Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 11. Okt. 2016 - 8 W 1679/15

bei uns veröffentlicht am11.10.2016
vorgehend
Amtsgericht Weiden i.d. OPf., UR II 1/14, 07.07.2015

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Weiden i.d. OPf. vom 07.07.2015, Az. UR II 1/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Beteiligten haben Gelegenheit bis 28.10.2016, zum Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens vorzutragen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt mit seiner sofortigen Beschwerde die Änderung des Zeitpunkts, zu dem sein verschollener Bruder für tot erklärt wird.

1. Der Beschwerdeführer (Beteiligter zu 1) und Dr. S, geboren am xx.xx.1926 (Beteiligter zu 12, nachfolgend: Verschollener), sind Brüder und als Gesellschafter an mehreren Gesellschaften der S.-Gruppe beteiligt.

Der Verschollene wurde zuletzt Ende des Jahres 1991 lebend gesehen.

Mit Beschluss vom 13.03.2008 (Az. VIII 7/08; Bl. 52 d.A.) ordnete das Amtsgericht Weiden i.d. OPf. auf Antrag des Beteiligten zu 2 vom 11.03.2008 (Bl. 51 d.A.) die Abwesenheitspflegschaft für den Verschollenen an, weil dieser unbekannten Aufenthalts sei (§ 1911 BGB), und bestellte den Beteiligten zu 2 zum Abwesenheitspfleger mit dem Aufgabenbereich Verwaltungs- und Sicherungsmaßnahmen betreffend ein Grundstück des Verschollenen in K. Mit Beschluss vom 11.11.2008 (53 d.A.) erweiterte das Amtsgericht Weiden i.d. OPf. die Abwesenheitspflegschaft und die Bestellung des Beklagten zu 2 auf die gesamte Vermögenssorge.

Bei einem Versterben am 31.12.2006 wäre der Verschollene nach den vorliegenden Erkenntnissen allein durch den Beschwerdeführer beerbt worden.

Bei einem Versterben am 31.12.1994 wäre der Verschollene nach den vorliegenden Erkenntnissen vom Beschwerdeführer, seiner Mutter M. S. und seiner Schwester E. B. beerbt worden.

Die Mutter M. S. ist am 13.10.2005 verstorben und wurde von der S. Stiftung (Beteiligte zu 5), beerbt (vgl. Testament, Bl. 128 ff. d.A.). Testamentsvollstrecker ist insofern der Beteiligte zu 3.

Die Schwester E. B. ist am 12.04.2000 verstorben und wurde von S. C. (Beteiligter zu 7) und R. B. beerbt.

R. B. ist am 18.07.2001 verstorben und wurde von W-D. B. (Beteiligter zu 6), H. B., F. B. (Beteiligter zu 10) und A. B. beerbt (Bl. 59 d.A.).

H. B. ist am 21.05.2011 verstorben und wurde von U. B. (Beteiligte zu 8), Fl. B. (Beteiligter zu 11) und A. L-B (Beteiligte zu 9) beerbt (65 d.A.). A. B. ist am 11.08.2009 verstorben und wurde von R. B. und F. B. (Beteiligter zu 10) beerbt (Bl. 64 d.A.).

Während der Anhängigkeit des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist R. B. am 02.09.2015 verstorben und wurde von F. B. (Beteiligter zu 10), Fl. B. (Beteiligter zu 11) und A. L-B. (Beteiligte zu 9) beerbt (Bl. 163 d.A.).

2. Mit Schreiben vom 31.03.2014 (Bl. 1 f. d.A.) hat der Beschwerdeführer beantragt, den Verschollenen für tot zu erklären. Als letztes Lebenszeichen hat der Beschwerdeführer dabei einen Telefonanruf im November 2003 genannt, ohne hierzu näher auszuführen.

Bei einem Anhörungstermin vor dem Rechtspfleger des Amtsgerichts Weiden i.d. OPf. am 25.09.2014 hat der Beschwerdeführer u.a. zu einem Telefonanruf am 21.11.2003 näher ausgeführt (vgl. Niederschrift, Seite 2, Bl. 46 d.A.) und die Angaben an Eides statt versichert.

An diesem Tag habe abends das Telefon im Privatanwesen des Beschwerdeführers in M. geklingelt. Als der Beschwerdeführer den Anruf entgegen genommen habe, habe der Verschollene über eine schlechte, öfter unterbrochene Verbindung neben unverständlichen Wortteilen gesagt: „Hallo C., bist Du's, lebt die Mama noch, wie geht's der Mama?“. Der Anruf habe maximal eine Minute gedauert und sei dann abgebrochen worden. Anhand der Stimme und der Wortwahl habe der Beschwerdeführer eindeutig den Verschollenen identifizieren können. Zudem hat der Beschwerdeführer zwei von ihm zu diesem Gespräch gefertigte Vermerke vorgelegt (Bl. 48 f. d.A.).

Demzufolge hat der Beschwerdeführer beantragt, den Todeszeitpunkt i.S. des § 9 VerschG auf den 31.12.2006 festzusetzen (Bl. 46 d.A.).

Bei einem Anhörungstermin vor dem Rechtspfleger des Amtsgerichts Weiden i.d. OPf. am 19.11.2014 hat der Beteiligte zu 2 erklärt, der Beschwerdeführer habe ihm zu einem nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkt erklärt, einen Anruf des Verschollenen erhalten und sich das Datum des Anrufs notiert zu haben (Bl. 61 d.A.).

Der Beteiligte zu 6 hat zum behaupteten Anruf am 21.11.2003 erklären lassen, dass der Beschwerdeführer diesen ihm gegenüber nie erwähnt habe, obwohl dies insbesondere wegen diverser erbrechtlicher Auseinandersetzungen zu erwarten gewesen wäre (Bl. 72 d.A.).

3. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 07.07.2015 (Bl. 86 ff. d.A.) hat das AG Weiden i.d. OPf. den Verschollenen für tot erklärt und als Todeszeitpunkt den 31.12.1994, 24:00 Uhr, festgestellt. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt:

Nach den durchgeführten Ermittlungen müsse angenommen werden, dass der Verschollene Weiden i.d. OPf. im Jahr 1991 im Alter von 65 Jahren verlassen habe und seither nicht mehr lebend gesehen worden sei. Es sei daher mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Verschollene ums Leben gekommen sei.

Anhaltspunkte für eine Feststellung des wahrscheinlichsten Todeszeitpunkts nach § 9 Abs. 2 VerschG lägen nicht vor.

Als Todeszeitpunkt sei daher nach § 9 Abs. 3 a VerschG das Ende des dritten Jahres nach dem letzten Jahr, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten nach noch gelebt habe, festzustellen. Danach habe der Verschollene zuletzt im Jahr 1991 gelebt. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Schilderung des Beschwerdeführers zu dem behaupteten Anruf im Jahr 2003, da es sich insoweit nicht um eine objektivierbare Nachricht handele (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. Februar 2014 - 15 W 280/13 - Rpfleger 2015, 45). Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Anrufer nicht um den Verschollenen gehandelt habe. Der Beschwerdeführer könne insofern auch einem Irrtum unterlegen oder auf eine List eines Dritten hereingefallen sein.

4. Mit seiner Beschwerde vom 04.08.2015 (Bl. 94 ff. d.A.) verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren, den Todeszeitpunkt auf den 31.12.2006 feststellen zu lassen, weiter. Zur Begründung führt er insbesondere aus:

Wegen der sicheren Einschätzung des Beschwerdeführers, der den Verschollenen zu 100% erkannt habe, sei von einer letzten Nachricht im Jahr 2003 auszugehen.

Der Beschwerdeführer habe unmittelbar nach dem Anruf gegenüber seiner Ehefrau erklärt, mit dem Verschollenen telefoniert zu haben (vgl. Bestätigung vom 20.07.2015, Bl. 97 d.A.), und dem nunmehrigen Bevollmächtigten des Beschwerdeführers, RA Dr. B. davon berichtet (vgl. Aktenvermerk vom 19./20.12.2005, Bl. 98 ff. d.A.).

Bedeutsam sei auch, dass der Anruf, in welchem sich der Anrufer nach der Mutter erkundigt habe, kurz vor deren 100. Geburtstag am 05.12.2003 - der dem Verschollenen, nicht jedoch jedem Außerstehenden bekannt gewesen sei - stattgefunden habe.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 06.08.2015 (Bl. 103 f. d.A.) nicht abgeholfen.

Mit Schriftsatz vom 07.09.2015 (Bl. 114 d.A.) hat der Beschwerdeführer seinen Vortrag bekräftigt und ausgeführt, dass ihn das Amtsgericht fehlerhafter Weise nicht auf Zweifel an der Richtigkeit der Angaben zu dem Anruf im Jahr 2003 hingewiesen habe, und fehlerhaft angenommen habe, zur Feststellung des wahrscheinlichsten Todeszeitpunkts nach § 9 Abs. 2 VerschG sei ein Vollbeweis erforderlich. Zu Unrecht sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass keine objektivierbare Nachricht vorliegen könne, wenn diese auf der subjektiven Wahrnehmung des Beschwerdeführers beruhe.

Der Beteiligte zu 3 hat mit Schriftsatz vom 23.03.2016 (Bl. 141 ff. d.A.) die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und hierzu insbesondere ausgeführt:

Es müsse davon ausgegangen werden, dass, wenn es den Anruf tatsächlich gegeben haben sollte, dieser nicht vom Verschollenen geführt worden sei.

So habe der Beschwerdeführer die vorgelegten Vermerke mit einem Fragezeichen versehen, was andeute, dass er sich hinsichtlich der Identität des Anrufers selbst nicht sicher gewesen sei. Es sei auch lebensfremd anzunehmen, dass der Beschwerdeführer nach zwölfjähriger Abwesenheit die - altersbedingt veränderte - Stimme des inzwischen 77jährigen Verschollenen über eine schlechte Telefonverbindung anhand weniger Sätze zweifelsfrei erkannt haben sollte.

Zudem sei das Verhältnis des Beschwerdeführers und des Verschollenen nicht gut gewesen und der Verschollene hätte seine Mutter unter deren unveränderter Telefonnummer direkt anrufen können, um sich nach deren Befinden zu erkundigen. Der bevorstehende 100. Geburtstag der Mutter sei auch (…) bekannt gewesen (…), Bl. 151 ff. d.A.).

Aus den Erklärungen der Ehefrau des Beschwerdeführers und des RA Dr. B. ergebe sich kein weitergehender Erkenntniswert, da diese lediglich Erzählungen des Beschwerdeführers wiedergeben könnten. Gegen die Richtigkeit der Darstellungen zum Anruf spreche hingegen, dass der Beschwerdeführer diesen gegenüber dem Beteiligten zu 6 nicht erwähnt habe, was auch der Beteiligte zu 3 bestätigen könne.

Gegen die Annahme, dass der Verschollene nach Ablauf des Jahres 1991 noch am Leben gewesen sein sollte, spreche zudem, dass nach dem Jahr 1991 keinerlei sonstiges Lebenszeichen mehr dokumentiert worden sei, insbesondere der am 20.11.1996 abgelaufene Reisepass nicht mehr verlängert worden sei und keine Verfügungen über die Bank- und Kreditkartenkonten vorgenommen worden seien.

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 22.07.2016 (Bl. 185 ff. d.A.) insbesondere weiter vorgetragen lassen, die Fragezeichen auf den Vermerken nur gesetzt zu haben, weil er beim Portier habe nachfragen wollen, ob der Verschollene zuvor bei diesem angerufen habe. Die Fähigkeit zur Wiedererkennung anhand der Stimme sei gerade bei Verwandten unabhängig vom Alter hoch ausgeprägt. Wenn der Verschollene überhaupt Kontakt zu Familienmitgliedern (…) gesucht habe, dann über den Beschwerdeführer, nicht über die Mutter. Zu einer Erwähnung des Anrufs gegenüber dem Beteiligten zu 6 habe kein Anlass bestanden.

Anhaltspunkte für ein Versterben des Verschollenen vor dem 31.12.2006, der am 31.12.1991 erst 65 Jahre alt und bei bester Gesundheit gewesen sei, bestünden nicht.

Auch nach dem Jahr 1991 habe der Steuerberater Dr. B. Steuererklärungen für den Verschollenen erstellt. Dieser habe keine Anzeichen für dessen Versterben gehabt (vgl. Bl. 41 d.A.). Es sei nicht nachgewiesen, dass der Verschollene nach Ablauf des Jahres 1991 seinen Pass nicht habe verlängern lassen und keine Verfügungen über Konten mehr getroffen habe. Zudem komme in Betracht, dass der Verschollene ausländische Konten und einen ausländischen Pass gehabt habe.

Jedenfalls hätte das Amtsgericht zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts die Ehefrau des Beschwerdeführers und RA Dr. B. als Zeugen vernehmen müssen.

Der Beteiligte zu 3 hat mit Schriftsatz vom 18.08.2016 (Bl. 197 ff. d.A.) insbesondere weiter ausgeführt, durch die berichtete Nachfrage „H., bist Du's?“ habe der Beschwerdeführer dokumentiert, den Anrufer nicht sicher erkannt zu haben. Auch unterschieden sich die Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Anhörung und in den vorgelegten Vermerken hinsichtlich des Inhalts des behaupteten Telefongesprächs und hinsichtlich weiterer, späterer Anrufe.

Durch Nachforschungen des Beteiligten zu 2 sei belegt, dass der Verschollene nach Ablauf des Jahres 1991 nicht mehr über seine Konten verfügt habe. Auslandskonten hätten nicht ermittelt werden können (vgl. Bl. 61 d.A.).

Auch die Beteiligten zu 6 (Bl. 222 d.A.) sowie zu 8 bis 11 (Bl. 165, 172 ff. d.A.) haben die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Die - zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 26 VerschG) eingelegte - sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 kann keinen Erfolg haben.

1. Keine Bedenken bestehen zunächst insoweit, als das Amtsgericht den Verschollenen gemäß § 3 Abs. 1 Alt. 2, § 1 Abs. 1 VerschG für tot erklärt hat. Nach den Ergebnissen der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass der Verschollene Ende des Jahres 1991 nach Mexiko gereist ist. Im Hinblick auf das inzwischen erreichte Alter des Verschollenen und auf die Tatsache, dass seither keine Lebenszeichen - mit Ausnahme des behaupteten Anrufs vom 21.11.2003 - ermittelt werden konnten, bestehen ernstliche Zweifel am Fortleben des Verschollenen i.S. des § 1 Abs. 1 VerschG.

Gegen die Todeserklärung als solche wendet sich der Beschwerdeführer auch nicht.

2. Es bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich des festgestellten Todeszeitpunkts.

a) Nach § 9 Abs. 2 VerschG ist als Todeszeitpunkt der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist. Für den Fall, dass die Ermittlungen keinen bestimmten Anhaltspunkt für den Zeitpunkt des Todes ergeben, muss das Gericht diesen nach den subsidiär geltenden Regeln des § 9 Abs. 3 VerschG schematisch feststellen (OLG Hamm Rpfleger 2015, 45, juris Tz. 7; Staudinger/Habermann [2013], § 9 VerschG Rn. 4).

b) Das Amtsgericht hat trotz umfangreicher eigener Ermittlungen, insbesondere der Einholung von Auskünften verschiedener Behörden und der Anhörung des Beteiligten zu 2 als Abwesenheitspfleger, keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, wann der Verschollene verstorben sein könnte. Solche ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Anhaltspunkte für eine Feststellung des Todeszeitpunkts nach Wahrscheinlichkeit gemäß § 9 Abs. 2 VerschG bestehen daher nicht.

c) Das Amtsgericht hatte daher, ohne dass ihm dabei ein Ermessen zukam, den Todesfallzeitpunkt auf das Ende des dritten Jahres nach dem letzten Jahr, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat, festzustellen (§ 9 Abs. 3 a Alt. 2 VerschG). Der Senat teilt dabei die Auffassung des Amtsgerichts, dass der Verschollene den vorhandenen Nachrichten nach zuletzt im Jahr 1991 gelebt hat.

1) Für das Jahr 1991 sind eine Reihe von Nachrichten vorhanden, die belegen, dass der Verschollene in diesem Jahr noch gelebt hat. Dies gilt etwa für die Mitteilung des Steuerberaters Dr. B. vom 08.07.2014 (Bl. 41 d.A.), der den Verschollenen am 21.06.1991 zuletzt persönlich getroffen haben will und dem der Verschollene in einem Brief vom 27.11.1991 angekündigt haben soll, Anfang Dezember 1991 nach „Amerika“ zu fliegen. Anhaltspunkte, die an der Richtigkeit dieser Auskunft zweifeln ließen, bestehen nicht. Diese decken sich vielmehr mit Angaben des Beteiligen zu 2 als Abwesenheitspfleger, nach welchen im Anwesen des Verschollenen in K. nur handschriftliche Schriftstücke des Verschollenen gefunden worden seien, die jüngst auf Dezember 1991 datiert gewesen seien.

2) Lebenszeichen aus der Zeit nach Ablauf des Jahres 1991 - mit Ausnahme des vom Beschwerdeführer geschilderten Anrufs vom 21.11.2003 - konnten trotz der durchgeführten Ermittlungen und der Durchführung des Aufgebotsverfahrens nach §§ 19 ff. FamFG nicht festgestellt werden. So haben die Anfragen bei den einschlägigen Behörden keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Verschollene nach Ablauf des Jahres 1991 in Kontakt zu deutschen Behörden getreten wäre. Auch Verfügungen über Bankkonten etc. sind nicht dokumentiert, obwohl der Beteiligte zu 2 als Abwesenheitspfleger nach seinen eigenen Angaben entsprechende Ermittlungen, auch zu eventuellem Auslandsvermögen des Verschollenen, angestellt hat.

Konkrete Nachrichten des Verschollenen nach Ablauf des Jahres 1991 - mit Ausnahme des Anrufs - behauptet auch der Beschwerdeführer nicht, insbesondere nicht, dass der Verschollene - entgegen der Darstellung des Steuerberaters Dr. B. - noch nach diesem Zeitpunkt in Kontakt mit diesem gestanden hätte, insbesondere bei der Abgabe von Steuererklärungen in seinem Namen mitgewirkt hätte.

3) Die Schilderungen des Beschwerdeführers zu einem behaupteten Anruf des Verschollenen am 21.11.2003 reichen nicht aus, um diese als Nachricht i.S. des § 9 Abs. 3 a VerschG werten zu können, nach welcher der Verschollene im Jahr 2003 noch am Leben gewesen wäre.

(1) Im Verfahren nach dem FamFG (§ 13 Abs. 1 VerschG) hat das Gericht anzustreben, sich durch die Beweiserhebung die Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer ins Verfahren eingebrachten Tatsache zu bilden. Nicht erforderlich ist eine objektive (absolute) Wahrheit. Vielmehr ist eine „verfahrensordnungsgemäß gewonnene Wahrheit“ anzustreben (vgl. MüKo- FamFG/Ulrici, 2. Aufl., § 29 Rn. 2). Auch wenn das Gericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen anzustellen hat (§ 26 FamFG), kann es ihm unbekannte und nicht ermittelbare Tatsachen denknotwendig nicht berücksichtigen. Auch wenn die Beteiligen - insbesondere durch die Abgabe von Erklärungen - am Verfahren mitwirken sollen (§ 27 FamFG), steht der Gegenstand der Beweiserhebung nicht zu deren Disposition.

(2) Wie das Amtsgericht ist auch der Senat nicht davon überzeugt, dass der Verschollene noch im Jahr 2003 den Beschwerdeführer angerufen hat.

(a) Dabei hält es der Senat zwar für nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer seinen Bruder auch nach zwölfjähriger Abwesenheit und anhand weniger Sätze über eine schlechte Telefonverbindung an der Stimme erkennen könnte. Gleichzeitig erscheint es aber auch nicht fern liegend, dass es unter den geschilderten Umständen zu einem Irrtum des Beschwerdeführers über die Identität des Anrufers - unterstellt, es hat einen solchen Anruf gegeben - kommen kann.

(b) Zunächst besteht eine Reihe von Anhaltspunkten dafür, dass sich der Beschwerdeführer zumindest zunächst selbst nicht sicher war, den Verschollenen sicher erkannt zu haben.

Jedenfalls deutet die vom Beschwerdeführer selbst bei seiner Anhörung geschilderte Rückfrage „H., bist Du's?“ (Bl. 46 d.A.) darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Identität des Anrufers selbst nicht vollkommen sicher war.

Dies wird unterstrichen durch die Kalendereintragung „Anruf H.?“ (Bl. 48 d.A.) sowie den Inhalt des behauptetermaßen ein Jahr nach dem 21.11.2003 gefertigten Vermerks (Bl. 49 d.A.), der die Eintragung „Anruf H. ? / 21.11.2003 / 19:00 ? in M. / Tel. von Portier ?“ enthält. Hierbei deutet die Verwendung der Fragezeichen unmittelbar nach der Eintragung „Anruf H. “ durchaus an, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Fertigung der Eintragungen nicht sicher war, ob der Anruf tatsächlich vom Verschollenen ausging. Dies lässt sich auch nicht mit dem Vortrag des Beschwerdeführers erklären, dass der Beschwerdeführer insofern beim Portier nachfragen habe wollen, ob der Anrufer zunächst bei diesem angerufen und die Telefonnummer dort erfragt habe. Denn hinsichtlich der Eintragung „Tel. von Portier“ befindet sich ein eigenes Fragezeichen. Was er im Zusammenhang mit dem Fragezeichen direkt hinter den Worten „Anruf H.“ im Übrigen noch habe erledigen oder erfragen wollen, stellt der Beschwerdeführer nicht dar.

(c) Auf eine nicht vollständig verlässliche Erinnerungsfähigkeit des Beschwerdeführers deuten zudem die inhaltlichen Abweichungen in den vorgelegten Vermerken hin.

So enthält der behauptetermaßen aus dem Jahr 2004 stammende Vermerk (Bl. 49 d.A.) zum Inhalt des Gesprächs die Eintragung „Hallo C. bist D…, / lebt die Mama noch? ja / dann nur noch Wortteile / und Verbindung Weg“.

Nach dem Aktenvermerk des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers vom 19./20.12.2005 (Bl. 98 d.A.) soll der Beschwerdeführer erklärt haben, der Anrufer habe nicht nur gefragt, „ob die 'Mama' noch lebe“, sondern auch, ob ein Kfz-Brief für den Pkw Marke VW des Verschollenen noch vorhanden sei. Vermutlich habe es auch danach noch Anrufe vom Verschollenen gegeben, die Verbindung sei jedoch sehr schlecht gewesen und nach kurzer Zeit zusammen gebrochen, weshalb sich der Beschwerdeführer nicht mehr sicher sei.

Bei seiner Anhörung am 25.09.2014 hat der Beschwerdeführer zwar eine Frage des Anrufers, ob die „Mama“ noch lebe und wie es ihr gehe, jedoch keine Frage nach einem Kfz-Brief erwähnt, und an Eides statt versichert, dass sich der Verschollene nach dem 21.11.2003 nicht mehr, insbesondere nicht mehr telefonisch gemeldet habe (Bl. 46 f. d.A.).

Insofern fällt durchaus auf, dass der Beschwerdeführer eine Nachfrage nach einem konkreten Kfz-Brief, die zumindest ansatzweise auf spezielle persönliche Kenntnisse des Verschollenen hindeuten könnte, weder im behauptetermaßen dem Anruf zeitnächsten Vermerk (Bl. 49 d.A.) festgehalten, noch bei seiner späteren Anhörung und Versicherung an Eides statt angegeben hat (Bl. 46 f. d.A.).

Hinsichtlich möglicher späterer Anrufe besteht die deutliche Diskrepanz, dass der Beschwerdeführer solche nach dem Vermerk vom 19./20.12.2005 noch für möglich gehalten, bei seiner eidesstattlichen Versicherung am 25.09.2014 jedoch ausgeschlossen hat, ohne mögliche weitere Anrufe überhaupt zu erwähnen.

(d) Die - über 11 Jahre nach dem behaupteten Anruf abgegebene - Bestätigung der Ehefrau des Beschwerdeführers (Bl. 97 d.A.) spricht ebenfalls nicht durchgreifend dafür, dass der Beschwerdeführer am 21.11.2003 den Anrufer sicher als den Verschollenen erkannt hätte.

Deren Inhalt beschränkt sich auf die Aussage, dass der Beschwerdeführer am 21.11.2003 mit dem Verschollenen ein Telefongespräch geführt habe und dass die Ehefrau dabei im selben Raum anwesend gewesen sei. Damit bestätigt die Ehefrau mit der Identität des Anrufers jedoch mehr, als sie nach den Angaben des Beschwerdeführers aus eigener Kenntnis wissen kann. Hingegen bestätigt sie gerade nicht die Angaben des Beschwerdeführers, dass dieser unmittelbar nach dem Ende des Telefongesprächs geäußert haben will, dass es sich bei dem Anrufer sicher um den Verschollenen gehandelt habe.

(e) Auch aus den übrigen Erklärungen der Beteiligten ergibt sich kein sicherer Anhalt dafür, dass der Beschwerdeführer den Anrufer am 21.11.2003 sicher als den Verschollenen erkannt hätte.

So hat zwar der Beteiligte zu 2 angegeben, dass der Beschwerdeführer ihm gegenüber einen Anruf des Verschollenen erwähnt haben will, konnte hierzu jedoch keine weiteren Angaben machen. Die Beteiligten zu 3 und 6 haben dagegen angegeben, dass der Beschwerdeführer einen solchen Anruf trotz geführter Verhandlungen über erbrechtliche Fragestellungen nie erwähnt habe. Auch der Beteiligte zu 7 habe von einem solchen Anruf nie zuvor gehört (Bl. 70 d.A.) All dies spricht weder in besonderer Weise für noch gegen ein sicheres Erkennen des Anrufers am 21.11.2003 durch den Beschwerdeführer und ist daher für eine Überzeugungsbildung unergiebig.

(f) Der behauptete Inhalt des Telefongesprächs enthält keine besonderen Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Anrufer um den Verschollenen handelte.

Auf den 100. Geburtstag der Mutter soll sich der Anrufer weder ausdrücklich bezogen haben, sodass dessen zeitliche Nähe zum behaupteten Anruf reiner Zufall sein kann, noch handelt es sich insofern um nur dem Verschollenen zugängliches Spezialwissen.

Eine Nachfrage nach einem speziellen Kfz-Brief hat der Beschwerdeführer bei seinem ersten Vermerk, bei seiner amtsgerichtlichen Anhörung und bei seiner eidesstattlichen Versicherung nicht erwähnt, ohne die Gründe hierfür anzugeben. Ebenso wenig hat er sich mit seiner Beschwerde oder im Schriftsatz vom 22.07.2016 (Bl. 195 ff. d.A.) dagegen gewendet, dass das Amtsgericht eine entsprechende Frage des Anrufers nicht festgehalten und seiner Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat. Dessen ungeachtet ist jedenfalls auch nicht auszuschließen, dass ein Dritter, etwa ein Bekannter des Verschollenen oder ein Geschäftspartner, Kenntnisse zu einem solchen Kfz-Brief haben kann.

(g) Die weiteren von den Beteiligten angestellten Erwägungen, warum es sich bei dem Anrufer um den Verschollenen gehandelt haben muss bzw. nicht gehandelt haben kann, insbesondere ob der Verschollene eher den Beschwerdeführer oder die Mutter angerufen hätte, bewegen sich weitgehend im Bereich der Spekulation und geben für eine Überzeugungsbildung nichts weiter her.

(3) Mangels konkreter Ansätze hierfür sind auch keine weiteren Ermittlungen auszustellen.

(a) Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Gericht zwar, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alle zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Ermittlungen anzustellen. Allerdings braucht nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgegangen zu werden. Eine Aufklärungs- und Ermittlungspflicht besteht jedenfalls insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass geben. Die Ermittlungen sind allerdings dann abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - BGHZ 184, 269, juris Tz. 28 m.w.N.).

(b) Nach diesen Vorgaben besteht kein Anlass für weitere Ermittlungen.

(1) Die Erklärungen des Beschwerdeführers und die von diesem vorgelegten Unterlagen wurden berücksichtigt und umfassend gewürdigt. Das Amtsgericht hat sich im Wege der Anhörung auch einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft.

Von einer erneuten persönlichen Anhörung des Beschwerdeführers durch den Senat sind keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten. Insbesondere geht es nicht um die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Vielmehr kann sich der Senat - wie oben (unter (2)) dargestellt - selbst dann keine Überzeugung von einer Nachricht des Verschollenen i.S. des § 9 Abs. 3 a VerschG noch im Jahr 2003 bilden, wenn es den Anruf tatsächlich gegeben hat und der Beschwerdeführer nach der inzwischen verstrichenen Zeit nunmehr davon überzeugt sein mag, in dem Anrufer den Verschollenen erkannt zu haben.

(2) Auch von einer Vernehmung der Ehefrau des Beschwerdeführers und dessen Bevollmächtigten sind keine weiteren entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten.

So könnte die Ehefrau des Beschwerdeführers lediglich bestätigen, dass es am Abend des 21.11.2003 einen entsprechenden Anruf gegeben und der Beschwerdeführer anschließend erklärt habe, der Anrufer sei der Verschollene gewesen.

Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers könnte allenfalls bestätigen, dass der Beschwerdeführer sich ihm gegenüber so geäußert hat, wie im Vermerk vom 19./20.12.2005 (Bl. 98 d.A.) festgehalten.

Beides böte jedoch keinen Beweis dafür, dass es sich bei dem Anrufer tatsächlich um den Verschollenen gehandelt hat.

(3) Eine weitere Vernehmung des Steuerberaters Dr. B. lässt schon inhaltlich keine weiteren Erkenntnisse erwarten.

Dieser hat sich bereits umfassend zu seinem letzten Kontakt mit dem Verschollenen geäußert, ohne dass die Richtigkeit dieser Äußerung von den Beteiligten in Frage gestellt würde.

(4) Eine förmliche Beweisaufnahme (§ 30 FamFG) hatte nicht zu erfolgen.

Eine solche ist weder gesetzlich vorgeschrieben (§ 30 Abs. 2 FamFG), noch dann erforderlich, wenn sich das Gericht keine positive Überzeugung vom Vorliegen einer Tatsache bilden kann (vgl. MüKoFamFG/Ulrici aaO § 30 Rn. 14 m.w.N.). Auch wären von einer solchen keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten (vgl. oben unter (aa)).

Die Beweiserhebung im Freibeweis ist daher ausreichend.

4) Da somit von einer Nachricht nach Anlauf des Jahres 1991 nicht ausgegangen werden kann, ist der Todeszeitpunkt nach § 9 Abs. 3 a Alt. 2 VerschG zwingend auf dem 31.12.1994 festzustellen, ohne dass insofern ein Ermessensspielraum bestünde. Insbesondere kommt es dabei nicht darauf an, ob der Verschollene bei seinem Verschwinden gesund war und ob konkrete Anhaltspunkte für sein Versterben bestehen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 84 FamFG, § 34 Abs. 2 Satz 2 VerschG.

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 11.10.2016.

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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 11. Okt. 2016 - 8 W 1679/15 zitiert 13 §§.

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 38 Entscheidung durch Beschluss


(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden. (2) Der Beschluss enthält

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 30 Förmliche Beweisaufnahme


(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt. (2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 27 Mitwirkung der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. (2) Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

Verschollenheitsgesetz - VerschG | § 9


(1) Die Todeserklärung begründet die Vermutung, daß der Verschollene in dem im Beschluß festgestellten Zeitpunkt gestorben ist. Dies gilt auch, wenn vor der Todeserklärung ein anderer Zeitpunkt im Sterberegister eingetragen ist. (2) Als Zeitpunkt

Verschollenheitsgesetz - VerschG | § 1


(1) Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben be

Verschollenheitsgesetz - VerschG | § 34


(1) Das Gericht kann in seiner Entscheidung einem am Verfahren Beteiligten oder vom Verfahren Betroffenen die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Durchführung des Verfahrens notwendigen außergerichtlichen Kosten anderer

Verschollenheitsgesetz - VerschG | § 26


(1) Gegen den Beschluß, durch den der Verschollene für tot erklärt wird, und gegen den Beschluß, durch den die Todeserklärung abgelehnt wird, ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat. (2) Die Beschwerde steht

Verschollenheitsgesetz - VerschG | § 13


(1) Das Aufgebotsverfahren nach § 2 ist eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit. (2) Es gelten dafür die besonderen Vorschriften der §§ 14 bis 38.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 11. Okt. 2016 - 8 W 1679/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 11. Okt. 2016 - 8 W 1679/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2010 - XII ZB 68/09

bei uns veröffentlicht am 17.02.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 68/09 vom 17. Februar 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja GG Art. 6; BGB § 1666; FGG §§ 12, 33; FamFG §§ 26, 29, 33 a) In Verfahren nach § 1666 BGB kann ein Elternteil

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 07. Feb. 2014 - 15 W 280/13

bei uns veröffentlicht am 07.02.2014

Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. 1Gründe 2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. 3Die Todeserklärung durch das Amt

Referenzen

(1) Die Todeserklärung begründet die Vermutung, daß der Verschollene in dem im Beschluß festgestellten Zeitpunkt gestorben ist. Dies gilt auch, wenn vor der Todeserklärung ein anderer Zeitpunkt im Sterberegister eingetragen ist.

(2) Als Zeitpunkt des Todes ist der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist.

(3) Läßt sich ein solcher Zeitpunkt nicht angeben, so ist als Zeitpunkt des Todes festzustellen:

a)
in den Fällen des § 3 das Ende des fünften Jahres oder, wenn der Verschollene das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, des dritten Jahres nach dem letzten Jahr, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat;
b)
in den Fällen des § 4 der Zeitpunkt, in dem der Verschollene vermißt worden ist;
c)
in den Fällen der §§ 5 und 6 der Zeitpunkt, in dem das Schiff untergegangen, das Luftfahrzeug zerstört oder das sonstige die Verschollenheit begründende Ereignis eingetreten oder - falls dies nicht feststellbar ist - der Verschollene zuerst vermißt worden ist;
d)
in den Fällen des § 7 der Beginn der Lebensgefahr.

(4) Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

(1) Die Todeserklärung begründet die Vermutung, daß der Verschollene in dem im Beschluß festgestellten Zeitpunkt gestorben ist. Dies gilt auch, wenn vor der Todeserklärung ein anderer Zeitpunkt im Sterberegister eingetragen ist.

(2) Als Zeitpunkt des Todes ist der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist.

(3) Läßt sich ein solcher Zeitpunkt nicht angeben, so ist als Zeitpunkt des Todes festzustellen:

a)
in den Fällen des § 3 das Ende des fünften Jahres oder, wenn der Verschollene das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, des dritten Jahres nach dem letzten Jahr, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat;
b)
in den Fällen des § 4 der Zeitpunkt, in dem der Verschollene vermißt worden ist;
c)
in den Fällen der §§ 5 und 6 der Zeitpunkt, in dem das Schiff untergegangen, das Luftfahrzeug zerstört oder das sonstige die Verschollenheit begründende Ereignis eingetreten oder - falls dies nicht feststellbar ist - der Verschollene zuerst vermißt worden ist;
d)
in den Fällen des § 7 der Beginn der Lebensgefahr.

(4) Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.

(1) Gegen den Beschluß, durch den der Verschollene für tot erklärt wird, und gegen den Beschluß, durch den die Todeserklärung abgelehnt wird, ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat.

(2) Die Beschwerde steht zu

a)
gegen den Beschluß, durch den der Verschollene für tot erklärt wird, dem Antragsteller und jedem, der an der Aufhebung der Todeserklärung oder an der Berichtigung des Zeitpunktes des Todes ein rechtliches Interesse hat;
b)
gegen den Beschluß, durch den die Todeserklärung abgelehnt wird, dem Antragsteller.

(1) Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden.

(2) Verschollen ist nicht, wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist.

(1) Die Todeserklärung begründet die Vermutung, daß der Verschollene in dem im Beschluß festgestellten Zeitpunkt gestorben ist. Dies gilt auch, wenn vor der Todeserklärung ein anderer Zeitpunkt im Sterberegister eingetragen ist.

(2) Als Zeitpunkt des Todes ist der Zeitpunkt festzustellen, der nach dem Ergebnis der Ermittlungen der wahrscheinlichste ist.

(3) Läßt sich ein solcher Zeitpunkt nicht angeben, so ist als Zeitpunkt des Todes festzustellen:

a)
in den Fällen des § 3 das Ende des fünften Jahres oder, wenn der Verschollene das achtzigste Lebensjahr vollendet hätte, des dritten Jahres nach dem letzten Jahr, in dem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat;
b)
in den Fällen des § 4 der Zeitpunkt, in dem der Verschollene vermißt worden ist;
c)
in den Fällen der §§ 5 und 6 der Zeitpunkt, in dem das Schiff untergegangen, das Luftfahrzeug zerstört oder das sonstige die Verschollenheit begründende Ereignis eingetreten oder - falls dies nicht feststellbar ist - der Verschollene zuerst vermißt worden ist;
d)
in den Fällen des § 7 der Beginn der Lebensgefahr.

(4) Ist die Todeszeit nur dem Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.

(1) Das Aufgebotsverfahren nach § 2 ist eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Es gelten dafür die besonderen Vorschriften der §§ 14 bis 38.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken.

(2) Die Beteiligten haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 68/09
vom
17. Februar 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 6; BGB § 1666; FGG §§ 12, 33; FamFG §§ 26, 29, 33

a) In Verfahren nach § 1666 BGB kann ein Elternteil mangels einer gesetzlichen
Grundlage nicht gezwungen werden, sich körperlich oder psychiatrisch
/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem
Sachverständigen zu erscheinen (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2009,
944 f.; 2004, 523 f.).

b) Verweigert in Verfahren nach § 1666 BGB ein Elternteil die Mitwirkung an der
Begutachtung, kann dieses Verhalten nicht nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung
gewürdigt werden.

c) In Betracht kommt allerdings, den die Begutachtung verweigernden Elternteil
in Anwesenheit eines Sachverständigen gerichtlich anzuhören und zu diesem
Zweck das persönliche Erscheinen des Elternteils anzuordnen und gegebenenfalls
gemäß § 33 FGG durchzusetzen (vgl. auch § 33 FamFG).
BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 - OLG München in Augsburg
AG Augsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2010 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Dr. Vézina sowie die Richter
Dose, Dr. Klinkhammer und Schilling

beschlossen:
1. Der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Entpflichtung ihres Verfahrensbevollmächtigten und Beiordnung eines neuen Verfahrensvollmächtigten im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. 2. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 4. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 26. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht gerichtsgebührenfrei. 3. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

A.

1
Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter des am 11. Dezember 2000 nichtehelich geborenen Kindes. Sie lebte zunächst mit dem Kind im Haus ihrer Eltern. Nachdem es innerhalb der Familie zu Auseinandersetzungen gekommen war, wandte sich die Mutter Anfang 2007 an das beteiligte Jugendamt (im Folgenden : Jugendamt) mit der Bitte um ein Beratungsgespräch. In der zweiten Jahreshälfte 2007 wurde für die Mutter eine Familienhilfe eingerichtet. Ab November 2007 wechselte die Mutter gemeinsam mit ihrem Kind mehrfach ihren Aufenthaltsort , wobei sie sich abwechselnd in A. und M. aufhielt. Das Kind besuchte in dieser Zeit die Grundschule am jeweiligen Aufenthaltsort. Ab dem 19. Dezember 2007 blieb das Kind dem Schulunterricht unentschuldigt fern. Jedenfalls in der Zeit vom 27. Dezember 2007 bis zum 3. Januar 2008 hielt sich die Mutter mit dem Kind in Österreich auf. In der Folgezeit reiste sie mit dem Kind nach Bolivien.
2
Auf eine Anregung des Jugendamts vom 20. Dezember 2007 hat das Familiengericht der Mutter mit Beschluss vom 21. Dezember 2007 das Aufenthaltsbestimmungsrecht , das Recht zur Heilfürsorge und das Recht zur Beantragung von Leistungen nach dem SGB VIII vorläufig entzogen. Zur Begründung hat es insbesondere auf Wahnvorstellungen verwiesen, unter denen die Mutter leide. Sie habe ihren Umzug gegenüber der Familienhelferin damit begründet, dass sie im Jahre 2008 einen atomaren Vernichtungsschlag befürchte und im Falle eines solchen Angriffs mit ihrem Kind in einem Salzbergwerk vor der Strahlung Zuflucht finden wolle. Diesen Beschluss hat das Familiengericht am 10. Januar 2008 um einen Herausgabebeschluss und am 11. Januar 2008 um einen Durchsuchungsbeschluss erweitert. Mit Beschluss vom 1. April 2008 hat das Familiengericht die einstweilige Anordnung "in der Hauptsache bestätigt“. Zur Begründung hat es auf die vorangegangenen Beschlüsse verwiesen und ergänzend ausgeführt, die Vorgehensweise der Mutter, das Kind von einem Tag auf den anderen aus der Schule zu nehmen und seinem bisherigen Umfeld zu entreißen, entspreche nicht dem Kindeswohl.
3
Aufgrund des Beschlusses vom 1. April 2008 hat das Jugendamt das Kind am 12. April 2008 nach der Rückkehr aus Bolivien in Obhut genommen. Nachdem es zunächst in einer Pflegefamilie gelebt hatte, befindet sich das Kind gegenwärtig in einer Kinder- und Wohngemeinschaft.
4
Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens hat sich die Mutter geweigert, an einer sachverständigen Begutachtung mitzuwirken. Außerdem haben beide Großeltern des Kindes von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
5
Auf die Beschwerde der Mutter hat das Beschwerdegericht den Beschluss des Amtsgerichts vom 1. April 2008 aufgehoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es nicht angeordnet. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde begehrt das Jugendamt die Aufhebung des Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Die Mutter wendet sich mit ihrer Anschlussrechtsbeschwerde gegen die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts.

B.

6
Die Rechtsbeschwerde des Jugendamts ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

7
Das Beschwerdegericht hat seine internationale Zuständigkeit bejaht. Dies begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.
8
Die - in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel IIa-Verordnung = EuEheVO, vgl. EuGH FamRZ 2008, 125, 126). Nach Art. 8 EuEheVO sind - vorbehaltlich der Artikel 9, 10 und 12 EuEheVO - für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Kann der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nicht festgestellt werden, sind vorbehaltlich Art. 12 EuEheVO gemäß Art. 13 Abs. 1 EuEheVO die Gerichte des Mitgliedsstaats zuständig , in dem sich das Kind befindet. Danach war die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts gegeben.
9
Hierbei kann offen bleiben, ob, wie die Mutter geltend macht, am 20. Dezember 2007 noch vor Eingang der Anregung des Jugendamts ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Österreich begründet war oder sich das Kind zumindest - nach Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland - dort befand. Denn das Kind hält sich seit Mitte April 2008 wieder in Deutschland auf und ist dort familiär und sozial integriert (vgl. insoweit EuGH FamRZ 2009, 843, 845; Senatsbeschluss vom 18. Juni 1997 - XII ZB 156/95 - FamRZ 1997, 1070). Jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts war daher ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland gegeben. Auch ein erst während des Verfahrens begründeter gewöhnlicher Aufenthalt führt indes zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach Art. 8 Abs. 1 EuEheVO, wenn nicht zuvor ein ausländisches Gericht in derselben Rechtssache angerufen wurde. Dass Art. 8 Abs. 1 EuEheVO auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt, hat lediglich die Bedeutung, dass ein einmal angerufenes Gericht international zuständig bleibt, auch wenn das Kind während des Verfahrens in einem anderen als dem angerufenen Staat einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt erwirbt (sog. perpetuatio fori). Im umgekehrten Fall eines erst im Verlaufe des Verfahrens erworbenen gewöhnlichen Aufenthalts im Staat des angerufenen Gerichts verbleibt es hingegen bei dem allgemeinen Grundsatz, wonach die Zuständigkeitsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen müssen. Eine andere Sichtweise hätte die der Prozessökonomie widersprechende Folge, dass sich das Gericht zunächst gemäß Art. 17 EuEheVO für unzuständig erklären müsste , aber im Anschluss angesichts des nunmehr bestehenden inländischen Aufenthalts sogleich ein neues Verfahren einleiten könnte (Geimer/Schütze/Dilger Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Art. 8 EheVO Rdn. 7 und vor Art. 3 EheVO Rdn. 66; HK-ZPO/Dörner 3. Aufl. Art. 8 EheGVVO Rdn. 7; Rauscher Europäisches Zivilprozessrecht 2. Aufl. Bd. 1 Art. 8 Brüssel IIa-VO Rdn. 5; Solomon FamRZ 2004, 1409, 1411).

II.

10
In der Sache hat das Oberlandesgericht Maßnahmen nach § 1666 BGB abgelehnt. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Gefährdung des Kindeswohls , die einen Eingriff in die elterliche Sorge der Mutter notwendig mache, sei derzeit nicht mit Sicherheit festzustellen, obwohl der Senat nachhaltig versucht habe, den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt aufzuklären und die der Antragstellung des Jugendamtes und der Entscheidung des Amtsgerichts zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen zu verifizieren.
11
Zwar habe die Zeugin G. von einem Gespräch berichtet, in welchem die Mutter die Wirtschaftskrise in den USA angesprochen und diese als Indiz dafür gewertet habe, dass ein atomarer Vernichtungsschlag drohe. Laut der Zeugin sei die Mutter nach M. gereist, weil dort die Möglichkeit bestünde, sich in einen Salzstollen zu flüchten. Auch habe die Zeugin - ebenso wie die Vertreterin des Jugendamts, die Pflegerin und die Verfahrenspflegerin - Bedenken hinsichtlich der psychischen Verfassung der Mutter angemeldet.
12
Das daraufhin in Auftrag gegebene psychiatrische Gutachten habe indes keinen ausreichenden Aufschluss gegeben. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, dass zwar Hinweise für eine psychopathologische Auffälligkeit bei der Mutter vorlägen, eine spezifische diagnostische Einordnung ohne persönliche Untersuchung der Mutter aber nicht möglich sei und eine Beurteilung der Erziehungsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht nicht erfolgen könne. Die Mutter habe jedoch eine persönliche Untersuchung durch den Sachverständigen verweigert, eine zwangsweise Durchsetzung von Terminen beim Sachverständigen komme nicht in Betracht.
13
Auch das gegenüber dem Amtsgericht erstattete psychologische Gutachten , das zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht worden sei, ermögliche keine ausreichenden Feststellungen. Dieses komme zwar zu dem Ergebnis, dass eine Bewertung der rudimentären Daten auf eine erhebliche Einschränkung der Erziehungsfähigkeit der Mutter hindeuteten. Der Sachverständige habe jedoch seiner Begutachtung teilweise unzutreffende Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt. Ob und inwieweit das Gutachten daher ergänzungsbedürftig bzw. verwertbar sei und ob und inwieweit die Begutachtung des Kindes ohne Einverständnis der Mutter zulässig gewesen sei, sei aber nicht verfahrensrelevant. Entscheidend sei, dass auch nach dem psychologischen Gutachten eine gesicherte Aussage nicht ohne Einholung eines psychiatrischen Gutachtens möglich sei. Letzteres sei jedoch nach Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen vorliegend ohne persönliche Untersuchung der Mutter nicht denkbar.
14
Weiter hätten die Großeltern des Kindes von ihrem Aussageverweigerungs - bzw. Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, so dass auch insoweit eine weitere Aufklärung des zugrunde liegenden Sachverhalts nicht möglich sei.
15
Im Ergebnis lägen zwar Hinweise für eine psychopathologische Auffälligkeit der Mutter vor. Art und Umfang der Auffälligkeiten und die Auswirkungen auf die Erziehungsfähigkeit könnten jedoch auch nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten nicht weiter aufgeklärt werden. Nachdem im Rahmen des § 1666 BGB eine objektive Feststellungslast zu Ungunsten der Mutter nicht bestehe, müsse eine Maßnahme nach § 1666 BGB unterbleiben, wenn der gesetzliche Tatbestand dieser Norm nicht festgestellt werden könne.
16
Nachdem die Mutter durch ihren permanenten Ortswechsel unter ständiger Herausnahme des Kindes aus dem bisherigen Umfeld zum Verfahren Ver- anlassung gegeben habe, sei es billig, wenn sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trage.

III.

17
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht Stand.
18
1. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
19
2. Nach § 1666 Abs. 1 BGB hat das Familiengericht, wenn das körperliche , geistige oder seelische Wohl eines Kindes gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Als derartige Maßnahme kommt insbesondere auch die Entziehung des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung als Teil des Personensorgerechts (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB) in Betracht. Voraussetzung für ein Eingreifen des Familiengerichts ist eine gegenwärtige , in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 - FamRZ 2005, 344, 345 m.w.N.).
20
Die Frage, ob im Falle der Rückkehr des Kindes zu seiner Mutter eine derartige Gefahr gegeben ist, hat das Beschwerdegericht zu Unrecht als nicht weiter aufklärbar angesehen. Ihm war es deswegen verwehrt, ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts die in Rede stehenden Maßnahmen nach § 1666 BGB zu unterlassen.
21
3. Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Oberlandesgericht davon abgesehen hat, eine Untersuchung der Mutter durch den psychiatrischen Gutachter zu erzwingen. Eine derartige sachverständige Exploration berührt den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), welches grundsätzlich vor einer Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter schützt. Dieses Recht ist zwar nicht absolut geschützt, vielmehr sind Eingriffe grundsätzlich zulässig, sofern nur der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird. Allerdings erfordern Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine klare und unmissverständliche gesetzliche Grundlage. In Ermangelung einer derartigen Ermächtigungsgrundlage kann - von hier nicht einschlägigen Sonderbestimmungen abgesehen - niemand gezwungen werden, sich körperlich oder psychiatrisch/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen.
22
Als gesetzliche Grundlage können weder § 1666 BGB noch die §§ 12, 15 Abs. 1 FGG oder § 33 FGG herangezogen werden. § 33 FGG setzt voraus, dass die durch eine gerichtliche Verfügung einem Verfahrensbeteiligten aufgegebene Handlung, Unterlassung bzw. Duldung ihrerseits eine gesetzliche Grundlage hat. Aus § 33 FGG selbst kann diese nicht hergeleitet werden (BVerfG FamRZ 2009, 944 f.; 2004, 523 f. m.w.N.; BGH Urteil vom 24. April 1952 - IV ZR 156/51 - LM § 32 EheG Nr. 3; OLG Stuttgart OLGZ 1975, 132 ff.; Jansen/Briesemeister FGG 3. Aufl. § 12 Rdn. 89).
23
4. Ebenso zutreffend ist der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts, dass im vorliegenden Verfahren keine materielle Feststellungslast zu Lasten der Mutter besteht. Vielmehr müssen, wenn in einem Verfahren nach § 1666 BGB die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht festgestellt wer- den können, entsprechende Maßnahmen unterbleiben (BVerfG FamRZ 2009, 944, 945; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 214).
24
An dieser Feststellungslast des Staates vermag der Umstand, dass die Mutter die Begutachtung verweigert hat, nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war dieser Umstand auch nicht nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG FamRZ 2009, 944, 945; a.A. OLG Naumburg FamRZ 2006, 282; OLG Koblenz FamRZ 2000, 1233; OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1479, 1480).
25
Die Grundsätze der Beweisvereitelung können zwar auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anwendbar sein, ohne dass dem der Amtsermittlungsgrundsatz entgegenstünde (Senatsbeschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08 - FamRZ 2009, 1130, 1132 zum Versorgungsausgleich; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1095, 1096; OLGZ 1967, 74, 79 jeweils zum Erbscheinverfahren ; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt aaO § 12 Rdn. 216; zum neuen Prozessrecht vgl. Prütting/Helms/Prütting FamFG § 27 Rdn. 10). Danach kann es Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweis- bzw. Feststellungslast zur Folge haben, wenn jemand seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht (BGH Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 - NJW 2009, 360, 361 f. m.w.N.). Dabei vermag aber nur ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten den Vorwurf der Beweisvereitelung zu tragen, also ein Verhalten, das wider Treu und Glauben erfolgt und nach dem allgemeinen Rechtsempfinden als verwerflich erscheint (BGH Beschluss vom 26. September 1996 - III ZR 56/96 - NJW-RR 1996, 1534; Senatsurteil vom 27. Januar 1988 - IVb ZR 82/86 - FamRZ 1988, 482, 485).
26
Im vorliegenden Verfahren können diese Grundsätze indes nicht herangezogen werden. Darin, dass die Mutter die Mitwirkung an einer Begutachtung verweigert hat, kann kein missbilligenswertes Verhalten gesehen werden. Wie vorstehend ausgeführt wurde, berührt eine sachverständige Exploration das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen, weshalb sich die Weigerung der Mutter letztlich als Ausübung ihrer Grundrechte darstellt. Würde ihre Weigerung als missbilligenswertes Verhalten gewertet, welches beweisrechtliche Nachteile nach sich zöge, läge in dieser Würdigung zugleich ein ungerechtfertigter Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter (Sauer FamRZ 2005, 1143, 1144; vgl. auch BVerfGE 89, 69, 84).
27
5. Das Oberlandesgericht hat jedoch noch nicht alle gebotenen Ermittlungsansätze ausgeschöpft und damit seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 12 FGG; jetzt § 26 FamFG) verletzt.
28
Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Gericht, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alle zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Ermittlungen anzustellen. Zwar braucht nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgegangen zu werden. Eine Aufklärungs- und Ermittlungspflicht besteht jedoch insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass geben. Die Ermittlungen sind erst dann abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (BGH Beschlüsse vom 24. November 1993 - BLw 53/92 - WM 1994, 265, 266 und BGHZ 40, 54, 57; Rahm/Künkel/Schneider Handbuch des Familiengerichtsverfahrens Rdn. III B 58; Keidel/Sternal FamFG 16. Aufl. § 26 Rdn. 16 f.).
29
Besondere Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung gelten in kindschaftsrechtlichen Familiensachen und insbesondere in Verfahren betref- fend die Entziehung der elterlichen Sorge gemäß § 1666 BGB. Denn die verfassungsrechtliche Dimension von Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG beeinflusst auch das Verfahrensrecht und seine Handhabung im Kindschaftsverfahren. Das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung dem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entsprechen, weshalb insbesondere die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen (BVerfG FamRZ 2009, 399, 400; FamRZ 2002, 1021, 1023). Das bedeutet nicht nur, dass die Verfahrensgestaltung den Elternrechten Rechnung tragen muss. Vielmehr steht das Verfahrensrecht auch unter dem Primat des Kindeswohls, zu dessen Schutz der Staat im Rahmen seines Wächteramtes gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet ist (Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 61; Leibholz/Rinck Grundgesetz Art. 6 Rdn. 637 ff.). Die Gerichte müssen ihr Verfahren so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (BVerfG FamRZ 2009, 399, 400).
30
Sind demnach in Kindschaftsverfahren die Anforderungen an die tatrichterliche Sachverhaltsaufklärung gesteigert, so kann insbesondere die Weigerung eines Beteiligten, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, nicht ohne Konsequenzen für das Verfahren bleiben (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 1166, 1168). Vielmehr ist das Tatgericht hier in besonderer Weise gehalten, die vorhandenen Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen und auf diese Weise nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sich die Grundsätze der Feststellungslast zu Lasten des Kindes auswirken (vgl. Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 61).
31
Diesen gesteigerten Anforderungen an die Amtsermittlung ist das Beschwerdegericht nicht gerecht geworden.
32
a) Das Beschwerdegericht hat es versäumt, die Mutter in Anwesenheit eines psychiatrischen - und auch eines psychologischen - Sachverständigen gerichtlich anzuhören und hierzu das persönliche Erscheinen der Mutter anzuordnen und gegebenenfalls gemäß § 33 FGG zu erzwingen. Ein derartiges Vorgehen wäre vorliegend im Rahmen der Amtsermittlung geboten gewesen. Insbesondere ist die beschriebene Vorgehensweise grundsätzlich zulässig. Der Senat schließt sich insofern der ganz herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Lehre an (KG OLGZ 1988, 418, 421 ff.; BayObLG BayObLGZ 1972, 201, 204; 1970, 114, 116; OLG Hamm OLGZ 1968, 239, 242 f.; Bassenge/Roth FGG 11. Aufl. § 15 Rdn. 34; Böhm DAVorm 1985, 731, 733, 736; Bumiller/Winkler FGG 8. Aufl. § 33 Rdn. 7; Keidel/ Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 15 Rdn. 49; Säcker FamRZ 1971, 81, 83; Sauer FamRZ 2005, 1143, 1144; a.A. noch Jansen FGG 2. Aufl. § 12 Rdn. 68). Zwar ist auch mit einer Erzwingung des persönlichen Erscheinens vor Gericht zum Zwecke der Anhörung in Anwesenheit eines Sachverständigen ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen des Betroffenen - insbesondere in dessen Allgemeines Persönlichkeitsrecht - verbunden. Allerdings ist dieser Eingriff vorliegend gerechtfertigt, insbesondere ist hierfür eine gesetzliche Grundlage vorhanden.
33
aa) Während der Betroffene mangels gesetzlicher Grundlage nicht gezwungen werden kann, vor einem Sachverständigen zum Zwecke der Exploration zu erscheinen (vgl. die Ausführungen unter III 3), steht dem Gericht eine Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung, wenn es das persönliche Erscheinen des Betroffenen zum Zwecke der gerichtlichen Anhörung erzwingen will (so die ganz herrschende Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Lehre, vgl. OLG Zweibrücken MDR 2008, 570; OLG Bremen FamRZ 1989, 306; KG OLGZ 1988, 418, 422; BayObLG BayObLGZ 1970, 114, 117 f.; OLG Hamm OLGZ 1968, 239, 242; Bumiller/Winkler aaO § 33 Rdn. 7; Keidel/Kuntze/ Winkler/Schmidt aaO § 12 Rdn. 191, Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt aaO § 50a Rdn. 16; Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 71; a.A. Jansen/Briesemeister FGG 3. Aufl. § 12 Rdn. 95). Für seit dem 1. September 2009 eingeleitete Verfahren regelt § 33 FamFG ausdrücklich die Anordnung und Durchsetzung des persönlichen Erscheinens. Aber auch das bis zum 31. August 2009 gültige Verfahrensrecht enthält insoweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werdende Grundlage. Die zum 1. Juli 2008 in Kraft getretene Vorschrift des § 50e FGG sieht insbesondere in Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls eine Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beteiligten vor. Wird einem Beteiligten durch gerichtliche Verfügung aufgegeben, persönlich zu erscheinen, kann sich diese gerichtliche Verfügung daher auf eine gesetzliche Grundlage stützen, weshalb sie ihrerseits mit den Mitteln des § 33 FGG zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. zu dieser Voraussetzung des § 33 FGG BVerfG FamRZ 2004, 523).
34
bb) Darüber hinaus ist ebenfalls eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gegeben, welcher darin liegt, dass das Gericht die Anhörung zwar in Anwesenheit eines Sachverständigen, allerdings ohne Befragung durch den Sachverständigen durchführt und dass es mit Hilfe des Sachverständigen aus den Äußerungen und dem Verhalten des Betroffenen Rückschlüsse auf dessen Erziehungseignung zieht. Eine derartige gesetzliche Grundlage ist in § 50e FGG i.V. mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu sehen (§ 286 ZPO), der über § 15 FGG auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung findet (Bumiller/Winkler FGG 8. Aufl. § 15 Rdn. 20; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 207 und § 15 Rdn. 63; vgl. jetzt § 37 FamFG). Danach gehört es im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zu den Aufgaben des Tatrichters, den gesamten Verfahrensstoff zu würdigen, wozu nicht nur die Ergebnisse der Beweisaufnahme , sondern insbesondere auch die Erklärungen und Stellungnah- men der Verfahrensbeteiligten sowie der von ihnen hinterlassene persönliche Eindruck gehören (Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 207 m.w.N.; vgl. auch Keidel/Meyer-Holz FamFG 16. Aufl. § 37 Rdn. 9). Der Richter ist folglich unter anderem befugt, aus den Äußerungen und dem Verhalten eines Beteiligten im Rahmen seiner gerichtlichen Anhörung - ebenso wie aus sonstigen unstreitigen oder festgestellten Umständen - Schlüsse zu ziehen, welche seine Erziehungseignung betreffen. Fehlt indes dem Richter die notwendige Sachkunde, um diese Schlüsse selbst zu ziehen, umfasst der Grundsatz der freien Würdigung auch die Befugnis, sich insoweit der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen. Dieser ist lediglich Gehilfe des Richters, der ihm die notwendige Sachkunde vermittelt. Der mit der Würdigung einhergehende Eingriff in die Rechte des Beteiligten wird durch die Hinzuziehung des Sachverständigen nicht intensiviert. Ein mit einer Exploration vergleichbarer Eingriff ist damit nicht verbunden.
35
cc) Schließlich verstößt der Eingriff in die Rechte der Mutter, welcher in der Anordnung und Erzwingung des persönlichen Erscheinens und in ihrer Anhörung in Anwesenheit eines Sachverständigen zu sehen ist, auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass ein Beteiligter im Rahmen der gerichtlichen Anhörung nicht zur Äußerung gezwungen werden kann (OLG Hamm OLGZ 1968, 239, 243; Bassenge/Roth FGG 11. Aufl. § 15 Rdn. 34; Säcker FamRZ 1971, 81, 83), weshalb der Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht weniger schwer wiegt. In diesem Umfang tritt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Elternteils jedenfalls dann hinter dem mit Verfassungsrang ausgestalteten staatlichen Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) zurück, wenn dieser in Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls die Mitwirkung an der Begutachtung verweigert, ohne Einbeziehung dieses Elternteils aber - wie das Oberlandesgericht meint - keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 1666 BGB gewonnen werden kann. Denn in solchen Fällen stellt die gerichtliche Anhörung des Elternteils in Anwesenheit des Sachverständigen eine wichtige Möglichkeit für das Gericht dar, der aus § 12 FGG folgenden Aufklärungspflicht nachzukommen und dem Wächteramt des Staates auch verfahrensrechtlich gerecht zu werden.
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Der Eingriff ist auch nicht mangels Eignung unverhältnismäßig. Zwar hat der psychiatrische Sachverständige ausgeführt, eine diagnostische Einordnung etwaiger psychopathologischer Auffälligkeiten setze eine psychiatrische Untersuchung voraus, ohne eine solche könne die Erziehungsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht nicht beurteilt werden. Jedoch hat der Sachverständige sein Gutachten bislang nur auf der Grundlage von der Mutter verfasster Schriftstücke erstattet. Folglich kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Sachverständige nach einer gerichtlichen Anhörung der Mutter in seiner Anwesenheit und unter Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes zu einer ausreichenden Grundlage für die Begutachtung gelangt oder zumindest dem Gericht die Sachkunde vermitteln kann, die es benötigt, um selbst unter Würdigung der gesamten unstreitigen und festgestellten Umstände und unter Einbeziehung auch eines familienpsychologischen Gutachtens (vgl. dazu unten c) zu einem ausreichenden Grad an Überzeugung zu gelangen. Gerade weil in Kindschaftsverfahren die Anforderungen an die tatrichterliche Sachverhaltsaufklärung gesteigert sind, ist es dem Tatgericht verwehrt, sich mit einer entsprechenden sachverständigen Äußerung zufrieden zu geben, ohne sie zu hinterfragen und ohne noch vorhandene Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen.
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b) Ergänzend zur Anhörung der Mutter in Anwesenheit des Sachverständigen war das Beschwerdegericht aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht gehalten , den Sachverständigen zu einer Begutachtung auf der Grundlage des gesamten Verfahrensstoffes zu veranlassen. Hiervon konnte nicht deshalb abgesehen werden, weil insoweit sachdienliche Erkenntnisse nicht zu erwarten wa- ren (zu dieser Einschränkung der Amtsermittlung BGH Beschluss vom 24. November 1993 - BLw 53/92 - WM 1994, 265, 266). Vielmehr sind - neben den seitens des psychiatrischen Sachverständigen bislang berücksichtigten Umständen - noch weitere Anknüpfungstatsachen vorhanden, denen nicht von vornherein die Eignung abgesprochen werden kann, Rückschlüsse auf die Erziehungsfähigkeit der Mutter zuzulassen.
38
Zu nennen ist insoweit insbesondere das Verhalten der Mutter anlässlich der begleiteten Umgangstermine. Unter anderem hat die Mutter, wie sie selbst einräumt, ihrem damals 7-jährigen Kind aus Gesetzen und juristischen Kommentaren vorgelesen, um ihm aufzuzeigen, dass ihm Unrecht geschehe. Dieses Verhalten hätte Anlass geben müssen, mit sachverständiger Hilfe zu klären, ob die Mutter in der Lage ist, die altersgemäßen Bedürfnisse ihres Kindes einzuschätzen und danach zu handeln, wobei auf der anderen Seite auch zu problematisieren gewesen wäre, ob dieses in einer existenziellen Krisensituation zu beobachtende Verhalten auch Rückschlüsse auf die Erziehungseignung der Mutter unter "normalen" Verhältnissen - also insbesondere nach Rückführung ihrer Tochter - zulässt. Dasselbe gilt für die Verweigerung begleiteten Umgangs durch die Mutter mit der Folge, dass ein Kontakt zwischen Mutter und Kind über längere Zeit hinweg nicht zustande gekommen ist. Auch die Verweigerungshaltung , die die Mutter im Verfahren eingenommen hat, kann hier berücksichtigt werden. Insbesondere könnte diese Haltung die Schlussfolgerung nahe legen, dass die Mutter ihre eigenen Bedürfnisse über das Wohl des Kindes stellt.
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Als weitere Anknüpfungstatsachen wären etwaige Wahnvorstellungen der Mutter in Betracht zu ziehen gewesen, die möglicherweise Beweggrund für die anfänglichen Aufenthaltswechsel waren. Zu Unrecht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass insoweit eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist. Vielmehr ergeben sich nach Aktenlage insbesondere Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungsgeber in M. (Herr K.) Angaben werde machen können. Außerdem wäre noch zu klären gewesen, ob der Interneteintrag vom 8. März 2008 von der Mutter herrührt, in welchem die Einwohner Siebenbürgens vor einem möglichen Krieg in Deutschland gewarnt und aufgefordert werden , sich Dosen und Trinkwasser zu kaufen. Das Beschwerdegericht war hier gehalten, nach Vornahme ergänzender Ermittlungen dem Sachverständigen gemäß §§ 15 FGG, 404a Abs. 3 ZPO mitzuteilen, welche Anknüpfungstatsachen er der Begutachtung zugrunde legen solle.
40
Entsprechendes gilt für den Entwicklungsstand und die Verhaltensweisen des Kindes vor seiner Inobhutnahme, die beispielsweise - wie die Mutter angeregt hat - durch Vernehmung der ehemaligen Kindergarten-Erzieherinnen des Kindes in Anwesenheit der Sachverständigen ermittelt werden können. Auch Aussagen über den Entwicklungsstand und die Verhaltensweisen unmittelbar nach der Inobhutnahme hätten insoweit einbezogen werden müssen, wenn auch zusätzlich zu klären gewesen wäre, ob und inwieweit sich die Verhaltensweisen lediglich als Reaktion auf die Inobhutnahme darstellen.
41
c) Schließlich hat das Beschwerdegericht die im Rahmen der Amtsermittlung gebotene Maßnahme unterlassen, ein neues familienpsychologisches Gutachten einzuholen.
42
Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings die seitens des Amtsgerichts veranlasste Stellungnahme des psychologischen Sachverständigen, wonach das Kind aus psychologischer Sicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zur Mutter zurückgeführt werden sollte, unberücksichtigt gelassen. Die Ergebnisse der Begutachtung konnten schon deshalb nicht ohne weiteres in die Würdigung einbezogen werden, weil der Sachverständige teilweise unzutreffende bzw. ungeklärte Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hatte. Vor allem aber war das Gutachten deshalb nicht verwertbar, weil die psychologische Begutachtung des Kindes erfolgt war, ohne dass die erforderliche Zustimmung der Mutter vorgelegen hätte (vgl. OLG Frankfurt FF 2000, 176; Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 73; Vogel FPR 2008, 617) und ohne dass von Seiten des Gerichts Maßnahmen ergriffen worden wären, die eine Begutachtung gegen den Willen der Mutter ermöglicht hätten. Insbesondere war zum Zeitpunkt der psychologischen Begutachtung des Kindes am 18. November 2008 der Beschluss des Amtsgerichts vom 5. Juni 2008, mittels dem der Mutter vorläufig die gesamte elterliche Sorge entzogen worden war, bereits durch das Oberlandesgericht aufgehoben worden.
43
Dass das seitens des Amtsgerichts eingeholte psychologische Gutachten nicht verwertbar war, hatte indes nicht zur Folge, dass die Ermittlungsmöglichkeiten des Beschwerdegerichts insofern ausgeschöpft waren. Vielmehr hätte das Beschwerdegericht seinerseits ein neues psychologisches Gutachten in Auftrag geben müssen, nachdem es selbst nicht über die nötige Sachkunde verfügte, um die Frage nach der Gefährdung des Kindeswohls aus psychologischer Sicht beurteilen zu können. Als Anknüpfungstatsachen wären hierbei unter anderem die vorstehend dargelegten Umstände (vgl. 5b) einzubeziehen gewesen , wobei das Beschwerdegericht wiederum gehalten gewesen wäre, den Sachverständigen gemäß §§ 15 FGG, 404a Abs. 3 ZPO anzuleiten. Auf diese Weise hätte insbesondere vermieden werden können, dass die Begutachtung erneut auf der Grundlage unzutreffender Anknüpfungstatsachen erfolgt. Einer erneuten Begutachtung stand auch nicht entgegen, dass laut dem bisher vorliegenden psychologischen Gutachten eine gesicherte Aussage zur Erziehungsfähigkeit der Mutter ohne Einholung eines psychiatrischen Gutachtens nicht möglich war. Wie bereits dargelegt wurde (vgl. 5a cc), war nicht ausgeschlossen , dass eine ergänzende psychiatrische Begutachtung noch ausreichende Erkenntnisse erbringen würde.
44
Einer erneuten psychologischen Begutachtung hätte die fehlende Zustimmung der Mutter zur Exploration des Kindes nicht entgegengestanden. Zunächst war nicht ausgeschlossen, dass ein psychologischer Sachverständiger auch ohne Exploration des Kindes eine ausreichende Grundlage hätte gewinnen können, um zur Frage der Kindeswohlgefährdung aus psychologischer Sicht Stellung nehmen zu können. Dies lag insbesondere deshalb nahe, weil das Beschwerdegericht vorliegend auch gegen den Willen der sorgeberechtigten Mutter befugt gewesen wäre, das Kind in Anwesenheit und unter Mitwirkung des Sachverständigen gerichtlich anzuhören (OLG Frankfurt FF 2000, 176, 177; OLG München FamRZ 1997, 45). Hiermit verbundene Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes und in das Elternrecht der Mutter wären dabei auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 15 FGG, 286 ZPO erfolgt. Insoweit können die zur Anhörung der Mutter in Anwesenheit des Sachverständigen angestellten Erwägungen entsprechend herangezogen werden (vgl. oben 5a bb). Zudem wäre auch im Ausgangspunkt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt gewesen.
45
Falls ohne psychologische Untersuchung des Kindes keine hinreichende Aufklärung des Sachverhalts möglich gewesen wäre, hätte darüber hinaus die Möglichkeit bestanden, die Zustimmung der Mutter gemäß § 1666 Abs. 3 BGB zu ersetzen (vgl. OLG Brandenburg OLGR 2008, 692, 693 = FamRZ 2008, 2147 (LS); OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210, 1211; Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 73; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rdn. 224; Vogel FPR 2008, 617). Müsste das Gericht ohne psychologische Begutachtung des Kindes von Maßnahmen nach § 1666 BGB absehen, obwohl es eine Kindeswohlgefährdung nicht ausschließen könnte, wird eine Begutachtung regelmäßig zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung erforderlich sein (zu dieser Voraussetzung des § 1666 Abs. 3 BGB vgl. OLG Brandenburg OLGR 2008, 692, 693; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210, 1211; OLG Frankfurt FF 2000, 176).

IV.

46
Der angefochtene Beschluss kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu befinden, da sie nicht entscheidungsreif ist. Der Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses noch weitere Feststellungen treffen und insbesondere die aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten ausschöpfen kann. Nachdem die Aufhebung des Beschlusses auch die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts betrifft, ist die Anschlussbeschwerde gegenstandslos.
47
Für das weitere Vorgehen weist der Senat auf Folgendes hin:
48
1. Sollte die gerichtliche Anhörung der Mutter in Anwesenheit der Sachverständigen keine weiteren Erkenntnisse bringen, wird das Beschwerdegericht dennoch nicht davon entbunden sein, die sonstigen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten noch auszuschöpfen. Im Anschluss daran wird das Oberlandesgericht unter Würdigung aller Umstände zu prüfen haben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Entziehung insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts gegeben sind oder nicht. Lediglich wenn das Beschwerdegericht weiterhin keine hinreichende Überzeugung gewinnen kann, wird eine Entscheidung auf der Grundlage der Feststellungslast in Betracht kommen.
49
2. Sollte das Beschwerdegericht im weiteren Verlauf des Verfahrens zu dem Ergebnis kommen, dass die seitens des Amtsgerichts beschlossenen Maßnahmen gemäß § 1666 BGB im Ausgangspunkt nicht (mehr) gerechtfertigt sind bzw. dass insoweit keine hinreichenden Feststellungen getroffen werden können, wird außerdem - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - zu prüfen sein, ob anstelle der Trennung des Kindes von seiner Mutter Maßnahmen geringerer Eingriffsintensität gerechtfertigt sind (vgl. § 1666a BGB).
50
Vor allem aber wird zu erwägen sein, ob eine nahtlose Rückführung des Kindes zur Mutter dessen Wohl gefährdet. Dies dürfte - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht - insbesondere dann nahe liegen, wenn bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts weiterhin kein (regelmäßiger) Kontakt zwischen Mutter und Kind zustande gekommen sein sollte. Bejahendenfalls wird zu erwägen sein, auf welche Weise einer derartigen Gefährdung begegnet werden kann, ob etwa die Rückführung des Kindes zur Mutter durch zunehmende Umgangskontakte vorbereitet werden sollte.
51
3. Weiter wird im Falle eines Erfolgs der Beschwerde der Mutter von einer Kostenerstattung zugunsten der Mutter nicht mit einer Begründung abgesehen werden können, die - wie die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss - auf ein vorwerfbares Verhalten der Mutter abstellt. Sollte das Verhalten der Mutter vor Einleitung des Verfahrens bei objektiver Betrachtung in Kenntnis aller Umstände nicht geeignet gewesen sein, eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu rechtfertigen, oder kann dies nicht festgestellt werden, so kann der Mutter dieses Verhalten nicht vorgeworfen werden, um auf diese Weise die Kostenentscheidung zu begründen.

V.

52
Der Antrag der Mutter, die Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten aufzuheben und einen neuen Verfahrensbevollmächtigten beizuordnen, war zurückzuweisen.
53
Dabei kann offen bleiben, ob der Mandant - ebenso wie der beigeordnete Rechtsanwalt gemäß § 48 Abs. 2 BRAO - das Recht hat, die Aufhebung der Beiordnung zu beantragen (zum Streitstand vgl. Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl.
§ 121 Rdn. 24). Jedenfalls fehlt es hier an dem dafür erforderlichen wichtigen Grund.
54
Insbesondere vermag der Hinweis der Mutter, ihr Verfahrensbevollmächtigter habe nicht alle von ihr aufgezeigten Gesichtspunkte vorgebracht, ihrem Antrag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn es entspricht der Aufgabe des beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts, den Streitstoff auf diejenigen Gesichtspunkte zu konzentrieren, die nach seiner besonderen Sachkunde für eine dem Mandanten günstige Entscheidung Bedeutung haben können (BGH Beschluss vom 23. September 2009 - IV ZR 259/08 - juris Tz. 5). Ebenso wenig kann ein wichtiger Grund in dem Umstand gesehen werden, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter keine Sachstandsanfragen an den Bundesgerichtshof gerichtet hat.
Hahne Vézina Dose Klinkhammer Schilling
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 01.04.2008 - 408 F 3674/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 26.03.2009 - 4 UF 161/08 -

(1) Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob es die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme entsprechend der Zivilprozessordnung feststellt.

(2) Eine förmliche Beweisaufnahme hat stattzufinden, wenn es in diesem Gesetz vorgesehen ist.

(3) Eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung soll stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten ausdrücklich bestritten wird.

(4) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis einer förmlichen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, soweit dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich ist.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Das Gericht kann in seiner Entscheidung einem am Verfahren Beteiligten oder vom Verfahren Betroffenen die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Durchführung des Verfahrens notwendigen außergerichtlichen Kosten anderer Beteiligter oder Betroffener, ganz oder teilweise auferlegen, die er durch grob fahrlässig aufgestellte unrichtige Behauptungen oder sonstiges grobes Verschulden veranlaßt hat. Vor dieser Entscheidung soll das Gericht, soweit tunlich, den hören, dem es die Kosten auferlegen will.

(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 hat das Gericht in dem Beschluß, durch den der Verschollene für tot erklärt wird, auszusprechen, daß die Kosten des Verfahrens, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers oder Beschwerdeführers, dem Nachlaß zur Last fallen. Dies gilt nicht für die Kosten einer unbegründeten Beschwerde.

(3) Wird die Todeserklärung gemäß den §§ 30 bis 33 aufgehoben, so kann das Gericht nach Absatz 1 auch über die Kosten entscheiden, die nach Absatz 2 dem Nachlaß zur Last gelegt sind.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.

(2) Der Beschluss enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
die Beschlussformel.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit

1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist,
2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder
3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.

(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:

1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung;
2.
in Abstammungssachen;
3.
in Betreuungssachen;
4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.

(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.