Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 06. Sept. 2016 - 1 OWi 3 SsRs 93/16

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2016:0906.1OWI3SSRS93.16.0A
bei uns veröffentlicht am06.09.2016

Der Antrag des Betroffenen, seine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 19. Mai 2016 zuzulassen, wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Da eine Geldbuße von 100 € verhängt wurde, kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des nicht zum Verfahrensrecht gehörenden Rechts zu ermöglichen (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

2

1. Eine Gehörsverletzung wird zwar geltend gemacht – wobei offen bleiben kann, ob diese Verfahrensrüge den Anforderungen des auch im Bußgeldverfahren geltenden § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt –, ist aber nicht ersichtlich. Die Behauptung, der Tatrichter habe die auf eine unzulässige Aktenführung durch die Zentrale Bußgeldstelle gestützten Einwände des Betroffenen nicht zur Kenntnis genommen, ist durch die schriftlichen Urteilsgründe widerlegt. Aus dem Umstand, dass der Tatrichter nicht die von dem Betroffenen gewünschten Schlüsse und Konsequenzen aus dessen Vorbringen gezogen hat, ergibt sich keine Gehörsverletzung.

3

2. Obwohl gemäß § 80 Abs. 5 OWiG Verfahrenshindernisse, die bereits bei Erlass des angefochten Urteils vorlagen, grundsätzlich unbeachtlich sind, kommt auch auf Sachrüge eine Zulassung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG in Betracht, wenn klärungsbedürftig ist, ob überhaupt ein Verfahrenshindernis vorliegt, etwa weil fraglich ist, ob einer bestimmten Handlung verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt (BGH v. 29.10.1996 - 4 StR 394/96 - NStZ 1997, 346). Vorliegend ist die Zulassung allerdings nicht geboten.

4

a) Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbricht die Anordnung der ersten Vernehmung des Betroffenen die Verjährung. Für die Wirksamkeit dieser Anordnung ist die Frage, ob eine Bußgeldstelle ihre Akten in Papierform oder digital führen darf/muss, unerheblich.

5

b) Die Zentrale Bußgeldstelle führt ihre Akten zwar derart, dass alle verfahrensrelevanten Dokumente (Schriftstücke, Bilder usw.) zunächst nur digital vorhanden sind bzw. digital hergestellt werden und erst bei Bedarf – sei es zum Zwecke der Versendung, sei es nach Einspruch zur Herstellung einer Papierakte – ausgedruckt werden. Dies geschieht ohne Rechtsgrundlage, weil es die Landesregierung bisher versäumt hat, die notwendige Rechtsverordnung im Sinne des § 110b Abs. 1 Satz 2, 3 OWiG zu erlassen.

6

Daraus folgt allerdings nicht, dass ein von der Zentralen Bußgeldstelle erlassener und mit Hilfe der dortigen EDV-Anlage in Papierform hergestellter und versandter Bußgeldbescheid unwirksam wäre (und somit dessen Erlass bzw. Zustellung keine verjährungsunterbrechende Wirkung hätte). Ein in einem automatisierten Verfahren (§ 51 Abs. 1 Satz 2 OWiG) hergestellter Bußgeldbescheid bedarf keiner Unterschrift, weil nach § 66 OWiG die einfache Schriftform genügt (BGH v. 05.02.1997 - 5 StR 249/96 - NStZ 1998, 453). Welche weiteren Anforderungen an die Wirksamkeit zu stellen sind, ist höchstrichterlich geklärt (BGH a.a.O.; BGH v. 22.05.2006 - 5 StR 578/05 - BGHSt 51, 72; siehe auch KG v. 14.01.2016 - 3 Ws (B) 610/15; OLG Stuttgart - 10.10.2013 - 4a Ss 428/13 - NZV 2014, 186).

7

Ob diese Anforderungen im vorliegenden Verfahren erfüllt sind, ist eine Frage des Einzelfalls und somit nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens. Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass sich aus den Akten ergibt, dass nicht etwas ein Computer den Bußgeldbescheid vom 27. Juli 2015 „erlassen“ hatte, sondern dessen Herstellung von einer namentlich bekannten Mitarbeiterin der Zentralen Bußgeldstelle veranlasst wurde, nachdem sie festgestellt hatte, dass das Foto des Täters und das von ihr angeforderte Passbild des Betroffenen ein und dieselbe Person zeigen. Dies hat auch seinen Niederschlag im Text des Bußgeldbescheids gefunden.

8

c) Es steht der Anwendbarkeit des § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG nicht entgegen, dass die Akte, die am 6. Oktober 2015 beim Amtsgericht Bad Kreuznach einging, aus Ausdrucken digitaler, bei der Zentralen Bußgeldstelle gespeicherter Dateien besteht. Zum einen handelt es sich um das Original der Papierakte, die bei der Zentralen Bußgeldstelle hergestellt wurden – eine andere Papierakte existiert nicht –, zum anderen folgt aus dem Gesetz nicht, dass nur der Eingang von Originaldokumenten verjährungsunterbrechende Wirkung hätte (BayObLG v. 30.06.1998 - 2 ObOWi 197/98 - NZV 1998, 513).

9

Hinzu kommt, dass die dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger vorschwebende Vorlage von Originaldokumenten in tatsächlicher Hinsicht an Grenzen stößt. Bei einem Papierdokument, das mittels einer EDV-Anlage hergestellt wird, ohne Unterschrift und/oder Stempel wirksam ist und auch so versandt wird, gibt es in aller Regel kein Original mit individuellen Merkmalen, sondern lediglich Ausdrucke, die in beliebiger Anzahl herstellt werden können. Gleiches gilt für die Ausdrucke von Lichtbildern, die von teil- oder vollautomatischen Messanlagen von vornherein als digitale Dateien hergestellt werden ebenso wie für digitalisierte Videoprints in digital erstellten Auswerteprotokollen.

10

Eichscheine, Schulungsbescheinigungen, Messprotokolle u.ä. existieren zwar im Original in Papierform, dies allerdings bei weitem nicht in der Anzahl der Messungen, die z.B. während der Gültigkeit der Eichung zu (gerichtlichen) Bußgeldverfahren führen. Deshalb wäre es abwegig, für die Unterbrechungswirkung nach § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG zu verlangen, dass sich in jeder der zahlreichen dem Amtsgericht vorzulegenden Bußgeldakten die Originale befinden.

11

d) Obwohl dies als verfahrensrechtliche Frage nicht Gegenstand des jetzigen Zulassungsverfahrens ist, sei doch die Anmerkung erlaubt, dass entgegen der Ansicht des Verteidigers gegen die Verwendung von Kopien bzw. Ausdrucken auch im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich nichts einzuwenden ist (BGH v. 05.01.1999 - 3 StR 550/98 - NStZ-RR 1999, 176). Es kann inzwischen als offenkundig (allgemeinkundig) im Sinne des § 244 Abs. 2 Satz 2 StPO angesehen werden, dass die heute verwendete Technik dann, wenn es nicht zu manipulativen Eingriffen kommt, gewährleistet, dass sich der Inhalt eines Dokuments auf dem Weg vom Scannen über das Speichern bis zum Drucken nicht verändert; auch eine versehentlich unrichtige Übertragung des Inhalts auf eine Fotokopie kann ausgeschlossen werden. Es gibt grundsätzlich auch keinen Anlass, ernsthaft in Betracht zu ziehen, Mitarbeiter staatlicher Stellen hätten bereits beim Scannen bzw. Kopieren manipuliert oder nachträglich Datensätze verändert. Folglich kann der Tatrichter mangels entgegenstehender konkreter Anhaltspunkte auch davon ausgehen, dass die von einer Bußgeldstelle hergestellten und in die Akte gehefteten Ausdrucke oder Kopien von Eichschein, Schulungsnachweis und Messprotokoll mit dem jeweiligen Original übereinstimmen (siehe auch Thür. OLG v. 16.01.2008 - 1 Ss 284/07 - VRS 114, 453).

12

3. Kosten: §§ 46 Abs.1, § 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG, 473 Abs. 1 StPO

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 06. Sept. 2016 - 1 OWi 3 SsRs 93/16

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Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 06. Sept. 2016 - 1 OWi 3 SsRs 93/16 zitiert 11 §§.

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Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 80 Zulassung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Beschwerdegericht läßt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 auf Antrag zu, wenn es geboten ist, 1. die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, soweit Abs

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 33 Unterbrechung der Verfolgungsverjährung


(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch 1. die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,2. jede richterliche Vernehmung des Bet

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 51 Verfahren bei Zustellungen der Verwaltungsbehörde


(1) Für das Zustellungsverfahren der Verwaltungsbehörde gelten die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes das Verfahren durchführt, sonst die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, soweit die

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 66 Inhalt des Bußgeldbescheides


(1) Der Bußgeldbescheid enthält 1. die Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Nebenbeteiligter,2. den Namen und die Anschrift des Verteidigers,3. die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung,

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 110b Elektronische Formulare; Verordnungsermächtigung


Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates elektronische Formulare einführen. Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass die in den Formularen enthaltenen Angaben ganz oder teilweise in strukturierter maschinenlesba

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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 06. Sept. 2016 - 1 OWi 3 SsRs 93/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2006 - 5 StR 578/05

bei uns veröffentlicht am 22.05.2006

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Referenzen

(1) Das Beschwerdegericht läßt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 auf Antrag zu, wenn es geboten ist,

1.
die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, soweit Absatz 2 nichts anderes bestimmt, oder
2.
das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

(2) Die Rechtsbeschwerde wird wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von anderen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts zugelassen, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt oder eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist, deren Wert im Urteil auf nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt worden ist, oder
2.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder im Strafbefehl eine Geldbuße von nicht mehr als einhundertfünfzig Euro festgesetzt oder eine solche Geldbuße von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war.

(3) Für den Zulassungsantrag gelten die Vorschriften über die Einlegung der Rechtsbeschwerde entsprechend. Der Antrag gilt als vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde. Die Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung (§§ 344, 345 der Strafprozeßordnung) sind zu beachten. Bei der Begründung der Beschwerdeanträge soll der Antragsteller zugleich angeben, aus welchen Gründen die in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 35a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(4) Das Beschwerdegericht entscheidet über den Antrag durch Beschluß. Die §§ 346 bis 348 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. Der Beschluß, durch den der Antrag verworfen wird, bedarf keiner Begründung. Wird der Antrag verworfen, so gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen.

(5) Stellt sich vor der Entscheidung über den Zulassungsantrag heraus, daß ein Verfahrenshindernis besteht, so stellt das Beschwerdegericht das Verfahren nur dann ein, wenn das Verfahrenshindernis nach Erlaß des Urteils eingetreten ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Das Beschwerdegericht läßt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 auf Antrag zu, wenn es geboten ist,

1.
die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, soweit Absatz 2 nichts anderes bestimmt, oder
2.
das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

(2) Die Rechtsbeschwerde wird wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von anderen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts zugelassen, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt oder eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist, deren Wert im Urteil auf nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt worden ist, oder
2.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder im Strafbefehl eine Geldbuße von nicht mehr als einhundertfünfzig Euro festgesetzt oder eine solche Geldbuße von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war.

(3) Für den Zulassungsantrag gelten die Vorschriften über die Einlegung der Rechtsbeschwerde entsprechend. Der Antrag gilt als vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde. Die Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung (§§ 344, 345 der Strafprozeßordnung) sind zu beachten. Bei der Begründung der Beschwerdeanträge soll der Antragsteller zugleich angeben, aus welchen Gründen die in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 35a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(4) Das Beschwerdegericht entscheidet über den Antrag durch Beschluß. Die §§ 346 bis 348 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. Der Beschluß, durch den der Antrag verworfen wird, bedarf keiner Begründung. Wird der Antrag verworfen, so gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen.

(5) Stellt sich vor der Entscheidung über den Zulassungsantrag heraus, daß ein Verfahrenshindernis besteht, so stellt das Beschwerdegericht das Verfahren nur dann ein, wenn das Verfahrenshindernis nach Erlaß des Urteils eingetreten ist.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Betroffenen oder eines Zeugen oder die Anordnung dieser Vernehmung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter, wenn vorher der Betroffene vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter sowie jede Anordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
6.
jedes Ersuchen der Verfolgungsbehörde oder des Richters, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen,
7.
die gesetzlich bestimmte Anhörung einer anderen Behörde durch die Verfolgungsbehörde vor Abschluß der Ermittlungen,
8.
die Abgabe der Sache durch die Staatsanwaltschaft an die Verwaltungsbehörde nach § 43,
9.
den Erlaß des Bußgeldbescheides, sofern er binnen zwei Wochen zugestellt wird, ansonsten durch die Zustellung,
10.
den Eingang der Akten beim Amtsgericht gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 und die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde nach § 69 Abs. 5 Satz 1,
11.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
12.
den Hinweis auf die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden (§ 72 Abs. 1 Satz 2),
13.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
14.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
15.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung.
Im selbständigen Verfahren wegen der Anordnung einer Nebenfolge oder der Festsetzung einer Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 31 Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind. Wird jemandem in einem bei Gericht anhängigen Verfahren eine Handlung zur Last gelegt, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, so gilt als gesetzliche Verjährungsfrist im Sinne des Satzes 2 die Frist, die sich aus der Strafdrohung ergibt. § 32 bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. Die Unterbrechung tritt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7, 11 und 13 bis 15 auch dann ein, wenn die Handlung auf die Verfolgung der Tat als Straftat gerichtet ist.

Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates elektronische Formulare einführen. Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass die in den Formularen enthaltenen Angaben ganz oder teilweise in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln sind. Die Formulare sind auf einer in der Rechtsverordnung zu bestimmenden Kommunikationsplattform im Internet zur Nutzung bereitzustellen. Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass eine Identifikation des Formularverwenders abweichend von § 32a Absatz 3 der Strafprozessordnung durch Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises nach § 18 des Personalausweisgesetzes, § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erfolgen kann. Die Bundesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates auf die zuständigen Bundesministerien übertragen.

(1) Für das Zustellungsverfahren der Verwaltungsbehörde gelten die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes das Verfahren durchführt, sonst die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, soweit die Absätze 2 bis 5 nichts anderes bestimmen. Wird ein Dokument mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt, so wird das so hergestellte Dokument zugestellt.

(2) Ein Bescheid (§ 50 Abs. 1 Satz 2) wird dem Betroffenen zugestellt und, wenn er einen gesetzlichen Vertreter hat, diesem mitgeteilt.

(3) Der gewählte Verteidiger, dessen Bevollmächtigung nachgewiesen ist, sowie der bestellte Verteidiger gelten als ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den Betroffenen in Empfang zu nehmen; für die Zustellung einer Ladung des Betroffenen gilt dies nur, wenn der Verteidiger in der Vollmacht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt ist. Zum Nachweis der Bevollmächtigung genügt die Übermittlung einer Kopie der Vollmacht durch den Verteidiger. Die Nachreichung der Vollmacht im Original kann verlangt werden; hierfür kann eine Frist bestimmt werden. Wird ein Bescheid dem Verteidiger nach Satz 1 Halbsatz 1 zugestellt, so wird der Betroffene hiervon zugleich unterrichtet; dabei erhält er formlos eine Abschrift des Bescheides. Wird ein Bescheid dem Betroffenen zugestellt, so wird der Verteidiger hiervon zugleich unterrichtet, auch wenn eine Vollmacht bei den Akten nicht vorliegt; dabei erhält er formlos eine Abschrift des Bescheides.

(4) Wird die für den Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.

(5) § 6 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sind nicht anzuwenden. Hat der Betroffene einen Verteidiger, so sind auch § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Der Bußgeldbescheid enthält

1.
die Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Nebenbeteiligter,
2.
den Namen und die Anschrift des Verteidigers,
3.
die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeldvorschriften,
4.
die Beweismittel,
5.
die Geldbuße und die Nebenfolgen.

(2) Der Bußgeldbescheid enthält ferner

1.
den Hinweis, daß
a)
der Bußgeldbescheid rechtskräftig und vollstreckbar wird, wenn kein Einspruch nach § 67 eingelegt wird,
b)
bei einem Einspruch auch eine für den Betroffenen nachteiligere Entscheidung getroffen werden kann,
2.
die Aufforderung an den Betroffenen, spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft oder einer etwa bestimmten späteren Fälligkeit (§ 18)
a)
die Geldbuße oder die bestimmten Teilbeträge an die zuständige Kasse zu zahlen oder
b)
im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Vollstreckungsbehörde (§ 92) schriftlich oder zur Niederschrift darzutun, warum ihm die fristgemäße Zahlung nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, und
3.
die Belehrung, daß Erzwingungshaft (§ 96) angeordnet werden kann, wenn der Betroffene seiner Pflicht nach Nummer 2 nicht genügt.

(3) Über die Angaben nach Absatz 1 Nr. 3 und 4 hinaus braucht der Bußgeldbescheid nicht begründet zu werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens
gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus,
dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und
Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl
veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher
feststellen lassen.
BGH, Beschluss vom 22. Mai 2006 5 StR 578/05
OLGBrandenburg

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Mai 2006
in der Bußgeldsache
gegen
wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener
Ortschaften
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2006

beschlossen:
Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus, dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher feststellen lassen.
G r ü n d e Die Vorlegungssache betrifft die Frage, wie eine verjährungsunterbrechende Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG aktenmäßig dokumentiert sein muss.

I.


Der wiederholt wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr mit Geldbußen belegte Betroffene befuhr am Abend des 14. Juni 2004 mit einem gemieteten PKW die BAB 10 westlicher Berliner Ring in Richtung Autobahndreieck Havelland. Dabei überschritt er die durch zwei Zeichen 274 gemäß § 41 StVO auf 80 km/h begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h. Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg erfasste am 29. Juni 2004 den Vorgang in ihrem Rechner und veranlasste eine Halteranfrage. Am nächsten Tag leitete sie durch Übersendung eines Schreibens an die Europcar Autovermietung GmbH die Ermittlung des Fahrers ein. Das Vermietungsunternehmen teilte der Behörde am 20. Juli 2004 die Daten des Betroffenen als des vertraglich vereinbarten
Fahrers mit. Am 27. Juli 2004 rief die Sachbearbeiterin G. um 9.11 Uhr nach Kenntnisnahme der mitgeteilten Daten des Fahrzeugführers den elektronisch erfassten Vorgang unter dem Menüpunkt des Arbeitsprogramms „Vorgang allgemein“ auf. Unter dem nächsten angesteuerten Menüpunkt „Betroffenenwechsel“ gab sie die Daten des Betroffenen ein und erteilte anschließend den elektronischen Befehl zum Druck und zur Versendung des Anhörungsbogens. Die Eingabe der Daten, die elektronischen Befehle der Sachbearbeiterin und deren Ausführung (Druck und Versendung des Anhörungsbogens ) sowie alle weiteren, auch die selbsttätig ausgeführten Arbeitsschritte wurden – für die Sachbearbeiter der Behörde nicht änderbar – gespeichert und nach Abschluss des behördlichen Verfahrens in einer der Bußgeldakte vorgehefteten Vorgangshistorie mit verkürzten, aber verständlichen Schlagworten dokumentiert. Die Sachbearbeiterin hatte sich durch eine kennwortgeschützte Identifikation (drei Buchstaben und zwei Zahlen) vor Bearbeitung des Vorgangs zu legitimieren.
Die Zentrale Bußgeldstelle hat am 22. September 2004 gegen den Betroffenen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 65 Euro festgesetzt. Nach Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Nauen in seinem Urteil vom 22. März 2005 die Geldbuße auf 80 Euro erhöht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der vom Einzelrichter zugelassenen und dem Bußgeldsenat vorgelegten Rechtsbeschwerde. Der Betroffene macht geltend, dass der Bußgeldbescheid nach Eintritt der Verfolgungsverjährung erlassen worden sei. Er vertritt die Auffassung, das zur Bußgeldakte genommene Statusblatt sei als bloßer Computerausdruck zum Nachweis der Anordnung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht geeignet.
Der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts hat mit seinem Beschluss vom 16. November 2005 (VRS 109, 443) die Auffassung vertreten, die von der Sachbearbeiterin bei der Zentralen Bußgeldstelle unter Verwendung des
installierten Arbeitsprogramms und ihres individuellen Kürzels „o. “ veranlasste Versendung des Anhörungsbogens an den Betroffenen habe die Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen. Für Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung müssten sich aus den Verfahrensakten lediglich konkrete Anhaltspunkte ergeben. Die Vorgangshistorie lege unter dem 27. Juli 2004 von einer solchen Individualverfügung einer bestimmten Sachbearbeiterin eindeutig Zeugnis ab. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen sei deshalb zu verwerfen.
Das Oberlandesgericht sieht sich an der beabsichtigten Entscheidung aber durch die Beschlüsse des OLG Dresden vom 27. April 2004 (DAR 2004, 534) und vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) gehindert. Dessen Bußgeldsenat hält für die Wirksamkeit einer Anordnung zur Dokumentation der Übernahme der Verantwortung des Sachbearbeiters und für die Richtigkeit der Beurkundung des Datums der Verfügung die Anbringung einer Unterschrift oder eines Handzeichens in der Akte für geboten. Nur so könne die erforderliche, wenn auch unter Umständen nur oberflächliche Prüfung des Sachbearbeiters nachvollzogen werden, inwieweit die den Verfahrensgegenstand bildende Tat überhaupt noch verfolgbar, insbesondere, ob die Tat nicht bereits verjährt gewesen sei.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung und Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
„Bedarf die erneute Absendung eines Anhörungsbogens im EDVunterstützten Bußgeldverfahren an einen von der Person des bisher als Betroffenen geführten Kfz-Halters abweichenden Fahrer als neuen Betroffenen (so genannter Betroffenenwechsel) eine schriftliche Anordnung mit handschriftlicher Unterschrift oder Namenskürzel durch den Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde, um die Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG herbeizuführen?“

II.


Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind gegeben.
Die Vorlegungsfrage betrifft die Auslegung des Begriffs der „Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens“ gegen den Betroffenen in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG und damit eine Rechtsfrage.
Sie ist auch entscheidungserheblich. Ohne eine Unterbrechung der Verjährung wäre die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG bei Erlass des Bußgeldbescheides am 22. September 2004 bereits abgelaufen gewesen.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht kann die Rechtsbeschwerde auch nicht verwerfen, ohne von tragenden Rechtsansichten anderer Oberlandesgerichte abzuweichen. Allerdings begründet der vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogene Beschluss des OLG Dresden vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) keine Abweichung. Die darin enthaltenen Erwägungen zu den Voraussetzungen einer Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG sind nicht tragend (vgl. König DAR 2005, 572). Ferner liegt kein Fall eines Betroffenenwechsels vor, wie ihn das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 26. Mai 2004 (DAR 2004, 534) beurteilt hat. Es stand nämlich vorliegend von vornherein fest, dass die Halterin des Kraftfahrzeugs , ein Vermietungsunternehmen, die aufzuklärende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht begangen haben konnte. Die Vertreter der Halterin wurden deshalb auch lediglich als Zeugen in Anspruch genommen. Dem Beschluss des OLG Dresden lässt sich aber, wie auch den Beschlüssen des OLG Düsseldorf vom 11. September 1996 (DAR 1996, 507 [LS]), des HansOLG vom 21. Januar 1997 (NZV 1997, 286 und der Vorlegung nachfolgend DAR 2006, 223), des OLG Köln vom 2. November 1999
(DAR 2000, 131) und des OLG Zweibrücken vom 4. Mai 2001 (DAR 2002, 89) die jeweils tragende Rechtsansicht entnehmen, dass in allen Fällen, in denen die Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens auf einer Individualentscheidung eines Sachbearbeiters der Verwaltungsbehörde nach Kenntnisnahme der Personalien eines der Ordnungswidrigkeit Verdächtigen beruht, die dahingehende Verfügung des Sachbearbeiters in der Akte handschriftlich mit Unterschrift oder Namenskürzel dokumentiert sein muss.
Der Senat versteht die Vorlegungsfrage demnach in einem weiteren Sinn dahin, ob im Falle der Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens auf Grund des individuellen elektronischen Befehls eines Sachbearbeiters zusätzlich dessen handschriftliche Unterschrift oder die Anbringung eines Namenskürzels unter der Eingriffsverfügung in der Akte notwendig ist, um die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zu unterbrechen.

III.


In der Sache stimmt der Senat der vom Generalbundesanwalt und dem vorlegenden Oberlandesgericht vertretenen Rechtsansicht zu.
1. Eine Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens liegt vor, falls ein Ermittlungsorgan den Willen geäußert hat, dass dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt werden soll (vgl. zum insoweit wortgleichen § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 78c Rdn. 3). Solches wird angenommen, wenn der zuständige Beamte der Verwaltungsbehörde verfügt hat, dass dem Betroffenen ein Anhörungsbogen zugesandt werden soll (BGHSt 25, 6, 8). Eine derartige Verfügung liegt auch vor, wenn der Wille des Sachbearbeiters als elektronischer Befehl zur Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens im Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde niedergelegt wird (vgl. Olizeg NZV 2005, 130). Es macht keinen sachlichen Unterschied, ob eine schriftliche Verfügung des
Sachbearbeiters, den Anhörungsbogen zu erstellen und zu versenden, an eine mit dieser Aufgabe betraute Schreibkraft gerichtet oder ob eine in der Sache identische, aber elektronisch gespeicherte Verfügung des Sachbearbeiters vom Arbeitsprogramm des Rechners ausgeführt wird. In beiden Fällen wird der vom Sachbearbeiter gefasste Wille, gegen einen bestimmten Betroffenen wegen einer bestimmten mit Bußgeld bedrohten Handlung vorzugehen , auf gleiche Weise konkretisiert.
2. Die dagegen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.

a) Der Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG verlangt keine schriftliche Dokumentation der Anordnung in der Verfahrensakte. Die Wirksamkeit der Unterbrechungshandlung hängt nur von der Einhaltung einer bestimmten Form ab, wenn solches ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist (Kucklick DAR 2005, 611, 612; vgl. auch Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 4; Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 8).

b) Auch die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG begründet kein Erfordernis der Schriftform für Anordnungen im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG (OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Gübner NZV 1998, 230, 233; König DAR 2002, 526; DAR 2005, 572; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die gegenteilige Auffassung (OLG Dresden DAR 2004, 534; HansOLG DAR 2006, 223, 224; Kucklick DAR 2005, 611, 612 f.) übersieht die systematische Stellung dieser Vorschrift im Normengefüge der Verjährungsvorschriften des Gesetzes. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 OWiG enthält einen Katalog abschließend aufgezählter Unterbrechungshandlungen und bestimmt deren Wirksamkeitsvoraussetzungen einschließlich gegebenenfalls vorhandener Formerfordernisse. Dagegen regelt die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG lediglich in dem Spezialfall einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verjährungsun-
terbrechung. Ein Übergreifen des Regelungsbereichs der Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG auf den des ersten Absatzes dieser Vorschrift ist demnach ausgeschlossen.
Das Ergebnis der systematischen Auslegung wird durch die historische Auslegung bestätigt. Der Gesetzgeber wollte keine Formerfordernisse für die Wirksamkeit der verjährungsunterbrechenden Handlungen statuieren (vgl. OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG sollte lediglich die bis dahin bestehende, praktisch sehr wichtige Zweifelsfrage klären, in welchem Zeitpunkt die Verjährung unterbrochen wird, falls die Unterbrechungshandlung schriftlich vorgenommen worden ist (vgl. BT-Drucks. 7/550 S. 345 und 216; Rotberg, OWiG 5. Aufl. [1975] § 33 Rdn. 21).

c) Aus der Einführung der §§ 110a ff. OWiG durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005 (BGBl I S. 837) ergibt sich nichts anderes. Die neuen Vorschriften bezwecken keinesfalls eine Verringerung des bisherigen lediglich unterstützenden Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung bei Führung einer Verfahrensakte auf Papier (vgl. Schmehl/Graf in KK-OWiG 3. Aufl. vor § 110a Rdn. 2; Graf aaO § 110b Rdn. 5) und gebieten deshalb aus systematischen Erwägungen keine Einschränkung der Nutzung herkömmlicher Datenverarbeitungsprogramme.

d) Auch der Zweck der Verjährungsvorschrift erfordert keine schriftliche Dokumentation der Anordnung.
aa) Die Rechtseinrichtung der Verjährung soll dem Rechtsfrieden und damit der Rechtssicherheit dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegentreten (vgl. BGHSt 11, 393, 396; 12, 335, 337). Der Rechtsfrieden tritt nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Verjährungsfrist durch Eintritt der Verfolgungsverjährung ein. Den Möglichkeiten einer Verjährungsunterbrechung kommt demnach als
Eingriff in eine vom Gesetz festgesetzte Regelfrist Ausnahmecharakter zu, der zu einer engen Auslegung der Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung nötigt (vgl. BGHSt 12, 335, 337; 26, 80, 83; 28, 381, 382). Indes liegt es in der Natur der Sache, dass in den Fällen, in denen das Gesetz zur Unterbrechung der Verjährung die Anordnung einer Maßnahme genügen lässt, die Unterbrechungshandlung grundsätzlich auch mündlich oder durch schlüssige Handlung ergehen kann (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: OLG Schleswig VRS 63, 138; OLG Hamm NStZ 1988, 137). Deshalb ist auch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden (vgl. KG VRS 100, 134, 135; Gübner NZV 1998, 230, 232; König DAR 2002, 526; Olizeg NZV 2005, 130).
bb) Allerdings erfordert jede Feststellung, ob die Verjährungsfrist abgelaufen ist, eine hierfür ausreichend transparente Entscheidungsgrundlage. Die Voraussetzungen einer verjährungsunterbrechenden Anordnung müssen deshalb nach ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt ihres Ergehens erkennbar sein und in ihrer Wirkung auf das Verfahren abgeschätzt werden können (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH bei Holtz MDR 1978, 986). Für die Wirksamkeit der Anordnung, dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt zu geben, ist es ausreichend, dass sich für deren Zeitpunkt und Inhalt konkrete Anhaltspunkte aus den Akten ergeben (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 30, 215, 219 f.; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: KG VRS 100, 134, 135) und sich so der behördliche Wille zur Vornahme der Unterbrechungshandlung mit Gewissheit feststellen lässt (vgl. BayObLG DAR 2004, 401; 531, 532; VRS 62, 58, 59; Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler, OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 45; Rebmann /Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 46a; Lemke/Mosbacher OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 10). So liegt es hier.
Der nach Speicherung der Daten des Betroffenen gegen diesen gerichtete Verfolgungswille der Sachbearbeiterin der Verwaltungsbehörde hat sich in den elektronisch gespeicherten Befehlen zur Fertigung und Versendung des Anhörungsbogens manifestiert. Der Zeitpunkt des Eingriffs der Sachbearbeiterin wurde selbsttätig und unveränderbar nach Tag und Uhrzeit – letztere mit Sekundengenauigkeit – gespeichert. Die elektronische Speicherung bietet hier, wie das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht betont, eine ausreichende Gewähr für die Zuverlässigkeit und Richtigkeit der erfassten Daten und Befehle. Die auf Papier in der Akte zur Verfügung stehende Vorgangshistorie weist in Bezug auf eine bestimmte Tat sämtliche im Arbeitsprogramm des Rechners vorgenommenen Eingriffe und automatisch gesteuerten Vorgänge aus, anhand derer auch Art, Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung sicher nachzuvollziehen sind (vgl. Olizeg NZV 2005, 130, 131).
Für die Feststellung, welcher Sachbearbeiter die Anordnung getroffen hat, bedarf es ebenfalls keiner Schriftform. Auf Grund der für die Dateneingabe und die Erteilung der weiteren elektronischen Befehle notwendigen Legitimation und deren Darlegung in der Vorgangshistorie kann der Sachbearbeiter , der die Anordnung getroffen hat, eindeutig bestimmt werden. Einer zusätzlichen handschriftlichen Autorisierung der Anordnung bedarf es nicht (Olizeg aaO S. 131; auch mit Nachweisen zur Gegenauffassung).

e) Darüber hinausgehende Anforderungen an die Dokumentation der Anordnung bestehen nicht. Soweit mehrere Oberlandesgerichte (HansOLG VRS 47, 43, 45; DAR 2006, 223, 224; KG VRS 100, 134, 135; OLG Dresden DAR 2004, 534, 535; 2005, 570, 571) die Auffassung vertreten , Unterschrift oder Namenskürzel des Sachbearbeiters würden eine gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen, insbesondere des Nichteintritts der Verjährung dokumentieren, trifft dies nicht zu. Für eine Dokumentation einer solchen Prüfung wäre eine Darlegung der Tatzeit, der Verjährungsfrist und die Feststellung geboten, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt
der Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens noch nicht abgelaufen ist. Eine derartige gesonderte Dokumentation der Prüfung der Verjährungsfrage ist aber sachlich nicht veranlasst und wird auch im Strafverfahren weder von einem Staatsanwalt, der Anklage erhebt, noch von den Strafgerichten , die das Hauptverfahren eröffnen, erheischt. Schon die Strafdrohung des § 344 StGB (vgl. Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 344 Rdn. 3) und das Bedürfnis nach Arbeitserleichterung bieten die hinreichende Gewähr, dass bei Anordnung der Verfahrensfortsetzung die gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen jedenfalls schlüssig erfolgt ist.
3. Die hier niedergelegte Rechtsauffassung stimmt mit den vom Senat in BGHSt 42, 380 gefundenen Anforderungen für den Nachweis des Erlasses eines Bußgeldbescheides überein.
4. Der Senat weist darauf hin, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens dem Betroffenen mittels eines (auch gespeicherten) elektronischen Briefes (vgl. Weller
in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11) erfolgt oder wenn ein – fortentwickeltes – Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde nach individueller Eingabe der Daten des Betroffenen die Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens selbsttätig veranlasst (vgl. Olizeg NZV 2005, 130).
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(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Betroffenen oder eines Zeugen oder die Anordnung dieser Vernehmung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter, wenn vorher der Betroffene vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter sowie jede Anordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
6.
jedes Ersuchen der Verfolgungsbehörde oder des Richters, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen,
7.
die gesetzlich bestimmte Anhörung einer anderen Behörde durch die Verfolgungsbehörde vor Abschluß der Ermittlungen,
8.
die Abgabe der Sache durch die Staatsanwaltschaft an die Verwaltungsbehörde nach § 43,
9.
den Erlaß des Bußgeldbescheides, sofern er binnen zwei Wochen zugestellt wird, ansonsten durch die Zustellung,
10.
den Eingang der Akten beim Amtsgericht gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 und die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde nach § 69 Abs. 5 Satz 1,
11.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
12.
den Hinweis auf die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden (§ 72 Abs. 1 Satz 2),
13.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
14.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
15.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung.
Im selbständigen Verfahren wegen der Anordnung einer Nebenfolge oder der Festsetzung einer Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 31 Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind. Wird jemandem in einem bei Gericht anhängigen Verfahren eine Handlung zur Last gelegt, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, so gilt als gesetzliche Verjährungsfrist im Sinne des Satzes 2 die Frist, die sich aus der Strafdrohung ergibt. § 32 bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. Die Unterbrechung tritt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7, 11 und 13 bis 15 auch dann ein, wenn die Handlung auf die Verfolgung der Tat als Straftat gerichtet ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Das Beschwerdegericht läßt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 auf Antrag zu, wenn es geboten ist,

1.
die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, soweit Absatz 2 nichts anderes bestimmt, oder
2.
das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

(2) Die Rechtsbeschwerde wird wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von anderen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts zugelassen, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt oder eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist, deren Wert im Urteil auf nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt worden ist, oder
2.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder im Strafbefehl eine Geldbuße von nicht mehr als einhundertfünfzig Euro festgesetzt oder eine solche Geldbuße von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war.

(3) Für den Zulassungsantrag gelten die Vorschriften über die Einlegung der Rechtsbeschwerde entsprechend. Der Antrag gilt als vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde. Die Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung (§§ 344, 345 der Strafprozeßordnung) sind zu beachten. Bei der Begründung der Beschwerdeanträge soll der Antragsteller zugleich angeben, aus welchen Gründen die in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 35a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(4) Das Beschwerdegericht entscheidet über den Antrag durch Beschluß. Die §§ 346 bis 348 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. Der Beschluß, durch den der Antrag verworfen wird, bedarf keiner Begründung. Wird der Antrag verworfen, so gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen.

(5) Stellt sich vor der Entscheidung über den Zulassungsantrag heraus, daß ein Verfahrenshindernis besteht, so stellt das Beschwerdegericht das Verfahren nur dann ein, wenn das Verfahrenshindernis nach Erlaß des Urteils eingetreten ist.