Registrierung, bei der eine E-Mail-Adresse angegeben werden muss, die im Rahmen des Registrierungsvorgangs verifiziert wird.
3
Der Kläger ist niedergelassener Gynäkologe. Im Portal der Beklagten wird er mit seinem akademischen Grad, seinem Namen, seiner Fachrichtung und seiner Praxisanschrift geführt. Im Jahr 2012 wurde er mehrfach bewertet.
4
Nachdem der Kläger Ende Januar 2012 erfahren hatte, im Portal der Beklagten bewertet worden zu sein, verlangte er von ihr - zuletzt mit Anwaltsschreiben - die vollständige Löschung seines Eintrags. Die Beklagte lehnte dies ab.
5
Die auf Löschung seiner auf der Internetseite www.jameda.de veröffentlichten Daten, auf Unterlassung der Veröffentlichung seiner "persönlichen und berufsständischen Daten" auf der genannten Internetseite sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Löschung noch auf Unterlassung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Daten zu. Die Interessen des Klägers am Ausschluss der Erhebung , Speicherung oder Veränderung der Daten überwögen die Interessen der Beklagten und der Nutzer nicht. Den schutzwürdigen Interessen des Klägers werde durch die Kontrollmechanismen der Beklagten hinreichend Rechnung getragen.
7
Das Erfordernis, eine verifizierbare E-Mail-Adresse anzugeben, stelle sicher , dass Rückfragen der Beklagten an den jeweiligen Nutzer möglich seien. Dies gelte insbesondere auch im Falle, dass der betroffene Arzt von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, Probleme in Bezug auf die abgegebenen Bewertungen zu melden. Dass der Arzt nicht die Möglichkeit habe, sich mit dem Bewertenden direkt auseinanderzusetzen, sei angesichts der dem Internet immanenten Möglichkeit zur anonymen Nutzung unerheblich. Vor diffamierenden und anderen rechtswidrigen Bewertungen sei er bereits durch das Vorhandensein verschiedener Beschwerdemöglichkeiten gegenüber der Beklagten, etwa über die entsprechende Schaltfläche auf der Internetseite selbst oder die Möglichkeit zur telefonischen oder schriftlichen Kontaktaufnahme zur Beklagten, hinreichend geschützt. Auch stelle die Verknüpfung der personenbezogenen Daten des Klägers mit der Bewertungsmöglichkeit durch Nutzer keine unzulässige Zweckentfremdung der Daten dar, erfasse § 29 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) doch gerade die Fälle der geschäftsmäßigen Nutzung personenbezogener Daten zum Zwecke der Übermittlung; der Zweck der Vorschrift beschränke sich nicht darauf, die Kontaktaufnahme zu ermöglichen.
8
Zu einem anderen Abwägungsergebnis führe auch der Umstand nicht, dass über das Internet ein "sehr weitreichender Meinungsaustausch" möglich sei. Die Meinungsfreiheit umfasse das Recht zur Wahl des Verbreitungsmediums , so dass der Kläger, der sich vor dem Hintergrund des Rechts auf freie Arztwahl dem zwischen Ärzten bestehenden Wettbewerb stellen müsse und Marktmechanismen ausgesetzt sei, es auch hinnehmen müsse, wenn die Bewertung über das Internet abgegeben werde. Schließlich greife auch das Argument des Klägers nicht, es werde von der Beklagten nicht überprüft, ob der Be- wertende tatsächlich einmal Patient des von ihm bewerteten Arztes gewesen sei. Denn nach dem nicht wirksam bestrittenen Vortrag der Beklagten müsse sich jeder Nutzer bei der Abgabe einer Bewertung über eine sogenannte "Checkbox" entsprechend erklären.

B.

9
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche, die auf der Internetseite www.jameda.de über ihn veröffentlichten Daten zu löschen (I.), die Veröffentlichung eines "Persönlichkeitsprofils" des Klägers auf der genannten Internetseite zu unterlassen (II.) und ihm die vorgerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten zu erstatten (III.), für nicht gegeben erachtet.

I.

10
Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
11
1. § 35 BDSG findet - wie die übrigen Vorschriften des dritten Abschnitts des BDSG auch - im Streitfall grundsätzlich Anwendung.
12
a) Der Anwendungsbereich des BDSG ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG, derjenige des dritten Abschnitts des BDSG nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG eröffnet. Denn die Beklagte ist als juristische Person des privaten Rechts, die nicht unter § 2 Abs. 1 bis 3 BDSG fällt, gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 BDSG eine nicht-öffentliche Stelle und verarbeitet personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG über den Kläger unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 17 f.; ferner Simitis/Dammann, BDSG, 8. Aufl., § 3 Rn. 7 ff.).
13
b) Das Medienprivileg (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag, § 41 Abs. 1 BDSG) steht einer uneingeschränkten Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes nicht entgegen. Denn jedenfalls kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung der Bewertungen erfolgt (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 19 ff. mwN; Buchner in Wolff/Brink, Datenschutzrecht, 2013, § 41 BDSG Rn. 24 ff.; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 41 Rn. 10a; Plath/Frey in Plath, BDSG, 2013, § 41 Rn. 12; Roggenkamp, K&R 2009, 571; Westphal in Taeger /Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 41 Rn. 26 mwN; siehe zur Frage der Anwendbarkeit des § 41 BDSG auf Bewertungsportale auch Buchner, aaO, Rn. 18 f.; Greve /Schärdel, MMR 2008, 644, 647 f.; dies., MMR 2009, 613 f.; Simitis/Dix, BDSG, 8. Aufl., § 41 Rn. 11 mwN; Spindler/Nink in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., § 41 BDSG Rn. 1).
14
2. Ob die Speicherung der streitgegenständlichen Daten des Klägers zulässig ist, bestimmt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht nach § 28 BDSG, sondern nach § 29 BDSG.
15
a) Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle (so Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 28 Rn. 4), so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 24). Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand (so Buchner in Wolff/Brink, Datenschutzrecht, 2013, § 29 BDSG Rn. 2; BeckOK Datenschutzrecht /Buchner [Stand: 1. Mai 2014] § 29 BDSG Rn. 2; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 29 Rn. 2), so gilt § 29 BDSG (vgl. Senat aaO).
16
Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen tatbestandlichen Feststellungen des Amtsgerichts stellt die Beklagte in dem von ihr betriebenen Portal die über Ärzte gespeicherten personenbezogenen Informationen der streitgegenständlichen Art - also die sogenannten "Basisdaten", Noten und Freitextkommentare - Nutzern zum Abruf zur Verfügung. Unmittelbarer Zweck des Portalbetriebs und mithin Gegenstand der Tätigkeit der Beklagten ist also die Übermittlung dieser Daten an Nutzer des Portals. Auch die dafür erforderliche Datenerhebung und -speicherung erfolgen damit zu diesem Zweck. Weil die Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auf eine gewisse Dauer angelegt ist, erfolgen Datenerhebung und Datenspeicherung - wie für die Anwendung des § 29 BDSG erforderlich - auch geschäftsmäßig (vgl. Senat aaO).
17
b) Der von der Revision gegen die Anwendung des § 29 BDSG erhobene Einwand, die Beklagte nutze die "Basisdaten" der Ärzte und die von ihr gesammelten Bewertungen nicht allein zur Weitergabe an Dritte, sondern in erster Linie zu dem Zweck, den betroffenen Ärzten gegen ein monatliches Entgelt sogenannte "Service-Leistungen" anzudienen, greift bereits aus prozessualen Gründen nicht.
18
aa) Die Revision trägt insoweit vor, die Beklagte biete interessierten Ärzten gegen Entgelt sogenannte "Premium-Pakete" an, die eine "besondere Darstellung auf jameda.de" umfassten. Im Rahmen der mit den Paketen verbunde- nen "Service-Leistungen" werde beim Aufruf eines Arztprofils insbesondere die gezielte Werbung von mit diesem Arzt unmittelbar konkurrierenden Ärzten unterdrückt. Ärzte, die bei der Beklagten kein "Premium-Paket" erwürben, müssten es dagegen hinnehmen, dass mit ihrem Namen und den über sie gesammelten Bewertungen interessierte Patienten in das Portal der Beklagten gelockt würden, denen alsdann unmittelbar nach den Basisdaten und vor den eigentlichen Bewertungen gezielt die Werbung der im räumlichen Umfeld konkurrierenden Ärzte gleicher Fachrichtung, jedoch mit "besserer Bewertung" präsentiert würde. Damit verschaffe die Beklagte Ärzten, die ein "Premium-Paket“ abonniert hätten, einen unmittelbaren Wettbewerbsvorteil. Umgekehrt gehe davon ein zumindest mittelbarer Druck aus, der die bei der Beklagten erfassten Ärzte zum Abschluss eines "Premium-Pakets“ veranlassen solle.
19
bb) Dieser Vortrag ist in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigungsfähig.
20
Gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Neuer Sachvortrag ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig (Senatsurteil vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09, VersR 2010, 923 Rn. 15). Dass der Kläger die dargestellten Behauptungen zum Angebot von "Service-Leistungen" durch die Beklagte bereits in den Tatsacheninstanzen aufgestellt hätte, ergibt sich weder aus dem Berufungsurteil noch aus dem Sitzungsprotokoll. Dies gilt auch, soweit die Revision auf das der Klagschrift als Anlage K2 beigefügte Schreiben der Beklagten verweist, in dem diese den Kläger über eine ihn betreffende Bewertung auf www.jameda.de informiert. Zwar gehört dieses Schreiben zum aus dem Berufungsurteil ersichtlichen Parteivorbringen. Denn das angefochtene Urteil verweist auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils, der wiederum auf die zwischen den Partei- en gewechselten Schriftsätze Bezug nimmt. Dies reicht grundsätzlich aus (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2001 - IV ZR 309/00, VersR 2002, 95 mwN; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 559 Rn. 1; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 559 Rn. 7). Der der Revisionsrüge zugrundeliegende Sachvortrag ergibt sich aus dem genannten Schreiben aber nicht. Bezüglich der "ServiceLeistungen" ist hier nur ausgeführt: "Möchten Sie dieses Potenzial für sich nutzen, um besser von (Privat -)Patienten gefunden zu werden? Dann informieren Sie sich über unsere Serviceangebote." Was es mit den "Service-Leistungen" auf sich hat, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen. Zudem wurde das Schreiben - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - vom Kläger allein zum Beweis seiner Behauptung vorgelegt, er sei von der Beklagten über die Abgabe einer (weiteren) Bewertung informiert worden.
21
Der damit neue Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz ist auch nicht ausnahmsweise zu berücksichtigen. Zwar hat die Rechtsprechung aus prozesswirtschaftlichen Gründen Ausnahmen von dem sich aus § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergebenden Grundsatz zugelassen (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 2008 - VIII ZR 71/07, NJW 2008, 1661 Rn. 25; vom 25. April 1988 - II ZR 252/86, BGHZ 104, 215, 221 mwN). Insbesondere ist § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO einschränkend dahin auszulegen, dass in der Revision in bestimmtem Umfang auch neue, im Hinblick auf die materielle Rechtslage relevante Tatsachen berücksichtigt werden können, wenn die Tatsachen unstreitig sind und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die neuen Tatsachen erst während des Revisionsverfahrens (so etwa BGH, Urteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08, NJW 2009, 3783 Rn. 27; vom 9. Juli 1998 - IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214, 221; jeweils mwN) bzw. nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz (so etwa BGH, Urteile vom 12. März 2008 - VIII ZR 71/07 aaO; vom 17. Dezember 1969 - IV ZR 750/68, BGHZ 53, 128, 131 f. mwN) eingetreten sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
22
3. Die Speicherung der streitgegenständlichen Daten ist nach § 29 BDSG zulässig.
23
a) Den Prüfungsmaßstab bestimmt dabei einheitlich die Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG. Zwar wurden die sogenannten "Basisdaten" unstreitig allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Bei isolierter Betrachtung wäre die Zulässigkeit ihrer Speicherung deshalb nach der - im Vergleich zu § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG weniger strengen - Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zu beurteilen. Die Umstände des Streitfalls erfordern aber eine Würdigung im Zusammenhang mit der Speicherung der Bewertungen, weil nur die gemeinsame Verwendung der Daten den von der Beklagten verfolgten Zweck erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 25; siehe auch LG Hamburg, MMR 2011, 488, 489; Roggenkamp, K&R 2009, 571).
24
b) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG ist die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung zulässig, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung oder Speicherung hat. Der wertausfüllungsbedürftige Begriff des "schutzwürdigen Interesses" verlangt eine Abwägung des Interesses des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 26; vom 17. Dezember 1985 - VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505, 2506; BGH, Urteile vom 15. Dezember 1983 - III ZR 207/82, MDR 1984, 822 f.; vom 7. Juli 1983 - III ZR 159/82, VersR 1983, 1140, 1141; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl., § 29 Rn. 11). Für diese Abwägung sind die im Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juni 2009 (VI ZR 196/08, aaO) entwickelten Grundsätze heranzuziehen.
25
c) Im Streitfall hat eine Abwägung zwischen dem Schutz des Rechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK auf der einen Seite und dem Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK auf der anderen zu erfolgen, bei der auch die mittelbare Drittwirkung des beiden Parteien zustehenden Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist.
26
aa) Die Aufnahme des Klägers in das Bewertungsportal berührt zuvörderst sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis des Einzelnen umfasst, grundsätzlich selbst darüber zu bestimmen, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, VersR 2014, 968 Rn. 6; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 28).
27
Betroffen ist der Kläger darüber hinaus in seinem von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Recht auf freie Berufsausübung (vgl. Martini, DÖV 2010, 573, 579; Schröder, VerwArch 2010, 205, 226; aA Gundermann, VuR 2010, 329, 333), das mittelbar (vgl. Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 76 ff [Stand: Juni 2006]) ebenfalls Drittwirkung entfaltet. Der Schutzbereich umfasst jede Tätigkeit , die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient, mithin auch die Außendarstellung von selbständig Berufstätigen, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolgs gerichtet ist (vgl. BVerfGE 85, 248, 256; NJW-RR 2007, 1048 f.). Das Grundrecht schützt dabei zwar nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn sich die Inhalte auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken (vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, VersR 2011, 632 Rn. 20; BVerfGE 105, 252, 265; NJW-RR 2004, 1710, 1711; siehe auch Martini, DÖV 2010, 573, 579). Die Aufnahme in das Bewertungsportal der Beklagten geht aber darüber hinaus. Sie zwingt den aufgenommenen Arzt dazu, sich in dem von der Beklagten vorgegebenen (engen) Rahmen einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu lassen sowie sich - unter Einbeziehung von Bewertungen medizinisch unkundiger Laien - einem Vergleich mit anderen im Portal aufgeführten Ärzten zu stellen, und kann erhebliche Auswirkungen auf seine beruflichen Chancen und seine wirtschaftliche Existenz haben (vgl. OLG Hamm, K&R 2011, 733, 734; Martini, aaO; siehe auch BVerwGE 71, 183, 194).
28
bb) Zugunsten der Beklagten ist in die Abwägung das - ihr als juristischer Person des Privatrechts zustehende (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 99 mwN) - Recht auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK einzustellen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 27 ff.). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt auch den Kommunikationsprozess als solchen. Deshalb kann die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung selbst dann in den Schutzbereich des Grundrechts fallen, wenn der Mitteilende sich diese weder zu eigen macht noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 470 Rn. 58; Grabenwarter in Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Rn. 87 ff. [Stand: Januar 2013]; siehe auch OLG Hamburg, CR 2012, 188, 191). Ein Bewertungsportal, wie es die Beklagte betreibt, macht den Austausch über Behandlungserfahrungen bei konkreten Ärzten unter nicht persönlich miteinander bekannten Personen erst möglich. Die Beklagte ist insoweit als Portaltalbetreiberin also "unverzichtbare Mittlerperson" (so Schröder, VerwArch 2010, 205, 214). Bereits deshalb wird der Betrieb des Portals vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst. Von einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG jedenfalls fraglich ist (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 470 Rn. 59), unterscheidet sich der Betrieb des Bewertungsportals jedenfalls dadurch, dass das Portal - auch über die Anzeige des Notendurchschnitts - aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen. Im Übrigen ist auch die Meinungs- und Informationsfreiheit der Portalnutzer berührt (vgl. auch Schröder, VerwArch 2010, 205, 213 f.).
29
Durch eine Pflicht zur Löschung von Einträgen in ihrem Bewertungsportal würde die Beklagte darüber hinaus in der Ausübung ihres Gewerbes beschränkt und damit im Schutzbereich der auch ihr als juristischer Person des Privatrechts zustehenden (BVerfGE 97, 228, 253; Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 106 [Stand: Juni 2006]) Berufsausübungsfreiheit betroffen (vgl. Schröder, VerwArch 2010, 205, 212 ff.).
30
d) Die vom Berufungsgericht durchgeführte Abwägung hält der rechtlichen Nachprüfung, der sie in vollem Umfang unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 27), im Ergebnis stand. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Interessen des Klägers am Ausschluss der Speicherung der streitgegenständlichen Daten überwögen die Interessen der Beklagten und Nutzer am Betrieb des Portals und der damit verbunden Datenspeicherung nicht, trifft zu.
31
aa) Im Ausgangspunkt ist freilich festzustellen, dass ein Arzt durch seine Aufnahme in das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal nicht nur unerheblich belastet ist.
32
(1) Zutreffend weist die Revision insoweit zunächst darauf hin, dass es sich bei der Bewertung von Ärzten in dem von der Beklagten betriebenen Portal - anders als bei den Bewertungen von Lehrkräften auf dem Schülerportal, das Gegenstand des Senatsurteils vom 23. Juni 2009 (VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 [insoweit Rn. 37]) war - nicht nur um "substanzarme", den Kläger in seiner Person und in seiner beruflichen Entwicklung nur mäßig beeinträchtigende Daten handelt. Denn die Bewertungen können nicht nur erhebliche Auswirkungen auf den sozialen und beruflichen Geltungsanspruch eines Arztes haben. Sie können vielmehr auch die Arztwahl behandlungsbedürftiger Personen beeinflussen , sich dadurch unmittelbar auf die Chancen des Arztes im Wettbewerb mit anderen Ärzten auswirken und damit im Falle von negativen Bewertungen sogar seine berufliche Existenz gefährden.
33
Die Breitenwirkung des Bewertungsportals der Beklagten ist ganz erheblich. Anders als im Falle des genannten Schülerportals ist die (passive) Nutzungsmöglichkeit nicht auf registrierte Nutzer beschränkt. Jeder Internetnutzer hat die Möglichkeit, die entsprechenden Daten eines im Portal aufgeführten Arztes abzurufen. Die Daten sind über Suchmaschinen - auch durch Eingabe des Namens eines Arztes - leicht auffindbar, was das Gewicht der Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung weiter verstärkt (vgl. EuGH, NJW 2014, 2257 Rn. 87). Insbesondere kann über Suchmaschinen auch derjenige mit im Portal der Beklagten gespeicherten Bewertungen eines bestimmten Arztes konfrontiert werden, der nach ganz anderen Informationen, etwa nach den Sprechzeiten oder der Adresse eines Arztes, sucht.
34
Auch ist nicht ausgeschlossen,dass Bewerter das Portal missbrauchen. So besteht aufgrund der den Nutzern von der Beklagten eingeräumten Möglichkeit , Bewertungen auch im Freitext zu verfassen, die Gefahr, dass über das Portal unwahre, beleidigende oder sonst unzulässige Aussagen bezüglich eines Arztes ins Netz gestellt werden. Diese Gefahr wird dadurch noch verstärkt, dass Bewertungen verdeckt abgegeben werden können. Zwar ist Voraussetzung für die Abgabe einer Bewertung die vorherige Registrierung. Die Angabe des Klarnamens ist hierfür aber nicht erforderlich; es genügt vielmehr die Angabe einer E-Mail-Adresse, auf die der Registrierende Zugriff hat. Auch Mehrfachbewertungen durch ein und dieselbe Person und Bewertungen ohne realen Behandlungshintergrund sind denkbar.
35
(2) Allerdings berühren die von der Beklagten erhobenen und gespeicherten Informationen den Kläger nur in seiner Sozialsphäre. Die Bewertungen betreffen die berufliche Tätigkeit des Klägers, also einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Nach dem von der Rechtsprechung im Hinblick auf die Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts entwickelten Konzept abgestufter Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht zwar auch im Bereich der Sozialsphäre das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten. Der Schutz ist aber geringer als bei Daten, die etwa der Intim- oder Geheimsphäre zuzuordnen sind (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 30 mwN). Im Bereich der Sozialsphäre muss sich der Einzelne wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen (vgl. Senatsurteile vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 29; vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05, VersR 2007, 511 Rn. 12 ff.). Dies gilt insbesondere auch bei freiberuflich tätigen Ärzten, die ihre Leistungen in Konkurrenz zu anderen Ärzten anbieten. Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 261/10, VersR 2012, 368 Rn. 14; vom 23. Juni 2009- VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31). Dies steht im Streitfall nicht in Rede.
36
Im Übrigen ist der Kläger den oben dargestellten Gefahren des Bewertungsportals nicht schutzlos ausgeliefert. Insbesondere kann er unwahren Tatsachenbehauptungen und beleidigenden oder sonst unzulässigen Bewertungen dadurch begegnen, dass er sich unter Bezugnahme auf den jeweiligen Eintrag an die Beklagte wendet und dort die Beseitigung des Eintrags verlangt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen steht ihm hierzu eine entsprechende Schaltfläche auf dem Bewertungsportal zur Verfügung. Weist die Beklagte die Forderung zurück, kann der Kläger die Beklagte - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - gerichtlich, ggf. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, in Anspruch nehmen. Entsprechendes gilt für etwaige, auch unter Berücksichtigung von § 10 des Telemediengesetzes (TMG) bestehende Schadensersatzansprüche. Zur Verhinderung von Mehrfachbewertungen und Bewertungen ohne realen Hintergrund setzt die Beklagte im Übrigen - wenn auch keine lückenlosen - Schutzmechanismen ein.
37
Zuletzt wiegen die vom Kläger konkret für seine Person geltend gemachten Belastungen nicht allzu schwer. Dass er Opfer einer rechtlich oder auch nur nach den Nutzungsbedingungen der Beklagten unzulässigen Bewertung geworden sei, trägt er nicht vor. Umsatzeinbußen werden vom Kläger zwar behauptet ; substantiierter Vortrag dazu fehlt aber.
38
bb) Die dargestellten Beeinträchtigungen der berechtigten Interessen des Klägers wiegen nicht schwerer als das Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit.
39
(1) Auszugehen ist dabei zunächst von dem ganz erheblichen Interesse, das die Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Dienstleistungen hat (vgl. LG Kiel, NJW-RR 2002, 1195). Personen, die ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen wollen, können den Arzt grundsätzlich frei wählen. Das von der Beklagten betriebene Portal kann dazu beitragen, dem Patienten die aus seiner Sicht hierfür erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Dass es unter Umständen auch andere Informationsquellen gibt - etwa persönliche Erfahrungen von Bekannten oder bei Fachärzten die Einschätzung des vom Patienten ggf. zuvor konsultierten Hausarztes -, ändert daran nichts.
40
Der grundsätzlichen Eignung des Portals, zu mehr Leistungstransparenz im Gesundheitswesen beizutragen, steht nicht entgegen, dass die in das Bewertungsportal eingestellten Bewertungen typischerweise nicht von Fachleuten herrühren und subjektiv geprägt sind. Zwar dürften wertende Aussagen zur medizinischen Qualität einer Behandlung fachlichen Maßstäben, die der Laie nicht kennt, häufig nicht entsprechen und im Einzelfall etwa von einem vom behandelnden Arzt nicht zu vertretenden Ausbleiben des - von ihm auch nicht geschuldeten - Heilungserfolges geprägt sein. Eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen Informationsquellen kann das Angebot der Beklagten aber trotzdem sein. Die subjektive Einschätzung, die in den Bewertungen zum Ausdruck kommt, kann anderen Personen Hilfestellung bei der Entscheidung geben, welcher Arzt - insbesondere bezüglich der äußeren Umstände der Behandlung wie etwa der Praxisorganisation - den Anforderungen für die gewünschte Behandlung und auch den persönlichen Präferenzen am besten entspricht (siehe auch Hennig/Etgeton, DuD 2011, 841, 843; Martini, DÖV 2010, 573, 580; Wilkat, Bewertungsportale im Internet, 2013, S. 211 f.).
41
(2) Dass Bewertungen im von der Beklagten betriebenen Portal - abgesehen von der Angabe einer E-Mail-Adresse - anonym abgegeben werden können, führt nicht dazu, dass das Interesse des Klägers an der Löschung der Daten dasjenige der Beklagten an der Speicherung überwöge. Wie oben dargestellt, sind die bewerteten Ärzte und damit auch der Kläger hierdurch nicht schutzlos gestellt. Die anonyme Nutzung ist dem Internet zudem immanent. Dementsprechende Regelungen zum Schutz der Nutzerdaten gegenüber dem Diensteanbieter finden sich in den §§ 12 ff. TMG (vgl. insbesondere § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG und Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, NJW 2014, 2651 Rn. 8 ff.). Eine Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden können, ist mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar (Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 38). Die Möglichkeit, Bewertungen auch anonym abgeben zu können, erlangt im Falle eines Ärztebewertungsportals im Übrigen ganz besonderes Gewicht. Denn häufig wird die Bewertung eines Arztes mit der Mitteilung sensibler Gesundheitsinformationen, etwa über den Grund der Behandlung oder die Art der Therapie, verbunden sein. Wäre die Abgabe einer Bewertung nur unter Offenlegung der Identität möglich, bestünde deshalb hier ganz besonders die Gefahr, dass eigentlich bewertungswillige Patienten im Hinblick darauf von der Abgabe einer Bewertung absehen.
42
(3) Dass die Beklagte den Portalbetrieb im Falle der Löschung des Profils des Klägers zunächst zwar ohne das Profil des Klägers, im Übrigen aber unverändert fortführen könnte, führt ebenfalls nicht zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers. Ein Bewertungsportal, das von der Zustimmung der bewerteten Ärzte abhängig wäre, die ggf. bei Vorliegen einer schwächeren Be- wertung zurückgenommen werden könnte, erfüllte den mit ihm verfolgten Zweck allenfalls noch eingeschränkt.
43
cc) Der Einwand der Revision, die vom Berufungsgericht durchgeführte Abwägung sei auch deshalb unvollständig und fehlerhaft, weil sie das Interesse des Klägers außer Acht lasse, die über ihn und seine berufliche Tätigkeit erhobenen Daten nicht zu dem Zweck einzusetzen, den Internetnutzern, die seinen Namen aufrufen, die werbende Selbstdarstellung der unmittelbaren Konkurrenten einzublenden, greift nicht. Denn der Einwand stützt sich auf den - wie dargelegt – in der Revision nicht mehr berücksichtigungsfähigen neuen Sachvortrag. Entsprechendes gilt für den Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe auch bei der Abwägung unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte das Portal mit dem Ziel betreibe, gelisteten Ärzten, die eine Werbung unmittelbarer Konkurrenten bei Aufruf ihres Profils verhindern wollten, ihre "ServiceLeistungen" zu verkaufen, und die betroffenen Ärzte den dafür verlangten monatlichen Betrag "quasi als Schutzgeld" entrichten lasse.

II.

44
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Daten nach § 823 Abs. 2, § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BDSG durch Übermittlung an die abfragenden Nutzer. Die Übermittlung ist vielmehr nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig.
45
1. Nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 2 Satz 1 BDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig, wenn - erstens - der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat und - zweitens - kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Übermittlung hat. In Bezug auf Bewertungsportale im Internet ist die Vorschrift nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 42 f.; ebenso etwa Greve/Schärdel in Große RuseKhan /Klass/v. Lewinski (Hrsg.), Nutzergenerierte Inhalte als Gegenstand des Privatrechts, 2010, S. 71, 81; siehe auch Plath in Plath, BDSG, 2013, § 29 Rn. 87; Iraschko-Luscher/Kiekenbeck, ZD 2012, 261, 262; Roggenkamp, K&R 2009, 571, 572 f.; kritisch etwa BeckOK Datenschutzrecht/Buchner [Stand: 1. Mai 2014], § 29 BDSG Rn. 119 f.; Taeger in Taeger/Gabel, BDSG, 2. Aufl., § 29 Rn. 56) verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, andererseits beurteilt werden muss. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen den Interessen des Abrufenden an der Kenntnis der Daten und desjenigen, der die Daten übermittelt, an deren Weitergabe gegenüberzustellen. Der vom Wortlaut der Vorschrift verlangten glaubhaften einzelfallbezogenen Darlegung des berechtigten Interesses am Abruf bedarf es hingegen nicht.
46
2. Im Streitfall fällt die danach vorgegebene Abwägung zugunsten der Beklagten und ihrer Nutzer aus. Dies ergibt sich aus denselben Erwägungen, die auch die Speicherung der streitgegenständlichen Daten zum Zwecke ihrer Übermittlung als zulässig erscheinen lassen.

III.

47
Nachdem die vom Kläger geltend gemachten Löschungs- und Unterlassungsansprüche nicht bestehen, steht ihm auch kein Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu. Galke Diederichsen Stöhr Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 12.10.2012 - 158 C 13912/12 -
LG München I, Entscheidung vom 19.07.2013 - 30 S 24145/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/15
Verkündet am:
1. März 2016
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 (Ah); § 1004; TMG § 7; § 10; ZPO § 138

a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer
grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge
vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen
erlangt.

b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein
von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht
, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden
kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten
Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall
zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei
der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten
ECLI:DE:BGH:2016:010316UVIZR34.15.0

Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - OLG Köln LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
2
Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse www.jameda.de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Bewertungen , die diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit , in einem Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare in eigenen Worten niederzulegen.
3
Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik "Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer: "Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
4
Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die Gesamtnote 4,8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
5
Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […] vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein. Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient" die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen, führte die Beklagte unter anderem aus: "[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin. Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer , welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnis- se und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. […] Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). […] Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können."
6
Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt.
7
Der Kläger hat die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10. August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung "6,0" in den Kategorien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.
8
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt habe.
10
So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14. August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des Klägers gewesen sei: "Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […]. Dr. H[…] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der Bewertung in Frage gestellt. In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und Ihre Bewertung zu prüfen. Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese EMail , indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen. Selbstverständlich geben wir keine dieser In- formationen an den Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
[…]."
11
Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender - von der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich gemachter Form vorgelegter - E-Mail bejahend Stellung genommen: "Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H[…] versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ [unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe durchführen [unkenntlich] Mit freundlichen Grüßen"
12
Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem vorgelegten Terminbestätigung - wie vom Kläger behauptet - lediglich ein Prophylaxetermin , nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen, rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine abweichende Würdigung.
13
Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben, damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht habe offenlegen dürfen.
14
Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten , dass die Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gelte.

B.

15
I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
16
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - geht.
17
Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f. - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal ). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal).
18
Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die Beklagte - was für ein ZuEigen -Machen spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN - Hotelbewertungsportal) - eine inhaltlich -redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentli- chung erfolgende - jedenfalls teilweise automatische - Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf "Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 28 - Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt, Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber Bewertungsportalen im Internet , 2014, 128 f.).
19
2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage - wie hier - in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 - Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 244 f. - Internetversteigerung I). Auf eine nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung einer allgemeinen Überwachungsoder Nachforschungspflicht der Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
20
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 48).
21
3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als mittelbare Störerin mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.
22
a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 - Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 - Internetversteigerung III).
23
Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
24
Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. - Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung - wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) - nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche Tatsachengrundlage.
25
b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen.
26
aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen , dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
27
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den Kläger offensichtlich - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
28
(1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung" , "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note 6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
29
(2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
30
(a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 - Sächsische Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 - Filialleiter bei Promi-Friseur; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 - Innenminister unter Druck; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 - Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
31
(b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs )Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des Bewertenden überwiegen.
32
(aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.
33
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung , in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
34
Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar enthält sie die tatsächliche Behauptung des Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen Äußerung ist aber die notenmäßige Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der Stellung- nahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff. - Spickmich.de).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung - was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN - Chefjustiziar) - nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden - für den durchschnittlichen Leser erkennbar - typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6. Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
36
(bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde , überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewerten- den an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 34; BVerfGE 85, 1, 17 - kritische BayerAktionäre ; BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51 - Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 - Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 - Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 - Floquet und Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 - Pedersen und Baadsgard /Dänemark; BeckOK InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173.1 [Stand: 01.11.2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
37
c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt.
38
aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung , bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN - Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. - Schöner Wetten). Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26 - Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 50 - Kinderhochstühle im Internet III; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internetversteigerung I; jeweils mwN).
39
bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
40
Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. - Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. - Ärztebewertung II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 27 mwN - Störerhaftung des Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 - Ärztebewertung II) persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) - verdeckt abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 - Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit , Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 9 ff. - Ärztebewertung
I) jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
41
Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend" begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
42
cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung" zurückziehen.
43
Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und - zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - soweit vom Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise geschwärzt - zu übermitteln. Die bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu] nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So er- schließt sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann, hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster wählen können. Dass diese Information für den Kläger von vornherein in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete Behandlungszeitraum in die Zeit einer - beispielsweise - urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen können.
44
II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen Überprüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.
45
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
46
1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
47
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
48
Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN - BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht ihre Obliegenheit , im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
49
Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungs- last nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23). Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2014 - 28 O 516/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2014 - 15 U 141/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR340/14 Verkündet am:
28. Juli 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah; 1004
Abs. 1 Satz 1

a) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann
der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern
auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet
abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.

b) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen
kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur
verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich
falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung
der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung
, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich
und dem Störer zumutbar ist.

c) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein
Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst
wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst
die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer,
der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung
der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen aus dem Artikel vom 24. September 2010 gerichtete Hilfsantrag abgewiesen und der auf Schadensersatz gerichtete weitere Hilfsantrag als verspätet angesehen worden ist. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagende Aktiengesellschaft nimmt den Beklagten auf Löschung von im Internet abrufbaren Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war für die heute nicht mehr existierende Kanzlei Dr. S. & v. B. als freier Mitarbeiter tätig. Im Auftrag von Aktionären der Klägerin nahm er diese gerichtlich auf Erfüllung eines Vertrags über den Rückkauf von Aktien der Klägerin in Anspruch. Auf der Homepage der Kanzlei Dr. S. & v. B. wurde zeitnah über die Klageerhebung berichtet. Der Beitrag wurde später gelöscht. Vom 24. September 2010 an waren in dem Internetportal des B. e.V. und in dem Internetportal "recht§billig" mit dem Foto des Beklagten bebilderte Beiträge abrufbar, in dem unter voller Namensnennung wie folgt über die Klageerhebung berichtet wurde:
3
"Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. hat für Aktionäre Zahlungsklage gegen die A. & L. AG in H. erhoben. Die Aktionäre fordern die Erfüllung von Kaufzusagen bezüglich ihrer Aktien durch die A. & L. AG.
4
Mit einem Emissionsprospekt warb die A. & L. AG im Jahre 2000 im Rahmen einer Kapitalerhöhung um Aktionäre. Angeboten wurden 10 Millionen Stück Aktien ohne Nennwert zum Verkaufspreis von 5 €. Die Gesellschaft wollte sich mit dem Kapital an Unternehmen in "interessanten aufstrebenden Branchen" beteiligen. Den umworbenen Anlegern wurde der baldige Börsengang zugesagt, ein Ziel, das der Alleinvorstand der Aktiengesellschaft schon bald wieder aufgab.
5
Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Mindestens seit 2003 fand weder eine Hauptversammlung statt, noch gab es Geschäftsberichte. Dividendenzahlungen blieben völlig aus. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert.
6
Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. verfolgt mit der Klage das Ziel, dass von der A. & L. AG der bereits mehrfach zugesagte Kaufpreis für die Aktien nunmehr tatsächlich auch bezahlt wird.
7
Betroffene Investoren können sich der Interessengemeinschaft "A. & L. AG" im B. e.V. anschließen."
8
Nach einer Abmahnung des Beklagten war die Berichterstattung dort nicht mehr abrufbar. Die Klägerin stellte allerdings in der Folgezeit fest, dass eine entsprechende Berichterstattung unter der Überschrift "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar war. Die Berichterstattung war über Suchmaschinen abrufbar.
9
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung des im Internet über Suchmaschinen abrufbaren Artikels vom 24. September 2010 "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" zu bewirken. In einem nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen , ihr jeden Schaden zu erstatten, der ihr infolge der jederzeitigen Abrufbarkeit des beanstandeten Artikels im Internet entstanden ist oder noch entstehen wird. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung folgender Passagen aus dem Artikel zu bewirken: "Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert." Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zwar sei der Beklagte jedenfalls Mittäter hinsichtlich der zunächst auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren Veröffentlichung. Da der Beitrag jedoch bereits vor Klageerhebung aus dem Internetauftritt herausgenommen worden sei, gehe das Löschungsbegehren insoweit ins Leere. Es könne offenbleiben, ob der Beklagte auch Täter hinsichtlich dieses oder eines inhaltsgleichen Beitrags auf den Seiten des B. e.V. sei, da auch diese Veröffentlichungen vor Klageerhebung gelöscht worden seien. Für die Folgeveröffentlichungen im Internet hafte der Beklagte nicht. Dass er Täter oder Teilnehmer hinsichtlich der Folgeveröffentlichungen sei, behaupte die Klägerin nicht. Der Beklagte sei aber auch nicht Störer. Als Störer sei verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beitrage. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der ur- sprüngliche Beitrag des Beklagten für die in Rede stehenden Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal gewesen sei. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, dass ein Beitrag des Beklagten ohne sein Zutun unter der möglichen Verletzung urheberrechtlich geschützter Positionen von Dritten veröffentlicht werde. Abgesehen davon habe der Beklagte nicht - wie für die Störerhaftung erforderlich - zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Es sei ihm nicht zuzumuten, fremde Internetauftritte zu überprüfen. Aber auch wenn er von rechtswidrigen Veröffentlichungen wisse, bestehe für ihn keine Löschungspflicht. Denn er sei nicht in der Lage, die Störung zu beseitigen, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetauftritte habe. Zwar möge es Fälle geben, in denen einer Unterlassungsverpflichtung nur dadurch Genüge getan werden könne, dass aktiv in den Kausalverlauf eingegriffen werde. Dies könne aber nicht auf Fälle erstreckt werden, in denen - wie im Streitfall - die als rechtswidrig reklamierten Veröffentlichungen ohne Zutun durch den in Anspruch Genommenen erfolgten. Den mit - vom Landgericht nachgelassenen - Schriftsatz nachgeschobenen und auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag habe das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Er sei verspätet.

II.

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , dass die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen kann, die Löschung des gesamten, im Internet abrufbaren Artikels zu bewirken. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der von der Klägerin mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken , nicht vollumfänglich verneint werden. Dem Berufungsgericht kann auch nicht gefolgt werden, soweit es den auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag als verspätet angesehen hat.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf Bewirkung der Löschung des gesamten, im Internet aufrufbaren Artikels gerichtete Hauptantrag unbegründet ist.
13
a) Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass der Betroffene gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen kann (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 14, 16; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 10, 15; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 6 f., 11; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, AfP 1982, 217, 218, jeweils mwN). Er kann den Störer nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen, sondern in entsprechender Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326 ff., 332 f.; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; vom 28. September 1973 - I ZR 136/71, NJW 1973, 2285, 2286; BVerfG, AfP 1997, 619, 620; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Auflage, Vor §§ 823 ff Rn. 79 ff., § 823 Rn. 241 ff.; MünchKommBGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 219 ff.; Staudinger/Hager, 13. Bearb. 1999, § 823 C 271; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., Einf v § 823 Rn. 38; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., 22. Kapitel, Rn. 2; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 28 sowie zum Beseitigungsanspruch in Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung bei unzulässiger Meinungsäußerung: Senatsurteil vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 ff.). Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 13 mwN). Hierauf beschränkt sich der Beseitigungsanspruch aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620 zum Anspruch auf Ergänzung einer Berichterstattung im Rahmen eines "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs"; MünchKommBGB/Rixecker, aaO Rn. 221; Staudinger/Hager, aaO, C 270). Vielmehr kann der Betroffene den Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung grundsätzlich auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff. sowie Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf).
14
Dem steht nicht entgegen, dass es der Senat in seinem Urteil vom 3. Mai 1977 (VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332 ff.) abgelehnt hat, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Ehrenschutzes über die Rechtsbehelfe der Unterlassung und der Berichtigung hinaus durch Zulassung einer Klage auf Feststellung der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung zu erweitern. Denn tragend für diese Entscheidung war, dass Gegenstand der begehrten Feststellung nicht - wie in § 256 ZPO vorausgesetzt - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine bloße Vorfrage für die Rechtsbeziehungen der Parteien war, auf die eine Feststellungsklage nicht gestützt werden kann (ebenda S. 332).
15
Für die Anerkennung eines Beseitigungsanspruchs in Gestalt der Löschung bzw. des Hinwirkens auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen spricht demgegenüber seine Nähe zum Unterlassungsanspruch. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf diese ist in ihren Wirkungen für den Störer und in ihrem Zweck für den Betroffenen der Unterlassung unwahrer Tatsachenbehauptungen angenähert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands , wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN).
16
Als Mittel zur Beendigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist das im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs geltend gemachte Löschungsbegehren allerdings nicht von geringeren sachlich-rechtlichen und beweismäßigen Voraussetzungen abhängig als die bisher anerkannten Rechtsbehelfe (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 335 f.; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138). Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann dementsprechend nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 337; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 40; BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; MünchKomm-BGB/ Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/ Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; jeweils mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Hauptantrag bereits daran, dass er weit über das Ziel hinausschießt. Eine Löschung des gesamten Artikels ist zum Schutze des geschäftlichen Ansehens der Klägerin vor der Fortwirkung einer etwaigen rechtswidrigen Beeinträchtigung nicht erforderlich. Denn der Artikel enthält eine Vielzahl von Aussagen, die entweder ersichtlich zutreffend oder von der Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet worden sind und damit die Rechte der Klägerin nicht verletzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529).
18
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden.
19
a) Die Klägerin hat ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren wirksam in den Rechtsstreit eingeführt. Es ist allerdings nicht bereits als Minus im Hauptantrag mitenthalten. Die von der Klägerin gestellten Anträge sind so auszulegen, dass sie mit dem Hauptantrag ausschließlich das Bewirken der Löschung des gesamten Artikels begehrt hat. Denn sie hat nach dem Hinweis des Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie könne nicht den gesamten Artikel "verbieten" lassen, an ihrem Hauptantrag uneingeschränkt festgehalten und ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren ausdrücklich zum Gegenstand eines selbstständigen Hilfsantrags gemacht.
20
Das eingeschränkte Beseitigungsbegehren ist von der Klägerin aber wirksam zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt sind. Denn eine mit der Berufung vorgenommene Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO stellt unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder, wie hier, von dem Misserfolg des auf uneingeschränkte Leistung gerichteten Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 ff.; vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361 Rn. 25; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 30).
21
b) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten eingeschränkten Beseitigungsbegehrens zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt. Zwar hat die Klägerin in der Berufungsinstanz mit ihrenzwei Hilfsanträgen verschiedene Streitgegenstände alternativ geltend gemacht, ohne die Reihenfolge zu benennen, in der sie die Anträge zur Überprüfung durch das Gericht stellt. Sie hat die gebotene Klarstellung aber in zulässiger Weise in der Revisionsinstanz nachgeholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie erklärt, den auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen des Artikels gerichteten Antrag als ersten Hilfsantrag und den auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens gerichteten Antrag als zweiten Hilfsantrag verfolgen zu wollen. Damit hat sie die verschiedenen Streitgegenstände in der gebotenen Weise in ein Eventualverhältnis gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 ff.; vom 27. November 2013 - III ZR 371/12, juris Rn. 2).
22
c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in entsprechender Anwendung der § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte verantwortlich ist.
23
aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren.
24
(1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 mwN). Sofern eine Äußerung , in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, AfP 1992, 75, 78; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, AfP 1994, 218 f.; vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252 f.; vom 16. November2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 mwN).
25
(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerungen überlagert und geprägt würde.
26
Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe , enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe , zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.
27
bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.
28
cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.
29
(1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
30
(2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
31
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 mwN; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33).
32
Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen , dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN).
33
dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die rechtswidrige Störung verantwortlich.
34
(1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 37; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 10 ff., jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl. Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 34 - Internet-Versteigerung II sowie zuletzt Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Aufl., Vor §§ 823 ff Rn. 83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im Netz, S. 84 f.; Ingendaay, AfP 2011, 126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014, 8, 15 ff.).
35
(2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe, allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.
36
(a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungszustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800).
37
(b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverlet- zung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 f.; vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 21).
38
d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.
39
aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht. Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; Ott, WRP 2007, 605, 608; Bornkamm inKöhler/ Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn. 26).
40
bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Inter- netplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung , den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen , schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni 2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_ Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf; Wybitul/ Fladung, BB 2012, 509, 511 f.). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs - oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese - rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1976 - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 253; vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, VersR 2004, 797, 798; BVerfG, NJW 2010, 220 Rn. 26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn. 66 (Stand: 01.02.2015)).
41
3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in den Prozess eingeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, NJW 2015, 1296 Rn.14; vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154; vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 13; Musielak/Ball, ZPO, 12. Aufl., § 533 Rn. 4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).
42
4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Wellner von Pentz Offenloch Roloff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 324 O 550/12 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 - 7 U 60/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 93/10
Verkündet am:
25. Oktober 2011
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004

a) Nimmt ein Betroffener einen Hostprovider auf Unterlassung der Verbreitung
einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten in Anspruch,
weil diese das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletze, setzt die
Störerhaftung des Hostproviders die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten
voraus.

b) Der Hostprovider ist erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der Verletzung
des Persönlichkeitsrechts erlangt. Dies setzt voraus, dass die Beanstandung
des Betroffenen so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer bejaht
werden kann.

c) Eine Verpflichtung zur Löschung des beanstandeten Eintrags besteht,
wenn auf der Grundlage der Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen
und einer etwaigen Replik des Betroffenen unter Berücksichtigung
etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen Verletzung des
Persönlichkeitsrechts auszugehen ist.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. März 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 erkannt worden ist. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
3
Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
4
Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
5
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
6
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.

II.

8
Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
9
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
11
Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend

).

12
Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
13
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
14
a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
15
b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
16
aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
17
bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
18
3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
19
a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
20
b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
21
aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
22
bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
23
c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
24
aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
25
bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
26
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
27
Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
28
d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
29
Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
30
Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
31
Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.

III.

32
Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 34/15
Verkündet am:
1. März 2016
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 (Ah); § 1004; TMG § 7; § 10; ZPO § 138

a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer
grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge
vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen
erlangt.

b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein
von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht
, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden
kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten
Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall
zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei
der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten
ECLI:DE:BGH:2016:010316UVIZR34.15.0

Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 - OLG Köln LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, die Verbreitung einer in einem Arztbewertungsportal von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
2
Der Kläger ist Zahnarzt und betreibt eine Zahnarztpraxis mit insgesamt zehn Ärzten und 60 nichtärztlichen Angestellten. Die Beklagte unterhält unter der Internetadresse www.jameda.de einen Internetdienst, in dem Interessierte bei Eingabe bestimmter Suchkategorien, wie etwa medizinischer Fachgebiete, Informationen über Ärzte aufrufen können. Registrierten Nutzern wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, die Tätigkeit von Ärzten zu bewerten. Bewertungen , die diese Nutzer in dem Bewertungsportal ohne Nennung ihres Klarnamens platzieren können, erfolgen durch die Vergabe von Schulnoten für die vorformulierten Kategorien "Behandlung", "Aufklärung", "Vertrauensverhältnis", "genommene Zeit" und "Freundlichkeit". Ferner hat der Bewertende die Möglichkeit , in einem Freitextfenster zusätzliche, den Arzt betreffende Kommentare in eigenen Worten niederzulegen.
3
Unter dem 10. August 2013 stellte ein anonymer Nutzer in der Rubrik "Bewertung für Dr. H. [Nachname des Klägers]" eine den Kläger betreffende Bewertung in das Portal der Beklagten ein. Nach dem hervorgehobenen Hinweis "Ich kann Dr. H. [Nachname des Klägers] nicht empfehlen" bemerkte der Nutzer: "Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist - auch rechtlich - schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe".
4
Im folgenden Abschnitt "Notenbewertung dieses Patienten" wurde die Gesamtnote 4,8 genannt, die sich aus den von dem genannten Nutzer in den vorbezeichneten fünf Kategorien vergebenen Einzelnoten, darunter jeweils die Note 6 für "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis", ergab.
5
Der Kläger wandte sich hierauf an die Beklagte und teilte ihr mit, er widerspreche "der […] unbegründeten und unsubstantiierten Bewertung", die ihn verunglimpfe. Er kündigte an, "sowohl gegen Jameda als auch gegen den schmähenden (fraglichen) Patienten rechtlich […] vorzugehen, wenn die Schmähung nicht innerhalb von 48 Stunden entfernt" werde. Die Beklagte entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn dann jedoch unverändert wieder in ihr Portal ein. Der Kläger wandte sich hierauf mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte. Er führte darin aus, bei der angegriffenen Bewertung gebe "sich erkennbar jemand Mühe, jegliche tatsächliche Aussage zu vermeiden". Es liege nahe, dass dies seinen Grund darin habe, dass es eine solche Behandlung überhaupt nicht gegeben habe. Auf die anwaltliche Aufforderung des Klägers, den Beitrag zu löschen und ihm Auskunft darüber zu erteilen, auf welche Weise der "angebliche Patient" die Behandlung belegt habe und welche Glaubhaftmachungen dazu vorgelegt worden seien, ferner über die "Klardaten", die der Beklagten aufgrund des "angeblichen Kontakts" mit dem Nutzer vorlägen, führte die Beklagte unter anderem aus: "[…] Im Rahmen unserer Qualitätsprüfung haben wir den Bewerter angeschrieben und um Bestätigung der Bewertung sowie eine Erklärung gebeten. Der Bewerter hat die Bewertung sehr ausführlich bestätigt. Anschließend hatten wir keine Anhaltspunkte, die uns an der Authentizität der Bewertung zweifeln ließen. Eine Überprüfung dieser Rückmeldung erfolgt immer manuell durch unsere Mitarbeiter auf Basis der Problem-Meldung Ihres Mandanten, wobei unser technisches System als Ergänzung fungiert. Dabei weisen uns vor allem Hintergrunddaten (bspw. E-Mail-Adresse), die bei der Abgabe einer Bewertung mitversandt werden, auf eine eventuelle Mehrfachbewertung hin. Die Notenbewertung entspricht der freien Meinungsäußerung und ist durch das Gesetz geschützt. In seiner Rückmeldung erklärt der Nutzer , welche Vorkommnisse ihn dazu veranlasst haben, eine solche Notenbewertung abzugeben. Viele Patienten schildern ihre Erlebnis- se und Erfahrungen in Kurzform und vermeiden eine Schilderung von Tatsachenbehauptungen (auch wenn sie der Wahrheit entsprechen), da diese für die Patienten oftmals nicht zu beweisen sind. […] Bedauerlicherweise können wir Ihrem Wunsch auf Herausgabe der Nutzerdaten nicht nachkommen, da wir diese Daten schützen müssen (das Arzt-Patientenverhältnis ist äußerst sensibel). […] Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir die Bewertung nicht löschen können."
6
Eine Stellungnahme des Verfassers der angegriffenen Bewertung selbst hat die Beklagte dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt.
7
Der Kläger hat die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - darauf in Anspruch genommen, es zu unterlassen, die ihn betreffende Bewertung vom 10. August 2013 zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, soweit diese die Bewertung "6,0" in den Kategorien "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" beinhalte. Er hat unter anderem behauptet, der abgegebenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde.
8
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZD 2015, 430 veröffentlicht ist, ist der Auffassung, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung des streitgegenständlichen Beitrags zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nur in ihrer Funktion als Hostprovider in Anspruch genommene Beklagte könne bezüglich des in ihre Website eingestellten Drittinhalts nur eine Haftung als mittelbare Störerin treffen. Die dafür nach der "Blog-Eintrag-Entscheidung" des erkennenden Senats (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) erforderlichen Voraussetzungen seien im Streitfall aber nicht erfüllt, weil die Beklagte der sie danach treffenden Prüfungspflicht mit den von ihr ergriffenen und gegenüber dem Kläger kommunizierten Maßnahmen genügt habe.
10
So habe sie vom Verfasser des Beitrags mit folgender E-Mail vom 14. August 2013 eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob er Patient des Klägers gewesen sei: "Liebe Nutzerin, lieber Nutzer, Sie haben […]. Dr. H[…] hat sich bei uns gemeldet und die Echtheit der Bewertung in Frage gestellt. In diesem Fall sind wir dazu verpflichtet, diesem Hinweis nachzugehen und Ihre Bewertung zu prüfen. Um diese Prüfung positiv abzuschließen, ist es nötig, dass Sie uns Ihre Bewertung noch einmal bestätigen. Bitte antworten Sie uns hierzu kurz auf diese EMail , indem Sie die Behandlung in mindestens zwei Sätzen umschreiben und den Behandlungszeitraum nennen. Selbstverständlich geben wir keine dieser In- formationen an den Arzt weiter. Sie dienen nur unserer internen Prüfung.
[…]."
11
Der Verfasser des Beitrags habe hierauf mit folgender - von der Beklagten im Rahmen des Rechtsstreits in teilweise unkenntlich gemachter Form vorgelegter - E-Mail bejahend Stellung genommen: "Sehr geehrte Damen und Herren, ich bestätige hiermit die Bewertung. Ich war etwa im [unkenntlich] diesen Jahres bei Dr. H[…]. Er diagnostizierte [unkenntlich]. Dr. H[…] versuchte [unkenntlich] was ich [unkenntlich] Ich ließ [unkenntlich] noch in seiner Praxis eine Prophylaxe durchführen [unkenntlich] Mit freundlichen Grüßen"
12
Sollte aus der der Beklagten vom Verfasser des Beitrags zudem vorgelegten Terminbestätigung - wie vom Kläger behauptet - lediglich ein Prophylaxetermin , nicht aber ein ärztlicher Behandlungstermin hervorgehen, rechtfertige dies im Hinblick auf die vorgenannte E-Mail keine abweichende Würdigung.
13
Unter den Umständen des Streitfalls sei die Beklagte im Rahmen ihrer Prüfungspflicht nicht gehalten gewesen, die auf diese Weise im unmittelbaren Kontakt mit dem Verfasser des Beitrags gewonnenen Informationen wiederum an den Kläger weiterzugeben, damit dieser hierzu vertieft Stellung nehmen könne. Denn die Beklagte habe den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Rechnung zu tragen gehabt, nach denen sie die Identität des Nutzers nicht habe offenlegen dürfen.
14
Damit stelle sich die Frage, welche Auswirkungen es für die Störerhaftung der Beklagten habe, dass die Prüfung der Berechtigung der vorgebrachten Beanstandung durch die Beklagte an einem Punkt habe innehalten müssen, an dem das weitere Vorgehen in Form der Übersendung der Stellungnahme des Bewertenden an den Kläger nur unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen möglich gewesen wäre. Diese Frage sei dahingehend zu beantworten , dass die Störerhaftung der Beklagten entfalle. Denn bei einer Abwägung der kollidierenden Interessen sei es eher dem Kläger zuzumuten, eine seine beruflichen Leistungen womöglich unzulässig kritisierende Bewertung hinzunehmen, als dies umgekehrt für den Fall der Löschung einer zulässigen Bewertung aus dem Portal der Beklagten gelte.

B.

15
I. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit den Erwägungen des Berufungsgerichts lässt sich die Störereigenschaft der Beklagten und damit der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht verneinen.
16
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es im Streitfall nicht um die Haftung der Beklagten als unmittelbare Störerin - in der Diktion des I. Zivilsenats "Täterin" (zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten des erkennenden Senats einerseits und des I. Zivilsenats andererseits vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; v. Pentz, AfP 2014, 8, 16) - geht.
17
Unmittelbare Störerin könnte die Beklagte nur dann sein, wenn es sich bei der vom Kläger angegriffenen Bewertung um einen eigenen Inhalt der Beklagten handelte, wobei zu den eigenen Inhalten eines Portalbetreibers auch solche Inhalte gehören, die zwar von einem Dritten eingestellt wurden, die sich der Portalbetreiber aber zu eigen gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 10 f. - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal). Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal), was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal ). Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (Senatsurteile vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 19 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 - Hotelbewertungsportal).
18
Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die vom Kläger beanstandete Bewertung nicht zu Eigen gemacht. Dass die Beklagte - was für ein ZuEigen -Machen spräche (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11 - RSS-Feeds; BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 25 ff. mwN - Hotelbewertungsportal) - eine inhaltlich -redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die von Nutzern abgegebenen Bewertungen als eigene präsentiert. Auch die vor der Veröffentli- chung erfolgende - jedenfalls teilweise automatische - Überprüfung der abgegebenen Bewertungen auf "Unregelmäßigkeiten" und die Ermittlung eines Durchschnittswertes aus den abgegebenen Einzelnoten reichen für die Annahme eines Zu-Eigen-Machens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, NJW 2015, 3443 Rn. 28 - Hotelbewertungsportal; aA wohl Schmidt, Äußerungsrechtlicher Schutz gegenüber Bewertungsportalen im Internet , 2014, 128 f.).
19
2. Die besonderen Regelungen des Telemediengesetzes (TMG) stehen dem streitgegenständlichen Anspruch nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage - wie hier - in einer vorangegangenen Rechtsverletzung findet, wird durch das Haftungsprivileg des § 10 TMG nicht eingeschränkt (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 19 - Blog-Eintrag; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 244 f. - Internetversteigerung I). Auf eine nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG unzulässige Begründung einer allgemeinen Überwachungsoder Nachforschungspflicht der Beklagten zielt der streitgegenständliche Anspruch nicht ab.
20
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Abl. EG L 178, S. 1, im Folgenden: ECRL). Art. 14 ECRL lässt nach seinem Absatz 3 die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht nach dem Rechtssystem des jeweiligen Mitgliedsstaates vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 48).
21
3. Indes lässt sich die Eigenschaft der Beklagten als mittelbare Störerin mit den Erwägungen des Berufungsgerichts nicht verneinen.
22
a) Grundsätzlich ist als mittelbarer Störer verpflichtet, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 34; vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 21 mwN - Blog-Eintrag). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Blog-Eintrag; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 20 - Stiftparfüm; vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, AfP 2011, 156 Rn. 15; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, NJW-RR 2008, 1136 Rn. 50 - Internetversteigerung III).
23
Danach ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 41 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I).
24
Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne Weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 25 f. - Blog-Eintrag). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gilt dies auch dann, wenn die beanstandete Äußerung - wie im Streitfall (vgl. nachfolgend unter b) - nicht als Tatsachenbehauptung , sondern als Werturteil zu qualifizieren ist, das Werturteil vom Betroffenen aber mit der schlüssigen Behauptung als rechtswidrig beanstandet wird, der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaue, sei unrichtig, dem Werturteil fehle damit jegliche Tatsachengrundlage.
25
b) Danach war die Beklagte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Streitfall gehalten, der Rüge des Klägers nachzugehen. Sie war hinreichend konkret gefasst und ließ den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen.
26
aa) Die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, war hinreichend konkret. Dem steht nicht entgegen , dass es sich letztlich um eine Mutmaßung des Klägers handelte, die er nicht weiter unterlegt hat. Denn zu konkreteren Darlegungen der Beklagten gegenüber war der Kläger angesichts der Tatsache, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Behandlung beschreibende Angaben enthielt, nicht in der Lage.
27
bb) Auf der Grundlage der Beanstandung des Klägers war der Rechtsverstoß unschwer zu bejahen. Denn trifft die Behauptung des Klägers zu, so verletzt die angegriffene Bewertung den Kläger offensichtlich - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
28
(1) Die beanstandete Bewertung greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein. Betroffen sind die Ehre und soziale Anerkennung des Klägers. Denn die Bewertung seiner im Rahmen einer (behaupteten) Behandlung erbrachten Leistungen in den Kategorien "Behandlung" , "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" mit der Note 6 und damit als "ungenügend" bringt zum Ausdruck, dass der Kläger in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen aus Sicht des die Behandlung bewertenden Patienten nicht gerecht geworden ist. Die Kundgabe dieser Bewertung ist geeignet, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken.
29
(2) Liegt der angegriffenen Bewertung kein tatsächlicher Behandlungskontakt zugrunde, ist der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers auch rechtswidrig.
30
(a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 - Sächsische Korruptionsaffäre; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 20; vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 29; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336 Rn. 13 - Filialleiter bei Promi-Friseur; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536 - Innenminister unter Druck; vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8 - Adoptivtochter) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
31
(b) Im Streitfall sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs )Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Kommunikationsfreiheit der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen. Trifft die Behauptung des Klägers, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten und des Bewertenden überwiegen.
32
(aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem angegriffenen Beitrag um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt.
33
Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Das scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen. Sofern eine Äußerung , in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (Senatsurteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425 Rn. 24; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 - Hochleistungsmagneten; jeweils mwN).
34
Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Bewertung als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Zwar enthält sie die tatsächliche Behauptung des Bewertenden, er habe sich beim Kläger in Behandlung befunden und bewerte die stattgefundene Behandlung. Kern der angegriffenen Äußerung ist aber die notenmäßige Bewertung selbst. Sie ist geprägt von Elementen der Stellung- nahme, des Dafürhaltens und Meinens (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 31 ff. - Spickmich.de).
35
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen "Behandlung", "Aufklärung" und "Vertrauensverhältnis" aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung - was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN - Chefjustiziar) - nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden - für den durchschnittlichen Leser erkennbar - typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6. Die Kategorie "Vertrauensverhältnis" betrifft schließlich schon im Ausgangspunkt keine für die Frage nach dem Vorliegen eines Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehlers relevanten Umstände.
36
(bb) Liegt der angegriffenen Bewertung kein Behandlungskontakt zugrunde , überwiegt das von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und seiner (Berufs)Ehre die von Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK geschützten Interessen des Bewerten- den an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Beklagten und der Beklagten an der Kommunikation dieser Meinung. Denn bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21 - Hochleistungsmagnet; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 34; BVerfGE 85, 1, 17 - kritische BayerAktionäre ; BVerfG, AfP 2003, 535, 536; vgl. ferner EGMR, NJW 2015, 759 Rn. 51 - Yazici/Türkei; AfP 2015, 30 Rn. 31 - Jalba/Rumänien; AfP 2014, 430 Rn. 39 - Lavric/Rumänien; NJW-RR 2013, 291, 292 - Floquet und Esménard/Frankreich; NJW 2006, 1645 Rn. 76 - Pedersen und Baadsgard /Dänemark; BeckOK InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 173.1 [Stand: 01.11.2015]). Im Streitfall ist der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, wenn der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand. Ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, ist nicht ersichtlich; entsprechendes gilt für das Interesse der Beklagten, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Behandlung zu kommunizieren.
37
c) Ihrer durch den konkreten Hinweis auf eine unschwer zu bejahende Rechtsverletzung ausgelösten Prüfungspflicht hat die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht genügt.
38
aa) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung , bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 32 mwN - Störerhaftung des Access-Providers; vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 352 ff. - Schöner Wetten). Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Hostprovider verpflichtet ist, bestimmt sich damit nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 26 - Blog-Eintrag). Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 22 - Hostprovider; BGH, Urteile vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 50 - Kinderhochstühle im Internet III; vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internetversteigerung I; jeweils mwN).
39
bb) Danach sind im Streitfall an die Prüfungspflicht der Beklagten strenge Anforderungen zu stellen.
40
Im Ausgangspunkt ist freilich festzuhalten, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 39 f. - Ärztebewertung II) und der Portalbetrieb zudem vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 28 f. - Ärztebewertung II). Der von der Beklagten als Providerin zu erbringende Prüfungsaufwand darf den Betrieb eines Ärztebewertungsportals deshalb weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris Rn. 27 mwN - Störerhaftung des Accessproviders). Ein solches Gewicht haben rein reaktive Prüfungspflichten, um die es im Streitfall allein geht, in der Regel aber nicht. Auf der anderen Seite kann bei der Bestimmung des der Beklagten zumutbaren Prüfungsaufwandes nicht außer Betracht bleiben, dass der Betrieb eines Ärztebewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen, insbesondere Nachrichtenportalen, schon von vornherein ein gesteigertes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt. Es birgt die Gefahr, dass es auch für nicht unerhebliche (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 32 - Ärztebewertung II) persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen missbraucht wird. Der Portalbetreiber muss deshalb von Anfang an mit entsprechenden Beanstandungen rechnen. Dabei werden die mit dem Portalbetrieb verbundenen Missbrauchsgefahren noch dadurch verstärkt, dass die Bewertungen - rechtlich zulässig (vgl. § 13 Abs. 6 TMG) - verdeckt abgegeben werden können (Senatsurteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242 Rn. 34 - Ärztebewertung II). Zudem erschwert die Möglichkeit , Bewertungen verdeckt abgeben zu können, es dem betroffenen Arzt regelmäßig erheblich, unmittelbar gegen den betreffenden Portalnutzer vorzugehen. Denn er kennt ihn nicht und kann sich die für seine Identifizierung erforderlichen Informationen selbst dann, wenn sie dem Portalbetreiber vorliegen sollten, mangels Auskunftsanspruchs gegen den Portalbetreiber (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380 Rn. 9 ff. - Ärztebewertung
I) jedenfalls nicht auf diesem Weg beschaffen. Eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber ist deshalb die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzten beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
41
Im Streitfall kommt hinzu, dass die angegriffene Bewertung geeignet ist, die Chancen des Klägers im Wettbewerb mit anderen Ärzten nachhaltig zu beeinträchtigen. Die für jedermann abrufbare Bewertung einer Behandlungsleistung in drei zentralen Bereichen mit der Note "ungenügend" begründet nämlich die erhebliche Gefahr, dass (potentielle) Patienten an der ärztlichen Kompetenz des Klägers zweifeln und sich deshalb statt an den Kläger an einen anderen Zahnarzt wenden. Auch dies spricht dafür, dass an die von der Beklagten vorliegend zu ergreifenden Prüfungsmaßnahmen hohe Anforderungen zu stellen sind.
42
cc) Konkret muss die vom Portalbetreiber durchzuführende Überprüfung erkennbar zum Ziel haben, die Berechtigung der Beanstandung des betroffenen Arztes zu klären. Der Portalbetreiber muss ernsthaft versuchen, sich hierzu die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen; er darf sich insbesondere nicht auf eine rein formale "Prüfung" zurückziehen.
43
Im Streitfall hätte die Beklagte die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und diesen zur Stellungnahme anhalten müssen. Sie hätte ihn weiter auffordern müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben und ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa vorhandene Rechnungen, Terminkarten und - zettel, Eintragungen in Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien möglichst umfassend - soweit vom Bewertenden für nötig erachtet ggf. teilweise geschwärzt - zu übermitteln. Die bloße Bitte der Beklagten, "die Behandlung in mindestens zwei Sätzen [zu] umschreiben und den Behandlungszeitraum [zu] nennen", reicht hierfür nicht. In jedem Falle hätte die Beklagte dem Kläger diejenigen Informationen und Unterlagen über den behaupteten Behandlungskontakt weiterleiten müssen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre. Auch dies hat sie nicht getan. So er- schließt sich etwa nicht, warum die Beklagte dem Kläger den sich aus der Stellungnahme des Bewertenden ersichtlichen Behandlungszeitraum nicht mitgeteilt hat. Sollte dies deshalb nicht erfolgt sein, weil zu befürchten war, dass der Kläger den Bewertenden aufgrund des mitgeteilten Behandlungszeitraums identifizieren kann, hätte die Beklagte ein größeres Zeitfenster wählen können. Dass diese Information für den Kläger von vornherein in Bezug auf eine substantiierte "Replik" offensichtlich nicht hilfreich gewesen wäre, kann nicht angenommen werden. So kann etwa nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der behauptete Behandlungszeitraum in die Zeit einer - beispielsweise - urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers fiel, der Kläger mit dieser Information den behaupteten Behandlungskontakt also hätte widerlegen können.
44
II. Nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO war das Berufungsurteil deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Parteien werden die Möglichkeit haben, zu den von der Beklagten ergriffenen Überprüfungsmaßnahmen ergänzend vorzutragen.
45
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
46
1. Eine Verletzung des Klägers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt in Betracht, wenn der in der angegriffenen Äußerung enthaltene tatsächliche Bestandteil unrichtig war und dem Werturteil damit jegliche Tatsachengrundlage fehlte. Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen eines Behandlungskontakts ist nach den allgemeinen Regeln insoweit der Kläger.
47
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
48
Die Beklagte hat im Streitfall jedoch eine darüber hinausgehende Recherchepflicht. Dem Bestreitenden obliegt es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Nachforschungen zu unternehmen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 18 mwN - BearShare). Im Streitfall folgt die Zumutbarkeit einer Recherche schon daraus, dass die Beklagte aufgrund ihrer materiellen Prüfpflicht ohnehin gehalten ist, vom Bewertenden zusätzliche Angaben und Belege zum angeblichen Behandlungskontakt zu fordern. Dem entspricht in prozessualer Hinsicht ihre Obliegenheit , im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vom Bewertenden entsprechende Informationen zu fordern.
49
Kommt die Beklagte dieser Obliegenheit nicht nach, ist die Behauptung des Klägers, der von ihm angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zugrunde, nach den allgemeinen Regeln über die sekundäre Darlegungs- last nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu bewerten (vgl. nur Senatsurteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 23). Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2014 - 28 O 516/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2014 - 15 U 141/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 269/12 Verkündet am:
14. Mai 2013
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004

a) Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion
auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender
Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch
, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten
voraus.

b) Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der
rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt.

c) Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines
Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige
Verletzungen zu verhindern.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Mai 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet über ein "Network -Marketing-System" Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine inte- griert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
2
Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
3
Die Kläger haben zunächst im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung vom 12. Mai 2010 erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Nach der Zustellung der Beschlussverfügung an die damalige administrative Ansprechpartnerin der Beklagten in Deutschland am 27. Mai 2010 erschienen die beanstandeten Ergänzungsvorschläge nicht mehr. Die Beklagte hat eine Abschlusserklärung verweigert. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren verlangen die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsbegehren hinaus Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht (Urteil veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 m. Anm. Seitz) hat sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht. Es hat jedoch die Klage nicht als begründet erachtet, weil den automatisierten Suchergänzungsvorschlägen in der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2 kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Die angezeigten Suchergänzungsbegriffe "R.S. Scientology" und "R.S. Betrug" enthielten keine (eigene) Aussage der Beklagten mit dem Inhalt, dass R.S. Mitglied bei Scientology sei oder dieser Sekte zumindest positiv gegenüberstehe oder Täter oder Teilnehmer eines Betruges sei. Es begegne bereits Zweifeln, ob den Begriffskombinationen überhaupt eine solche Konnotation bzw. ein insofern aus sich heraus verständlicher Sinngehalt beigemessen werden könne. Letztlich könne dies indessen offenbleiben, da es nach dem Erfahrungshorizont der Nutzer der Suchmaschine der Beklagten fernliege, die streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe als Äußerungen zu verstehen, mit denen inhaltliche Bezüge zwischen dem eingegebenen Suchbegriff und den dazu angezeigten Ergänzungsvorschlägen durch die Beklagte hergestellt würden. Eine hiervon abweichende Würdigung ergebe sich weder aus den von den Klägern vorgebrachten Manipu- lationsversuchen noch aus Presseberichterstattungen über ähnliche Vorgänge noch aus den Ergebnissen der von den Klägern zur Akte gereichten Verkehrsbefragung. Ein Anlass für die von den Klägern beantragte Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens bestehe nicht, da die Mitglieder des erkennenden Senats zu dem angesprochenen Adressatenkreis, nämlich dem unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten der streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe, gehörten. Aus Sicht eines solchen Durchschnittsrezipienten lasse sich der Anzeige der Ergänzungssuchbegriffe lediglich die eigene Aussage der Suchmaschine der Beklagten entnehmen , dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben hätten oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten jeweils als solche auffinden ließen. Diese Aussage sei wahr und daher von den Klägern hinzunehmen.

II.

5
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht die Klage für zulässig erachtet.
7
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in entsprechender Anwendung des § 32 ZPO bejaht. Zwar genügt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nicht, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Interessen im Inland hat; erforderlich ist vielmehr, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben, da eine Kenntnisnahme der beanstandeten Suchergänzungsvorschläge im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall wäre und die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme der Suchergänzungsvorschläge auch im Inland eintreten würde. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit entsprechend § 39 ZPO auch aufgrund rügeloser Einlassung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
8
b) Das Berufungsgericht hat den - auch die alternative Verwendung der streitgegenständlichen Ergänzungsbegriffe umfassenden - Unterlassungsantrag für hinreichend bestimmt angesehen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
9
2. Die Begründetheit der Klage kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht verneint werden.
10
a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus uner- laubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Streitfall Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier wird die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers zu 2 bzw. der Klägerin zu 1 mit Sitz in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 31 - auch zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-Verordnung (Rn. 22) und zu § 3 TMG als sachlichrechtliches Beschränkungsverbot (Rn. 30)).
11
b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Artt. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
12
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beinhalten die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein verletzender Aussagegehalt innewohnt.
13
(1) Der mit dem Begriff "Scientology" in Verbindung mit dem Namen einer real existierenden Person zum Ausdruck gebrachte Sinngehalt lässt sich - wie schon das Berufungsgericht in Betracht gezogen hat - hinreichend dahin spezifizieren, dass zwischen dieser Sekte, zu der im Verkehr nicht zuletzt durch eine vorangegangene Medienberichterstattung konkrete Vorstellungen existieren , und der namentlich erwähnten Person eine Verbindung besteht. Diese Verbindung ist geeignet, eine aus sich heraus aussagekräftige Vorstellung hervorzurufen.
14
(2) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es dem Begriff des Betrugs eine inhaltliche Aussagekraft mit der Begründung absprechen will, dass mit diesem Begriff ein vielfältiges, unspezifisches Bedeutungsspektrum verbunden sei. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266, 295). Zwar mag es zutreffen, dass von einem durchschnittlichen Internetnutzer unter "Betrug" nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes verstanden werden muss. Jedoch verbindet der Durchschnittsleser mit der Verwendung diesesBegriffes zumindest ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen und verleiht ihm damit einen hinreichend konkreten Aussagegehalt (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42).
15
(3) Das Berufungsgericht hat den von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen lediglich die Aussage entnommen, dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben haben oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten auffinden lassen (vgl. auch Härting K & R 2012, 633; Heckmann AnwZert ITR 18/2012 Anm. 1; Brosch AnwZert ITR 20/2012 Anm. 2; a.A. Weltig MMR 2011 Nr. 12 V f.; Seitz ZUM 2012, 994, 995 f.; s. auch Meyer K & R 2013, 221, 225 f. mwN auch zur Rechtsprechung ausländischer Gerichte ). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
16
Der mittels der Suchmaschine der Beklagten nach Informationen forschende Internetnutzer erwartet von den ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem "Ozean von Daten" werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten nicht x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig "Treffer" liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein - und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen - auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt. Das algorithmusgesteuerte Suchprogramm bezieht die schon gestellten Suchanfragen ein und präsentiert dem Internetnutzer als Ergänzungsvorschläge die Wortkombinationen, die zu dem fraglichen Suchbegriff am häufigsten eingegeben worden waren. Das geschieht in der - in der Praxis oft bestätigten - Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen - je häufiger desto eher - dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln. Diese Erwartung hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Aussagegehalts der von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschläge nicht berücksichtigt. Sie führt im Streitfall dazu, dass den bei Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers zu 2 "automatisch" angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen "r. s. scientology" und "r. s. betrug" die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger zu 2 und den - negativ konnotierten - Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang.
17
bb) Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Beklagten und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Beklagten im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr.
18
c) Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet.
19
aa) Zwar ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit.
20
Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen - mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB - verantwortlich ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 13 f. s. auch Heckmann , aaO; a.A. Brosch, aaO). Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen , sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autocomplete-Hilfsprogramms dem Nutzer ihrer InternetSuchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen "eigenen" Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, für die der Diensteanbieter gemäß §§ 8 bis 10 TMG nur eingeschränkt verantwortlich ist.
21
bb) Es bedarf aber wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Se- natsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 20 ff. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II und vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
22
cc) Danach sind das Interesse der Kläger am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte einerseits und die durch Artt. 2, 5 Abs. 1 und 14 GG geschützten Interessen der Beklagten auf Meinungs- und wirtschaftliche Handlungsfreiheit andererseits abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Suchmaschinenfunktion zwar in ihrem eigenen geschäftlichen Interesse in der beschriebenen Weise betreibt, um Nutzer wegen der Effektivität der Suche an sich zu binden. Doch ziehen die Nutzer ihrerseits daraus den Vorteil einer begriffsorientierten Suche nach Daten und Informationen. Auch die Kläger wenden sich nicht dagegen, dass mittels der Suchmaschine persönliche Daten, wie der Name des Klägers zu 2 und sein Bezug zur Klägerin zu 1, aufgefunden werden können. Auf Seiten der Kläger ist für die Abwägung entscheidend, dass die verknüpften Begriffe einen unwahren Aussagegehalt haben, weil der Kläger zu 2 - wovon nach dem Vortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen ist - weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht. Äußerungen von unwahren Tatsachen müssen nicht hingenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, VersR 2013, 63, Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39).
23
d) Ist mithin nach den vorstehenden Grundsätzen davon auszugehen, dass die beanstandeten Suchwortergänzungsvorschläge das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen, kann eine Haftung der Beklagten als Störerin nicht von vornherein verneint werden.
24
aa) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 13, vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO mwN; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff.; Diederichsen, FS Müller, 2009 S. 507, 523).
25
bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte deshalb uneingeschränkt und unabhängig von Zumutbarkeitsgesichtspunkten haftet. Denn nach den besonderen Umständen des Streitfalles liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen.
26
(1) Das Entwickeln und die Verwendung der die Suchvorschläge erarbeitenden Software ist der Beklagten nicht vorzuwerfen; hierbei handelt es sich vielmehr um eine durch Artt. 2, 14 GG geschützte wirtschaftliche Tätigkeit. Das Suchmaschinenangebot der Beklagten zielt auch nicht von vornherein auf eine Rechtsverletzung durch eine gegen eine bestimmte Person gerichtete unwahre Tatsachenbehauptung ab. Nur durch das Hinzutreten eines bestimmten Nutzerverhaltens können ehrverletzende Begriffsverbindungen entstehen. Die Tätigkeit der Beklagten ist andererseits aber nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Art (anders liegen die Fälle: Google France/Louis Vuitton EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, NJW 2010, 2029 Rn. 114 und BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder - jeweils zum Hostprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie ist nicht ausschließlich beschränkt auf die Bereitstellung von Informationen für den Zugriff durch Dritte. Die Beklagte verarbeitet vielmehr die Abfragedaten der Nutzer in einem eigenen Programm, das Begriffsverbindungen bildet. Für deren Angebot in Form eigener Suchvorschläge ist die Beklagte grundsätzlich aufgrund der ihr zuzurechnenden Erarbeitung verantwortlich. Der Beklagten kann deshalb grundsätzlich nur vorgeworfen werden , keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
27
(2) Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt.
28
Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist (Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 120). Ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 108 f.).
29
Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine mit entsprechender Hilfsfunktion ist daher ebenso wie bei der Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 38; vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, NJW 1997, 2180, 2181 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I, vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff., jeweils mwN).
30
Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet , die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer InternetSuchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
31
3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, VersR 2012, 630 Rn. 15 mwN) - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.10.2011 - 28 O 116/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.05.2012 - 15 U 199/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 93/10
Verkündet am:
25. Oktober 2011
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004

a) Nimmt ein Betroffener einen Hostprovider auf Unterlassung der Verbreitung
einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten in Anspruch,
weil diese das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletze, setzt die
Störerhaftung des Hostproviders die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten
voraus.

b) Der Hostprovider ist erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der Verletzung
des Persönlichkeitsrechts erlangt. Dies setzt voraus, dass die Beanstandung
des Betroffenen so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer bejaht
werden kann.

c) Eine Verpflichtung zur Löschung des beanstandeten Eintrags besteht,
wenn auf der Grundlage der Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen
und einer etwaigen Replik des Betroffenen unter Berücksichtigung
etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen Verletzung des
Persönlichkeitsrechts auszugehen ist.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. März 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 erkannt worden ist. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
3
Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
4
Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
5
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
6
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.

II.

8
Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
9
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
11
Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend

).

12
Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
13
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
14
a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
15
b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
16
aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
17
bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
18
3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
19
a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
20
b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
21
aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
22
bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
23
c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
24
aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
25
bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
26
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
27
Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
28
d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
29
Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
30
Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
31
Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.

III.

32
Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 210/08 Verkündet am:
30. Juni 2009,
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Haftung des Verpächters einer Domain für Äußerungen auf der von seinem
Pächter betriebenen Website.
BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. August 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht einen Anspruch auf Unterlassung unwahrer Äußerungen geltend, die Teil eines Beitrags waren, der ab 12. Juni 2007 im Internet abrufbar war. Die Beklagte verlegt das Nachrichtenmagazin "Focus". Sie ist als Inhaber der Domain "focus.de" eingetragen, welche die Tomorrow Focus AG gepachtet hat. Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" ist unter der Adresse http://www.focus.de erreichbar.
2
Im Impressum dieser Internetseite heißt es: "FOCUS ONLINE ist ein Angebot der TOMORROW FOCUS AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des FOCUS-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch die FOCUS Magazin Verlag GmbH". Artikel, die in dem genannten Magazin erscheinen, sind unter www.focus.de/magazin abrufbar.
3
Der Artikel, der Gegenstand der Klage ist, wurde von einer Journalistin verfasst, die bei dem von der Beklagten verlegten Magazin tätig ist. Er stand jedoch nicht in dem Magazin und wurde nicht unter www.focus.de/magazin, sondern im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG veröffentlicht.
4
Die Beklagte erlangte durch Abmahnschreiben des Klägers vom 24. und 27. August 2007 Kenntnis von dem Beitrag. Sie leitete die Schreiben an die Tomorrow Focus AG weiter. Diese löschte den Beitrag und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, was die Beklagte verweigerte.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der der Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten erstrebt.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte weder als Täter noch als Störer für den Inhalt der Äußerungen. Eine Täterhaftung als Verbreiterin komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Beitrag nicht selbst ins Netz gestellt und von ihm keine Kenntnis gehabt habe. Sie müsse für die Verfasserin nicht einstehen, weil diese zwar bei ihr beschäftigt, aber in Bezug auf den Beitrag nur für die Tomorrow Focus AG tätig gewesen sei.
7
Die Beklagte hafte auch nicht deshalb für den Inhalt aller Beiträge auf der Internetseite www.focus.de, weil sich auf der Titelseite des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins ein Hinweis auf die Domain "focus.de" befinde. Dieser Hinweis erleichtere zwar dem Leser des Magazins das Auffinden der Website, mit ihm mache sich jedoch die Beklagte nicht deren Inhalt zu eigen, auch wenn die Beklagte und die Tomorrow Focus AG mit personellen Überschneidungen dem gleichen Konzern angehörten.
8
Zwar erbringe die Beklagte mit der Überlassung der Domain einen wesentlichen Beitrag zur Nutzung der Internetseite und komme somit als Störerin in Betracht. Sie habe die Möglichkeit, sich vertraglich Einfluss auf den Inhalt der Internetseite vorzubehalten oder durch Aufgabe der Domain oder Dekonnektierung des Access-Providers den Internetauftritt von der Domain zu trennen. Ihre Haftung setze aber die zusätzliche Verletzung von Pflichten voraus. Sie müsse nach Hinweis die Unterbindung des Beitrags veranlassen und Vorsorge treffen, dass es zu keinen erneuten Eingriffen in Rechte des Klägers komme. Eine weitergehende Prüfungs- und Überwachungspflicht bestehe nur, wenn sie konkret mit solchen Eingriffen rechnen müsse. Das sei nicht der Fall gewesen. Da sie unverzüglich die Löschung des Beitrages bewirkt habe, hafte sie nicht.

II.

9
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung.
10
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich unabhängig davon, ob die Beklagte Diensteanbieter gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG ist, nicht aus den Vorschriften über die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern im Telemediengesetz (TMG). Die §§ 7 bis 10 TMG weisen nämlich keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten keine Anspruchsgrundlagen, sondern setzen eine Verantwortlichkeit nach allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (Senat, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - VersR 2007, 1004 sowie BGHZ 158, 236, 246 ff.; 172, 119, 126). Eine nach den allgemeinen Vorschriften mögliche Haftung entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
11
1. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die vom Kläger angegriffenen Äußerungen unwahr sind und in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen. Das rügen die Parteien im Revisionsverfahren nicht.
12
2. Davon ausgehend kann eine Störereigenschaft der Beklagten hinsichtlich eines eventuellen Unterlassungsanspruchs wegen ihres Beitrags zur Verbreitung der beanstandeten Äußerung im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG nicht von vornherein verneint werden. Soweit die Revision meint, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe die Beklagte das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht nur als Störerin sondern als Täterin verletzt , kommt es auf eine solche Unterscheidung bei dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht an.
13
a) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - GRUR 1977, 114, 115; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften , der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - aaO m.w.N.). Deshalb kann etwa im Presserecht der Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Autor und Verleger gerichtet werden (vgl. BGHZ 3, 270, 275 f.; 14, 163, 173 ff.), sondern auch gegen so genannte technische Verbreiter, wie Grossisten, Inhaber von Vertriebsstellen oder Buchhandlungen (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; Beater, Medienrecht [2007], Rn. 1927 ff.).
14
Soweit in der neueren Rechtsprechung eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Institut der Störerhaftung zum Ausdruck kommt und erwogen wird, die Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch allein nach deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme zu begründen (vgl. BGHZ 155, 189, 194 f.; 173, 188, 194 ff.; BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00 - GRUR 2003, 969, 970), betrifft dies Fälle, in denen anders als beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht (BGHZ 158, 236, 251; 172, 119, 132; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; KG, MMR 2006, 393, 394; Spind- ler/Weber in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien [2008], § 1004 BGB Rn. 10).
15
b) Die Beklagte hat dadurch zur Verbreitung der Äußerungen beigetragen , dass sie die Nutzung ihrer Domain "focus.de" vertraglich der Tomorrow Focus AG überlassen hat (Domainpacht, vgl. Kilian/Heussen-Koch, Computerrechtshandbuch , Stand: 26. Lfg. 2008, Kap. 24 Rn. 276 ff.; Förster in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, Stand: 22. Lfg. 2009, Kap. 7-A, Teil 3.1 Rn. 1 ff.; Seifert, Das Recht der Domainnamen [2003], Kap. 10 Rn. 14 ff.). Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" konnte dadurch unter der den Domainnamen enthaltenden Adresse http://www.focus.de aufgerufen werden, was die praktische Nutzung erleichtert (zur Abgrenzung von Domain und Website vgl. OGH, MMR 2006, 669, 670).
16
Ebenso wie der Vermieter neben dem Mieter kann auch der Verpächter neben dem Pächter grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 95, 307, 308; 129, 329, 335; BGH, Urteil vom 11. November 1966 - V ZR 191/63 - NJW 1967, 246; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 18). Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte als Domaininhaberin mit dem Betreiber der mit der verpachteten Domain verknüpften Website vertraglich verbunden ist und die Möglichkeit hat, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung den Einfluss auf die Internetseite vorzubehalten und diesen Einfluss im Falle der Verletzung der Rechte Dritter auszuüben, wie im Streitfall geschehen. Außerdem hat es darauf verwiesen, dass im äußersten Fall die Möglichkeit der Trennung von Domain und Website bestehe (vgl. Kilian /Heussen-Koch, aaO, Kap. 24 Rn. 317, 334).
17
c) Der weite Kreis der als Verbreiter möglicherweise auf Unterlassung Haftenden erfährt durch das TMG keine Begrenzung. Haftungsbeschränkungen wie § 10 TMG, die eine Art "Filterfunktion" haben (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23), gelten nicht für Unterlassungsansprüche (Senat, Urteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO, 1004 f. sowie BGHZ 172, 119, 126; so schon zum TDG BGHZ 158, 236, 246 ff.).
18
3. a) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Frage nach der Zumutbarkeit der begehrten Unterlassung stellt (vgl. Senat, BGHZ 106, 229, 235; Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116). Die Störerhaftung darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst den Eingriff vorgenommen haben. Die Haftung des Störers setzt deshalb das Bestehen so genannter Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, BGHZ 158, 236, 251; 158, 343, 350; 172, 119, 131 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; Wegner in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts [2008], § 32 Rn. 26 ff.; v. Hutten in Götting/Schertz/Seitz, aaO, § 47 Rn. 62). Dabei können Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch genommenen Dritten und die Eigenverantwortung des unmittelbar Handelnden eine Rolle spielen (BGHZ 148, 13, 18 f.; 158, 343, 350; vgl. auch Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1, 8 ff.).
19
b) Die Revision meint zu Unrecht, diese Grundsätze fänden keine Anwendung , weil die Beklagte sich die angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht habe. Sie sei deshalb kein mittelbarer, sondern unmittelbarer Störer (vgl. Spindler/Volkmann, WRP 2008, 1) und Diensteanbieter eigener Informationen gemäß § 7 Abs. 1 TMG (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23; Heckmann in juris PKInternetrecht , Kap. 1.7 Rn. 11 ff.; Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., B Rn. 1141 ff. und 1282; Roggenkamp, jurisPR-ITR 10/2008 Anm. 4). Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung aber nur zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert, so dass sie als seine eigene erscheint. Bei der Bejahung einer solchen Identifikation mit der Äußerung eines Anderen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. Senat, BGHZ 66, 182, 189 f.). Die Beklagte macht sich Äußerungen, die unter http://www.focus.de abrufbar sind, nicht schon durch Verpachtung der Domain oder alleine dadurch zu Eigen, dass auf dem Titelblatt des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" die Domain wiedergegeben wird (anders OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 82, 84). Dieser Hinweis soll vielmehr dem Leser des Nachrichtenmagazins aufzeigen, unter welcher Domain er im Magazin erschienene Artikel im Internet aufrufen kann, nämlich unter www.focus.de/magazin, worauf im Impressum der Internetseite hingewiesen wird.
20
4. Die entscheidungserhebliche Frage nach der Zumutbarkeit von Prüfungspflichten hat das Berufungsgericht zutreffend beantwortet.
21
a) Der Beklagten ist als Domainverpächterin nicht zuzumuten, die Website ihres Pächters allgemein dahingehend zu prüfen, ob sie Äußerungen enthält, die das Persönlichkeitsrecht anderer verletzen. Demgemäß trifft den (bloßen) Inhaber der Domain grundsätzlich keine Haftung für Rechtsverletzungen, die durch den Inhalt der Website begangen werden (ebenso OGH, MMR 2006, 669 f.).
22
aa) Allgemeine Prüfungspflichten hat der Bundesgerichtshof für den Alleinimporteur einer ausländischen Zeitschrift in Bezug auf dort abgedruckte, das Persönlichkeitsrecht Dritter verletzende Beiträge verneint (Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116), ebenso für den Spediteur in Bezug auf verletzende Kennzeichnungen der von ihm verbreiteten Waren (BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 - I ZR 56/55 - GRUR 1957, 352, 354) oder für den Betreiber eines Internetauktionshauses in Bezug auf Angebote von Nutzern, die Mar- kenrechte verletzen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.; 172, 119, 133 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - aaO).
23
Entsprechendes gilt für die Beklagte als Domainverpächterin, jedenfalls dann, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für (drohende) Rechtsverletzungen hat. Letzteres bejaht die Revision zwar mit der Erwägung, der Nachrichtendienst "Focus Online" stelle eine "Gefahrenquelle" dar, weil es durch die Medien immer wieder zu Verletzungen des Persönlichkeitsrechts komme. Diese allgemeine Erwägung begründet aber keine konkreten Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Zumutbarkeit von Prüfungspflichten zu bejahen. Nicht zu überzeugen vermag der Einwand, es gehe nicht um die vom Bundesgerichtshof als unzumutbar abgelehnte Prüfung von Angeboten, die eine Vielzahl von Nutzern eines Internetauktionsdienstes auf dessen Website einstellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.), sondern nur um die Prüfung von Beiträgen des Pächters der Domain. Für die Unzumutbarkeit spricht hier die Anzahl der zu überprüfenden Beiträge, die bei einem umfangreichen Nachrichtendienst wie "Focus Online" beträchtlich ist. Zudem werden die Beiträge im Gegensatz zu Printpublikationen ständig ("in Echtzeit") aktualisiert, so dass schon deswegen keine gleich wirksamen Überprüfungen erfolgen können (vgl. Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9).
24
bb) Zwar können, worauf die Revision abstellt, einen Verleger als "Herr der Zeitung" (Senat, BGHZ 39, 124, 129; Urteile vom 4. Juni 1974 - VI ZR 68/73 - VersR 1974, 1080; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1076) oder einen Rundfunkveranstalter als "Herr der Sendung" (Senat, BGHZ 66, 182, 187) allgemeine Prüfungspflichten treffen (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 1957 - VI ZR 263/55 - NJW 1957, 1149, 1150; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 158/78 - GRUR 1980, 1099, 1104). Da er die Herstellung und Verbreitung redaktioneller Beiträge mit sachlichen und persönlichen Mitteln ermöglicht, soll er als wirt- schaftlicher Träger das Haftungsrisiko tragen (Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28.2; v. Hutten, aaO, § 47 Rn. 21). Deshalb bestehen für ihn auch Prüfungspflichten , allerdings in reduzierter Form, wenn es um "fremde" Inhalte geht (vgl. Senat, BGHZ 59, 76, 80; Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1077).
25
Die Beklagte hatte aber allein durch die Verpachtung der Domain nicht die Stellung eines Verlegers inne. Es ist nicht ersichtlich, dass sie auch "Herr des Angebots" von "Focus online" war, und die vom Berufungsgericht festgestellte "gemeinsame Konzernstruktur" - die Beklagte und die Tomorrow Focus AG gehören jeweils der Hubert Burda Media Holding GmbH & Co KG an - der Verschiebung oder Verschleierung von Verantwortlichkeiten diente.
26
Entgegen der Auffassung der Revision entstand auch nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dagegen spricht das Impressum des elektronischen Informationsdienstes (vgl. § 5 TMG), in dem es im August 2007 hieß: "Focus online ist ein Angebot der Tomorrow Focus AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des Focus-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch [die Beklagte]". Dies gilt umso mehr, weil anschließend die Tomorrow Focus AG nochmals als "Anbieter des Gesamtangebots außer http://focus.de/magazin mit Unterseiten" und die Beklagte als "Anbieter für die Seiten unter http://focus.de/magazin" bezeichnet wurde. Dadurch entsteht bei Beiträgen, die wie hier nicht unter http://focus.de/magazin abrufbar waren, nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dies gilt auch, soweit die Revision darauf verweist, dass der Name des von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazins ("Focus") teilweise mit dem des über die URL www.focus.de erreichbaren Online-Nachrichtendienstes ("Focus online" ) übereinstimmt und die URL auf dem Titelblatt des Nachrichtenmagazins genannt wird. Daran ändert nichts, dass im Impressum des Jahres 2006 als Diensteanbieter allein die Tomorrow Focus AG und im Impressum des Jahres 2007 mit dem Zusatz "Copyright © 2007 by Focus Online GmbH" noch eine dritte juristische Person genannt wurde. Schließlich führt auch der Umstand nicht zu einer Haftung, dass der Beitrag von einer bei der Beklagten angestellten Autorin stammte, die im Beitrag als "Focus-Redakteurin" bezeichnet und im Impressum des Nachrichtenmagazins, nicht aber im "Impressum Focus online" aufgeführt war. Die Beklagte haftet grundsätzlich nicht für Beiträge, die ihre Autoren außerhalb des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins veröffentlichen.
27
b) Der Beklagten war allerdings zuzumuten, die Website ihres Pächters zu prüfen, als sie von den konkreten Äußerungen, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigten, Kenntnis erlangte. Insoweit sind - jedenfalls wenn wie hier die Äußerungen unstreitig unwahr waren - keine aufwändigen Nachforschungen erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; BGH, BGHZ 148, 13, 20; 158, 236, 252; 158, 343, 353; Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9). Das Bestehen einer solchen Prüfungspflicht führt aber nur dann zu einem Unterlassungsanspruch, wenn der Störer nach Kenntniserlangung und Prüfung die Störung nicht unverzüglich beseitigt (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2004, 507, 508; LG Berlin, CR 2007, 742, 743). Das ist hier durch die Löschung des Beitrages geschehen (anders im dem Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO zugrunde liegenden Fall).
28
c) Jedenfalls scheitert ein Unterlassungsanspruch am Fehlen einer Wiederholungs - oder Erstbegehungsgefahr, die eine - ebenfalls vom Kläger darzulegende - materielle Anspruchsvoraussetzung ist (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85).
29
Zwar wird die Wiederholungsgefahr bei bereits geschehener Rechtsverletzung grundsätzlich vermutet (BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO, S. 85). Dafür wäre aber eine vollendete Rechtsverletzung nach Begründung einer Prüfungspflicht erforderlich. Eine solche Verletzung kann vorliegen, wenn es nach Kenntniserlangung zu mindestens einem weiteren Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers kommt (vgl. BGHZ 173, 188, 207). Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Tomorrow Focus AG einer Wiederholungsgefahr entgegenstehen könnte.
30
Eine Erstbegehungsgefahr muss jeweils im Einzelfall konkret dargetan werden, weil sich in solchen Fällen keine Basis für eine tatsächliche Vermutung finden lässt (Senat, Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, S. 1077). Der Kläger muss dartun, dass eine erste Verletzungshandlung ernsthaft und greifbar zu befürchten ist bzw. als unmittelbar bevorstehend droht. Die bloße Möglichkeit des Eingriffs reicht nicht aus. Die drohende Verletzungshandlung muss sich in tatsächlicher Hinsicht so konkret abzeichnen, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist (Fritzsche in BeckOK BGB, § 1004 Rn. 88 m.w.N.). Auch einen solchen Vortrag des Klägers hat die Revision nicht aufgezeigt.

31
5. Nach allem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.02.2008 - 324 O 862/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.08.2008 - 7 U 29/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 101/06 Verkündet am:
27. März 2007
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Unterlassungsanspruch wegen eines in ein Meinungsforum im Internet eingestellten
ehrverletzenden Beitrags kann auch dann gegen den Betreiber des Forums gegeben
sein, wenn dem Verletzten die Identität des Autors bekannt ist.
BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. April 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu b) abgewiesen worden ist. Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender eines Vereins, dessen satzungsmäßiger Zweck u.a. die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet ist. Die Beklagte ist Betreiberin eines Internetforums, das sich mit sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie beschäftigt. Nachdem der Klä- ger selbst einen Beitrag in das Forum eingestellt hatte, veröffentlichte ein Unbekannter dort unter dem Pseudonym "Katzenfreund" einen Beitrag, durch den sich der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, ebenso durch den später eingestellten Beitrag eines Autors mit dem Pseudonym "Rumtrauben", dessen Identität dem Kläger bekannt ist. Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung dieser Beiträge, Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 2.000,00 € und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.187,38 € in Anspruch genommen.
2
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens bezüglich beider Beiträge und eines Teils der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage hinsichtlich des Beitrags des dem Kläger bekannten Verfassers "Rumtrauben" und der insoweit beanspruchten Rechtsverfolgungskosten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte erstrebt mit der Anschlussrevision die vollumfängliche Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in AfP 2006, 267 veröffentlicht ist, beurteilt den Beitrag des Autors "Katzenfreund" als Meinungsäußerung, die den Kläger in seiner Ehre verletze. Die Diffamierung werde nicht durch die eigenen Beiträge des Klägers gerechtfertigt, mit denen dieser sich zuvor in dem Forum in negativer Weise über seine Diskussionsgegner geäußert habe. Hinsichtlich dieses Beitrags bestehe ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklag- te, weil sie als Betreiberin des Forums die Äußerung verbreite und sich insoweit nicht auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit berufen könne. Demgegenüber habe der Kläger keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hinsichtlich des Beitrags des ihm bekannten Autors "Rumtrauben". Im Falle der Kenntnis von der Identität des Autors sei bei einem Meinungsforum vorrangig derjenige in Anspruch zu nehmen, der sich geäußert habe. Ein Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten bestehe nur in Höhe von 310,65 € hinsichtlich des Beitrags des Autors "Katzenfreund".

II.

4
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg.
5
1. Rechtlich zutreffend und von den Parteien im Revisionsrechtszug auch nicht angegriffen wertet das Berufungsgericht den Beitrag des Autors "Katzenfreund" als Meinungsäußerung, die den Kläger wegen ihn schmähender Inhalte in seiner Ehre verletzt und dessen Verbreitung er deshalb nicht hinnehmen muss. Im Ansatz zutreffend nimmt das Berufungsgericht auch an, dass die Beklagte als Betreiberin des Internetforums bei Kenntniserlangung von unzulässigen Inhalten zum Sperren bzw. Entfernen des von einem Dritten eingestellten Beitrags verpflichtet sein kann.
6
a) Diese Verpflichtung ergibt sich allerdings nicht, wie es im Berufungsurteil anklingt, aus § 11 Nr. 2 TDG oder § 9 Nr. 2 MDStV. Für die Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs des Klägers ist das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht maßgebend (BGHZ 131, 308, 311 f.), welches grundsätzlich auch vom Revisionsgericht zu berücksichtigen ist (BGHZ 9, 101 f.). Abzustellen ist mithin auf die mit dem Gesetz zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste (Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz-ElGVG) vom 26. Februar 2007 am 1. März 2007 in Kraft getretenen Vorschriften des Telemediengesetzes (BGBl I S. 179), welches an die Stelle des Teledienstegesetzes und des Medienstaatsvertrages getreten ist. Die im Telemediengesetz enthaltenen Vorschriften zur Verantwortlichkeit von Diensteanbietern (§§ 7 bis 10 TMG) haben die Regelungen des Teledienstegesetzes und die für Mediendienste bisher geltenden entsprechenden Regelungen des Medienstaatsvertrages unverändert übernommen (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf vom 26. Oktober 2006, BT-Drucks. 16/3078, S. 15). Die diesbezüglichen Vorschriften weisen keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten ebenso wie schon die §§ 8 bis 11 TDG in der Fassung von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 14. Dezember 2001 (BGBl I S. 3721) keine Anspruchsgrundlagen. Wie sich aus § 7 Abs. 1 TMG ergibt, setzen die nachfolgenden Bestimmungen des Gesetzes ebenso wie schon § 8 Abs. 1 TDG und § 5 TDG i.d.F. vom 22. Juli 1997 (BGBl I S. 1870) eine Verantwortlichkeit nach allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2003 - VI ZR 335/02 - VersR 2003, 1546 [zu § 5 TDG a.F.] m.w.N.; Stadler, Haftung für Informationen im Internet, 2. Aufl., Rn. 18). Nach Auffassung des Schrifttums kommt diesen Vorschriften deshalb eine Art "Filterfunktion" zu (vgl. Sobola/Kohl, CR 2005, 443, 445 m.w.N.). Vorliegend beruht der Unterlassungsanspruch des Klägers auf § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB analog sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB.
7
b) Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit lässt sich vorliegend insbesondere nicht aus der Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG herleiten. Diese Vorschrift findet ebenso wie § 11 TDG, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hinweist, auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung. Wie sich aus § 7 Abs. 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (BGHZ 158, 236, 246 ff. zu § 11 S. 1 TDG). Unterlassungsansprüche bleiben von dieser Vorschrift - ebenso wie auch schon von §§ 8, 11 TDG bzw. § 5 TDG Abs. 1 bis 3 a.F. - unberührt (BGHZ aaO, S. 248).
8
c) Dem Unterlassungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass der beanstandete Beitrag vorliegend in ein so genanntes Meinungsforum eingestellt worden ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Grundsätze , die der erkennende Senat für Fernsehsendungen aufgestellt hat, die - wie etwa Live-Diskussionen - einen "Markt der Meinungen" eröffnen (Senatsurteil BGHZ 66, 182, 188, "Panorama"), auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Bei der Frage, ob das Fernsehen allein wegen des Ausstrahlens einer ehrverletzenden Äußerung belangt werden kann, ist den Besonderheiten Rechnung zu tragen, die sich aus seiner Rolle und den Möglichkeiten und Zwängen fernsehgerechter Darstellung ergeben. Mit Rücksicht darauf hat der erkennende Senat seinerzeit entschieden, dass eine Störerhaftung der Fernsehanstalt zu verneinen sein kann, wenn während der Live-Übertragung einer Fernsehdiskussion eine ehrverletzende Äußerung durch einen Dritten erfolgt oder wenn das Fernsehen die kritische Äußerung eines Dritten aufgreift, ohne sich mit ihr zu identifizieren (Senatsurteil BGHZ aaO, S. 189 f.).
9
Diese Überlegungen sind auf ein im Internet eröffnetes Meinungsforum nicht übertragbar. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die für LiveSendungen in Rundfunk und Fernsehen geltende mediale Privilegierung sich nicht auf Wiederholungen erstrecken kann, da dem Veranstalter hier die Möglichkeit offen steht, die (erneute) Verbreitung von Äußerungen Dritter zu verhindern (Jürgens, CR 2006, 188, 189; Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung , 2000, S. 90). Entsprechendes gilt für Internetforen, sofern dem Betreiber - wie vorliegend unstreitig - die erfolgte Rechtsverletzung bekannt ist. In dem Unterlassen, einen als unzulässig erkannten Beitrag zu entfernen, liegt eine der Wiederholung einer Rundfunk- oder Fernsehaufzeichnung vergleichbare Perpetuierung der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen. Der Betreiber eines Internetforums ist "Herr des Angebots" und verfügt deshalb vorrangig über den rechtlichen und tatsächlichen Zugriff. Internetangebote sind - wie etwa auch Aufzeichnungen im Fernsehen - dem nachträglichen Zugriff des Anbieters in keiner Weise entzogen. Auch wenn von ihm keine Prüfpflichten verletzt werden , so ist er doch nach allgemeinem Zivilrecht zur Beseitigung und damit zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen verpflichtet (Jürgens/Köster, AfP 2006, 219, 222).
10
d) Entgegen der Meinung der Anschlussrevision kann die Beklagte dem Unterlassungsanspruch auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Kläger habe diese Äußerungen durch von ihm selbst zuvor in das Forum eingestellte eigene Beiträge provoziert. Die Teilnahme an einem Meinungsforum kann nicht als stillschweigende Erklärung der Einwilligung in Ehrverletzungen innerhalb dieses Forums gewertet werden. Es mag sein, dass der Teilnehmer eines Forums, in dem, wie es häufig und auch vorliegend der Fall ist, Äußerungen unter einem Pseudonym eingestellt werden können, im Einzelfall damit rechnen muss, dass er dort von anonym bleibenden Personen angegriffen und möglicherweise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Wer dieses Risiko eingeht , verzichtet damit aber grundsätzlich nicht auf Abwehransprüche hinsichtlich künftiger Ehrverletzungen. Unterlassungsansprüche sind ihm deshalb nicht abgeschnitten.
11
Der Kläger muss die in dem beanstandeten Beitrag enthaltene Ehrverletzung auch nicht nach den Grundsätzen der Meinungsäußerungsfreiheit im Rahmen einer öffentlichen Auseinandersetzung hinnehmen, bei der die Vermu- tung zugunsten der freien Rede sprechen kann (vgl. BVerfGE 7, 198, 212 = NJW 1958, 257; BVerfGE 54, 120, 139 = NJW 1980, 2069; BVerfGE 61, 1, 7 = NJW 1983, 1415; BVerfG NJW 1990, 1980). Der Schutz von Meinungsäußerungen tritt nämlich regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrechtsschutz zurück, wenn sich die betreffenden Äußerungen - wie vorliegend - als Schmähung darstellen (vgl. BVerfGE 82, 272, 281 = NJW 1991, 95).
12
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt ein Unterlassungsanspruch vorliegend auch hinsichtlich des Beitrags b) des Autors "Rumtrauben" in Betracht.
13
a) Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Betreibers eines Internetforums für dort eingestellte Beiträge entfällt nicht deshalb, weil dem Verletzten die Identität des Autors bekannt ist. Wird ein ehrverletzender Beitrag in ein Forum eingestellt, ist der Betreiber als Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unterlassung verpflichtet. Ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 3, 270, 275 ff. und 14, 163, 174; Löffler/Steffen, Presserecht, 5. Aufl., LPG § 6, Rn. 276 f.), kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein (Senatsurteil BGHZ 66, 182, 188). Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber eines Internetforums , der insoweit "Herr des Angebots" ist. Der gegen ihn gerichtete Unterlassungsanspruch des Verletzten besteht in gleicher Weise unabhängig von dessen Ansprüchen gegen den Autor eines dort eingestellten Beitrags.
14
b) An einer Sachentscheidung darüber, ob vorliegend ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hinsichtlich des Beitrags des Autors "Rumtrauben" besteht, ist der Senat gehindert, weil das Berufungsgericht keine Fest- stellungen zum Inhalt dieses Beitrags getroffen und diesen auch nicht rechtlich gewürdigt hat.
15
3. Hinsichtlich der Entscheidung des Berufungsgerichts über den Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten haben die beiderseitigen Rechtsmittel keinen Erfolg, da die Revision und die Anschlussrevision insoweit nicht begründet worden sind. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.09.2005 - 12 O 440/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.04.2006 - I-15 U 180/05 -
Berichtigt durch Beschluss
vom 1. Februar 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 139/08 Verkündet am:
22. Juli 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kinderhochstühle im Internet

a) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet,
Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren
einzustellen, ist nicht verpflichtet, sämtliche Verkaufsangebote, die die Marken
eines Markeninhabers anführen, einer manuellen Bildkontrolle darauf zu unterziehen
, ob unter den Marken von den Originalerzeugnissen abweichende Produkte
angeboten werden.

b) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes haftet regelmäßig nicht nach §§ 3, 6
Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 1 UWG als Täter oder Teilnehmer, wenn in Angeboten mit
Formulierungen "ähnlich" oder "wie" auf Marken eines Markeninhabers Bezug genommen
wird.

c) Die Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1
BGB sind auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter
Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 24. Juli 2008 wird hinsichtlich der Widerklage mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Widerklage statt als unbegründet als unzulässig abgewiesen wird. Im Übrigen wird das genannte Urteil aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt den Kinderhochstuhl "Tripp Trapp". Sie ist Inhaberin der für Möbel eingetragenen Wortmarken Nr. 396 54 805.9 "TRIPP TRAPP", Nr. 399 30 885.7 "STOKKE" sowie der Gemeinschaftsmarke Nr. 002 536 498 "TRIP TRAP".
2
Die Beklagte betreibt im Internet unter www.ebay.de eine Plattform, auf der Privatleute und Gewerbetreibende gegen Entgelt Waren zur Versteigerung oder zum Kauf zu einem Festpreis anbieten können. Voraussetzung für das Anbieten oder den Erwerb ist eine elektronische Registrierung als Mitglied der Beklagten. Im Rahmen dieser Registrierung wird dem Mitglied ein Nutzername zugewiesen, unter dem er auf der Internetplattform auftreten kann.
3
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten werden die Verträge über die auf ihrem Online-Marktplatz angebotenen Artikel ausschließlich zwischen den Mitgliedern abgeschlossen. Zudem sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ein Verbot vor, Artikel anzubieten, durch die gewerbliche Schutzrechte verletzt werden. Zur Verhinderung rechtsverletzender Angebote führt die Beklagte Stichprobenkontrollen durch und setzt Schlagwortfilter ein, die die Angebote der Nutzer mit Suchbegriffen vergleichen. Sie stellt Inhabern von Schutzrechten ein Programm zur Verfügung, mit dem diese nach rechtsverletzenden Angeboten auf der Internetplattform der Beklagten suchen und diese melden können. Den Teilnehmern an dieser als VeRI-Programm bezeichneten Suchoption gibt die Beklagte die Daten der Mitglieder heraus, die mit ihren Angeboten Schutzrechte verletzen.
4
Auf der Internetplattform boten Mitglieder der Beklagten unter Verwendung der Klagemarken Kinderhochstühle an, die nicht von der Klägerin stammten, oder warben für die Fremdfabrikate mit den Formulierungen "wie Stokke", "wie Tripp Trapp", "wie Trip Trap", "ähnlich Stokke", "ähnlich Tripp Trapp" oder "ähnlich Trip Trap".
5
Die Klägerin beanstandete zunächst im Rahmen des VeRI-Programms eine Vielzahl derartiger Angebote als rechtsverletzend und mahnte die Beklagte ab.
6
Die Parteien streiten darüber, ob unter den von der Klägerin beanstandeten Angeboten Privatverkäufe waren und ob eine Bilderkennungssoftware verfügbar ist oder jedenfalls entwickelt werden könnte, die mit dem von der Klägerin vertriebenen Kinderhochstuhl nicht identische Fremdfabrikate erkennen kann.
Die Beklagte wirbt für ihren Internetmarktplatz mit sogenannten Adword7 Anzeigen bei dem Suchmaschinenbetreiber Google. Zu der Werbung zählte auch eine mit "Trapp Tripp" bezeichnete Anzeige, die bei Eingabe des Suchbegriffs "Tripp Trapp" in die Suchmaschine von Google erschien. Von dieser Anzeige führte ein Link zu Angeboten von Kinderhochstühlen, bei denen die Klagemarken im Zusammenhang mit Fremdfabrikaten benutzt wurden.
8
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Wortmarken würden durch die beanstandeten Angebote, die zudem wettbewerbswidrig seien, verletzt. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte als Täterin oder Gehilfin, zumindest aber als Störerin für die Rechtsverletzungen der Verkäufer auf ihrer Plattform hafte. Es sei ihr möglich und zumutbar, rechtsverletzende Angebote durch den Einsatz von Schlagwortfiltern und einer Bilderkennungssoftware sowie durch manuelle Kontrollen festzustellen.
9
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Internet für Internetbenutzer in Deutschland zugängliche Auktionen zu veranstalten und/oder Verkaufsangebote zu präsentieren und/oder zu bewerben, in denen Kinderhochstühle angeboten werden, bei denen es sich nicht um den in der Anlage zum Tenor dargestellten Original-"Tripp Trapp"-Stuhl der Klägerin handelt, sofern
a) die Kinderhochstühle in den Auktionen und/oder den Verkaufsangeboten unter einer der folgenden Marken der Klägerin angeboten werden: "Stokke" und/oder "Tripp Trapp" und/oder "Trip Trap" und/oder
b) in den Produktbezeichnungen und/oder den Produktbeschreibungen der Auktionen und/oder der Verkaufsangebote vergleichend auf den in der Anlage zum Tenor abgebildeten Original-"Tripp Trapp"-Stuhl der Klägerin und/oder die Marken Stokke und/oder Tripp Trapp und/oder Trip Trap der Klägerin Bezug genommen wird durch Verwendung einer der folgenden Formulierungen: "wie Stokke" und/oder "wie Tripp Trapp" und/oder "wie Trip Trap" und/oder "ähnlich Stokke" und/oder "ähnlich Tripp Trapp" und/oder "ähnlich Trip Trap".


10
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Angebotsbeschreibungen würden ohne ihr Zutun und ohne ihre Kenntnisnahme vom jeweiligen Anbieter vollautomatisch ins Internet gestellt. Sie hat ein Handeln der Anbieter im geschäftlichen Verkehr in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, ihr stehe wegen der wiederholten Beanstandung von privaten Verkaufsangeboten durch die Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung zu.
11
Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie beantragt hat, die Klägerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, Angebote von Verkäufern auf dem Online-Marktplatz www.ebay.de zu beanstanden oder beanstanden zu lassen, die Kinderhochstühle zum Gegenstand haben, die nicht von der Klägerin hergestellt wurden, gleichwohl aber unter den Marken "Stokke" und/oder "Tripp Trapp" und/oder "Trip Trap" und/oder unter Verwendung von Formulierungen "wie Stokke" und/oder "wie Tripp Trapp" und/oder "wie Trip Trap" und/oder "ähnlich Stokke" und/oder "ähnlich Tripp Trapp" und/oder "ähnlich Trip Trap" zum Kauf angeboten werden, sofern sich nicht aus diesen Angeboten ergibt, dass es sich um solche im geschäftlichen Verkehr und nicht um Privatverkäufe handelt.
12
Das Landgericht hat die Beklagte nach dem Klageantrag verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin klargestellt, dass mit dem die Stühle beschreibenden Teil des Klageantrags keine nicht erkennbaren Ident-Plagiate und mit der Wendung "im Internet" die Aktivitäten der Beklagten "auf dem und/oder für den Marktplatz eBay" gemeint seien. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren in einem ersten Hilfsantrag davon abhängig gemacht, dass aufgrund von hinweisenden Merkmalen erkennbar sei, dass der Anbieter mit seinem Angebot im geschäftlichen Verkehr handele. In einem zweiten Hilfsantrag hat sie das Vorliegen eines Angebots im geschäftlichen Verkehr anhand von 57 Merkmalen beschrieben.
13
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg WRP 2008, 1569).
14
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter und beantragt, der Widerklage stattzugeben. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


15
I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge für begründet und den mit der Widerklage verfolgten Unterlassungsanspruch für unbegründet erachtet und hat hierzu ausgeführt:
16
Der mit dem Klageantrag zu a verfolgte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG. Auf dem Internetmarktplatz der Beklag- ten seien Kinderhochstühle anderer Hersteller unter Verwendung der Marken der Klägerin zum Kauf angeboten worden. Für die Verletzungen der Marken der Klägerin hafte die Beklagte als Täterin oder Gehilfin. Sie habe keine ausreichenden und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, dass markenverletzende Angebote auf ihrem Online-Marktplatz erschienen. Zwar erfordere die Verhinderung von Verletzungen der Klagemarken einen Vergleich des in den jeweiligen Angebotsbeschreibungen enthaltenen Fotos mit der Abbildung des Original-Stuhls. Ob dieser Vergleich mit einer Bilderkennungssoftware automatisiert möglich sei, könne dahinstehen , da ein manueller Bildabgleich durch Mitarbeiter möglich sei. Trotz eines gerichtlichen Hinweises habe die Beklagte nicht dargelegt, dass ein manueller Abgleich unzumutbar sei. Handele der Anbieter im geschäftlichen Verkehr, leiste die Beklagte Beihilfe zu der Markenverletzung. Dagegen hafte sie selbst täterschaftlich, wenn der Anbieter den Verkauf außerhalb des geschäftlichen Verkehrs vornehme. Der Beklagten sei aufgrund der Vielzahl der in der Vergangenheit aufgezeigten Rechtsverletzungen auf ihrer Internetplattform bekannt, dass es zu weiteren Verletzungen der Marken der Klägerin kommen werde.
17
Der mit dem Klageantrag zu b verfolgte Unterlassungsanspruch sei aus §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 und § 8 Abs. 1 UWG begründet. Die Angebote von Kinderhochstühlen mit Formulierungen "wie" oder "ähnlich" "Stokke" oder "Tripp Trapp" in der Schreibweise mit einem oder zwei "p" seien Werbevergleiche, in denen eine Ware als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware dargestellt werde. Für die Wettbewerbsverstöße hafte die Beklagte als Täterin oder Gehilfin.
18
Die Widerklage sei unbegründet, auch wenn die Abmahnungen der Klägerin einzelne Privatanbieter mitumfasst hätten. In solchen Fällen sei die Beklagte als Täterin der beanstandeten Rechtsverletzungen verantwortlich. Der mit der Widerklage verfolgte Unterlassungsanspruch sei auch deshalb ausgeschlossen, weil die Beklag- te einen Rechteinhaber nicht einerseits im Rahmen des VeRI-Programms auffordern könne, Rechtsverletzungen unabhängig von der Frage zu melden, ob der Anbieter im geschäftlichen Verkehr handele, und ihn - wenn dies geschehe - andererseits mit einer Unterlassungsklage überziehen könne.
19
II. Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zurückgewiesen hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die weitergehende, die Widerklage betreffende Revision bleibt dagegen ohne Erfolg.
20
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aus den Wortmarken "TRIPP TRAPP", "STOKKE" und "TRIP TRAP" ein Unterlassungsanspruch im Umfang des Klageantrags zu a nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG gegen die Beklagte zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Haftung der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin nicht bejaht werden.
21
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Unterlassungsantrag zu a allerdings hinreichend bestimmt.
22
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH, Urt. v. 29.4.2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Tz. 21 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet).
23
Der Klageantrag zu a genügt den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen. Er ist zwar in zweifacher Hinsicht auslegungsbedürftig. Der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts wird jedoch noch hinreichend deutlich.
24
Durch den auf dem Klageantrag zu a beruhenden Unterlassungstenor soll der Beklagten untersagt werden, dass auf ihrer Internetplattform unter den Klagemarken Kinderhochstühle angeboten werden, bei denen es sich nicht um den Original-TrippTrapp -Stuhl der Klägerin handelt. Nach der Klarstellung des Klageantrags in der Berufungsinstanz begehrt die Klägerin kein gegen identische Nachahmungen des Kinderstuhls gerichtetes Verbot. Daraus folgt, dass der Beklagten die Werbe- und Vertriebshandlungen (nur) insoweit untersagt werden sollen, als die unter den Klagemarken vertriebenen Produkte aufgrund von Abweichungen der Ausführungsform nicht mit dem in der Anlage zum Unterlassungsantrag abgebildeten OriginalKinderstuhl identisch sind.
25
Die Klägerin hat weiterhin in der Berufungsinstanz klargestellt, dass mit der Wendung "im Internet" die Aktivitäten der Beklagten "auf dem und/oder für den Marktplatz eBay" gemeint sind. Mit diesen Erläuterungen der Klägerin, die zur Ausle- gung des Klageantrags zu a heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 152, 268, 274 - Dresdner Christstollen), ist der Unterlassungsantrag zu a hinreichend bestimmt. Insbesondere kann durch Auslegung ermittelt werden, ob es sich bei einer Verletzungsform um eine nicht mehr unter das Verbot fallende identische Ausführungsform des Tripp-Trapp-Stuhls handelt.
26
b) Ob der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zusteht, ist nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beurteilen. Der Senat hat entschieden , dass das Haftungsprivileg der §§ 8, 11 TDG 2001 auf Unterlassungsansprüche keine uneingeschränkte Anwendung findet (BGHZ 158, 236, 246 - InternetVersteigerung I). Durch das am 1. März 2007 in Kraft getretene Telemediengesetz (TMG) vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179) hat sich daran nichts geändert (BGHZ 172, 119 Tz. 17 f. - Internet-Versteigerung II; BGH, Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Tz. 38 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III).
27
c) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass auf der Internetplattform der Beklagten Angebote eingestellt worden sind, die die Marken der Klägerin verletzen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a GMV). Es hat angenommen , dass in den auf der Internetplattform der Beklagten veröffentlichten Angeboten mit den Marken der Klägerin identische Zeichen für Waren benutzt worden sind, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marken Schutz genießen. Es ist weiter davon ausgegangen, dass entweder die Anbieter dieser Waren im geschäftlichen Verkehr handeln und die Beklagte in diesen Fällen als Teilnehmerin an der Markenverletzung der Anbieter haftet oder - soweit es Privatverkäufe der Anbieter betrifft - die Beklagte selbst Täterin der Markenverletzungen ist und als Betreiberin der Internetplattform das Tatbestandsmerkmal des Handelns im geschäftlichen Verkehr verwirklicht. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass
28
in den in der Anlage K 19 für den Zeitraum vom 7. Juni bis 21. Dezember 2005 angeführten Angeboten mit den Marken "TRIPP TRAPP", "STOKKE" und "TRIP TRAP" der Klägerin identische Zeichen markenmäßig für Möbel und damit für identische Waren benutzt worden sind, für die die Marken Schutz genießen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a GMV). Hiergegen erinnert die Revision auch nichts.
29
bb) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welchen dieser Fälle von einem Handeln der Anbieter im geschäftlichen Verkehr auszugehen ist. Es hat vielmehr nur unterstellt, dass ein Teil dieser Anbieter geschäftsmäßig handelte , und hat angenommen, dass die Beklagte in diesen Fällen als Teilnehmerin an der Verletzung der Markenrechte der Klägerin haftet und in den übrigen Fällen, in denen die Anbieter nicht im geschäftlichen Verkehr handeln, die Voraussetzungen einer täterschaftlichen Haftung der Beklagten vorliegen. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu geringe Anforderungen an die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten als Täter oder Teilnehmer gestellt.
30
(1) Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. BGHZ 63, 124, 126; 89, 383, 389). Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Gehilfenhaftung setzt neben einer objektiven Beihilfehandlung zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschlie- ßen muss (BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung I, m.w.N.; 172, 119 Tz. 31 - Internet-Versteigerung II).
31
(2) Die Beklagte erfüllte dadurch, dass sie Dritten die Internetplattform für deren Angebote und Versteigerungen mit den Klagemarken zur Verfügung stellte, selbst nicht die Merkmale einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 3 oder 4 MarkenG, weil sie die rechtsverletzende Ware nicht angeboten oder in den Verkehr gebracht und die Klagemarken auch nicht in der Werbung benutzt hat (vgl. BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung I; 172, 119 Tz. 28 - Internet-Versteigerung II). Die Beklagte wirkte auch nicht in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den Dritten bei Markenverletzungen zusammen, wenn sie über ihre Internetplattform Dritten die Möglichkeit zur Abgabe eigener Angebote eröffnete. Die Angebote der Veräußerer wurden nach dem Vortrag der Beklagten in einem automatischen Verfahren ohne vorherige Kenntnisnahme der Beklagten eingestellt (hierzu auch BGHZ 173, 188 Tz. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Gegenteiliges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Revisionserwiderung rügt auch keinen entsprechenden Vortrag der Beklagten als übergangen. Ohne Kenntnis von konkret drohenden Haupttaten scheidet ein vorsätzliches Zusammenwirken der Beklagten mit Dritten aus, die die Markenrechte der Klägerin verletzende Produkte anbieten (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 21 – Jugendgefährdende Medien bei eBay).
32
(3) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Beklagte durch Unterlassen Beihilfe zu den Markenverletzungen Dritter geleistet hat, die auf der Internetplattform unter Verwendung der Klagemarken Kinderhochstühle im geschäftlichen Verkehr angeboten haben, die nicht von der Klägerin stammten.
33
Der Senat hat bislang offengelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gehilfenhaftung der Beklagten in Betracht zu ziehen ist, wenn die Prüfungspflichten , die sich aus der Stellung der Beklagten als Betreiberin der Internetplattform ergeben, nachhaltig verletzt werden (vgl. BGHZ 158, 238, 250 - InternetVersteigerung I; 172, 119 Tz. 32 - Internet-Versteigerung II). Die Frage braucht auch vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Beklagte hat keine ihr obliegenden Prüfpflichten verletzt.
34
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit auf Seiten der Beklagten nicht in einem positiven Tun, sondern in einem Unterlassen besteht. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Eine Beihilfe durch Unterlassen im Hinblick auf Markenverletzungen Dritter i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG setzt zusätzlich zu der objektiven Unterstützung der Rechtsverletzung , dem Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraus, dass den Gehilfen eine Rechtspflicht trifft, den Erfolg abzuwenden (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I). Die erforderliche Handlung zur Verhinderung des Erfolgs muss von dem Verpflichteten rechtlich gefordert werden können; sie muss ihm möglich und zumutbar sein.
35
(4) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte treffe eine Verpflichtung , Rechtsverletzungen zu verhindern, weil sie mit dem Betrieb der Internetplattform , auf der Dritte in erheblichem Umfang markenverletzende Artikel vertrieben, eine Gefahr geschaffen habe. Die Abwendung des Erfolgs sei der Beklagten möglich und zumutbar. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
36
(5) Im Streitfall kann offenbleiben, ob die Beklagte überhaupt eine Erfolgsabwendungspflicht trifft, bei deren vorsätzlicher Verletzung eine Haftung der Beklagten als Teilnehmerin in Betracht kommt. Der Senat hat eine Erfolgsabwendungspflicht der Beklagten für den Vertrieb jugendgefährdender, volksverhetzender und gewaltverherrlichender Medien angenommen. Grund hierfür war die große Gefahr, die für den Vertrieb dieser verbotenen Produkte von der Internetplattform der Beklagten wegen der Anonymität der Verkäufer, der problemlosen Abwicklung im Fernabsatz und der für das Internet typischen, deutlich herabgesetzten Hemmschwelle potentieller Käufer ausgeht (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 25 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Ob sich diese Grundsätze verallgemeinern und auf die Verletzung von Kennzeichenrechten übertragen lassen, braucht nicht entschieden zu werden. Selbst wenn die Beklagte im Streitfall eine entsprechende Erfolgsabwendungspflicht träfe, wäre diese vorliegend nicht verletzt.
37
(6) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe zu strenge Maßstäbe an die Unzumutbarkeit einer Erfolgsabwendung gestellt.
38
Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr erlegen die Mitgliedstaaten Anbietern von Diensten der Informationsgesellschaft keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Ausgeschlossen sind danach Überwachungspflichten allgemeiner Art (vgl. auch Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG). Dagegen kann von Diensteanbietern, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, verlangt werden, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie). Dementsprechend sieht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, der Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG umsetzt, vor, dass Diensteanbieter i.S. der §§ 8 bis 10 TMG nicht zu Überwachungs- und Nachforschungsmaßnahmen nach Umständen verpflichtet sind, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach der Senatsrechtsprechung dürfen der Beklagten, die zu den Diensteanbietern in diesem Sinn zählt (vgl. BGHZ 158, 236, 246 f. - InternetVersteigerung I), danach keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; 172, 119 Tz. 47 - Internet-Versteigerung II; 173, 188 Tz. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Rechtlich nicht erforderlich ist eine Überprüfung, bei der Markenverletzungen nicht durch zumutbare Filterverfahren und eine eventuell anschließende manuelle Kontrolle der dadurch ermittelten Treffer erkennbar sind (vgl. BGH GRUR 2008, 702 Tz. 53 - Internet-Versteigerung III). Dazu muss der Beklagten im Hinblick auf die große Zahl von Angeboten auf ihrer Internetplattform eine Filtersoftware zur Verfügung stehen, die Verdachtsfälle aufspüren kann.
39
(7) Nach diesen Maßstäben nicht mehr zumutbar sind Kontrollmaßnahmen, bei denen durch die Filtersoftware Verdachtsfälle von Markenverletzungen nicht aufgespürt werden können, sondern jedes Angebot, das die Klagemarken enthält, einer manuellen Kontrolle unterzogen werden muss. Von einer solchen Notwendigkeit ist vorliegend jedoch auszugehen.
40
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte durch die Eingabe der Klagemarken mit einer entsprechenden Suchsoftware jedes Angebot herausfiltern kann, in dem die Klagemarken angeführt sind. Es ist davon ausgegangen, dass zur Erfüllung des mit dem Klageantrag zu a verfolgten Unterlassungsbegehrens ein Vergleich der Abbildung des Original-Stuhls der Klägerin mit den in den Angebotsbeschreibungen enthaltenen Fotos von Kinderstühlen erforderlich ist. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein Fotoabgleich durch den Einsatz von Bilderkennungssoftware automatisiert erfolgen kann. Gegenrügen hat die Revisionserwiderung insoweit nicht erhoben. Danach ist - wie auch das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat - davon auszugehen, dass der bei jedem Angebot unter Verwendung der Klagemarke erforderliche Fotoabgleich manuell erfolgen muss. Das ist im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand für die Beklagte unzumutbar.
41
Das Berufungsgericht hat nichts zum Verhältnis zwischen der durchschnittlichen Zahl von Angeboten, die die Klagemarken enthielten, und der Anzahl von Verletzungsfällen festgestellt. Die Beklagte hatte vorgetragen, dass sie in der Zeit vom 26. November bis zum 2. Dezember 2007 4.971 Artikel, die unter den Klagemarken angeboten worden waren, einer manuellen Kontrolle unterzogen und deren Überprüfung nur 29 Artikel ergeben hat, die Kennzeichenrechte der Klägerin verletzten, und dass in der darauf folgenden Woche unter 1.460 überprüften Artikeln keiner die Klagemarken verletzte. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag mit der Begründung als unerheblich angesehen, die Klägerin müsse keinen Fall einer Rechtsverletzung hinnehmen , der mit zumutbaren Mitteln verhindert werden könne. Dem kann nicht zugestimmt werden. Es ist gerade die Frage, ob die manuelle Überprüfung von 6.431 Artikeln in einem Zeitraum von nur zwei Wochen zumutbar ist, wenn der Anteil der dabei aufgedeckten Rechtsverletzungen unter 0,5% liegt. Im Streitfall ist der Umstand , dass das Berufungsgericht dem Vortrag der Parteien zum Verhältnis zwischen den auf der Internetplattform der Beklagten eingestellten Angeboten, die die Klagemarken enthielten, und den darunter befindlichen Markenverletzungen nicht nachgegangen ist, jedoch nicht entscheidungserheblich. Es kann daher offenbleiben, ob der entsprechende Vortrag der Beklagten zutrifft.
42
(8) Der Beklagten ist eine manuelle Kontrolle aller die Klagemarken enthaltenden Angebote aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen schon deshalb nicht zumutbar, weil die Klägerin mit der über das VeRI-Programm zur Verfügung gestellten Suchfunktion die Angebote mit den Klagemarken ebenfalls herausfiltern und einer manuellen Kontrolle auf Verletzungsfälle unterziehen kann und eine der Beklagten auferlegte manuelle Kontrolle deren Geschäftsmodell gefährdet.
43
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin, die Beklagte und jeder potentielle Käufer auf der Internetplattform der Beklagten mit der Suchfunktion des VeRI-Programms Angebote herausfiltern kann, die die Klagemarken enthalten. Diese kann die Klägerin anschließend einer manuellen Kontrolle unterziehen. Es ist schon nicht ohne weiteres einzusehen, warum die Beklagte der Klägerin eine Überprüfung von Markenverletzungen abnehmen soll, die die Klägerin als Schutzrechtsinhaberin mit gleichem Aufwand selbst bewerkstelligen kann. Zwar stellt die Beklagte den Verkäufern mit ihrer Internetplattform eine Möglichkeit zur Verfügung, unter der durch ein Pseudonym gewährleisteten Anonymität markenverletzende Waren anzubieten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gibt die Beklagte aber an die Mitglieder des VeRI-Programms die Nutzerdaten heraus, wenn ein rechtsverletzendes Angebot vorliegt. Zudem erleichtert die Suchoption auf der Internetplattform der Beklagten den Markeninhabern eine bundesweite Suche und damit ein Aufspüren von Markenverletzungen, über die sie außerhalb des Internets wegen der Vielgestaltigkeit des realen Marktgeschehens nicht mit derart einfachen Mitteln verfügen würden. Schließlich besteht die Gefahr, dass die mit einem Verbot nach dem Klageantrag zu a erforderliche manuelle Kontrolle das Geschäftsmodell der Beklagten in Frage stellt. Im Fall einer Verurteilung nach dem Verbotsantrag müsste die Beklagte auch in allen weiteren Fällen, in denen sie auf klare Rechtsverletzungen von anderen Markeninhabern hingewiesen wird, nach denselben Maßstäben eine manuelle Kontrolle aufgrund von Bildvergleichen vornehmen. Das birgt die Gefahr einer ausufernden Verpflichtung zu manuellen Bildvergleichen in einer Vielzahl von Fällen, in denen in den Angeboten Produktabbildungen und Marken angeführt werden. Eine derart weitgehende Verpflichtung zu manuellen Kontrolltätigkeiten, die nicht auf durch eine Filtersoftware aufgespürte Verdachtsfälle beschränkt sind, belastet die Beklagte in unzumutbarer Weise.
44
cc) Das Berufungsurteil ist, soweit es eine Haftung der Beklagten für Markenverletzungen nach dem Klageantrag zu a bejaht hat, auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Die Beklagte haftet für die Markenverletzungen in dem mit dem Verbotsbegehren verfolgten Umfang nicht als Störerin.
45
(1) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH GRUR 2008, 702 Tz. 50 - Internet-Versteigerung III; BGH, Urt. v. 12.5.2010 - I ZR 121/08, GRUR 2010, 633 Tz. 19 = WRP 2010, 912 - Sommer unseres Lebens, vorgesehen für BGHZ).
46
(2) Soweit die Dritten nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, scheidet eine Prüfungspflicht von vornherein aus, weil die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sein kann, private Angebote, bei denen eine Verletzung der Klagemarken von vornherein ausscheidet, von ihrer Internetplattform zu entfernen. Eine solche Verpflichtung lässt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht mit der Dogmatik der Unterlassungsdelikte begründen. Eine Rechtspflicht zum Handeln, gegen die hier verstoßen sein könnte, kann nicht darauf gerichtet sein, ein markenrechtlich unbedenkliches Verhalten zu unterbinden. Aber auch soweit die Dritten im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, besteht keine Prüfungspflicht der Beklagten in dem durch den Verbotsantrag zu a vorgegebenen Umfang. Der Beklagten ist eine manuelle Prüfung sämtlicher Angebote, die die Klagemarken enthalten, durch Bildvergleich nicht zumutbar (hierzu II 1 c bb (8)). Eine Haftung in dem von der Klägerin mit dem Unterlassungsantrag zu a verfolgten Umfang scheidet daher auch nach den Grundsätzen der Störerhaftung aus.
47
2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann auch das mit dem Antrag zu b verfolgte Unterlassungsbegehren nicht bejaht werden. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 i.V. mit § 8 Abs. 1 UWG zu, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
48
a) Die Haftung der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin - eine Störerhaftung kommt, wie der Bundesgerichtshof wiederholt angedeutet hat (BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; BGH, Urt. v. 15.5.2003 - I ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; BGH, Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 249/03, GRUR 2006, 957 Tz. 13 = WRP 2006, 1225 - Stadt Geldern; BGH GRUR 2010, 633 Tz. 19 - Sommer unseres Lebens), in den dem Verhaltensunrecht zuzuordnenden Fällen nicht in Betracht - setzt voraus, dass die Beklagte auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen worden ist (vgl. BGHZ 158, 236, 249 - Internet-Versteigerung I; BGH GRUR 2008, 702 Tz. 51 - Internet-Versteigerung III). Die Beklagte als Diensteanbieter ist nicht verpflichtet, komplizierte Beurteilungen im Einzelfall durchzuführen, ob ein als rechtsverletzend beanstandetes Angebot ein Schutzrecht tatsächlich verletzt oder sich als wettbewerbswidrig erweist. Dies würde ansonsten die Hinzuziehung eines mit der Materie vertrauten Juristen erfordern, was der Beklagten nicht zuzumuten ist.
49
b) Die danach zu fordernden eindeutigen Verstöße gegen § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Nach dieser Vorschrift handelt derjenige , der vergleichend wirbt, unlauter, wenn der Vergleich eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer mit einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt. Die Vorschrift enthält das Verbot, das eigene Produkt offen als "Imitation" oder "Nachahmung" zu bezeichnen. Das muss allerdings nicht explizit geschehen; auch die implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung kann den Tatbestand einer nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG unzulässigen vergleichenden Werbung erfüllen (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2009 - C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Tz. 75 = WRP 2009, 930 - L'Oréal/Bellure; BGH, Urt. v. 6.12.2007 - I ZR 169/04, GRUR 2008, 628 Tz. 26 = WRP 2008, 930 - Imitationswerbung). Die Darstellung als Imitation oder Nachahmung muss jedoch über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehen. Mit einer entsprechenden Deutlichkeit muss aus der Werbung selbst hervorgehen, dass das Produkt des Werbenden gerade als eine Imitation oder Nachahmung des Produkts eines Mitbewerbers beworben wird (vgl. BGH, Urt. v. 1.10.2009 - I ZR 94/07, GRUR 2010, 343 Tz. 29 = WRP 2010, 527 - Oracle). Das bloße Kenntlichmachen eines Mitbewerbers oder dessen Ware oder Dienstleistung oder die Behauptung, das beworbene Produkt sei demjenigen eines Mitbewerbers gleichwertig, genügt dagegen nicht (BGH GRUR 2008, 628 Tz. 25 - Imitationswerbung).
50
Im Streitfall hat das Berufungsgericht keine Verletzungsfälle festgestellt, in denen angebotene Kinderhochstühle ausdrücklich als Imitation oder Nachahmung des Original-Kinderstuhls der Klägerin bezeichnet worden sind. Vielmehr ist in den Angeboten auf das Produkt der Klägerin durch Formulierungen mit "ähnlich" oder "wie" Tripp Trapp oder Stokke Bezug genommen worden. Das Berufungsgericht hat zwar angenommen, die streitgegenständlichen Bezugnahmen erweckten den Eindruck, die angebotenen Stühle seien den Originalen nachempfunden, es handele sich um eine implizite Behauptung der Imitation der Nachahmung. Für die Annahme klarer Rechtsverletzungen reicht das aber nicht aus. Ob die Formulierungen "ähnlich" oder "wie" nur eine Gleichwertigkeitsbehauptung einleiten oder eine implizite Darstellung einer Nachahmung oder Imitation enthalten, erfordert eine Beurteilung des jeweiligen Angebots im Einzelfall. Eine klare Rechtsverletzung kann aus derartigen isolierten Formulierungen allein im Allgemeinen nicht abgeleitet werden.
51
Gegen klare Rechtsverletzungen in den beanstandeten Fällen spricht weiterhin , dass zum Zeitpunkt der vom Berufungsgericht festgestellten Verletzungshandlungen im Jahr 2005 die Frage, ob auch eine implizite Darstellung als Imitation oder Nachahmung ausreichte, in der Literatur umstritten (hierzu die Nachweise in BGH GRUR 2008, 628 Tz. 23 - Imitationswerbung) und höchstrichterlich noch nicht geklärt war.
52
3. Gleichwohl kann die Klage mit den Unterlassungsanträgen zu a und b nicht abgewiesen werden. Denn die Klägerin hat die Klage auch damit begründet, dass die Beklagte bei Google sogenannte Adword-Anzeigen gebucht hat, die die Klagemarken verletzen. Insoweit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
53
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte bei dem Suchmaschinenbetreiber Google sogenannte Adword-Anzeigen gebucht hatte, die bewirkten, dass bei Eingabe des Begriffs "Tripp Trapp" in die Suchmaske neben der Trefferliste eine Anzeige mit den Wörtern "Trapp und Tripp" und einer Aufforderung zum Kauf bei der Beklagten erschien und von dort ein Link zu Angeboten mit Kinderhochstühlen bestand, die nicht von der Klägerin stammten. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen zu den zwischen den Parteien streitigen Fragen getroffen, ob die dort angeführten Angebote von den Unterlassungsanträgen zu a und b erfasste Rechtsverletzungen darstellten und ob die Beklagte für solche Verletzungen verantwortlich ist. Sollte die Beklagte die Werbung bei Google mit der Bezeichnung "Trapp Tripp" in Auftrag gegeben und einen Link zu rechtsverletzenden Angeboten von Verkäufern auf ihrer Internetplattform gesetzt haben, kann - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat - im Revisionsverfahren nicht ausgeschlossen werden , dass die Beklagte durch aktives Tun an einer Rechtsverletzung der Verkäufer mitgewirkt hat.
54
4. Die Revision ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage richtet.
55
a) Mit ihrem Widerklageantrag begehrt die Beklagte, der Klägerin näher bezeichnete Beanstandungen von Angeboten zu untersagen, sofern sich aus ihnen nicht ergibt, dass es sich um solche im geschäftlichen Verkehr und nicht um Privatverkäufe handelt.
56
Der Widerklageantrag ist - anders als vom Berufungsgericht angenommen - nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, weil er nicht hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
57
aa) Ein derartiger Mangel ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Tz. 12 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder). Der Abweisung des Widerklageantrags als unzulässig statt als unbegründet steht auch nicht entgegen, dass nur die Beklagte Revision eingelegt hat (vgl. BGHZ 125, 41, 45).
58
bb) Das beantragte Verbot soll auf Fälle beschränkt sein, in denen sich aus den Angeboten kein Handeln im geschäftlichen Verkehr ergibt, sondern Privatverkäufe vorliegen. Da die Parteien darüber streiten, wann von einem Handeln der Anbieter im geschäftlichen Verkehr auszugehen ist, muss die Beklagte dieses Merkmal hinreichend konkret umschreiben und gegebenenfalls mit Beispielen unterlegen (vgl. BGHZ 172, 119 Tz. 50 - Internet-Versteigerung II). Dies ist nicht geschehen.
59
Der Widerklageantrag kann auch nicht auf die konkret beanstandete Verletzungsform beschränkt werden. Die Beklagte hat in der Widerklage keine von der Klägerin beanstandeten Angebote, bei denen es sich um Privatverkäufe handelt, konkret angeführt.
60
b) Die Unbestimmtheit des Widerklageantrags hat nicht zur Folge, dass die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihren Antrag neu zu fassen. Der Beklagten steht - unabhängig von der Unbestimmtheit des Unterlassungsantrags - ein Unterlassungsanspruch auch in der Sache nicht zu.
61
aa) Der Unterlassungsanspruch, mit dem sich die Beklagte gegen aus ihrer Sicht unberechtigte Beanstandungen der Angebote von Kinderhochstühlen durch die Klägerin wendet, umfasst vermeintliche Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche und markenrechtliche Normen. Der Widerklageantrag führt auch die Verwendung von Formulierungen "wie" oder "ähnlich" Tripp Trapp oder Stokke an, die die Klägerin unter dem Aspekt einer unlauteren vergleichenden Werbung beanstandet. Gegen die Verwendung der Marken "Stokke", "Tripp Trapp" und "Trip Trap" in Angeboten auf der Internetplattform der Beklagten hat sich die Klägerin zudem gestützt auf ihre Markenrechte gewandt.
62
bb) Das von der Beklagten begehrte Verbot von Beanstandungen durch die Klägerin, die auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften gestützt sind, besteht selbst dann nicht, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten rechtmäßig ist. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist - auch wenn das beanstandete Verhalten rechtmäßig ist - nur ausnahmsweise wettbewerbswidrig (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1994 - I ZR 40/92, GRUR 1994, 841, 843 = WRP 1994, 739 - Suchwort; Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 355 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner ). Für einen solchen Ausnahmefall ist vom Berufungsgericht nichts festgestellt; die Revision rügt auch kein entsprechendes Vorbringen der Beklagten als übergangen.
63
Die Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB (hierzu BGHZ 164, 1 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung) sind auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rdn. 10.166; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 52; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 10/43; Goldbeck, Der "umgekehrte" Wettbewerbsprozess, 2008, S. 186 und 200). Der Gegner einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung kann diese ohne größere Risiken unbeachtet lassen, weil mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die mit der Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen regelmäßig nicht einhergehen.
64
cc) Der Beklagten steht der Unterlassungsanspruch auch nicht insoweit zu, als er gegen Beanstandungen der Klägerin gerichtet ist, die sie auf ihre Klagemarken gestützt hat.
65
(1) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch der Beklagten aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen der Parteien verneint. Es hat angenommen, die Beklagte könne die Klägerin nicht einerseits zur Teilnahme am VeRI-Programm auffordern und sie andererseits mit einer Unterlassungsklage überziehen , wenn die Abmahnung Privatverkäufe zum Gegenstand habe.
66
(2) Die Revision wendet dagegen ohne Erfolg ein, das Berufungsgericht habe den grundsätzlichen Unterschied zwischen einer Schutzrechtsverwarnung und der Teilnahme am VeRI-Programm verkannt.
67
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB darstellen (BGHZ 164, 1, 2 f. - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 98/02, GRUR 2006, 432 Tz. 20 = WRP 2006, 468 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht II) und Ansprüche auf Unterlassung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 217/03, GRUR 2006, 433 Tz. 17 = WRP 2006, 579 - Unbegründete Abnehmerverwarnung).
68
Mit dem Widerklageantrag geht die Beklagte aber über Schutzrechtsverwarnungen hinaus, weil der Klägerin allgemein Beanstandungen verboten werden sollen. Von dem Begriff der Beanstandungen erfasst werden Rechtsverletzungen, die die Klägerin der Beklagten über das von dieser installierte VeRI-Programm meldet. Derartige Beanstandungen haben nicht die Qualität einer Schutzrechtsverwarnung und greifen - wovon auch die Revision ausgeht - nicht in das Recht der Beklagten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein.
69
Der Unterlassungsanspruch besteht aber auch insoweit nicht, als er mit dem umfassenden Begriff der Beanstandungen auf ein Verbot von Schutzrechtsverwarnungen zielt. Der Unterlassungsantrag geht zu weit; denn er umfasst auch berechtigte Schutzrechtsverwarnungen. Für die Frage, ob die Schutzrechtsverwarnung berechtigt ist, kommt es nicht darauf an, ob sich bereits aus dem Angebot des Verkäufers ergibt, dass er geschäftsmäßig handelt, sondern darauf, ob tatsächlich ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt. Eine Verantwortung der Beklagten setzt lediglich voraus, dass für sie ein Handeln des Anbieters im geschäftlichen Verkehr erkennbar ist (BGH GRUR 2008, 702 Tz. 34 ff. und Tz. 51 - Internet-Versteigerung III). Diese Erkennbarkeit kann sich auch aufgrund von außerhalb des Angebots liegenden Umständen für die Beklagte ergeben, wie etwa dem wiederholten Auftreten des Verkäufers oder dem wiederholten Anbieten von gleichartigen, insbesondere neuen Gegenständen.
70
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach teilweise nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO).
71
Soweit die Revision gegen die Abweisung der Widerklage gerichtet ist, ist sie mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Widerklage statt als unbegründet als unzulässig abzuweisen ist. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.08.2006 - 315 O 980/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.2008 - 3 U 216/06 -
BESCHLUSS
I ZR 139/08
vom
1. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

beschlossen:

Das Urteil vom 22. Juli 2010 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit
gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:

In Rn. 31 fünftletzte Zeile muss es heißen "Klägerin" statt "Beklagten".

Bornkamm Pokrant Büscher

Schaffert Kirchhoff

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.08.2006 - 315 O 980/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.2008 - 3 U 216/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 57/09 Verkündet am:
17. August 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Stiftparfüm

a) Weist ein Rechteinhaber den Betreiber eines Online-Marktplatzes auf eine
Verletzung seines Rechts durch ein auf dem Marktplatz eingestelltes Verkaufsangebot
hin, trifft den Betreiber als Störer die mit einem Unterlassungsanspruch
durchsetzbare Verpflichtung, zukünftig derartige Verletzungen zu
verhindern (Fortführung von BGHZ 158, 236 - Internet-Versteigerung I; BGHZ
172, 119 - Internet-Versteigerung II; BGHZ 173, 188 - Jugendgefährdende
Medien bei eBay).

b) Dies setzt voraus, dass der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Adressat
des Hinweises den Rechtsverstoß unschwer - das heißt ohne eingehende
rechtliche und tatsächliche Überprüfung - feststellen kann. Dabei hängt das
Ausmaß des insoweit vom Betreiber zu verlangenden Prüfungsaufwandes von
den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten
Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des
Betreibers auf der anderen Seite.

c) Ein Beleg der Rechtsverletzung durch den Beanstandenden ist nur dann erforderlich
, wenn schutzwürdige Interessen des Betreibers des OnlineMarktplatzes
dies rechtfertigen. Das kann der Fall sein, wenn der Betreiber
nach den Umständen des Einzelfalls berechtigte Zweifel am Bestehen eines
Schutzrechts, an der Befugnis zur Geltendmachung dieses Schutzrechts
durch den Hinweisenden oder aber am Wahrheitsgehalt der mitgeteilten tatsächlichen
Umstände einer Rechtsverletzung haben darf und deshalb aufwendige
eigene Recherchen anstellen müsste, um eine Rechtsverletzung hinreichend
sicher feststellen zu können. Hat der Betreiber des OnlineMarktplatzes
solche berechtigten Zweifel, ist er grundsätzlich gehalten, dem
Hinweisenden diese Zweifel mitzuteilen und nach den Umständen angemessene
Belege für die behauptete Rechtsverletzung und die Befugnis des Hinweisenden
zu ihrer Verfolgung zu verlangen.

d) Eine Verhaltenspflicht des Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr
begründen kann, entsteht erst nach Erlangung der Kenntnis von der
Rechtsverletzung. Damit kann in derjenigen Verletzungshandlung, die Gegenstand
einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber
des Online-Marktplatzes erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt
, keine Verletzungshandlung gesehen werden, die eine Wiederholungsgefahr
im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die
Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung
nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen
erforderlich (Fortführung von BGHZ 173, 188 Rn. 53 - Jugendgefährdende
Medien bei eBay).
BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. März 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt weltweit exklusiv eine Reihe von internationalen Parfüms, darunter auch Produkte unter den Marken "Davidoff Echo" und "Davidoff Cool Water Deep". Die Klägerin ist exklusive Lizenznehmerin der unter anderem für Parfümerien eingetragenen Marken "Davidoff", "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep". Sie ist zur Verteidigung dieser Markenrechte im eigenen Namen berechtigt.
2
Die Beklagte betreibt im Internet unter "www.ebay.de" eine Plattform, auf der Privatleute und Gewerbetreibende gegen Entgelt Waren zum Kauf oder zur Versteigerung anbieten können. Die Beklagte bewirbt die auf ihrer Internetplattform angebotenen Produkte. Sie stellt Inhabern von Schutzrechten ein sogenanntes "VeRi-Programm" zur Verfügung, mit dem die Rechteinhaber bei der Beklagten rechtsverletzende Angebote beanstanden können. Wird die Rechtsverletzung durch eine eidesstattliche Versicherung nachgewiesen, sperrt die Beklagte das beanstandete Angebot und eröffnet dem Schutzrechtsinhaber die Möglichkeit, die Daten des Anbieters über das VeRi-Programm abzufragen.
3
Auf der Internetplattform der Beklagten boten Verkäufer unter den Benutzernamen "Gold-Discount-Darmstadt" und "mein_duft" Parfüm unter Verwendung der Bezeichnungen "Echo von Davidoff" sowie unter der Überschrift "Davidoff Deep" Parfüm mit der Bezeichnung "Cool Water Deep" an. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 20. April 2007 beanstandete die Klägerin gegenüber der Beklagten insgesamt vier Verkaufsangebote des Benutzers "GoldDiscount -Darmstadt". Es hieß dort auszugsweise wie folgt: Sehr geehrte Damen und Herren, für die [Klägerin] beanstanden wir die im folgenden aufgeführten Angebote mit Parfumfälschungen der Marke Davidoff "Echo". Angeboten werden jeweils sog. "Stift-Parfums" mit einer Füllmenge von 20 ml. Im Namen unserer Mandantin weisen wir darauf hin, dass es sich bei Angeboten dieser Art ausnahmslos um Fälschungen handelt. Von unserer Mandantin wird weder das hier angebotene noch ein ähnliches "Stift-Parfum" unter der Marke Davidoff "Echo" hergestellt und vertrieben. … Der Vertrieb der vorgenannten Parfumfälschungen verletzt die Markenrechte unserer Mandantin und begründet Unterlassungs- und Auskunftsansprüche nach den §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, 19 MarkenG.
4
Mit einem weiteren im Wesentlichen gleichlautenden Rechtsanwaltsschreiben vom 25. April 2007 beanstandete die Klägerin außerdem insgesamt fünf Verkaufsangebote des Anbieters "mein_duft". Dort ging es ebenfalls um Angebote von Stift-Parfüms mit einer Füllmenge von 20 ml, diesmal allerdings unter der Bezeichnung "Davidoff Deep".
5
In beiden Schreiben forderte die Klägerin die Beklagte unter anderem zur Entfernung der beanstandeten Angebote, zur Mitteilung von Namen und Anschrift des Verkäufers sowie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
Die Beklagte reagierte auf die Beanstandungen mit folgender Mitteilung:
Vielen Dank fuer Ihr Fax vom 20. April 2007. Wir haben die dort benannten Angebote beendet, soweit eine Rechtsverletzung fuer uns erkennbar war. Ihre Meldung und die dort gemachten Angaben werden wir bei unserer weiteren Kontrolle des eBay-Marktplatzes beruecksichtigen.
6
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte treffe aufgrund der von ihr erhobenen Entgelte und der von ihr betriebenen Werbung für die Plattform und für einzelne dort eingestellte Angebote eine Mitverantwortlichkeit für die dort begangenen Markenverletzungen.
7
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, auf ihrer unter www.ebay.de betriebenen Plattform die Gelegenheit zu gewähren, Verkaufsangebote zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten , welche sich auf ein Duftwasser mit der Behältnisgröße 20 ml und der Bezeichnung "Davidoff" und/oder "Davidoff/Echo" richten, wenn aufgrund von Hinweisen oder Merkmalen erkennbar ist, dass der Anbieter mit seinem Angebot im geschäftlichen Verkehr handelt.
8
Weiter hat die Klägerin beantragt, ihr Auskunft über die bei der Beklagten hinterlegten Namen und Anschriften der Verkäufer mit den Benutzernamen "Gold-Discount-Darmstadt" und "mein_Duft" zu erteilen.
9
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, eine Verantwortlichkeit als Störer komme nicht in Betracht. Es fehle an einem Hinweis auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung. Die Prüfpflichten, die ihr nach Ansicht der Klägerin auferlegt werden sollten, seien unzumutbar.
10
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt und die weitergehende Klage auf Auskunft abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
11
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


12
A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge für unbegründet erachtet. Es hat hierzu ausgeführt:
13
Die Beklagte könne allenfalls als Störerin für die beanstandeten Markenverletzungen haften, was eine Verletzung von Prüfungspflichten voraussetze. Der Betreiber einer Handelsplattform könne seiner Prüfungspflicht nur nachkommen , wenn er alle Umstände kenne, die den Vorwurf eines Primärverstoßes rechtfertigten. Die Klägerin hätte die Umstände darstellen müssen, aus denen sich eine klare, ohne weiteres erkennbare Rechtsverletzung ergeben habe. Diese Hinweise habe die Klägerin weder vorprozessual noch im Verlauf des Rechtsstreits erteilt.
14
Zwar habe die Klägerin mit den Schreiben vom 20. und 25. April 2007 bestimmte angebotene Stiftparfüms mit einer Füllmenge von 20 ml als Fälschungen beanstandet. Es fehlten jedoch Belege für diese Aussage. Es sei aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten durchaus möglich gewesen, dass die Klägerin entsprechende Stifte produziert und vertrieben habe. Hierfür würden das weitgefächerte Sortiment der Parfüms "Echo" und "Cool Water Deep" sowie die Tatsache sprechen, dass zahlreiche Parfümhersteller Produkte mit der Füllmenge 20 ml als Originalware auf den Markt brächten. Der Beklagten sei es nicht zuzumuten, sich selbst eine vollständige Kenntnis vom Produktsortiment der Klägerin zu verschaffen. Vielmehr liege es an der Klägerin, Belege für die Behauptung beizubringen, dass entsprechende Parfüm-Sticks mit einer Füllmenge von 20 ml von ihr nicht hergestellt oder vertrieben würden. Auch könne die Existenz eines durchsetzungsfähigen Schutzrechts nicht einfach unterstellt werden. Das Schreiben lasse schließlich im Unklaren, ob die Klägerin überhaupt zur Rechtsverfolgung legitimiert sei. Die Klägerin habe die Möglichkeit nicht genutzt, im Rahmen des VeRi-Programms durch eidesstattliche Versicherung die tatsächlichen Umstände einer festgestellten Markenverletzung zu belegen.
15
Eine Prüfungspflicht sei auch nicht durch die im Verlauf des Rechtsstreits erteilten Hinweise der Klägerin entstanden. Eine Ermächtigung durch die Markeninhaberin , in eigenem Namen Markenrechte geltend zu machen, sei nicht beigebracht worden. Die Klägerin habe wiederum nur pauschal darauf hingewiesen , dass es sich bei den angebotenen Parfüms um Fälschungen handele. Der Hinweis, es gebe kein entsprechendes Original, so dass die Angebote klar und eindeutig bereits am Bildschirm als Fälschungen zu erkennen seien, reiche nicht aus. Für einen außenstehenden Betrachter sei nicht ersichtlich, dass es kein entsprechendes Original gebe, weil das Produkt seiner Aufmachung nach auch ein Original-Parfüm habe sein können. Die Klägerin habe nichts dazu vorgetragen , was den Hinweis auf den Fälschungscharakter habe belegen können.
16
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch sei ebenfalls nicht gegeben. Ein solcher Anspruch lasse sich nicht durch eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 19 MarkenG begründen.
17
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft verneint.
18
I. Zwar kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Unterlassungsanspruch der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung nicht verneint werden. Es fehlt jedoch an einer Begehungsgefahr, so dass sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
19
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen worden, so dass sie keine für eine Störerhaftung erforderlichen Prüfungspflichten träfen, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
20
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 45 = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet, mwN). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 - ambiente.de; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, GRUR 2004, 438, 442 - Feriendomizil I). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben , setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prü- fung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 148, 13, 18 - ambiente.de; BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). So hat es der Senat für den Grad der Zumutbarkeit der Verhinderung von Rechtsverletzungen Dritter für erheblich gehalten, ob der als Störer in Anspruch Genommene ohne Gewinnerzielungsabsicht zugleich im öffentlichen Interesse handelt (BGHZ 148, 13, 19 f. - ambiente.de; BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - I ZR 82/01, GRUR 2004, 619, 621 = WRP 2004, 769 - kurt-biedenkopf.de) oder aber eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt und etwa - wie die Betreiberin einer Internethandelsplattform - durch die ihr geschuldete Provision an dem markenrechtsverletzenden Verkauf von Piraterieware beteiligt ist (BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internetversteigerung I). Weiter ist zu berücksichtigen, ob die geförderte Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 316 = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; BGHZ 158, 343, 353 - Schöner Wetten ) oder tatsächlicher (BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 39 ff. - Kinderhochstühle im Internet) Prüfung festgestellt werden kann oder aber für den als Störer in Anspruch Genommenen offenkundig oder unschwer zu erkennen ist (BGHZ 148, 13, 18 - ambiente.de; BGHZ 158, 236, 252 - Internetversteigerung I; BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 46 - InternetVersteigerung

II).


21
Nach diesen Maßstäben ist es dem Betreiber einer Internethandelsplattform grundsätzlich nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Wird er allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Markenverletzungen kommt (BGHZ 158, 236, 252 - Internetversteigerung I; BGHZ 172, 119 Rn. 45 - Internet-Versteigerung II; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 51 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III).
22
Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mitden Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, juris - L’Oréal/eBay) aufgestellt hat. Der Gerichtshof sieht es als möglich an, dass im Betrieb eines Online-Marktplatzes ein Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr liegen kann, sofern der Anbieter sich darauf beschränkt, diesen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 109 f. - L’Oréal/eBay). Daraus ergibt sich, dass dem Betreiber eines Online-Markplatzes grundsätzlich gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG, dessen Regelung durch § 10 TMG in deutsches Recht umgesetzt ist, für fremde Informationen, die er für einen Nutzer speichert, nicht verantwortlich ist. Ferner ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG - umgesetzt durch § 7 Abs. 2 TMG - dass der Betreiber grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 139 - L’Oréal/eBay). Voraussetzung hierfür ist nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG bzw. § 10 TMG allerdings, dass der Betreiber keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder Information hat und ihm im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bewusst sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder Information offensichtlich wird, oder dass er unverzüglich tätig geworden ist, um die Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald er diese Kenntnis erlangt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 119 - L’Oréal/eBay).
23
Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, wird er hinsichtlich dieser Daten nicht von dem Anwendungsgebiet des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG erfasst (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 113, 116 - L’Oréal/eBay) und kann sich deshalb insoweit auch nicht auf das Haftungsprivileg der Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG/§ 7 Abs. 2 TMG berufen.
24
Dabei können die bloßen Umstände, dass der Betreiber eines OnlineMarkplatzes die Verkaufsangebote auf seinem Server speichert, die Modalitäten für seinen Dienst festlegt, für diesen eine Vergütung erhält und seinen Kunden Auskünfte allgemeiner Art erteilt, nicht dazu führen, dass die in der Richtlinie 2000/31/EG hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen auf ihn keine Anwendung finden (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 115 - L’Oréal/eBay). Leistet der Betreiber hingegen seinen Kunden Hilfestellung , die unter anderem darin bestehen kann, die Präsentation der betreffenden Verkaufsangebote zu optimieren oder diese Angebote - etwa durch Adword -Anzeigen in Referenzierungsdiensten wie zum Beispiel Google - zu bewerben , ist davon auszugehen, dass er zwischen dem als Verkäufer auftretenden Kunden und den potenziellen Käufern keine neutrale Stellung eingenommen , sondern eine aktive Rolle gespielt hat, die ihm eine Kenntnis von den die- se Angebote betreffenden Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte. Hinsichtlich dieser Daten kann er sich deshalb ebenfalls nicht auf die in Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG geregelte Ausnahme im Bereich der Verantwortlichkeit berufen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 116 - L’Oréal/eBay).
25
Der Gerichtshof hat weiter entschieden, dass Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dahin auszulegen ist, dass er von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verlangt, sicherzustellen, dass die für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zuständigen nationalen Gerichte dem Betreiber eines Online-Marktplatzes aufgeben können, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur zur Beendigung der von Benutzern dieses Marktplatzes hervorgerufenen Verletzungen, sondern auch zur Vorbeugung gegen erneute derartige Verletzungen beitragen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 144 - L’Oréal/eBay).
26
Nach den Grundsätzen des Gerichtshofs und des erkennendenSenats ist der Betreiber eines Online-Marktplatzes mithin verantwortlich, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung durch ein auf dem Marktplatz eingestelltes Verkaufsangebot erlangt. Ihn trifft weiter die durch einen Unterlassungsanspruch durchsetzbare Verpflichtung, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
27
b) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch zu strenge Anforderungen an den Inhalt des Hinweises gestellt, mit dem die Beklagte von den auf ihrer Handelsplattform stattfindenden Markenrechtsverletzungen in Kenntnis gesetzt wurde.
28
aa) Die Funktion des Hinweises auf Rechtsverletzungen, der sowohl vorprozessual - etwa durch eine Abmahnung - als auch durch die Klageerhebung erfolgen kann (BGHZ 158, 343, 353 - Schöner Wetten), besteht darin, den grundsätzlich nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreiber einer Internethandelsplattform in die Lage zu versetzen, in der Vielzahl der ohne seine Kenntnis von den registrierten Mitgliedern der Plattform mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Plattform-Software eingestellten Verkaufsangebote diejenigen auffinden zu können, die Rechte Dritter verletzen. Dies setzt voraus, dass der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Adressat des Hinweises den Rechtsverstoß unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung - feststellen kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Betreiber einer Internethandelsplattform zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Betreibers auf der anderen Seite.
29
Die Abmahnschreiben der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 genügen diesen Anforderungen. Gegenstand der Beanstandung waren Verletzungen der Marken "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep" durch das Angebot von mit diesen Marken gekennzeichneten Duftwässern mit der Füllmenge 20 ml. In rechtlicher Hinsicht geht es damit nicht um die Prüfung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr, sondern um die ohne weiteres festzustellende Verwendung eines mit der Marke identischen Zeichens für eine Ware, die mit den Waren identisch ist, für die die fragliche Marke Schutz genießt. Dadurch, dass die Klägerin der Beklagten weiter mitgeteilt hat, dass es sich bei Angeboten dieser Art ausnahmslos um Fälschungen handelt, ergab sich für die Beklagte, dass entsprechend gekennzeichnete Parfüms mit der konkret bestimmten Füllmenge von 20 ml niemals Originalprodukte sein können. Damit enthielten die Abmahnschreiben alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände, welche die Beklagte in die Lage versetzten, ohne aufwendige rechtliche oder tatsächliche Wertungen derartige Angebote allein anhand der in den Angebotsbeschreibungen benannten und daher für Kaufinteressenten und damit auch für die Beklagte selbst mittels der Suchfunktion der Plattform auffindbaren Markennamen , der Füllmenge und gegebenenfalls der Produktkategorie als markenverletzend zu identifizieren.
30
bb) Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Mitteilung dieser Umstände nicht ausreichte, um eine Prüfungspflicht der Beklagten auszulösen. Die Klägerin hätte vielmehr nach Ansicht des Berufungsgerichts auch Belege dafür beibringen müssen, dass Parfümsticks mit einer Füllmenge von 20 ml von der Klägerin nicht hergestellt bzw. vertrieben würden, dass die behaupteten Schutzrechte bestünden und die Klägerin zur Rechtsverfolgung legitimiert sei. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen überspannt, die an den Hinweis auf die erfolgte Schutzrechtsverletzung zu stellen sind.
31
Zwischen dem für die Entstehung einer Prüfungspflicht erforderlichen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung und dem Beleg der dazu im Hinweis mitgeteilten Umstände ist zu unterscheiden. Ein Beleg ist nur dann erforderlich, wenn schutzwürdige Interessen der Beklagten dies rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn die Beklagte nach den Umständen des Einzelfalls berechtigte Zweifel am Bestehen eines Schutzrechts, an der Befugnis zur Geltendmachung dieses Schutzrechts durch den Hinweisenden oder aber am Wahrheitsgehalt der mitgeteilten tatsächlichen Umstände einer Rechtsverletzung haben darf und deshalb aufwendige eigene Recherchen anstellen müsste, um eine Rechtsverletzung hinreichend sicher feststellen zu können. Dafür ist aber im Streitfall nichts ersichtlich. Allein der Umstand, dass andere Parfümhersteller Produkte mit einer Füllmenge von 20 ml vertreiben, legt nicht die Vermutung nahe, dass auch die Klägerin derartige Produkte unter den hier maßgebenden Bezeich- nungen vertreibt und daher der Beklagten gegenüber unzutreffende Angaben über ihr Produktsortiment gemacht haben könnte. Die Beklagte hat ferner nicht geltend gemacht, Zweifel am markenrechtlichen Schutz der Bezeichnungen "Davidoff Cool Water Deep" und "Echo Davidoff" gehabt zu haben. Ebenfalls lag es nach dem Inhalt der Abmahnschreiben fern, dass die Klägerin unzutreffend eine Verletzung ihrer Markenrechte beanstandet oder zu Unrecht behauptet hat, Rechte aus den genannten Marken geltend machen zu dürfen.
32
Letztlich kann hier jedoch offenbleiben, ob die Beklagte im Streitfall berechtigte Zweifel daran haben konnte, dass die mit den Schreiben vom 20. und 25. April 2007 angezeigten Angebote Markenrechte verletzten und die Klägerin zur Verfolgung dieser Markenrechtsverletzungen befugt war. Denn dann wäre die Beklagte als Abgemahnte nach Treu und Glauben gehalten gewesen, die Klägerin auf diese Zweifel hinzuweisen und nach den Umständen angemessene Belege für die behaupteten klaren Rechtsverletzungen und die Befugnis der Klägerin zur Verfolgung dieser Verletzungen zu verlangen (vgl. zur Aufklärungspflicht des Abgemahnten nur Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 1.61 ff.). Daran fehlt es hier.
33
Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein für die Entstehung einer Prüfungspflicht ausreichender Hinweis immer dann fehlt, wenn der Betreiber einer Internethandelsplattform aufgrund der Umstände des Einzelfalls den Hinweisenden in berechtigter Weise aufgefordert hat, die aus seiner Sicht zweifelhaften Umstände einer Rechtsverletzung zu belegen, und der Hinweisende dieser Aufforderung nicht oder nur unzureichend Folge leistet. Denn im Streitfall hat die Beklagte von der Klägerin nicht nur keine Belege verlangt. Sie hat auch noch nicht einmal Zweifel an den Angaben der Klägerin geäußert, sondern dieser im Gegenteil sogar mitgeteilt, die beanstandeten "Angebote beendet" zu haben und die Meldung sowie die dort gemachten Angaben für die weitere Kon- trolle des Online-Marktplatzes zu berücksichtigen. Die Beklagte hat damit ausdrücklich erklärt, dass der Hinweis der Klägerin als hinreichende Mitteilung einer Rechtsverletzung akzeptiert wird. Daran muss sie sich nach Treu und Glauben jedenfalls im Hinblick auf die Frage festhalten lassen, ob der Hinweis der Klägerin als Mitteilung einer klaren Rechtsverletzung ausreichte, um grundsätzlich Verhaltenspflichten für die Zukunft im Sinne der Grundsätze der Störerhaftung auszulösen.
34
cc) Aus demselben Grund kann offenbleiben, ob die Beklagte auch in Fallkonstellationen, in denen sie berechtigte Zweifel an der Richtigkeit einer behaupteten Rechtsverletzung hat, einen Rechteinhaber auf die Möglichkeit verweisen kann, die Rechtsverletzung über das VeRi-Programm anzuzeigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 42 f. - Kinderhochstühle im Internet) und deren Umstände eidesstattlich zu versichern. Solche Zweifel hat sie im Streitfall der Klägerin gegenüber ebenfalls nicht geäußert, sondern hat deren Abmahnung ausdrücklich als hinreichend klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung akzeptiert.
35
dd) Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, eine Prüfungspflicht werde nur dann ausgelöst, wenn die klare Rechtsverletzung allein aus dem Angebot selbst ersichtlich sei. Auf sonstige Umstände und Informationen, die aus dem Lager des Rechteinhabers stammten, könne es nicht ankommen.
36
Ein solches Erfordernis ist mit der Funktion des Hinweises nicht in Einklang zu bringen, die Beklagte auf rechtsverletzende Angebote aufmerksam zu machen und ihr damit die Kenntnis zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen zu verschaffen, die sie sich selbst zunächst nicht verschaffen muss. Hierfür ist es unerheblich, ob sich die Rechtsverletzung vollständig aus dem beanstandeten Angebot selbst ergibt oder aber - wie regelmäßig - die Kenntnis weiterer, nicht aus dem Angebot ersichtlicher Umstände wie etwa die Erkenntnis hinzutreten muss, dass eine bestimmte Bezeichnung überhaupt als Marke geschützt ist, wer deren Inhaber oder von diesem zur Rechtsverfolgung legitimiert ist oder anhand welcher Produkteigenschaften oder sonstigen Umstände ersichtlich wird, dass es sich um eine Fälschung handelt. Für die Offenkundigkeit einer mitgeteilten Rechtsverletzung kommt es nicht auf den formellen Gesichtspunkt an, aus welcher Erkenntnisquelle sich die die Rechtsverletzung kennzeichnenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände entnehmen lassen, sondern allein darauf, ob diese Umstände zur Kenntnis der Beklagten gelangen und für sie unschwer zu erkennen und zu bewerten sind. Davon zu unterscheiden ist wiederum die - wie dargelegt im Streitfall nicht erhebliche - Frage, ob und inwieweit die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Rechteinhaber auf konkrete Anforderung bestimmte aus seiner Sphäre stammende Umstände belegen muss.
37
2. Das Berufungsurteil stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es fehlt im Streitfall an einer für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr.
38
a) Die für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass es in der Vergangenheit bereits zu einer Verletzungshandlung gekommen ist. Daran fehlt es im Streitfall.
39
Wie dargelegt, ist der Betreiber einer Internethandelsplattform grundsätzlich nicht gehalten, jedes Angebot vor der in einem automatisierten Verfahren erfolgenden Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Wird er allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen , muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Marken- rechtsverletzungen kommt. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann. Damit kann in derjenigen Verletzungshandlung, die Gegenstand einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber des Online-Marktplatzes erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, keine Verletzungshandlung gesehen werden, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 53 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
40
Im Streitfall hat das Landgericht nicht festgestellt, dass auf dem OnlineMarktplatz der Beklagten nach den Beanstandungsschreiben der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 erneut die Marken "Echo Davidoff" oder "Davidoff Cool Water Deep" in einer der Beanstandung entsprechenden Weise verletzt worden sind. Es hat seine Verurteilung vielmehr auf eine Erstbegehungsgefahr gestützt. Das Berufungsgericht hat abweichende Feststellungen nicht getroffen. Auch die Revision hat keine Wiederholungsgefahr geltend gemacht, sondern sich ausdrücklich auf eine Erstbegehungsgefahr gestützt, die sich daraus ergebe, dass die Beklagte die fraglichen Angebote unverzüglich nach Erhalt des Abmahnschreibens vom 20. April 2007 gelöscht habe, in der Klageerwiderung aber die Auffassung vertreten habe, dass dies ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt sei.
41
Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz beantragt hat, die Veröffentlichung von Verkaufsangeboten zu unterlassen, die sich auf Duftwasser mit der Behältnisgröße 20 ml unter der Bezeichnung "Davidoff" in Alleinstellung, also ohne die Zusätze "Echo" oder "Cool Water Deep" richtet, fehlt es bereits an einer hinreichenden Inkenntnissetzung der Beklagten von einem Rechtsverstoß. Die Beanstandungsschreiben der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 betreffen allein Angebote unter den Bezeichnungen "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep".
42
b) Es liegt auch keine Erstbegehungsgefahr vor.
43
Im Streitfall hat die Beklagte die beanstandeten Angebote nach Eingang der Abmahnungen gelöscht. Das Landgericht hat dennoch eine Erstbegehungsgefahr angenommen und dies damit begründet, die von der Beklagen in der Klageerwiderung geäußerten Meinung, wonach die Löschung ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt sei, sowie die Haltung der Beklagten hinsichtlich der von ihr an die Abmahnung gestellten Anforderungen ließen darauf schließen , dass die Beklagte sich nicht verpflichtet fühle, in Zukunft für die Filterung von Angeboten des Parfüms "Davidoff Echo" in der Behältnisgröße von 20 ml zu sorgen. Auch die Revision begründet das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr mit der von der Beklagten in der Klageerwiderung geäußerten Auffassung, die Löschung sei ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt. Damit hat sie keinen Erfolg.
44
Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der fraglichen Weise rechtswidrig verhalten. Eine Erstbegehungsgefahr kann auch begründen, wer sich des Rechts berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen. Eine solche Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden. Die Tatsache allein, dass sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet. Eine Rechtsverteidigung kann aber dann eine Erstbegehungsgefahr begründen, wenn nicht nur der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten, sondern den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falls auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten (BGH, Urteil vom 31. Mai 2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe, mwN).
45
Im Streitfall sind keine Umstände festgestellt oder von der Revision geltend gemacht worden, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte habe nicht nur ihren Rechtsstandpunkt vertreten, sondern habe erkennen lassen, dass sie unabhängig von dem Ausgang des gerichtlichen Verfahrens auch in Zukunft die Veröffentlichung von Angeboten für Parfüms mit einer Füllmenge von 20 ml unter den Bezeichnungen "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep" nicht verhindern werde.
46
II. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Auskunft über die bei der Beklagten hinterlegten Namen und Anschriften der Verkäufer mit den Benutzernamen "Gold-Discount-Darmstadt" und "mein_Duft" zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis ebenfalls stand.
47
Ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs, der ohnehin nur in Betracht kommt, wenn die Beklagte nicht lediglich als Störerin, sondern als Täterin oder Teilnehmerin verantwortlich ist (BGHZ 158, 236, 253 - Internetversteigerung I, mwN), setzt ebenso wie ein Anspruch aus § 19 Abs. 1 MarkenG voraus, dass die Beklagte bereits eine Rechtsverletzung begangen hat. Im Streitfall stützt sich die Revision jedoch allein auf den Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr. Wie dargelegt ist nicht festgestellt, dass die Beklagte nach den Hinweisen der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 ihre Prüfungspflicht verletzt hat, indem sie gleichartige Angebote der Verkäufer mit den Benutzernamen "Gold-DiscountDarmstadt" und "mein_Duft" nicht verhindert hat. Die Revision rügt insoweit auch nicht, dass das Berufungsgericht entsprechenden Vortrag der Klägerin übergangen hätte. Die Revision hat ferner nicht geltend gemacht, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Anspruch aus § 19 Abs. 2 MarkenG verneint habe.
48
C. Die Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.02.2008 - 34 O 117/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 31.03.2009 - I-20 U 73/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 18/11 Verkündet am:
12. Juli 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Alone in the Dark

a) Ein File-Hosting-Dienst, der im Internet Speicherplatz zur Verfügung stellt,
kann als Störer haften, wenn urheberrechtsverletzende Dateien durch Nutzer
seines Dienstes öffentlich zugänglich gemacht werden, obwohl ihm zuvor ein
Hinweis auf die klare Rechtsverletzung gegeben worden ist. Nach einem solchen
Hinweis muss der File-Hosting-Dienst im Rahmen des technisch und
wirtschaftlich Zumutbaren verhindern, dass derselbe oder andere Nutzer das
ihm konkret benannte, urheberrechtlich geschützte Werk Dritten erneut über
seine Server anbieten.

b) Die Eignung eines Wortfilters mit manueller Nachkontrolle für die Erkennung
von Urheberrechtsverletzungen wird nicht dadurch beseitigt, dass er mögliche
Verletzungshandlungen nicht vollständig erfassen kann.

c) Zur Vermeidung einer Störerhaftung kann ein File-Hosting-Dienst auch verpflichtet
sein, im üblichen Suchweg eine kleine Anzahl einschlägiger Linksammlungen
manuell darauf zu überprüfen, ob sie Verweise auf bestimmte
bei ihm gespeicherte urheberrechtsverletzende Dateien enthalten.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein weltweit führendes Unternehmen für Computer- und Videospiele, die sie verlegt und vertreibt. Zu ihren derzeit erfolgreichsten Titeln gehört das Computerspiel „Alone in the Dark“. Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, stellt unter der Internetadresse www.rapidshare. com Nutzern Speicherplatz im Internet zur Verfügung („File-Hosting-Dienst“). Bei diesem Dienst kann der Nutzer mit einem einzigen Klick eine von ihm ausgewählte eigene Datei auf der Internetseite der Beklagten hochladen, die dann auf deren Servern abgespeichert wird. Unmittelbar nach dem Hochladen wird dem Nutzer ein Download-Link übermittelt, mit dem dieser die abgelegte Datei über seinen Browser aufrufen kann.
2
Der Beklagten ist der Inhalt der hochgeladenen Dateien nicht bekannt. Sie unterhält auch kein Inhaltsverzeichnis über diese Dateien. Es ist jedoch möglich, mit Suchmaschinen (sogenannten „Linksammlungen“) nach bestimmten , auf den Servern der Beklagten gespeicherten Dateien zu suchen.
3
Die Beklagte bietet für die Nutzung ihres Dienstes zwei Möglichkeiten an. Ohne Registrierung kann der Dienst kostenlos, aber nur in eingeschränktem Umfang genutzt werden. Insbesondere können die hochgeladenen Dateien höchstens zehnmal heruntergeladen werden. Daneben gibt es die Möglichkeit, nach Registrierung des Nutzers für bis zu 6,99 € monatlich ein Premium-Konto einzurichten. Das Premium-Konto ermöglicht insbesondere ein beliebig häufiges und schnelleres Herunterladen der Dateien.
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Die Beklagte vergibt Premium-Punkte an Nutzer, deren hochgeladene Dateien von anderen Personen abgerufen werden. Diese Punkte können in ein Premium-Konto eingetauscht oder für dessen Verlängerung verwendet werden. Die Beklagte stellt auch die Software „RapidShare Uploader“ bereit, mit der ein Nutzer in einem einzigen Arbeitsschritt beliebig viele Dateien auf die Server der Beklagten hochladen kann.
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Am 19. August 2008 erfuhr die Klägerin, dass das Spiel „Alone in the Dark“ über den Internetdienst der Beklagten öffentlich zugänglich war. Nach Eingabe der Suchwörter „Rapidshare Alone in the Dark“ bei Google konnte das Spiel durch Aktivierung von Links mit den Kennungen „rapidshare.com/files …“ abgerufen und auf die Festplatte des Abrufenden heruntergeladen werden. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen dieses Sachverhalts noch am selben Tag ab. Mit Anwaltsschreiben vom 22. August 2008 bestätigte die Beklagte die Sperrung der in der Abmahnung aufgeführten konkreten Links zu dem Spiel.
Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, in der sie sich insbesondere verpflichten sollte, es zu unterlassen, urheberrechtlich geschützte Werke der A. , insbesondere das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet oder auf sonstige Art und Weise öffentlich zugänglich zu machen, zu verbreiten und/ oder wiederzugeben oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, lehnte die Beklagte dagegen ab.
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Die Klägerin hat vorgetragen, das Spiel „Alone in the Dark“ sei jedenfalls noch bis zum 2. September 2008 auf den Servern der Beklagten abrufbar gewesen.
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Soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, hat die Klägerin beantragt, es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Art und Weise zu vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen oder diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen, jedoch nur
a) soweit das Computerspiel mit einem Dateinamen, welcher den Titel „Alone in the Dark“ enthält, auf den Servern gespeichert ist oder
b) soweit Hyperlinks auf das Spiel mit der URL rapidshare.com/files in den Linksammlungen www.raidrush.org, rapidlibrary.com, rapidsharesearcher.com , alivedownload.com, taringa.net, freshwap.net, hotfilms.org, rapidfind.org und/oder rapidsharedownload.net verzeichnet sind, oder
c) …
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Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Antrag zu b) die Wörter „auf das Spiel“ durch „auf Dateien, die das Computerspiel ‚Alone in the Dark’ enthalten“, ersetzt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Düsseldorf, MMR 2011, 250).
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Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungs- instanz gestellten Anträge weiter, wobei sie sich nicht mehr auf lauterkeitsrechtliche , sondern nur noch auf urheberrechtliche Ansprüche stützt.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:
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Zwar liege eine Rechtsverletzung im Sinne des § 97 UrhG vor; denn über den Internetdienst der Beklagten würden unstreitig illegale Kopien des Computerspiels „Alone in the Dark“ zum Herunterladen angeboten. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin scheide aber aus, weil nicht sie, sondern allein die Nutzer ihres Dienstes über die Bekanntgabe des Download -Links und damit über das öffentliche Zugänglichmachen der Datei und ihres Inhalts entschieden und der für eine Teilnehmerhaftung erforderliche, zumindest bedingte Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat fehle. Die Voraussetzungen einer Störerhaftung habe die Klägerin nicht dargelegt. Die Haftung der Beklagten hänge entscheidend davon ab, ob sie nach Kenntnis von Rechtsverletzungen das ihr Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen getan habe. Da das Geschäftsmodell der Beklagten als solches nicht auf der Nutzung rechtswidrig eingestellter Inhalte beruhe, sei ihr nicht zuzumuten, aufgrund von Prüfpflichten ihr gesamtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen. Zwar könne die Klägerin ohne weiteres sämtliche Dateien mit Dateinamen finden, die den Titel „Alone in the Dark“ enthielten. Jedoch sei es ihr regelmäßig unmöglich zu bestimmen, ob es sich bei den gefundenen Dateien um das besagte Computerspiel oder beispielsweise um Urlaubsfotos eines Dritten handele. Diese Schwierigkeiten stellten sich verstärkt beim Antrag zu b), weil die meisten der dort genannten Linksammlungen nicht dazu geeignet sei- en, rechtsverletzende Inhalte zu finden und entsprechende Links zu sperren. Unter diesen Umständen sei eine Verletzung von Prüfpflichten durch die Beklagte als Voraussetzung der Störerhaftung nicht ersichtlich.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (BGBl. 1994 II S. 2658). Die Klägerin macht Ansprüche aus einer in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung - dem öf- fentlichen Zugänglichmachen des Computerspiels „Alone in the Dark“ - geltend.
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2. Das Computerspiel der Klägerin ist jedenfalls als Werk, das ähnlich wie ein Filmwerk geschaffen worden ist, nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG urheberrechtlich geschützt. Es wird vermutet, dass die Klägerin als Herausgeberin des Spiels ermächtigt ist, die Rechte des Urhebers geltend zu machen (§ 10 Abs. 1 UrhG).
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3. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten als Täter oder Teilnehmer für von ihren Nutzern in Bezug auf das Spiel begangene Urheberrechtsverletzungen verneint.
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a) Die Dateien mit dem geschützten Spiel werden von Nutzern des FileHosting -Dienstes der Beklagten unter Verletzung des bestehenden Urheberrechts (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG) durch Bekanntgabe des Zugangslinks im Internet öffentlich zugänglich gemacht, ohne dass die Beklagte zuvor vom Inhalt dieser Dateien Kenntnis nimmt. Die Beklagte kann unter diesen Umständen keine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung begehen. Denn sie erfüllt dadurch , dass sie Nutzern ihren Dienst zur Verfügung stellt und von diesen dort geschützte Werke in urheberrechtsverletzender Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, nicht selbst den Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung. Insbesondere macht sie die Dateien nicht selbst öffentlich zugänglich und vervielfältigt sie auch nicht (vgl. zum Markenrecht BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internetversteigerung II; Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 57/09, juris Rn. 4).
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b) Eine Haftung der Beklagten als Gehilfe bei den von Dritten mittels ihres Dienstes begangenen Urheberrechtsverletzungen scheidet ebenfalls aus. Für den dazu erforderlichen Gehilfenvorsatz reicht es nicht aus, wenn die Beklagte mit gelegentlichen Rechtsverletzungen durch die Nutzer ihres Dienstes rechnet. Erforderlich wäre vielmehr eine Kenntnis der Beklagten von konkret drohenden Haupttaten (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internetversteigerung II; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 33 = WRP 2011, 881 - Sedo; Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 57/09, juris Rn. 5).
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4. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Unterlassungsansprüche der Klägerin seien auch nicht unter dem Aspekt der Störerhaftung begründet, weil die Beklagte keine Prüfpflichten verletzt habe. Das hält auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschütz- ten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 37 - Sedo). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 40 - Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 = WRP 2011, 1129 - L’Oréal/eBay) festgesetzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
20
b) Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen.
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aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG. Die gespeicherten Dateien sind keine eigenen Informationen der Beklagten, die sie zur Nutzung durch Dritte bereithält und für die sie gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich ist; vielmehr handelt es sich um fremde Informationen im Sinne von § 10 Satz 1 TMG. Die Dateien werden von Nutzern auf die Server der Beklagten hochgeladen und allein dadurch Dritten zugänglich gemacht, dass ihnen die Nutzer den von der Beklagten mitgeteilten Download-Link weitergeben. Allein der Nutzer kontrolliert so die Verbreitung der von ihm hochgeladenen Dateien. Darin unterscheidet sich das Geschäftsmodell der Beklagten von Vermittlungs- und Auktionsplattformen im Internet, in denen die von den Nutzern - wenn auch häufig automatisch - hochgeladenen Angebote durch den Plattformbetreiber öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Verursachungsbeitrag der Beklagten zu Rechtsverletzungen ihrer Nutzer ist daher im Ausgangspunkt geringer als derjenige von Plattformbetreibern. Eine Auswahl oder Prüfung der gespeicherten Dateien durch die Beklagte, aus der sich ergeben könnte, dass sie sich die Inhalte zu eigen macht, erfolgt nicht.
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bb) Eine weitergehende Prüfungspflicht der Beklagten wegen einer besonderen Gefahrengeneigtheit des von ihr angebotenen Dienstes für Urheberrechtsverletzungen besteht nicht. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Gewerbetreibender schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung verpflichtet, die Gefahr auszuräumen, wenn sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer seiner Leistung angelegt ist oder der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. = WRP 2009, 1139 - Cybersky). Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall aber nicht vor. Es bedarf daher keiner Ausführungen zu der Frage, in welchem Verhältnis diese Senatsrechtsprechung zur Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union steht (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 107 ff. - L’Oréal/ebay).
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(1) Die Beklagte geht grundsätzlich im Einklang mit der Rechtsordnung einer Geschäftstätigkeit als Diensteanbieter gemäß § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG nach. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes der Beklagten, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich sind. Neben einer Verwendung als „virtuelles Schließfach“ für eine sichere Verwahrung großer Mengen geschäftlicher oder privater Daten kann der Dienst der Beklagten dazu benutzt werden, bestimmten Nutzern eigene oder gemeinfreie Dateien zum Herunterladen oder zur Bearbeitung bereitzustellen. Das kommt, wie auch die Klägerin einräumt, etwa für Geschäftskunden in Betracht, die ihren Kunden Zugang zu bestimmten Informationen gewähren wollen, oder für Privatpersonen, die selbst erstellte digitale Bilder oder Filme mit Freunden oder Bekannten austauschen möchten. Dabei kann ohne weiteres ein berechtigtes Bedürfnis zum massenhaften Herunterladen großer Dateien durch Dritte bestehen - ein Merkmal, das die Beklagte als Vorteil ihres Dienstes herausstellt.
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Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, das Geschäftsmodell der Beklagten sei darauf angelegt, dass seine Nutzer - insbesondere im Zusammenhang mit Computerspielen und Filmen - Urheberrechtsverletzungen begehen.
25
(2) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte auch nicht durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes gefördert.
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Als gewerbliches Unternehmen ist die Beklagte bestrebt, Einnahmen zu erzielen, was im Rahmen ihres Geschäftsmodells nur durch den Verkauf von Premium-Konten möglich ist. Die damit verbundenen Komfortmerkmale vor allem hinsichtlich Geschwindigkeit der Ladevorgänge, Dauer der Datenspeicherung und Größe der hochladbaren Dateien sind aber auch bei einer Vielzahl legaler Nutzungsmöglichkeiten von Bedeutung. Dasselbe gilt für die Bereitstellung des kostenfreien „RapidShare-Uploaders“ zum Hochladen beliebig vieler Dateien in einem einzigen Arbeitsschritt.
27
Auch die Vergabe von Premium-Punkten durch die Beklagte kann nicht als Förderung illegaler Nutzungsmöglichkeiten angesehen werden. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, erhalten Nutzer Premium-Punkte, wenn eine von ihnen hochgeladene Datei von anderen Personen aufgerufen wird. Zu einer Abhängigkeit der Punkte von der Größe der aufgerufenen Datei ist nichts festgestellt; die Revision rügt auch nicht, dass entsprechender Vortrag von der Klägerin in den Vorinstanzen gehalten worden sei. Im Übrigen bestehen, wie oben ausgeführt, auch für das Herunterladen großer Dateien vielfältige legale Anwendungsmöglichkeiten.
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cc) Der Beklagten dürfen unter diesen Umständen keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 147 - Internetversteigerung II; 173, 188 Rn. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 45 - Sedo; vgl. auch EuGH GRUR 2011, 1025 Rn. 139 L’Oréal/ebay). Insbesondere ist die Beklagte nicht verpflichtet, die von ihr gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen , die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (Art. 15 Abs. 1 RL 2000/31/EG - umgesetzt durch § 7 Abs. 2 TMG). Eine Prüfungspflicht der Beklagten im Hinblick auf das Computerspiel „Alone in the Dark“, deren Verletzung Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf dieses Spiel hingewiesen worden war (vgl. zuletzt BGHZ 191, 19 Rn. 22, 26, 38 f. - Stiftparfüm ).
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(1) Die Beklagte ist mit Anwaltsschreiben vom 19. August 2008 von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf das Computerspiel „Alone in the Dark“ hingewiesen worden. Sie war daher ab diesem Zeitpunkt nicht nur dazu verpflichtet, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern hatte auch Vorsorge zu treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam (vgl. BGH, GRUR 2011, 1038 Rn. 39 - Stiftparfüm).
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(2) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts war das Spiel „Alone in the Dark“ noch nach dem Schreiben der Anwälte der Klägerin vom 19. August 2008, das die Prüfungspflicht der Beklagten begründete, nämlich jedenfalls bis zum 2. September 2008, auf Servern der Beklagten abrufbar.
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dd) Für diese - später aufgedeckten - Rechtsverletzungen haftet die Beklagte als Störer, wenn sie nach dem Hinweis vom 19. August 2008 nicht alles ihr technisch und wirtschaftlich Zumutbare getan hat, um weitere Rechtsverletzungen im Hinblick auf das Spiel „Alone in the Dark“ auf ihren Servern zu verhindern. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, kommt danach eine Störerhaftung der Beklagten durchaus in Betracht.
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(1) Die Beklagte hat zwar die ihr im Schreiben vom 19. August konkret benannten Dateien gesperrt. Sie war aber darüber hinaus verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam. Solche gleichartigen Rechtsverletzungen sind nicht nur Angebote, die mit den bekannt gewordenen Fällen identisch sind, die also das Zugänglichmachen desselben Computerspiels durch denselben Nutzer betreffen. Vielmehr hat es die Beklagte im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren zu verhindern , dass weder der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Nutzer noch andere Nutzer über ihre Server das ihr konkret benannte urheberrechtlich geschützte Computerspiel Dritten anbieten (vgl. zum vergleichbaren Fall der Haftung des Betreibers einer Versteigerungsplattform im Internet BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Schriften bei eBay). Die Urheberrechtsverletzung ist auf das konkrete urheberrechtlich geschützte Werk bezogen. Im Sinne der Störerhaftung sind Verletzungshandlungen gleichartig, durch die dieses Urheberrecht erneut verletzt wird. Dabei kommt es nicht auf die Person desjenigen an, der durch das Zugänglichmachen des geschützten Werkes den Verletzungstatbestand erfüllt.
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(2) Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist es möglich, dass die Beklagte diese Prüfungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie nach dem 19. August 2008 keinen Wortfilter für die zusammenhängende Wortfolge „Alone in the Dark“ zur Überprüfung auch der bei ihr gespeicherten Dateinamen eingesetzt hat.
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Das Berufungsgericht geht davon aus, dass es der Beklagten ohne weiteres möglich ist, sämtliche Dateien mit einem Dateinamen zu finden, der den Titel „Alone in the Dark“ enthält. Die Beklagte hat zwar - nach ihrem Vortrag unmittelbar - nach Erhalt des Hinweises der Klägerin am 19. August 2008 den Begriff „Alone in the Dark“ in ihren Wortfilter aufgenommen. Der von der Be- klagten eingesetzte Wortfilter benachrichtigt die Mitarbeiter ihrer für Missbräuche zuständigen Abteilung jedoch lediglich automatisch, sobald eine Datei auf Servern der Beklagten hochgeladen wird, in der ein bestimmter Schlüsselbegriff vorkommt. Ein solcher nur das Hochladen von Dateien kontrollierender Wortfilter ist ungeeignet, das weitere öffentlich Zugänglichmachen bereits gespeicherter Spiele zu verhindern.
35
Es liegt deshalb nahe, dass die Beklagte einen Wortfilter für den zusammenhängenden Begriff „Alone in the Dark“ auch hätte einsetzen müssen, um die Namen der bei ihr bereits gespeicherten Dateien zu überprüfen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, warum es der Beklagten nicht möglich und zumutbar sein soll, die nach Einsatz eines solchen Wortfilters in ihrem Dateienbestand ermittelten Treffer manuell darauf zu überprüfen, ob es sich um das Spiel der Klägerin handelt. Diese Kontrollmaßnahmen sind auch geeignet, weitere Rechtsverletzungen auf den Servern der Beklagten aufzudecken. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass Nutzer vielfältige Möglichkeiten haben mögen, das Spiel unter anderen Dateinamen abzuspeichern. Die Eignung eines Wortfilters mit manueller Nachkontrolle für die Erkennung von Urheberrechtsverletzungen wird nicht dadurch beseitigt , dass er mögliche Verletzungshandlungen nicht vollständig erfassen kann.
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(3) Eine Verletzung der Prüfungspflicht der Beklagten kommt auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch im Hinblick auf die vom Unterlassungsantrag
b) erfassten Linksammlungen in Betracht.
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Soweit Hyperlinks in diesen Linksammlungen auf Dateien verweisen, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind und das Computerspiel „Alone in the Dark“ enthalten, handelt es sich um Verletzungshandlungen, die mit den festgestellten Verletzungen hinsichtlich des Spiels „Alone in the Dark“ gleichartig sind und auf die sich die Prüfungspflichten der Beklagten nach Unterrichtung grundsätzlich erstrecken, nachdem sie über entsprechende Verstöße unterrichtet worden ist.
38
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine Überprüfung der fraglichen Linksammlungen nicht zumutbar, beruht auf Feststellungen, die das Berufungsgericht nicht verfahrensfehlerfrei getroffen hat. Es geht im Ausgangspunkt zwar zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Köln (MMR 2007, 786) davon aus, dass die regelmäßige Kontrolle einer dreistelligen Zahl von Link-Ressourcen im Internet die dem Diensteanbieter zumutbaren Überprüfungsmöglichkeiten übersteigt, dass es ihm aber zumutbar sein kann, eine kleine Anzahl einschlägiger Linksammlungen - der Antrag zu b) bezieht sich auf neun Linksammlungen - darauf zu überprüfen, ob sie zu dem ihm benannten, auf ihren Servern abgespeicherten Computerspiel führen. Soweit das Berufungsgericht meint, die meisten der genannten Linksammlungen seien konzeptionell nicht dazu geeignet, rechtsverletzende Inhalte aufzudecken, findet dies im Vortrag der Parteien keine Stütze. Soweit das Berufungsgericht seinem Urteil in diesem Zusammenhang das technische Verständnis seiner Mitglieder über die Funktionsweise der Linksammlungen zugrunde gelegt hat, hätte es - wie die Revision mit Erfolg rügt - den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Die Klägerin hätte dann unter Sachverständigenbeweis stellen können, dass es mittlerweile mit denselben Techniken, mit denen Suchmaschinen und interessierte Nutzer die Download-Links auffinden, möglich ist, automatisiert die Linksammlungen zu durchsuchen und die entsprechenden Hyperlinks aufzufinden. Dabei wäre insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der Antrag zu b) nur Hyperlinks mit dem Bestandteil „rapidshare.com/files“ erfasst.
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Im Übrigen ist der Beklagten grundsätzlich auch eine manuelle Kontrolle jedenfalls einer einstelligen Zahl von Linksammlungen zuzumuten (vgl. OLG Köln, MMR 2007, 786, 788). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies von vornherein wenig erfolgversprechend wäre oder einen unzumutbaren Aufwand erforderte. Funktion der Linksammlungen ist es gerade, Interessenten mit Hilfe elektronischer Verweise (Links) zu Computerspielen zu führen, die zwar auf den Servern von File-Hosting-Diensten wie der Beklagten gespeichert sind, bei denen aber - um mögliche Wortfilter zu unterlaufen - der (vollständige) Titel des Computerspiels nicht angegeben ist. Die Linksammlungen müssen daher das jeweilige Computerspiel, auf das sich das Interesse richtet, möglichst eindeutig bezeichnen. Es geht also beim Antrag zu b) um Links, die zu den auf den Servern der Beklagten gespeicherten Dateien mit dem Spiel „Alone in the Dark“ führen, ohne dass dieser Titel im Dateinamen verwendet wird. Denn soweit der Dateiname die zusammenhängenden Wörter „Alone in the Dark“ enthält , kann die entsprechende Datei bereits mit Hilfe eines Wortfilters auf den Servern der Beklagten aufgefunden werden. Die Überprüfung der Linksammlungen durch manuelle Eingabe des Titels kann danach ein verhältnismäßig einfacher, der Beklagten zumutbarer Weg sein, auch diejenigen Dateien auf ih- ren Servern zu identifizieren, die zwar das Spiel „Alone in the Dark“ enthalten, mit dem üblichen Wortfilter aber nicht aufgefunden werden können.
40
Der Umstand, dass die Beklagte nicht Betreiberin der Linksammlungen ist, steht dem nicht entgegen. Denn es geht nicht darum, dort enthaltene Links zu löschen, die zu dem fraglichen Computerspiel führen. Vielmehr kann die Beklagte auf diese Weise auch die Dateien auf ihren Servern auffinden und löschen , die das fragliche Spiel enthalten, mit den herkömmlichen Wortfiltern aber wegen der Verwendung eines anderen Dateinamens nicht aufgefunden werden können. Einer Mitwirkung der Betreiber der Linksammlungen bedarf es dafür nicht.
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Zu der Linksammlung „taringa.net“ enthält das Berufungsurteil im Übrigen keine Feststellungen, so dass offen ist, worauf die Zurückweisung des Antrags in diesem Punkt beruht.
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5. Die Verneinung der Störerhaftung durch das Berufungsgericht hält somit rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
43
Die Anträge der Klägerin verfehlen allerdings die konkrete Verletzungsform. Denn mit der durch die Anträge zu a) und zu b) näher konkretisierten Formulierung, der Beklagten zu untersagen „das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Weise vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen“, knüpft der Unterlassungsantrag der Klägerin an eine täterschaftliche Haftung der Beklagten an. In Betracht kommt aber allein eine Störerhaftung. Das Berufungsgericht hätte der in erster Instanz erfolgreichen Klägerin daher nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu einer sachdienlichen Antragstellung geben müssen, die sich auf den Tatbeitrag der Beklagten als Störerin, also auf das Bereithalten von Dateien mit dem Computerspiel „Alone in the Dark“ auf ihren Servern, bezieht.
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6. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da der Beklagten Gelegenheit zur Stellung sachdienlicher Anträge zu geben ist und es auch weiterer Feststellungen zur Frage der Zumutbarkeit von Prüfmaßnahmen für die Beklagte und deren Verletzung bedarf, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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III. Für die neue Verhandlung vor dem Berufungsgericht weist der Senat noch auf Folgendes hin: Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Spiel der Klägerin durch einen Kopierschutz gesichert ist und wie dann gegebenenfalls der Anspruch der Käufer auf eine Sicherungskopie gemäß § 69d Abs. 2 UrhG erfüllt wird. Es ist deshalb für die Revisionsinstanz nicht auszuschließen, dass einzelne Nutzer in nach § 69d Abs. 2 UrhG zulässiger Weise eine Sicherungskopie des Spiels „Alone in the Dark“ - für die Beklagte nicht erkennbar - ausschließlich für ihre persönliche Verwendung auf Servern der Beklagten speichern. Selbst wenn die Beklagte aber nach Einsatz von Wortfilter und manueller Kontrolle der Treffer in einzelnen Fällen legale Sicherungskopien des Spiels löschen müsste, würde ihr dies die Erfüllung der Prüfpflicht nicht unzumutbar machen. Denn sie kann sich gegenüber ihren Nutzern vertraglich durch entsprechende Hinweise absichern. Die Nutzer, die über die Löschung der Datei informiert werden, werden dann in aller Regel ohne weiteres in anderer Weise für die Sicherung des Spiels Vorsorge treffen können. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf diese Weise auch die legale Nutzung des Angebots der Beklagten in geringem Umfang eingeschränktwird.
Eine solche Einschränkung wäre aber im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts hinzunehmen, solange das Geschäftsmodell der Beklagten dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.03.2010 - 12 O 40/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.12.2010 - I-20 U 59/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 80/12 Verkündet am:
15. August 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
File-Hosting-Dienst

a) Ist das Geschäftsmodell eines File-Hosting-Dienstes nicht von vornherein auf
Rechtsverletzungen angelegt, ist der Umstand, dass der Betreiber durch eigene
Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung des Dienstes fördert, bei
der Bestimmung des Umfangs der ihm als Störer obliegenden Prüfpflichten zu berücksichtigen
(Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ
194, 339 Rn. 21 ff. - Alone in the Dark).

b) Leistet ein File-Hosting-Dienst durch sein konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen
in erheblichem Umfang Vorschub, so ist ihm eine umfassende
regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf seinen Dienst verweisen
(Fortführung von BGHZ 194, 339 Rn. 39 - Alone in the Dark).

c) Die Prüfpflichten des Störers, die sich danach ergeben, bestehen in Bezug auf jedes
Werk, hinsichtlich dessen ihm eine klare Rechtsverletzung angezeigt worden ist; sie
verringern sich nicht deswegen, weil er auf eine große Zahl von Verletzungen - im
Streitfall auf das Öffentlich-Zugänglichmachen von über 4800 Musiktiteln - hingewiesen
worden ist.
BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 14. März 2012 wird zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten zu 2 und 3 wird das genannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Beklagten zu 2 und 3 erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt als Verwertungsgesellschaft die Verwertungsrechte von Musikurhebern (Komponisten und Textdichtern ) wahr. Die Klägerin ist Inhaber der ausschließlichen Verwertungsrechte an den in den Anlagen K1, K2 und K27 bezeichneten Musikwerken. Die Beklagte zu 1 (nachfolgend: die Beklagte), eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, stellt unter der Internetadresse www.rapidshare.com Nutzern Speicherplatz im Internet zur Verfügung („File-Hosting-Dienst“). Bei diesem Dienst kann der Nutzer beliebige Dateien auf die Internetseite der Beklagten hochladen , die dann auf deren Server abgespeichert werden. Nach dem Hochladen wird dem Nutzer ein elektronischer Verweis übermittelt, mit dem dieser die abgelegte Datei über seinen Browser aufrufen und herunterladen kann (Download -Link). Der Beklagte zu 2 ist zur Alleinvertretung berechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats der Beklagten, der Beklagte zu 3 war bis in das Jahr 2010 deren Geschäftsführer.
2
Die Beklagte stellt weder ein Inhaltsverzeichnis über die hochgeladenen Dateien noch eine Suchfunktion oder sonstige Katalogisierung dieser Daten bereit. Die Nutzer der Beklagten können jedoch die jeweiligen Download-Links in Linksammlungen einstellen. Es ist möglich, in den Linksammlungen nach bestimmten, auf den Servern der Beklagten abgespeicherten Dateien zu suchen.
3
Die Beklagte bietet für die Nutzung ihres Dienstes zwei Möglichkeiten an. Ohne Registrierung kann der Dienst kostenlos, aber nur in eingeschränktem Umfang genutzt werden. So beginnt der Download mit Verzögerung, weitere Downloads sind im unmittelbaren Anschluss nicht möglich und die Downloadgeschwindigkeit ist begrenzt; zudem können die hochgeladenen Dateien - nach Vortrag der Beklagten - höchstens zehnmal heruntergeladen werden. Daneben gab es die Möglichkeit, nach Registrierung des Nutzers ein kostenpflichtiges Premium-Konto einzurichten. Das Premium-Konto ermöglicht insbesondere ein schnelles und paralleles Herunterladen mehrerer Dateien.
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Die Beklagte vergab darüber hinaus Premium-Punkte an Nutzer, deren hochgeladene Dateien von anderen Personen abgerufen wurden. Diese Punkte konnten in ein kostenloses Premium-Konto oder andere hochwertige Prämien eingetauscht werden. Mit Wirkung zum 1. Juli 2010 hat die Beklagte die für Dateiaufrufe gewährten Premium-Punkte abgeschafft. Der Nutzer kann nun soge- nannte „Rapids“ und sodann das Leistungspaket „PremiumPro“ erwerben, das im Wesentlichen dem bisherigen Premium-Konto entspricht.
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Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22. November 2006 teilte die Klägerin mit, dass die in der Anlage K2 genannten 143 Musikwerke ohne ihre Zustimmung über den Dienst der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden waren. Mit Schreiben vom 15. Januar 2008 setzte die Klägerin die Beklagte davon in Kenntnis, dass auch die aus der Anlage K1 ersichtlichen 1687 Musikwerke über den Dienst der Beklagten abrufbar seien, unter dem 4. April 2008 folgte ein entsprechendes Schreiben in Bezug auf die in der Anlage K27 genannten 2985 Musikwerke. Nachdem diese Dateien in derFolgezeit nach dem Vortrag der Klägerin weiterhin über den Dienst der Beklagten abrufbar waren, nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.
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Die Klägerin hat beantragt, es den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, im Rahmen des Online-Dienstes www.rapidshare.com die in der Anlage K1, K2 und K27 genannten Musikwerke öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.
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Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (LG Hamburg , ZUM 2009, 863). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Verurteilung darauf beschränkt , die in Rede stehenden Werke öffentlich zugänglich machen zu lassen (OLG Hamburg, MMR 2012, 393).
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Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


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A. Das Berufungsgericht hat die Klage - klarstellend beschränkt auf die Handlungsform „öffentlich zugänglich machen zu lassen“ und auf Verletzungshandlungen in Deutschland - für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
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Der Klägerin stehe gemäß § 97 Abs. 1, §§ 19a, 120, 121 Abs. 4 UrhG, Art. 5 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 6 RBÜ gegenüber den Beklagten ein Anspruch zu, es zu unterlassen, die im Urteilstenor genannten Musikwerke öffentlich zugänglich machen zu lassen.
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Die Musikwerke seien in dem Moment öffentlich zugänglich gemacht worden, in dem der Download-Link für den Dienst der Beklagten in einer Linksammlung im Internet dritten Personen uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werde. Dies sei hinsichtlich der im Urteilstenor genannten Musikwerke geschehen.
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Die Klägerin habe die Beklagte mit Schreiben vom 22. November 2006, 15. Januar 2008 und 4. April 2008 in Kenntnis gesetzt, dass über deren Plattform die in den Anlagen K1, K2 und K27 genannten Musikwerke öffentlich hätten heruntergeladen werden können. Damit sei es den Beklagten möglich gewesen , künftige Rechtsverletzungen zu verhindern. Gleichwohl seien diese Musikwerke in der Folgezeit noch über den Dienst der Beklagten abrufbar gewesen. Für diese Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte als Störerin.
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Auch wenn das Geschäftsmodell der Beklagten grundsätzlich den Schutz der Rechtsordnung verdiene, berge es strukturell in einem Umfang die Gefahr massenhafter Urheberrechtsverletzungen in sich, dass der Beklagten erheblich gesteigerte Prüf- und Handlungspflichten zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen zuzumuten seien. Die Beklagte habe die Position eines neutralen Vermittlers verlassen. Zum Zeitpunkt der Verletzungshandlungen sei ihr Angebot maßgeblich zumindest auch auf die massenhafte Begehung von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet gewesen. Private Nutzer seien ermutigt worden , die hochgeladenen Dateien möglichst breit und flächendeckend zu verteilen. Es verstehe sich von selbst, dass eine Downloadhäufigkeit von über 100.000 Vorgängen, mit der die Beklagte werbe, nicht im vertraulichen geschäftlichen oder privaten Bereich, sondern allenfalls mit hoch attraktiven und damit im Regelfall rechtswidrigen Inhalten erreichbar sei. Die Beklagte hätte die Begehung rechtswidriger Handlungen über ihren Dienst auch durch die an die Häufigkeit des Herunterladens von Dateien gekoppelte Vergabe von PremiumPunkten maßgeblich gefördert. Selbst wenn die Beklagte inzwischen die aktive Bewerbung urheberrechtswidriger Handlungen eingestellt habe, wirke diese doch im Bewusstsein der maßgeblichen Verkehrskreise fort.
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Unabhängig davon sei für die Annahme einer aktiven Förderung von Urheberrechtsverletzungen von entscheidendem Gewicht, dass die Beklagte ihren Nutzern weiterhin letztlich ein vollständig anonymes Handeln ermögliche. Durch die von ihr gewählte Anonymität hätte sich die Beklagte willentlich außer Stande gesetzt, wirkungsvoll gegen Rechtsverletzer vorgehen zu können. Auch der Umstand, dass die Beklagte ihren Dienst weiterhin im Wesentlichen durch das Volumen heruntergeladener Dateien und nicht durch das Bereitstellen von Speicherplatz finanziere, zeige, dass sie der Begehung von vielfachen Urheberrechtsverletzungen Vorschub leiste.
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Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte ihren umfangreichen Sorgfaltsund Prüfpflichten als Störerin nicht hinreichend nachgekommen und hafte daher auf Unterlassung.
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Die Beklagten zu 2 und 3 hafteten nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen in gleicher Weise.
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B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision derBeklagten zu 1 hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat die ihr als Störerin obliegenden Prüfpflichten verletzt; hätte sie diese Pflichten erfüllt, hätten weitere Verletzungen der Rechte der Klägerin verhindert werden können.
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I. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (BGBl. 1994 II S. 2658). Die Klägerin macht Ansprüche aus einer in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung - dem Öffentlich -Zugänglichmachen der in den Anlagen K1, K2 und K27 genannten Musikwerke - geltend.
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II. Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), weil die Begründung den Unterlassungstenor nicht trage. Die Begründung verpflichte die Beklagte nur zu reaktiven Maßnahmen mit dem Ziel, erneut eingetretene Rechtsverletzungen innerhalb kürzester Zeit wieder zu beenden. Das sei mit dem tenorierten Verbot nicht vereinbar.
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Das Berufungsgericht hat die Beklagte als Störerin zur Unterlassung verurteilt. Das bringt der Unterlassungstenor mit der Wendung „öffentlich zugänglich machen zu lassen“ zum Ausdruck. Die Unterlassungspflicht des Störers, die an die Verletzung von Prüfpflichten anknüpft, bezieht sich auf die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung und zur Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen. Daraus folgt notwendig, dass die Entscheidungsgründe sich zentral mit den Prüf- und Handlungspflichten des Störers zu befassen haben. Die entsprechend gefassten Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts genügen der formalen Anforderung des § 547 Nr. 6 ZPO, eine Begründung des Unterlassungstenors zu geben.
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III. Der Tenor des Berufungsurteils ist hinreichend bestimmt. Die Beklagten können ihm zwar nicht unmittelbar entnehmen, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten ihnen obliegen. Die im Einzelnen zu befolgenden Sorgfalts - und Prüfpflichten ergeben sich aber aus den Entscheidungsgründen des Urteils (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 52 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 37 = WRP 2008, 1104 Internet-Versteigerung III). Im Übrigen lassen sich die Grenzen dessen, was den Beklagten zuzumuten ist, im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungen dadurch, dass die fraglichen Werke öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht konkret abzusehen sind. Daher ist die Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren nicht zu vermeiden, wenn nicht der auf einen durchsetzbaren Unterlassungsanspruch zielende Rechtsschutz geopfert werden soll (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II). Da den Beklagten im Vollstreckungsverfahren stets nur schuldhafte Verstöße zur Last gelegt werden können , kann ein unverschuldetes Verhalten die Verhängung von Ordnungsmitteln nicht rechtfertigen.
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IV. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den aus den Anlagen K1, K2 und K27 ersichtlichen und nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG geschützten Musikwerken berechtigt, urheberrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
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V. Ohne Erfolg rügt die Revision, die Feststellung des Berufungsgerichts, die fraglichen Musikwerke seien öffentlich zugänglich gemacht worden, halte rechtlicher Überprüfung nicht stand.
24
Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe hinsichtlich jedes einzelnen der 4815 Musikwerke substantiiert dargelegt, dass sie öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Dem sei die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Ihr Bestreiten mit Nichtwissen sei unerheblich, weil die maßgeblichen Umstände Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten als Dienstbetreiber gewesen seien. Im Übrigen hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Danach habe die Klägerin substantiiert dargelegt und belegt, dass die fraglichen Titel jeweils über einen elektronischen Verweis (Link) auf den Server der Beklagten herunterzuladen waren, der auf einer im Internet abrufbaren Link-Sammlung eingestellt war. Die Klägerin habe dazu die jeweiligen Screenshots, auf denen der konkrete Downloadvorgang zu erkennen sei, und die Datenträger, auf denen nach dem Vortrag der Klägerin die heruntergeladenen Musikdateien gespeichert worden seien , vorgelegt. Sie habe zudem den im Internet veröffentlichten Link zum Server der Beklagten angegeben.
25
Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision mit der Begründung , dass die jeweiligen elektronischen Verweise in den Link-Sammlungen nicht Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten gewesen seien. Eine Verbindung der Beklagten zu den Betreibern der Linksammlungen sei nicht festgestellt worden.
26
Die Revision verkennt, dass das Berufungsgericht nur insoweit von einem unzulässigen Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ausgeht, als ein Verweis auf Dateien erfolgt ist, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind. Der Inhalt ihrer Server ist jedoch ohne weiteres Gegenstand der Wahrnehmung der Beklagten, so dass insoweit ein Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig ist (§ 138 Abs. 4 ZPO). Soweit die Beklagte auch mit Nichtwissen bestritten habe, dass die entsprechenden elektronischen Verweise in LinkSammlungen veröffentlicht wurden, hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts diese Tatsache ohne Rechtsfehler als erwiesen angesehen.
27
Ohne Erfolg rügt die Revision auch, das Berufungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Klägerin einen Dritten zur „Verbesserung ihres Arbeitsergebnisses“ hätte einschalten können. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Ein entsprechendes Verhalten der Klägerin liegt fern. Das Gleiche gilt für die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die von der Klägerin eingesetzte Software auf „private Nachrichten“ aus dem Internet zum Auffinden der Links hätte zugreifen können.
28
VI. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer grundsätzlich vorrangig gegenüber der Störerhaftung ist. Im Streitfall kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Beklagte an den von ihren Nutzern begangenen Urheberrechtsverletzungen etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky). Allerdings setzt eine Teilnehmerhaftung die Kenntnis von einer konkret drohenden Haupttat voraus. Die im Streitfall getroffenen Feststellungen erlauben nicht die Annahme, die Beklagte habe über eine solche Kenntnis verfügt.
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VII. Die Beklagte kann aber als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie Prüfpflichten verletzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 15 ff. - Alone in the Dark). Entgegen der Ansicht der Revision gehen die der Beklagten vom Berufungsgericht auferlegten Prüfpflichten nicht über das zumutbare Maß hinaus.
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1. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorge- nommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien steht im Übrigen § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 40 - Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 - L’Oréal/eBay) aufgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
31
Weitergehende Prüfungspflichten können bei einer besonderen Gefahrengeneigtheit des angebotenen Dienstes bestehen. Eine solche ist anzunehmen , wenn das Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky; BGHZ 194, 339 Rn. 22 - Alone in the Dark).
32
2. Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen.
33
a) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG, weil es sich bei den auf ihren Servern gespeicherten Daten um fremde Informationen gemäß § 10 Satz 1 TMG handelt (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 21 - Alone in the Dark).
34
b) Das Geschäftsmodell der Beklagten ist nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen , dass legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes der Beklagten, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich sind.
35
Neben einer Verwendung als „virtuelles Schließfach“ für eine sichere Verwahrung großer Mengen geschäftlicher oder privater Daten kann der Dienst der Beklagten dazu benutzt werden, bestimmten Nutzern eigene oder gemeinfreie Dateien zum Herunterladen oder zur Bearbeitung bereitzustellen. Das kommt etwa für Geschäftskunden in Betracht, die ihren Kunden Zugang zu bestimmten Informationen gewähren wollen, oder für Privatpersonen, die selbst erstellte digitale Bilder oder Filme mit Freunden oder Bekannten austauschen möchten. Dabei ist auch möglich, dass ein berechtigtes Bedürfnis zum massenhaften Herunterladen großer Dateien durch Dritte besteht - ein Merkmal, das die Beklagte als Vorteil ihres Dienstes herausstellt (BGHZ 194, 339 Rn. 23 - Alone in the Dark). Zudem hat das Berufungsgericht - wenn auch in anderem Zusammenhang - darauf verwiesen, dass dezentrale Speicherorte für die Verteilung von Software-Backups genutzt werden und dass der Dienst der Beklagten jedenfalls von einer seriösen Fachzeitschrift auf eine Stufe mit anderen Anbietern legaler Dienstleistungen im Bereich des „Cloud Computing“ gestellt worden ist.
36
c) Das Berufungsgericht ist aber auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte - auch wenn nicht angenommen werden kann, dass sie von konkret bevorstehenden Urheberrechtsverletzungen Kenntnis hatte - die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen gefördert hat. Die abweichende Beurteilung des Senats in der Entscheidung „Alone in the Dark“ (BGHZ 194, 339 Rn. 25 ff.) beruhte auf den dort getroffenen tatrichterlichen Feststellungen.
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Als gewerbliches Unternehmen ist die Beklagte bestrebt, Einnahmen zu erzielen. Anders als andere Dienste etwa im Bereich des „Cloud Computing“ verlangt die Beklagte kein Entgelt für die Bereitstellung von Speicherplatz. Im Rahmen ihres Geschäftsmodells erzielt sie ihre Umsätze vielmehr nur durch den Verkauf von Premium-Konten oder - nach der inzwischen erfolgten Umstellung ihrer Angebote - von „Rapids“ und „PremiumPro“-Konten.
38
Die damit verbundenen Komfortmerkmale vor allem hinsichtlich Geschwindigkeit der Ladevorgänge, Dauer der Datenspeicherung und Größe der hochladbaren Dateien sind zwar auch bei vielen legalen Nutzungsmöglichkeiten von Bedeutung (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 26 - Alone in the Dark). Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, eine Häufigkeit von 100.000 Downloads für manche Dateien, mit der die Beklagte wirbt, sei nur mit hochattraktiven und damit im Regelfall rechtswidrigen Inhalten zu erreichen. Diese tatrichterliche Beurteilung verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Auch wenn der Dienst der Beklagten auch für die Verteilung von für eine große Personenzahl bestimmten SoftwareUpdates von Interesse sein mag, ist doch die Annahme des Berufungsgerichts nicht rechtsfehlerhaft, für viele Nutzer sei gerade das rechtsverletzende Herunterladen urheberrechtlich geschützter Werke wie Filme, Musik oder Softwareprodukte attraktiv.
39
Je öfter diese Nutzer solche geschützten Inhalte ohne weitere Kosten bei der Beklagten tatsächlich herunterladen oder herunterzuladen beabsichtigen, desto eher sind sie bereit, die kostenpflichtigen Angebote der Beklagten in Anspruch zu nehmen. Das Berufungsgericht ist deshalb ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Umsätze durch eine steigende Zahl von Downloads erhöht und dass sie deshalb in erheblichem Maß gerade von massenhaften Downloads profitiert, für die vor allem zum rechtswidrigen Herunterladen bereitstehende Dateien mit geschützten Inhalten attraktiv sind.
40
Diese Attraktivität für illegale Nutzungen wird, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, durch die Möglichkeit gesteigert, die Dienste der Beklagten anonym in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 25 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). An diesem Umstand ändert sich nichts durch das an die Diensteanbieter gerichtete Gebot, grundsätzlich eine anonyme Nutzung von Telemedien zu ermöglichen , soweit sie technisch möglich und zumutbar ist (vgl. § 13 Abs. 6 TMG).
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Vor diesem Hintergrund konnte das Berufungsgericht auch die bis zum 30. Juni 2010 praktizierte, von der Downloadhäufigkeit der hochgeladenen Dateien abhängige Vergabe von Premium-Punkten an Nutzer der Beklagten ohne Rechtsfehler als weiteres Indiz dafür ansehen, dass sie Rechtsverletzungen gefördert hat. Denn die Beklagte hat damit insbesondere auch die hohe Attrak- tivität des Herunterladens von Dateien mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt belohnt, die auf ihren Servern ohne Zustimmung der Rechteinhaber zugänglich gemacht worden sind.
42
Das Berufungsgericht hat aus den vorgenannten Feststellungen ohne Rechtsfehler die tatsächliche Schlussfolgerung gezogen, dass die konkrete Ausgestaltung des Dienstes der Beklagten einen erheblichen Anreiz schafft, ihn für massenhafte Rechtsverletzungen zu nutzen. Es hat dabei auch berücksichtigt , dass die Beklagte selbst von einer Missbrauchsquote von 5 bis 6 % ausgegangen ist, was bei einem täglichen Upload-Volumen von 500.000 Dateien auf ca. 30.000 urheberrechtsverletzende Nutzungshandlungen hinausläuft.
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3. Das Berufungsgericht ist in tatrichterlicher Würdigung dieser Umstände ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der Beklagten zwar keine anlasslose , wohl aber eine anlassbezogene Überwachungspflicht auferlegt werden kann, die einer bereits erfolgten Rechtsverletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt.
44
a) Der Umfang der Prüfpflichten desjenigen, der als Störer in Anspruch genommen wird, bestimmt sich danach, ob und inwieweit ihm nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 419 f. = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker; Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; Urteil vom 9. Februar 2006 - I ZR 124/03, GRUR 2006, 875 Rn. 32 = WRP 2006, 1109 - Rechtsanwalts-Ranglisten; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Da die Beklagte durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes fördert, obliegen ihr im Rahmen der Störerhaftung grundsätzlich weitgehende Prüfungspflichten. Dennoch ist es ihr - soweit sie als Störerin in Anspruch genommen wird - nicht zuzumuten, jede von Nutzern auf ihren Servern hochgela- dene Datei auf rechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Denn dies würde ihr Geschäftsmodell gefährden, das nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist, sondern - wie dargelegt - in vielfältiger Weise auch legal genutzt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I), und für das grundsätzlich das Haftungsprivileg des § 10 Satz 1 TMG gilt (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 24 - Sommer unseres Lebens; vgl. auch EuGH, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L’Oréal/eBay).
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Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin geschützten Musikwerke, deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Der Umstand, dass die Beklagte durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes fördert, ist jedoch bei der Bestimmung des Umfangs ihrer Prüfpflichten zu berücksichtigen.
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b) Die Beklagte ist mit Schreiben vom 22. November 2006, vom 15. Januar 2008 und vom 4. April 2008 von der Klägerin auf klare Rechtsverletzungen in Bezug auf die in den Anlagen K1, K2 und K27 genannten Werke hingewiesen worden. Sie war daher ab diesem Zeitpunkt nicht nur dazu verpflichtet , das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern hatte auch Vorsorge zu treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 39 - Stiftparfüm; BGHZ 194, 339 Rn. 29 - Alone in the Dark).
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c) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen - und insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts waren die in Rede stehenden Musikwerke noch nach den Schreiben der Klägerin vom 22. November 2006, 15. Januar 2008 und 4. April 2008, die jeweils die Prüfpflicht der Beklagten begründeten, auf deren Servern abrufbar. Die Beklagte hat die ihr als Störerin obliegenden Prüfpflichten verletzt, weil sie nach den Hinweisen der Klägerin nicht jeweils alles ihr technisch und wirtschaftlich Zumutbare getan hat, um weitere Rechtsverletzungen im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin geschützten Werke auf ihren Servern zu verhindern (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 31 - Alone in the Dark).
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aa) Das Berufungsgericht hat nur hinsichtlich der in Anlage K2 aufgeführten Musikwerke ausdrücklich festgestellt, dass die Beklagte die dort genannten Dateien insgesamt gelöscht hat. Auch im Übrigen hat die Beklagte aber eine entsprechende Löschung vorgetragen; das Berufungsgericht hat insoweit keine abweichenden Feststellungen getroffen. Ihre darüber hinausgehenden Sorgfalts - und Prüfpflichten zur Verhinderung weiterer gleichartiger Rechtsverletzungen hat die Beklage zu 1 jedoch nicht erfüllt.
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Solche gleichartigen Rechtsverletzungen sind nicht nur Angebote, die mit den bekannt gewordenen Fällen identisch sind, die also das Zugänglichmachen derselben Musikwerke durch denselben Nutzer betreffen. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen dessen, was ihr technisch und wirtschaftlich zumutbar ist, dafür Sorge zu tragen, dass weder der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Nutzer noch andere Nutzer Dritten über ihre Server die ihr konkret benannten urheberrechtlich geschützten Werke anbieten. Die Urheberrechtsverletzung ist auf das konkrete urheberrechtlich geschützte Werk bezogen. Im Sinne der Störerhaftung sind Verletzungshandlungen gleichartig, durch die dieses Urheberrecht erneut verletzt wird. Dabei kommt es nicht auf die Person desjenigen an, der durch das Zugänglichmachen des geschützten Werkes den Verletzungstatbestand erfüllt (vgl. BGHZ 194, 339, Rn. 32 - Alone in the Dark).
50
bb) Das Berufungsgericht hat den Tatsachenvortrag der Beklagten zu deren Überprüfungsmaßnahmen als insgesamt unsubstantiiert angesehen, weil diese sich darauf beschränkt hätten, allgemeine organisatorische Maßnahmen zu benennen, die nicht im Zusammenhang mit den ihnen konkret entgegengehaltenen Rechtsverletzungen gestanden hätten. Zudem sei nicht ersichtlich, wann, mit welchen Mitteln, wie, durch wen, wie häufig und mit welchem Ergebnis Maßnahmen durchgeführt worden seien. Das Berufungsurteil beruht indes nicht auf einer Zurückweisung des Vortrags der Beklagten als unsubstantiiert. Das Berufungsgericht hat sich vielmehr im Einzelnen mit den von der Beklagten behaupteten Maßnahmen befasst. Hiergegen wendet sich die Revision vergeblich.
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(1) Die Revision macht geltend, die Beklagte hätte dargelegt, dass sie ein 17-köpfiges Team zur Bekämpfung von Missbräuchen (Abuse-Team) unterhalte , das sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag mit der Prüfung und Löschung von Dateien im Zusammenhang mit möglichen Urheberrechtsverletzungen befasst sei. Die Mitarbeiter der Beklagten gingen entsprechenden Meldungen nach und suchten aktiv einschlägige Internetseiten auf, um Urheberrechtsverletzungen abzustellen und zu verhindern. Damit hat die Beklagte keine konkreten Maßnahmen in Bezug auf die Verhinderung der gerügten Urheberrechtsverletzungen dargelegt. Allein die Zahl und der Einsatzzeitraum der beschäftigten Mitarbeiter kann schon deshalb nicht als hinreichender Vortrag angesehen werden, weil er keine Angaben dazu enthält, mit welcher Intensität und wie im Einzelnen eine Überprüfung stattfand.
52
(2) Den Hinweis der Beklagten in ihren Nutzungsbedingungen, dass es unzulässig sei, Werke unter Verletzung des Urheberrechts hochzuladen, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler als notwendige, aber wenig effektive Maßnahme angesehen.
53
(3) Der von der Beklagten vorgetragene Einsatz von MD5-Filtern kann Verletzungshandlungen nur in geringem Umfang verhindern, weil diese Filter nur Dateien erkennen können, die mit der rechtsverletzenden Datei identisch sind. Der Einsatz von MD5-Filtern reicht deshalb für die Erfüllung der Überprüfungs - und Kontrollpflichten der Beklagten nicht aus.
54
(4) Auch mit dem von der Revision besonders herausgestellten Angebot eines Lösch-Interface für Rechteinhaber kann die Beklagte ihre Sorgfalts- und Prüfpflichten nicht erfüllen. Der Klägerin bietet das Lösch-Interface nur eine begrenzte Möglichkeit, gegen illegale Nutzungen vorzugehen. Sie kann nur die konkreten, ihr schon bekannten rechtsverletzenden Dateien oder Links löschen, aber nicht selbst nach potentiellen neuen Rechtsverletzungen suchen. Zudem kann die Klägerin nicht gegen die hinter dem jeweiligen rechtsverletzenden Angebot stehenden Personen vorgehen, weil diese im Dienst der Beklagten und folglich auch bei Nutzung des von ihr angebotenen Lösch-Interface anonym bleiben. Schon diese beiden Eigenschaften des von der Beklagten eingerichteten Lösch-Interface begründen einen wesentlichen Unterschied zu dem Programm , zu dem sich der Senat in der Entscheidung „Kinderhochstühle im Internet“ (Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 43 = WRP 2011, 223) geäußert hat. Anders als in jenem Markenverletzungen betreffenden Fall sind die vorliegenden Urheberrechtsverletzungen auch offensichtlich, sobald ein zu einem geschützten Werk führender Link veröffentlicht worden ist. Die Beklagte kann sich den ihr obliegenden Kontrollmaßnahmen deshalb nicht dadurch entziehen, dass sie der Klägerin ihr Lösch-Interface anbietet.
55
cc) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die ihr obliegende Prüfpflicht verletzt und es dadurch versäumt, weitere, mit den von der Klägerin angezeigten Fällen gleichartige Rechtsverletzungen zu verhindern.
56
(1) Die Beklagte hat ihre Prüfpflicht verletzt, weil sie es unterlassen hat, die einschlägigen Linksammlungen im Hinblick auf die im Klageantrag aufgeführten Musikwerke zu durchsuchen.
57
Soweit Hyperlinks in Linksammlungen auf Dateien verweisen, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind und zugunsten der Klägerin geschützte Werke enthalten, handelt es sich um Verletzungshandlungen, die mit den festgestellten Verletzungen gleichartig sind und auf die sich die Prüfpflichten der Beklagten grundsätzlich erstrecken, nachdem sie über entsprechende Verstöße unterrichtet worden ist (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 37 - Alone in the Dark).
58
Da nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen ist, dass die Beklagte durch ihr konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet, ist ihr eine umfassende regelmäßige Kontrolle der Linksammlungen zuzumuten, die auf ihren Dienst verweisen. Soweit der Senat in der Entscheidung „Alone in the Dark“ ausgeführt hat, der Beklagten sei grundsätzlich auch eine manuelle Kontrolle jedenfalls einer einstelligen Zahl von Linksammlungen zumutbar (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 39), war dies auf den in jenem Fall gestellten Klageantrag und die dort getroffenen tatrichterlichen Feststellungen zurückzuführen. Eine allgemeine Begrenzung der Zahl zu kontrollierender Linksammlungen kann dem Urteil „Alone in the Dark“ nicht entnommen werden.
59
Die Prüfpflichten des Störers bestehen bei jedem Werk, zu dem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, im selben Umfang. Sie verringern sich nicht dadurch, dass sie in Bezug auf eine große oder sehr große Werkzahl – allein im Streitfall über 4800 Musikwerke - erfüllt werden müssen. Denn der urheberrechtliche Schutz kann nicht dadurch geschwächt werden, dass es im Rahmen eines an sich zulässigen Geschäftsmodells zu einer gro- ßen Zahl von Rechtsverletzungen kommt. Allerdings ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der als Störer in Anspruch Genommene im Vollstreckungsverfahren mangelndes Verschulden einwenden könnte, wenn er im Einzelfall die Prüfpflicht für eine Vielzahl von Werken einer großen Zahl von Rechteinhabern nicht gleichzeitig erfüllen konnte, obwohl er seinen Geschäftsbetrieb angemessen ausgestattet hatte, um seinen Prüfpflichten nachzukommen. Allerdings werden häufig viele Rechte zahlreicher Rechtsinhaber in denselben Linksammlungen verletzt. Dementsprechend wird die Zahl der zu prüfenden Linksammlungen nicht im selben Verhältnis wie die Zahl der urheberrechtlich geschützten Werke ansteigen, die zu überprüfen sind. Die Annahme mangelnden Verschuldens bei der Verletzung der Prüfpflicht wird daher allenfalls sehr zurückhaltend in Ausnahmefällen in Betracht kommen.
60
Danach hat das Berufungsgericht die Prüfpflichten der Beklagten nicht überspannt, indem es ihr eine umfassende Kontrolle von Link-Ressourcen auferlegt , bei der sie gezielt nach weiteren Links suchen muss, die den Werktitel vollständig oder in einem Umfang enthalten, der darauf schließen lässt, dass das betreffende Werk zugänglich gemacht wird, wobei auch die verbale Beschreibung im Begleittext in die Überprüfung einbezogen werden soll. Die vom Berufungsgericht der Beklagten in diesem Umfang auferlegte allgemeine „Marktbeobachtungspflicht“ ist unter den konkreten Umständen des Streitfalls zumutbar und geboten. Die Beklagte ist somit verpflichtet, über allgemeine Suchmaschinen wie Google, Facebook oder Twitter mit geeignet formulierten Suchanfragen und gegebenenfalls auch unter Einsatz von sogenannten Webcrawlern zu ermitteln, ob sich hinsichtlich der konkret zu überprüfenden Werke Hinweise auf weitere rechtsverletzende Links auf ihren Dienst finden.
61
(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte einen Wortfilter benutzt, um mittels ihrer Server begangene Rechtsverletzungen aufzudecken. Ob dieser Wortfilter - wie erforderlich - unter Anzeige auch ähnli- cher Ergebnisse für alle im Streitfall relevanten Musikwerke eingesetzt worden ist, ist indes nicht festgestellt. Insoweit kann daher nicht von der Verletzung einer weiteren Prüfungspflicht durch die Beklagte ausgegangen werden (vgl. BGHZ 194, 339, Rn. 33 ff. - Alone in the Dark).
62
(3) Dass der Beklagten obliegende Prüfpflichten im Einzelfall auch zu einer Löschung rechtmäßiger Sicherungskopien führen können, macht ihre Erfüllung nicht unzumutbar (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark). Es ist deshalb unerheblich, dass das bloße Hochladen auf die Server der Beklagten für sich allein noch nicht auf die Vorbereitung eines illegalen ÖffentlichZugänglichmachens schließen lässt. Ist ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk über den Dienst der Beklagten bereits einmal in unzulässiger Weise öffentlich zugänglich gemacht worden, begründet das erneute Hochladen dieses Werks grundsätzlich die Gefahr, dass es wieder unter Verletzung des Urheberrechts genutzt wird. Die Beklagte hat dieser Gefahr im Hinblick auf das von ihrem Geschäftsmodell ausgehende erhebliche Gefährdungspotential für urheberrechtlich geschützte Interessen wirksam entgegenzutreten. Entgegen der Ansicht der Revision ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, dass dies zu einer für die Beklagte existenzgefährdenden Vielzahl von Löschungen für rechtmäßige Nutzungen gespeicherter Dateien führt.
63
4. Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte als Störer für die späteren gleichartigen Rechtsverletzungen haftet, weil sie diese bei Erfüllung der ihr obliegenden zumutbaren Prüfpflichten hätte verhindern können. Die im Klageantrag aufgeführten Werke wurden nach den Schreiben vom 22. November 2006, 15. Januar 2008 und 4. April 2008 auf Link-Listen über bestimmte Links zu Speicherplätzen der Beklagten zum Download angeboten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum die Beklagte als branchenkundiges Unternehmen die gerade zur Suche nach den fraglichen Links dienenden Link-Listen nicht ebenso hätte auffinden können, wie die an einem rechtsverletzenden Herunterladen interessierten Internetnutzer oder die Klägerin. Die Revision macht das auch nicht geltend.
64
C. Dagegen hat die Revision der Beklagten zu 2 und 3 Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 2 und 3 erkannt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
65
Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 zu begründen. Die allein in Betracht kommende Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer scheidet aus, wenn sie weder an der Rechtsverletzung teilgenommen haben noch von ihr wussten und die Möglichkeit hatten, sie zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248 - Sporthosen). Die für die Rechtsverletzung maßgebliche Handlung ist hier die Verletzung von Prüfpflichten , die der Beklagten obliegen, nachdem sie durch die Klägerin von den Urheberrechtsverletzungen hinsichtlich der im Klageantrag aufgeführten Sprachwerke in Kenntnis gesetzt worden ist. Auf die Beklagten zu 2 und 3 bezogene Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht bislang nicht getroffen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.06.2009 - 310 O 93/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.03.2012 - 5 U 87/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 9 4 / 1 3 Verkündet am:
19. März 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hotelbewertungsportal

a) Zwischen dem Betreiber eines Hotels und dem Anbieter eines Online-Reisebüros, das mit einem Hotelbewertungsportal
verknüpft ist, besteht im Hinblick auf den Betrieb des Hotelbewertungsportals ein
konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Zwischen der vorteilhaften Wirkung
des Hotelbewertungsportals für die Attraktivität des Online-Reisebüros und dem Absatznachteil,
der einem Hotelbetreiber aus einer im Bewertungsportal verzeichneten negativen Hotelbewertung zu
erwachsen droht, besteht eine für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses hinreichende
Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Wettbewerb des Online-Reisebüros gefördert und
derjenige des Hotelbetreibers beeinträchtigt werden kann.

b) Der Betreiber eines Hotelbewertungsportals macht sich erkennbar von Dritten in das Portal eingestellte
Äußerungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG als Tatsachenbehauptung zu Eigen, wenn er die Äußerungen
nicht inhaltlich-redaktionell aufbereitet oder ihren Wahrheitsgehalt überprüft, sondern die Anwendung
eines automatischen Wortfilters sowie ggf. eine anschließende manuelle Durchsicht lediglich
dem Zweck dienen, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßende Einträge (etwa Formalbeleidigungen
oder von Hotelbetreibern abgegebene Eigenbewertungen) von der Veröffentlichung auszuschließen.
Eine inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung stellt es mangels inhaltlicher Einflussnahme nicht dar,
wenn die von Nutzern vergebenen "Noten" durch die Angabe von Durchschnittswerten oder einer
"Weiterempfehlungsrate" statistisch ausgewertet werden.

c) Durch die Aufnahme von Äußerungen Dritter in ein Hotelbewertungsportal werden fremde Tatsachenbehauptungen
nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG "verbreitet", sofern der Betreiber des Portals seine
neutrale Stellung nicht aufgibt und spezifische Prüfungspflichten nicht verletzt. Der Betreiber verlässt
seine neutrale Stellung nicht, wenn er Nutzerangaben statistisch auswertet oder einen Wortfilter sowie
ggf. eine manuelle Nachkontrolle einsetzt, um die Einhaltung der Nutzungsbedingungen sicherzustellen.
Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber einer Internet-Bewertungsplattform erst, wenn
er - nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist - die betroffene Angabe nicht
unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch zukünftig unterbleibt.
BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die
Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter
Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. April 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die in Berlin ein Hotel betreibt, das unmittelbar über ihre Internetseite gebucht werden kann, verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein Hotelbewertungsportal betreibt, auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage Unterlassung einer im Hotelbewertungsportal veröffentlichten Tatsachenbehauptung.
2
Auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten können Nutzer anonym ausformulierte Bewertungen abgeben und Hotels auf einer Skala zwischen eins und sechs bewerten. Diese Bewertungen durchlaufen eine Wortfiltersoftware, die Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelbetreibern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht.
Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und, sofern keine Beanstandungen bestehen, manuell freigegeben. Aus den Bewertungen der Nutzer berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte sowie eine Weiterempfehlungsrate.
3
Im Juli 2010 erhielt die Klägerin Kenntnis von einer im Hotelbewertungs- portal der Beklagten unter der Überschrift "Für 37,50 € pro Nacht gabs Bett- wanzen" veröffentlichten Bewertung einer Nutzerin mit den aus dem Klageantrag ersichtlichen Einzelangaben. Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, welche die Bewertung von ihrem Portal entfernte. Die verlangte Unterlassungserklärung gab sie nicht ab.
4
Die Klägerin hat behauptet, keine der in der Bewertung aufgestellten Tatsachenbehauptungen treffe zu. Sie hat gemeint, die Beklagte hafte uneingeschränkt auf Unterlassung der auf ihrem Bewertungsportal eingestellten geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen "H. " zu dem von der Klägerin betriebenen A. H. B. M. im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:
a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff;
b) sauber war nur das Badezimmer;
c) die Zimmer beziehungsweise Betten waren mit Bettwanzen befallen;
d) eine Mitarbeiterin der Klägerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme ;
e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden;
f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen;
g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50 € gezahlt werden müssten; hilfsweise wie vorstehend, soweit die Aussagen zu Ziffer a) bis g) nicht erweislich wahr sind.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (KG, WRP 2013, 1242). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin weiterhin die antragsgemäße Verurteilung der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


7
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Anschwärzung gemäß § 4 Nr. 8 UWG noch wegen der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht gemäß § 3 UWG zu. Hierzu hat es ausgeführt:
8
Das Vorhalten von Hotelbewertungen auf einer Internetseite, auf der auch die Dienstleistungen eines Reisebüros angeboten würden, stelle eine geschäftliche Handlung dar, mit der die Beklagte in Wettbewerb zu der Klägerin trete. Die Beklagte habe die beanstandeten Äußerungen aber weder selbst behauptet noch sich diese zu Eigen gemacht. Hierfür reiche nicht aus, dass die Beklagte im Internet ein Bewertungssystem installiert habe, die eingehenden Bewertungen zu einem Durchschnittswert und einer Weiterempfehlungsrate auswerte und dieses geschäftlich nutze. Die Beklagte verbreite auch keine Tatsachenbehauptungen , indem sie Nutzern die Möglichkeit eröffne, anonym Bewertungen zu veröffentlichen. Jedenfalls hafte die Beklagte nicht auf Unterlassung , weil sie sich auf die Haftungsbeschränkungen der § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen könne.
9
Die Beklagte habe auch keine wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten verletzt, selbst wenn sie im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schaffe. Der Beklagten dürften keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährdeten oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwerten. Das berechtigte Interesse der Klägerin an Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen könne nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten führen, jede Bewertung vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen.
10
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Unterlassung der beanstandeten Angaben verpflichtet ist.
11
I. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision nur auf einen selbständigen, durch Teil- oder Grundurteil abtrennbaren Teil des Rechtsstreits und nicht auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt oder auf ein einzelnes Entscheidungselement beschränkt werden (BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - I ZR 203/84, GRUR 1987, 63 = WRP 1987, 103 - Kfz-Preisgestaltung; Urteil vom 2. April 1998 - I ZR 1/96, GRUR 1998, 1052 = WRP 1998, 881 - Vitaminmangel , mwN). Die vom Berufungsgericht angeführten Zulassungsgründe betreffen den gesamten Klageanspruch und nicht einen abtrennbaren Teil, so dass das Berufungsurteil in vollem Umfang zur Nachprüfung steht, soweit es von der Revision angegriffen wird.
12
II. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte , die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 30. März 2006 - I ZR 24/03, BGHZ 167, 91 Rn. 20 - Arzneimittelwerbung im Internet), ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3 (nachfolgend LuGÜ II), das für die Europäische Union am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist (BGBl. I 2009 S. 2862; vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 14). Die Beklagte hat ihren Sitz in der Schweiz, einem Vertragsstaat des LuGÜ II, und wird wegen unerlaubter Wettbewerbshandlungen, die zu den unerlaubten Handlungen im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II zählen (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 131/12, GRUR 2014, 601 Rn. 16 = WRP 2014, 1400 - englischsprachige Pressemitteilung), in Anspruch genommen. Der "Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II liegt im Falle von Wettbewerbsverletzungen im Internet im Inland, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll (vgl. BGH, GRUR 2014, 601 Rn. 24 - englischsprachige Pressemitteilung). Der Internetauftritt der Beklagten richtet sich bestimmungsgemäß an inländische Kunden.
13
III. Die Klage ist unbegründet.
14
1. Die Revision wendet sich vergeblich gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte nicht gemäß §§ 3, 4 Nr. 8 UWG auf Unterlassung.
15
a) Anwendbar ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nach Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verord- nung) das deutsche Wettbewerbsrecht, weil nach Darlegung der Klägerin der aus dem beanstandeten Verhalten folgende Schaden - der Ansehensverlust des Unternehmens der Klägerin - in Deutschland eintritt. Die Parteien des Revisionsverfahrens erheben hiergegen keine Einwände.
16
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorhalten eines Portals mit Hotelbewertungen auf einer Internetseite, unter der auch die Dienstleistungen eines Reisebüros angeboten werden, eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und die Parteien Mitbewerber im Sinne der § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind (im Ergebnis ebenso LG Hamburg, WRP 2012, 94, 95 ff.; Schilling, GRUR-Prax 2012, 105, 106; Vonhoff, MMR 2012, 571, 572; aA Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4.8 Rn. 8/10, § 6 Rn. 75, § 8 Rn. 135a). Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen. Sie lässt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen.
17
aa) Eine "geschäftliche Handlung" ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das von der Beklagten angebotene Hotelbewertungsportal dazu dient, ihr OnlineReisebüro bekannt zu machen und seine Attraktivität zu steigern. Die Einordnung als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unterliegt danach keinen Bedenken.
18
bb) Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
19
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein konkretes Wettbewerbsverhältnis gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 241/03, BGHZ 168, 314 Rn. 14 - Kontaktanzeigen; Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 = WRP 2012, 201 Rn. 17 - Sportwetten im Internet II). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 158/82, BGHZ 93, 96, 97 f. - DIMPLE, mwN; Urteil vom 10. April 2014 - I ZR 43/13, GRUR 2014, 1114 = WRP 2014, 1307 Rn. 32 - nickelfrei). Nach der Rechtsprechung des Senats ist daher ein konkretes Wettbewerbsverhältnis anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH, GRUR 2014, 1114 Rn. 32 - nickelfrei).
20
(2) Nach diesen Maßstäben besteht zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Parteien versuchen zwar nicht gleichartige Dienstleistungen abzusetzen. Durch die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten wird jedoch der Wettbewerb der Klägerin beeinträchtigt. Durch das Vorhalten von Bewertungen auf ihrem Hotelbewertungsportal sucht die Beklagte die Attraktivität ihres Online-Reisebüros zu erhöhen. Dagegen ist die Anzeige einer negativen Bewertung des Ho- tels der Klägerin auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten geeignet, den Absatz der Beherbergungsdienstleistung der Klägerin zu beeinträchtigen.
21
c) Nach dem Vortrag der Klägerin ist keine der angegriffenen Behauptungen wahr. Da das Berufungsgericht keine abweichenden Feststellungen getroffen hat, ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
22
d) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe die unwahren Tatsachen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG behauptet.
23
aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, die Beklagte habe mit den angegriffenen Äußerungen keine eigene Tatsachenbehauptung wiedergegeben, da diese von einer Nutzerin des Hotelbewertungsportals stammten.
24
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich die Beklagte die beanstandeten Äußerungen auch nicht zu Eigen gemacht hat. Das hält den Angriffen der Revision stand.
25
(1) Eine Behauptung im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG kann anzunehmen sein, wenn der Handelnde sich eine fremde Behauptung zu Eigen macht (vgl. zu § 824 BGB BGH, Urteil vom 20. Juni 1969 - VI ZR 234/67, NJW 1970, 187, 188 - Hormoncreme; zu § 186 StGB BGH, Urteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 18 f. - Polizeichef, mwN; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 824 Rn. 5; vgl. auch MünchKomm.UWG/Brammsen/Doehner, 2. Aufl., § 4 Nr. 8 Rn. 57). Im Bereich des Internets gehören zu den zur Nutzung bereitgehaltenen eigenen Informationen, für die Diensteanbieter - also natürliche oder juristische Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln (§ 2 Nr. 1 TMG) - gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind, auch solche fremden Informationen, die sich Diensteanbieter zu Eigen machen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05, GRUR 2008, 534 Rn. 20 = WRP 2008, 771 - ueber18.de). Der Betreiber einer Internet-Seite macht sich Inhalte zu Eigen, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremden Inhalten (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 Rn. 24, 27 = WRP 2010, 922 - marions-kochbuch.de; vgl. auch Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, GRUR 2009, 1093 Rn. 19 = WRP 2009, 1262 - Focus Online). Ob ein Zu-Eigen-Machen vorliegt, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen (BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 23 - marionskochbuch.de ; BGH, Urteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, GRUR 2012, 751 Rn. 11 - RSS-Feeds). Dafür, dass der Diensteanbieter sich die fremden Informationen zu Eigen gemacht hat, spricht, dass der Anbieter die von Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder auswählt oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet (vgl. BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 25 f. - marionskochbuch.de ; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark; Urteil vom 19. Mai 2011 - I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 Rn. 15, 38 = WRP 2012, 77 - Coaching Newsletter; BGH, GRUR 2012, 751 Rn. 11 - RSS-Feeds; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 2.27; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn. 115a). Allerdings ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, GRUR 2009, 1093 Rn. 19 - Focus Online; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.27).
26
(2) Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die beanstandeten Äußerungen nicht zu Eigen gemacht.
27
Einer Haftung der Beklagten steht zwar nicht entgegen, dass sie in ihren Nutzungsbedingungen erklärt, sich veröffentlichte Inhalte nicht zu Eigen machen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1958 - I ZR 97/57, GRUR 1958, 448, 449 = WRP 1958, 208 - Blanko-Verordnung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.18; abweichend OLG Stuttgart, MMR 2014, 203, 204). Durch eine solche salvatorische Klausel kann der Diensteanbieter eine Haftung nicht ausschließen, wenn er sich nach den Gesamtumständen die fremde Information zu Eigen macht.
28
Jedoch ist bei einer Würdigung sämtlicher Umstände aus Sicht eines verständigen Internetnutzers die Annahme fernliegend, die Beklagte wolle sich die beanstandeten Äußerungen zu Eigen machen (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, MMR 2014, 203, 204; LG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2009 - 27 O 536/09, juris Rn. 42; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn. 8/14a, § 8 Rn. 115a; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.9a; aA LG Hamburg, WRP 2012, 94, 96 f.; Vonhoff, MMR 2012, 571, 572). Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals der Beklagten erwecken nicht den Eindruck, die Beklagte identifiziere sich mit den veröffentlichten Angaben Dritter. Dass die Beklagte eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, die - im Gegenteil - gerade die unzureichende Überprüfung vor einer Veröffentlichung im Internet beanstandet. Die statistische Auswertung zu bestimmten Durchschnittswerten und einer Weiterempfehlungsrate ist nicht mit einer inhaltlich-redaktionellen Kontrolle vergleichbar , da die Beklagte dadurch keinen Einfluss auf den Inhalt der Bewertungen ihrer Nutzer nimmt. Entsprechendes gilt für die der Veröffentlichung vorgeschal- tete Prüfung eingehender Bewertungen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist deren automatische Überprüfung durch einen Wortfilter darauf ausgerichtet, Formalbeleidigungen oder unzulässige Eigenbewertungen zu finden. Bei der sich gegebenenfalls anschließenden manuellen Durchsicht erfolgt keine inhaltliche Kontrolle der Bewertungen auf Richtigkeit, sondern lediglich eine weitere Überprüfung auf Einhaltung der Nutzungsbedingungen und etwaiger eigener Rechtspflichten.
29
e) Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die beanstandeten Behauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG verbreitet hat. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, eine Verbreitungshandlung liege darin, dass die Beklagte den Nutzern ihres Bewertungsportals durch die Freigabe der streitgegenständlichen Äußerungen die Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme verschafft habe.
30
aa) Nach der zu § 14 UWG aF ergangenen Rechtsprechung des Senats verbreitet eine fremde Tatsachenbehauptung, wer diese weitergibt und so Dritten die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen; nicht erforderlich ist es, dass die verbreitende Person sich die Tatsachenbehauptung zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 - I ZR 75/93, GRUR 1995, 427, 428 = WRP 1995, 494; vgl. zu § 14 UWG aF auch BGH, GRUR 1958, 448, 449 - Blanko-Verordnungen; ebenso zu § 4 Nr. 8 UWG Brammsen/Doehner in MünchKomm.UWG aaO § 4 Nr. 8 Rn. 57; Bruhn in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 8 Rn. 25; Fezer/Nordemann, UWG, 2. Aufl., § 4-8 Rn. 45; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.18; GK-UWG/ Toussaint, 2. Aufl., § 4 Nr. 8 Rn. 57; abweichend Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn. 8/14).
31
Im Falle der Weitergabe von Tatsachenbehauptungen über ein Bewertungsportal im Internet muss der weite Begriff des Verbreitens eingeschränkt werden. Der Betreiber eines Internet-Bewertungsportals könnte einer Verbreitungshaftung ansonsten nur durch eine umfassende inhaltliche Überprüfung der von Nutzern in das Portal eingestellten Beiträge vor deren Veröffentlichung entgehen. Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 40 = WRP 2011, 881 - Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 = WRP 2011, 1129 - L'Oréal/ eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 36 ff. - Scarlet/SABAM; Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 34 ff. = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Tatbestands des § 4 Nr. 8 UWG, so dass ein Verbreiten von Tatsachenbehauptungen im Sinne dieser Vorschrift im Falle des Betreibers eines InternetBewertungsportals nur angenommen werden kann, wenn spezifische Überwachungspflichten verletzt werden.
32
bb) Bei Anwendung der vorstehenden Maßstäbe hat die Beklagte die beanstandeten Tatsachenbehauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG verbreitet.
33
(1) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG. Die von ihr gespeicherten Daten sind keine eigenen Informationen der Beklagten, die sie zur Nutzung durch Dritte bereithält und für die sie gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich ist, sondern vielmehr fremde Informationen im Sinne des § 10 Satz 1 TMG (s.o. Rn. 23).
34
(2) Die im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG einschränkende Auslegung des § 4 Nr. 8 UWG kommt im Falle eines Internet-Bewertungsportals allerdings nur in Betracht, wenn dessen Betreiber sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, Slg. 2010, I-2417 = GRUR 2010, 445 Rn. 114, 120 - Google und Google France; EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff. - L’Oréal/eBay). Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, kann eine Haftung nach § 4 Nr. 8 UWG gerechtfertigt sein (vgl. zu § 7 Abs. 2 TMG BGHZ 191, 19 Rn. 23 - Stiftparfüm).

35
Die Beklagte hat keine aktive Rolle hinsichtlich der Veröffentlichung der beanstandeten unwahren Tatsachenbehauptungen auf ihrem Portal eingenommen. Dass die Beklagte zur Förderung bestimmter Hotelbetriebe selbst eine Auswahl der veröffentlichten Bewertungen vorgenommen hätte, hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Die statistische Auswertung von Bewertungen sowie der Einsatz eines Wortfilters zum Auffinden von rechtsverletzenden Inhalten und die nach Ansprechen des Wortfilters vorgenommene Überprüfung der Beiträge durch Mitarbeiter der Beklagten begründet ebenfalls keine aktive Rolle der Beklagten, weil eine über die Aussonderung gegen die Nutzungsbedingungen verstoßender Beiträge hinausgehende inhaltliche Einflussnahme nicht erfolgt (vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.9, § 8 Rn. 2.28; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn. 135a). Durch die bei Ansprechen des automatischen Wortfilters von der Beklagten vorgenommene manuelle Durchsicht von Äußerungen der Nutzer verlässt die Beklagte ihre neutrale Position nicht, weil sie hierdurch keine Kenntnis von der etwaigen Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung erlangt.
36
(3) Die Beklagte hat vorliegend keine spezifische Überwachungspflicht verletzt. Die Bestimmung der im Falle eines Internet-Bewertungsportals anwendbaren spezifischen Überwachungspflicht richtet sich danach, ob und inwieweit dem Betreiber nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 37 - Sedo). Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher oder tatsächlicher Prüfung festgestellt werden kann (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 316 = WRP 1997, 325 - Architekten- wettbewerb; BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 39 ff. = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet I) oder ob sie für den Betreiber offenkundig oder unschwer zu erkennen ist (BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 46 - Internetversteigerung II). Für eine erhöhte Prüfungspflicht spricht es, wenn der Betreiber bei seiner Tätigkeit Rechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet oder sie durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 44 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 79/12, ZUM-RD 2013, 565 Rn. 31 - Prüfpflichten).
37
Die Beklagte geht - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - als Diensteanbieter einer mit der Rechtsordnung grundsätzlich in Einklang stehenden Geschäftstätigkeit nach. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, dass die Beklagte im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schafft, wenn sie Internetnutzern die Möglichkeit bietet, sich unter einem Pseudonym wertend über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Zu Recht hat jedoch das Berufungsgericht angenommen, dass auch unter Berücksichtigung dieser Umstände der Beklagten keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden dürfen, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdeten oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwerten (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 147 - Internetversteigerung II; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 45 - Sedo; BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Das Interesse der Klägerin am Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen könnte nur durch eine vollständige inhaltliche Kontrolle durch Mitarbeiter der Beklagten gewahrt werden, die der Beklagten unzumutbar wäre. Erst, wenn der Betreiber einer Internethandels- oder Bewertungsplattform auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wird, muss er nicht nur das konkrete Angebot oder die konkrete Bewertung unverzüglich sper- ren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 191, 19 Rn. 21, 39 - Stiftparfüm).
38
(4) Tatsachenbehauptungen werden mithin erst im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG über ein Internetportal verbreitet, wenn der Betreiber vom Vorliegen einer klaren Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt hat. Weil die Beklagte die beanstandete Bewertung, von deren Rechtswidrigkeit sie zuvor keine Kenntnis hatte, nach Eingang der Abmahnung endgültig entfernt hat, liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 UWG nicht vor.
39
2. Hatte die Beklagte im Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Kenntnis von dem rechtsverletzenden Inhalt der beanstandeten Äußerungen, kommt auch eine Gehilfenhaftung, die neben einer objektiven Haupttat zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraussetzt (BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung I; BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internet -Versteigerung II), nicht in Betracht. Allein das Bewusstsein, dass möglicherweise fremde Informationen auf dem Bewertungsportal die Rechte Dritter verletzen , genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, BGHZ 180, 134 Rn. 14 - Halzband).
40
3. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Beklagten wegen der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten verneint.
41
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte im Hinblick auf die betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenquelle schafft, wenn sie Internetnutzern die Möglichkeit bietet, sich anonym wertend über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Die Grenze zu- mutbarer Überwachungspflichten sei aber erreicht, wenn - wie vorliegend - keine Merkmale vorhanden seien, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eigneten. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Allerdings kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Zumutbarkeit eines Suchsystems im Streitfall nicht weiter an, da es bereits an einer für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr fehlt.
42
b) Der Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 21 f. - Geschäftsführerhaftung , mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen (oben Rn. 31). Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder; BGHZ 191, 19 Rn. 21, 39 - Stiftparfüm; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag, jeweils mwN). In derjenigen Handlung, die Gegenstand einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber der Internet -Plattform erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, liegt also keine Verletzungshandlung, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 53 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 191, 19 Rn. 39 - Stiftparfüm; BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 45 - File-Hosting-Dienst). Hieran fehlt es im Streitfall, weil die Beklagte die beanstandete Bewertung nach Eingang der Abmahnung entfernt hat.
43
c) Es liegt auch keine Erstbegehungsgefahr vor. Umstände, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte werde künftig nicht gegen ihr zur Kenntnis gebrachte rechtsverletzende Inhalte vorgehen, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BGHZ 191, 19 Rn. 44 f. - Stiftparfüm ).
44
IV. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Richter am BGH Prof. Dr. Koch Löffler ist in Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Büscher
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 16.02.2012 - 52 O 159/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.04.2013 - 5 U 63/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 3/14 Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR3.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 21. November 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein wirtschaftlicher Verein mit Rechtsfähigkeit kraft staatlicher Verleihung, ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an geschützten Werken der Musik. Die Beklagte ist das größte deutsche Telekommunikationsunternehmen. Sie betrieb bis zum 1. April 2010 ein Telefonnetz, über das ihre Kunden Zugang zum Internet erlangen konnten. Seither betreibt das Telefonnetz die mit der Beklagten konzernrechtlich verbundene D. T. GmbH. In ihrer Funktion als AccessProvider vermittelte die Beklagte ihren Kunden bis dahin auch den Zugang zu dem Internetdienst "3. ".
2
Mit Anwaltsschreiben vom 25. August 2008 ließ die Klägerin die Beklagte auffordern, zukünftig das ihrer Ansicht nach urheberrechtsverletzende öffentliche Zugänglichmachen der im Klageantrag bezeichneten Musikwerke zu ver- ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR3.14.0 hindern. Dazu sollte die Beklagte den Zugriff auf bei "3. " vorhandene elektronische Verweise (Links) zu diesen Musikwerken unterbinden. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 27. August 2008 ab.
3
Die Klägerin hat vorgetragen, am 21. August 2008 und nach Ablehnung einer Sperrung durch die Beklagte am 27. August 2008 sei über einen von der Beklagten bereitgestellten Internetanschluss auf der Webseite "3. " eine Liste von Links abrufbar gewesen, die das Herunterladen der im Klageantrag bezeichneten, widerrechtlich im Internet bereitgestellten Musikstücke ermöglicht hätten. Der Inhalt des - mittlerweile unstreitig eingestellten - Dienstes "3. " habe im Wesentlichen aus Sammlungen von Hyperlinks und URLs (Uniform Resource Locator) zu Kopien urheberrechtlich geschützter Werke bestanden, die bei Sharehostern wie "RapidShare", "Netload" oder "Uploaded" widerrechtlich hochgeladen worden seien. Diese Sharehoster ermöglichten es ihren Nutzern , über ihre Webseiten beliebige Daten anonym hochzuladen. Der hochladende Nutzer erhalte einen Link zum Download mit der URL, mit der er die Daten wieder herunterladen könne. Dieser Link könne an andere Personen weitergegeben werden, damit diese die Dateien ebenfalls abrufen könnten. Ein Verzeichnis über die herunterladbaren Dateien böten die Sharehoster selbst nicht an, weshalb Linksammlungen wie "3. " eine Schlüsselfunktion für die Nutzung der Sharehosting-Dienste einnähmen, weil der Nutzer hierdurch auf einfache Weise durch Eingabe des Interpreten oder des Titels die von ihm gesuchten Dateien auffinden könne. Durch die Vorhaltung von Kontrollfragen habe "3. " verhindert, dass Rechteinhaber die Linksammlungen hätten automatisiert durchsuchen und auswerten können.
4
Die Klägerin hat weiter behauptet, aufgrund von Berechtigungsverträgen Inhaberin des ausschließlichen Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung für Komposition und Text der im Klageantrag bezeichneten Musikstücke und zur Rechtewahrnehmung ermächtigt zu sein. Eine gegen die Betreiber des Dienstes "3. " erwirkte einstweilige Verfügung habe aufgrund falscher Adressangaben nicht vollzogen werden können.
5
Nach Ansicht der Klägerin haftet die Beklagte als Störerin für das öffentliche Zugänglichmachen der Links zum Download und der URLs durch den Dienst "3. ".
6
Die Klägerin hat - soweit in der Revisionsinstanz von Bedeutung - beantragt , es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , Dritten zu ermöglichen die folgenden Musikwerke dadurch öffentlich zugänglich zu machen, dass sie über von ihr bereitgestellte Internetzugänge den Zugriff auf URLs und Links zu diesen Werken über die Website 3. ermöglicht : (Es folgt die Nennung von zehn Titeln unter Angabe von Interpret, Album, Komponist und Textdichter.)
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg, CR 2010, 534). In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Hinblick darauf, dass der Dienst unter der Adresse "www.3. " zwischenzeitlich eingestellt worden war, hilfsweise für den Fall der Verneinung der Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Hauptantrags die Feststellung beantragt, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet war. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg, GRUR-RR 2014, 140). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


8
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch weder aufgrund einer Haftung als Täter oder Teilnehmer noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung nach § 1004 BGB in Verbindung mit den § 97 Abs. 1, § 19a UrhG zu. Dazu hat es ausgeführt:
9
Der Hauptantrag sei zulässig, auch wenn es aufgrund bestehender Umgehungsmöglichkeiten objektiv unmöglich sei, den Zugang zu den auf der Internetseite "3. " vorgehaltenen Links oder URLs vollständig zu sperren. Die Frage, ob die Klägerin der Beklagten in rechtlich unzulässiger Weise etwas Unmögliches abverlange, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
10
Bei der Prüfung der Begründetheit der Klage hat das Berufungsgericht unterstellt , dass die Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Musikstücke zur Geltendmachung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG ermächtigt ist. Weiterhin hat es unterstellt, dass die Linksammlung zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeitpunkten verfügbar gewesen ist und die genannten Werke aufgefunden und heruntergeladen werden konnten. Die Beklagte hafte gegenüber der Klägerin aber nicht als Störerin. Zwar komme die Störerhaftung von Access-Providern - auch unter Berücksichtigung ihrer im Telemediengesetz und im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Privilegierung - grundsätzlich in Betracht. Zudem verletze die Bereitstellung von Links und URLs, die zu Dateien mit geschützten Musikwerken führten, die ohne Zustimmung hochgeladen worden seien, das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung. Ferner habe die Beklagte durch den von ihr vermittelten Zugang zum Internet einen adäquat kausalen Beitrag zu den von der Klägerin gerügten Urheberrechtsverletzungen geleistet. Eine Haftung der Beklagten als Störerin scheitere jedoch an der Unzumutbarkeit der ihr abverlangten - unstreitig technisch möglichen - Sperrmaßnahmen in Gestalt einer URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys", einer IP-Sperre oder einer DNS-Sperre.
11
B. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte nicht als Störerin für die von der Klägerin gerügten Urheberrechtsverletzungen haftet, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
12
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
13
1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt, auch wenn ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs- und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen , weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen , weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst).
14
2. Die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten Unmögliches verlangt, ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
15
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
16
1. Das Berufungsgericht hat unterstellt, die Klägerin sei aufgrund der vorgelegten Berechtigungsverträge als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den im Klageantrag angeführten und nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG geschützten Musikwerken berechtigt, urheberrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Davon ist für das Revisionsverfahren auszugehen.
17
2. Das Berufungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht weiter unterstellt, dass die streitgegenständlichen Musikwerke am 21. und 27. August 2008 über die auf der Webseite "3. " verfügbaren Links auffindbar waren und heruntergeladen werden konnten und keine Nutzungsrechte der die Musikwerke hochladenden Dritten oder der Sharehoster bestanden. Hieraus hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei gefolgert, dass die Werke im Sinne des § 19a UrhG rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Das Berufungsgericht hat ferner in tatsächlicher Hinsicht unterstellt, dass der Dienst "3. " über einen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Internet-Anschluss zu den angegebenen Zeiten erreicht werden konnte. Auch diese der Klägerin günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
18
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Haftung ausscheidet. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilneh- mer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
19
4. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Haftung der Beklagten als Störerin scheitere an einer fehlenden Zumutbarkeit der aufzuerlegenden Prüfungspflichten , hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
20
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet , die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
21
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt (Access-Provider) Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln , die Möglichkeit unberührt, nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
22
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist im vorliegenden Fall auszugehen.
23
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
24
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zur vom Berufungsgericht unterstellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff "Vermittler" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel).
Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
25
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
26
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 ff. = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen, allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den streitgegenständlichen Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsver- letzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 25. August 2008 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die in Rede stehenden Werke hingewiesen. Die Beklagte hat der Aufforderung zur Sperrung keine Folge geleistet und bis zum 1. April 2010 den Zugang zu den beanstandeten Links des Internetangebots "3. " nicht unterbunden.
27
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechtsverletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
28
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, sofern die Sperrmaßnahmen wegen der bestehenden Umgehungsmöglichkeiten weitgehend unwirksam seien , sei die Einrichtung von Sperren der Beklagten schon deshalb nicht zuzumuten. Unzumutbar seien sie aber auch bei gegebener Effektivität der technischen Maßnahmen. Bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit sei die besondere Aufgabe der Beklagten als Access-Provider zu berücksichtigen, eine inhaltlich neutrale, sozial erwünschte und von der Rechtsordnung anerkannte Dienstleistung zu erbringen, die in weit überwiegendem Umfang zu rechtmäßigen Zwecken genutzt worden sei. Jede Sperre berge die Gefahr der gleichzeitigen Unterbindung rechtmäßiger Angebote, so dass Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche Dritter in Betracht kämen. Aufgrund der betroffenen Grundrechtspositionen aus Art. 10 GG in Verbindung mit § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG bedürften Sperren dieser Art einer - gegenwärtig nicht vorhandenen - gesetzlichen Grundlage, die die Voraussetzungen einer Maßnahme insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im Einzelnen bestimme. Bei IP-Adressen, URLs und DNSNamen handele es sich um nähere Umstände der Telekommunikation im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG, wenn diese in Bezug zu einem Übertragungs- und Verbindungsvorgang gesetzt würden. Es bestehe die Gefahr einer inhaltlichen Zensur des Internetangebots. Der Gesetzgeber habe im Falle des mittlerweile außer Kraft getretenen Zugangserschwerungsgesetzes, das der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet entgegenwirken sollte, ebenfalls einen Grundrechtseingriff durch die Sperrung von Internetangeboten angenommen, zugleich aber entsprechende Regeln für den Bereich des geistigen Eigentums nicht geschaffen, so dass hier keine Befugnis zur richterlichen Rechtsfortbildung bestehe.
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bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten , wohl aber im Ergebnis stand.
30
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
31
Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in SchmidtBleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
32
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine inner- staatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
33
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Gestaltungsspielraum , verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
34
cc) Das Berufungsgericht hat unerwähnt gelassen, dass auf Seiten der Klägerin bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu beachten ist, die auch das geistige Eigentum umfasst (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der grundrechtliche Schutz des geistigen Eigentums nach dem Unionsrecht weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet , sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 43 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
35
dd) Das Berufungsgericht ist des Weiteren nicht darauf eingegangen, dass im Rahmen der Abwägung die Grundrechte der Beklagten auf unternehmerische Freiheit und auf Berufsfreiheit zu berücksichtigen sind.
36
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
37
(2) Vorliegend hat das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen , in welcher Weise und in welchem Umfang die Beklagte in ihrer unternehmerischen Betätigung durch die Anordnung einer Sperre - etwa wegen des hiermit verbundenen organisatorischen, technischen oder finanziellen Aufwands oder sonstiger negativer Folgen für den Betrieb ihres Unternehmens - einge- schränkt würde. Die Zumutbarkeit der Anordnung hat als anspruchsbegründende Tatsache der Anspruchsteller darzulegen (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
38
ee) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 26). Solche verlangt die Klägerin auch nicht.
39
ff) Das Berufungsgericht hat die Zumutbarkeit zu Recht nicht an der Effektivität der zur Verfügung stehenden technischen Sperrmaßnahmen scheitern lassen.
40
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel).
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(2) Das Berufungsgericht hat zur Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen keine Feststellungen getroffen, sondern diese Frage dahinstehen lassen. Im Revisionsverfahren ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind.
42
gg) Die Annahme des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall spreche die Gefahr der Sperrung rechtmäßiger Inhalte gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, wird durch seine tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.
43
(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei Durchführung der Sperrmaßnahmen bestehe die Gefahr, dass der Zugang zu rechtmäßigen Angeboten unterbunden werde, dadurch Rechte Dritter nachhaltig beeinträchtigt würden und die Beklagte deshalb unter Umständen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen Dritter ausgesetzt sei. Nähere Feststellungen zur Betroffenheit legaler Inhalte hat das Berufungsgericht allerdings nicht getroffen.
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(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Bei der vorzunehmenden Gewichtung ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.).
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Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen kann vorliegend nicht beurteilt werden, in welchem Umfang legale Angebote betroffen gewesen wären, wenn die Internetseite "3. " gesperrt worden wäre.
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(3) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. österr. OGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
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hh) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EU-Grundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
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(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "3. " abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
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Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde, Sperrverfügungen im Internet, S. 50; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
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Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
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Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor
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jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders., ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
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(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (vgl. Hermes in Dreier, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
54
(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
55
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
56
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
57
(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt trotz des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Download-Angebote oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 55).
58
ii) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, die für die Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Sperrmaßnahmen bedürften als grundrechtsrelevante Maßnahmen nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
59
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, nicht zwischen gleichgeordneten Rechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
60
(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen demjenigen, der den Schutz von Urheberrechten verfolgt und einem Telekommunikationsunternehmen, also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
61
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat bei einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums , BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - InternetVersteigerung

II).


62
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der Ausübung der in der EU-Grundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPRITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
63
jj) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
64
(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert/ Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
65
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
66
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert /Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
67
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
68
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte deshalb nicht zumutbar, weil die Klägerin nicht in hinreichendem Maße gegen den Betreiber und den Host-Provider der Webseite "3. " vorgegangen ist.
69
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
70
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - die Rechtsverletzung entweder selbst begangen oder - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - zu ihr durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler nur unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite oder seines Host-Providers scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
71
bb) Das Vorgehen der Klägerin gegen den Betreiber und den HostProvider der Internetseite "3. " - ihren Vortrag als richtig unterstellt - rechtfertigt nicht den Schluss, der Beklagten als Access-Provider seien Maßnahmen zur Sperrung des Zugangs zu der fraglichen Internetseite zumutbar.
72
(1) Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe gegen den von ihr als Betreiber der Webseite ermittelten S. M. am 22. August 2008 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf erwirkt. Diese habe ebenso wenig wie vorgerichtliche Postsendungen unter der bei der Domain-Registrierung angegebenen Adresse in der Schweiz zugestellt werden können. Es habe sich um eine fingierte Adresse gehandelt, weil die Postleitzahl falsch gewesen sei und es in C. keinen "B. " gebe.
73
Dieser Vortrag lässt zwar darauf schließen, dass der Betreiber der Webseite seine Inanspruchnahme durch Angabe einer falschen Anschrift verhindern wollte. Im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit ist allerdings vor der Inanspruchnahme des Access-Providers zu verlangen, dass der Rechteinhaber, der Verschleierungsmaßnahmen des Verletzers erkennt, naheliegende Bemühungen unternimmt, um die Identität und Erreichbarkeit des Rechtsverletzers zu klären. Mit der Auskunft, eine hinterlegte Postadresse sei falsch, darf sich der Rechteinhaber nicht zufriedengeben. Vielmehr ist ihm abzuverlangen, weitere Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung - etwa durch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer Unternehmer, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, oder durch die Einschaltung der Ermittlungsbehörden - zu veranlassen, um seine Rechte gegenüber dem Verletzer geltend machen zu können. Erst wenn solche weiteren Maßnahmen fehlschlagen und auch ein Vorgehen gegen den Host-Provider keinen Erfolg verspricht, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers im Hinblick darauf zulässig, dass dem Rechteinhaber andernfalls kein effektiver Rechtsschutz gewährt würde.
74
(2) Die Klägerin hat ferner erfolglos versucht, den Betreiber des Servers in Anspruch zu nehmen, auf dem die Webseite gespeichert war. Sie hat hierzu vorgetragen, sie habe im gegen den Betreiber der beanstandeten Webseite gerichteten Eilverfahren auch den von ihr ermittelten Betreiber des Servers in Anspruch nehmen wollen. Die ermittelte Adresse in L. sei jedoch ebenfalls falsch gewesen, so dass sie den Betreiber des Servers schon vorprozessual nicht habe erreichen können. Den entsprechenden Verfügungsantrag habe sie zurückgenommen, nachdem das Landgericht Düsseldorf darauf hin- gewiesen habe, dass eine Haftung des weiteren Antragsgegners ausscheide, solange dieser keine Kenntnis von der Rechtsverletzung habe.
75
Dieses Vorgehen gegen den Host-Provider reicht für die Annahme, eine Rechtsverfolgung gegen den Access-Provider sei verhältnismäßig, ebenfalls noch nicht aus. Dem Rechtsinhaber obliegen zunächst weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung, wenn ein Host-Provider seine Identität verschleiert, bevor eine Inanspruchnahme des Access-Providers zumutbar ist.
76
e) Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass für eine Zurückverweisung der Sache besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die Klägerin hat die von ihr vorgenommenen Bemühungen zur Ermittlung der Identität des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers vorgetragen. Das rechtliche Gehör der Klägerin ist deshalb gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, der Klägerin durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
77
5. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014, 468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
78
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Schaffert Kirchhoff Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.03.2010 - 308 O 640/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2013 - 5 U 68/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/14
Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Störerhaftung des Access-Providers
Art. 7, Art. 8, Art. 11 Abs. 1, Art. 16, Art. 17 Abs. 2; InformationsgesellschaftsRL Art. 8 Abs. 3;
DurchsetzungsRL Abs. 11 Satz 3 UrhG §§ 85, 97 Abs. 1; TKG § 95

a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem
Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden
, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. In die
im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und
nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen
und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer
einzubeziehen.

b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber
zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur
Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme
dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung
der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang
Nachforschungen anzustellen.

c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den
Zugriff auf die konkret beanstandete Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internets
bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen
, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite
bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber
rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur für den klagenden Rechteinhaber,
sondern auch für Dritte geschützte Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber
nicht ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2014 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen , das ihren Kunden als Access-Provider Zugang zum Internet vermittelt.
2
Die Klägerinnen sehen sich durch das Angebot von Musikstücken zum kostenlosen Herunterladen in Internet-Tauschbörsen (Filesharing) und durch Internet-Dienste, die den Zugang zu solchen Tauschbörsen vermitteln, in ihren Rechten verletzt. Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 forderten sie die Beklagte auf, die Verletzung ihrer Rechte durch Dritte und Kunden der Beklagten durch Sperrung des Zugriffs auf die Seite "Goldesel" mit der IP-Adresse 92.241.168.132 zu beenden.


ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0
3
Die Klägerinnen haben behauptet, als Tonträgerhersteller Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken zu sein, die die in den Klageanträgen genannten Musikalben der Künstler "Depeche Mode", "Michael Jackson", "Silbermond", "Sportfreunde Stiller", "Rosenstolz" und Jennifer Rostock enthielten. Die Klägerinnen seien durch entsprechende P- und C-Vermerke als Rechteinhaber auf den im Handel erhältlichen Tonträgern ausgewiesen. Bei dem Internetangebot "Goldesel" handele es sich um eines der größten, ausschließlich deutschsprachigen Internetportale für die Vermittlung illegaler Downloads von Musik-, Film-, Buch- und Softwaredateien. Auf der über die Internet -Adresse http://goldesel.to, die URL http://www.goldesel.to und http://geserver.to sowie verschiedene Umleitungsdienste erreichbaren Internetseite werde ein umfangreicher Index von mehreren tausend editierten Links zu geschützten Dateien angeboten, die in dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" bereitgestellt würden. Der Nutzer müsse den jeweiligen Link ("e-Donkey-Link" oder "ed2k-Link") nur anklicken, um den Download der angeforderten Datei auf seinen eigenen Computer zu beginnen. Im Januar 2010 hätten Ermittler im Auftrag der Klägerinnen festgestellt, dass Audiodateien mit Musikstücken aus den in den Klageanträgen genannten Alben über einen von der Beklagten in Köln vermittelten Internetzugang abrufbar gewesen seien. Den in Russland ansässigen Host-Provider hätten die Klägerinnen erfolglos abgemahnt. Eine wirkungsvolle Rechtsverfolgung sei in Russland praktisch ausgeschlossen.
4
Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Beklagte als Störerin zur Sperrung des Zugangs ihrer Kunden zu dem Internetdienst "Goldesel" verpflichtet. Es sei ihr technisch möglich und rechtlich zumutbar, durch eine DNS-Sperre oder IPSperre den Zugang zu verhindern.
5
Die Klägerinnen haben beantragt, (…) 2. es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten , ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten InternetDienst abrufbar sind, wie dies über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht , welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar: zu der Album-Veröffentlichung Depeche Mode, Sounds of the Universe, CDBestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Michael Jackson, King of Pop, German Edition, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Silbermond, Nichts passiert, CD- Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Sportfreunde Stiller, MTV Unplugged in New York, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Rosenstolz, Die Suche geht weiter (Erweitertes Tracklisting), CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Jennifer Rostock, Der Film, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] und wie geschehen: im Falle der Album-Veröffentlichung von Depeche Mode (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Michael Jackson (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Silbermond (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Sportfreunde Stiller (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Rosenstolz (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Jennifer Rostock (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] 3. hilfsweise, der Beklagten unter Ordnungsmittelandrohung zu verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln , soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten Internet-Dienst und über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht, welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar bezüglich der nachfolgend genannten oder andere, künftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL oder IPAdressen , soweit sich diese auf einen fortbestehenden ed2k-Link beziehen: zu der Album-Veröffentlichung (…) [es folgt die im Hauptantrag enthaltene Aufzählung] 4. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 2 verpflichtet war; 5. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 3 verpflichtet war.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, K&R 2011, 674). Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR 2014, 1081). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig angesehen.
7
Insbesondere sei der Hilfsantrag 3 hinreichend bestimmt, der zwar neben den genannten URL auch zukünftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL erfasse , jedoch durch den Verweis auf die weiter genannten "ed2k-Links" ausreichend begrenzt werde. Die Frage, ob der Beklagten die Erfüllung des beantragten Verbots unmöglich sei, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
8
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass den Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in unmittelbarer Anwendung noch unter dem Aspekt des § 97 Abs. 1 UrhG zustünden. Die Klägerinnen seien zwar aktivlegitimiert, weil die Beklagte der substantiierten Darlegung der Klägerinnen zur Inhaberschaft an den genannten Tonträgerrechten nicht hinreichend entgegengetreten sei. Diese Rechte der Klägerinnen seien auch verletzt worden, weil das Internetangebot "Goldesel" auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke abgezielt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Alben über von der Beklagten bereitgestellte Internetanschlüsse zum Download angeboten worden seien und der Download unter Nutzung eines Anschlusses der Beklagten möglich gewesen sei.
9
Die Beklagte hafte aber nicht als Störerin. Einer spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es zwar nicht für die zivilgerichtliche Anordnung vonDNSoder IP-Sperren, wohl aber für die einen Eingriff in Art. 10 GG darstellende Maßnahme der URL-Sperre, welche daher vorliegend nicht in Betracht komme.
Zugangsvermittler wie die Beklagte könnten grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden. Vorliegend verletze das Bereitstellen von elektronischen Verweisen (Links) durch den Dienst "Goldesel", die zu herunterladbaren Dateien mit den streitgegenständlichen, zugunsten der Klägerinnen urheberrechtlich geschützten Musikwerken führten und über von der Beklagten vorgehaltene Internetzugänge erreichbar seien, die Rechte der Klägerinnen. Das Verhalten der Beklagten sei auch adäquat kausal für diese Rechtsverletzungen. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargelegt, dass der Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stünden, die den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten verhinderten. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren angesichts der Betroffenheit legaler Inhalte und mangelnder Effektivität unzumutbar. Sowohl der Hauptantrag 2 als auch der Hilfsantrag 3 seien daher unbegründet. Eine Erledigung der Hauptsache sei nicht eingetreten, so dass über die weiteren Hilfsanträge 4 und 5 nicht zu entscheiden sei.
10
B. Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die von den Klägerinnen geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte nicht als Störer, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
12
1. Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.
13
a) Die Klägerinnen haben den Gegenstand der begehrten Unterlassung durch Bezugnahme auf die jeweilige konkrete Verletzungsform umschrieben, indem sie im Antrag auf die Abrufbarkeit der Tonträgeraufnahmen über den durch die Angabe von vier URL sowie der IP-Adresse näher bezeichneten Dienst "Goldesel" Bezug genommen und die einzelnen Musikwerke durch Nennung der Namen der Künstler und Alben, der Musiktitel und Bestellnummern sowie - mit der als Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu verstehenden Wendung "und wie geschehen" - durch Angabe der genauen "eDonkey" -Links definiert haben.
14
b) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands hinreichend bestimmt , dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen, weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst).
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2. Die Frage, ob die Klägerinnen von der Beklagten Unmögliches verlangen , ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
16
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
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1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerinnen Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des § 85 UrhG an den im Antrag genannten Tonträgern sind. Diese den Klägerinnen günstige Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
18
2. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die den Klägerinnen zustehenden Rechte verletzt worden sind, weil über von der Beklagten zur Verfügung gestellte Internetanschlüsse die Internetseite "Goldesel.to" erreichbar und die im Antrag genannten Musikwerke herunterladbar waren. Auch diese den Klägerinnen günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
19
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Handlung der Beklagten nicht in Betracht kommt. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
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4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der unter dem Aspekt der Störerhaftung verfolgte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
21
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
22
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt, Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt , nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
23
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
24
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
25
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zu der vom Berufungsgericht festgestellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des "Vermittlers" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel). Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
26
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
27
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen , allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den für die Klägerinnen geschützten Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Klägerinnen auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerinnen haben die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die im Antrag genannten Werke hingewiesen. Die Beklagte hat dieser Abmahnung keine Folge geleistet und den unverändert bestehenden Zugang zu den beanstandeten Download-Links des Internetangebots "Goldesel" nicht unterbunden.
28
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei vorliegend eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechts- verletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung seien die Grundrechte der Klägerinnen aus Art. 14 GG zu beachten. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass diese ein legitimes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibe, das auch nicht - anders als etwa ein Host-Provider, der Werbung für bei ihm gehostete rechtsverletzende Angebote mache - zu Rechtsverletzungen anreize. Dass das Geschäftsmodell des "Goldesel"-Angebots in der Zugänglichmachung überwiegend rechtsverletzender Inhalte bestehe, sei hingegen für das Ausmaß der Pflichten der Beklagten unerheblich. Die Störerhaftung sei nicht subsidiär, doch müsse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt werden, dass Dritte - etwa der Betreiber der beanstandeten Internetseite oder sein Host-Provider - die Rechtsverletzungen effektiver abstellen könnten. Zugunsten der Klägerinnen sei allerdings zu unterstellen, dass effektiver Rechtsschutz in Russland, wo der Server stehe, nicht zu erlangen sei. Zu beachten sei ferner, dass auf der Internetseite "Goldesel" nicht die geschützten Inhalte angeboten würden, sondern lediglich elektronische Verweise zu diesen Internetseiten vorhanden seien, und dass Nutzer auf andere entsprechende Seiten ausweichen könnten. Durch eine DNS-Sperre oder eine IP-Sperre werde der Zugang zum Dienst "Goldesel" insgesamt blockiert, so dass der Zugriff auf dort befindliche rechtmäßige Angebote betroffen sei. Nach der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf ca. 4.000 legal abrufbare Dateien; dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Die für Host-Provider geltende Erwägung, die Löschung rechtmäßiger Inhalte stehe der Zumutbarkeit von Prüfpflichten nicht entgegen, treffe auf die reine Zugangsvermittlung nicht zu. Dasselbe gelte für das im Falle von Host-Providern angenommene Erfordernis, externe Links zu kontrollieren. DNS- und IP-Sperren seien nur wenig effektiv; auch sei mit Gegenmaßnahmen der Angebotsbetreiber zu rechnen. IP-Sperren verhinderten zudem den Zugriff auf sämtliche unter einer IP-Adresse erreichbare Seiten. Die Klägerinnen könnten nicht garantieren, dass unter der vorliegend bezeichneten IP-Adresse zukünftig ausschließlich zum "Goldesel"-Angebot gehörende Seiten erreichbar seien. Zugunsten der Beklagten sei ihr Grundrecht auf unternehmerische Freiheit zu beachten. Die Einführung und Unterhaltung von DNS-Sperren und vor allem von IP-Sperren erfordere administrativen, technischen und finanziellen Aufwand. IP-Sperren könnten zu Leistungsverlusten führen, die durch den Einsatz zusätzlicher Hardware ausgeglichen werden müsse. Die Klägerinnen hätten zum fraglichen Aufwand lediglich vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die erforderlichen Vorrichtungen, und zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kosten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Die Klägerinnen hätten nicht darge- legt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperren erlangen würden. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren unzumutbar, weil sie auch legale Inhalte erfassten und nicht ausreichend effektiv seien.
30
bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
31
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
32
Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in Schmidt-Bleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
33
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
34
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Ge- staltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
35
cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht danach angenommen, dass die Klägerinnen sich als Rechteinhaber bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen können , die das geistige Eigentum schützen (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 4 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
36
dd) Im Ausgangspunkt zutreffend ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts , dass auf Seiten des Diensteanbieters die Grundrechte auf Berufsfreiheit und auf unternehmerische Freiheit zu berücksichtigen sind. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerinnen hierzu nicht berücksichtigt.
37
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen,dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
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(2) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Klägerinnen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen sei unzureichend, nicht frei von Rechtsfehlern.
39
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen hätten lediglich vorgetragen , die Beklagte verfüge bereits über die für die Einrichtung von Sperren erforderlichen technischen Vorrichtungen, und hätten zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kos- ten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Diese Beurteilung durch das Beru- fungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
40
Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts , bei der Zumutbarkeit der Sperranordnung handele es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, deren tatsächliche Grundlage der An- spruchsteller darzulegen habe (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
41
Nach diesem Maßstab kann der Vortrag der Klägerinnen, wie die Revision zu Recht rügt, nicht als unbeachtlich angesehen werden.
42
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Beklagte verfüge über ein technisches System ("Traffic Management"), das in der Telekommunikationsbranche verbreitet sei und eine Sperrung erlaube. Nach dem Vortrag der Klägerinnen ist ferner in einer Pressemitteilung der Beklagten von einer "hoch skalierbaren DNS-Infrastruktur" auf der Basis von Produkten eines Anbieters von DNSbezogenen Dienstleistungen die Rede. In einem Online-Handbuch der Beklagten , so der Vortrag der Klägerinnen weiter, biete die Beklagte selbst IP-Filter an. Die Klägerinnen haben weiter vorgetragen, die Beklagte verfüge über neun DNS-Server und sie sei technisch in der Lage, unkorrekte DNS-Suchanfragen automatisch zu einer unternehmenseigenen Suchseite umzuleiten. Zum operativen Aufwand der Sperrmaßnahmen haben die Klägerinnen unter Vorlage eines Parteigutachtens vorgetragen, für eine DNS- oder IP-Sperre sei die Be- schaffung zusätzlicher Hardware zunächst nicht erforderlich, jedoch müsse - unter bestimmten Umständen - eine Testumgebung eingerichtet werden.
43
Die Klägerinnen haben als Tonträgerunternehmen keinen Einblick in die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten eines Telekommunikationsunternehmens , das sich - wie die Beklagte - mit der Bereitstellung von Internetzugängen befasst. Mit ihrem vorstehend dargestellten Vortrag haben die Klägerinnen - wie die Revision zu Recht geltend macht - daher der ihnen obliegenden Darlegungslast zum erforderlichen Aufwand für Sperrmaßnahmen genügt. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast hatte nunmehr die Beklagte nicht nur die Existenz eines solchen Systems zu bestreiten, sondern durch Vortrag zur administrativen und technischen Ausstattung ihres Unternehmens für die Bereitstellung von Internetzugängen die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, zum erforderlichen Aufwand von Sperrmaßnahmen näher vorzutragen und Beweis anzubieten. Auch mit der ohne Angabe einer näheren tatsächlichen Grundlage geäußerten Kostenschätzung in Höhe von 1 Mio. € ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden.
44
ee) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 27). Solche verlangen die Klägerinnen auch nicht.
45
ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, die nur eingeschränkte Effektivität der DNS- bzw. IP-Sperren spreche im konkreten Fall gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
46
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in Betracht kommenden Sperrmaßnahmen der DNS- und IP-Sperre zwar technisch möglich , aber nur wenig effektiv. Sie beseitigten die Erreichbarkeit der beanstandeten Webseiten nicht vollständig, sondern erschwerten den Zugriff lediglich, weil die Webseiten über Umwege erreichbar blieben. Die Nutzer könnten zudem auf anderweitig im Internet zur Verfügung gestellte "ed2k"-Links ausweichen, die zumindest teilweise auch redaktionell geprüft und daher aus Sicht der Nutzer gleichwertig seien. Weil auch der Dienst "eDonkey" selbst über eine - wenngleich nicht mit Aussagen über den Dateiinhalt versehene - Suchfunktion verfüge , beeinträchtigte grundsätzlich nicht einmal der völlige Ausfall sämtlicher Linkseiten die Funktionsfähigkeit des "eDonkey"-Netzwerks. Die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen aus anderen europäischen Ländern zur - das Auffinden von Inhalten im BitTorrent-Netzwerk erleichternden - Seite "The Pirate Bay" zeigten, dass auch nach der Einrichtung von Sperren signifikante Nutzerzahlen verblieben seien. Maßgeblich für die Interessen der Klägerinnen seien aber nicht die Zugriffszahlen auf Linkseiten dieser (auch vorliegenden) Art, sondern der Datenverkehr in den Netzwerken mit rechtsverletzenden Inhalten, der nach Angaben der Klägerinnen in den Ländern mit Sperren um lediglich 11% zurückgegangen , hingegen in Ländern ohne Sperren um 15% gestiegen sei. Es sei auch mit Gegenmaßnahmen der Seitenbetreiber zu rechnen, die schnell auf andere Domains ausweichen könnten.
47
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel). Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen nicht auf ihren Einfluss auf die Gesamtheit der Zugriffe auf im "eDonkey"-Netzwerk vorgehaltene illegale Dateien abzustellen, sondern auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten. Das Effizienzkriterium ist maßnahmebezogen zu verstehen , weil andernfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. Ebenso wenig wie der Verletzer eines absoluten Rechts durch den Hinweis auf die Fortdauer einer von der beanstandeten Handlung unabhängigen Verletzung desselben Rechts einem Verbot entgehen kann, steht dem Störer die Berufung darauf offen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts nicht verhindert (vgl. High Court of Justice, [2014] EWHC 3354 (Ch) Rn. 173). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht es ferner nicht gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Internet-Zugangsvermittlers, dass Betreiber illegaler Internetangebote im Falle von Sperren schnell auf andere Domains ausweichen könnten, weil auch dies den Rechteinhaber im Ergebnis rechtlos stellte.
48
Die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit (vgl. hierzu Pfitzmann/Köpsell/Kriegelstein, Sperrverfügungen gegen Access-Provider, Technisches Gutachten, S. 52 ff.) spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Maßnahmen, die unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindern oder zumindest erschweren und die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abhalten, im Rahmen der Gesamt- abwägung auch dann zulässig, wenn sie nicht geeignet sind, die Rechtsverletzung vollständig abzustellen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel ). Im vorliegenden Zusammenhang kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine Vielzahl von Nutzern willens und aufgrund ihres technischen Wissens in der Lage ist, etwaige Sperren zu umgehen. Erfolglose Zugriffsversuche dürften vielmehr das Unrechtsbewusstsein der Nutzer verstärken und deren Bereitschaft, die Sperren zu umgehen, entgegenwirken. Angesichts des Umstands, dass jedenfalls der zunächst gewählte Zugangsweg zu den rechtswidrigen Inhalten durch die Sperren unterbunden wird, vermag die bloße Möglichkeit der Umgehung, deren Wahrnehmung nach Art und Umfang nicht zu prognostizieren ist, die Annahme hinreichender Effektivität der Sperren nicht zu erschüttern.
49
Ebenso wenig sprechen etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Andernfalls wären die Inhaber von Urheber- und anderen Schutzrechten gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt. Der Umstand, dass die Betreiber durch häufigen Wechsel des Host-Providers oder Verlagerung des Serverstandortes in Länder, in denen eine effektive gerichtliche Verfolgung erschwert ist, der Rechtsverfolgung zu entgehen versuchen könnten, stärkt vielmehr die Notwendigkeit, durch Sperrverlangen auf der Ebene des AccessProviders den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen.
50
(3) Danach sind auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Vortrags der Klägerinnen sowie bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs sowohl die DNS- als auch die IP-Sperre als hinreichend effektiv anzusehen, weil nach den von den Klägerinnen angeführten Erfahrungen mit vergleichbaren Sperren in anderen europäischen Ländern zu erwarten ist, dass sie die inländischen Zugriffe auf die vorliegend beanstandeten Webseiten eben- falls in relevantem Umfang verringern. Zur Effektivität der URL-Sperren hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen, so dass für das Revisionsverfahren von deren Effektivität auszugehen ist.
51
gg) Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Zumutbarkeit im Ausgangspunkt zu Recht geprüft, inwieweit die von den Klägerinnen begehrten Sperren auch rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Seine Feststellung, URL-Sperren vermieden eine Blockierung rechtmäßiger Inhalte, nimmt die Revision als für die Klägerinnen günstig hin. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die vorliegend von DNS- und IP-Sperren miterfassten rechtmäßigen Inhalte seien nicht vernachlässigenswert und dieser Umstand spreche gegen die Zumutbarkeit der begehrten Sperranordnung, hält der rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
52
(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich auf der Seite "Goldesel.to" neben rechtswidrigen auch rechtmäßige Angebote befanden. Durch die Sperren würde den Kunden der Beklagten generell der Zugang auf sämtliche dort verfügbaren Links verwehrt und somit den Klägerinnen ein weit über ihre im Rechtsstreit geltend gemachten ausschließlichen Nutzungsrechte hinausgehender Schutz zugebilligt. Die Klägerinnen seien nicht als zur Verfolgung der Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken Dritter ermächtigt anzusehen; von einem mutmaßlichen Einverständnis dieser Rechteinhaber könne nicht ausgegangen werden, weil ein Teil der Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den Urhebern kostenlos ins Internet eingestellt worden sein könnten. Bei Zugrundelegung der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf etwa 4.000 legal abrufbare Dateien. Dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass auf der Seite "Goldesel.to" ein Meinungsforum vorge- halten und Werbung von Drittunternehmen präsentiert werde, wenngleich jedenfalls Werbetreibende, die Werbung auf einer den Zugang zu überwiegend rechtsverletzenden Inhalten vermittelnden Seite betrieben, nicht in besonderem Maße schutzwürdig seien.
53
(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel).
54
(3) Die Problematik der Mitbetroffenheit legaler Inhalte (sog. "Overblocking" ) ist im Hinblick auf die gewählte Sperrmethode zum einen relevant, wenn durch die Sperrung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit weiterer, unter derselben IP-Adresse vorgehaltener Webseiten unterbunden wird (vgl. Sieber/ Nolde, Sperrverfügungen im Internet, 2008, S. 50). Zum anderen können sich auf der jeweiligen Webseite sowohl illegale als auch legale Angebote befinden. Vorliegend ist nach dem Vortrag der Klägerinnen die im Antrag genannte IPAdresse mit vier Webseiten verknüpft, die sämtlich zum "Goldesel"-Angebot zählten, so dass anderweitige Internet-Seiten mit möglicherweise legalem Inhalt von einer IP-Sperre nicht betroffen wären.
55
Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat zudem anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner /Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.). Dass die Klägerinnen ihre Ansprüche lediglich auf Rechte an 120 Musiktiteln stützen, eine Sperre jedoch über diese Titel hinaus auch Verweise der beanstandeten Internetseiten auf urheberrechtlich geschützte Werke Dritter erfassen würde, zu deren Geltendmachung die Klägerinnen nicht ermächtigt worden sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
56
Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Klägervortrags , demzufolge rechtmäßige Inhalte auf der Internetseite "Goldesel.to" mit einem Anteil von nur 4% vertreten sind, scheitert die Annahme der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen nicht an der Betroffenheit rechtmäßiger Angebote.
57
(4) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. öOGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
58
hh) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht stand, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend dargelegt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperrmaßnahmen erzielen würden.
59
Die Erlangung eines konkret zu beziffernden wirtschaftlichen Vorteils für die Klägerinnen ist nicht Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer Sperranordnung gegen Access-Provider. Die Klägerinnen müssen sich auf wirksame Weise gegen die Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten Positionen zur Wehr setzen können. Im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung kommt es allein darauf an, ob weitere Rechtsverletzungen auf wirksame Weise abgestellt oder erschwert werden, ohne dass weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile auf Seiten der Rechteinhaber hinzutreten müssten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 107).
60
ii) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EUGrundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
61
(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "Goldesel" abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
62
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
63
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
64
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
65
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders, ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass /Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
66
(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (Hermes in Dreier, Grundgesetz , 3. Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
67
(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
68
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
69
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten un- mittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
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(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Angebote zum Download oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 68).
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jj) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, jedenfalls die Anordnung einer URL-Sperre bedürfe als grundrechtsrelevante Maßnahme nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
72
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und nicht zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
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(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und Telekommunikationsunternehmen , also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte deshalb einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
74
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat hinsichtlich einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - Internet -Versteigerung II).
75
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der in der EUGrundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich geregelt sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPR-ITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
76
kk) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
77
(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert /Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
78
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
79
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert/Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
80
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind allerdings vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
81
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte nicht zumutbar, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseite "Goldesel" vorgegangen sind.
82
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
83
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
84
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zumutbarkeit des von den Klägerinnen begehrten Verbots vorliegend nicht entgegensteht , dass diese nicht gegen den Host-Provider der Webseite "Goldesel" gerichtlich vorgegangen sind.
85
Ob die Inanspruchnahme des Host-Providers schon dann als ohne jede Erfolgsaussicht zu gelten hat, wenn - wie die Revision geltend macht - die (womöglich mehrfache) Verlagerung des Serverstandorts oder der Wechsel des Host-Providers in der Vergangenheit darauf schließen lässt, dass die Inanspruchnahme durch solche Maßnahmen auch zukünftig ineffektiv bleiben werde , muss vorliegend nicht entschieden werden.
86
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, dass sie gegen den in Russland ansässigen Host-Provider der beanstandeten Webseiten in seinem Sitzstaat effektiven Rechtsschutz nicht erlangen können. Diese Annahme ist der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen.
87
cc) Die Revision bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseiten "Goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden kann. Die Klägerinnen haben allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten unternommen zu haben. Hier kommt insbesondere die Einschaltung der staatlichen Ermittlungs- behörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, in Betracht. Ermittlungsansätze könnten sich weiter daraus ergeben, dass - wie aus der Anlage K 23 hervorgeht - in einem Parallelverfahren in den Niederlanden der niederländische Rechteinhaber vom dortigen Host-Provider die paypalAdresse genannt erhielt, über die der niederländische Host-Provider von den Betreibern von "Goldesel" bezahlt wurde. Auch den darin enthaltenen Anhaltspunkten , die eine Firma namens "t. ", eine E-Mail-Adresse "s. @m. " und eine "S. " betreffen, sind die Klägerinnen nicht nachgegangen. Mangels näherer Erkenntnisse zur Identität und zum Sitz der Betreiber der beanstandeten Webseiten steht nicht fest, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Betreiber der fraglichen Internetseiten nicht möglich und erfolgversprechend ist.
88
e) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass zur Zurückverweisung besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie ist auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren gewesen. Die Klägerinnen haben hierzu auf die erfolglose Inanspruchnahme des Host-Providers verwiesen und im Übrigen vorgetragen, dass für sie der Betreiber ohne Identitätsangabe auf der Internetseite nicht greifbar gewesen sei. Soweit die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz um einen Hinweis gebeten haben, sofern das Gericht weiteren Vortrag zur Inanspruchnahme des Host-Service-Providers für erforderlich halten sollte, wirkt sich ein fehlender Hinweis nicht zum Nachteil der Klägerinnen aus, weil zu ihren Gunsten zum Host-Provider in der Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass effektiver Rechtsschutz nicht zu erlangen ist (s.o. 86). Das rechtliche Gehör der Klägerinnen ist damit gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
89
III. Aus den vorstehenden Gründen (dazu B II 4) bleibt auch der Hilfsantrag zu 3 der Klägerinnen ohne Erfolg. Über die Hilfsanträge zu 4 und 5 ist nicht zu entscheiden, weil keine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
90
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014,468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
91
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher Schaffert Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.08.2011 - 28 O 362/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.07.2014 - 6 U 192/11 -

(1) Dieses Gesetz gilt für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nummer 61 des Telekommunikationsgesetzes, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nummer 63 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind (Telemedien). Dieses Gesetz gilt für alle Anbieter einschließlich der öffentlichen Stellen unabhängig davon, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für den Bereich der Besteuerung.

(3) Das Telekommunikationsgesetz und die Pressegesetze bleiben unberührt.

(4) Die an die Inhalte von Telemedien zu richtenden besonderen Anforderungen ergeben sich aus dem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag).

(5) Dieses Gesetz trifft weder Regelungen im Bereich des internationalen Privatrechts noch regelt es die Zuständigkeit der Gerichte.

(6) Die besonderen Bestimmungen dieses Gesetzes für audiovisuelle Mediendienste gelten nicht für Dienste, die

1.
ausschließlich zum Empfang in Drittstaaten bestimmt sind und
2.
weder unmittelbar noch mittelbar von der Allgemeinheit mit handelsüblichen Verbraucherendgeräten in einem Mitgliedstaat empfangen werden.

Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt,
2.
ist niedergelassener Diensteanbieter jeder Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig anbietet oder erbringt; der Standort der technischen Einrichtung allein begründet keine Niederlassung des Anbieters,
2a.
ist drahtloses lokales Netzwerk ein Drahtloszugangssystem mit geringer Leistung und geringer Reichweite sowie mit geringem Störungsrisiko für weitere, von anderen Nutzern in unmittelbarer Nähe installierte Systeme dieser Art, welches nicht exklusive Grundfrequenzen nutzt,
3.
ist Nutzer jede natürliche oder juristische Person, die Telemedien nutzt, insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu machen,
4.
sind Verteildienste Telemedien, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Anzahl von Nutzern erbracht werden,
5.
ist kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt; die Übermittlung der folgenden Angaben stellt als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar:
a)
Angaben, die unmittelbaren Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens oder der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name oder eine Adresse der elektronischen Post,
b)
Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden; dies umfasst auch solche unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung oder sonstige Vorteile von natürlichen Personen gemachten Angaben, die eine unmittelbare Verbindung zu einem Nutzerkonto von weiteren natürlichen Personen bei Diensteanbietern ermöglichen,
6.
sind audiovisuelle Mediendienste
a)
audiovisuelle Mediendienste auf Abruf und
b)
die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation,
7.
ist audiovisueller Mediendiensteanbieter ein Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten,
8.
sind audiovisuelle Mediendienste auf Abruf nichtlineare audiovisuelle Mediendienste, bei denen der Hauptzweck des Dienstes oder eines trennbaren Teils des Dienstes darin besteht, unter der redaktionellen Verantwortung eines audiovisuellen Mediendiensteanbieters der Allgemeinheit Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung zum individuellen Abruf zu einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt bereitzustellen,
9.
ist audiovisuelle kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation mit Bildern mit oder ohne Ton, die einer Sendung oder einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder gegen eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten ist, wenn die Kommunikation der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder der Förderung des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dient, einschließlich Sponsoring und Produktplatzierung,
10.
sind Videosharingplattform-Dienste
a)
Telemedien, bei denen der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos, für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit bereitzustellen, wobei der Diensteanbieter die Organisation der Sendungen und der nutzergenerierten Videos, auch mit automatischen Mitteln, bestimmt,
b)
trennbare Teile von Telemedien, wenn für den trennbaren Teil der in Buchstabe a genannte Hauptzweck vorliegt,
11.
ist Videosharingplattform-Anbieter ein Diensteanbieter, der Videosharingplattform-Dienste betreibt,
12.
ist redaktionelle Verantwortung die Ausübung einer wirksamen Kontrolle hinsichtlich der Zusammenstellung der Sendungen und ihrer Bereitstellung mittels eines Katalogs,
13.
ist Sendung eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge Einzelbestandteil eines von einem Diensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist,
14.
ist nutzergeneriertes Video eine von einem Nutzer erstellte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge einen Einzelbestandteil darstellt und die von diesem oder einem anderen Nutzer auf einen Videosharingplattform-Dienst hochgeladen wird,
15.
ist Mitgliedstaat jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union und jeder andere Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, für den die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1; L 263 vom 6.10.2010, S. 15), die durch die Richtlinie (EU) 2018/1808 (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 69) geändert worden ist, gilt,
16.
ist Drittstaat jeder Staat, der nicht Mitgliedstaat ist,
17.
ist Mutterunternehmen ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen kontrolliert,
18.
ist Tochterunternehmen ein Unternehmen, das unmittelbar oder mittelbar von einem Mutterunternehmen kontrolliert wird,
19.
ist Gruppe die Gesamtheit von Mutterunternehmen, allen seinen Tochterunternehmen und allen anderen mit dem Mutterunternehmen und seinen Tochterunternehmen wirtschaftlich und rechtlich verbundenen Unternehmen.
Einer juristischen Person steht eine Personengesellschaft gleich, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 7 4 / 1 4 Verkündet am:
18. Juni 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Haftung für Hyperlink

a) Eine Haftung für die Inhalte einer über einen Link erreichbaren Internetseite wird nicht allein
dadurch begründet, dass das Setzen des Links eine geschäftliche Handlung des Unternehmers
darstellt.

b) Wer sich fremde Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist
, haftet dafür wie für eigene Informationen. Darüber hinaus kann, wer seinen Internetauftritt
durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten
eines Dritten verknüpft, im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer und im
Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung
einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Anspruch genommen werden, wenn
er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.

c) Ist ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar, haftet
derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit
der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt, sofern er sich den Inhalt nicht
zu eigen gemacht hat.

d) Der Unternehmer, der den Hyperlink setzt, ist bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf
der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob es
sich um eine klare Rechtsverletzung handelt.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - I ZR 74/14 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2016:180615IZR74.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Februar 2014 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Facharzt für Orthopädie. Mitte 2012 warb er auf seiner Internetseite unter der Überschrift "Implantat-Akupunktur" für eine Behandlung, bei der dem Patienten im Bereich der Ohrmuschel winzige Nadeln subkutan implantiert werden. Am Ende des Textes befand sich für "weitere Informationen auch über die Studienlage" ein elektronischer Verweis (Link) zur Startseite "www. .de", dem Internetauftritt des Forschungsverbands Implantat-Akupunktur e.V., die wie folgt gestaltet war:
2
Auf den über diese Startseite erreichbaren Unterseiten waren Aussagen zum Anwendungsgebiet und zur Wirkung der Implantat-Akupunktur abrufbar, die der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., für irreführend hält. Nach Abmahnung durch den Kläger entfernte der Beklagte den Link von seiner Internetseite. Er gab jedoch keine Unterlassungserklärung ab.
3
Das Landgericht hat den Beklagten entsprechend dem in erster Instanz zuletzt gestellten Antrag unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, mit 33 in der Urteilsformel wiedergegebenen, näher bezeichneten Aussagen, die auf den Internetseiten " .de" bereitgehalten waren, für eine Ohr-Implantat-Akupunktur zu werben und dem Kläger Abmahnkosten in Höhe von 166,60 € nebst Zinsen zu erstatten. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln, GRUR-RR 2014, 259).
4
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden die mit der Klage verfolgten Ansprüche nicht zu, weil dem Beklagten die Aussagen auf der Internetseite " .de" nicht zuzurechnen seien, die über den Link auf seiner Internetseite bis zur Abmahnung vom 4. Juni 2012 erreichbar waren. Dazu hat es ausgeführt:
6
Der vom Beklagten gesetzte Link zur Seite " .de" stelle zwar eine geschäftliche Handlung dar, weil er objektiv auch dem Zweck diene, Internetnutzern das Dienstleistungsangebot des Beklagten nahezubringen und dafür zu werben. Daraus folge aber nicht, dass der Beklagte für die nach dem Vortrag des Klägers irreführenden Angaben auf der Internetseite " .de" einzustehen habe. Unter Würdigung aller Umstände des Streitfalls könne nicht festgestellt werden, dass sich der Beklagte mit dem Setzen des Links die Inhalte des fremden Internetauftritts zu Eigen gemacht habe. Diese seien ihm daher nicht wie eigene Werbeaussagen zuzurechnen. Weder erschienen die eigenen werblichen Äußerungen des Beklagten ohne Nachverfolgung des Links unvollständig und unverständlich noch seien die Inhalte der Seite " .de" für die objektive Zwecksetzung des eigenen Internetauftritts des Beklagten wesentlich, Nutzer für die in seiner Praxis angebotene Implantat-Akupunktur-Behandlung zu interessieren. Vielmehr wirke der Link nach der vorangestellten Ankündigung von "Informationen auch über die Studienlage" eher wie der abschließende Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines Zeitschriftenartikels, mit dem der Verfasser keine ungeteilte Zustimmung zu allen im angegebenen Schrifttum vertretenen Auffassungen zum Ausdruck bringe. Zudem führe der vom Beklagten gesetzte Link nicht unmittelbar zu den vom Kläger beanstandeten Aussagen, sondern lediglich zu der beanstandungsfreien Startseite des Internetauftritts eines als Forschungsverband bezeichneten Idealvereins, von der aus auch andere, vom Kläger nicht angegriffene Beiträge zum Thema Implantat -Akupunktur erreichbar gewesen seien. Aus der objektiven Perspektive eines durchschnittlichen Internetnutzers liege die Annahme fern, der Beklagte habe mit seinem Link die volle Verantwortung für den gesamten Inhalt der Webpräsenz " .de" einschließlich aller auf Unterseiten oder in PDF-Dateien enthaltenen Aussagen zu Wirkung und Anwendungsmöglichkeiten der OhrImplantat -Akupunktur übernommen.
7
Eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten scheide ebenfalls aus. Der Beklagte habe es weder darauf angelegt, Besucher seiner Internetseite zu bestimmten erkennbar irreführenden Aussagen auf der Seite " .de" zu führen, noch könne angenommen werden, dass dem Beklagten klare Rechtsverletzungen innerhalb des Internetauftritts " .de" bereits bei der Abmahnung bekannt gewesen seien oder er solche in zumutbarer Weise leicht habe erkennen können. Der Beklagte habe den Link zu den beanstandeten Inhalten auch sofort nach der Abmahnung durch den Kläger von seiner eigenen Internetseite entfernt. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger beanstandeten Aussagen auf der Seite " .de" tatsächlich irreführend seien.
8
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit der dem Gesundheitsschutz der Verbraucher dienenden Marktverhaltensregelung des § 3 HWG zu, weil der Beklagte für etwaige wettbewerbswidrige Inhalte auf der Internetseite ".de" nicht haftet. Da die Abmahnung unbegründet war, kann der Kläger auch keine Erstattung von Abmahnkosten verlangen.
9
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht das Setzen des Links zu der Seite " .de" als geschäftliche Handlung des Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG angesehen.
10
Der Beklagte wirbt auf seiner Internetseite für die von ihm in seiner Praxis angebotene Behandlungsmethode der Implantat-Akupunktur. Der Beklagte hat sich eigene weiterführende Darstellungen erspart, indem er den Nutzern seiner Internetseite mit dem Link am Ende der Ausführungen zur ImplantatAkupunktur "weitere Informationen auch über die Studienlage" anbot. Durch den Link hat der Beklagte die fremde Internetseite für seinen eigenen werblichen Auftritt genutzt. Der Streitfall unterscheidet sich dadurch maßgeblich von Sachverhalten, in denen Online-Medien zur Erläuterung redaktioneller Beiträge elektronische Verweise setzen, die allein der Information und Meinungsbildung ihrer Nutzer dienen sollen (vgl. zu § 1 UWG aF BGH, Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 347 ff. - Schöner Wetten; zum geltenden Recht vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2011 - I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 Rn. 15, 38 = WRP 2012, 77 - Coaching-Newsletter).
11
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte aufgrund des Links nicht für etwaige wettbewerbswidrige Inhalte auf den über die Internetseite "www. .de" erreichbaren Unterseiten einzustehen hat.
12
a) Das Telemediengesetz enthält keine Regelung der Haftung desjenigen , der mittels eines elektronischen Querverweises den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten eröffnet. Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr , deren Umsetzung das Telemediengesetz dient, hat die Frage der Haftung für derartige Verweise ausgespart (vgl. Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie ). Die Haftung für Hyperlinks richtet sich daher nach den allgemeinen Vorschriften. Danach ist eine differenzierte Beurteilung geboten, wie sie die Rechtsprechung bereits in der Zeit vor Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr für erforderlich gehalten hat (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05, GRUR 2008, 534 Rn. 20 = WRP 2008, 771 - ueber18.de).
13
Wer sich die fremden Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen (vgl. BGH, GRUR 2008, 534 Rn. 20 - ueber18.de). Maßgeblich für die Frage, ob sich der Unternehmer mit seinem eigenen Internetauftritt verlinkte Inhalte zu Eigen macht, ist die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 Rn. 23 = WRP 2010, 922 - marions-kochbuch.de).
14
Darüber hinaus kann derjenige, der seinen Internetauftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten verknüpft, im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer (vgl.
zum Urheberrecht BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 18 ff. - Alone in the Dark; zum Persönlichkeitsrecht Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 20 ff. - Blog-Eintrag) und im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay) in Anspruch genommen werden, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat.
15
Danach begründet auch eine als geschäftliche Handlung zu qualifizierende Linksetzung als solche noch keine Haftung für die verlinkten Inhalte (Fezer /Mankowski, UWG, 2. Aufl., § 4-S12 Rn. 131; MünchKomm.UWG/Busche, 2. Aufl., § 5 Rn. 708; MünchKomm.UWG/Fritzsche aaO § 8 Rn. 273; Ott, WRP 2006, 691, 696). Das Setzen eines Links kann eine geschäftliche Handlung darstellen, ohne dass dadurch eine wettbewerbsrechtliche Haftung desjenigen begründet wird, der den Link gesetzt hat.
16
b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zutreffend eine Haftung des Beklagten für etwaige irreführende Inhalte auf den über die Internetseite " .de" erreichbaren Unterseiten verneint.
17
aa) Der Beklagte hat sich die unter der Internetseite " .de" hinterlegten Inhalte nicht in einer Weise zu Eigen gemacht, dass der Verkehr sie ihm zurechnet (vgl. BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 23 - marions-kochbuch.de; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 2.27; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 8 Rn. 139).
18
Der elektronische Verweis ist nicht wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells des Beklagten (vgl. BGH, GRUR 2008, 534 Rn. 21 - ueber18.de). Über ihn sind auch keine Inhalte zugänglich, in denen offen oder versteckt für die Produkte des Beklagten geworben wird (vgl. Born- kamm/Seichter, CR 2005, 747, 751). Der Link dient ferner weder zu einer Vervollständigung des eigenen Behandlungsangebots des Beklagten (vgl. Bornkamm /Seichter, CR 2005, 747, 751; Ott, WRP 2006, 691, 696), noch ist er so in einen redaktionellen Beitrag auf der Internetseite des Beklagten eingebettet, dass er für das weitergehende Verständnis dort geäußerter Meinungen oder Ansichten erkennbar von Bedeutung und dadurch Bestandteil der vom Beklagten auf seiner Internetseite bereitgestellten Inhalte geworden ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 23 f. - Coaching-Newsletter).
19
Zu Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang maßgebliche Bedeutung dem Umstand beigemessen, dass es sich bei dem vom Beklagten gesetzten elektronischen Verweis nicht um einen sogenannten Deeplink handelt, der direkt zu allen oder einzelnen der vom Kläger beanstandeten Aussagen führt, sondern lediglich um einen Link zu der als solcher unbedenklichen Startseite des als Forschungsverband bezeichneten Vereins Implantat-Akupunktur e.V. (vgl. Ott, WRP 2006, 691, 696). Die beanstandeten Inhalte werden dem Internetnutzer also nicht schon durch einfaches Klicken auf den vom Beklagten bereitgestellten Link zugänglich, sondern erst durch weiteres unabhängiges und vom Beklagten nicht gelenktes Navigieren innerhalb des Internetauftritts " .de".
20
Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, entspricht der Link im Streitfall somit einem Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines Aufsatzes oder Beitrags, über den sich der interessierte Internetnutzer zusätzliche Informationsquellen zu einem bestimmten Thema selbständig erschließen kann. Das Berufungsgericht hat es unter diesen Umständen zu Recht als fernliegend angesehen, dass der angesprochene Verkehr den Link dahingehend verstehen könnte, der Beklagte wolle damit die inhaltliche Verantwortung für alle Inhalte übernehmen, die über die Internetseite " .de" erreichbar sind. Vielmehr wird der durchschnittlich informierte und verständige, situationsadä- quat aufmerksame Internetnutzer den Link als vom Beklagten bereitgestellte Möglichkeit verstehen, sich bei entsprechendem Interesse anhand von Informationen , die durch vom Beklagten unabhängige Dritte bereitgestellt werden, weitergehend über das Thema Implantat-Akupunktur zu informieren.
21
bb) Eine Haftung des Beklagten als Störer kommt nicht in Betracht, weil die als irreführend beanstandeten Inhalte keine absoluten Rechte verletzt haben können.
22
cc) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag des Klägers zu Recht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht für begründet erachtet.
23
(1) Allerdings kann sich eine Rechtspflicht zur Prüfung und zur Abwendung einer Rechtsverletzung nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch aus dem Gesichtspunkt eines gefahrerhöhenden Verhaltens ergeben, insbesondere aus der Verletzung von Verkehrspflichten (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Ein solches gefahrerhöhendes Verhalten kann sich grundsätzlich auch aus dem Setzen eines Hyperlinks auf die Internetseite eines Dritten ergeben (vgl. OLG München, MMR 2002, 625; Volkmann, GRUR 2005, 200, 205 f.). Der Hyperlink erhöht die Gefahr der Verbreitung etwaiger rechtswidriger Inhalte, die sich auf den Internetseiten Dritter befinden. Aus dieser Gefahrerhöhung für eine Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern folgt die Verpflichtung desjenigen, der den Link setzt, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Wie bei einem Telediensteanbieter (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 38 - Jugendgefährdende Medien bei eBay) konkretisiert sich auch für den geschäftlich einen Hyperlink setzenden Unternehmer die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte als Prüfungspflicht. Deren Bestehen und Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertun- gen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Damit wird einer unangemessenen Ausdehnung der Haftung für Rechtsverstöße Dritter entgegengewirkt.
24
(2) Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang , in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen. Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Haftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, etwa nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben hätte, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird. Wenn Hyperlinks nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen Quellen erleichtern, dürfen allerdings im Interesse der Meinungs - und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) an die nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im Internet ohne den Einsatz von Hyperlinks zur Verknüpfung der dort zugänglichen Dateien weitgehend eingeschränkt wäre (vgl. BGHZ 158, 343, 352 f. - Schöner Wetten). Diese Haftungsgrundsätze für Hyperlinks gelten auch im Rahmen der nach der neueren Senatsrechtsprechung bei der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verhaltenspflichten maßgeblichen Haftung aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, selbst wenn die Maßstäbe im Zusammenhang mit der inzwischen im Wettbewerbsrecht aufgegebenen Störerhaftung entwickelt worden sind. Die Auswechslung der dogmatischen Grundlage der Haftung hat die Prüfungspflichten für das Setzen von Hyperlinks inhaltlich nicht verändert.
25
(3) Zur Konkretisierung der Prüfungspflichten im Zusammenhang mit dem Setzen von Hyperlinks kann im Ausgangspunkt auf die vom Senat im Zusammenhang mit Internet-Marktplätzen entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn. 139). Zwar gilt für das Setzen eines Hyperlinks bei der Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen nicht die Privilegierung des § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, wonach Diensteanbieter nicht verpflichtet sind, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten, so dass ihnen grundsätzlich nicht zuzumuten ist, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, Rn. 49 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle III). Der im Internet tätige Unternehmer wird nicht dadurch zum Anbieter von Telediensten, dass er bei der Werbung für seinen Geschäftsbetrieb einen Hyperlink setzt. Allerdings sind Hyperlinks aus der Sicht der Internetnutzer unerlässlich , um die unübersehbare Informationsflut im Internet zu erschließen. Es ist daher gerechtfertigt, regelmäßig auch für einen Unternehmer eine proaktive Überwachungspflicht hinsichtlich der von ihm verlinkten Inhalte zu verneinen (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn. 139). Sofern ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar ist, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt.
26
(4) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass im Streitfall keine Grundlage für die Annahme erhöhter Pflichten des Beklagten etwa unter dem Aspekt eines von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells oder der Förderung rechtsverletzender Nutzung durch eigene Maßnahmen besteht (vgl. dazu BGHZ 194, 339 Rn. 22 - Alone in the Dark; BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 31 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Eine Haftung des Beklagten für den von ihm gesetzten Link setzte deshalb voraus, dass er - etwa durch einen Hinweis des Klägers - Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten erhielt, die über diesen Link erreichbar waren.
27
(5) Soweit der Senat insoweit bei Internet-Marktplätzen oder FileHosting -Diensten eine klare Rechtsverletzung verlangt (vgl. BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2015, 485 Rn. 52 - Kinderhochstühle im Internet III), ergibt sich diese Anforderung allerdings unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit, weil weitergehende Prüfungspflichten das von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte Geschäftsmodell dieser Anbieter in Frage stellen könnten. Eine vergleichbare Interessenlage besteht nicht bei Hyperlinks , die kommerziellen Internetseiten lediglich ein zusätzliches Informationsangebot hinzufügen, das für die dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen weder essentiell ist noch ihren Wert oder Nutzen steigert. Zudem handelt es sich dabei im Gegensatz zu Internet-Marktplätzen oder File-Hosting-Diensten regelmäßig um eine begrenzte Anzahl von Hyperlinks, die vom Inhaber der Internetseite bewusst gesetzt werden. Es ist deshalb sachgerecht, das Risiko der rechtlichen Beurteilung, ob eine beanstandete Äußerung auf dem durch den Link erreichbaren Internetauftritt tatsächlich rechtswidrig ist oder nicht, demjenigen zuzuordnen, der den Link setzt. Dadurch werden die wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen Dritter angemessen gegen die Verbreitung rechtswidriger Inhalte im Internet durch Hyperlinks geschützt. Der Unternehmer, der den Hyperlink setzt, ist also bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Rechtsverletzung klar erkennbar ist.
28
(6) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine Haftung des Beklagten für die nach Ansicht des Klägers rechtswidrigen Inhalte auf der Internetseite " .de" nicht in Betracht. Der Beklagte hat nach Abmahnung des Klägers den Link zur Startseite von " .de" sofort von seiner Internetseite entfernt. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass nichts dafür spricht, der Beklagte habe bereits vor der Abmahnung Kenntnis von rechtsverletzenden , insbesondere irreführenden Aussagen auf den Unterseiten des Internetauftritts " .de" gehabt.
29
3. Kommt eine Haftung des Beklagten danach von vornherein nicht in Betracht, konnte das Berufungsgericht zu Recht dahinstehen lassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die vom Kläger beanstandeten Aussagen über Wirkungen und Anwendungsgebiete der Ohr-Implantat-Akupunktur objektiv unzutreffend oder jedenfalls wissenschaftlich nicht gesichert und möglicherweise schon deshalb zur Täuschung geeignet sind.
30
III. Besteht kein Unterlassungsanspruch des Klägers, erweist sich auch seine Abmahnung als unberechtigt, so dass ihm kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zusteht.
31
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff Koch Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 26.02.2013 - 33 O 181/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.02.2014 - 6 U 49/13 -

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

Diensteanbieter sind für eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die allein dem Zweck dient, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Informationen nicht verändern,
2.
die Bedingungen für den Zugang zu den Informationen beachten,
3.
die Regeln für die Aktualisierung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind, beachten,
4.
die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Informationen, die in weithin anerkannten und verwendeten Industriestandards festgelegt sind, nicht beeinträchtigen und
5.
unverzüglich handeln, um im Sinne dieser Vorschrift gespeicherte Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald sie Kenntnis davon erhalten haben, dass die Informationen am ursprünglichen Ausgangsort der Übertragung aus dem Netz entfernt wurden oder der Zugang zu ihnen gesperrt wurde oder ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde die Entfernung oder Sperrung angeordnet hat.
§ 8 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 101/06 Verkündet am:
27. März 2007
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Unterlassungsanspruch wegen eines in ein Meinungsforum im Internet eingestellten
ehrverletzenden Beitrags kann auch dann gegen den Betreiber des Forums gegeben
sein, wenn dem Verletzten die Identität des Autors bekannt ist.
BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. April 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu b) abgewiesen worden ist. Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender eines Vereins, dessen satzungsmäßiger Zweck u.a. die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet ist. Die Beklagte ist Betreiberin eines Internetforums, das sich mit sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie beschäftigt. Nachdem der Klä- ger selbst einen Beitrag in das Forum eingestellt hatte, veröffentlichte ein Unbekannter dort unter dem Pseudonym "Katzenfreund" einen Beitrag, durch den sich der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, ebenso durch den später eingestellten Beitrag eines Autors mit dem Pseudonym "Rumtrauben", dessen Identität dem Kläger bekannt ist. Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung dieser Beiträge, Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 2.000,00 € und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.187,38 € in Anspruch genommen.
2
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens bezüglich beider Beiträge und eines Teils der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage hinsichtlich des Beitrags des dem Kläger bekannten Verfassers "Rumtrauben" und der insoweit beanspruchten Rechtsverfolgungskosten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte erstrebt mit der Anschlussrevision die vollumfängliche Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in AfP 2006, 267 veröffentlicht ist, beurteilt den Beitrag des Autors "Katzenfreund" als Meinungsäußerung, die den Kläger in seiner Ehre verletze. Die Diffamierung werde nicht durch die eigenen Beiträge des Klägers gerechtfertigt, mit denen dieser sich zuvor in dem Forum in negativer Weise über seine Diskussionsgegner geäußert habe. Hinsichtlich dieses Beitrags bestehe ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklag- te, weil sie als Betreiberin des Forums die Äußerung verbreite und sich insoweit nicht auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit berufen könne. Demgegenüber habe der Kläger keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hinsichtlich des Beitrags des ihm bekannten Autors "Rumtrauben". Im Falle der Kenntnis von der Identität des Autors sei bei einem Meinungsforum vorrangig derjenige in Anspruch zu nehmen, der sich geäußert habe. Ein Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten bestehe nur in Höhe von 310,65 € hinsichtlich des Beitrags des Autors "Katzenfreund".

II.

4
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. Die Anschlussrevision der Beklagten hat keinen Erfolg.
5
1. Rechtlich zutreffend und von den Parteien im Revisionsrechtszug auch nicht angegriffen wertet das Berufungsgericht den Beitrag des Autors "Katzenfreund" als Meinungsäußerung, die den Kläger wegen ihn schmähender Inhalte in seiner Ehre verletzt und dessen Verbreitung er deshalb nicht hinnehmen muss. Im Ansatz zutreffend nimmt das Berufungsgericht auch an, dass die Beklagte als Betreiberin des Internetforums bei Kenntniserlangung von unzulässigen Inhalten zum Sperren bzw. Entfernen des von einem Dritten eingestellten Beitrags verpflichtet sein kann.
6
a) Diese Verpflichtung ergibt sich allerdings nicht, wie es im Berufungsurteil anklingt, aus § 11 Nr. 2 TDG oder § 9 Nr. 2 MDStV. Für die Beurteilung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs des Klägers ist das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht maßgebend (BGHZ 131, 308, 311 f.), welches grundsätzlich auch vom Revisionsgericht zu berücksichtigen ist (BGHZ 9, 101 f.). Abzustellen ist mithin auf die mit dem Gesetz zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste (Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz-ElGVG) vom 26. Februar 2007 am 1. März 2007 in Kraft getretenen Vorschriften des Telemediengesetzes (BGBl I S. 179), welches an die Stelle des Teledienstegesetzes und des Medienstaatsvertrages getreten ist. Die im Telemediengesetz enthaltenen Vorschriften zur Verantwortlichkeit von Diensteanbietern (§§ 7 bis 10 TMG) haben die Regelungen des Teledienstegesetzes und die für Mediendienste bisher geltenden entsprechenden Regelungen des Medienstaatsvertrages unverändert übernommen (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf vom 26. Oktober 2006, BT-Drucks. 16/3078, S. 15). Die diesbezüglichen Vorschriften weisen keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten ebenso wie schon die §§ 8 bis 11 TDG in der Fassung von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 14. Dezember 2001 (BGBl I S. 3721) keine Anspruchsgrundlagen. Wie sich aus § 7 Abs. 1 TMG ergibt, setzen die nachfolgenden Bestimmungen des Gesetzes ebenso wie schon § 8 Abs. 1 TDG und § 5 TDG i.d.F. vom 22. Juli 1997 (BGBl I S. 1870) eine Verantwortlichkeit nach allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2003 - VI ZR 335/02 - VersR 2003, 1546 [zu § 5 TDG a.F.] m.w.N.; Stadler, Haftung für Informationen im Internet, 2. Aufl., Rn. 18). Nach Auffassung des Schrifttums kommt diesen Vorschriften deshalb eine Art "Filterfunktion" zu (vgl. Sobola/Kohl, CR 2005, 443, 445 m.w.N.). Vorliegend beruht der Unterlassungsanspruch des Klägers auf § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB analog sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB.
7
b) Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit lässt sich vorliegend insbesondere nicht aus der Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG herleiten. Diese Vorschrift findet ebenso wie § 11 TDG, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hinweist, auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung. Wie sich aus § 7 Abs. 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (BGHZ 158, 236, 246 ff. zu § 11 S. 1 TDG). Unterlassungsansprüche bleiben von dieser Vorschrift - ebenso wie auch schon von §§ 8, 11 TDG bzw. § 5 TDG Abs. 1 bis 3 a.F. - unberührt (BGHZ aaO, S. 248).
8
c) Dem Unterlassungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass der beanstandete Beitrag vorliegend in ein so genanntes Meinungsforum eingestellt worden ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Grundsätze , die der erkennende Senat für Fernsehsendungen aufgestellt hat, die - wie etwa Live-Diskussionen - einen "Markt der Meinungen" eröffnen (Senatsurteil BGHZ 66, 182, 188, "Panorama"), auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Bei der Frage, ob das Fernsehen allein wegen des Ausstrahlens einer ehrverletzenden Äußerung belangt werden kann, ist den Besonderheiten Rechnung zu tragen, die sich aus seiner Rolle und den Möglichkeiten und Zwängen fernsehgerechter Darstellung ergeben. Mit Rücksicht darauf hat der erkennende Senat seinerzeit entschieden, dass eine Störerhaftung der Fernsehanstalt zu verneinen sein kann, wenn während der Live-Übertragung einer Fernsehdiskussion eine ehrverletzende Äußerung durch einen Dritten erfolgt oder wenn das Fernsehen die kritische Äußerung eines Dritten aufgreift, ohne sich mit ihr zu identifizieren (Senatsurteil BGHZ aaO, S. 189 f.).
9
Diese Überlegungen sind auf ein im Internet eröffnetes Meinungsforum nicht übertragbar. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die für LiveSendungen in Rundfunk und Fernsehen geltende mediale Privilegierung sich nicht auf Wiederholungen erstrecken kann, da dem Veranstalter hier die Möglichkeit offen steht, die (erneute) Verbreitung von Äußerungen Dritter zu verhindern (Jürgens, CR 2006, 188, 189; Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung , 2000, S. 90). Entsprechendes gilt für Internetforen, sofern dem Betreiber - wie vorliegend unstreitig - die erfolgte Rechtsverletzung bekannt ist. In dem Unterlassen, einen als unzulässig erkannten Beitrag zu entfernen, liegt eine der Wiederholung einer Rundfunk- oder Fernsehaufzeichnung vergleichbare Perpetuierung der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen. Der Betreiber eines Internetforums ist "Herr des Angebots" und verfügt deshalb vorrangig über den rechtlichen und tatsächlichen Zugriff. Internetangebote sind - wie etwa auch Aufzeichnungen im Fernsehen - dem nachträglichen Zugriff des Anbieters in keiner Weise entzogen. Auch wenn von ihm keine Prüfpflichten verletzt werden , so ist er doch nach allgemeinem Zivilrecht zur Beseitigung und damit zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen verpflichtet (Jürgens/Köster, AfP 2006, 219, 222).
10
d) Entgegen der Meinung der Anschlussrevision kann die Beklagte dem Unterlassungsanspruch auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Kläger habe diese Äußerungen durch von ihm selbst zuvor in das Forum eingestellte eigene Beiträge provoziert. Die Teilnahme an einem Meinungsforum kann nicht als stillschweigende Erklärung der Einwilligung in Ehrverletzungen innerhalb dieses Forums gewertet werden. Es mag sein, dass der Teilnehmer eines Forums, in dem, wie es häufig und auch vorliegend der Fall ist, Äußerungen unter einem Pseudonym eingestellt werden können, im Einzelfall damit rechnen muss, dass er dort von anonym bleibenden Personen angegriffen und möglicherweise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Wer dieses Risiko eingeht , verzichtet damit aber grundsätzlich nicht auf Abwehransprüche hinsichtlich künftiger Ehrverletzungen. Unterlassungsansprüche sind ihm deshalb nicht abgeschnitten.
11
Der Kläger muss die in dem beanstandeten Beitrag enthaltene Ehrverletzung auch nicht nach den Grundsätzen der Meinungsäußerungsfreiheit im Rahmen einer öffentlichen Auseinandersetzung hinnehmen, bei der die Vermu- tung zugunsten der freien Rede sprechen kann (vgl. BVerfGE 7, 198, 212 = NJW 1958, 257; BVerfGE 54, 120, 139 = NJW 1980, 2069; BVerfGE 61, 1, 7 = NJW 1983, 1415; BVerfG NJW 1990, 1980). Der Schutz von Meinungsäußerungen tritt nämlich regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrechtsschutz zurück, wenn sich die betreffenden Äußerungen - wie vorliegend - als Schmähung darstellen (vgl. BVerfGE 82, 272, 281 = NJW 1991, 95).
12
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt ein Unterlassungsanspruch vorliegend auch hinsichtlich des Beitrags b) des Autors "Rumtrauben" in Betracht.
13
a) Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Betreibers eines Internetforums für dort eingestellte Beiträge entfällt nicht deshalb, weil dem Verletzten die Identität des Autors bekannt ist. Wird ein ehrverletzender Beitrag in ein Forum eingestellt, ist der Betreiber als Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unterlassung verpflichtet. Ebenso wie der Verleger die Quelle einer von einem Presseerzeugnis ausgehenden Störung beherrscht und deshalb grundsätzlich neben dem Autor eines beanstandeten Artikels verantwortlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 3, 270, 275 ff. und 14, 163, 174; Löffler/Steffen, Presserecht, 5. Aufl., LPG § 6, Rn. 276 f.), kann beim Fernsehen das Sendeunternehmen als "Herr der Sendung" zur Unterlassung verpflichtet sein (Senatsurteil BGHZ 66, 182, 188). Diese Grundsätze gelten auch für den Betreiber eines Internetforums , der insoweit "Herr des Angebots" ist. Der gegen ihn gerichtete Unterlassungsanspruch des Verletzten besteht in gleicher Weise unabhängig von dessen Ansprüchen gegen den Autor eines dort eingestellten Beitrags.
14
b) An einer Sachentscheidung darüber, ob vorliegend ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hinsichtlich des Beitrags des Autors "Rumtrauben" besteht, ist der Senat gehindert, weil das Berufungsgericht keine Fest- stellungen zum Inhalt dieses Beitrags getroffen und diesen auch nicht rechtlich gewürdigt hat.
15
3. Hinsichtlich der Entscheidung des Berufungsgerichts über den Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten haben die beiderseitigen Rechtsmittel keinen Erfolg, da die Revision und die Anschlussrevision insoweit nicht begründet worden sind. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.09.2005 - 12 O 440/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.04.2006 - I-15 U 180/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 210/08 Verkündet am:
30. Juni 2009,
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Haftung des Verpächters einer Domain für Äußerungen auf der von seinem
Pächter betriebenen Website.
BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juni 2009 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. August 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht einen Anspruch auf Unterlassung unwahrer Äußerungen geltend, die Teil eines Beitrags waren, der ab 12. Juni 2007 im Internet abrufbar war. Die Beklagte verlegt das Nachrichtenmagazin "Focus". Sie ist als Inhaber der Domain "focus.de" eingetragen, welche die Tomorrow Focus AG gepachtet hat. Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" ist unter der Adresse http://www.focus.de erreichbar.
2
Im Impressum dieser Internetseite heißt es: "FOCUS ONLINE ist ein Angebot der TOMORROW FOCUS AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des FOCUS-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch die FOCUS Magazin Verlag GmbH". Artikel, die in dem genannten Magazin erscheinen, sind unter www.focus.de/magazin abrufbar.
3
Der Artikel, der Gegenstand der Klage ist, wurde von einer Journalistin verfasst, die bei dem von der Beklagten verlegten Magazin tätig ist. Er stand jedoch nicht in dem Magazin und wurde nicht unter www.focus.de/magazin, sondern im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG veröffentlicht.
4
Die Beklagte erlangte durch Abmahnschreiben des Klägers vom 24. und 27. August 2007 Kenntnis von dem Beitrag. Sie leitete die Schreiben an die Tomorrow Focus AG weiter. Diese löschte den Beitrag und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, was die Beklagte verweigerte.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der der Kläger weiterhin die Verurteilung der Beklagten erstrebt.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte weder als Täter noch als Störer für den Inhalt der Äußerungen. Eine Täterhaftung als Verbreiterin komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Beitrag nicht selbst ins Netz gestellt und von ihm keine Kenntnis gehabt habe. Sie müsse für die Verfasserin nicht einstehen, weil diese zwar bei ihr beschäftigt, aber in Bezug auf den Beitrag nur für die Tomorrow Focus AG tätig gewesen sei.
7
Die Beklagte hafte auch nicht deshalb für den Inhalt aller Beiträge auf der Internetseite www.focus.de, weil sich auf der Titelseite des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins ein Hinweis auf die Domain "focus.de" befinde. Dieser Hinweis erleichtere zwar dem Leser des Magazins das Auffinden der Website, mit ihm mache sich jedoch die Beklagte nicht deren Inhalt zu eigen, auch wenn die Beklagte und die Tomorrow Focus AG mit personellen Überschneidungen dem gleichen Konzern angehörten.
8
Zwar erbringe die Beklagte mit der Überlassung der Domain einen wesentlichen Beitrag zur Nutzung der Internetseite und komme somit als Störerin in Betracht. Sie habe die Möglichkeit, sich vertraglich Einfluss auf den Inhalt der Internetseite vorzubehalten oder durch Aufgabe der Domain oder Dekonnektierung des Access-Providers den Internetauftritt von der Domain zu trennen. Ihre Haftung setze aber die zusätzliche Verletzung von Pflichten voraus. Sie müsse nach Hinweis die Unterbindung des Beitrags veranlassen und Vorsorge treffen, dass es zu keinen erneuten Eingriffen in Rechte des Klägers komme. Eine weitergehende Prüfungs- und Überwachungspflicht bestehe nur, wenn sie konkret mit solchen Eingriffen rechnen müsse. Das sei nicht der Fall gewesen. Da sie unverzüglich die Löschung des Beitrages bewirkt habe, hafte sie nicht.

II.

9
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung.
10
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich unabhängig davon, ob die Beklagte Diensteanbieter gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG ist, nicht aus den Vorschriften über die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern im Telemediengesetz (TMG). Die §§ 7 bis 10 TMG weisen nämlich keinen haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten keine Anspruchsgrundlagen, sondern setzen eine Verantwortlichkeit nach allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (Senat, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - VersR 2007, 1004 sowie BGHZ 158, 236, 246 ff.; 172, 119, 126). Eine nach den allgemeinen Vorschriften mögliche Haftung entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
11
1. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die vom Kläger angegriffenen Äußerungen unwahr sind und in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen. Das rügen die Parteien im Revisionsverfahren nicht.
12
2. Davon ausgehend kann eine Störereigenschaft der Beklagten hinsichtlich eines eventuellen Unterlassungsanspruchs wegen ihres Beitrags zur Verbreitung der beanstandeten Äußerung im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG nicht von vornherein verneint werden. Soweit die Revision meint, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe die Beklagte das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht nur als Störerin sondern als Täterin verletzt , kommt es auf eine solche Unterscheidung bei dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht an.
13
a) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - GRUR 1977, 114, 115; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften , der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - aaO m.w.N.). Deshalb kann etwa im Presserecht der Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Autor und Verleger gerichtet werden (vgl. BGHZ 3, 270, 275 f.; 14, 163, 173 ff.), sondern auch gegen so genannte technische Verbreiter, wie Grossisten, Inhaber von Vertriebsstellen oder Buchhandlungen (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; Beater, Medienrecht [2007], Rn. 1927 ff.).
14
Soweit in der neueren Rechtsprechung eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem Institut der Störerhaftung zum Ausdruck kommt und erwogen wird, die Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch allein nach deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme zu begründen (vgl. BGHZ 155, 189, 194 f.; 173, 188, 194 ff.; BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00 - GRUR 2003, 969, 970), betrifft dies Fälle, in denen anders als beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht (BGHZ 158, 236, 251; 172, 119, 132; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; KG, MMR 2006, 393, 394; Spind- ler/Weber in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien [2008], § 1004 BGB Rn. 10).
15
b) Die Beklagte hat dadurch zur Verbreitung der Äußerungen beigetragen , dass sie die Nutzung ihrer Domain "focus.de" vertraglich der Tomorrow Focus AG überlassen hat (Domainpacht, vgl. Kilian/Heussen-Koch, Computerrechtshandbuch , Stand: 26. Lfg. 2008, Kap. 24 Rn. 276 ff.; Förster in Schwarz/Peschel-Mehner, Recht im Internet, Stand: 22. Lfg. 2009, Kap. 7-A, Teil 3.1 Rn. 1 ff.; Seifert, Das Recht der Domainnamen [2003], Kap. 10 Rn. 14 ff.). Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" konnte dadurch unter der den Domainnamen enthaltenden Adresse http://www.focus.de aufgerufen werden, was die praktische Nutzung erleichtert (zur Abgrenzung von Domain und Website vgl. OGH, MMR 2006, 669, 670).
16
Ebenso wie der Vermieter neben dem Mieter kann auch der Verpächter neben dem Pächter grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 95, 307, 308; 129, 329, 335; BGH, Urteil vom 11. November 1966 - V ZR 191/63 - NJW 1967, 246; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 18). Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte als Domaininhaberin mit dem Betreiber der mit der verpachteten Domain verknüpften Website vertraglich verbunden ist und die Möglichkeit hat, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung den Einfluss auf die Internetseite vorzubehalten und diesen Einfluss im Falle der Verletzung der Rechte Dritter auszuüben, wie im Streitfall geschehen. Außerdem hat es darauf verwiesen, dass im äußersten Fall die Möglichkeit der Trennung von Domain und Website bestehe (vgl. Kilian /Heussen-Koch, aaO, Kap. 24 Rn. 317, 334).
17
c) Der weite Kreis der als Verbreiter möglicherweise auf Unterlassung Haftenden erfährt durch das TMG keine Begrenzung. Haftungsbeschränkungen wie § 10 TMG, die eine Art "Filterfunktion" haben (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23), gelten nicht für Unterlassungsansprüche (Senat, Urteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO, 1004 f. sowie BGHZ 172, 119, 126; so schon zum TDG BGHZ 158, 236, 246 ff.).
18
3. a) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Frage nach der Zumutbarkeit der begehrten Unterlassung stellt (vgl. Senat, BGHZ 106, 229, 235; Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116). Die Störerhaftung darf nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst den Eingriff vorgenommen haben. Die Haftung des Störers setzt deshalb das Bestehen so genannter Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, BGHZ 158, 236, 251; 158, 343, 350; 172, 119, 131 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - GRUR 2008, 702, 706; Wegner in Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts [2008], § 32 Rn. 26 ff.; v. Hutten in Götting/Schertz/Seitz, aaO, § 47 Rn. 62). Dabei können Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch genommenen Dritten und die Eigenverantwortung des unmittelbar Handelnden eine Rolle spielen (BGHZ 148, 13, 18 f.; 158, 343, 350; vgl. auch Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1, 8 ff.).
19
b) Die Revision meint zu Unrecht, diese Grundsätze fänden keine Anwendung , weil die Beklagte sich die angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht habe. Sie sei deshalb kein mittelbarer, sondern unmittelbarer Störer (vgl. Spindler/Volkmann, WRP 2008, 1) und Diensteanbieter eigener Informationen gemäß § 7 Abs. 1 TMG (vgl. BT-Drs. 14/6098, S. 23; Heckmann in juris PKInternetrecht , Kap. 1.7 Rn. 11 ff.; Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., B Rn. 1141 ff. und 1282; Roggenkamp, jurisPR-ITR 10/2008 Anm. 4). Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung aber nur zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert, so dass sie als seine eigene erscheint. Bei der Bejahung einer solchen Identifikation mit der Äußerung eines Anderen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. Senat, BGHZ 66, 182, 189 f.). Die Beklagte macht sich Äußerungen, die unter http://www.focus.de abrufbar sind, nicht schon durch Verpachtung der Domain oder alleine dadurch zu Eigen, dass auf dem Titelblatt des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" die Domain wiedergegeben wird (anders OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 82, 84). Dieser Hinweis soll vielmehr dem Leser des Nachrichtenmagazins aufzeigen, unter welcher Domain er im Magazin erschienene Artikel im Internet aufrufen kann, nämlich unter www.focus.de/magazin, worauf im Impressum der Internetseite hingewiesen wird.
20
4. Die entscheidungserhebliche Frage nach der Zumutbarkeit von Prüfungspflichten hat das Berufungsgericht zutreffend beantwortet.
21
a) Der Beklagten ist als Domainverpächterin nicht zuzumuten, die Website ihres Pächters allgemein dahingehend zu prüfen, ob sie Äußerungen enthält, die das Persönlichkeitsrecht anderer verletzen. Demgemäß trifft den (bloßen) Inhaber der Domain grundsätzlich keine Haftung für Rechtsverletzungen, die durch den Inhalt der Website begangen werden (ebenso OGH, MMR 2006, 669 f.).
22
aa) Allgemeine Prüfungspflichten hat der Bundesgerichtshof für den Alleinimporteur einer ausländischen Zeitschrift in Bezug auf dort abgedruckte, das Persönlichkeitsrecht Dritter verletzende Beiträge verneint (Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, 116), ebenso für den Spediteur in Bezug auf verletzende Kennzeichnungen der von ihm verbreiteten Waren (BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 - I ZR 56/55 - GRUR 1957, 352, 354) oder für den Betreiber eines Internetauktionshauses in Bezug auf Angebote von Nutzern, die Mar- kenrechte verletzen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.; 172, 119, 133 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05 - aaO).
23
Entsprechendes gilt für die Beklagte als Domainverpächterin, jedenfalls dann, wenn sie keine konkreten Anhaltspunkte für (drohende) Rechtsverletzungen hat. Letzteres bejaht die Revision zwar mit der Erwägung, der Nachrichtendienst "Focus Online" stelle eine "Gefahrenquelle" dar, weil es durch die Medien immer wieder zu Verletzungen des Persönlichkeitsrechts komme. Diese allgemeine Erwägung begründet aber keine konkreten Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Zumutbarkeit von Prüfungspflichten zu bejahen. Nicht zu überzeugen vermag der Einwand, es gehe nicht um die vom Bundesgerichtshof als unzumutbar abgelehnte Prüfung von Angeboten, die eine Vielzahl von Nutzern eines Internetauktionsdienstes auf dessen Website einstellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.), sondern nur um die Prüfung von Beiträgen des Pächters der Domain. Für die Unzumutbarkeit spricht hier die Anzahl der zu überprüfenden Beiträge, die bei einem umfangreichen Nachrichtendienst wie "Focus Online" beträchtlich ist. Zudem werden die Beiträge im Gegensatz zu Printpublikationen ständig ("in Echtzeit") aktualisiert, so dass schon deswegen keine gleich wirksamen Überprüfungen erfolgen können (vgl. Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9).
24
bb) Zwar können, worauf die Revision abstellt, einen Verleger als "Herr der Zeitung" (Senat, BGHZ 39, 124, 129; Urteile vom 4. Juni 1974 - VI ZR 68/73 - VersR 1974, 1080; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1076) oder einen Rundfunkveranstalter als "Herr der Sendung" (Senat, BGHZ 66, 182, 187) allgemeine Prüfungspflichten treffen (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 1957 - VI ZR 263/55 - NJW 1957, 1149, 1150; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 158/78 - GRUR 1980, 1099, 1104). Da er die Herstellung und Verbreitung redaktioneller Beiträge mit sachlichen und persönlichen Mitteln ermöglicht, soll er als wirt- schaftlicher Träger das Haftungsrisiko tragen (Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28.2; v. Hutten, aaO, § 47 Rn. 21). Deshalb bestehen für ihn auch Prüfungspflichten , allerdings in reduzierter Form, wenn es um "fremde" Inhalte geht (vgl. Senat, BGHZ 59, 76, 80; Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, 1077).
25
Die Beklagte hatte aber allein durch die Verpachtung der Domain nicht die Stellung eines Verlegers inne. Es ist nicht ersichtlich, dass sie auch "Herr des Angebots" von "Focus online" war, und die vom Berufungsgericht festgestellte "gemeinsame Konzernstruktur" - die Beklagte und die Tomorrow Focus AG gehören jeweils der Hubert Burda Media Holding GmbH & Co KG an - der Verschiebung oder Verschleierung von Verantwortlichkeiten diente.
26
Entgegen der Auffassung der Revision entstand auch nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dagegen spricht das Impressum des elektronischen Informationsdienstes (vgl. § 5 TMG), in dem es im August 2007 hieß: "Focus online ist ein Angebot der Tomorrow Focus AG, Geschäftsbereich Portal. Für die Seiten des Focus-Magazins (http://focus.de/magazin mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch [die Beklagte]". Dies gilt umso mehr, weil anschließend die Tomorrow Focus AG nochmals als "Anbieter des Gesamtangebots außer http://focus.de/magazin mit Unterseiten" und die Beklagte als "Anbieter für die Seiten unter http://focus.de/magazin" bezeichnet wurde. Dadurch entsteht bei Beiträgen, die wie hier nicht unter http://focus.de/magazin abrufbar waren, nicht der Anschein, die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dies gilt auch, soweit die Revision darauf verweist, dass der Name des von der Beklagten verlegten Nachrichtenmagazins ("Focus") teilweise mit dem des über die URL www.focus.de erreichbaren Online-Nachrichtendienstes ("Focus online" ) übereinstimmt und die URL auf dem Titelblatt des Nachrichtenmagazins genannt wird. Daran ändert nichts, dass im Impressum des Jahres 2006 als Diensteanbieter allein die Tomorrow Focus AG und im Impressum des Jahres 2007 mit dem Zusatz "Copyright © 2007 by Focus Online GmbH" noch eine dritte juristische Person genannt wurde. Schließlich führt auch der Umstand nicht zu einer Haftung, dass der Beitrag von einer bei der Beklagten angestellten Autorin stammte, die im Beitrag als "Focus-Redakteurin" bezeichnet und im Impressum des Nachrichtenmagazins, nicht aber im "Impressum Focus online" aufgeführt war. Die Beklagte haftet grundsätzlich nicht für Beiträge, die ihre Autoren außerhalb des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins veröffentlichen.
27
b) Der Beklagten war allerdings zuzumuten, die Website ihres Pächters zu prüfen, als sie von den konkreten Äußerungen, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigten, Kenntnis erlangte. Insoweit sind - jedenfalls wenn wie hier die Äußerungen unstreitig unwahr waren - keine aufwändigen Nachforschungen erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - aaO, S. 116; BGH, BGHZ 148, 13, 20; 158, 236, 252; 158, 343, 353; Spindler/Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9). Das Bestehen einer solchen Prüfungspflicht führt aber nur dann zu einem Unterlassungsanspruch, wenn der Störer nach Kenntniserlangung und Prüfung die Störung nicht unverzüglich beseitigt (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2004, 507, 508; LG Berlin, CR 2007, 742, 743). Das ist hier durch die Löschung des Beitrages geschehen (anders im dem Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06 - aaO zugrunde liegenden Fall).
28
c) Jedenfalls scheitert ein Unterlassungsanspruch am Fehlen einer Wiederholungs - oder Erstbegehungsgefahr, die eine - ebenfalls vom Kläger darzulegende - materielle Anspruchsvoraussetzung ist (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85).
29
Zwar wird die Wiederholungsgefahr bei bereits geschehener Rechtsverletzung grundsätzlich vermutet (BVerfG, NJW-RR 2000, 1209, 1211; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO, S. 85). Dafür wäre aber eine vollendete Rechtsverletzung nach Begründung einer Prüfungspflicht erforderlich. Eine solche Verletzung kann vorliegen, wenn es nach Kenntniserlangung zu mindestens einem weiteren Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers kommt (vgl. BGHZ 173, 188, 207). Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Tomorrow Focus AG einer Wiederholungsgefahr entgegenstehen könnte.
30
Eine Erstbegehungsgefahr muss jeweils im Einzelfall konkret dargetan werden, weil sich in solchen Fällen keine Basis für eine tatsächliche Vermutung finden lässt (Senat, Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - aaO, S. 1077). Der Kläger muss dartun, dass eine erste Verletzungshandlung ernsthaft und greifbar zu befürchten ist bzw. als unmittelbar bevorstehend droht. Die bloße Möglichkeit des Eingriffs reicht nicht aus. Die drohende Verletzungshandlung muss sich in tatsächlicher Hinsicht so konkret abzeichnen, dass eine zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten möglich ist (Fritzsche in BeckOK BGB, § 1004 Rn. 88 m.w.N.). Auch einen solchen Vortrag des Klägers hat die Revision nicht aufgezeigt.

31
5. Nach allem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.02.2008 - 324 O 862/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.08.2008 - 7 U 29/08 -
Berichtigt durch Beschluss
vom 1. Februar 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 139/08 Verkündet am:
22. Juli 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kinderhochstühle im Internet

a) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes, der Dritten dort die Möglichkeit eröffnet,
Verkaufsangebote ohne seine Kenntnisnahme in einem vollautomatischen Verfahren
einzustellen, ist nicht verpflichtet, sämtliche Verkaufsangebote, die die Marken
eines Markeninhabers anführen, einer manuellen Bildkontrolle darauf zu unterziehen
, ob unter den Marken von den Originalerzeugnissen abweichende Produkte
angeboten werden.

b) Der Betreiber eines Internetmarktplatzes haftet regelmäßig nicht nach §§ 3, 6
Abs. 2 Nr. 6, § 8 Abs. 1 UWG als Täter oder Teilnehmer, wenn in Angeboten mit
Formulierungen "ähnlich" oder "wie" auf Marken eines Markeninhabers Bezug genommen
wird.

c) Die Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1
BGB sind auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter
Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 24. Juli 2008 wird hinsichtlich der Widerklage mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Widerklage statt als unbegründet als unzulässig abgewiesen wird. Im Übrigen wird das genannte Urteil aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt den Kinderhochstuhl "Tripp Trapp". Sie ist Inhaberin der für Möbel eingetragenen Wortmarken Nr. 396 54 805.9 "TRIPP TRAPP", Nr. 399 30 885.7 "STOKKE" sowie der Gemeinschaftsmarke Nr. 002 536 498 "TRIP TRAP".
2
Die Beklagte betreibt im Internet unter www.ebay.de eine Plattform, auf der Privatleute und Gewerbetreibende gegen Entgelt Waren zur Versteigerung oder zum Kauf zu einem Festpreis anbieten können. Voraussetzung für das Anbieten oder den Erwerb ist eine elektronische Registrierung als Mitglied der Beklagten. Im Rahmen dieser Registrierung wird dem Mitglied ein Nutzername zugewiesen, unter dem er auf der Internetplattform auftreten kann.
3
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten werden die Verträge über die auf ihrem Online-Marktplatz angebotenen Artikel ausschließlich zwischen den Mitgliedern abgeschlossen. Zudem sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ein Verbot vor, Artikel anzubieten, durch die gewerbliche Schutzrechte verletzt werden. Zur Verhinderung rechtsverletzender Angebote führt die Beklagte Stichprobenkontrollen durch und setzt Schlagwortfilter ein, die die Angebote der Nutzer mit Suchbegriffen vergleichen. Sie stellt Inhabern von Schutzrechten ein Programm zur Verfügung, mit dem diese nach rechtsverletzenden Angeboten auf der Internetplattform der Beklagten suchen und diese melden können. Den Teilnehmern an dieser als VeRI-Programm bezeichneten Suchoption gibt die Beklagte die Daten der Mitglieder heraus, die mit ihren Angeboten Schutzrechte verletzen.
4
Auf der Internetplattform boten Mitglieder der Beklagten unter Verwendung der Klagemarken Kinderhochstühle an, die nicht von der Klägerin stammten, oder warben für die Fremdfabrikate mit den Formulierungen "wie Stokke", "wie Tripp Trapp", "wie Trip Trap", "ähnlich Stokke", "ähnlich Tripp Trapp" oder "ähnlich Trip Trap".
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Die Klägerin beanstandete zunächst im Rahmen des VeRI-Programms eine Vielzahl derartiger Angebote als rechtsverletzend und mahnte die Beklagte ab.
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Die Parteien streiten darüber, ob unter den von der Klägerin beanstandeten Angeboten Privatverkäufe waren und ob eine Bilderkennungssoftware verfügbar ist oder jedenfalls entwickelt werden könnte, die mit dem von der Klägerin vertriebenen Kinderhochstuhl nicht identische Fremdfabrikate erkennen kann.
Die Beklagte wirbt für ihren Internetmarktplatz mit sogenannten Adword7 Anzeigen bei dem Suchmaschinenbetreiber Google. Zu der Werbung zählte auch eine mit "Trapp Tripp" bezeichnete Anzeige, die bei Eingabe des Suchbegriffs "Tripp Trapp" in die Suchmaschine von Google erschien. Von dieser Anzeige führte ein Link zu Angeboten von Kinderhochstühlen, bei denen die Klagemarken im Zusammenhang mit Fremdfabrikaten benutzt wurden.
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Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Wortmarken würden durch die beanstandeten Angebote, die zudem wettbewerbswidrig seien, verletzt. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte als Täterin oder Gehilfin, zumindest aber als Störerin für die Rechtsverletzungen der Verkäufer auf ihrer Plattform hafte. Es sei ihr möglich und zumutbar, rechtsverletzende Angebote durch den Einsatz von Schlagwortfiltern und einer Bilderkennungssoftware sowie durch manuelle Kontrollen festzustellen.
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Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Internet für Internetbenutzer in Deutschland zugängliche Auktionen zu veranstalten und/oder Verkaufsangebote zu präsentieren und/oder zu bewerben, in denen Kinderhochstühle angeboten werden, bei denen es sich nicht um den in der Anlage zum Tenor dargestellten Original-"Tripp Trapp"-Stuhl der Klägerin handelt, sofern
a) die Kinderhochstühle in den Auktionen und/oder den Verkaufsangeboten unter einer der folgenden Marken der Klägerin angeboten werden: "Stokke" und/oder "Tripp Trapp" und/oder "Trip Trap" und/oder
b) in den Produktbezeichnungen und/oder den Produktbeschreibungen der Auktionen und/oder der Verkaufsangebote vergleichend auf den in der Anlage zum Tenor abgebildeten Original-"Tripp Trapp"-Stuhl der Klägerin und/oder die Marken Stokke und/oder Tripp Trapp und/oder Trip Trap der Klägerin Bezug genommen wird durch Verwendung einer der folgenden Formulierungen: "wie Stokke" und/oder "wie Tripp Trapp" und/oder "wie Trip Trap" und/oder "ähnlich Stokke" und/oder "ähnlich Tripp Trapp" und/oder "ähnlich Trip Trap".


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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Angebotsbeschreibungen würden ohne ihr Zutun und ohne ihre Kenntnisnahme vom jeweiligen Anbieter vollautomatisch ins Internet gestellt. Sie hat ein Handeln der Anbieter im geschäftlichen Verkehr in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, ihr stehe wegen der wiederholten Beanstandung von privaten Verkaufsangeboten durch die Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung zu.
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Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie beantragt hat, die Klägerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, Angebote von Verkäufern auf dem Online-Marktplatz www.ebay.de zu beanstanden oder beanstanden zu lassen, die Kinderhochstühle zum Gegenstand haben, die nicht von der Klägerin hergestellt wurden, gleichwohl aber unter den Marken "Stokke" und/oder "Tripp Trapp" und/oder "Trip Trap" und/oder unter Verwendung von Formulierungen "wie Stokke" und/oder "wie Tripp Trapp" und/oder "wie Trip Trap" und/oder "ähnlich Stokke" und/oder "ähnlich Tripp Trapp" und/oder "ähnlich Trip Trap" zum Kauf angeboten werden, sofern sich nicht aus diesen Angeboten ergibt, dass es sich um solche im geschäftlichen Verkehr und nicht um Privatverkäufe handelt.
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Das Landgericht hat die Beklagte nach dem Klageantrag verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin klargestellt, dass mit dem die Stühle beschreibenden Teil des Klageantrags keine nicht erkennbaren Ident-Plagiate und mit der Wendung "im Internet" die Aktivitäten der Beklagten "auf dem und/oder für den Marktplatz eBay" gemeint seien. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren in einem ersten Hilfsantrag davon abhängig gemacht, dass aufgrund von hinweisenden Merkmalen erkennbar sei, dass der Anbieter mit seinem Angebot im geschäftlichen Verkehr handele. In einem zweiten Hilfsantrag hat sie das Vorliegen eines Angebots im geschäftlichen Verkehr anhand von 57 Merkmalen beschrieben.
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Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg WRP 2008, 1569).
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Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter und beantragt, der Widerklage stattzugeben. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge für begründet und den mit der Widerklage verfolgten Unterlassungsanspruch für unbegründet erachtet und hat hierzu ausgeführt:
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Der mit dem Klageantrag zu a verfolgte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG. Auf dem Internetmarktplatz der Beklag- ten seien Kinderhochstühle anderer Hersteller unter Verwendung der Marken der Klägerin zum Kauf angeboten worden. Für die Verletzungen der Marken der Klägerin hafte die Beklagte als Täterin oder Gehilfin. Sie habe keine ausreichenden und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, dass markenverletzende Angebote auf ihrem Online-Marktplatz erschienen. Zwar erfordere die Verhinderung von Verletzungen der Klagemarken einen Vergleich des in den jeweiligen Angebotsbeschreibungen enthaltenen Fotos mit der Abbildung des Original-Stuhls. Ob dieser Vergleich mit einer Bilderkennungssoftware automatisiert möglich sei, könne dahinstehen , da ein manueller Bildabgleich durch Mitarbeiter möglich sei. Trotz eines gerichtlichen Hinweises habe die Beklagte nicht dargelegt, dass ein manueller Abgleich unzumutbar sei. Handele der Anbieter im geschäftlichen Verkehr, leiste die Beklagte Beihilfe zu der Markenverletzung. Dagegen hafte sie selbst täterschaftlich, wenn der Anbieter den Verkauf außerhalb des geschäftlichen Verkehrs vornehme. Der Beklagten sei aufgrund der Vielzahl der in der Vergangenheit aufgezeigten Rechtsverletzungen auf ihrer Internetplattform bekannt, dass es zu weiteren Verletzungen der Marken der Klägerin kommen werde.
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Der mit dem Klageantrag zu b verfolgte Unterlassungsanspruch sei aus §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 und § 8 Abs. 1 UWG begründet. Die Angebote von Kinderhochstühlen mit Formulierungen "wie" oder "ähnlich" "Stokke" oder "Tripp Trapp" in der Schreibweise mit einem oder zwei "p" seien Werbevergleiche, in denen eine Ware als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware dargestellt werde. Für die Wettbewerbsverstöße hafte die Beklagte als Täterin oder Gehilfin.
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Die Widerklage sei unbegründet, auch wenn die Abmahnungen der Klägerin einzelne Privatanbieter mitumfasst hätten. In solchen Fällen sei die Beklagte als Täterin der beanstandeten Rechtsverletzungen verantwortlich. Der mit der Widerklage verfolgte Unterlassungsanspruch sei auch deshalb ausgeschlossen, weil die Beklag- te einen Rechteinhaber nicht einerseits im Rahmen des VeRI-Programms auffordern könne, Rechtsverletzungen unabhängig von der Frage zu melden, ob der Anbieter im geschäftlichen Verkehr handele, und ihn - wenn dies geschehe - andererseits mit einer Unterlassungsklage überziehen könne.
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II. Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zurückgewiesen hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die weitergehende, die Widerklage betreffende Revision bleibt dagegen ohne Erfolg.
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1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aus den Wortmarken "TRIPP TRAPP", "STOKKE" und "TRIP TRAP" ein Unterlassungsanspruch im Umfang des Klageantrags zu a nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 MarkenG gegen die Beklagte zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Haftung der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin nicht bejaht werden.
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a) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Unterlassungsantrag zu a allerdings hinreichend bestimmt.
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Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH, Urt. v. 29.4.2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Tz. 21 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet).
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Der Klageantrag zu a genügt den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen. Er ist zwar in zweifacher Hinsicht auslegungsbedürftig. Der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts wird jedoch noch hinreichend deutlich.
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Durch den auf dem Klageantrag zu a beruhenden Unterlassungstenor soll der Beklagten untersagt werden, dass auf ihrer Internetplattform unter den Klagemarken Kinderhochstühle angeboten werden, bei denen es sich nicht um den Original-TrippTrapp -Stuhl der Klägerin handelt. Nach der Klarstellung des Klageantrags in der Berufungsinstanz begehrt die Klägerin kein gegen identische Nachahmungen des Kinderstuhls gerichtetes Verbot. Daraus folgt, dass der Beklagten die Werbe- und Vertriebshandlungen (nur) insoweit untersagt werden sollen, als die unter den Klagemarken vertriebenen Produkte aufgrund von Abweichungen der Ausführungsform nicht mit dem in der Anlage zum Unterlassungsantrag abgebildeten OriginalKinderstuhl identisch sind.
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Die Klägerin hat weiterhin in der Berufungsinstanz klargestellt, dass mit der Wendung "im Internet" die Aktivitäten der Beklagten "auf dem und/oder für den Marktplatz eBay" gemeint sind. Mit diesen Erläuterungen der Klägerin, die zur Ausle- gung des Klageantrags zu a heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 152, 268, 274 - Dresdner Christstollen), ist der Unterlassungsantrag zu a hinreichend bestimmt. Insbesondere kann durch Auslegung ermittelt werden, ob es sich bei einer Verletzungsform um eine nicht mehr unter das Verbot fallende identische Ausführungsform des Tripp-Trapp-Stuhls handelt.
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b) Ob der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zusteht, ist nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht zu beurteilen. Der Senat hat entschieden , dass das Haftungsprivileg der §§ 8, 11 TDG 2001 auf Unterlassungsansprüche keine uneingeschränkte Anwendung findet (BGHZ 158, 236, 246 - InternetVersteigerung I). Durch das am 1. März 2007 in Kraft getretene Telemediengesetz (TMG) vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179) hat sich daran nichts geändert (BGHZ 172, 119 Tz. 17 f. - Internet-Versteigerung II; BGH, Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Tz. 38 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III).
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c) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass auf der Internetplattform der Beklagten Angebote eingestellt worden sind, die die Marken der Klägerin verletzen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a GMV). Es hat angenommen , dass in den auf der Internetplattform der Beklagten veröffentlichten Angeboten mit den Marken der Klägerin identische Zeichen für Waren benutzt worden sind, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marken Schutz genießen. Es ist weiter davon ausgegangen, dass entweder die Anbieter dieser Waren im geschäftlichen Verkehr handeln und die Beklagte in diesen Fällen als Teilnehmerin an der Markenverletzung der Anbieter haftet oder - soweit es Privatverkäufe der Anbieter betrifft - die Beklagte selbst Täterin der Markenverletzungen ist und als Betreiberin der Internetplattform das Tatbestandsmerkmal des Handelns im geschäftlichen Verkehr verwirklicht. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass
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in den in der Anlage K 19 für den Zeitraum vom 7. Juni bis 21. Dezember 2005 angeführten Angeboten mit den Marken "TRIPP TRAPP", "STOKKE" und "TRIP TRAP" der Klägerin identische Zeichen markenmäßig für Möbel und damit für identische Waren benutzt worden sind, für die die Marken Schutz genießen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a GMV). Hiergegen erinnert die Revision auch nichts.
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bb) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welchen dieser Fälle von einem Handeln der Anbieter im geschäftlichen Verkehr auszugehen ist. Es hat vielmehr nur unterstellt, dass ein Teil dieser Anbieter geschäftsmäßig handelte , und hat angenommen, dass die Beklagte in diesen Fällen als Teilnehmerin an der Verletzung der Markenrechte der Klägerin haftet und in den übrigen Fällen, in denen die Anbieter nicht im geschäftlichen Verkehr handeln, die Voraussetzungen einer täterschaftlichen Haftung der Beklagten vorliegen. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu geringe Anforderungen an die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten als Täter oder Teilnehmer gestellt.
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(1) Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. BGHZ 63, 124, 126; 89, 383, 389). Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Gehilfenhaftung setzt neben einer objektiven Beihilfehandlung zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschlie- ßen muss (BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung I, m.w.N.; 172, 119 Tz. 31 - Internet-Versteigerung II).
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(2) Die Beklagte erfüllte dadurch, dass sie Dritten die Internetplattform für deren Angebote und Versteigerungen mit den Klagemarken zur Verfügung stellte, selbst nicht die Merkmale einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 3 oder 4 MarkenG, weil sie die rechtsverletzende Ware nicht angeboten oder in den Verkehr gebracht und die Klagemarken auch nicht in der Werbung benutzt hat (vgl. BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung I; 172, 119 Tz. 28 - Internet-Versteigerung II). Die Beklagte wirkte auch nicht in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den Dritten bei Markenverletzungen zusammen, wenn sie über ihre Internetplattform Dritten die Möglichkeit zur Abgabe eigener Angebote eröffnete. Die Angebote der Veräußerer wurden nach dem Vortrag der Beklagten in einem automatischen Verfahren ohne vorherige Kenntnisnahme der Beklagten eingestellt (hierzu auch BGHZ 173, 188 Tz. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Gegenteiliges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Revisionserwiderung rügt auch keinen entsprechenden Vortrag der Beklagten als übergangen. Ohne Kenntnis von konkret drohenden Haupttaten scheidet ein vorsätzliches Zusammenwirken der Beklagten mit Dritten aus, die die Markenrechte der Klägerin verletzende Produkte anbieten (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 21 – Jugendgefährdende Medien bei eBay).
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(3) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Beklagte durch Unterlassen Beihilfe zu den Markenverletzungen Dritter geleistet hat, die auf der Internetplattform unter Verwendung der Klagemarken Kinderhochstühle im geschäftlichen Verkehr angeboten haben, die nicht von der Klägerin stammten.
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Der Senat hat bislang offengelassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gehilfenhaftung der Beklagten in Betracht zu ziehen ist, wenn die Prüfungspflichten , die sich aus der Stellung der Beklagten als Betreiberin der Internetplattform ergeben, nachhaltig verletzt werden (vgl. BGHZ 158, 238, 250 - InternetVersteigerung I; 172, 119 Tz. 32 - Internet-Versteigerung II). Die Frage braucht auch vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Beklagte hat keine ihr obliegenden Prüfpflichten verletzt.
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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit auf Seiten der Beklagten nicht in einem positiven Tun, sondern in einem Unterlassen besteht. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Eine Beihilfe durch Unterlassen im Hinblick auf Markenverletzungen Dritter i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG setzt zusätzlich zu der objektiven Unterstützung der Rechtsverletzung , dem Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraus, dass den Gehilfen eine Rechtspflicht trifft, den Erfolg abzuwenden (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I). Die erforderliche Handlung zur Verhinderung des Erfolgs muss von dem Verpflichteten rechtlich gefordert werden können; sie muss ihm möglich und zumutbar sein.
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(4) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte treffe eine Verpflichtung , Rechtsverletzungen zu verhindern, weil sie mit dem Betrieb der Internetplattform , auf der Dritte in erheblichem Umfang markenverletzende Artikel vertrieben, eine Gefahr geschaffen habe. Die Abwendung des Erfolgs sei der Beklagten möglich und zumutbar. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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(5) Im Streitfall kann offenbleiben, ob die Beklagte überhaupt eine Erfolgsabwendungspflicht trifft, bei deren vorsätzlicher Verletzung eine Haftung der Beklagten als Teilnehmerin in Betracht kommt. Der Senat hat eine Erfolgsabwendungspflicht der Beklagten für den Vertrieb jugendgefährdender, volksverhetzender und gewaltverherrlichender Medien angenommen. Grund hierfür war die große Gefahr, die für den Vertrieb dieser verbotenen Produkte von der Internetplattform der Beklagten wegen der Anonymität der Verkäufer, der problemlosen Abwicklung im Fernabsatz und der für das Internet typischen, deutlich herabgesetzten Hemmschwelle potentieller Käufer ausgeht (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 25 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Ob sich diese Grundsätze verallgemeinern und auf die Verletzung von Kennzeichenrechten übertragen lassen, braucht nicht entschieden zu werden. Selbst wenn die Beklagte im Streitfall eine entsprechende Erfolgsabwendungspflicht träfe, wäre diese vorliegend nicht verletzt.
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(6) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe zu strenge Maßstäbe an die Unzumutbarkeit einer Erfolgsabwendung gestellt.
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Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr erlegen die Mitgliedstaaten Anbietern von Diensten der Informationsgesellschaft keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Ausgeschlossen sind danach Überwachungspflichten allgemeiner Art (vgl. auch Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG). Dagegen kann von Diensteanbietern, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, verlangt werden, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie). Dementsprechend sieht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, der Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG umsetzt, vor, dass Diensteanbieter i.S. der §§ 8 bis 10 TMG nicht zu Überwachungs- und Nachforschungsmaßnahmen nach Umständen verpflichtet sind, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Nach der Senatsrechtsprechung dürfen der Beklagten, die zu den Diensteanbietern in diesem Sinn zählt (vgl. BGHZ 158, 236, 246 f. - InternetVersteigerung I), danach keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; 172, 119 Tz. 47 - Internet-Versteigerung II; 173, 188 Tz. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Rechtlich nicht erforderlich ist eine Überprüfung, bei der Markenverletzungen nicht durch zumutbare Filterverfahren und eine eventuell anschließende manuelle Kontrolle der dadurch ermittelten Treffer erkennbar sind (vgl. BGH GRUR 2008, 702 Tz. 53 - Internet-Versteigerung III). Dazu muss der Beklagten im Hinblick auf die große Zahl von Angeboten auf ihrer Internetplattform eine Filtersoftware zur Verfügung stehen, die Verdachtsfälle aufspüren kann.
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(7) Nach diesen Maßstäben nicht mehr zumutbar sind Kontrollmaßnahmen, bei denen durch die Filtersoftware Verdachtsfälle von Markenverletzungen nicht aufgespürt werden können, sondern jedes Angebot, das die Klagemarken enthält, einer manuellen Kontrolle unterzogen werden muss. Von einer solchen Notwendigkeit ist vorliegend jedoch auszugehen.
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Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte durch die Eingabe der Klagemarken mit einer entsprechenden Suchsoftware jedes Angebot herausfiltern kann, in dem die Klagemarken angeführt sind. Es ist davon ausgegangen, dass zur Erfüllung des mit dem Klageantrag zu a verfolgten Unterlassungsbegehrens ein Vergleich der Abbildung des Original-Stuhls der Klägerin mit den in den Angebotsbeschreibungen enthaltenen Fotos von Kinderstühlen erforderlich ist. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein Fotoabgleich durch den Einsatz von Bilderkennungssoftware automatisiert erfolgen kann. Gegenrügen hat die Revisionserwiderung insoweit nicht erhoben. Danach ist - wie auch das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat - davon auszugehen, dass der bei jedem Angebot unter Verwendung der Klagemarke erforderliche Fotoabgleich manuell erfolgen muss. Das ist im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand für die Beklagte unzumutbar.
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Das Berufungsgericht hat nichts zum Verhältnis zwischen der durchschnittlichen Zahl von Angeboten, die die Klagemarken enthielten, und der Anzahl von Verletzungsfällen festgestellt. Die Beklagte hatte vorgetragen, dass sie in der Zeit vom 26. November bis zum 2. Dezember 2007 4.971 Artikel, die unter den Klagemarken angeboten worden waren, einer manuellen Kontrolle unterzogen und deren Überprüfung nur 29 Artikel ergeben hat, die Kennzeichenrechte der Klägerin verletzten, und dass in der darauf folgenden Woche unter 1.460 überprüften Artikeln keiner die Klagemarken verletzte. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag mit der Begründung als unerheblich angesehen, die Klägerin müsse keinen Fall einer Rechtsverletzung hinnehmen , der mit zumutbaren Mitteln verhindert werden könne. Dem kann nicht zugestimmt werden. Es ist gerade die Frage, ob die manuelle Überprüfung von 6.431 Artikeln in einem Zeitraum von nur zwei Wochen zumutbar ist, wenn der Anteil der dabei aufgedeckten Rechtsverletzungen unter 0,5% liegt. Im Streitfall ist der Umstand , dass das Berufungsgericht dem Vortrag der Parteien zum Verhältnis zwischen den auf der Internetplattform der Beklagten eingestellten Angeboten, die die Klagemarken enthielten, und den darunter befindlichen Markenverletzungen nicht nachgegangen ist, jedoch nicht entscheidungserheblich. Es kann daher offenbleiben, ob der entsprechende Vortrag der Beklagten zutrifft.
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(8) Der Beklagten ist eine manuelle Kontrolle aller die Klagemarken enthaltenden Angebote aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen schon deshalb nicht zumutbar, weil die Klägerin mit der über das VeRI-Programm zur Verfügung gestellten Suchfunktion die Angebote mit den Klagemarken ebenfalls herausfiltern und einer manuellen Kontrolle auf Verletzungsfälle unterziehen kann und eine der Beklagten auferlegte manuelle Kontrolle deren Geschäftsmodell gefährdet.
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Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin, die Beklagte und jeder potentielle Käufer auf der Internetplattform der Beklagten mit der Suchfunktion des VeRI-Programms Angebote herausfiltern kann, die die Klagemarken enthalten. Diese kann die Klägerin anschließend einer manuellen Kontrolle unterziehen. Es ist schon nicht ohne weiteres einzusehen, warum die Beklagte der Klägerin eine Überprüfung von Markenverletzungen abnehmen soll, die die Klägerin als Schutzrechtsinhaberin mit gleichem Aufwand selbst bewerkstelligen kann. Zwar stellt die Beklagte den Verkäufern mit ihrer Internetplattform eine Möglichkeit zur Verfügung, unter der durch ein Pseudonym gewährleisteten Anonymität markenverletzende Waren anzubieten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gibt die Beklagte aber an die Mitglieder des VeRI-Programms die Nutzerdaten heraus, wenn ein rechtsverletzendes Angebot vorliegt. Zudem erleichtert die Suchoption auf der Internetplattform der Beklagten den Markeninhabern eine bundesweite Suche und damit ein Aufspüren von Markenverletzungen, über die sie außerhalb des Internets wegen der Vielgestaltigkeit des realen Marktgeschehens nicht mit derart einfachen Mitteln verfügen würden. Schließlich besteht die Gefahr, dass die mit einem Verbot nach dem Klageantrag zu a erforderliche manuelle Kontrolle das Geschäftsmodell der Beklagten in Frage stellt. Im Fall einer Verurteilung nach dem Verbotsantrag müsste die Beklagte auch in allen weiteren Fällen, in denen sie auf klare Rechtsverletzungen von anderen Markeninhabern hingewiesen wird, nach denselben Maßstäben eine manuelle Kontrolle aufgrund von Bildvergleichen vornehmen. Das birgt die Gefahr einer ausufernden Verpflichtung zu manuellen Bildvergleichen in einer Vielzahl von Fällen, in denen in den Angeboten Produktabbildungen und Marken angeführt werden. Eine derart weitgehende Verpflichtung zu manuellen Kontrolltätigkeiten, die nicht auf durch eine Filtersoftware aufgespürte Verdachtsfälle beschränkt sind, belastet die Beklagte in unzumutbarer Weise.
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cc) Das Berufungsurteil ist, soweit es eine Haftung der Beklagten für Markenverletzungen nach dem Klageantrag zu a bejaht hat, auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Die Beklagte haftet für die Markenverletzungen in dem mit dem Verbotsbegehren verfolgten Umfang nicht als Störerin.
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(1) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH GRUR 2008, 702 Tz. 50 - Internet-Versteigerung III; BGH, Urt. v. 12.5.2010 - I ZR 121/08, GRUR 2010, 633 Tz. 19 = WRP 2010, 912 - Sommer unseres Lebens, vorgesehen für BGHZ).
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(2) Soweit die Dritten nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, scheidet eine Prüfungspflicht von vornherein aus, weil die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet sein kann, private Angebote, bei denen eine Verletzung der Klagemarken von vornherein ausscheidet, von ihrer Internetplattform zu entfernen. Eine solche Verpflichtung lässt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht mit der Dogmatik der Unterlassungsdelikte begründen. Eine Rechtspflicht zum Handeln, gegen die hier verstoßen sein könnte, kann nicht darauf gerichtet sein, ein markenrechtlich unbedenkliches Verhalten zu unterbinden. Aber auch soweit die Dritten im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, besteht keine Prüfungspflicht der Beklagten in dem durch den Verbotsantrag zu a vorgegebenen Umfang. Der Beklagten ist eine manuelle Prüfung sämtlicher Angebote, die die Klagemarken enthalten, durch Bildvergleich nicht zumutbar (hierzu II 1 c bb (8)). Eine Haftung in dem von der Klägerin mit dem Unterlassungsantrag zu a verfolgten Umfang scheidet daher auch nach den Grundsätzen der Störerhaftung aus.
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2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann auch das mit dem Antrag zu b verfolgte Unterlassungsbegehren nicht bejaht werden. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 6 i.V. mit § 8 Abs. 1 UWG zu, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
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a) Die Haftung der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin - eine Störerhaftung kommt, wie der Bundesgerichtshof wiederholt angedeutet hat (BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; BGH, Urt. v. 15.5.2003 - I ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; BGH, Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 249/03, GRUR 2006, 957 Tz. 13 = WRP 2006, 1225 - Stadt Geldern; BGH GRUR 2010, 633 Tz. 19 - Sommer unseres Lebens), in den dem Verhaltensunrecht zuzuordnenden Fällen nicht in Betracht - setzt voraus, dass die Beklagte auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen worden ist (vgl. BGHZ 158, 236, 249 - Internet-Versteigerung I; BGH GRUR 2008, 702 Tz. 51 - Internet-Versteigerung III). Die Beklagte als Diensteanbieter ist nicht verpflichtet, komplizierte Beurteilungen im Einzelfall durchzuführen, ob ein als rechtsverletzend beanstandetes Angebot ein Schutzrecht tatsächlich verletzt oder sich als wettbewerbswidrig erweist. Dies würde ansonsten die Hinzuziehung eines mit der Materie vertrauten Juristen erfordern, was der Beklagten nicht zuzumuten ist.
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b) Die danach zu fordernden eindeutigen Verstöße gegen § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Nach dieser Vorschrift handelt derjenige , der vergleichend wirbt, unlauter, wenn der Vergleich eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer mit einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt. Die Vorschrift enthält das Verbot, das eigene Produkt offen als "Imitation" oder "Nachahmung" zu bezeichnen. Das muss allerdings nicht explizit geschehen; auch die implizite Behauptung einer Imitation oder Nachahmung kann den Tatbestand einer nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG unzulässigen vergleichenden Werbung erfüllen (vgl. EuGH, Urt. v. 18.6.2009 - C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Tz. 75 = WRP 2009, 930 - L'Oréal/Bellure; BGH, Urt. v. 6.12.2007 - I ZR 169/04, GRUR 2008, 628 Tz. 26 = WRP 2008, 930 - Imitationswerbung). Die Darstellung als Imitation oder Nachahmung muss jedoch über eine bloße Gleichwertigkeitsbehauptung hinausgehen. Mit einer entsprechenden Deutlichkeit muss aus der Werbung selbst hervorgehen, dass das Produkt des Werbenden gerade als eine Imitation oder Nachahmung des Produkts eines Mitbewerbers beworben wird (vgl. BGH, Urt. v. 1.10.2009 - I ZR 94/07, GRUR 2010, 343 Tz. 29 = WRP 2010, 527 - Oracle). Das bloße Kenntlichmachen eines Mitbewerbers oder dessen Ware oder Dienstleistung oder die Behauptung, das beworbene Produkt sei demjenigen eines Mitbewerbers gleichwertig, genügt dagegen nicht (BGH GRUR 2008, 628 Tz. 25 - Imitationswerbung).
50
Im Streitfall hat das Berufungsgericht keine Verletzungsfälle festgestellt, in denen angebotene Kinderhochstühle ausdrücklich als Imitation oder Nachahmung des Original-Kinderstuhls der Klägerin bezeichnet worden sind. Vielmehr ist in den Angeboten auf das Produkt der Klägerin durch Formulierungen mit "ähnlich" oder "wie" Tripp Trapp oder Stokke Bezug genommen worden. Das Berufungsgericht hat zwar angenommen, die streitgegenständlichen Bezugnahmen erweckten den Eindruck, die angebotenen Stühle seien den Originalen nachempfunden, es handele sich um eine implizite Behauptung der Imitation der Nachahmung. Für die Annahme klarer Rechtsverletzungen reicht das aber nicht aus. Ob die Formulierungen "ähnlich" oder "wie" nur eine Gleichwertigkeitsbehauptung einleiten oder eine implizite Darstellung einer Nachahmung oder Imitation enthalten, erfordert eine Beurteilung des jeweiligen Angebots im Einzelfall. Eine klare Rechtsverletzung kann aus derartigen isolierten Formulierungen allein im Allgemeinen nicht abgeleitet werden.
51
Gegen klare Rechtsverletzungen in den beanstandeten Fällen spricht weiterhin , dass zum Zeitpunkt der vom Berufungsgericht festgestellten Verletzungshandlungen im Jahr 2005 die Frage, ob auch eine implizite Darstellung als Imitation oder Nachahmung ausreichte, in der Literatur umstritten (hierzu die Nachweise in BGH GRUR 2008, 628 Tz. 23 - Imitationswerbung) und höchstrichterlich noch nicht geklärt war.
52
3. Gleichwohl kann die Klage mit den Unterlassungsanträgen zu a und b nicht abgewiesen werden. Denn die Klägerin hat die Klage auch damit begründet, dass die Beklagte bei Google sogenannte Adword-Anzeigen gebucht hat, die die Klagemarken verletzen. Insoweit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
53
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte bei dem Suchmaschinenbetreiber Google sogenannte Adword-Anzeigen gebucht hatte, die bewirkten, dass bei Eingabe des Begriffs "Tripp Trapp" in die Suchmaske neben der Trefferliste eine Anzeige mit den Wörtern "Trapp und Tripp" und einer Aufforderung zum Kauf bei der Beklagten erschien und von dort ein Link zu Angeboten mit Kinderhochstühlen bestand, die nicht von der Klägerin stammten. Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen zu den zwischen den Parteien streitigen Fragen getroffen, ob die dort angeführten Angebote von den Unterlassungsanträgen zu a und b erfasste Rechtsverletzungen darstellten und ob die Beklagte für solche Verletzungen verantwortlich ist. Sollte die Beklagte die Werbung bei Google mit der Bezeichnung "Trapp Tripp" in Auftrag gegeben und einen Link zu rechtsverletzenden Angeboten von Verkäufern auf ihrer Internetplattform gesetzt haben, kann - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat - im Revisionsverfahren nicht ausgeschlossen werden , dass die Beklagte durch aktives Tun an einer Rechtsverletzung der Verkäufer mitgewirkt hat.
54
4. Die Revision ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage richtet.
55
a) Mit ihrem Widerklageantrag begehrt die Beklagte, der Klägerin näher bezeichnete Beanstandungen von Angeboten zu untersagen, sofern sich aus ihnen nicht ergibt, dass es sich um solche im geschäftlichen Verkehr und nicht um Privatverkäufe handelt.
56
Der Widerklageantrag ist - anders als vom Berufungsgericht angenommen - nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, weil er nicht hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
57
aa) Ein derartiger Mangel ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Tz. 12 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder). Der Abweisung des Widerklageantrags als unzulässig statt als unbegründet steht auch nicht entgegen, dass nur die Beklagte Revision eingelegt hat (vgl. BGHZ 125, 41, 45).
58
bb) Das beantragte Verbot soll auf Fälle beschränkt sein, in denen sich aus den Angeboten kein Handeln im geschäftlichen Verkehr ergibt, sondern Privatverkäufe vorliegen. Da die Parteien darüber streiten, wann von einem Handeln der Anbieter im geschäftlichen Verkehr auszugehen ist, muss die Beklagte dieses Merkmal hinreichend konkret umschreiben und gegebenenfalls mit Beispielen unterlegen (vgl. BGHZ 172, 119 Tz. 50 - Internet-Versteigerung II). Dies ist nicht geschehen.
59
Der Widerklageantrag kann auch nicht auf die konkret beanstandete Verletzungsform beschränkt werden. Die Beklagte hat in der Widerklage keine von der Klägerin beanstandeten Angebote, bei denen es sich um Privatverkäufe handelt, konkret angeführt.
60
b) Die Unbestimmtheit des Widerklageantrags hat nicht zur Folge, dass die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihren Antrag neu zu fassen. Der Beklagten steht - unabhängig von der Unbestimmtheit des Unterlassungsantrags - ein Unterlassungsanspruch auch in der Sache nicht zu.
61
aa) Der Unterlassungsanspruch, mit dem sich die Beklagte gegen aus ihrer Sicht unberechtigte Beanstandungen der Angebote von Kinderhochstühlen durch die Klägerin wendet, umfasst vermeintliche Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche und markenrechtliche Normen. Der Widerklageantrag führt auch die Verwendung von Formulierungen "wie" oder "ähnlich" Tripp Trapp oder Stokke an, die die Klägerin unter dem Aspekt einer unlauteren vergleichenden Werbung beanstandet. Gegen die Verwendung der Marken "Stokke", "Tripp Trapp" und "Trip Trap" in Angeboten auf der Internetplattform der Beklagten hat sich die Klägerin zudem gestützt auf ihre Markenrechte gewandt.
62
bb) Das von der Beklagten begehrte Verbot von Beanstandungen durch die Klägerin, die auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften gestützt sind, besteht selbst dann nicht, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten rechtmäßig ist. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist - auch wenn das beanstandete Verhalten rechtmäßig ist - nur ausnahmsweise wettbewerbswidrig (vgl. BGH, Urt. v. 30.6.1994 - I ZR 40/92, GRUR 1994, 841, 843 = WRP 1994, 739 - Suchwort; Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 355 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner ). Für einen solchen Ausnahmefall ist vom Berufungsgericht nichts festgestellt; die Revision rügt auch kein entsprechendes Vorbringen der Beklagten als übergangen.
63
Die Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB (hierzu BGHZ 164, 1 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung) sind auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rdn. 10.166; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 52; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 10/43; Goldbeck, Der "umgekehrte" Wettbewerbsprozess, 2008, S. 186 und 200). Der Gegner einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung kann diese ohne größere Risiken unbeachtet lassen, weil mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die mit der Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen regelmäßig nicht einhergehen.
64
cc) Der Beklagten steht der Unterlassungsanspruch auch nicht insoweit zu, als er gegen Beanstandungen der Klägerin gerichtet ist, die sie auf ihre Klagemarken gestützt hat.
65
(1) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch der Beklagten aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen der Parteien verneint. Es hat angenommen, die Beklagte könne die Klägerin nicht einerseits zur Teilnahme am VeRI-Programm auffordern und sie andererseits mit einer Unterlassungsklage überziehen , wenn die Abmahnung Privatverkäufe zum Gegenstand habe.
66
(2) Die Revision wendet dagegen ohne Erfolg ein, das Berufungsgericht habe den grundsätzlichen Unterschied zwischen einer Schutzrechtsverwarnung und der Teilnahme am VeRI-Programm verkannt.
67
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB darstellen (BGHZ 164, 1, 2 f. - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 98/02, GRUR 2006, 432 Tz. 20 = WRP 2006, 468 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht II) und Ansprüche auf Unterlassung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 217/03, GRUR 2006, 433 Tz. 17 = WRP 2006, 579 - Unbegründete Abnehmerverwarnung).
68
Mit dem Widerklageantrag geht die Beklagte aber über Schutzrechtsverwarnungen hinaus, weil der Klägerin allgemein Beanstandungen verboten werden sollen. Von dem Begriff der Beanstandungen erfasst werden Rechtsverletzungen, die die Klägerin der Beklagten über das von dieser installierte VeRI-Programm meldet. Derartige Beanstandungen haben nicht die Qualität einer Schutzrechtsverwarnung und greifen - wovon auch die Revision ausgeht - nicht in das Recht der Beklagten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein.
69
Der Unterlassungsanspruch besteht aber auch insoweit nicht, als er mit dem umfassenden Begriff der Beanstandungen auf ein Verbot von Schutzrechtsverwarnungen zielt. Der Unterlassungsantrag geht zu weit; denn er umfasst auch berechtigte Schutzrechtsverwarnungen. Für die Frage, ob die Schutzrechtsverwarnung berechtigt ist, kommt es nicht darauf an, ob sich bereits aus dem Angebot des Verkäufers ergibt, dass er geschäftsmäßig handelt, sondern darauf, ob tatsächlich ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vorliegt. Eine Verantwortung der Beklagten setzt lediglich voraus, dass für sie ein Handeln des Anbieters im geschäftlichen Verkehr erkennbar ist (BGH GRUR 2008, 702 Tz. 34 ff. und Tz. 51 - Internet-Versteigerung III). Diese Erkennbarkeit kann sich auch aufgrund von außerhalb des Angebots liegenden Umständen für die Beklagte ergeben, wie etwa dem wiederholten Auftreten des Verkäufers oder dem wiederholten Anbieten von gleichartigen, insbesondere neuen Gegenständen.
70
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach teilweise nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO).
71
Soweit die Revision gegen die Abweisung der Widerklage gerichtet ist, ist sie mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Widerklage statt als unbegründet als unzulässig abzuweisen ist. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.08.2006 - 315 O 980/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.2008 - 3 U 216/06 -
BESCHLUSS
I ZR 139/08
vom
1. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

beschlossen:

Das Urteil vom 22. Juli 2010 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit
gemäß § 319 Abs. 1 ZPO wie folgt berichtigt:

In Rn. 31 fünftletzte Zeile muss es heißen "Klägerin" statt "Beklagten".

Bornkamm Pokrant Büscher

Schaffert Kirchhoff

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.08.2006 - 315 O 980/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.2008 - 3 U 216/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 93/10
Verkündet am:
25. Oktober 2011
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004

a) Nimmt ein Betroffener einen Hostprovider auf Unterlassung der Verbreitung
einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten in Anspruch,
weil diese das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletze, setzt die
Störerhaftung des Hostproviders die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten
voraus.

b) Der Hostprovider ist erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der Verletzung
des Persönlichkeitsrechts erlangt. Dies setzt voraus, dass die Beanstandung
des Betroffenen so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer bejaht
werden kann.

c) Eine Verpflichtung zur Löschung des beanstandeten Eintrags besteht,
wenn auf der Grundlage der Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen
und einer etwaigen Replik des Betroffenen unter Berücksichtigung
etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen Verletzung des
Persönlichkeitsrechts auszugehen ist.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. März 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 2 erkannt worden ist. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger zu 1 (künftig: Kläger) nimmt die Beklagte zu 2 (künftig: Beklagte ) wegen der Verbreitung einer Äußerung, die sich auf der Webseite m….blogspot.com befindet, auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der Kläger ist im Immobiliengeschäft tätig. Er war Geschäftsführer einer in Deutschland ansässigen GmbH, die nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Jahr 2003 aufgelöst wurde. Ferner war er Geschäftsführer einer spanischen Bauträgergesellschaft mit Sitz in Palma de Mallorca. Nunmehr ist der Kläger Geschäftsführer einer anderen spanischen Gesellschaft.
3
Die Beklagte, die ihren Sitz im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten hat, stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für die Website www.blogger.com und für die unter www.blogspot.com von Nutzern eingerichteten Weblogs (Blogs), also journal- oder tagebuchartig angelegte Webseiten, zur Verfügung.
4
Ein an dem Rechtsstreit nicht beteiligter Dritter richtete auf der Webseite www.blogspot.com den Blog m...blogspot.com ein. Dort hieß es in einem auf den 2. August 2007 datierten Eintrag unter der Überschrift "Hat Pleitier … F… ein Intelligenzproblem?" unter anderem: "Apropos Banco S…, im Frühjahr 2000 hat das Institut Herrn F…s Firmen … Visakarte auf Veranlassung seines Steuerberaters!!!, … gesperrt und eingezogen. Begründung: F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen und sei allem Anschein nach ‚manchen Situationen nicht gewachsen.‘ Honi soit qui mal y pense!"
5
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, folgende Be- hauptung zu verbreiten: "F… nützte diese Visa-Karteim Wesentlichen zur Begleichung von Sex-Club Rechnungen", hilfsweise Beseitigung der Äußerung.
6
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich dieses Unterlassungsbegehrens stattgegeben, allerdings nur bezogen auf die Verbreitung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte vollumfängliche Klageabweisung. Hinsichtlich einer Reihe weiterer vom Kläger beanstandeter Äußerungen sowie hinsichtlich der Beklag- ten zu 1 und der Klägerin zu 2 ist die Klage in den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen worden.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in MMR 2010, 490 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Das Landgericht habe die Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung aus Art. 40 EGBGB hergelei- tet. Bezüglich der Verbreitung des Satzes "F… nützte diese Visa-Karte im We- sentlichen zur Begleichung von Sex-Club-Rechnungen…" auf der von der Beklagten "gehosteten" Seite bestehe ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte als Störerin. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die in dem Beitrag erwähnte Visa-Karte der Banco S… zur Begleichung einer SexClub -Rechnung verwendet worden sei. Der Kläger habe bestritten, jemals SexClub -Rechnungen mit Visa-Karte beglichen zu haben, und vorgetragen, dass die Banco S… der Firma C… niemals eine Kreditkarte ausgestellt habe. Diese Aussage sei hinreichend bestimmt. Der Kläger bringe damit zum Ausdruck, dass es keine Anhaltspunkte für die verbreitete Behauptung gebe, sondern dass es sich um eine freie Erfindung handele. Weitere Ausführungen zu einem nicht geschehenen Ereignis könne eine Partei naturgemäß nicht machen. Diese Erklärung des Klägers habe die Beklagte veranlassen müssen, in eine Prüfung einzutreten, ob die unzweifelhaft ehrenrührige Behauptung zutreffe, und, sofern dies nicht zu klären gewesen sei, den Betreiber zur Löschung der Passage zu veranlassen. Da die Beklagte abgesehen von der Weiterleitung der Beanstandung nichts unternommen habe, um den Verfasser zur Löschung zu veranlassen , und da sie auch weder dargetan noch bewiesen habe, dass die Tatsa- chenbehauptung zutreffend gewesen sei, sei sie insoweit ihrer Pflicht als technische Verbreiterin nicht nachgekommen. Dass ihr ein Handeln nicht zumutbar oder möglich gewesen wäre, habe sie selbst nicht behauptet. Daher bestehe insoweit ein Unterlassungsanspruch des Klägers.

II.

8
Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden , das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
9
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen, die in jedem Verfahrensabschnitt , auch im Revisionsverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, VersR 2011, 900 Rn. 6; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, VersR 2011, 137 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 16 - Internet-Versteigerung II).
11
Zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen sind die deutschen Gerichte nach § 32 ZPO international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Um- ständen des konkreten Falls im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch eine Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, aaO Rn. 8 ff.; vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 16 ff.). Nach diesen Kriterien bestimmt sich der für die internationale Zuständigkeit maßgebliche Erfolgsort auch dann, wenn gegen den Hostprovider als Störer geklagt wird, ungeachtet der eventuell strengeren Voraussetzungen für dessen Haftung (dazu nachfolgend

).

12
Danach ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Der Kläger hat im Streitfall spätestens zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen deutlichen Inlandsbezug des beanstandeten Blogs schlüssig vorgetragen. Maßgebend ist der Inlandsbezug der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers. Insoweit ist auf den Inhalt des beanstandeten Blogs abzustellen. Dieser richtet sich vorrangig an auf Mallorca und in Deutschland ansässige Personen, die - etwa als "Residenten" oder "Immobilienbesitzer" - einen Bezug zu Mallorca und Interesse an den in der BlogÜberschrift angekündigten "Insiderinfos" und "Fakten" haben. Der Blogeintrag vom 2. August 2007, der die angegriffene Äußerung enthält, ist in deutscher Sprache abgefasst und der Kläger ist unter Angabe seines Wohnorts in Deutschland mit vollem Namen genannt. In dem Blogeintrag wird auch die angeblich fortdauernde Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland angesprochen.
13
2. Das Berufungsgericht geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen materiellen Rechts aus. Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07, BGHZ 177, 237 Rn. 8 mwN; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 386; Zöller/ Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 293 Rn. 9 ff.).
14
a) Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Art. 40 ff. EGBGB. Denn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte sind nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausgenommen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Junker, 5. Aufl., Art. 1 Rom II-VO Rn. 43). Auch § 3 TMG, dessen kollisionsrechtlicher Charakter streitig ist (vgl. Senat, Vorabentscheidungsersuchen vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08, VersR 2010, 226 Rn. 31 ff. mwN), greift nicht ein. Denn die Beklagte hat ihren Sitz nicht in dem Geltungsbereich der Richtlinien 2000/31/EG und 89/552/EWG, sondern in den Vereinigten Staaten (vgl. MünchKommBGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 9 Rom I-VO Anh. III. Rn. 71).
15
b) Maßgebend ist Art. 40 EGBGB, dem auch der Persönlichkeitsschutz einschließlich sich daraus herleitender Unterlassungsansprüche unterfällt (vgl. MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., Art. 40 EGBGB Rn. 85, und die Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs BT-Drucks. 14/343, S. 10). Im Streitfall ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts jedenfalls daraus, dass der Kläger sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in der Klageschrift ausgeübt hat.
16
aa) Dem Kläger stand ein Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zu. Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, liegt der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort in Deutschland. Der Kläger, der in Deutschland wohnt und Geschäfte betreibt, ist hier in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen; hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der ehrverletzenden Veröffentlichung mit dem Interesse des Bloggers daran, ein deutsches Publikum über die behaupteten Machenschaften des Klägers zu informieren. Daran ist auch im Fall der Klage gegen den Hostprovider anzuknüpfen.
17
bb) Den nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist auch eine Ausübung des Bestimmungsrechts durch den Kläger zu entnehmen. Im Streitfall hat der Kläger sich in der Klageschrift vom 8. Juli 2008 auf deutsche Rechtsnormen berufen und auch auf den vorgerichtlichen Schriftwechsel verwiesen. Dazu gehört das Anwaltsschreiben vom 8. Februar 2008 (Anlage K6 zur Klageschrift vom 8. Juli 2008), auf das im Tatbestand des Berufungsurteils Bezug genommen wird. In dem Schreiben bezieht sich der Kläger auf deutsches Recht und widerspricht der E-Mail der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, in der sie für die Beklagte zu 2 die Auffassung vertreten hat, nur Recht der Vereinigten Staaten sei anwendbar. Danach hat der Kläger bereits mit der Klageschrift klar zum Ausdruck gebracht, dass deutsches Recht zur Anwendung kommen soll.
18
3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nach deutschem Recht (§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht bejaht werden.
19
a) Allerdings ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Satz 1 TMG von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit. Sie hält zwar als Diensteanbieter nach § 2 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 TMG Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zur Nutzung bereit. Sie unterhält die Website www.blogger.com und speichert die unter www.blogspot.com eingerichteten Blogs, journal- oder tagebuchartige Webseiten mit chronologisch sortierten Beiträgen des "Bloggers" (vgl. Heckmann in jurisPK-Internetrecht, 2. Aufl., Kap. 1.7 Rn. 34), zum Zwecke des Abrufs. Die Beklagte fungiert damit als Hostprovider (vgl. Art. 14 - "Hosting" - der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs , im Binnenmarkt). Die Haftungsbeschränkung des § 10 Satz 1 TMG gilt aber nicht für Unterlassungsansprüche (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004 Rn. 7 - Meinungsforum; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 17 - Domainverpächter ; BGH, Urteile vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 19 - Internet-Versteigerung II; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 26 - Kinderhochstühle im Internet). Wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, aaO; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 245 ff. - InternetVersteigerung I, zur Vorgängerregelung des § 11 Teledienstegesetz).
20
b) Die Beklagte trifft aber hinsichtlich des vom Kläger beanstandeten Eintrags nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, weil sie ihn weder verfasst noch sich seinen Inhalt zu Eigen gemacht hat. Sie kann lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Blogs zur Verfügung gestellt hat.
21
aa) Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 13 f. - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, aaO Rn. 45 - Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, Rn. 20 - Stiftparfüm ). Indem die Beklagte die Website www.blogspot.com betreibt, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern eingerichteten Webseiten bereitstellt und den Abruf dieser Webseiten über das Internet ermöglicht, trägt sie willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen.
22
bb) Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 - Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 - Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 20 - Stiftparfüm, jeweils mwN).
23
c) Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Blogs die folgenden Maßstäbe.
24
aa) Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 - Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 26 - Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, EuZW 2011, 754 - L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
25
bb) Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten:
26
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung - bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.
27
Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts , ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
28
d) Danach kann ein Unterlassungsanspruch des Klägers derzeit nicht bejaht werden.
29
Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei der beanstandeten Mitteilung betreffend die Verwendung der Visakarte um eine freie Erfindung handelte, so dass die Beklagte in eine Prüfung habe eintreten müssen.
30
Dies hat die Beklagte indes zunächst getan, indem sie über die Beklagte zu 1 in einen Schriftwechsel eintrat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widersprach der Kläger dem Angebot der Beklagten zu 1 vom 7. Februar 2008, die Abmahnung des Klägers an den Blogger weiterzuleiten, unter dem 8. Februar 2008 und erteilte der Klägervertreter erst nach Klageerhebung durch Schreiben vom 11. Dezember 2008 gegenüber den Beklagten die Erlaubnis zur Weiterleitung an den Blogger, was die Beklagte unverzüglich veranlasste. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs stellt das Berufungsgericht lediglich fest, dass die Seiten weiterhin abrufbar blieben.
31
Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien weiter hätten vortragen können und vorgetragen hätten, wenn sie die oben dargestellten Maßstäbe zu dem der Beklagten obliegenden Prüfungsvorgang in den Blick genommen hätten. Hierzu ist ihnen nunmehr rechtliches Gehör zu gewähren.

III.

32
Die Sache ist demnach an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses - eventuell nach ergänzendem Tatsachenvortrag der Parteien - die noch notwendigen Feststellungen treffen kann. Gegebenenfalls wird auch die Frage einer bestehenden Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr zu prüfen sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, aaO Rn. 37 ff. - Stiftparfüm). Für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Verurteilung der Beklagten gelangt, wird es die Ausführungen der Revision zur Fassung des Unterlassungsausspruchs in Erwägung ziehen müssen.
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.05.2009 - 325 O 145/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.03.2010 - 7 U 70/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 57/09 Verkündet am:
17. August 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Stiftparfüm

a) Weist ein Rechteinhaber den Betreiber eines Online-Marktplatzes auf eine
Verletzung seines Rechts durch ein auf dem Marktplatz eingestelltes Verkaufsangebot
hin, trifft den Betreiber als Störer die mit einem Unterlassungsanspruch
durchsetzbare Verpflichtung, zukünftig derartige Verletzungen zu
verhindern (Fortführung von BGHZ 158, 236 - Internet-Versteigerung I; BGHZ
172, 119 - Internet-Versteigerung II; BGHZ 173, 188 - Jugendgefährdende
Medien bei eBay).

b) Dies setzt voraus, dass der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Adressat
des Hinweises den Rechtsverstoß unschwer - das heißt ohne eingehende
rechtliche und tatsächliche Überprüfung - feststellen kann. Dabei hängt das
Ausmaß des insoweit vom Betreiber zu verlangenden Prüfungsaufwandes von
den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten
Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des
Betreibers auf der anderen Seite.

c) Ein Beleg der Rechtsverletzung durch den Beanstandenden ist nur dann erforderlich
, wenn schutzwürdige Interessen des Betreibers des OnlineMarktplatzes
dies rechtfertigen. Das kann der Fall sein, wenn der Betreiber
nach den Umständen des Einzelfalls berechtigte Zweifel am Bestehen eines
Schutzrechts, an der Befugnis zur Geltendmachung dieses Schutzrechts
durch den Hinweisenden oder aber am Wahrheitsgehalt der mitgeteilten tatsächlichen
Umstände einer Rechtsverletzung haben darf und deshalb aufwendige
eigene Recherchen anstellen müsste, um eine Rechtsverletzung hinreichend
sicher feststellen zu können. Hat der Betreiber des OnlineMarktplatzes
solche berechtigten Zweifel, ist er grundsätzlich gehalten, dem
Hinweisenden diese Zweifel mitzuteilen und nach den Umständen angemessene
Belege für die behauptete Rechtsverletzung und die Befugnis des Hinweisenden
zu ihrer Verfolgung zu verlangen.

d) Eine Verhaltenspflicht des Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr
begründen kann, entsteht erst nach Erlangung der Kenntnis von der
Rechtsverletzung. Damit kann in derjenigen Verletzungshandlung, die Gegenstand
einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber
des Online-Marktplatzes erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt
, keine Verletzungshandlung gesehen werden, die eine Wiederholungsgefahr
im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die
Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung
nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen
erforderlich (Fortführung von BGHZ 173, 188 Rn. 53 - Jugendgefährdende
Medien bei eBay).
BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. März 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt weltweit exklusiv eine Reihe von internationalen Parfüms, darunter auch Produkte unter den Marken "Davidoff Echo" und "Davidoff Cool Water Deep". Die Klägerin ist exklusive Lizenznehmerin der unter anderem für Parfümerien eingetragenen Marken "Davidoff", "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep". Sie ist zur Verteidigung dieser Markenrechte im eigenen Namen berechtigt.
2
Die Beklagte betreibt im Internet unter "www.ebay.de" eine Plattform, auf der Privatleute und Gewerbetreibende gegen Entgelt Waren zum Kauf oder zur Versteigerung anbieten können. Die Beklagte bewirbt die auf ihrer Internetplattform angebotenen Produkte. Sie stellt Inhabern von Schutzrechten ein sogenanntes "VeRi-Programm" zur Verfügung, mit dem die Rechteinhaber bei der Beklagten rechtsverletzende Angebote beanstanden können. Wird die Rechtsverletzung durch eine eidesstattliche Versicherung nachgewiesen, sperrt die Beklagte das beanstandete Angebot und eröffnet dem Schutzrechtsinhaber die Möglichkeit, die Daten des Anbieters über das VeRi-Programm abzufragen.
3
Auf der Internetplattform der Beklagten boten Verkäufer unter den Benutzernamen "Gold-Discount-Darmstadt" und "mein_duft" Parfüm unter Verwendung der Bezeichnungen "Echo von Davidoff" sowie unter der Überschrift "Davidoff Deep" Parfüm mit der Bezeichnung "Cool Water Deep" an. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 20. April 2007 beanstandete die Klägerin gegenüber der Beklagten insgesamt vier Verkaufsangebote des Benutzers "GoldDiscount -Darmstadt". Es hieß dort auszugsweise wie folgt: Sehr geehrte Damen und Herren, für die [Klägerin] beanstanden wir die im folgenden aufgeführten Angebote mit Parfumfälschungen der Marke Davidoff "Echo". Angeboten werden jeweils sog. "Stift-Parfums" mit einer Füllmenge von 20 ml. Im Namen unserer Mandantin weisen wir darauf hin, dass es sich bei Angeboten dieser Art ausnahmslos um Fälschungen handelt. Von unserer Mandantin wird weder das hier angebotene noch ein ähnliches "Stift-Parfum" unter der Marke Davidoff "Echo" hergestellt und vertrieben. … Der Vertrieb der vorgenannten Parfumfälschungen verletzt die Markenrechte unserer Mandantin und begründet Unterlassungs- und Auskunftsansprüche nach den §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, 19 MarkenG.
4
Mit einem weiteren im Wesentlichen gleichlautenden Rechtsanwaltsschreiben vom 25. April 2007 beanstandete die Klägerin außerdem insgesamt fünf Verkaufsangebote des Anbieters "mein_duft". Dort ging es ebenfalls um Angebote von Stift-Parfüms mit einer Füllmenge von 20 ml, diesmal allerdings unter der Bezeichnung "Davidoff Deep".
5
In beiden Schreiben forderte die Klägerin die Beklagte unter anderem zur Entfernung der beanstandeten Angebote, zur Mitteilung von Namen und Anschrift des Verkäufers sowie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
Die Beklagte reagierte auf die Beanstandungen mit folgender Mitteilung:
Vielen Dank fuer Ihr Fax vom 20. April 2007. Wir haben die dort benannten Angebote beendet, soweit eine Rechtsverletzung fuer uns erkennbar war. Ihre Meldung und die dort gemachten Angaben werden wir bei unserer weiteren Kontrolle des eBay-Marktplatzes beruecksichtigen.
6
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte treffe aufgrund der von ihr erhobenen Entgelte und der von ihr betriebenen Werbung für die Plattform und für einzelne dort eingestellte Angebote eine Mitverantwortlichkeit für die dort begangenen Markenverletzungen.
7
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, auf ihrer unter www.ebay.de betriebenen Plattform die Gelegenheit zu gewähren, Verkaufsangebote zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten , welche sich auf ein Duftwasser mit der Behältnisgröße 20 ml und der Bezeichnung "Davidoff" und/oder "Davidoff/Echo" richten, wenn aufgrund von Hinweisen oder Merkmalen erkennbar ist, dass der Anbieter mit seinem Angebot im geschäftlichen Verkehr handelt.
8
Weiter hat die Klägerin beantragt, ihr Auskunft über die bei der Beklagten hinterlegten Namen und Anschriften der Verkäufer mit den Benutzernamen "Gold-Discount-Darmstadt" und "mein_Duft" zu erteilen.
9
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, eine Verantwortlichkeit als Störer komme nicht in Betracht. Es fehle an einem Hinweis auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung. Die Prüfpflichten, die ihr nach Ansicht der Klägerin auferlegt werden sollten, seien unzumutbar.
10
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt und die weitergehende Klage auf Auskunft abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
11
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


12
A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge für unbegründet erachtet. Es hat hierzu ausgeführt:
13
Die Beklagte könne allenfalls als Störerin für die beanstandeten Markenverletzungen haften, was eine Verletzung von Prüfungspflichten voraussetze. Der Betreiber einer Handelsplattform könne seiner Prüfungspflicht nur nachkommen , wenn er alle Umstände kenne, die den Vorwurf eines Primärverstoßes rechtfertigten. Die Klägerin hätte die Umstände darstellen müssen, aus denen sich eine klare, ohne weiteres erkennbare Rechtsverletzung ergeben habe. Diese Hinweise habe die Klägerin weder vorprozessual noch im Verlauf des Rechtsstreits erteilt.
14
Zwar habe die Klägerin mit den Schreiben vom 20. und 25. April 2007 bestimmte angebotene Stiftparfüms mit einer Füllmenge von 20 ml als Fälschungen beanstandet. Es fehlten jedoch Belege für diese Aussage. Es sei aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten durchaus möglich gewesen, dass die Klägerin entsprechende Stifte produziert und vertrieben habe. Hierfür würden das weitgefächerte Sortiment der Parfüms "Echo" und "Cool Water Deep" sowie die Tatsache sprechen, dass zahlreiche Parfümhersteller Produkte mit der Füllmenge 20 ml als Originalware auf den Markt brächten. Der Beklagten sei es nicht zuzumuten, sich selbst eine vollständige Kenntnis vom Produktsortiment der Klägerin zu verschaffen. Vielmehr liege es an der Klägerin, Belege für die Behauptung beizubringen, dass entsprechende Parfüm-Sticks mit einer Füllmenge von 20 ml von ihr nicht hergestellt oder vertrieben würden. Auch könne die Existenz eines durchsetzungsfähigen Schutzrechts nicht einfach unterstellt werden. Das Schreiben lasse schließlich im Unklaren, ob die Klägerin überhaupt zur Rechtsverfolgung legitimiert sei. Die Klägerin habe die Möglichkeit nicht genutzt, im Rahmen des VeRi-Programms durch eidesstattliche Versicherung die tatsächlichen Umstände einer festgestellten Markenverletzung zu belegen.
15
Eine Prüfungspflicht sei auch nicht durch die im Verlauf des Rechtsstreits erteilten Hinweise der Klägerin entstanden. Eine Ermächtigung durch die Markeninhaberin , in eigenem Namen Markenrechte geltend zu machen, sei nicht beigebracht worden. Die Klägerin habe wiederum nur pauschal darauf hingewiesen , dass es sich bei den angebotenen Parfüms um Fälschungen handele. Der Hinweis, es gebe kein entsprechendes Original, so dass die Angebote klar und eindeutig bereits am Bildschirm als Fälschungen zu erkennen seien, reiche nicht aus. Für einen außenstehenden Betrachter sei nicht ersichtlich, dass es kein entsprechendes Original gebe, weil das Produkt seiner Aufmachung nach auch ein Original-Parfüm habe sein können. Die Klägerin habe nichts dazu vorgetragen , was den Hinweis auf den Fälschungscharakter habe belegen können.
16
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch sei ebenfalls nicht gegeben. Ein solcher Anspruch lasse sich nicht durch eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 19 MarkenG begründen.
17
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft verneint.
18
I. Zwar kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Unterlassungsanspruch der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung nicht verneint werden. Es fehlt jedoch an einer Begehungsgefahr, so dass sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).
19
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen worden, so dass sie keine für eine Störerhaftung erforderlichen Prüfungspflichten träfen, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
20
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 45 = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet, mwN). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 - ambiente.de; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, GRUR 2004, 438, 442 - Feriendomizil I). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben , setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prü- fung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 148, 13, 18 - ambiente.de; BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen; Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). So hat es der Senat für den Grad der Zumutbarkeit der Verhinderung von Rechtsverletzungen Dritter für erheblich gehalten, ob der als Störer in Anspruch Genommene ohne Gewinnerzielungsabsicht zugleich im öffentlichen Interesse handelt (BGHZ 148, 13, 19 f. - ambiente.de; BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - I ZR 82/01, GRUR 2004, 619, 621 = WRP 2004, 769 - kurt-biedenkopf.de) oder aber eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt und etwa - wie die Betreiberin einer Internethandelsplattform - durch die ihr geschuldete Provision an dem markenrechtsverletzenden Verkauf von Piraterieware beteiligt ist (BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 - Internetversteigerung I). Weiter ist zu berücksichtigen, ob die geförderte Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 316 = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; BGHZ 158, 343, 353 - Schöner Wetten ) oder tatsächlicher (BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 39 ff. - Kinderhochstühle im Internet) Prüfung festgestellt werden kann oder aber für den als Störer in Anspruch Genommenen offenkundig oder unschwer zu erkennen ist (BGHZ 148, 13, 18 - ambiente.de; BGHZ 158, 236, 252 - Internetversteigerung I; BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 46 - InternetVersteigerung

II).


21
Nach diesen Maßstäben ist es dem Betreiber einer Internethandelsplattform grundsätzlich nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Wird er allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Markenverletzungen kommt (BGHZ 158, 236, 252 - Internetversteigerung I; BGHZ 172, 119 Rn. 45 - Internet-Versteigerung II; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 51 = WRP 2008, 1104 - Internet-Versteigerung III).
22
Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mitden Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, juris - L’Oréal/eBay) aufgestellt hat. Der Gerichtshof sieht es als möglich an, dass im Betrieb eines Online-Marktplatzes ein Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr liegen kann, sofern der Anbieter sich darauf beschränkt, diesen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 109 f. - L’Oréal/eBay). Daraus ergibt sich, dass dem Betreiber eines Online-Markplatzes grundsätzlich gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG, dessen Regelung durch § 10 TMG in deutsches Recht umgesetzt ist, für fremde Informationen, die er für einen Nutzer speichert, nicht verantwortlich ist. Ferner ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG - umgesetzt durch § 7 Abs. 2 TMG - dass der Betreiber grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 139 - L’Oréal/eBay). Voraussetzung hierfür ist nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG bzw. § 10 TMG allerdings, dass der Betreiber keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder Information hat und ihm im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bewusst sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder Information offensichtlich wird, oder dass er unverzüglich tätig geworden ist, um die Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald er diese Kenntnis erlangt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 119 - L’Oréal/eBay).
23
Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, wird er hinsichtlich dieser Daten nicht von dem Anwendungsgebiet des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG erfasst (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 113, 116 - L’Oréal/eBay) und kann sich deshalb insoweit auch nicht auf das Haftungsprivileg der Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG/§ 7 Abs. 2 TMG berufen.
24
Dabei können die bloßen Umstände, dass der Betreiber eines OnlineMarkplatzes die Verkaufsangebote auf seinem Server speichert, die Modalitäten für seinen Dienst festlegt, für diesen eine Vergütung erhält und seinen Kunden Auskünfte allgemeiner Art erteilt, nicht dazu führen, dass die in der Richtlinie 2000/31/EG hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen auf ihn keine Anwendung finden (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 115 - L’Oréal/eBay). Leistet der Betreiber hingegen seinen Kunden Hilfestellung , die unter anderem darin bestehen kann, die Präsentation der betreffenden Verkaufsangebote zu optimieren oder diese Angebote - etwa durch Adword -Anzeigen in Referenzierungsdiensten wie zum Beispiel Google - zu bewerben , ist davon auszugehen, dass er zwischen dem als Verkäufer auftretenden Kunden und den potenziellen Käufern keine neutrale Stellung eingenommen , sondern eine aktive Rolle gespielt hat, die ihm eine Kenntnis von den die- se Angebote betreffenden Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte. Hinsichtlich dieser Daten kann er sich deshalb ebenfalls nicht auf die in Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG geregelte Ausnahme im Bereich der Verantwortlichkeit berufen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 116 - L’Oréal/eBay).
25
Der Gerichtshof hat weiter entschieden, dass Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dahin auszulegen ist, dass er von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verlangt, sicherzustellen, dass die für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zuständigen nationalen Gerichte dem Betreiber eines Online-Marktplatzes aufgeben können, Maßnahmen zu ergreifen, die nicht nur zur Beendigung der von Benutzern dieses Marktplatzes hervorgerufenen Verletzungen, sondern auch zur Vorbeugung gegen erneute derartige Verletzungen beitragen (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, juris Rn. 144 - L’Oréal/eBay).
26
Nach den Grundsätzen des Gerichtshofs und des erkennendenSenats ist der Betreiber eines Online-Marktplatzes mithin verantwortlich, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung durch ein auf dem Marktplatz eingestelltes Verkaufsangebot erlangt. Ihn trifft weiter die durch einen Unterlassungsanspruch durchsetzbare Verpflichtung, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
27
b) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch zu strenge Anforderungen an den Inhalt des Hinweises gestellt, mit dem die Beklagte von den auf ihrer Handelsplattform stattfindenden Markenrechtsverletzungen in Kenntnis gesetzt wurde.
28
aa) Die Funktion des Hinweises auf Rechtsverletzungen, der sowohl vorprozessual - etwa durch eine Abmahnung - als auch durch die Klageerhebung erfolgen kann (BGHZ 158, 343, 353 - Schöner Wetten), besteht darin, den grundsätzlich nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreiber einer Internethandelsplattform in die Lage zu versetzen, in der Vielzahl der ohne seine Kenntnis von den registrierten Mitgliedern der Plattform mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Plattform-Software eingestellten Verkaufsangebote diejenigen auffinden zu können, die Rechte Dritter verletzen. Dies setzt voraus, dass der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Adressat des Hinweises den Rechtsverstoß unschwer - das heißt ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung - feststellen kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Betreiber einer Internethandelsplattform zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Betreibers auf der anderen Seite.
29
Die Abmahnschreiben der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 genügen diesen Anforderungen. Gegenstand der Beanstandung waren Verletzungen der Marken "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep" durch das Angebot von mit diesen Marken gekennzeichneten Duftwässern mit der Füllmenge 20 ml. In rechtlicher Hinsicht geht es damit nicht um die Prüfung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr, sondern um die ohne weiteres festzustellende Verwendung eines mit der Marke identischen Zeichens für eine Ware, die mit den Waren identisch ist, für die die fragliche Marke Schutz genießt. Dadurch, dass die Klägerin der Beklagten weiter mitgeteilt hat, dass es sich bei Angeboten dieser Art ausnahmslos um Fälschungen handelt, ergab sich für die Beklagte, dass entsprechend gekennzeichnete Parfüms mit der konkret bestimmten Füllmenge von 20 ml niemals Originalprodukte sein können. Damit enthielten die Abmahnschreiben alle rechtlichen und tatsächlichen Umstände, welche die Beklagte in die Lage versetzten, ohne aufwendige rechtliche oder tatsächliche Wertungen derartige Angebote allein anhand der in den Angebotsbeschreibungen benannten und daher für Kaufinteressenten und damit auch für die Beklagte selbst mittels der Suchfunktion der Plattform auffindbaren Markennamen , der Füllmenge und gegebenenfalls der Produktkategorie als markenverletzend zu identifizieren.
30
bb) Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Mitteilung dieser Umstände nicht ausreichte, um eine Prüfungspflicht der Beklagten auszulösen. Die Klägerin hätte vielmehr nach Ansicht des Berufungsgerichts auch Belege dafür beibringen müssen, dass Parfümsticks mit einer Füllmenge von 20 ml von der Klägerin nicht hergestellt bzw. vertrieben würden, dass die behaupteten Schutzrechte bestünden und die Klägerin zur Rechtsverfolgung legitimiert sei. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen überspannt, die an den Hinweis auf die erfolgte Schutzrechtsverletzung zu stellen sind.
31
Zwischen dem für die Entstehung einer Prüfungspflicht erforderlichen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung und dem Beleg der dazu im Hinweis mitgeteilten Umstände ist zu unterscheiden. Ein Beleg ist nur dann erforderlich, wenn schutzwürdige Interessen der Beklagten dies rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn die Beklagte nach den Umständen des Einzelfalls berechtigte Zweifel am Bestehen eines Schutzrechts, an der Befugnis zur Geltendmachung dieses Schutzrechts durch den Hinweisenden oder aber am Wahrheitsgehalt der mitgeteilten tatsächlichen Umstände einer Rechtsverletzung haben darf und deshalb aufwendige eigene Recherchen anstellen müsste, um eine Rechtsverletzung hinreichend sicher feststellen zu können. Dafür ist aber im Streitfall nichts ersichtlich. Allein der Umstand, dass andere Parfümhersteller Produkte mit einer Füllmenge von 20 ml vertreiben, legt nicht die Vermutung nahe, dass auch die Klägerin derartige Produkte unter den hier maßgebenden Bezeich- nungen vertreibt und daher der Beklagten gegenüber unzutreffende Angaben über ihr Produktsortiment gemacht haben könnte. Die Beklagte hat ferner nicht geltend gemacht, Zweifel am markenrechtlichen Schutz der Bezeichnungen "Davidoff Cool Water Deep" und "Echo Davidoff" gehabt zu haben. Ebenfalls lag es nach dem Inhalt der Abmahnschreiben fern, dass die Klägerin unzutreffend eine Verletzung ihrer Markenrechte beanstandet oder zu Unrecht behauptet hat, Rechte aus den genannten Marken geltend machen zu dürfen.
32
Letztlich kann hier jedoch offenbleiben, ob die Beklagte im Streitfall berechtigte Zweifel daran haben konnte, dass die mit den Schreiben vom 20. und 25. April 2007 angezeigten Angebote Markenrechte verletzten und die Klägerin zur Verfolgung dieser Markenrechtsverletzungen befugt war. Denn dann wäre die Beklagte als Abgemahnte nach Treu und Glauben gehalten gewesen, die Klägerin auf diese Zweifel hinzuweisen und nach den Umständen angemessene Belege für die behaupteten klaren Rechtsverletzungen und die Befugnis der Klägerin zur Verfolgung dieser Verletzungen zu verlangen (vgl. zur Aufklärungspflicht des Abgemahnten nur Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 1.61 ff.). Daran fehlt es hier.
33
Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein für die Entstehung einer Prüfungspflicht ausreichender Hinweis immer dann fehlt, wenn der Betreiber einer Internethandelsplattform aufgrund der Umstände des Einzelfalls den Hinweisenden in berechtigter Weise aufgefordert hat, die aus seiner Sicht zweifelhaften Umstände einer Rechtsverletzung zu belegen, und der Hinweisende dieser Aufforderung nicht oder nur unzureichend Folge leistet. Denn im Streitfall hat die Beklagte von der Klägerin nicht nur keine Belege verlangt. Sie hat auch noch nicht einmal Zweifel an den Angaben der Klägerin geäußert, sondern dieser im Gegenteil sogar mitgeteilt, die beanstandeten "Angebote beendet" zu haben und die Meldung sowie die dort gemachten Angaben für die weitere Kon- trolle des Online-Marktplatzes zu berücksichtigen. Die Beklagte hat damit ausdrücklich erklärt, dass der Hinweis der Klägerin als hinreichende Mitteilung einer Rechtsverletzung akzeptiert wird. Daran muss sie sich nach Treu und Glauben jedenfalls im Hinblick auf die Frage festhalten lassen, ob der Hinweis der Klägerin als Mitteilung einer klaren Rechtsverletzung ausreichte, um grundsätzlich Verhaltenspflichten für die Zukunft im Sinne der Grundsätze der Störerhaftung auszulösen.
34
cc) Aus demselben Grund kann offenbleiben, ob die Beklagte auch in Fallkonstellationen, in denen sie berechtigte Zweifel an der Richtigkeit einer behaupteten Rechtsverletzung hat, einen Rechteinhaber auf die Möglichkeit verweisen kann, die Rechtsverletzung über das VeRi-Programm anzuzeigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 42 f. - Kinderhochstühle im Internet) und deren Umstände eidesstattlich zu versichern. Solche Zweifel hat sie im Streitfall der Klägerin gegenüber ebenfalls nicht geäußert, sondern hat deren Abmahnung ausdrücklich als hinreichend klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung akzeptiert.
35
dd) Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, eine Prüfungspflicht werde nur dann ausgelöst, wenn die klare Rechtsverletzung allein aus dem Angebot selbst ersichtlich sei. Auf sonstige Umstände und Informationen, die aus dem Lager des Rechteinhabers stammten, könne es nicht ankommen.
36
Ein solches Erfordernis ist mit der Funktion des Hinweises nicht in Einklang zu bringen, die Beklagte auf rechtsverletzende Angebote aufmerksam zu machen und ihr damit die Kenntnis zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen zu verschaffen, die sie sich selbst zunächst nicht verschaffen muss. Hierfür ist es unerheblich, ob sich die Rechtsverletzung vollständig aus dem beanstandeten Angebot selbst ergibt oder aber - wie regelmäßig - die Kenntnis weiterer, nicht aus dem Angebot ersichtlicher Umstände wie etwa die Erkenntnis hinzutreten muss, dass eine bestimmte Bezeichnung überhaupt als Marke geschützt ist, wer deren Inhaber oder von diesem zur Rechtsverfolgung legitimiert ist oder anhand welcher Produkteigenschaften oder sonstigen Umstände ersichtlich wird, dass es sich um eine Fälschung handelt. Für die Offenkundigkeit einer mitgeteilten Rechtsverletzung kommt es nicht auf den formellen Gesichtspunkt an, aus welcher Erkenntnisquelle sich die die Rechtsverletzung kennzeichnenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände entnehmen lassen, sondern allein darauf, ob diese Umstände zur Kenntnis der Beklagten gelangen und für sie unschwer zu erkennen und zu bewerten sind. Davon zu unterscheiden ist wiederum die - wie dargelegt im Streitfall nicht erhebliche - Frage, ob und inwieweit die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Rechteinhaber auf konkrete Anforderung bestimmte aus seiner Sphäre stammende Umstände belegen muss.
37
2. Das Berufungsurteil stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Es fehlt im Streitfall an einer für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr.
38
a) Die für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass es in der Vergangenheit bereits zu einer Verletzungshandlung gekommen ist. Daran fehlt es im Streitfall.
39
Wie dargelegt, ist der Betreiber einer Internethandelsplattform grundsätzlich nicht gehalten, jedes Angebot vor der in einem automatisierten Verfahren erfolgenden Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Wird er allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen , muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Marken- rechtsverletzungen kommt. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann. Damit kann in derjenigen Verletzungshandlung, die Gegenstand einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber des Online-Marktplatzes erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, keine Verletzungshandlung gesehen werden, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 53 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
40
Im Streitfall hat das Landgericht nicht festgestellt, dass auf dem OnlineMarktplatz der Beklagten nach den Beanstandungsschreiben der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 erneut die Marken "Echo Davidoff" oder "Davidoff Cool Water Deep" in einer der Beanstandung entsprechenden Weise verletzt worden sind. Es hat seine Verurteilung vielmehr auf eine Erstbegehungsgefahr gestützt. Das Berufungsgericht hat abweichende Feststellungen nicht getroffen. Auch die Revision hat keine Wiederholungsgefahr geltend gemacht, sondern sich ausdrücklich auf eine Erstbegehungsgefahr gestützt, die sich daraus ergebe, dass die Beklagte die fraglichen Angebote unverzüglich nach Erhalt des Abmahnschreibens vom 20. April 2007 gelöscht habe, in der Klageerwiderung aber die Auffassung vertreten habe, dass dies ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt sei.
41
Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz beantragt hat, die Veröffentlichung von Verkaufsangeboten zu unterlassen, die sich auf Duftwasser mit der Behältnisgröße 20 ml unter der Bezeichnung "Davidoff" in Alleinstellung, also ohne die Zusätze "Echo" oder "Cool Water Deep" richtet, fehlt es bereits an einer hinreichenden Inkenntnissetzung der Beklagten von einem Rechtsverstoß. Die Beanstandungsschreiben der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 betreffen allein Angebote unter den Bezeichnungen "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep".
42
b) Es liegt auch keine Erstbegehungsgefahr vor.
43
Im Streitfall hat die Beklagte die beanstandeten Angebote nach Eingang der Abmahnungen gelöscht. Das Landgericht hat dennoch eine Erstbegehungsgefahr angenommen und dies damit begründet, die von der Beklagen in der Klageerwiderung geäußerten Meinung, wonach die Löschung ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt sei, sowie die Haltung der Beklagten hinsichtlich der von ihr an die Abmahnung gestellten Anforderungen ließen darauf schließen , dass die Beklagte sich nicht verpflichtet fühle, in Zukunft für die Filterung von Angeboten des Parfüms "Davidoff Echo" in der Behältnisgröße von 20 ml zu sorgen. Auch die Revision begründet das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr mit der von der Beklagten in der Klageerwiderung geäußerten Auffassung, die Löschung sei ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt. Damit hat sie keinen Erfolg.
44
Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der fraglichen Weise rechtswidrig verhalten. Eine Erstbegehungsgefahr kann auch begründen, wer sich des Rechts berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen. Eine solche Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden. Die Tatsache allein, dass sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet. Eine Rechtsverteidigung kann aber dann eine Erstbegehungsgefahr begründen, wenn nicht nur der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten, sondern den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falls auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten (BGH, Urteil vom 31. Mai 2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe, mwN).
45
Im Streitfall sind keine Umstände festgestellt oder von der Revision geltend gemacht worden, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte habe nicht nur ihren Rechtsstandpunkt vertreten, sondern habe erkennen lassen, dass sie unabhängig von dem Ausgang des gerichtlichen Verfahrens auch in Zukunft die Veröffentlichung von Angeboten für Parfüms mit einer Füllmenge von 20 ml unter den Bezeichnungen "Echo Davidoff" und "Davidoff Cool Water Deep" nicht verhindern werde.
46
II. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Auskunft über die bei der Beklagten hinterlegten Namen und Anschriften der Verkäufer mit den Benutzernamen "Gold-Discount-Darmstadt" und "mein_Duft" zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis ebenfalls stand.
47
Ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs, der ohnehin nur in Betracht kommt, wenn die Beklagte nicht lediglich als Störerin, sondern als Täterin oder Teilnehmerin verantwortlich ist (BGHZ 158, 236, 253 - Internetversteigerung I, mwN), setzt ebenso wie ein Anspruch aus § 19 Abs. 1 MarkenG voraus, dass die Beklagte bereits eine Rechtsverletzung begangen hat. Im Streitfall stützt sich die Revision jedoch allein auf den Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr. Wie dargelegt ist nicht festgestellt, dass die Beklagte nach den Hinweisen der Klägerin vom 20. und 25. April 2007 ihre Prüfungspflicht verletzt hat, indem sie gleichartige Angebote der Verkäufer mit den Benutzernamen "Gold-DiscountDarmstadt" und "mein_Duft" nicht verhindert hat. Die Revision rügt insoweit auch nicht, dass das Berufungsgericht entsprechenden Vortrag der Klägerin übergangen hätte. Die Revision hat ferner nicht geltend gemacht, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Anspruch aus § 19 Abs. 2 MarkenG verneint habe.
48
C. Die Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.02.2008 - 34 O 117/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 31.03.2009 - I-20 U 73/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 18/11 Verkündet am:
12. Juli 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Alone in the Dark

a) Ein File-Hosting-Dienst, der im Internet Speicherplatz zur Verfügung stellt,
kann als Störer haften, wenn urheberrechtsverletzende Dateien durch Nutzer
seines Dienstes öffentlich zugänglich gemacht werden, obwohl ihm zuvor ein
Hinweis auf die klare Rechtsverletzung gegeben worden ist. Nach einem solchen
Hinweis muss der File-Hosting-Dienst im Rahmen des technisch und
wirtschaftlich Zumutbaren verhindern, dass derselbe oder andere Nutzer das
ihm konkret benannte, urheberrechtlich geschützte Werk Dritten erneut über
seine Server anbieten.

b) Die Eignung eines Wortfilters mit manueller Nachkontrolle für die Erkennung
von Urheberrechtsverletzungen wird nicht dadurch beseitigt, dass er mögliche
Verletzungshandlungen nicht vollständig erfassen kann.

c) Zur Vermeidung einer Störerhaftung kann ein File-Hosting-Dienst auch verpflichtet
sein, im üblichen Suchweg eine kleine Anzahl einschlägiger Linksammlungen
manuell darauf zu überprüfen, ob sie Verweise auf bestimmte
bei ihm gespeicherte urheberrechtsverletzende Dateien enthalten.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein weltweit führendes Unternehmen für Computer- und Videospiele, die sie verlegt und vertreibt. Zu ihren derzeit erfolgreichsten Titeln gehört das Computerspiel „Alone in the Dark“. Die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, stellt unter der Internetadresse www.rapidshare. com Nutzern Speicherplatz im Internet zur Verfügung („File-Hosting-Dienst“). Bei diesem Dienst kann der Nutzer mit einem einzigen Klick eine von ihm ausgewählte eigene Datei auf der Internetseite der Beklagten hochladen, die dann auf deren Servern abgespeichert wird. Unmittelbar nach dem Hochladen wird dem Nutzer ein Download-Link übermittelt, mit dem dieser die abgelegte Datei über seinen Browser aufrufen kann.
2
Der Beklagten ist der Inhalt der hochgeladenen Dateien nicht bekannt. Sie unterhält auch kein Inhaltsverzeichnis über diese Dateien. Es ist jedoch möglich, mit Suchmaschinen (sogenannten „Linksammlungen“) nach bestimmten , auf den Servern der Beklagten gespeicherten Dateien zu suchen.
3
Die Beklagte bietet für die Nutzung ihres Dienstes zwei Möglichkeiten an. Ohne Registrierung kann der Dienst kostenlos, aber nur in eingeschränktem Umfang genutzt werden. Insbesondere können die hochgeladenen Dateien höchstens zehnmal heruntergeladen werden. Daneben gibt es die Möglichkeit, nach Registrierung des Nutzers für bis zu 6,99 € monatlich ein Premium-Konto einzurichten. Das Premium-Konto ermöglicht insbesondere ein beliebig häufiges und schnelleres Herunterladen der Dateien.
4
Die Beklagte vergibt Premium-Punkte an Nutzer, deren hochgeladene Dateien von anderen Personen abgerufen werden. Diese Punkte können in ein Premium-Konto eingetauscht oder für dessen Verlängerung verwendet werden. Die Beklagte stellt auch die Software „RapidShare Uploader“ bereit, mit der ein Nutzer in einem einzigen Arbeitsschritt beliebig viele Dateien auf die Server der Beklagten hochladen kann.
5
Am 19. August 2008 erfuhr die Klägerin, dass das Spiel „Alone in the Dark“ über den Internetdienst der Beklagten öffentlich zugänglich war. Nach Eingabe der Suchwörter „Rapidshare Alone in the Dark“ bei Google konnte das Spiel durch Aktivierung von Links mit den Kennungen „rapidshare.com/files …“ abgerufen und auf die Festplatte des Abrufenden heruntergeladen werden. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen dieses Sachverhalts noch am selben Tag ab. Mit Anwaltsschreiben vom 22. August 2008 bestätigte die Beklagte die Sperrung der in der Abmahnung aufgeführten konkreten Links zu dem Spiel.
Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, in der sie sich insbesondere verpflichten sollte, es zu unterlassen, urheberrechtlich geschützte Werke der A. , insbesondere das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet oder auf sonstige Art und Weise öffentlich zugänglich zu machen, zu verbreiten und/ oder wiederzugeben oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, lehnte die Beklagte dagegen ab.
6
Die Klägerin hat vorgetragen, das Spiel „Alone in the Dark“ sei jedenfalls noch bis zum 2. September 2008 auf den Servern der Beklagten abrufbar gewesen.
7
Soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist, hat die Klägerin beantragt, es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Art und Weise zu vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen oder diese Handlung durch Dritte vornehmen zu lassen, jedoch nur
a) soweit das Computerspiel mit einem Dateinamen, welcher den Titel „Alone in the Dark“ enthält, auf den Servern gespeichert ist oder
b) soweit Hyperlinks auf das Spiel mit der URL rapidshare.com/files in den Linksammlungen www.raidrush.org, rapidlibrary.com, rapidsharesearcher.com , alivedownload.com, taringa.net, freshwap.net, hotfilms.org, rapidfind.org und/oder rapidsharedownload.net verzeichnet sind, oder
c) …
8
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Antrag zu b) die Wörter „auf das Spiel“ durch „auf Dateien, die das Computerspiel ‚Alone in the Dark’ enthalten“, ersetzt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Düsseldorf, MMR 2011, 250).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungs- instanz gestellten Anträge weiter, wobei sie sich nicht mehr auf lauterkeitsrechtliche , sondern nur noch auf urheberrechtliche Ansprüche stützt.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:
11
Zwar liege eine Rechtsverletzung im Sinne des § 97 UrhG vor; denn über den Internetdienst der Beklagten würden unstreitig illegale Kopien des Computerspiels „Alone in the Dark“ zum Herunterladen angeboten. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten als Täterin oder Teilnehmerin scheide aber aus, weil nicht sie, sondern allein die Nutzer ihres Dienstes über die Bekanntgabe des Download -Links und damit über das öffentliche Zugänglichmachen der Datei und ihres Inhalts entschieden und der für eine Teilnehmerhaftung erforderliche, zumindest bedingte Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat fehle. Die Voraussetzungen einer Störerhaftung habe die Klägerin nicht dargelegt. Die Haftung der Beklagten hänge entscheidend davon ab, ob sie nach Kenntnis von Rechtsverletzungen das ihr Zumutbare zur Vermeidung ähnlich gelagerter Rechtsverletzungen getan habe. Da das Geschäftsmodell der Beklagten als solches nicht auf der Nutzung rechtswidrig eingestellter Inhalte beruhe, sei ihr nicht zuzumuten, aufgrund von Prüfpflichten ihr gesamtes Geschäftsmodell in Frage zu stellen. Zwar könne die Klägerin ohne weiteres sämtliche Dateien mit Dateinamen finden, die den Titel „Alone in the Dark“ enthielten. Jedoch sei es ihr regelmäßig unmöglich zu bestimmen, ob es sich bei den gefundenen Dateien um das besagte Computerspiel oder beispielsweise um Urlaubsfotos eines Dritten handele. Diese Schwierigkeiten stellten sich verstärkt beim Antrag zu b), weil die meisten der dort genannten Linksammlungen nicht dazu geeignet sei- en, rechtsverletzende Inhalte zu finden und entsprechende Links zu sperren. Unter diesen Umständen sei eine Verletzung von Prüfpflichten durch die Beklagte als Voraussetzung der Störerhaftung nicht ersichtlich.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
13
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (BGBl. 1994 II S. 2658). Die Klägerin macht Ansprüche aus einer in Deutschland begangenen unerlaubten Handlung - dem öf- fentlichen Zugänglichmachen des Computerspiels „Alone in the Dark“ - geltend.
14
2. Das Computerspiel der Klägerin ist jedenfalls als Werk, das ähnlich wie ein Filmwerk geschaffen worden ist, nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG urheberrechtlich geschützt. Es wird vermutet, dass die Klägerin als Herausgeberin des Spiels ermächtigt ist, die Rechte des Urhebers geltend zu machen (§ 10 Abs. 1 UrhG).
15
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten als Täter oder Teilnehmer für von ihren Nutzern in Bezug auf das Spiel begangene Urheberrechtsverletzungen verneint.
16
a) Die Dateien mit dem geschützten Spiel werden von Nutzern des FileHosting -Dienstes der Beklagten unter Verletzung des bestehenden Urheberrechts (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG) durch Bekanntgabe des Zugangslinks im Internet öffentlich zugänglich gemacht, ohne dass die Beklagte zuvor vom Inhalt dieser Dateien Kenntnis nimmt. Die Beklagte kann unter diesen Umständen keine täterschaftliche Urheberrechtsverletzung begehen. Denn sie erfüllt dadurch , dass sie Nutzern ihren Dienst zur Verfügung stellt und von diesen dort geschützte Werke in urheberrechtsverletzender Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, nicht selbst den Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung. Insbesondere macht sie die Dateien nicht selbst öffentlich zugänglich und vervielfältigt sie auch nicht (vgl. zum Markenrecht BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internetversteigerung II; Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 57/09, juris Rn. 4).
17
b) Eine Haftung der Beklagten als Gehilfe bei den von Dritten mittels ihres Dienstes begangenen Urheberrechtsverletzungen scheidet ebenfalls aus. Für den dazu erforderlichen Gehilfenvorsatz reicht es nicht aus, wenn die Beklagte mit gelegentlichen Rechtsverletzungen durch die Nutzer ihres Dienstes rechnet. Erforderlich wäre vielmehr eine Kenntnis der Beklagten von konkret drohenden Haupttaten (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internetversteigerung II; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 21 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 33 = WRP 2011, 881 - Sedo; Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 57/09, juris Rn. 5).
18
4. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Unterlassungsansprüche der Klägerin seien auch nicht unter dem Aspekt der Störerhaftung begründet, weil die Beklagte keine Prüfpflichten verletzt habe. Das hält auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
19
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschütz- ten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 37 - Sedo). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 40 - Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 12. Juli 2011 (C-324/09, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 = WRP 2011, 1129 - L’Oréal/eBay) festgesetzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm).
20
b) Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen.
21
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG. Die gespeicherten Dateien sind keine eigenen Informationen der Beklagten, die sie zur Nutzung durch Dritte bereithält und für die sie gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich ist; vielmehr handelt es sich um fremde Informationen im Sinne von § 10 Satz 1 TMG. Die Dateien werden von Nutzern auf die Server der Beklagten hochgeladen und allein dadurch Dritten zugänglich gemacht, dass ihnen die Nutzer den von der Beklagten mitgeteilten Download-Link weitergeben. Allein der Nutzer kontrolliert so die Verbreitung der von ihm hochgeladenen Dateien. Darin unterscheidet sich das Geschäftsmodell der Beklagten von Vermittlungs- und Auktionsplattformen im Internet, in denen die von den Nutzern - wenn auch häufig automatisch - hochgeladenen Angebote durch den Plattformbetreiber öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Verursachungsbeitrag der Beklagten zu Rechtsverletzungen ihrer Nutzer ist daher im Ausgangspunkt geringer als derjenige von Plattformbetreibern. Eine Auswahl oder Prüfung der gespeicherten Dateien durch die Beklagte, aus der sich ergeben könnte, dass sie sich die Inhalte zu eigen macht, erfolgt nicht.
22
bb) Eine weitergehende Prüfungspflicht der Beklagten wegen einer besonderen Gefahrengeneigtheit des von ihr angebotenen Dienstes für Urheberrechtsverletzungen besteht nicht. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Gewerbetreibender schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung verpflichtet, die Gefahr auszuräumen, wenn sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer seiner Leistung angelegt ist oder der Gewerbetreibende durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. = WRP 2009, 1139 - Cybersky). Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall aber nicht vor. Es bedarf daher keiner Ausführungen zu der Frage, in welchem Verhältnis diese Senatsrechtsprechung zur Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union steht (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 107 ff. - L’Oréal/ebay).
23
(1) Die Beklagte geht grundsätzlich im Einklang mit der Rechtsordnung einer Geschäftstätigkeit als Diensteanbieter gemäß § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG nach. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes der Beklagten, für die ein beträchtliches technisches und wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl vorhanden und üblich sind. Neben einer Verwendung als „virtuelles Schließfach“ für eine sichere Verwahrung großer Mengen geschäftlicher oder privater Daten kann der Dienst der Beklagten dazu benutzt werden, bestimmten Nutzern eigene oder gemeinfreie Dateien zum Herunterladen oder zur Bearbeitung bereitzustellen. Das kommt, wie auch die Klägerin einräumt, etwa für Geschäftskunden in Betracht, die ihren Kunden Zugang zu bestimmten Informationen gewähren wollen, oder für Privatpersonen, die selbst erstellte digitale Bilder oder Filme mit Freunden oder Bekannten austauschen möchten. Dabei kann ohne weiteres ein berechtigtes Bedürfnis zum massenhaften Herunterladen großer Dateien durch Dritte bestehen - ein Merkmal, das die Beklagte als Vorteil ihres Dienstes herausstellt.
24
Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, das Geschäftsmodell der Beklagten sei darauf angelegt, dass seine Nutzer - insbesondere im Zusammenhang mit Computerspielen und Filmen - Urheberrechtsverletzungen begehen.
25
(2) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte auch nicht durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes gefördert.
26
Als gewerbliches Unternehmen ist die Beklagte bestrebt, Einnahmen zu erzielen, was im Rahmen ihres Geschäftsmodells nur durch den Verkauf von Premium-Konten möglich ist. Die damit verbundenen Komfortmerkmale vor allem hinsichtlich Geschwindigkeit der Ladevorgänge, Dauer der Datenspeicherung und Größe der hochladbaren Dateien sind aber auch bei einer Vielzahl legaler Nutzungsmöglichkeiten von Bedeutung. Dasselbe gilt für die Bereitstellung des kostenfreien „RapidShare-Uploaders“ zum Hochladen beliebig vieler Dateien in einem einzigen Arbeitsschritt.
27
Auch die Vergabe von Premium-Punkten durch die Beklagte kann nicht als Förderung illegaler Nutzungsmöglichkeiten angesehen werden. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, erhalten Nutzer Premium-Punkte, wenn eine von ihnen hochgeladene Datei von anderen Personen aufgerufen wird. Zu einer Abhängigkeit der Punkte von der Größe der aufgerufenen Datei ist nichts festgestellt; die Revision rügt auch nicht, dass entsprechender Vortrag von der Klägerin in den Vorinstanzen gehalten worden sei. Im Übrigen bestehen, wie oben ausgeführt, auch für das Herunterladen großer Dateien vielfältige legale Anwendungsmöglichkeiten.
28
cc) Der Beklagten dürfen unter diesen Umständen keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 147 - Internetversteigerung II; 173, 188 Rn. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 45 - Sedo; vgl. auch EuGH GRUR 2011, 1025 Rn. 139 L’Oréal/ebay). Insbesondere ist die Beklagte nicht verpflichtet, die von ihr gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen , die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (Art. 15 Abs. 1 RL 2000/31/EG - umgesetzt durch § 7 Abs. 2 TMG). Eine Prüfungspflicht der Beklagten im Hinblick auf das Computerspiel „Alone in the Dark“, deren Verletzung Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf dieses Spiel hingewiesen worden war (vgl. zuletzt BGHZ 191, 19 Rn. 22, 26, 38 f. - Stiftparfüm ).
29
(1) Die Beklagte ist mit Anwaltsschreiben vom 19. August 2008 von der Klägerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf das Computerspiel „Alone in the Dark“ hingewiesen worden. Sie war daher ab diesem Zeitpunkt nicht nur dazu verpflichtet, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern hatte auch Vorsorge zu treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam (vgl. BGH, GRUR 2011, 1038 Rn. 39 - Stiftparfüm).
30
(2) Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts war das Spiel „Alone in the Dark“ noch nach dem Schreiben der Anwälte der Klägerin vom 19. August 2008, das die Prüfungspflicht der Beklagten begründete, nämlich jedenfalls bis zum 2. September 2008, auf Servern der Beklagten abrufbar.
31
dd) Für diese - später aufgedeckten - Rechtsverletzungen haftet die Beklagte als Störer, wenn sie nach dem Hinweis vom 19. August 2008 nicht alles ihr technisch und wirtschaftlich Zumutbare getan hat, um weitere Rechtsverletzungen im Hinblick auf das Spiel „Alone in the Dark“ auf ihren Servern zu verhindern. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, kommt danach eine Störerhaftung der Beklagten durchaus in Betracht.
32
(1) Die Beklagte hat zwar die ihr im Schreiben vom 19. August konkret benannten Dateien gesperrt. Sie war aber darüber hinaus verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kam. Solche gleichartigen Rechtsverletzungen sind nicht nur Angebote, die mit den bekannt gewordenen Fällen identisch sind, die also das Zugänglichmachen desselben Computerspiels durch denselben Nutzer betreffen. Vielmehr hat es die Beklagte im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren zu verhindern , dass weder der für die angezeigte Verletzung verantwortliche Nutzer noch andere Nutzer über ihre Server das ihr konkret benannte urheberrechtlich geschützte Computerspiel Dritten anbieten (vgl. zum vergleichbaren Fall der Haftung des Betreibers einer Versteigerungsplattform im Internet BGHZ 173, 188 Rn. 43 - Jugendgefährdende Schriften bei eBay). Die Urheberrechtsverletzung ist auf das konkrete urheberrechtlich geschützte Werk bezogen. Im Sinne der Störerhaftung sind Verletzungshandlungen gleichartig, durch die dieses Urheberrecht erneut verletzt wird. Dabei kommt es nicht auf die Person desjenigen an, der durch das Zugänglichmachen des geschützten Werkes den Verletzungstatbestand erfüllt.
33
(2) Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist es möglich, dass die Beklagte diese Prüfungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie nach dem 19. August 2008 keinen Wortfilter für die zusammenhängende Wortfolge „Alone in the Dark“ zur Überprüfung auch der bei ihr gespeicherten Dateinamen eingesetzt hat.
34
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass es der Beklagten ohne weiteres möglich ist, sämtliche Dateien mit einem Dateinamen zu finden, der den Titel „Alone in the Dark“ enthält. Die Beklagte hat zwar - nach ihrem Vortrag unmittelbar - nach Erhalt des Hinweises der Klägerin am 19. August 2008 den Begriff „Alone in the Dark“ in ihren Wortfilter aufgenommen. Der von der Be- klagten eingesetzte Wortfilter benachrichtigt die Mitarbeiter ihrer für Missbräuche zuständigen Abteilung jedoch lediglich automatisch, sobald eine Datei auf Servern der Beklagten hochgeladen wird, in der ein bestimmter Schlüsselbegriff vorkommt. Ein solcher nur das Hochladen von Dateien kontrollierender Wortfilter ist ungeeignet, das weitere öffentlich Zugänglichmachen bereits gespeicherter Spiele zu verhindern.
35
Es liegt deshalb nahe, dass die Beklagte einen Wortfilter für den zusammenhängenden Begriff „Alone in the Dark“ auch hätte einsetzen müssen, um die Namen der bei ihr bereits gespeicherten Dateien zu überprüfen. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, warum es der Beklagten nicht möglich und zumutbar sein soll, die nach Einsatz eines solchen Wortfilters in ihrem Dateienbestand ermittelten Treffer manuell darauf zu überprüfen, ob es sich um das Spiel der Klägerin handelt. Diese Kontrollmaßnahmen sind auch geeignet, weitere Rechtsverletzungen auf den Servern der Beklagten aufzudecken. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass Nutzer vielfältige Möglichkeiten haben mögen, das Spiel unter anderen Dateinamen abzuspeichern. Die Eignung eines Wortfilters mit manueller Nachkontrolle für die Erkennung von Urheberrechtsverletzungen wird nicht dadurch beseitigt , dass er mögliche Verletzungshandlungen nicht vollständig erfassen kann.
36
(3) Eine Verletzung der Prüfungspflicht der Beklagten kommt auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch im Hinblick auf die vom Unterlassungsantrag
b) erfassten Linksammlungen in Betracht.
37
Soweit Hyperlinks in diesen Linksammlungen auf Dateien verweisen, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind und das Computerspiel „Alone in the Dark“ enthalten, handelt es sich um Verletzungshandlungen, die mit den festgestellten Verletzungen hinsichtlich des Spiels „Alone in the Dark“ gleichartig sind und auf die sich die Prüfungspflichten der Beklagten nach Unterrichtung grundsätzlich erstrecken, nachdem sie über entsprechende Verstöße unterrichtet worden ist.
38
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine Überprüfung der fraglichen Linksammlungen nicht zumutbar, beruht auf Feststellungen, die das Berufungsgericht nicht verfahrensfehlerfrei getroffen hat. Es geht im Ausgangspunkt zwar zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Köln (MMR 2007, 786) davon aus, dass die regelmäßige Kontrolle einer dreistelligen Zahl von Link-Ressourcen im Internet die dem Diensteanbieter zumutbaren Überprüfungsmöglichkeiten übersteigt, dass es ihm aber zumutbar sein kann, eine kleine Anzahl einschlägiger Linksammlungen - der Antrag zu b) bezieht sich auf neun Linksammlungen - darauf zu überprüfen, ob sie zu dem ihm benannten, auf ihren Servern abgespeicherten Computerspiel führen. Soweit das Berufungsgericht meint, die meisten der genannten Linksammlungen seien konzeptionell nicht dazu geeignet, rechtsverletzende Inhalte aufzudecken, findet dies im Vortrag der Parteien keine Stütze. Soweit das Berufungsgericht seinem Urteil in diesem Zusammenhang das technische Verständnis seiner Mitglieder über die Funktionsweise der Linksammlungen zugrunde gelegt hat, hätte es - wie die Revision mit Erfolg rügt - den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Die Klägerin hätte dann unter Sachverständigenbeweis stellen können, dass es mittlerweile mit denselben Techniken, mit denen Suchmaschinen und interessierte Nutzer die Download-Links auffinden, möglich ist, automatisiert die Linksammlungen zu durchsuchen und die entsprechenden Hyperlinks aufzufinden. Dabei wäre insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der Antrag zu b) nur Hyperlinks mit dem Bestandteil „rapidshare.com/files“ erfasst.
39
Im Übrigen ist der Beklagten grundsätzlich auch eine manuelle Kontrolle jedenfalls einer einstelligen Zahl von Linksammlungen zuzumuten (vgl. OLG Köln, MMR 2007, 786, 788). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies von vornherein wenig erfolgversprechend wäre oder einen unzumutbaren Aufwand erforderte. Funktion der Linksammlungen ist es gerade, Interessenten mit Hilfe elektronischer Verweise (Links) zu Computerspielen zu führen, die zwar auf den Servern von File-Hosting-Diensten wie der Beklagten gespeichert sind, bei denen aber - um mögliche Wortfilter zu unterlaufen - der (vollständige) Titel des Computerspiels nicht angegeben ist. Die Linksammlungen müssen daher das jeweilige Computerspiel, auf das sich das Interesse richtet, möglichst eindeutig bezeichnen. Es geht also beim Antrag zu b) um Links, die zu den auf den Servern der Beklagten gespeicherten Dateien mit dem Spiel „Alone in the Dark“ führen, ohne dass dieser Titel im Dateinamen verwendet wird. Denn soweit der Dateiname die zusammenhängenden Wörter „Alone in the Dark“ enthält , kann die entsprechende Datei bereits mit Hilfe eines Wortfilters auf den Servern der Beklagten aufgefunden werden. Die Überprüfung der Linksammlungen durch manuelle Eingabe des Titels kann danach ein verhältnismäßig einfacher, der Beklagten zumutbarer Weg sein, auch diejenigen Dateien auf ih- ren Servern zu identifizieren, die zwar das Spiel „Alone in the Dark“ enthalten, mit dem üblichen Wortfilter aber nicht aufgefunden werden können.
40
Der Umstand, dass die Beklagte nicht Betreiberin der Linksammlungen ist, steht dem nicht entgegen. Denn es geht nicht darum, dort enthaltene Links zu löschen, die zu dem fraglichen Computerspiel führen. Vielmehr kann die Beklagte auf diese Weise auch die Dateien auf ihren Servern auffinden und löschen , die das fragliche Spiel enthalten, mit den herkömmlichen Wortfiltern aber wegen der Verwendung eines anderen Dateinamens nicht aufgefunden werden können. Einer Mitwirkung der Betreiber der Linksammlungen bedarf es dafür nicht.
41
Zu der Linksammlung „taringa.net“ enthält das Berufungsurteil im Übrigen keine Feststellungen, so dass offen ist, worauf die Zurückweisung des Antrags in diesem Punkt beruht.
42
5. Die Verneinung der Störerhaftung durch das Berufungsgericht hält somit rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
43
Die Anträge der Klägerin verfehlen allerdings die konkrete Verletzungsform. Denn mit der durch die Anträge zu a) und zu b) näher konkretisierten Formulierung, der Beklagten zu untersagen „das Computerspiel „Alone in the Dark“ im Internet, insbesondere über von der Beklagten betriebene Server für das Internetangebot www.rapidshare.com oder auf sonstige Weise vervielfältigen zu lassen oder öffentlich zugänglich zu machen“, knüpft der Unterlassungsantrag der Klägerin an eine täterschaftliche Haftung der Beklagten an. In Betracht kommt aber allein eine Störerhaftung. Das Berufungsgericht hätte der in erster Instanz erfolgreichen Klägerin daher nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gelegenheit zu einer sachdienlichen Antragstellung geben müssen, die sich auf den Tatbeitrag der Beklagten als Störerin, also auf das Bereithalten von Dateien mit dem Computerspiel „Alone in the Dark“ auf ihren Servern, bezieht.
44
6. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da der Beklagten Gelegenheit zur Stellung sachdienlicher Anträge zu geben ist und es auch weiterer Feststellungen zur Frage der Zumutbarkeit von Prüfmaßnahmen für die Beklagte und deren Verletzung bedarf, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
45
III. Für die neue Verhandlung vor dem Berufungsgericht weist der Senat noch auf Folgendes hin: Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Spiel der Klägerin durch einen Kopierschutz gesichert ist und wie dann gegebenenfalls der Anspruch der Käufer auf eine Sicherungskopie gemäß § 69d Abs. 2 UrhG erfüllt wird. Es ist deshalb für die Revisionsinstanz nicht auszuschließen, dass einzelne Nutzer in nach § 69d Abs. 2 UrhG zulässiger Weise eine Sicherungskopie des Spiels „Alone in the Dark“ - für die Beklagte nicht erkennbar - ausschließlich für ihre persönliche Verwendung auf Servern der Beklagten speichern. Selbst wenn die Beklagte aber nach Einsatz von Wortfilter und manueller Kontrolle der Treffer in einzelnen Fällen legale Sicherungskopien des Spiels löschen müsste, würde ihr dies die Erfüllung der Prüfpflicht nicht unzumutbar machen. Denn sie kann sich gegenüber ihren Nutzern vertraglich durch entsprechende Hinweise absichern. Die Nutzer, die über die Löschung der Datei informiert werden, werden dann in aller Regel ohne weiteres in anderer Weise für die Sicherung des Spiels Vorsorge treffen können. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf diese Weise auch die legale Nutzung des Angebots der Beklagten in geringem Umfang eingeschränktwird.
Eine solche Einschränkung wäre aber im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts hinzunehmen, solange das Geschäftsmodell der Beklagten dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.03.2010 - 12 O 40/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.12.2010 - I-20 U 59/10 -

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 9 4 / 1 3 Verkündet am:
19. März 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hotelbewertungsportal

a) Zwischen dem Betreiber eines Hotels und dem Anbieter eines Online-Reisebüros, das mit einem Hotelbewertungsportal
verknüpft ist, besteht im Hinblick auf den Betrieb des Hotelbewertungsportals ein
konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Zwischen der vorteilhaften Wirkung
des Hotelbewertungsportals für die Attraktivität des Online-Reisebüros und dem Absatznachteil,
der einem Hotelbetreiber aus einer im Bewertungsportal verzeichneten negativen Hotelbewertung zu
erwachsen droht, besteht eine für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses hinreichende
Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Wettbewerb des Online-Reisebüros gefördert und
derjenige des Hotelbetreibers beeinträchtigt werden kann.

b) Der Betreiber eines Hotelbewertungsportals macht sich erkennbar von Dritten in das Portal eingestellte
Äußerungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG als Tatsachenbehauptung zu Eigen, wenn er die Äußerungen
nicht inhaltlich-redaktionell aufbereitet oder ihren Wahrheitsgehalt überprüft, sondern die Anwendung
eines automatischen Wortfilters sowie ggf. eine anschließende manuelle Durchsicht lediglich
dem Zweck dienen, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßende Einträge (etwa Formalbeleidigungen
oder von Hotelbetreibern abgegebene Eigenbewertungen) von der Veröffentlichung auszuschließen.
Eine inhaltlich-redaktionelle Bearbeitung stellt es mangels inhaltlicher Einflussnahme nicht dar,
wenn die von Nutzern vergebenen "Noten" durch die Angabe von Durchschnittswerten oder einer
"Weiterempfehlungsrate" statistisch ausgewertet werden.

c) Durch die Aufnahme von Äußerungen Dritter in ein Hotelbewertungsportal werden fremde Tatsachenbehauptungen
nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG "verbreitet", sofern der Betreiber des Portals seine
neutrale Stellung nicht aufgibt und spezifische Prüfungspflichten nicht verletzt. Der Betreiber verlässt
seine neutrale Stellung nicht, wenn er Nutzerangaben statistisch auswertet oder einen Wortfilter sowie
ggf. eine manuelle Nachkontrolle einsetzt, um die Einhaltung der Nutzungsbedingungen sicherzustellen.
Spezifische Prüfungspflichten verletzt der Betreiber einer Internet-Bewertungsplattform erst, wenn
er - nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist - die betroffene Angabe nicht
unverzüglich sperrt und keine Vorsorge trifft, dass sie auch zukünftig unterbleibt.
BGH, Urteil vom 19. März 2015 - I ZR 94/13 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die
Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter
Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. April 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die in Berlin ein Hotel betreibt, das unmittelbar über ihre Internetseite gebucht werden kann, verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein Hotelbewertungsportal betreibt, auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage Unterlassung einer im Hotelbewertungsportal veröffentlichten Tatsachenbehauptung.
2
Auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten können Nutzer anonym ausformulierte Bewertungen abgeben und Hotels auf einer Skala zwischen eins und sechs bewerten. Diese Bewertungen durchlaufen eine Wortfiltersoftware, die Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelbetreibern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht.
Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und, sofern keine Beanstandungen bestehen, manuell freigegeben. Aus den Bewertungen der Nutzer berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte sowie eine Weiterempfehlungsrate.
3
Im Juli 2010 erhielt die Klägerin Kenntnis von einer im Hotelbewertungs- portal der Beklagten unter der Überschrift "Für 37,50 € pro Nacht gabs Bett- wanzen" veröffentlichten Bewertung einer Nutzerin mit den aus dem Klageantrag ersichtlichen Einzelangaben. Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, welche die Bewertung von ihrem Portal entfernte. Die verlangte Unterlassungserklärung gab sie nicht ab.
4
Die Klägerin hat behauptet, keine der in der Bewertung aufgestellten Tatsachenbehauptungen treffe zu. Sie hat gemeint, die Beklagte hafte uneingeschränkt auf Unterlassung der auf ihrem Bewertungsportal eingestellten geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, auf den von ihr betriebenen Internet-Hotel-Bewertungsportalen "H. " zu dem von der Klägerin betriebenen A. H. B. M. im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Folgendes zu behaupten und/oder die folgenden Behauptungen zu verbreiten:
a) die Matratze besteht aus ca. 4 cm Schaumstoff;
b) sauber war nur das Badezimmer;
c) die Zimmer beziehungsweise Betten waren mit Bettwanzen befallen;
d) eine Mitarbeiterin der Klägerin habe behauptet, dass dies schon mal vorkomme ;
e) die verseuchten Zimmer seien (erst) auf mehrmalige telefonische Nachfrage geschlossen worden;
f) das Zimmer sei mit einem Fernseher anno 91 ausgestattet gewesen;
g) das Fernsehgerät sei absichtlich schlecht befestigt, da bei Beschädigung 50 € gezahlt werden müssten; hilfsweise wie vorstehend, soweit die Aussagen zu Ziffer a) bis g) nicht erweislich wahr sind.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg (KG, WRP 2013, 1242). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin weiterhin die antragsgemäße Verurteilung der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


7
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Anschwärzung gemäß § 4 Nr. 8 UWG noch wegen der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht gemäß § 3 UWG zu. Hierzu hat es ausgeführt:
8
Das Vorhalten von Hotelbewertungen auf einer Internetseite, auf der auch die Dienstleistungen eines Reisebüros angeboten würden, stelle eine geschäftliche Handlung dar, mit der die Beklagte in Wettbewerb zu der Klägerin trete. Die Beklagte habe die beanstandeten Äußerungen aber weder selbst behauptet noch sich diese zu Eigen gemacht. Hierfür reiche nicht aus, dass die Beklagte im Internet ein Bewertungssystem installiert habe, die eingehenden Bewertungen zu einem Durchschnittswert und einer Weiterempfehlungsrate auswerte und dieses geschäftlich nutze. Die Beklagte verbreite auch keine Tatsachenbehauptungen , indem sie Nutzern die Möglichkeit eröffne, anonym Bewertungen zu veröffentlichen. Jedenfalls hafte die Beklagte nicht auf Unterlassung , weil sie sich auf die Haftungsbeschränkungen der § 10 Satz 1, § 7 Abs. 2 TMG berufen könne.
9
Die Beklagte habe auch keine wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten verletzt, selbst wenn sie im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schaffe. Der Beklagten dürften keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährdeten oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwerten. Das berechtigte Interesse der Klägerin an Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen könne nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten führen, jede Bewertung vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen.
10
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Unterlassung der beanstandeten Angaben verpflichtet ist.
11
I. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision nur auf einen selbständigen, durch Teil- oder Grundurteil abtrennbaren Teil des Rechtsstreits und nicht auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt oder auf ein einzelnes Entscheidungselement beschränkt werden (BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - I ZR 203/84, GRUR 1987, 63 = WRP 1987, 103 - Kfz-Preisgestaltung; Urteil vom 2. April 1998 - I ZR 1/96, GRUR 1998, 1052 = WRP 1998, 881 - Vitaminmangel , mwN). Die vom Berufungsgericht angeführten Zulassungsgründe betreffen den gesamten Klageanspruch und nicht einen abtrennbaren Teil, so dass das Berufungsurteil in vollem Umfang zur Nachprüfung steht, soweit es von der Revision angegriffen wird.
12
II. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte , die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 30. März 2006 - I ZR 24/03, BGHZ 167, 91 Rn. 20 - Arzneimittelwerbung im Internet), ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3 (nachfolgend LuGÜ II), das für die Europäische Union am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist (BGBl. I 2009 S. 2862; vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 14). Die Beklagte hat ihren Sitz in der Schweiz, einem Vertragsstaat des LuGÜ II, und wird wegen unerlaubter Wettbewerbshandlungen, die zu den unerlaubten Handlungen im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II zählen (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 131/12, GRUR 2014, 601 Rn. 16 = WRP 2014, 1400 - englischsprachige Pressemitteilung), in Anspruch genommen. Der "Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LuGÜ II liegt im Falle von Wettbewerbsverletzungen im Internet im Inland, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll (vgl. BGH, GRUR 2014, 601 Rn. 24 - englischsprachige Pressemitteilung). Der Internetauftritt der Beklagten richtet sich bestimmungsgemäß an inländische Kunden.
13
III. Die Klage ist unbegründet.
14
1. Die Revision wendet sich vergeblich gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte nicht gemäß §§ 3, 4 Nr. 8 UWG auf Unterlassung.
15
a) Anwendbar ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nach Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verord- nung) das deutsche Wettbewerbsrecht, weil nach Darlegung der Klägerin der aus dem beanstandeten Verhalten folgende Schaden - der Ansehensverlust des Unternehmens der Klägerin - in Deutschland eintritt. Die Parteien des Revisionsverfahrens erheben hiergegen keine Einwände.
16
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorhalten eines Portals mit Hotelbewertungen auf einer Internetseite, unter der auch die Dienstleistungen eines Reisebüros angeboten werden, eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und die Parteien Mitbewerber im Sinne der § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG sind (im Ergebnis ebenso LG Hamburg, WRP 2012, 94, 95 ff.; Schilling, GRUR-Prax 2012, 105, 106; Vonhoff, MMR 2012, 571, 572; aA Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 4.8 Rn. 8/10, § 6 Rn. 75, § 8 Rn. 135a). Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen. Sie lässt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen.
17
aa) Eine "geschäftliche Handlung" ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren und Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das von der Beklagten angebotene Hotelbewertungsportal dazu dient, ihr OnlineReisebüro bekannt zu machen und seine Attraktivität zu steigern. Die Einordnung als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unterliegt danach keinen Bedenken.
18
bb) Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
19
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein konkretes Wettbewerbsverhältnis gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (BGH, Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 241/03, BGHZ 168, 314 Rn. 14 - Kontaktanzeigen; Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 = WRP 2012, 201 Rn. 17 - Sportwetten im Internet II). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 158/82, BGHZ 93, 96, 97 f. - DIMPLE, mwN; Urteil vom 10. April 2014 - I ZR 43/13, GRUR 2014, 1114 = WRP 2014, 1307 Rn. 32 - nickelfrei). Nach der Rechtsprechung des Senats ist daher ein konkretes Wettbewerbsverhältnis anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH, GRUR 2014, 1114 Rn. 32 - nickelfrei).
20
(2) Nach diesen Maßstäben besteht zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Die Parteien versuchen zwar nicht gleichartige Dienstleistungen abzusetzen. Durch die Förderung des Absatzes der Dienstleistungen der Beklagten wird jedoch der Wettbewerb der Klägerin beeinträchtigt. Durch das Vorhalten von Bewertungen auf ihrem Hotelbewertungsportal sucht die Beklagte die Attraktivität ihres Online-Reisebüros zu erhöhen. Dagegen ist die Anzeige einer negativen Bewertung des Ho- tels der Klägerin auf dem Hotelbewertungsportal der Beklagten geeignet, den Absatz der Beherbergungsdienstleistung der Klägerin zu beeinträchtigen.
21
c) Nach dem Vortrag der Klägerin ist keine der angegriffenen Behauptungen wahr. Da das Berufungsgericht keine abweichenden Feststellungen getroffen hat, ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
22
d) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe die unwahren Tatsachen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG behauptet.
23
aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, die Beklagte habe mit den angegriffenen Äußerungen keine eigene Tatsachenbehauptung wiedergegeben, da diese von einer Nutzerin des Hotelbewertungsportals stammten.
24
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich die Beklagte die beanstandeten Äußerungen auch nicht zu Eigen gemacht hat. Das hält den Angriffen der Revision stand.
25
(1) Eine Behauptung im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG kann anzunehmen sein, wenn der Handelnde sich eine fremde Behauptung zu Eigen macht (vgl. zu § 824 BGB BGH, Urteil vom 20. Juni 1969 - VI ZR 234/67, NJW 1970, 187, 188 - Hormoncreme; zu § 186 StGB BGH, Urteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 18 f. - Polizeichef, mwN; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 824 Rn. 5; vgl. auch MünchKomm.UWG/Brammsen/Doehner, 2. Aufl., § 4 Nr. 8 Rn. 57). Im Bereich des Internets gehören zu den zur Nutzung bereitgehaltenen eigenen Informationen, für die Diensteanbieter - also natürliche oder juristische Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln (§ 2 Nr. 1 TMG) - gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich sind, auch solche fremden Informationen, die sich Diensteanbieter zu Eigen machen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - I ZR 102/05, GRUR 2008, 534 Rn. 20 = WRP 2008, 771 - ueber18.de). Der Betreiber einer Internet-Seite macht sich Inhalte zu Eigen, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremden Inhalten (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 Rn. 24, 27 = WRP 2010, 922 - marions-kochbuch.de; vgl. auch Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, GRUR 2009, 1093 Rn. 19 = WRP 2009, 1262 - Focus Online). Ob ein Zu-Eigen-Machen vorliegt, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen (BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 23 - marionskochbuch.de ; BGH, Urteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, GRUR 2012, 751 Rn. 11 - RSS-Feeds). Dafür, dass der Diensteanbieter sich die fremden Informationen zu Eigen gemacht hat, spricht, dass der Anbieter die von Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder auswählt oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet (vgl. BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 25 f. - marionskochbuch.de ; BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark; Urteil vom 19. Mai 2011 - I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 Rn. 15, 38 = WRP 2012, 77 - Coaching Newsletter; BGH, GRUR 2012, 751 Rn. 11 - RSS-Feeds; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 2.27; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn. 115a). Allerdings ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, GRUR 2009, 1093 Rn. 19 - Focus Online; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.27).
26
(2) Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte die beanstandeten Äußerungen nicht zu Eigen gemacht.
27
Einer Haftung der Beklagten steht zwar nicht entgegen, dass sie in ihren Nutzungsbedingungen erklärt, sich veröffentlichte Inhalte nicht zu Eigen machen zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1958 - I ZR 97/57, GRUR 1958, 448, 449 = WRP 1958, 208 - Blanko-Verordnung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.18; abweichend OLG Stuttgart, MMR 2014, 203, 204). Durch eine solche salvatorische Klausel kann der Diensteanbieter eine Haftung nicht ausschließen, wenn er sich nach den Gesamtumständen die fremde Information zu Eigen macht.
28
Jedoch ist bei einer Würdigung sämtlicher Umstände aus Sicht eines verständigen Internetnutzers die Annahme fernliegend, die Beklagte wolle sich die beanstandeten Äußerungen zu Eigen machen (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, MMR 2014, 203, 204; LG Berlin, Urteil vom 27. Oktober 2009 - 27 O 536/09, juris Rn. 42; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn. 8/14a, § 8 Rn. 115a; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.9a; aA LG Hamburg, WRP 2012, 94, 96 f.; Vonhoff, MMR 2012, 571, 572). Inhalt und Gestaltung des Bewertungsportals der Beklagten erwecken nicht den Eindruck, die Beklagte identifiziere sich mit den veröffentlichten Angaben Dritter. Dass die Beklagte eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf ihrem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt, ist weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, die - im Gegenteil - gerade die unzureichende Überprüfung vor einer Veröffentlichung im Internet beanstandet. Die statistische Auswertung zu bestimmten Durchschnittswerten und einer Weiterempfehlungsrate ist nicht mit einer inhaltlich-redaktionellen Kontrolle vergleichbar , da die Beklagte dadurch keinen Einfluss auf den Inhalt der Bewertungen ihrer Nutzer nimmt. Entsprechendes gilt für die der Veröffentlichung vorgeschal- tete Prüfung eingehender Bewertungen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist deren automatische Überprüfung durch einen Wortfilter darauf ausgerichtet, Formalbeleidigungen oder unzulässige Eigenbewertungen zu finden. Bei der sich gegebenenfalls anschließenden manuellen Durchsicht erfolgt keine inhaltliche Kontrolle der Bewertungen auf Richtigkeit, sondern lediglich eine weitere Überprüfung auf Einhaltung der Nutzungsbedingungen und etwaiger eigener Rechtspflichten.
29
e) Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die beanstandeten Behauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG verbreitet hat. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, eine Verbreitungshandlung liege darin, dass die Beklagte den Nutzern ihres Bewertungsportals durch die Freigabe der streitgegenständlichen Äußerungen die Möglichkeit der inhaltlichen Kenntnisnahme verschafft habe.
30
aa) Nach der zu § 14 UWG aF ergangenen Rechtsprechung des Senats verbreitet eine fremde Tatsachenbehauptung, wer diese weitergibt und so Dritten die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der Behauptung Kenntnis zu nehmen; nicht erforderlich ist es, dass die verbreitende Person sich die Tatsachenbehauptung zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 - I ZR 75/93, GRUR 1995, 427, 428 = WRP 1995, 494; vgl. zu § 14 UWG aF auch BGH, GRUR 1958, 448, 449 - Blanko-Verordnungen; ebenso zu § 4 Nr. 8 UWG Brammsen/Doehner in MünchKomm.UWG aaO § 4 Nr. 8 Rn. 57; Bruhn in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 8 Rn. 25; Fezer/Nordemann, UWG, 2. Aufl., § 4-8 Rn. 45; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.18; GK-UWG/ Toussaint, 2. Aufl., § 4 Nr. 8 Rn. 57; abweichend Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4.8 Rn. 8/14).
31
Im Falle der Weitergabe von Tatsachenbehauptungen über ein Bewertungsportal im Internet muss der weite Begriff des Verbreitens eingeschränkt werden. Der Betreiber eines Internet-Bewertungsportals könnte einer Verbreitungshaftung ansonsten nur durch eine umfassende inhaltliche Überprüfung der von Nutzern in das Portal eingestellten Beiträge vor deren Veröffentlichung entgehen. Der Annahme einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten fremden Daten steht jedoch § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Danach ist es dem Betreiber eines Bewertungsportals grundsätzlich nicht zuzumuten, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Nicht ausgeschlossen sind hingegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereitgestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 40 = WRP 2011, 881 - Sedo). Diese vom Senat aufgestellten Grundsätze stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff., 139, 144 = WRP 2011, 1129 - L'Oréal/ eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 36 ff. - Scarlet/SABAM; Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 34 ff. = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Tatbestands des § 4 Nr. 8 UWG, so dass ein Verbreiten von Tatsachenbehauptungen im Sinne dieser Vorschrift im Falle des Betreibers eines InternetBewertungsportals nur angenommen werden kann, wenn spezifische Überwachungspflichten verletzt werden.
32
bb) Bei Anwendung der vorstehenden Maßstäbe hat die Beklagte die beanstandeten Tatsachenbehauptungen nicht im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG verbreitet.
33
(1) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG. Die von ihr gespeicherten Daten sind keine eigenen Informationen der Beklagten, die sie zur Nutzung durch Dritte bereithält und für die sie gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich ist, sondern vielmehr fremde Informationen im Sinne des § 10 Satz 1 TMG (s.o. Rn. 23).
34
(2) Die im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG einschränkende Auslegung des § 4 Nr. 8 UWG kommt im Falle eines Internet-Bewertungsportals allerdings nur in Betracht, wenn dessen Betreiber sich darauf beschränkt, seinen Dienst mittels rein technischer und automatischer Verarbeitung der von seinen Kunden eingegebenen Daten neutral zu erbringen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, Slg. 2010, I-2417 = GRUR 2010, 445 Rn. 114, 120 - Google und Google France; EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff. - L’Oréal/eBay). Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt er eine aktive Rolle, die ihm eine Kenntnis von bestimmten Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte, kann eine Haftung nach § 4 Nr. 8 UWG gerechtfertigt sein (vgl. zu § 7 Abs. 2 TMG BGHZ 191, 19 Rn. 23 - Stiftparfüm).

35
Die Beklagte hat keine aktive Rolle hinsichtlich der Veröffentlichung der beanstandeten unwahren Tatsachenbehauptungen auf ihrem Portal eingenommen. Dass die Beklagte zur Förderung bestimmter Hotelbetriebe selbst eine Auswahl der veröffentlichten Bewertungen vorgenommen hätte, hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht. Die statistische Auswertung von Bewertungen sowie der Einsatz eines Wortfilters zum Auffinden von rechtsverletzenden Inhalten und die nach Ansprechen des Wortfilters vorgenommene Überprüfung der Beiträge durch Mitarbeiter der Beklagten begründet ebenfalls keine aktive Rolle der Beklagten, weil eine über die Aussonderung gegen die Nutzungsbedingungen verstoßender Beiträge hinausgehende inhaltliche Einflussnahme nicht erfolgt (vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 8.9, § 8 Rn. 2.28; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 8 Rn. 135a). Durch die bei Ansprechen des automatischen Wortfilters von der Beklagten vorgenommene manuelle Durchsicht von Äußerungen der Nutzer verlässt die Beklagte ihre neutrale Position nicht, weil sie hierdurch keine Kenntnis von der etwaigen Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung erlangt.
36
(3) Die Beklagte hat vorliegend keine spezifische Überwachungspflicht verletzt. Die Bestimmung der im Falle eines Internet-Bewertungsportals anwendbaren spezifischen Überwachungspflicht richtet sich danach, ob und inwieweit dem Betreiber nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 37 - Sedo). Hierbei ist zu berücksichtigen, ob die Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher oder tatsächlicher Prüfung festgestellt werden kann (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 316 = WRP 1997, 325 - Architekten- wettbewerb; BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 39 ff. = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet I) oder ob sie für den Betreiber offenkundig oder unschwer zu erkennen ist (BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 46 - Internetversteigerung II). Für eine erhöhte Prüfungspflicht spricht es, wenn der Betreiber bei seiner Tätigkeit Rechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet oder sie durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 44 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 79/12, ZUM-RD 2013, 565 Rn. 31 - Prüfpflichten).
37
Die Beklagte geht - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - als Diensteanbieter einer mit der Rechtsordnung grundsätzlich in Einklang stehenden Geschäftstätigkeit nach. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, dass die Beklagte im Hinblick auf die Rechte der betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenlage schafft, wenn sie Internetnutzern die Möglichkeit bietet, sich unter einem Pseudonym wertend über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Zu Recht hat jedoch das Berufungsgericht angenommen, dass auch unter Berücksichtigung dieser Umstände der Beklagten keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden dürfen, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdeten oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschwerten (vgl. BGHZ 172, 119 Rn. 147 - Internetversteigerung II; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2011, 617 Rn. 45 - Sedo; BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Das Interesse der Klägerin am Schutz vor unwahren geschäftsschädigenden Tatsachenbehauptungen könnte nur durch eine vollständige inhaltliche Kontrolle durch Mitarbeiter der Beklagten gewahrt werden, die der Beklagten unzumutbar wäre. Erst, wenn der Betreiber einer Internethandels- oder Bewertungsplattform auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wird, muss er nicht nur das konkrete Angebot oder die konkrete Bewertung unverzüglich sper- ren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 191, 19 Rn. 21, 39 - Stiftparfüm).
38
(4) Tatsachenbehauptungen werden mithin erst im Sinne des § 4 Nr. 8 UWG über ein Internetportal verbreitet, wenn der Betreiber vom Vorliegen einer klaren Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt hat. Weil die Beklagte die beanstandete Bewertung, von deren Rechtswidrigkeit sie zuvor keine Kenntnis hatte, nach Eingang der Abmahnung endgültig entfernt hat, liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 UWG nicht vor.
39
2. Hatte die Beklagte im Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Kenntnis von dem rechtsverletzenden Inhalt der beanstandeten Äußerungen, kommt auch eine Gehilfenhaftung, die neben einer objektiven Haupttat zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat und das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraussetzt (BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 250 - Internet-Versteigerung I; BGHZ 172, 119 Rn. 31 - Internet -Versteigerung II), nicht in Betracht. Allein das Bewusstsein, dass möglicherweise fremde Informationen auf dem Bewertungsportal die Rechte Dritter verletzen , genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, BGHZ 180, 134 Rn. 14 - Halzband).
40
3. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Beklagten wegen der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten verneint.
41
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte im Hinblick auf die betroffenen Tourismusunternehmen eine besondere Gefahrenquelle schafft, wenn sie Internetnutzern die Möglichkeit bietet, sich anonym wertend über diese Unternehmen und ihre Leistungen zu äußern. Die Grenze zu- mutbarer Überwachungspflichten sei aber erreicht, wenn - wie vorliegend - keine Merkmale vorhanden seien, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eigneten. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Allerdings kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Zumutbarkeit eines Suchsystems im Streitfall nicht weiter an, da es bereits an einer für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr fehlt.
42
b) Der Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internetplattformen konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht insbesondere als Prüfungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 21 f. - Geschäftsführerhaftung , mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, jeden fremden Inhalt vor der Zugänglichmachung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen (oben Rn. 31). Erst der Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung verpflichtet den Betreiber zur unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots oder der konkreten Bewertung und zur Vorsorge gegen zukünftige derartige Rechtsverletzungen. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des nicht zur präventiven Kontrolle verpflichteten Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder; BGHZ 191, 19 Rn. 21, 39 - Stiftparfüm; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 24 - Blog-Eintrag, jeweils mwN). In derjenigen Handlung, die Gegenstand einer Abmahnung oder sonstigen Mitteilung ist, mit der der Betreiber der Internet -Plattform erstmalig Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt, liegt also keine Verletzungshandlung, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Verletzungsunterlassungsanspruchs begründet. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (vgl. BGHZ 173, 188 Rn. 53 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 191, 19 Rn. 39 - Stiftparfüm; BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 45 - File-Hosting-Dienst). Hieran fehlt es im Streitfall, weil die Beklagte die beanstandete Bewertung nach Eingang der Abmahnung entfernt hat.
43
c) Es liegt auch keine Erstbegehungsgefahr vor. Umstände, die den Schluss rechtfertigen könnten, die Beklagte werde künftig nicht gegen ihr zur Kenntnis gebrachte rechtsverletzende Inhalte vorgehen, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BGHZ 191, 19 Rn. 44 f. - Stiftparfüm ).
44
IV. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Richter am BGH Prof. Dr. Koch Löffler ist in Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Büscher
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 16.02.2012 - 52 O 159/11 -
KG Berlin, Entscheidung vom 16.04.2013 - 5 U 63/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 269/12 Verkündet am:
14. Mai 2013
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004

a) Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion
auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender
Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch
, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten
voraus.

b) Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der
rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt.

c) Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines
Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige
Verletzungen zu verhindern.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Mai 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, die im Internet über ein "Network -Marketing-System" Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika vertreibt, sowie der Kläger zu 2, ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, machen gegen die Beklagte mit Sitz in den USA, die unter der Internetadresse "www.google.de" eine Internet-Suchmaschine betreibt, Unterlassungs- und Geldentschädigungsansprüche geltend. Durch Eingabe von Suchbegriffen in die Suchmaschine der Beklagten können Nutzer über eine angezeigte Trefferliste auf von Dritten ins Internet eingestellte Inhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine "Autocomplete"-Funktion in ihre Suchmaschine inte- griert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer während der Eingabe seiner Suchbegriffe variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben in einem sich daraufhin öffnenden Fenster automatisch verschiedene Suchvorschläge ("predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die im Rahmen dieser Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
2
Der Kläger zu 2 stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens R.S. in dem sich im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "R.S. (voller Name) Scientology" und "R.S. (voller Name) Betrug" erschienen. Dadurch sehen sich die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Sie haben u.a. behauptet, der Kläger stehe weder in irgendeinem Zusammenhang mit Scientology noch sei ihm ein Betrug vorzuwerfen noch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. In keinem einzigen Suchergebnis sei eine Verbindung zwischen dem Kläger und "Scientology" bzw. "Betrug" ersichtlich.
3
Die Kläger haben zunächst im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung vom 12. Mai 2010 erwirkt, durch die der Beklagten untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2 als Suchbegriff im Rahmen der "Autocomplete"-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Nach der Zustellung der Beschlussverfügung an die damalige administrative Ansprechpartnerin der Beklagten in Deutschland am 27. Mai 2010 erschienen die beanstandeten Ergänzungsvorschläge nicht mehr. Die Beklagte hat eine Abschlusserklärung verweigert. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren verlangen die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungsbegehren hinaus Ersatz vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten und der Kläger zu 2 zusätzlich die Zahlung einer Geldentschädigung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht (Urteil veröffentlicht u.a. in GRUR-RR 2012, 486 und ZUM 2012, 987 m. Anm. Seitz) hat sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht. Es hat jedoch die Klage nicht als begründet erachtet, weil den automatisierten Suchergänzungsvorschlägen in der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe des Namens des Klägers zu 2 kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Die angezeigten Suchergänzungsbegriffe "R.S. Scientology" und "R.S. Betrug" enthielten keine (eigene) Aussage der Beklagten mit dem Inhalt, dass R.S. Mitglied bei Scientology sei oder dieser Sekte zumindest positiv gegenüberstehe oder Täter oder Teilnehmer eines Betruges sei. Es begegne bereits Zweifeln, ob den Begriffskombinationen überhaupt eine solche Konnotation bzw. ein insofern aus sich heraus verständlicher Sinngehalt beigemessen werden könne. Letztlich könne dies indessen offenbleiben, da es nach dem Erfahrungshorizont der Nutzer der Suchmaschine der Beklagten fernliege, die streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe als Äußerungen zu verstehen, mit denen inhaltliche Bezüge zwischen dem eingegebenen Suchbegriff und den dazu angezeigten Ergänzungsvorschlägen durch die Beklagte hergestellt würden. Eine hiervon abweichende Würdigung ergebe sich weder aus den von den Klägern vorgebrachten Manipu- lationsversuchen noch aus Presseberichterstattungen über ähnliche Vorgänge noch aus den Ergebnissen der von den Klägern zur Akte gereichten Verkehrsbefragung. Ein Anlass für die von den Klägern beantragte Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens bestehe nicht, da die Mitglieder des erkennenden Senats zu dem angesprochenen Adressatenkreis, nämlich dem unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten der streitgegenständlichen Ergänzungssuchbegriffe, gehörten. Aus Sicht eines solchen Durchschnittsrezipienten lasse sich der Anzeige der Ergänzungssuchbegriffe lediglich die eigene Aussage der Suchmaschine der Beklagten entnehmen , dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben hätten oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten jeweils als solche auffinden ließen. Diese Aussage sei wahr und daher von den Klägern hinzunehmen.

II.

5
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
1. Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht die Klage für zulässig erachtet.
7
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in entsprechender Anwendung des § 32 ZPO bejaht. Zwar genügt es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des § 32 ZPO nicht, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Interessen im Inland hat; erforderlich ist vielmehr, dass die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts andererseits - nach den Umständen des konkreten Falles, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung , im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann (vgl. Senatsurteile vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10, NJW 2011, 2059 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben, da eine Kenntnisnahme der beanstandeten Suchergänzungsvorschläge im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall wäre und die von den Klägern geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme der Suchergänzungsvorschläge auch im Inland eintreten würde. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit entsprechend § 39 ZPO auch aufgrund rügeloser Einlassung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 280/86, BGHZ 101, 296, 301).
8
b) Das Berufungsgericht hat den - auch die alternative Verwendung der streitgegenständlichen Ergänzungsbegriffe umfassenden - Unterlassungsantrag für hinreichend bestimmt angesehen im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das nimmt die Revision als ihr günstig hin und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken.
9
2. Die Begründetheit der Klage kann jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht verneint werden.
10
a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus uner- laubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Von dieser Möglichkeit haben die Kläger im Streitfall Gebrauch gemacht. Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier wird die Achtung des in Deutschland wohnhaften Klägers zu 2 bzw. der Klägerin zu 1 mit Sitz in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 31 - auch zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-Verordnung (Rn. 22) und zu § 3 TMG als sachlichrechtliches Beschränkungsverbot (Rn. 30)).
11
b) Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Kläger entsprechend §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Artt. 1, 2 GG gegen die Beklagte als Betreiberin der Internet-Suchmaschine rechtsfehlerhaft verneint.
12
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beinhalten die Suchwortergänzungsvorschläge "Scientology" und "Betrug" bei Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers zu 2 in die Internet-Suchmaschine der Beklagten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger, da ihnen ein verletzender Aussagegehalt innewohnt.
13
(1) Der mit dem Begriff "Scientology" in Verbindung mit dem Namen einer real existierenden Person zum Ausdruck gebrachte Sinngehalt lässt sich - wie schon das Berufungsgericht in Betracht gezogen hat - hinreichend dahin spezifizieren, dass zwischen dieser Sekte, zu der im Verkehr nicht zuletzt durch eine vorangegangene Medienberichterstattung konkrete Vorstellungen existieren , und der namentlich erwähnten Person eine Verbindung besteht. Diese Verbindung ist geeignet, eine aus sich heraus aussagekräftige Vorstellung hervorzurufen.
14
(2) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es dem Begriff des Betrugs eine inhaltliche Aussagekraft mit der Begründung absprechen will, dass mit diesem Begriff ein vielfältiges, unspezifisches Bedeutungsspektrum verbunden sei. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums (vgl. BVerfGE 93, 266, 295). Zwar mag es zutreffen, dass von einem durchschnittlichen Internetnutzer unter "Betrug" nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes verstanden werden muss. Jedoch verbindet der Durchschnittsleser mit der Verwendung diesesBegriffes zumindest ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen und verleiht ihm damit einen hinreichend konkreten Aussagegehalt (vgl. BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42).
15
(3) Das Berufungsgericht hat den von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen lediglich die Aussage entnommen, dass andere vorherige Nutzer die gewählten Begriffskombinationen zur Recherche eingegeben haben oder dass sich die Ergänzungssuchbegriffe in verlinkten Drittinhalten auffinden lassen (vgl. auch Härting K & R 2012, 633; Heckmann AnwZert ITR 18/2012 Anm. 1; Brosch AnwZert ITR 20/2012 Anm. 2; a.A. Weltig MMR 2011 Nr. 12 V f.; Seitz ZUM 2012, 994, 995 f.; s. auch Meyer K & R 2013, 221, 225 f. mwN auch zur Rechtsprechung ausländischer Gerichte ). Dem vermag der Senat nicht beizutreten.
16
Der mittels der Suchmaschine der Beklagten nach Informationen forschende Internetnutzer erwartet von den ihm nach der Eingabe des Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschlägen durchaus einen inhaltlichen Bezug zu dem von ihm verwandten Suchbegriff, hält ihn jedenfalls für möglich. Aus dem "Ozean von Daten" werden dem suchenden Internetnutzer von der Suchmaschine der Beklagten nicht x-beliebige ergänzende Suchvorschläge präsentiert, die nur zufällig "Treffer" liefern. Die Suchmaschine ist, um für Internetnutzer möglichst attraktiv zu sein - und damit den gewerblichen Kunden der Beklagten ein möglichst großes Publikum zu eröffnen - auf inhaltlich weiterführende ergänzende Suchvorschläge angelegt. Das algorithmusgesteuerte Suchprogramm bezieht die schon gestellten Suchanfragen ein und präsentiert dem Internetnutzer als Ergänzungsvorschläge die Wortkombinationen, die zu dem fraglichen Suchbegriff am häufigsten eingegeben worden waren. Das geschieht in der - in der Praxis oft bestätigten - Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen - je häufiger desto eher - dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln. Diese Erwartung hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des Aussagegehalts der von der Suchmaschine der Beklagten angezeigten Ergänzungssuchvorschläge nicht berücksichtigt. Sie führt im Streitfall dazu, dass den bei Eingabe von Vor- und Zuname des Klägers zu 2 "automatisch" angezeigten Ergänzungssuchvorschlägen "r. s. scientology" und "r. s. betrug" die Aussage zu entnehmen ist, zwischen dem Kläger zu 2 und den - negativ konnotierten - Begriffen "Scientology" und/oder "Betrug" bestehe ein sachlicher Zusammenhang.
17
bb) Diese Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Kläger ist der Beklagten auch unmittelbar zuzurechnen. Sie hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Beklagten und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Beklagten im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr.
18
c) Daraus folgt allerdings noch nicht, dass die Beklagte für jede Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch Suchvorschläge haftet.
19
aa) Zwar ist die Beklagte nicht bereits nach § 10 Telemediengesetz (künftig: TMG) von der Verantwortlichkeit für den Inhalt der von ihr betriebenen Website befreit.
20
Das Berufungsgericht hat die Beklagte zutreffend als Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) qualifiziert, der eigene Informationen zur Nutzung bereit hält und deshalb gemäß § 7 Abs. 1 TMG nach den allgemeinen Gesetzen - mithin auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB - verantwortlich ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328 Rn. 13 f. s. auch Heckmann , aaO; a.A. Brosch, aaO). Die Kläger nehmen die Beklagte nicht wegen der Durchleitung, Zwischenspeicherung oder Speicherung fremder Informationen , sondern wegen einer eigenen Information in Anspruch, konkret wegen der als Ergebnisse ihres Autocomplete-Hilfsprogramms dem Nutzer ihrer InternetSuchmaschine angezeigten Suchwortergänzungsvorschläge. Es geht mithin um einen von der Suchmaschine der Beklagten angebotenen "eigenen" Inhalt und nicht um das Zugänglichmachen und/oder Präsentieren von Fremdinhalten, für die der Diensteanbieter gemäß §§ 8 bis 10 TMG nur eingeschränkt verantwortlich ist.
21
bb) Es bedarf aber wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Se- natsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; BVerfGE 114, 339, 348 mwN; 120, 180, 200 f.; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 20 ff. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II und vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).
22
cc) Danach sind das Interesse der Kläger am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte einerseits und die durch Artt. 2, 5 Abs. 1 und 14 GG geschützten Interessen der Beklagten auf Meinungs- und wirtschaftliche Handlungsfreiheit andererseits abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Suchmaschinenfunktion zwar in ihrem eigenen geschäftlichen Interesse in der beschriebenen Weise betreibt, um Nutzer wegen der Effektivität der Suche an sich zu binden. Doch ziehen die Nutzer ihrerseits daraus den Vorteil einer begriffsorientierten Suche nach Daten und Informationen. Auch die Kläger wenden sich nicht dagegen, dass mittels der Suchmaschine persönliche Daten, wie der Name des Klägers zu 2 und sein Bezug zur Klägerin zu 1, aufgefunden werden können. Auf Seiten der Kläger ist für die Abwägung entscheidend, dass die verknüpften Begriffe einen unwahren Aussagegehalt haben, weil der Kläger zu 2 - wovon nach dem Vortrag der Kläger revisionsrechtlich auszugehen ist - weder in Verbindung mit einem Betrug gebracht werden kann noch Scientology angehört oder auch nur nahe steht. Äußerungen von unwahren Tatsachen müssen nicht hingenommen werden (vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 37; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, VersR 2013, 63, Rn. 12, jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 62 mwN; NJW 2012, 1500 Rn. 39).
23
d) Ist mithin nach den vorstehenden Grundsätzen davon auszugehen, dass die beanstandeten Suchwortergänzungsvorschläge das Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzen, kann eine Haftung der Beklagten als Störerin nicht von vornherein verneint werden.
24
aa) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre (vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, VersR 1986, 1075, 1076; vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 524). Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417 Rn. 13, vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO mwN; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff.; Diederichsen, FS Müller, 2009 S. 507, 523).
25
bb) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte deshalb uneingeschränkt und unabhängig von Zumutbarkeitsgesichtspunkten haftet. Denn nach den besonderen Umständen des Streitfalles liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen.
26
(1) Das Entwickeln und die Verwendung der die Suchvorschläge erarbeitenden Software ist der Beklagten nicht vorzuwerfen; hierbei handelt es sich vielmehr um eine durch Artt. 2, 14 GG geschützte wirtschaftliche Tätigkeit. Das Suchmaschinenangebot der Beklagten zielt auch nicht von vornherein auf eine Rechtsverletzung durch eine gegen eine bestimmte Person gerichtete unwahre Tatsachenbehauptung ab. Nur durch das Hinzutreten eines bestimmten Nutzerverhaltens können ehrverletzende Begriffsverbindungen entstehen. Die Tätigkeit der Beklagten ist andererseits aber nicht nur rein technischer, automatischer und passiver Art (anders liegen die Fälle: Google France/Louis Vuitton EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, NJW 2010, 2029 Rn. 114 und BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 39 - Vorschaubilder - jeweils zum Hostprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG). Sie ist nicht ausschließlich beschränkt auf die Bereitstellung von Informationen für den Zugriff durch Dritte. Die Beklagte verarbeitet vielmehr die Abfragedaten der Nutzer in einem eigenen Programm, das Begriffsverbindungen bildet. Für deren Angebot in Form eigener Suchvorschläge ist die Beklagte grundsätzlich aufgrund der ihr zuzurechnenden Erarbeitung verantwortlich. Der Beklagten kann deshalb grundsätzlich nur vorgeworfen werden , keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen zu haben, um zu verhindern, dass die von der Software generierten Suchvorschläge Rechte Dritter verletzen.
27
(2) Bei Beeinträchtigungen, die eine pflichtwidrige Unterlassung als (Mit-) Ursache haben, ist zur Vermeidung einer zu weitgehenden Haftung eine fallweise wertende Betrachtung erforderlich. Die Verantwortlichkeit des Unterlassenden wird durch die Kriterien der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsverhinderung begrenzt.
28
Dabei kann sich die Möglichkeit der Beseitigung einer Beeinträchtigung daraus ergeben, dass der Betroffene die Quelle der Störung beherrscht oder Einfluss auf jemanden nehmen kann, der zur Beendigung der Beeinträchtigung in der Lage ist (Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 120). Ist dies der Fall, kann für die Zumutbarkeit der Beseitigung der Beeinträchtigung eine dem Betroffenen obliegende Überwachungspflicht von Bedeutung sein (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 108 f.).
29
Voraussetzung einer Haftung des Betreibers einer Suchmaschine mit entsprechender Hilfsfunktion ist daher ebenso wie bei der Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219) eine Verletzung von Prüfungspflichten. Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 38; vom 10. Oktober 1996 - I ZR 129/94, NJW 1997, 2180, 2181 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 - Internetversteigerung I, vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 9 ff., jeweils mwN).
30
Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet , die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer InternetSuchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
31
3. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - eine rechtliche Würdigung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Prüfungspflichten ebenso wenig vorgenommen wie unter dem Gesichtspunkt des - nur in engen Grenzen zu gewährenden (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, VersR 2012, 630 Rn. 15 mwN) - Anspruchs auf Geldentschädigung und des Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dies wird es nachzuholen haben. Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.10.2011 - 28 O 116/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.05.2012 - 15 U 199/11 -

Im Sinne dieses Gesetzes

1.
ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt,
2.
ist niedergelassener Diensteanbieter jeder Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig anbietet oder erbringt; der Standort der technischen Einrichtung allein begründet keine Niederlassung des Anbieters,
2a.
ist drahtloses lokales Netzwerk ein Drahtloszugangssystem mit geringer Leistung und geringer Reichweite sowie mit geringem Störungsrisiko für weitere, von anderen Nutzern in unmittelbarer Nähe installierte Systeme dieser Art, welches nicht exklusive Grundfrequenzen nutzt,
3.
ist Nutzer jede natürliche oder juristische Person, die Telemedien nutzt, insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu machen,
4.
sind Verteildienste Telemedien, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuelle Anforderung gleichzeitig für eine unbegrenzte Anzahl von Nutzern erbracht werden,
5.
ist kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt; die Übermittlung der folgenden Angaben stellt als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar:
a)
Angaben, die unmittelbaren Zugang zur Tätigkeit des Unternehmens oder der Organisation oder Person ermöglichen, wie insbesondere ein Domain-Name oder eine Adresse der elektronischen Post,
b)
Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden; dies umfasst auch solche unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung oder sonstige Vorteile von natürlichen Personen gemachten Angaben, die eine unmittelbare Verbindung zu einem Nutzerkonto von weiteren natürlichen Personen bei Diensteanbietern ermöglichen,
6.
sind audiovisuelle Mediendienste
a)
audiovisuelle Mediendienste auf Abruf und
b)
die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation,
7.
ist audiovisueller Mediendiensteanbieter ein Anbieter von audiovisuellen Mediendiensten,
8.
sind audiovisuelle Mediendienste auf Abruf nichtlineare audiovisuelle Mediendienste, bei denen der Hauptzweck des Dienstes oder eines trennbaren Teils des Dienstes darin besteht, unter der redaktionellen Verantwortung eines audiovisuellen Mediendiensteanbieters der Allgemeinheit Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung zum individuellen Abruf zu einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt bereitzustellen,
9.
ist audiovisuelle kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation mit Bildern mit oder ohne Ton, die einer Sendung oder einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder gegen eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten ist, wenn die Kommunikation der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder der Förderung des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dient, einschließlich Sponsoring und Produktplatzierung,
10.
sind Videosharingplattform-Dienste
a)
Telemedien, bei denen der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos, für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit bereitzustellen, wobei der Diensteanbieter die Organisation der Sendungen und der nutzergenerierten Videos, auch mit automatischen Mitteln, bestimmt,
b)
trennbare Teile von Telemedien, wenn für den trennbaren Teil der in Buchstabe a genannte Hauptzweck vorliegt,
11.
ist Videosharingplattform-Anbieter ein Diensteanbieter, der Videosharingplattform-Dienste betreibt,
12.
ist redaktionelle Verantwortung die Ausübung einer wirksamen Kontrolle hinsichtlich der Zusammenstellung der Sendungen und ihrer Bereitstellung mittels eines Katalogs,
13.
ist Sendung eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge Einzelbestandteil eines von einem Diensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist,
14.
ist nutzergeneriertes Video eine von einem Nutzer erstellte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge einen Einzelbestandteil darstellt und die von diesem oder einem anderen Nutzer auf einen Videosharingplattform-Dienst hochgeladen wird,
15.
ist Mitgliedstaat jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union und jeder andere Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, für den die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1; L 263 vom 6.10.2010, S. 15), die durch die Richtlinie (EU) 2018/1808 (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 69) geändert worden ist, gilt,
16.
ist Drittstaat jeder Staat, der nicht Mitgliedstaat ist,
17.
ist Mutterunternehmen ein Unternehmen, das ein oder mehrere Tochterunternehmen kontrolliert,
18.
ist Tochterunternehmen ein Unternehmen, das unmittelbar oder mittelbar von einem Mutterunternehmen kontrolliert wird,
19.
ist Gruppe die Gesamtheit von Mutterunternehmen, allen seinen Tochterunternehmen und allen anderen mit dem Mutterunternehmen und seinen Tochterunternehmen wirtschaftlich und rechtlich verbundenen Unternehmen.
Einer juristischen Person steht eine Personengesellschaft gleich, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 3/14 Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR3.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 21. November 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Klägerin, ein wirtschaftlicher Verein mit Rechtsfähigkeit kraft staatlicher Verleihung, ist die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft für die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an geschützten Werken der Musik. Die Beklagte ist das größte deutsche Telekommunikationsunternehmen. Sie betrieb bis zum 1. April 2010 ein Telefonnetz, über das ihre Kunden Zugang zum Internet erlangen konnten. Seither betreibt das Telefonnetz die mit der Beklagten konzernrechtlich verbundene D. T. GmbH. In ihrer Funktion als AccessProvider vermittelte die Beklagte ihren Kunden bis dahin auch den Zugang zu dem Internetdienst "3. ".
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Mit Anwaltsschreiben vom 25. August 2008 ließ die Klägerin die Beklagte auffordern, zukünftig das ihrer Ansicht nach urheberrechtsverletzende öffentliche Zugänglichmachen der im Klageantrag bezeichneten Musikwerke zu ver- ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR3.14.0 hindern. Dazu sollte die Beklagte den Zugriff auf bei "3. " vorhandene elektronische Verweise (Links) zu diesen Musikwerken unterbinden. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 27. August 2008 ab.
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Die Klägerin hat vorgetragen, am 21. August 2008 und nach Ablehnung einer Sperrung durch die Beklagte am 27. August 2008 sei über einen von der Beklagten bereitgestellten Internetanschluss auf der Webseite "3. " eine Liste von Links abrufbar gewesen, die das Herunterladen der im Klageantrag bezeichneten, widerrechtlich im Internet bereitgestellten Musikstücke ermöglicht hätten. Der Inhalt des - mittlerweile unstreitig eingestellten - Dienstes "3. " habe im Wesentlichen aus Sammlungen von Hyperlinks und URLs (Uniform Resource Locator) zu Kopien urheberrechtlich geschützter Werke bestanden, die bei Sharehostern wie "RapidShare", "Netload" oder "Uploaded" widerrechtlich hochgeladen worden seien. Diese Sharehoster ermöglichten es ihren Nutzern , über ihre Webseiten beliebige Daten anonym hochzuladen. Der hochladende Nutzer erhalte einen Link zum Download mit der URL, mit der er die Daten wieder herunterladen könne. Dieser Link könne an andere Personen weitergegeben werden, damit diese die Dateien ebenfalls abrufen könnten. Ein Verzeichnis über die herunterladbaren Dateien böten die Sharehoster selbst nicht an, weshalb Linksammlungen wie "3. " eine Schlüsselfunktion für die Nutzung der Sharehosting-Dienste einnähmen, weil der Nutzer hierdurch auf einfache Weise durch Eingabe des Interpreten oder des Titels die von ihm gesuchten Dateien auffinden könne. Durch die Vorhaltung von Kontrollfragen habe "3. " verhindert, dass Rechteinhaber die Linksammlungen hätten automatisiert durchsuchen und auswerten können.
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Die Klägerin hat weiter behauptet, aufgrund von Berechtigungsverträgen Inhaberin des ausschließlichen Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung für Komposition und Text der im Klageantrag bezeichneten Musikstücke und zur Rechtewahrnehmung ermächtigt zu sein. Eine gegen die Betreiber des Dienstes "3. " erwirkte einstweilige Verfügung habe aufgrund falscher Adressangaben nicht vollzogen werden können.
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Nach Ansicht der Klägerin haftet die Beklagte als Störerin für das öffentliche Zugänglichmachen der Links zum Download und der URLs durch den Dienst "3. ".
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Die Klägerin hat - soweit in der Revisionsinstanz von Bedeutung - beantragt , es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen , Dritten zu ermöglichen die folgenden Musikwerke dadurch öffentlich zugänglich zu machen, dass sie über von ihr bereitgestellte Internetzugänge den Zugriff auf URLs und Links zu diesen Werken über die Website 3. ermöglicht : (Es folgt die Nennung von zehn Titeln unter Angabe von Interpret, Album, Komponist und Textdichter.)
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg, CR 2010, 534). In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Hinblick darauf, dass der Dienst unter der Adresse "www.3. " zwischenzeitlich eingestellt worden war, hilfsweise für den Fall der Verneinung der Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Hauptantrags die Feststellung beantragt, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet war. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg, GRUR-RR 2014, 140). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


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A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch weder aufgrund einer Haftung als Täter oder Teilnehmer noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung nach § 1004 BGB in Verbindung mit den § 97 Abs. 1, § 19a UrhG zu. Dazu hat es ausgeführt:
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Der Hauptantrag sei zulässig, auch wenn es aufgrund bestehender Umgehungsmöglichkeiten objektiv unmöglich sei, den Zugang zu den auf der Internetseite "3. " vorgehaltenen Links oder URLs vollständig zu sperren. Die Frage, ob die Klägerin der Beklagten in rechtlich unzulässiger Weise etwas Unmögliches abverlange, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
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Bei der Prüfung der Begründetheit der Klage hat das Berufungsgericht unterstellt , dass die Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Musikstücke zur Geltendmachung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG ermächtigt ist. Weiterhin hat es unterstellt, dass die Linksammlung zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeitpunkten verfügbar gewesen ist und die genannten Werke aufgefunden und heruntergeladen werden konnten. Die Beklagte hafte gegenüber der Klägerin aber nicht als Störerin. Zwar komme die Störerhaftung von Access-Providern - auch unter Berücksichtigung ihrer im Telemediengesetz und im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Privilegierung - grundsätzlich in Betracht. Zudem verletze die Bereitstellung von Links und URLs, die zu Dateien mit geschützten Musikwerken führten, die ohne Zustimmung hochgeladen worden seien, das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung. Ferner habe die Beklagte durch den von ihr vermittelten Zugang zum Internet einen adäquat kausalen Beitrag zu den von der Klägerin gerügten Urheberrechtsverletzungen geleistet. Eine Haftung der Beklagten als Störerin scheitere jedoch an der Unzumutbarkeit der ihr abverlangten - unstreitig technisch möglichen - Sperrmaßnahmen in Gestalt einer URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys", einer IP-Sperre oder einer DNS-Sperre.
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B. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts , dass die Beklagte nicht als Störerin für die von der Klägerin gerügten Urheberrechtsverletzungen haftet, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
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I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
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1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt, auch wenn ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs- und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen , weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen , weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst).
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2. Die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten Unmögliches verlangt, ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
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II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
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1. Das Berufungsgericht hat unterstellt, die Klägerin sei aufgrund der vorgelegten Berechtigungsverträge als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den im Klageantrag angeführten und nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG geschützten Musikwerken berechtigt, urheberrechtliche Unterlassungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Davon ist für das Revisionsverfahren auszugehen.
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2. Das Berufungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht weiter unterstellt, dass die streitgegenständlichen Musikwerke am 21. und 27. August 2008 über die auf der Webseite "3. " verfügbaren Links auffindbar waren und heruntergeladen werden konnten und keine Nutzungsrechte der die Musikwerke hochladenden Dritten oder der Sharehoster bestanden. Hieraus hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei gefolgert, dass die Werke im Sinne des § 19a UrhG rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Das Berufungsgericht hat ferner in tatsächlicher Hinsicht unterstellt, dass der Dienst "3. " über einen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Internet-Anschluss zu den angegebenen Zeiten erreicht werden konnte. Auch diese der Klägerin günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
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3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Haftung ausscheidet. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilneh- mer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
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4. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Haftung der Beklagten als Störerin scheitere an einer fehlenden Zumutbarkeit der aufzuerlegenden Prüfungspflichten , hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
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a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet , die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
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Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt (Access-Provider) Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln , die Möglichkeit unberührt, nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
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b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist im vorliegenden Fall auszugehen.
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aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
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bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zur vom Berufungsgericht unterstellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff "Vermittler" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel).
Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
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cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
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Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 ff. = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen, allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den streitgegenständlichen Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von der Klägerin auf eine klare Rechtsver- letzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerin hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 25. August 2008 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die in Rede stehenden Werke hingewiesen. Die Beklagte hat der Aufforderung zur Sperrung keine Folge geleistet und bis zum 1. April 2010 den Zugang zu den beanstandeten Links des Internetangebots "3. " nicht unterbunden.
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c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechtsverletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
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aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, sofern die Sperrmaßnahmen wegen der bestehenden Umgehungsmöglichkeiten weitgehend unwirksam seien , sei die Einrichtung von Sperren der Beklagten schon deshalb nicht zuzumuten. Unzumutbar seien sie aber auch bei gegebener Effektivität der technischen Maßnahmen. Bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit sei die besondere Aufgabe der Beklagten als Access-Provider zu berücksichtigen, eine inhaltlich neutrale, sozial erwünschte und von der Rechtsordnung anerkannte Dienstleistung zu erbringen, die in weit überwiegendem Umfang zu rechtmäßigen Zwecken genutzt worden sei. Jede Sperre berge die Gefahr der gleichzeitigen Unterbindung rechtmäßiger Angebote, so dass Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche Dritter in Betracht kämen. Aufgrund der betroffenen Grundrechtspositionen aus Art. 10 GG in Verbindung mit § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG sowie aus Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG bedürften Sperren dieser Art einer - gegenwärtig nicht vorhandenen - gesetzlichen Grundlage, die die Voraussetzungen einer Maßnahme insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit im Einzelnen bestimme. Bei IP-Adressen, URLs und DNSNamen handele es sich um nähere Umstände der Telekommunikation im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 TKG, wenn diese in Bezug zu einem Übertragungs- und Verbindungsvorgang gesetzt würden. Es bestehe die Gefahr einer inhaltlichen Zensur des Internetangebots. Der Gesetzgeber habe im Falle des mittlerweile außer Kraft getretenen Zugangserschwerungsgesetzes, das der Verbreitung von Kinderpornografie im Internet entgegenwirken sollte, ebenfalls einen Grundrechtseingriff durch die Sperrung von Internetangeboten angenommen, zugleich aber entsprechende Regeln für den Bereich des geistigen Eigentums nicht geschaffen, so dass hier keine Befugnis zur richterlichen Rechtsfortbildung bestehe.
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bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten , wohl aber im Ergebnis stand.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
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Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in SchmidtBleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
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Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine inner- staatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
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(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Gestaltungsspielraum , verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
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cc) Das Berufungsgericht hat unerwähnt gelassen, dass auf Seiten der Klägerin bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu beachten ist, die auch das geistige Eigentum umfasst (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der grundrechtliche Schutz des geistigen Eigentums nach dem Unionsrecht weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet , sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 43 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
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dd) Das Berufungsgericht ist des Weiteren nicht darauf eingegangen, dass im Rahmen der Abwägung die Grundrechte der Beklagten auf unternehmerische Freiheit und auf Berufsfreiheit zu berücksichtigen sind.
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(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
37
(2) Vorliegend hat das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen , in welcher Weise und in welchem Umfang die Beklagte in ihrer unternehmerischen Betätigung durch die Anordnung einer Sperre - etwa wegen des hiermit verbundenen organisatorischen, technischen oder finanziellen Aufwands oder sonstiger negativer Folgen für den Betrieb ihres Unternehmens - einge- schränkt würde. Die Zumutbarkeit der Anordnung hat als anspruchsbegründende Tatsache der Anspruchsteller darzulegen (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
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ee) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 26). Solche verlangt die Klägerin auch nicht.
39
ff) Das Berufungsgericht hat die Zumutbarkeit zu Recht nicht an der Effektivität der zur Verfügung stehenden technischen Sperrmaßnahmen scheitern lassen.
40
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel).
41
(2) Das Berufungsgericht hat zur Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen keine Feststellungen getroffen, sondern diese Frage dahinstehen lassen. Im Revisionsverfahren ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind.
42
gg) Die Annahme des Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall spreche die Gefahr der Sperrung rechtmäßiger Inhalte gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, wird durch seine tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.
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(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei Durchführung der Sperrmaßnahmen bestehe die Gefahr, dass der Zugang zu rechtmäßigen Angeboten unterbunden werde, dadurch Rechte Dritter nachhaltig beeinträchtigt würden und die Beklagte deshalb unter Umständen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen Dritter ausgesetzt sei. Nähere Feststellungen zur Betroffenheit legaler Inhalte hat das Berufungsgericht allerdings nicht getroffen.
44
(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Bei der vorzunehmenden Gewichtung ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.).
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Mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen kann vorliegend nicht beurteilt werden, in welchem Umfang legale Angebote betroffen gewesen wären, wenn die Internetseite "3. " gesperrt worden wäre.
46
(3) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. österr. OGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
47
hh) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EU-Grundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
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(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "3. " abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
49
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde, Sperrverfügungen im Internet, S. 50; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
50
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
51
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor
52
jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders., ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
53
(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (vgl. Hermes in Dreier, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
54
(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
55
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
56
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
57
(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt trotz des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Download-Angebote oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 55).
58
ii) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, die für die Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Sperrmaßnahmen bedürften als grundrechtsrelevante Maßnahmen nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
59
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, nicht zwischen gleichgeordneten Rechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
60
(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen demjenigen, der den Schutz von Urheberrechten verfolgt und einem Telekommunikationsunternehmen, also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
61
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat bei einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums , BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - InternetVersteigerung

II).


62
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der Ausübung der in der EU-Grundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPRITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
63
jj) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
64
(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert/ Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
65
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
66
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert /Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
67
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
68
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte deshalb nicht zumutbar, weil die Klägerin nicht in hinreichendem Maße gegen den Betreiber und den Host-Provider der Webseite "3. " vorgegangen ist.
69
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
70
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - die Rechtsverletzung entweder selbst begangen oder - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - zu ihr durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler nur unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in Betracht, wenn die Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite oder seines Host-Providers scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
71
bb) Das Vorgehen der Klägerin gegen den Betreiber und den HostProvider der Internetseite "3. " - ihren Vortrag als richtig unterstellt - rechtfertigt nicht den Schluss, der Beklagten als Access-Provider seien Maßnahmen zur Sperrung des Zugangs zu der fraglichen Internetseite zumutbar.
72
(1) Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe gegen den von ihr als Betreiber der Webseite ermittelten S. M. am 22. August 2008 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf erwirkt. Diese habe ebenso wenig wie vorgerichtliche Postsendungen unter der bei der Domain-Registrierung angegebenen Adresse in der Schweiz zugestellt werden können. Es habe sich um eine fingierte Adresse gehandelt, weil die Postleitzahl falsch gewesen sei und es in C. keinen "B. " gebe.
73
Dieser Vortrag lässt zwar darauf schließen, dass der Betreiber der Webseite seine Inanspruchnahme durch Angabe einer falschen Anschrift verhindern wollte. Im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit ist allerdings vor der Inanspruchnahme des Access-Providers zu verlangen, dass der Rechteinhaber, der Verschleierungsmaßnahmen des Verletzers erkennt, naheliegende Bemühungen unternimmt, um die Identität und Erreichbarkeit des Rechtsverletzers zu klären. Mit der Auskunft, eine hinterlegte Postadresse sei falsch, darf sich der Rechteinhaber nicht zufriedengeben. Vielmehr ist ihm abzuverlangen, weitere Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung - etwa durch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer Unternehmer, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, oder durch die Einschaltung der Ermittlungsbehörden - zu veranlassen, um seine Rechte gegenüber dem Verletzer geltend machen zu können. Erst wenn solche weiteren Maßnahmen fehlschlagen und auch ein Vorgehen gegen den Host-Provider keinen Erfolg verspricht, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers im Hinblick darauf zulässig, dass dem Rechteinhaber andernfalls kein effektiver Rechtsschutz gewährt würde.
74
(2) Die Klägerin hat ferner erfolglos versucht, den Betreiber des Servers in Anspruch zu nehmen, auf dem die Webseite gespeichert war. Sie hat hierzu vorgetragen, sie habe im gegen den Betreiber der beanstandeten Webseite gerichteten Eilverfahren auch den von ihr ermittelten Betreiber des Servers in Anspruch nehmen wollen. Die ermittelte Adresse in L. sei jedoch ebenfalls falsch gewesen, so dass sie den Betreiber des Servers schon vorprozessual nicht habe erreichen können. Den entsprechenden Verfügungsantrag habe sie zurückgenommen, nachdem das Landgericht Düsseldorf darauf hin- gewiesen habe, dass eine Haftung des weiteren Antragsgegners ausscheide, solange dieser keine Kenntnis von der Rechtsverletzung habe.
75
Dieses Vorgehen gegen den Host-Provider reicht für die Annahme, eine Rechtsverfolgung gegen den Access-Provider sei verhältnismäßig, ebenfalls noch nicht aus. Dem Rechtsinhaber obliegen zunächst weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung, wenn ein Host-Provider seine Identität verschleiert, bevor eine Inanspruchnahme des Access-Providers zumutbar ist.
76
e) Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass für eine Zurückverweisung der Sache besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die Klägerin hat die von ihr vorgenommenen Bemühungen zur Ermittlung der Identität des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers vorgetragen. Das rechtliche Gehör der Klägerin ist deshalb gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, der Klägerin durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
77
5. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014, 468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
78
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Schaffert Kirchhoff Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.03.2010 - 308 O 640/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.2013 - 5 U 68/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/14
Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Störerhaftung des Access-Providers
Art. 7, Art. 8, Art. 11 Abs. 1, Art. 16, Art. 17 Abs. 2; InformationsgesellschaftsRL Art. 8 Abs. 3;
DurchsetzungsRL Abs. 11 Satz 3 UrhG §§ 85, 97 Abs. 1; TKG § 95

a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem
Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden
, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. In die
im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und
nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen
und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer
einzubeziehen.

b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber
zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur
Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme
dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung
der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang
Nachforschungen anzustellen.

c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den
Zugriff auf die konkret beanstandete Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internets
bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen
, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite
bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber
rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur für den klagenden Rechteinhaber,
sondern auch für Dritte geschützte Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber
nicht ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2014 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen , das ihren Kunden als Access-Provider Zugang zum Internet vermittelt.
2
Die Klägerinnen sehen sich durch das Angebot von Musikstücken zum kostenlosen Herunterladen in Internet-Tauschbörsen (Filesharing) und durch Internet-Dienste, die den Zugang zu solchen Tauschbörsen vermitteln, in ihren Rechten verletzt. Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 forderten sie die Beklagte auf, die Verletzung ihrer Rechte durch Dritte und Kunden der Beklagten durch Sperrung des Zugriffs auf die Seite "Goldesel" mit der IP-Adresse 92.241.168.132 zu beenden.


ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0
3
Die Klägerinnen haben behauptet, als Tonträgerhersteller Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken zu sein, die die in den Klageanträgen genannten Musikalben der Künstler "Depeche Mode", "Michael Jackson", "Silbermond", "Sportfreunde Stiller", "Rosenstolz" und Jennifer Rostock enthielten. Die Klägerinnen seien durch entsprechende P- und C-Vermerke als Rechteinhaber auf den im Handel erhältlichen Tonträgern ausgewiesen. Bei dem Internetangebot "Goldesel" handele es sich um eines der größten, ausschließlich deutschsprachigen Internetportale für die Vermittlung illegaler Downloads von Musik-, Film-, Buch- und Softwaredateien. Auf der über die Internet -Adresse http://goldesel.to, die URL http://www.goldesel.to und http://geserver.to sowie verschiedene Umleitungsdienste erreichbaren Internetseite werde ein umfangreicher Index von mehreren tausend editierten Links zu geschützten Dateien angeboten, die in dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" bereitgestellt würden. Der Nutzer müsse den jeweiligen Link ("e-Donkey-Link" oder "ed2k-Link") nur anklicken, um den Download der angeforderten Datei auf seinen eigenen Computer zu beginnen. Im Januar 2010 hätten Ermittler im Auftrag der Klägerinnen festgestellt, dass Audiodateien mit Musikstücken aus den in den Klageanträgen genannten Alben über einen von der Beklagten in Köln vermittelten Internetzugang abrufbar gewesen seien. Den in Russland ansässigen Host-Provider hätten die Klägerinnen erfolglos abgemahnt. Eine wirkungsvolle Rechtsverfolgung sei in Russland praktisch ausgeschlossen.
4
Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Beklagte als Störerin zur Sperrung des Zugangs ihrer Kunden zu dem Internetdienst "Goldesel" verpflichtet. Es sei ihr technisch möglich und rechtlich zumutbar, durch eine DNS-Sperre oder IPSperre den Zugang zu verhindern.
5
Die Klägerinnen haben beantragt, (…) 2. es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten , ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten InternetDienst abrufbar sind, wie dies über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht , welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar: zu der Album-Veröffentlichung Depeche Mode, Sounds of the Universe, CDBestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Michael Jackson, King of Pop, German Edition, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Silbermond, Nichts passiert, CD- Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Sportfreunde Stiller, MTV Unplugged in New York, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Rosenstolz, Die Suche geht weiter (Erweitertes Tracklisting), CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Jennifer Rostock, Der Film, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] und wie geschehen: im Falle der Album-Veröffentlichung von Depeche Mode (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Michael Jackson (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Silbermond (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Sportfreunde Stiller (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Rosenstolz (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Jennifer Rostock (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] 3. hilfsweise, der Beklagten unter Ordnungsmittelandrohung zu verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln , soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten Internet-Dienst und über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht, welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar bezüglich der nachfolgend genannten oder andere, künftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL oder IPAdressen , soweit sich diese auf einen fortbestehenden ed2k-Link beziehen: zu der Album-Veröffentlichung (…) [es folgt die im Hauptantrag enthaltene Aufzählung] 4. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 2 verpflichtet war; 5. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 3 verpflichtet war.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, K&R 2011, 674). Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR 2014, 1081). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig angesehen.
7
Insbesondere sei der Hilfsantrag 3 hinreichend bestimmt, der zwar neben den genannten URL auch zukünftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL erfasse , jedoch durch den Verweis auf die weiter genannten "ed2k-Links" ausreichend begrenzt werde. Die Frage, ob der Beklagten die Erfüllung des beantragten Verbots unmöglich sei, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
8
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass den Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in unmittelbarer Anwendung noch unter dem Aspekt des § 97 Abs. 1 UrhG zustünden. Die Klägerinnen seien zwar aktivlegitimiert, weil die Beklagte der substantiierten Darlegung der Klägerinnen zur Inhaberschaft an den genannten Tonträgerrechten nicht hinreichend entgegengetreten sei. Diese Rechte der Klägerinnen seien auch verletzt worden, weil das Internetangebot "Goldesel" auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke abgezielt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Alben über von der Beklagten bereitgestellte Internetanschlüsse zum Download angeboten worden seien und der Download unter Nutzung eines Anschlusses der Beklagten möglich gewesen sei.
9
Die Beklagte hafte aber nicht als Störerin. Einer spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es zwar nicht für die zivilgerichtliche Anordnung vonDNSoder IP-Sperren, wohl aber für die einen Eingriff in Art. 10 GG darstellende Maßnahme der URL-Sperre, welche daher vorliegend nicht in Betracht komme.
Zugangsvermittler wie die Beklagte könnten grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden. Vorliegend verletze das Bereitstellen von elektronischen Verweisen (Links) durch den Dienst "Goldesel", die zu herunterladbaren Dateien mit den streitgegenständlichen, zugunsten der Klägerinnen urheberrechtlich geschützten Musikwerken führten und über von der Beklagten vorgehaltene Internetzugänge erreichbar seien, die Rechte der Klägerinnen. Das Verhalten der Beklagten sei auch adäquat kausal für diese Rechtsverletzungen. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargelegt, dass der Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stünden, die den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten verhinderten. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren angesichts der Betroffenheit legaler Inhalte und mangelnder Effektivität unzumutbar. Sowohl der Hauptantrag 2 als auch der Hilfsantrag 3 seien daher unbegründet. Eine Erledigung der Hauptsache sei nicht eingetreten, so dass über die weiteren Hilfsanträge 4 und 5 nicht zu entscheiden sei.
10
B. Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die von den Klägerinnen geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte nicht als Störer, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
12
1. Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.
13
a) Die Klägerinnen haben den Gegenstand der begehrten Unterlassung durch Bezugnahme auf die jeweilige konkrete Verletzungsform umschrieben, indem sie im Antrag auf die Abrufbarkeit der Tonträgeraufnahmen über den durch die Angabe von vier URL sowie der IP-Adresse näher bezeichneten Dienst "Goldesel" Bezug genommen und die einzelnen Musikwerke durch Nennung der Namen der Künstler und Alben, der Musiktitel und Bestellnummern sowie - mit der als Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu verstehenden Wendung "und wie geschehen" - durch Angabe der genauen "eDonkey" -Links definiert haben.
14
b) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands hinreichend bestimmt , dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen, weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst).
15
2. Die Frage, ob die Klägerinnen von der Beklagten Unmögliches verlangen , ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
16
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
17
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerinnen Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des § 85 UrhG an den im Antrag genannten Tonträgern sind. Diese den Klägerinnen günstige Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
18
2. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die den Klägerinnen zustehenden Rechte verletzt worden sind, weil über von der Beklagten zur Verfügung gestellte Internetanschlüsse die Internetseite "Goldesel.to" erreichbar und die im Antrag genannten Musikwerke herunterladbar waren. Auch diese den Klägerinnen günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
19
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Handlung der Beklagten nicht in Betracht kommt. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
20
4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der unter dem Aspekt der Störerhaftung verfolgte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
21
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
22
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt, Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt , nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
23
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
24
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
25
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zu der vom Berufungsgericht festgestellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des "Vermittlers" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel). Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
26
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
27
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen , allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den für die Klägerinnen geschützten Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Klägerinnen auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerinnen haben die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die im Antrag genannten Werke hingewiesen. Die Beklagte hat dieser Abmahnung keine Folge geleistet und den unverändert bestehenden Zugang zu den beanstandeten Download-Links des Internetangebots "Goldesel" nicht unterbunden.
28
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei vorliegend eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechts- verletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung seien die Grundrechte der Klägerinnen aus Art. 14 GG zu beachten. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass diese ein legitimes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibe, das auch nicht - anders als etwa ein Host-Provider, der Werbung für bei ihm gehostete rechtsverletzende Angebote mache - zu Rechtsverletzungen anreize. Dass das Geschäftsmodell des "Goldesel"-Angebots in der Zugänglichmachung überwiegend rechtsverletzender Inhalte bestehe, sei hingegen für das Ausmaß der Pflichten der Beklagten unerheblich. Die Störerhaftung sei nicht subsidiär, doch müsse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt werden, dass Dritte - etwa der Betreiber der beanstandeten Internetseite oder sein Host-Provider - die Rechtsverletzungen effektiver abstellen könnten. Zugunsten der Klägerinnen sei allerdings zu unterstellen, dass effektiver Rechtsschutz in Russland, wo der Server stehe, nicht zu erlangen sei. Zu beachten sei ferner, dass auf der Internetseite "Goldesel" nicht die geschützten Inhalte angeboten würden, sondern lediglich elektronische Verweise zu diesen Internetseiten vorhanden seien, und dass Nutzer auf andere entsprechende Seiten ausweichen könnten. Durch eine DNS-Sperre oder eine IP-Sperre werde der Zugang zum Dienst "Goldesel" insgesamt blockiert, so dass der Zugriff auf dort befindliche rechtmäßige Angebote betroffen sei. Nach der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf ca. 4.000 legal abrufbare Dateien; dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Die für Host-Provider geltende Erwägung, die Löschung rechtmäßiger Inhalte stehe der Zumutbarkeit von Prüfpflichten nicht entgegen, treffe auf die reine Zugangsvermittlung nicht zu. Dasselbe gelte für das im Falle von Host-Providern angenommene Erfordernis, externe Links zu kontrollieren. DNS- und IP-Sperren seien nur wenig effektiv; auch sei mit Gegenmaßnahmen der Angebotsbetreiber zu rechnen. IP-Sperren verhinderten zudem den Zugriff auf sämtliche unter einer IP-Adresse erreichbare Seiten. Die Klägerinnen könnten nicht garantieren, dass unter der vorliegend bezeichneten IP-Adresse zukünftig ausschließlich zum "Goldesel"-Angebot gehörende Seiten erreichbar seien. Zugunsten der Beklagten sei ihr Grundrecht auf unternehmerische Freiheit zu beachten. Die Einführung und Unterhaltung von DNS-Sperren und vor allem von IP-Sperren erfordere administrativen, technischen und finanziellen Aufwand. IP-Sperren könnten zu Leistungsverlusten führen, die durch den Einsatz zusätzlicher Hardware ausgeglichen werden müsse. Die Klägerinnen hätten zum fraglichen Aufwand lediglich vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die erforderlichen Vorrichtungen, und zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kosten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Die Klägerinnen hätten nicht darge- legt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperren erlangen würden. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren unzumutbar, weil sie auch legale Inhalte erfassten und nicht ausreichend effektiv seien.
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bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
31
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
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Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in Schmidt-Bleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
33
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
34
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Ge- staltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
35
cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht danach angenommen, dass die Klägerinnen sich als Rechteinhaber bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen können , die das geistige Eigentum schützen (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 4 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
36
dd) Im Ausgangspunkt zutreffend ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts , dass auf Seiten des Diensteanbieters die Grundrechte auf Berufsfreiheit und auf unternehmerische Freiheit zu berücksichtigen sind. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerinnen hierzu nicht berücksichtigt.
37
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen,dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
38
(2) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Klägerinnen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen sei unzureichend, nicht frei von Rechtsfehlern.
39
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen hätten lediglich vorgetragen , die Beklagte verfüge bereits über die für die Einrichtung von Sperren erforderlichen technischen Vorrichtungen, und hätten zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kos- ten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Diese Beurteilung durch das Beru- fungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
40
Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts , bei der Zumutbarkeit der Sperranordnung handele es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, deren tatsächliche Grundlage der An- spruchsteller darzulegen habe (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
41
Nach diesem Maßstab kann der Vortrag der Klägerinnen, wie die Revision zu Recht rügt, nicht als unbeachtlich angesehen werden.
42
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Beklagte verfüge über ein technisches System ("Traffic Management"), das in der Telekommunikationsbranche verbreitet sei und eine Sperrung erlaube. Nach dem Vortrag der Klägerinnen ist ferner in einer Pressemitteilung der Beklagten von einer "hoch skalierbaren DNS-Infrastruktur" auf der Basis von Produkten eines Anbieters von DNSbezogenen Dienstleistungen die Rede. In einem Online-Handbuch der Beklagten , so der Vortrag der Klägerinnen weiter, biete die Beklagte selbst IP-Filter an. Die Klägerinnen haben weiter vorgetragen, die Beklagte verfüge über neun DNS-Server und sie sei technisch in der Lage, unkorrekte DNS-Suchanfragen automatisch zu einer unternehmenseigenen Suchseite umzuleiten. Zum operativen Aufwand der Sperrmaßnahmen haben die Klägerinnen unter Vorlage eines Parteigutachtens vorgetragen, für eine DNS- oder IP-Sperre sei die Be- schaffung zusätzlicher Hardware zunächst nicht erforderlich, jedoch müsse - unter bestimmten Umständen - eine Testumgebung eingerichtet werden.
43
Die Klägerinnen haben als Tonträgerunternehmen keinen Einblick in die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten eines Telekommunikationsunternehmens , das sich - wie die Beklagte - mit der Bereitstellung von Internetzugängen befasst. Mit ihrem vorstehend dargestellten Vortrag haben die Klägerinnen - wie die Revision zu Recht geltend macht - daher der ihnen obliegenden Darlegungslast zum erforderlichen Aufwand für Sperrmaßnahmen genügt. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast hatte nunmehr die Beklagte nicht nur die Existenz eines solchen Systems zu bestreiten, sondern durch Vortrag zur administrativen und technischen Ausstattung ihres Unternehmens für die Bereitstellung von Internetzugängen die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, zum erforderlichen Aufwand von Sperrmaßnahmen näher vorzutragen und Beweis anzubieten. Auch mit der ohne Angabe einer näheren tatsächlichen Grundlage geäußerten Kostenschätzung in Höhe von 1 Mio. € ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden.
44
ee) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 27). Solche verlangen die Klägerinnen auch nicht.
45
ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, die nur eingeschränkte Effektivität der DNS- bzw. IP-Sperren spreche im konkreten Fall gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
46
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in Betracht kommenden Sperrmaßnahmen der DNS- und IP-Sperre zwar technisch möglich , aber nur wenig effektiv. Sie beseitigten die Erreichbarkeit der beanstandeten Webseiten nicht vollständig, sondern erschwerten den Zugriff lediglich, weil die Webseiten über Umwege erreichbar blieben. Die Nutzer könnten zudem auf anderweitig im Internet zur Verfügung gestellte "ed2k"-Links ausweichen, die zumindest teilweise auch redaktionell geprüft und daher aus Sicht der Nutzer gleichwertig seien. Weil auch der Dienst "eDonkey" selbst über eine - wenngleich nicht mit Aussagen über den Dateiinhalt versehene - Suchfunktion verfüge , beeinträchtigte grundsätzlich nicht einmal der völlige Ausfall sämtlicher Linkseiten die Funktionsfähigkeit des "eDonkey"-Netzwerks. Die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen aus anderen europäischen Ländern zur - das Auffinden von Inhalten im BitTorrent-Netzwerk erleichternden - Seite "The Pirate Bay" zeigten, dass auch nach der Einrichtung von Sperren signifikante Nutzerzahlen verblieben seien. Maßgeblich für die Interessen der Klägerinnen seien aber nicht die Zugriffszahlen auf Linkseiten dieser (auch vorliegenden) Art, sondern der Datenverkehr in den Netzwerken mit rechtsverletzenden Inhalten, der nach Angaben der Klägerinnen in den Ländern mit Sperren um lediglich 11% zurückgegangen , hingegen in Ländern ohne Sperren um 15% gestiegen sei. Es sei auch mit Gegenmaßnahmen der Seitenbetreiber zu rechnen, die schnell auf andere Domains ausweichen könnten.
47
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel). Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen nicht auf ihren Einfluss auf die Gesamtheit der Zugriffe auf im "eDonkey"-Netzwerk vorgehaltene illegale Dateien abzustellen, sondern auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten. Das Effizienzkriterium ist maßnahmebezogen zu verstehen , weil andernfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. Ebenso wenig wie der Verletzer eines absoluten Rechts durch den Hinweis auf die Fortdauer einer von der beanstandeten Handlung unabhängigen Verletzung desselben Rechts einem Verbot entgehen kann, steht dem Störer die Berufung darauf offen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts nicht verhindert (vgl. High Court of Justice, [2014] EWHC 3354 (Ch) Rn. 173). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht es ferner nicht gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Internet-Zugangsvermittlers, dass Betreiber illegaler Internetangebote im Falle von Sperren schnell auf andere Domains ausweichen könnten, weil auch dies den Rechteinhaber im Ergebnis rechtlos stellte.
48
Die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit (vgl. hierzu Pfitzmann/Köpsell/Kriegelstein, Sperrverfügungen gegen Access-Provider, Technisches Gutachten, S. 52 ff.) spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Maßnahmen, die unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindern oder zumindest erschweren und die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abhalten, im Rahmen der Gesamt- abwägung auch dann zulässig, wenn sie nicht geeignet sind, die Rechtsverletzung vollständig abzustellen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel ). Im vorliegenden Zusammenhang kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine Vielzahl von Nutzern willens und aufgrund ihres technischen Wissens in der Lage ist, etwaige Sperren zu umgehen. Erfolglose Zugriffsversuche dürften vielmehr das Unrechtsbewusstsein der Nutzer verstärken und deren Bereitschaft, die Sperren zu umgehen, entgegenwirken. Angesichts des Umstands, dass jedenfalls der zunächst gewählte Zugangsweg zu den rechtswidrigen Inhalten durch die Sperren unterbunden wird, vermag die bloße Möglichkeit der Umgehung, deren Wahrnehmung nach Art und Umfang nicht zu prognostizieren ist, die Annahme hinreichender Effektivität der Sperren nicht zu erschüttern.
49
Ebenso wenig sprechen etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Andernfalls wären die Inhaber von Urheber- und anderen Schutzrechten gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt. Der Umstand, dass die Betreiber durch häufigen Wechsel des Host-Providers oder Verlagerung des Serverstandortes in Länder, in denen eine effektive gerichtliche Verfolgung erschwert ist, der Rechtsverfolgung zu entgehen versuchen könnten, stärkt vielmehr die Notwendigkeit, durch Sperrverlangen auf der Ebene des AccessProviders den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen.
50
(3) Danach sind auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Vortrags der Klägerinnen sowie bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs sowohl die DNS- als auch die IP-Sperre als hinreichend effektiv anzusehen, weil nach den von den Klägerinnen angeführten Erfahrungen mit vergleichbaren Sperren in anderen europäischen Ländern zu erwarten ist, dass sie die inländischen Zugriffe auf die vorliegend beanstandeten Webseiten eben- falls in relevantem Umfang verringern. Zur Effektivität der URL-Sperren hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen, so dass für das Revisionsverfahren von deren Effektivität auszugehen ist.
51
gg) Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Zumutbarkeit im Ausgangspunkt zu Recht geprüft, inwieweit die von den Klägerinnen begehrten Sperren auch rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Seine Feststellung, URL-Sperren vermieden eine Blockierung rechtmäßiger Inhalte, nimmt die Revision als für die Klägerinnen günstig hin. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die vorliegend von DNS- und IP-Sperren miterfassten rechtmäßigen Inhalte seien nicht vernachlässigenswert und dieser Umstand spreche gegen die Zumutbarkeit der begehrten Sperranordnung, hält der rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
52
(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich auf der Seite "Goldesel.to" neben rechtswidrigen auch rechtmäßige Angebote befanden. Durch die Sperren würde den Kunden der Beklagten generell der Zugang auf sämtliche dort verfügbaren Links verwehrt und somit den Klägerinnen ein weit über ihre im Rechtsstreit geltend gemachten ausschließlichen Nutzungsrechte hinausgehender Schutz zugebilligt. Die Klägerinnen seien nicht als zur Verfolgung der Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken Dritter ermächtigt anzusehen; von einem mutmaßlichen Einverständnis dieser Rechteinhaber könne nicht ausgegangen werden, weil ein Teil der Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den Urhebern kostenlos ins Internet eingestellt worden sein könnten. Bei Zugrundelegung der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf etwa 4.000 legal abrufbare Dateien. Dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass auf der Seite "Goldesel.to" ein Meinungsforum vorge- halten und Werbung von Drittunternehmen präsentiert werde, wenngleich jedenfalls Werbetreibende, die Werbung auf einer den Zugang zu überwiegend rechtsverletzenden Inhalten vermittelnden Seite betrieben, nicht in besonderem Maße schutzwürdig seien.
53
(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel).
54
(3) Die Problematik der Mitbetroffenheit legaler Inhalte (sog. "Overblocking" ) ist im Hinblick auf die gewählte Sperrmethode zum einen relevant, wenn durch die Sperrung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit weiterer, unter derselben IP-Adresse vorgehaltener Webseiten unterbunden wird (vgl. Sieber/ Nolde, Sperrverfügungen im Internet, 2008, S. 50). Zum anderen können sich auf der jeweiligen Webseite sowohl illegale als auch legale Angebote befinden. Vorliegend ist nach dem Vortrag der Klägerinnen die im Antrag genannte IPAdresse mit vier Webseiten verknüpft, die sämtlich zum "Goldesel"-Angebot zählten, so dass anderweitige Internet-Seiten mit möglicherweise legalem Inhalt von einer IP-Sperre nicht betroffen wären.
55
Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat zudem anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner /Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.). Dass die Klägerinnen ihre Ansprüche lediglich auf Rechte an 120 Musiktiteln stützen, eine Sperre jedoch über diese Titel hinaus auch Verweise der beanstandeten Internetseiten auf urheberrechtlich geschützte Werke Dritter erfassen würde, zu deren Geltendmachung die Klägerinnen nicht ermächtigt worden sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
56
Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Klägervortrags , demzufolge rechtmäßige Inhalte auf der Internetseite "Goldesel.to" mit einem Anteil von nur 4% vertreten sind, scheitert die Annahme der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen nicht an der Betroffenheit rechtmäßiger Angebote.
57
(4) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. öOGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
58
hh) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht stand, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend dargelegt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperrmaßnahmen erzielen würden.
59
Die Erlangung eines konkret zu beziffernden wirtschaftlichen Vorteils für die Klägerinnen ist nicht Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer Sperranordnung gegen Access-Provider. Die Klägerinnen müssen sich auf wirksame Weise gegen die Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten Positionen zur Wehr setzen können. Im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung kommt es allein darauf an, ob weitere Rechtsverletzungen auf wirksame Weise abgestellt oder erschwert werden, ohne dass weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile auf Seiten der Rechteinhaber hinzutreten müssten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 107).
60
ii) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EUGrundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
61
(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "Goldesel" abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
62
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
63
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
64
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
65
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders, ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass /Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
66
(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (Hermes in Dreier, Grundgesetz , 3. Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
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(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
68
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
69
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten un- mittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
70
(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Angebote zum Download oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 68).
71
jj) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, jedenfalls die Anordnung einer URL-Sperre bedürfe als grundrechtsrelevante Maßnahme nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
72
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und nicht zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
73
(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und Telekommunikationsunternehmen , also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte deshalb einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
74
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat hinsichtlich einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - Internet -Versteigerung II).
75
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der in der EUGrundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich geregelt sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPR-ITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
76
kk) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
77
(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert /Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
78
Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
79
(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert/Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
80
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind allerdings vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
81
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte nicht zumutbar, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseite "Goldesel" vorgegangen sind.
82
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
83
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
84
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zumutbarkeit des von den Klägerinnen begehrten Verbots vorliegend nicht entgegensteht , dass diese nicht gegen den Host-Provider der Webseite "Goldesel" gerichtlich vorgegangen sind.
85
Ob die Inanspruchnahme des Host-Providers schon dann als ohne jede Erfolgsaussicht zu gelten hat, wenn - wie die Revision geltend macht - die (womöglich mehrfache) Verlagerung des Serverstandorts oder der Wechsel des Host-Providers in der Vergangenheit darauf schließen lässt, dass die Inanspruchnahme durch solche Maßnahmen auch zukünftig ineffektiv bleiben werde , muss vorliegend nicht entschieden werden.
86
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, dass sie gegen den in Russland ansässigen Host-Provider der beanstandeten Webseiten in seinem Sitzstaat effektiven Rechtsschutz nicht erlangen können. Diese Annahme ist der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen.
87
cc) Die Revision bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseiten "Goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden kann. Die Klägerinnen haben allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten unternommen zu haben. Hier kommt insbesondere die Einschaltung der staatlichen Ermittlungs- behörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, in Betracht. Ermittlungsansätze könnten sich weiter daraus ergeben, dass - wie aus der Anlage K 23 hervorgeht - in einem Parallelverfahren in den Niederlanden der niederländische Rechteinhaber vom dortigen Host-Provider die paypalAdresse genannt erhielt, über die der niederländische Host-Provider von den Betreibern von "Goldesel" bezahlt wurde. Auch den darin enthaltenen Anhaltspunkten , die eine Firma namens "t. ", eine E-Mail-Adresse "s. @m. " und eine "S. " betreffen, sind die Klägerinnen nicht nachgegangen. Mangels näherer Erkenntnisse zur Identität und zum Sitz der Betreiber der beanstandeten Webseiten steht nicht fest, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Betreiber der fraglichen Internetseiten nicht möglich und erfolgversprechend ist.
88
e) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass zur Zurückverweisung besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie ist auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren gewesen. Die Klägerinnen haben hierzu auf die erfolglose Inanspruchnahme des Host-Providers verwiesen und im Übrigen vorgetragen, dass für sie der Betreiber ohne Identitätsangabe auf der Internetseite nicht greifbar gewesen sei. Soweit die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz um einen Hinweis gebeten haben, sofern das Gericht weiteren Vortrag zur Inanspruchnahme des Host-Service-Providers für erforderlich halten sollte, wirkt sich ein fehlender Hinweis nicht zum Nachteil der Klägerinnen aus, weil zu ihren Gunsten zum Host-Provider in der Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass effektiver Rechtsschutz nicht zu erlangen ist (s.o. 86). Das rechtliche Gehör der Klägerinnen ist damit gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
89
III. Aus den vorstehenden Gründen (dazu B II 4) bleibt auch der Hilfsantrag zu 3 der Klägerinnen ohne Erfolg. Über die Hilfsanträge zu 4 und 5 ist nicht zu entscheiden, weil keine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
90
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014,468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
91
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher Schaffert Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.08.2011 - 28 O 362/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.07.2014 - 6 U 192/11 -

(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

1.
die Übermittlung nicht veranlasst,
2.
den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3.
die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.

(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.

(4) Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 dürfen von einer Behörde nicht verpflichtet werden,

1.
vor Gewährung des Zugangs
a)
die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu speichern (Registrierung) oder
b)
die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
2.
das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen.
Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/14
Verkündet am:
26. November 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Störerhaftung des Access-Providers
Art. 7, Art. 8, Art. 11 Abs. 1, Art. 16, Art. 17 Abs. 2; InformationsgesellschaftsRL Art. 8 Abs. 3;
DurchsetzungsRL Abs. 11 Satz 3 UrhG §§ 85, 97 Abs. 1; TKG § 95

a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem
Rechteinhaber als Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu unterbinden
, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden. In die
im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen unionsrechtlichen und
nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen
und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der Internetnutzer
einzubeziehen.

b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber
zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur
Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme
dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung
der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang
Nachforschungen anzustellen.

c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die Auswirkungen der Sperren für den
Zugriff auf die konkret beanstandete Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des Internets
bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer Sperranordnung nicht entgegen
, sofern die Sperren den Zugriff auf rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.

d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite
bereitgehalten werden, sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber
rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur für den klagenden Rechteinhaber,
sondern auch für Dritte geschützte Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber
nicht ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG Köln
LG Köln
ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Juli 2014 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen , das ihren Kunden als Access-Provider Zugang zum Internet vermittelt.
2
Die Klägerinnen sehen sich durch das Angebot von Musikstücken zum kostenlosen Herunterladen in Internet-Tauschbörsen (Filesharing) und durch Internet-Dienste, die den Zugang zu solchen Tauschbörsen vermitteln, in ihren Rechten verletzt. Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 forderten sie die Beklagte auf, die Verletzung ihrer Rechte durch Dritte und Kunden der Beklagten durch Sperrung des Zugriffs auf die Seite "Goldesel" mit der IP-Adresse 92.241.168.132 zu beenden.


ECLI:DE:BGH:2015:261115UIZR174.14.0
3
Die Klägerinnen haben behauptet, als Tonträgerhersteller Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken zu sein, die die in den Klageanträgen genannten Musikalben der Künstler "Depeche Mode", "Michael Jackson", "Silbermond", "Sportfreunde Stiller", "Rosenstolz" und Jennifer Rostock enthielten. Die Klägerinnen seien durch entsprechende P- und C-Vermerke als Rechteinhaber auf den im Handel erhältlichen Tonträgern ausgewiesen. Bei dem Internetangebot "Goldesel" handele es sich um eines der größten, ausschließlich deutschsprachigen Internetportale für die Vermittlung illegaler Downloads von Musik-, Film-, Buch- und Softwaredateien. Auf der über die Internet -Adresse http://goldesel.to, die URL http://www.goldesel.to und http://geserver.to sowie verschiedene Umleitungsdienste erreichbaren Internetseite werde ein umfangreicher Index von mehreren tausend editierten Links zu geschützten Dateien angeboten, die in dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" bereitgestellt würden. Der Nutzer müsse den jeweiligen Link ("e-Donkey-Link" oder "ed2k-Link") nur anklicken, um den Download der angeforderten Datei auf seinen eigenen Computer zu beginnen. Im Januar 2010 hätten Ermittler im Auftrag der Klägerinnen festgestellt, dass Audiodateien mit Musikstücken aus den in den Klageanträgen genannten Alben über einen von der Beklagten in Köln vermittelten Internetzugang abrufbar gewesen seien. Den in Russland ansässigen Host-Provider hätten die Klägerinnen erfolglos abgemahnt. Eine wirkungsvolle Rechtsverfolgung sei in Russland praktisch ausgeschlossen.
4
Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Beklagte als Störerin zur Sperrung des Zugangs ihrer Kunden zu dem Internetdienst "Goldesel" verpflichtet. Es sei ihr technisch möglich und rechtlich zumutbar, durch eine DNS-Sperre oder IPSperre den Zugang zu verhindern.
5
Die Klägerinnen haben beantragt, (…) 2. es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten , ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten InternetDienst abrufbar sind, wie dies über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht , welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar: zu der Album-Veröffentlichung Depeche Mode, Sounds of the Universe, CDBestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Michael Jackson, King of Pop, German Edition, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Silbermond, Nichts passiert, CD- Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Sportfreunde Stiller, MTV Unplugged in New York, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Rosenstolz, Die Suche geht weiter (Erweitertes Tracklisting), CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] zu der Album-Veröffentlichung Jennifer Rostock, Der Film, CD-Bestellnummer (…) bestehend aus: [es folgt die Auflistung der auf dem Album befindlichen Musikstücke ] und wie geschehen: im Falle der Album-Veröffentlichung von Depeche Mode (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Michael Jackson (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Silbermond (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Sportfreunde Stiller (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Rosenstolz (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] im Falle der Album-Veröffentlichung von Jennifer Rostock (…) über den Link: [es folgt die durch "oder" verknüpfte Angabe verschiedener Links] 3. hilfsweise, der Beklagten unter Ordnungsmittelandrohung zu verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu vermitteln , soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten Internet-Dienst und über die URL http://goldesel.to, http://www.goldesel.to, http://ge-server.to und http://www.ge-server.to geschieht, welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar bezüglich der nachfolgend genannten oder andere, künftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL oder IPAdressen , soweit sich diese auf einen fortbestehenden ed2k-Link beziehen: zu der Album-Veröffentlichung (…) [es folgt die im Hauptantrag enthaltene Aufzählung] 4. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 2 verpflichtet war; 5. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur Unterlassung gemäß Antrag 3 verpflichtet war.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, K&R 2011, 674). Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, GRUR 2014, 1081). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig angesehen.
7
Insbesondere sei der Hilfsantrag 3 hinreichend bestimmt, der zwar neben den genannten URL auch zukünftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL erfasse , jedoch durch den Verweis auf die weiter genannten "ed2k-Links" ausreichend begrenzt werde. Die Frage, ob der Beklagten die Erfüllung des beantragten Verbots unmöglich sei, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
8
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass den Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in unmittelbarer Anwendung noch unter dem Aspekt des § 97 Abs. 1 UrhG zustünden. Die Klägerinnen seien zwar aktivlegitimiert, weil die Beklagte der substantiierten Darlegung der Klägerinnen zur Inhaberschaft an den genannten Tonträgerrechten nicht hinreichend entgegengetreten sei. Diese Rechte der Klägerinnen seien auch verletzt worden, weil das Internetangebot "Goldesel" auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke abgezielt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Alben über von der Beklagten bereitgestellte Internetanschlüsse zum Download angeboten worden seien und der Download unter Nutzung eines Anschlusses der Beklagten möglich gewesen sei.
9
Die Beklagte hafte aber nicht als Störerin. Einer spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es zwar nicht für die zivilgerichtliche Anordnung vonDNSoder IP-Sperren, wohl aber für die einen Eingriff in Art. 10 GG darstellende Maßnahme der URL-Sperre, welche daher vorliegend nicht in Betracht komme.
Zugangsvermittler wie die Beklagte könnten grundsätzlich als Störer in Anspruch genommen werden. Vorliegend verletze das Bereitstellen von elektronischen Verweisen (Links) durch den Dienst "Goldesel", die zu herunterladbaren Dateien mit den streitgegenständlichen, zugunsten der Klägerinnen urheberrechtlich geschützten Musikwerken führten und über von der Beklagten vorgehaltene Internetzugänge erreichbar seien, die Rechte der Klägerinnen. Das Verhalten der Beklagten sei auch adäquat kausal für diese Rechtsverletzungen. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargelegt, dass der Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stünden, die den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten verhinderten. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren angesichts der Betroffenheit legaler Inhalte und mangelnder Effektivität unzumutbar. Sowohl der Hauptantrag 2 als auch der Hilfsantrag 3 seien daher unbegründet. Eine Erledigung der Hauptsache sei nicht eingetreten, so dass über die weiteren Hilfsanträge 4 und 5 nicht zu entscheiden sei.
10
B. Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, für die von den Klägerinnen geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte nicht als Störer, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als zulässig angesehen.
12
1. Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.
13
a) Die Klägerinnen haben den Gegenstand der begehrten Unterlassung durch Bezugnahme auf die jeweilige konkrete Verletzungsform umschrieben, indem sie im Antrag auf die Abrufbarkeit der Tonträgeraufnahmen über den durch die Angabe von vier URL sowie der IP-Adresse näher bezeichneten Dienst "Goldesel" Bezug genommen und die einzelnen Musikwerke durch Nennung der Namen der Künstler und Alben, der Musiktitel und Bestellnummern sowie - mit der als Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu verstehenden Wendung "und wie geschehen" - durch Angabe der genauen "eDonkey" -Links definiert haben.
14
b) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands hinreichend bestimmt , dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten Handlungs - und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 - Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - FileHosting -Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen, weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 48 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst).
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2. Die Frage, ob die Klägerinnen von der Beklagten Unmögliches verlangen , ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
16
II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht begründet.
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1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerinnen Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des § 85 UrhG an den im Antrag genannten Tonträgern sind. Diese den Klägerinnen günstige Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
18
2. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die den Klägerinnen zustehenden Rechte verletzt worden sind, weil über von der Beklagten zur Verfügung gestellte Internetanschlüsse die Internetseite "Goldesel.to" erreichbar und die im Antrag genannten Musikwerke herunterladbar waren. Auch diese den Klägerinnen günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
19
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine täterschaftliche Handlung der Beklagten nicht in Betracht kommt. Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer geht der Störerhaftung zwar grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
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4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der unter dem Aspekt der Störerhaftung verfolgte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
21
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 31 - File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie 2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
22
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider, der den Zugang zum Internet vermittelt, Prüf- und Sperrpflichten zugemutet werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für den Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt , nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie 2000/31/EG).
23
b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
24
aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn. 17).
25
bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen Beitrag zu der vom Berufungsgericht festgestellten Urheberrechtsverletzung geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des "Vermittlers" auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 - UPC Telekabel). Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40 - UPC Telekabel).
26
cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell , das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
27
Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 - L'Oréal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 39 = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004 - I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR 2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer anlasslosen , allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den für die Klägerinnen geschützten Musikwerken , deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Klägerinnen auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerinnen haben die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 auf die Rechtsverletzungen in Bezug auf die im Antrag genannten Werke hingewiesen. Die Beklagte hat dieser Abmahnung keine Folge geleistet und den unverändert bestehenden Zugang zu den beanstandeten Download-Links des Internetangebots "Goldesel" nicht unterbunden.
28
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei vorliegend eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits erfolgten Rechts- verletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im Ergebnis zu.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei der im Rahmen der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung seien die Grundrechte der Klägerinnen aus Art. 14 GG zu beachten. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass diese ein legitimes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibe, das auch nicht - anders als etwa ein Host-Provider, der Werbung für bei ihm gehostete rechtsverletzende Angebote mache - zu Rechtsverletzungen anreize. Dass das Geschäftsmodell des "Goldesel"-Angebots in der Zugänglichmachung überwiegend rechtsverletzender Inhalte bestehe, sei hingegen für das Ausmaß der Pflichten der Beklagten unerheblich. Die Störerhaftung sei nicht subsidiär, doch müsse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt werden, dass Dritte - etwa der Betreiber der beanstandeten Internetseite oder sein Host-Provider - die Rechtsverletzungen effektiver abstellen könnten. Zugunsten der Klägerinnen sei allerdings zu unterstellen, dass effektiver Rechtsschutz in Russland, wo der Server stehe, nicht zu erlangen sei. Zu beachten sei ferner, dass auf der Internetseite "Goldesel" nicht die geschützten Inhalte angeboten würden, sondern lediglich elektronische Verweise zu diesen Internetseiten vorhanden seien, und dass Nutzer auf andere entsprechende Seiten ausweichen könnten. Durch eine DNS-Sperre oder eine IP-Sperre werde der Zugang zum Dienst "Goldesel" insgesamt blockiert, so dass der Zugriff auf dort befindliche rechtmäßige Angebote betroffen sei. Nach der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf ca. 4.000 legal abrufbare Dateien; dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Die für Host-Provider geltende Erwägung, die Löschung rechtmäßiger Inhalte stehe der Zumutbarkeit von Prüfpflichten nicht entgegen, treffe auf die reine Zugangsvermittlung nicht zu. Dasselbe gelte für das im Falle von Host-Providern angenommene Erfordernis, externe Links zu kontrollieren. DNS- und IP-Sperren seien nur wenig effektiv; auch sei mit Gegenmaßnahmen der Angebotsbetreiber zu rechnen. IP-Sperren verhinderten zudem den Zugriff auf sämtliche unter einer IP-Adresse erreichbare Seiten. Die Klägerinnen könnten nicht garantieren, dass unter der vorliegend bezeichneten IP-Adresse zukünftig ausschließlich zum "Goldesel"-Angebot gehörende Seiten erreichbar seien. Zugunsten der Beklagten sei ihr Grundrecht auf unternehmerische Freiheit zu beachten. Die Einführung und Unterhaltung von DNS-Sperren und vor allem von IP-Sperren erfordere administrativen, technischen und finanziellen Aufwand. IP-Sperren könnten zu Leistungsverlusten führen, die durch den Einsatz zusätzlicher Hardware ausgeglichen werden müsse. Die Klägerinnen hätten zum fraglichen Aufwand lediglich vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die erforderlichen Vorrichtungen, und zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kosten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Die Klägerinnen hätten nicht darge- legt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperren erlangen würden. Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren unzumutbar, weil sie auch legale Inhalte erfassten und nicht ausreichend effektiv seien.
30
bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
31
(1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43 - SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
32
Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln - ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in Schmidt-Bleibtreu /Hofmann/Hennecke, GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
33
Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt einwirken , ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale Grundrechtsprüfung verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012, 647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115, 119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102, 147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das Bundesverfassungsgericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
34
(2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Ge- staltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen Grundrechte.
35
cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht danach angenommen, dass die Klägerinnen sich als Rechteinhaber bei der Verfolgung eines effektiven Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen können , die das geistige Eigentum schützen (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 4 f. - Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
36
dd) Im Ausgangspunkt zutreffend ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts , dass auf Seiten des Diensteanbieters die Grundrechte auf Berufsfreiheit und auf unternehmerische Freiheit zu berücksichtigen sind. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerinnen hierzu nicht berücksichtigt.
37
(1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16 EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden administrativen, technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen,dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht, wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff. - UPC Telekabel).
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(2) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Klägerinnen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der von der Beklagten zu treffenden Maßnahmen sei unzureichend, nicht frei von Rechtsfehlern.
39
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen hätten lediglich vorgetragen , die Beklagte verfüge bereits über die für die Einrichtung von Sperren erforderlichen technischen Vorrichtungen, und hätten zum operativen und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kos- ten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Diese Beurteilung durch das Beru- fungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
40
Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Berufungsgerichts , bei der Zumutbarkeit der Sperranordnung handele es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, deren tatsächliche Grundlage der An- spruchsteller darzulegen habe (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn. 19 f. - Namensklau im Internet).
41
Nach diesem Maßstab kann der Vortrag der Klägerinnen, wie die Revision zu Recht rügt, nicht als unbeachtlich angesehen werden.
42
Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Beklagte verfüge über ein technisches System ("Traffic Management"), das in der Telekommunikationsbranche verbreitet sei und eine Sperrung erlaube. Nach dem Vortrag der Klägerinnen ist ferner in einer Pressemitteilung der Beklagten von einer "hoch skalierbaren DNS-Infrastruktur" auf der Basis von Produkten eines Anbieters von DNSbezogenen Dienstleistungen die Rede. In einem Online-Handbuch der Beklagten , so der Vortrag der Klägerinnen weiter, biete die Beklagte selbst IP-Filter an. Die Klägerinnen haben weiter vorgetragen, die Beklagte verfüge über neun DNS-Server und sie sei technisch in der Lage, unkorrekte DNS-Suchanfragen automatisch zu einer unternehmenseigenen Suchseite umzuleiten. Zum operativen Aufwand der Sperrmaßnahmen haben die Klägerinnen unter Vorlage eines Parteigutachtens vorgetragen, für eine DNS- oder IP-Sperre sei die Be- schaffung zusätzlicher Hardware zunächst nicht erforderlich, jedoch müsse - unter bestimmten Umständen - eine Testumgebung eingerichtet werden.
43
Die Klägerinnen haben als Tonträgerunternehmen keinen Einblick in die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten eines Telekommunikationsunternehmens , das sich - wie die Beklagte - mit der Bereitstellung von Internetzugängen befasst. Mit ihrem vorstehend dargestellten Vortrag haben die Klägerinnen - wie die Revision zu Recht geltend macht - daher der ihnen obliegenden Darlegungslast zum erforderlichen Aufwand für Sperrmaßnahmen genügt. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast hatte nunmehr die Beklagte nicht nur die Existenz eines solchen Systems zu bestreiten, sondern durch Vortrag zur administrativen und technischen Ausstattung ihres Unternehmens für die Bereitstellung von Internetzugängen die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, zum erforderlichen Aufwand von Sperrmaßnahmen näher vorzutragen und Beweis anzubieten. Auch mit der ohne Angabe einer näheren tatsächlichen Grundlage geäußerten Kostenschätzung in Höhe von 1 Mio. € ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden.
44
ee) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts , dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 27). Solche verlangen die Klägerinnen auch nicht.
45
ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, die nur eingeschränkte Effektivität der DNS- bzw. IP-Sperren spreche im konkreten Fall gegen die Zumutbarkeit des begehrten Verbots, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
46
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in Betracht kommenden Sperrmaßnahmen der DNS- und IP-Sperre zwar technisch möglich , aber nur wenig effektiv. Sie beseitigten die Erreichbarkeit der beanstandeten Webseiten nicht vollständig, sondern erschwerten den Zugriff lediglich, weil die Webseiten über Umwege erreichbar blieben. Die Nutzer könnten zudem auf anderweitig im Internet zur Verfügung gestellte "ed2k"-Links ausweichen, die zumindest teilweise auch redaktionell geprüft und daher aus Sicht der Nutzer gleichwertig seien. Weil auch der Dienst "eDonkey" selbst über eine - wenngleich nicht mit Aussagen über den Dateiinhalt versehene - Suchfunktion verfüge , beeinträchtigte grundsätzlich nicht einmal der völlige Ausfall sämtlicher Linkseiten die Funktionsfähigkeit des "eDonkey"-Netzwerks. Die von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen aus anderen europäischen Ländern zur - das Auffinden von Inhalten im BitTorrent-Netzwerk erleichternden - Seite "The Pirate Bay" zeigten, dass auch nach der Einrichtung von Sperren signifikante Nutzerzahlen verblieben seien. Maßgeblich für die Interessen der Klägerinnen seien aber nicht die Zugriffszahlen auf Linkseiten dieser (auch vorliegenden) Art, sondern der Datenverkehr in den Netzwerken mit rechtsverletzenden Inhalten, der nach Angaben der Klägerinnen in den Ländern mit Sperren um lediglich 11% zurückgegangen , hingegen in Ländern ohne Sperren um 15% gestiegen sei. Es sei auch mit Gegenmaßnahmen der Seitenbetreiber zu rechnen, die schnell auf andere Domains ausweichen könnten.
47
(2) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen. Die Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel). Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Effektivität der Sperrmaßnahmen nicht auf ihren Einfluss auf die Gesamtheit der Zugriffe auf im "eDonkey"-Netzwerk vorgehaltene illegale Dateien abzustellen, sondern auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandeten Webseiten. Das Effizienzkriterium ist maßnahmebezogen zu verstehen , weil andernfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. Ebenso wenig wie der Verletzer eines absoluten Rechts durch den Hinweis auf die Fortdauer einer von der beanstandeten Handlung unabhängigen Verletzung desselben Rechts einem Verbot entgehen kann, steht dem Störer die Berufung darauf offen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme die auf anderem Wege erfolgende Beeinträchtigung des geschützten Rechts nicht verhindert (vgl. High Court of Justice, [2014] EWHC 3354 (Ch) Rn. 173). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht es ferner nicht gegen die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme eines Internet-Zugangsvermittlers, dass Betreiber illegaler Internetangebote im Falle von Sperren schnell auf andere Domains ausweichen könnten, weil auch dies den Rechteinhaber im Ergebnis rechtlos stellte.
48
Die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets bestehende Umgehungsmöglichkeit (vgl. hierzu Pfitzmann/Köpsell/Kriegelstein, Sperrverfügungen gegen Access-Provider, Technisches Gutachten, S. 52 ff.) spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Maßnahmen, die unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindern oder zumindest erschweren und die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abhalten, im Rahmen der Gesamt- abwägung auch dann zulässig, wenn sie nicht geeignet sind, die Rechtsverletzung vollständig abzustellen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel ). Im vorliegenden Zusammenhang kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine Vielzahl von Nutzern willens und aufgrund ihres technischen Wissens in der Lage ist, etwaige Sperren zu umgehen. Erfolglose Zugriffsversuche dürften vielmehr das Unrechtsbewusstsein der Nutzer verstärken und deren Bereitschaft, die Sperren zu umgehen, entgegenwirken. Angesichts des Umstands, dass jedenfalls der zunächst gewählte Zugangsweg zu den rechtswidrigen Inhalten durch die Sperren unterbunden wird, vermag die bloße Möglichkeit der Umgehung, deren Wahrnehmung nach Art und Umfang nicht zu prognostizieren ist, die Annahme hinreichender Effektivität der Sperren nicht zu erschüttern.
49
Ebenso wenig sprechen etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Andernfalls wären die Inhaber von Urheber- und anderen Schutzrechten gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt. Der Umstand, dass die Betreiber durch häufigen Wechsel des Host-Providers oder Verlagerung des Serverstandortes in Länder, in denen eine effektive gerichtliche Verfolgung erschwert ist, der Rechtsverfolgung zu entgehen versuchen könnten, stärkt vielmehr die Notwendigkeit, durch Sperrverlangen auf der Ebene des AccessProviders den Ausweichversuchen der Webseitenbetreiber zu begegnen.
50
(3) Danach sind auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Vortrags der Klägerinnen sowie bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabs sowohl die DNS- als auch die IP-Sperre als hinreichend effektiv anzusehen, weil nach den von den Klägerinnen angeführten Erfahrungen mit vergleichbaren Sperren in anderen europäischen Ländern zu erwarten ist, dass sie die inländischen Zugriffe auf die vorliegend beanstandeten Webseiten eben- falls in relevantem Umfang verringern. Zur Effektivität der URL-Sperren hat das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen, so dass für das Revisionsverfahren von deren Effektivität auszugehen ist.
51
gg) Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Zumutbarkeit im Ausgangspunkt zu Recht geprüft, inwieweit die von den Klägerinnen begehrten Sperren auch rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Seine Feststellung, URL-Sperren vermieden eine Blockierung rechtmäßiger Inhalte, nimmt die Revision als für die Klägerinnen günstig hin. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, die vorliegend von DNS- und IP-Sperren miterfassten rechtmäßigen Inhalte seien nicht vernachlässigenswert und dieser Umstand spreche gegen die Zumutbarkeit der begehrten Sperranordnung, hält der rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
52
(1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich auf der Seite "Goldesel.to" neben rechtswidrigen auch rechtmäßige Angebote befanden. Durch die Sperren würde den Kunden der Beklagten generell der Zugang auf sämtliche dort verfügbaren Links verwehrt und somit den Klägerinnen ein weit über ihre im Rechtsstreit geltend gemachten ausschließlichen Nutzungsrechte hinausgehender Schutz zugebilligt. Die Klägerinnen seien nicht als zur Verfolgung der Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken Dritter ermächtigt anzusehen; von einem mutmaßlichen Einverständnis dieser Rechteinhaber könne nicht ausgegangen werden, weil ein Teil der Werke in bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den Urhebern kostenlos ins Internet eingestellt worden sein könnten. Bei Zugrundelegung der Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf etwa 4.000 legal abrufbare Dateien. Dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass auf der Seite "Goldesel.to" ein Meinungsforum vorge- halten und Werbung von Drittunternehmen präsentiert werde, wenngleich jedenfalls Werbetreibende, die Werbung auf einer den Zugang zu überwiegend rechtsverletzenden Inhalten vermittelnden Seite betrieben, nicht in besonderem Maße schutzwürdig seien.
53
(2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel).
54
(3) Die Problematik der Mitbetroffenheit legaler Inhalte (sog. "Overblocking" ) ist im Hinblick auf die gewählte Sperrmethode zum einen relevant, wenn durch die Sperrung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit weiterer, unter derselben IP-Adresse vorgehaltener Webseiten unterbunden wird (vgl. Sieber/ Nolde, Sperrverfügungen im Internet, 2008, S. 50). Zum anderen können sich auf der jeweiligen Webseite sowohl illegale als auch legale Angebote befinden. Vorliegend ist nach dem Vortrag der Klägerinnen die im Antrag genannte IPAdresse mit vier Webseiten verknüpft, die sämtlich zum "Goldesel"-Angebot zählten, so dass anderweitige Internet-Seiten mit möglicherweise legalem Inhalt von einer IP-Sperre nicht betroffen wären.
55
Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können, liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann, wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen der Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, "nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat zudem anerkannt, dass die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von legalen Inhalten handelt (vgl. Leistner /Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.). Dass die Klägerinnen ihre Ansprüche lediglich auf Rechte an 120 Musiktiteln stützen, eine Sperre jedoch über diese Titel hinaus auch Verweise der beanstandeten Internetseiten auf urheberrechtlich geschützte Werke Dritter erfassen würde, zu deren Geltendmachung die Klägerinnen nicht ermächtigt worden sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
56
Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Klägervortrags , demzufolge rechtmäßige Inhalte auf der Internetseite "Goldesel.to" mit einem Anteil von nur 4% vertreten sind, scheitert die Annahme der Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen nicht an der Betroffenheit rechtmäßiger Angebote.
57
(4) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. öOGH, GRUR Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015, 308, 318).
58
hh) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht stand, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend dargelegt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperrmaßnahmen erzielen würden.
59
Die Erlangung eines konkret zu beziffernden wirtschaftlichen Vorteils für die Klägerinnen ist nicht Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer Sperranordnung gegen Access-Provider. Die Klägerinnen müssen sich auf wirksame Weise gegen die Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten Positionen zur Wehr setzen können. Im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung kommt es allein darauf an, ob weitere Rechtsverletzungen auf wirksame Weise abgestellt oder erschwert werden, ohne dass weitere konkrete wirtschaftliche Vorteile auf Seiten der Rechteinhaber hinzutreten müssten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC Telekabel; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 107).
60
ii) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7 EUGrundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.
61
(1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7 EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot, ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "Goldesel" abrufbaren Tonträgern zu vermitteln , durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre, eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" - umgesetzt werden.
62
Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IPAdresse zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 22).
63
Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll, verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 23 f.).
64
Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet ("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24).
65
(2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich (wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG, 73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110, 33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art. 10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete Kommunikation nicht dieser Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders, ZUM 2010, 833, 838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274, 340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl. Jarass in Jarass /Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010, 833, 841).
66
(3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in Stern/Becker, Grundrechte -Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen , 2012, S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und Kommunikationsinhalte zulassen könnte (Hermes in Dreier, Grundgesetz , 3. Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003, S. 129 f.).
67
(4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
68
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt, weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10 Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten - insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S. 183).
69
Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/ Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten un- mittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
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(5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7 EUGrundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht tangiert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass dieses Grundrecht - insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7 EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation, die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist (Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung öffentlicher Angebote zum Download oder des Zugriffs darauf nicht berührt. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 68).
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jj) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, jedenfalls die Anordnung einer URL-Sperre bedürfe als grundrechtsrelevante Maßnahme nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer spezialgesetzlichen Grundlage.
72
(1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des Bürgers , insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt. Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist, unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und nicht zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern gilt (BVerfG, NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft, sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
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(2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern, sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und Telekommunikationsunternehmen , also zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die Gerichte aber selbst bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl. BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene, später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten und regelte deshalb einen klassischen eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
74
(3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu § 1004 BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 - InternetVersteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat hinsichtlich einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39; Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 70, 75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - Internet -Versteigerung II).
75
(4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalón (Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88 ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. - Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss jede Einschränkung der in der EUGrundrechtecharta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich geregelt sein. Bereits in der Sache "L'Oréal/eBay" hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 137 - L'Oréal/eBay; Rössel, jurisPR-ITR 25/2011 Anm. 2 unter C 6).
76
kk) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8 EU-Grundrechtecharta ) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG verwendet werden.
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(1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Geppert /Schütz, Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IPAdressen der Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S. 164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen - das Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM 2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
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Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden - erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO § 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
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(2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1 TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert/Schütz aaO § 95 Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu unterlassen.
80
Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den jeweiligen Nutzern sind allerdings vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
81
d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte nicht zumutbar, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseite "Goldesel" vorgegangen sind.
82
aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer Internetplattform , in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ 173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete Webseite zugänglich gemacht wird.
83
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs - und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie die Betreiber beanstandeter Webseiten - entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten - durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
84
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zumutbarkeit des von den Klägerinnen begehrten Verbots vorliegend nicht entgegensteht , dass diese nicht gegen den Host-Provider der Webseite "Goldesel" gerichtlich vorgegangen sind.
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Ob die Inanspruchnahme des Host-Providers schon dann als ohne jede Erfolgsaussicht zu gelten hat, wenn - wie die Revision geltend macht - die (womöglich mehrfache) Verlagerung des Serverstandorts oder der Wechsel des Host-Providers in der Vergangenheit darauf schließen lässt, dass die Inanspruchnahme durch solche Maßnahmen auch zukünftig ineffektiv bleiben werde , muss vorliegend nicht entschieden werden.
86
Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, dass sie gegen den in Russland ansässigen Host-Provider der beanstandeten Webseiten in seinem Sitzstaat effektiven Rechtsschutz nicht erlangen können. Diese Annahme ist der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen.
87
cc) Die Revision bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseiten "Goldesel" vorgegangen sind. Dessen Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden kann. Die Klägerinnen haben allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten unternommen zu haben. Hier kommt insbesondere die Einschaltung der staatlichen Ermittlungs- behörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführen, in Betracht. Ermittlungsansätze könnten sich weiter daraus ergeben, dass - wie aus der Anlage K 23 hervorgeht - in einem Parallelverfahren in den Niederlanden der niederländische Rechteinhaber vom dortigen Host-Provider die paypalAdresse genannt erhielt, über die der niederländische Host-Provider von den Betreibern von "Goldesel" bezahlt wurde. Auch den darin enthaltenen Anhaltspunkten , die eine Firma namens "t. ", eine E-Mail-Adresse "s. @m. " und eine "S. " betreffen, sind die Klägerinnen nicht nachgegangen. Mangels näherer Erkenntnisse zur Identität und zum Sitz der Betreiber der beanstandeten Webseiten steht nicht fest, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Betreiber der fraglichen Internetseiten nicht möglich und erfolgversprechend ist.
88
e) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass zur Zurückverweisung besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers erörtert worden. Sie ist auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren gewesen. Die Klägerinnen haben hierzu auf die erfolglose Inanspruchnahme des Host-Providers verwiesen und im Übrigen vorgetragen, dass für sie der Betreiber ohne Identitätsangabe auf der Internetseite nicht greifbar gewesen sei. Soweit die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz um einen Hinweis gebeten haben, sofern das Gericht weiteren Vortrag zur Inanspruchnahme des Host-Service-Providers für erforderlich halten sollte, wirkt sich ein fehlender Hinweis nicht zum Nachteil der Klägerinnen aus, weil zu ihren Gunsten zum Host-Provider in der Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass effektiver Rechtsschutz nicht zu erlangen ist (s.o. 86). Das rechtliche Gehör der Klägerinnen ist damit gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
89
III. Aus den vorstehenden Gründen (dazu B II 4) bleibt auch der Hilfsantrag zu 3 der Klägerinnen ohne Erfolg. Über die Hilfsanträge zu 4 und 5 ist nicht zu entscheiden, weil keine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
90
IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014,468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
91
C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher Schaffert Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.08.2011 - 28 O 362/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.07.2014 - 6 U 192/11 -

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.