Oberlandesgericht Nürnberg Hinweisbeschluss, 10. Aug. 2017 - 13 U 851/17

bei uns veröffentlicht am10.08.2017

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 28. März 2017, Az: 4 O 1200/16 (2) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall auf einer Autobahn.

Der Kläger fuhr am 18. März 2016 mit dem in seinem Eigentum stehenden Pkw, Toyota, Typ RAV, a.K., auf der BAB A ..., Kilometer 626 N., auf Höhe K. Mitte. Hinter dem klägerischen Fahrzeug fuhr der Beklagte zu 2) mit einem Lkw, DAF, a. K., dessen Halterin die Beklagte zu 1) war. Der Lkw der Beklagten zu 1) fuhr dem klägerischen Fahrzeug heckseitig links auf, wodurch das klägerische Fahrzeug beschädigt wurde. Im Fahrzeug des Beklagten befand sich eine sog. Dashcam, mit der das Unfallgeschehen aufgezeichnet wurde.

Der Kläger hat in erster Instanz Schadensersatz in Höhe von 14.941,77 € nebst Zinsen geltend gemacht. Er hat behauptet, er sei bereits geraume Zeit auf der rechten Fahrspur der Autobahn gefahren, als er „verkehrsbedingt seine Geschwindigkeit reduzieren“ habe müssen, wobei er „aber keinesfalls abrupt und auch nicht bis zum Stillstand“ abgebremst habe. Er wisse nicht, „was der Grund für das Abbremsen der Vorderleute des Klägers“ gewesen sei. Der Beklagte zu 2) sei „alleinschuldhaft“ dem klägerischen Fahrzeug „aufgrund von Unaufmerksamkeit und/oder überhöhter, nicht angepasster Geschwindigkeit sowie insbesondere aufgrund von nicht eingehaltenem Sicherheitsabstand“ heckseitig aufgefahren. Für das alleinige Verschulden des Beklagten zu 2) an dem Unfallgeschehen spreche bereits der Beweis des ersten Anscheins. Deshalb habe der Kläger Anspruch darauf, dass ihm sein Schaden zu 100% von den Beklagten ersetzt werde.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die von den Beklagten als Beweismittel angebotene Aufzeichnung der im Beklagten-Lkw installierten Dashcam sei nicht verwertbar. Wegen des mit der Dashcam verbundenen „unkonkreten, unspezifischen und permanenten, willkürlichen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der aufgenommenen Personen“ würden „die schützenswerten Interessen des Klägers im konkreten Fall überwiegen“. Eine Beweisaufnahme dazu, dass die Kamera nur bei taktiler Erschütterung die aufgenommenen Sequenzen endgültig speichert, habe zu unterbleiben.

Die Beklagten haben in erster Instanz vorgetragen, der Kläger habe kurze Zeit vor dem Unfall den Lastwagen der Beklagten zu 1) überholt und sei dann von der äußerst linken Spur über die mittlere auf die ganz rechte Spur gewechselt. Sodann habe er abrupt bis zum Stillstand abgebremst. Der Unfall sei für den Beklagten zu 2) unvermeidbar gewesen. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Dashcam-Aufzeichnung sei verwertbar. Die Kamera zeichne auch nicht permanent, sondern nur anlassbezogen auf.

Das Landgericht hat eine Beweisaufnahme durchgeführt. Neben einer Zeugenvernehmung zur Frage des Aufzeichnens und Speicherns der Dashcam hat das Landgericht ein mündlich erstattetes unfallanalytisches Sachverständigengutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H. R. zur Rekonstruktion des Unfalls eingeholt. Im Zusammenhang damit wurden auch die vom Sachverständigen ausgedruckten Lichtbilder aus der Dashcam-Aufzeichnung in Augenschein genommen. Das Landgericht hatte den Sachverständigen gebeten, im Rahmen der Gutachtenserstattung alternativ darzustellen, mit welchem Ergebnis der Unfall einerseits ohne und andererseits mit Berücksichtigung der Dashcam-Aufzeichnungen zu rekonstruieren ist. Ergebnis der Begutachtung war:

– Ohne Berücksichtigung der Dashcam-Aufzeichnungen stehen als objektive Anknüpfungstatsachen nur die Schadensbilder an den Fahrzeugen zur Verfügung. Es ist dann lediglich feststellbar, dass ein Geschwindigkeitsüberschuss des Beklagten-Lkw gegenüber KlägerPkw dem bestand. Auf dieser Grundlage wäre keine der beiden behaupteten Unfallversionen auszuschließen.

– Dagegen ist bei Berücksichtigung der Dashcam-Aufzeichnungen klar feststellbar, dass die Unfalldarstellung der Beklagten uneingeschränkt zutrifft und diejenige des Klägers nicht der Wahrheit entspricht. Es lässt sich dann nachvollziehen, dass der Kläger „ein höchst gefährliches Fahrmanöver durchgeführt“ hat, indem er von der linken Fahrspur der dort dreispurigen Autobahn auf die äußerst rechte Fahrspur gewechselt hat, vor dem Beklagten-Lkw einscherend, und dort „eine starke, wahrscheinlich eine Vollbremsung eingeleitet“ hat, mit der er das Fahrzeug „fast bis zum Stillstand abgebremst“ hat. Aus den in der Akte befindlichen Lichtbildern der Dashcam-Auswertung (Bl. 40 bis 43 der Akte) ist darüber hinaus schon im Wege des Augenscheins ersichtlich, dass sich vor dem klägerischen Fahrzeug auf der rechten Spur keine abbremsenden Fahrzeuge befanden, die dem Kläger seinerseits Anlass für eine Bremsung hätten geben können.

Demgegenüber hat der Fahrzeugführer des Beklagten-Lkw als Reaktion auf die erkennbare starke Abbremsung des klägerischen Fahrzeugs aus technischer Sicht keine Möglichkeit gehabt, den Unfall zu vermeiden. Der kurz vorher über zwei Fahrspuren hinweg vor dem Beklagten-Lkw einscherende Pkw des Klägers befand sich bei Beginn der klägerischen Bremsung nur 36 Meter vor dem Beklagten-Lkw. Selbst bei unverzüglicher Reaktion des Fahrers des Beklagten-Lkw, der vor der Bremsung mit 78 bis 80 km/h gefahren sei, sei der Lkw nicht mehr hinter dem sehr stark bremsenden Kläger-Pkw zum Halten zu bringen gewesen. Tatsächlich war anhand des Videomaterials auch die unverzügliche Abwehrreaktion seitens des Beklagtenfahrzeugführers beim Erkennen der starken Bremsung des vorausfahrenden Klägerfahrzeugs nach dem Spurwechsel festzustellen. Weiter war festzustellen, dass die mittlere Fahrspur neben dem Lkw durch einen weißen Audi besetzt war und daher dem Fahrer des Beklagten-Lkw auch ein Ausscheren auf die mittlere Spur nicht möglich war.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 28. März 2017 die Klage abgewiesen. Dabei hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei aufgrund des Sachverständigengutachtens davon überzeugt, dass das Unfallgeschehen für den Beklagten zu 2) unvermeidbar gewesen sei. Dabei seien die Dashcam-Aufzeichnung und auch die darauf gestützten Feststellungen des Sachverständigen verwertbar. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe außerdem fest, dass die Kamera nicht permanent, sondern nur anlassbezogen aufzeichne.

Mit der gegen das Urteil des Landgerichts eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erst-instanzliches Ziel auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von vollem Schadensersatz in Höhe von 14.941,77 € weiter. Er meint, das Erstgericht habe „bei korrekter Beweiserhebung und entsprechender Beweiswürdigung … auf der Grundlage des gegen die Beklagtenseite sprechenden Anscheinsbeweises unter Berücksichtigung der Aussage des unbeteiligten, neutralen Zeugen S. und der Darstellung des Klägers im Rahmen der informatorischen Anhörung zur Überzeugung gelangen müssen, dass sich der Unfallhergang so zugetragen hat, wie dies klägerseits dargestellt worden war“, mit einem alleinigen Verschulden des Beklagten zu 2. Deshalb sei der Klage „vollumfänglich stattzugeben“. Selbst wenn man der Meinung sei, der Verkehrsunfall sei ungeklärt, müssten die Beklagten wegen der höheren Betriebsgefahr des Lkw gegenüber dem Pkw zu 70% haften.

Die Dashcam-Aufzeichnung habe das Landgericht nicht verwerten dürfen. Auch hätte es ein Sachverständigengutachten zur Frage der permanenten Aufzeichnung der Kamera einholen müssen. Wenn mit diesem nachgewiesen worden wäre, dass die Kamera permanent aufzeichne, hätte das Erstgericht „zwingend zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die schützenswerten Interessen des Klägers - eindeutig - überwiegen und damit ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der DashCam-Aufzeichnungen besteht.“

II.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Der Kläger hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Anhaltspunkte dargelegt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In zutreffender Weise hat das Landgericht festgestellt, dass dem Kläger gegen die Beklagten aufgrund des Unfallereignisses vom 18. März 2016 kein Schadensersatzanspruch zusteht.

1. Das Erstgericht hat sich zutreffend die Überzeugung gebildet, dass die im Beklagten-Lkw installierte Dashcam so konfiguriert war, dass sie nur bei starker Erschütterung ein insgesamt 30 Sekunden langes Aufzeichnungssegment aus dem Zwischenspeicher dauerhaft auf die eingesetzte SD-Karte speichert, jedoch keine permanente Aufzeichnungsspeiche-rung erfolgt. Diese Feststellung konnte das Landgericht aufgrund der Aussage des Zeugen F. treffen, an deren Glaubhaftigkeit auch der Senat keine Zweifel hat.

a) Das Berufungsgericht, dessen Aufgabe die Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung ist, hat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Fehler in der Beweiserhebung oder Beweiswürdigung sind hier allerdings nicht erkennbar.

Hat sich das Erstgericht - wie es hier der Fall ist - mit den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt - ist die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich und verstößt sie nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze - und ist auch das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung überzeugt, so sind die Feststellungen bindend. Eine Partei kann dann nicht in zulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Erstgerichts setzen.

Einwände gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen F. hat der Kläger nicht erhoben und auch sind im Übrigen nicht ersichtlich. Insbesondere macht nicht allein der Umstand, dass es sich um den Sohn des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) handelt, macht den Zeugen nicht unglaubwürdig. Der Zeuge hat detailliert, differenziert und erkennbar um wahrheitsgemäße Angaben bemüht ausgesagt.

b) Entgegen dem Vorbringen des Klägers hat der Zeuge F. nicht bestätigt, dass eine anlasslose und permanente Aufzeichnung stattfindet. Zwar hat der Zeuge laut Protokoll der mündlichen Verhandlung angegeben, „Die Aufnahmen laufen immer. …“ (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2017, dort Seite 4 oben, Blatt 62 d. A.). Diese Aussage kann aber in Zusammenschau mit seinen weiteren Angaben nur dahin verstanden werden, dass es zunächst (immer) zu Aufnahmen in den flüchtigen Zwischenspeicher kommt und auch kommen muss, da andernfalls nicht auch das Geschehen vor der Erschütterung längerfristig aufgezeichnet werden kann, die - zunächst - endgültige Speicherung eines Segments von insgesamt 30 Sekunden aber erst durch eine erhebliche Erschütterung erfolgt, die einer stärkeren Bremsung entspricht, für die man „praktisch schon in den Gurten hängen“ muss. Nur dann werde aus dem flüchtig aufgezeichneten Material im Zwischenspeicher eine Sequenz von 20 Sekunden vor dem auslösenden Ereignis bis 10 Sekunden danach auf der eingesetzten SD-Karte abgespeichert. Damit deckt diese Aussage die Feststellung des Erstgerichts, dass eine permanente und anlasslose Aufzeichnung nicht erfolgte.

c) Unzutreffend ist auch die Behauptung des Klägers, der Zeuge F. habe nichts dazu sagen können, welche konkrete Einstellung die Dashcam zum Unfallzeitpunkt gehabt habe. Der Zeuge F. hat zwar angegeben, dass nach seinen Kenntnissen die Dashcams seit 2011 verbaut gewesen und auch schon konfiguriert gewesen seien, als er 2013 im Betrieb der Beklagten zu 1) tätig wurde. Es seien aber danach für alle Kameras neue Speicherkarten mit einem höheren Speicherplatz angeschafft worden. Diese Speicherkarten habe der Zeuge in allen Fahrzeugen nachträglich händisch konfiguriert und dies in der von ihm beschriebenen Weise einer permanenten Aufzeichnung nur im Fall einer Erschütterung (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2017, dort Seite 4, 3. Absatz, Blatt 62 d. A.).

d) Das Erstgericht war auch nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Programmierung der SD-Karte einzuholen.

Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen in der Berufungsbegründung einen gegenbeweislichen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser konkreten Beweisfrage nicht gestellt hat. Er hat vielmehr lediglich geltend gemacht, eine Beweisaufnahme hierzu habe insgesamt zu unterbleiben (Schriftsatz vom 7. Februar 2017, S. 1, Bl. 54 der Akte).

Auch von Amts wegen musste das Erstgericht kein Sachverständigengutachten einholen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO steht im Ermessen des Gerichts (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 144 Rn. 2). Hier hat das Landgericht die von den Beklagten vorgetragene Behauptung einer anlassbezogenen, nicht permanenten Aufzeichnung durch die Aussage des Zeugen F. als erwiesen angesehen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der gleichen Beweisfrage von Amts wegen war daher nicht veranlasst.

Nur am Rande sei ergänzt, dass die weitere Beweiserhebung dazu auch deshalb entbehrlich gewesen wäre, weil es für die Verwertbarkeit im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, wie lang der Aufzeichnungszeitraum vor dem Unfall über die vom Landgericht festgestellte Dauer hinaus war (dazu näher unten 2 b cc (2)).

2. Die Aufzeichnung der im Lastwagen der Beklagten zu 1) an der Frontscheibe installierten Dashcam ist verwertbar. Sie konnte daher Gegenstand einer Inaugenscheinnahme nach § 371 BGB und Grundlage des Sachverständigengutachtens sein. Auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts in seinem Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen.

Für den Senat sind die nachstehenden Überlegungen maßgeblich:

a) Beweisverwertungsverbote sind in der Zivilprozessordnung nicht ausdrücklich normiert. Ein Verstoß gegen ein Verbot der Beweisbeschaffung oder -erhebung hindert nicht stets deren Verwertung, sondern nur nach Maßgabe der verletzten Norm und ihres Schutzzwecks (Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 286 Rn. 6). Die Gerichte sind nach § 286 ZPO i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt und die von ihnen angebotenen Beweise vollständig zu berücksichtigen. Dabei kommt der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und deren Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung als wichtigen Belang des Gemeinwohls erhebliches, aber nicht ausschlaggebendes Gewicht zu. Über die Verwertbarkeit von Beweismitteln, die unter Verstoß gegen gesetzliche Normen gewonnen wurden, ist daher stets aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach dem im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden (BGH, Urteil vom 27. Januar 1994 - I ZR 326/91 -, ju-ris-Rn. 61). Für die Zulässigkeit der Verwertung von rechtswidrig beschafften Beweisen kommt es im Zivilprozess vor allem auch auf die Bedeutung des Beweismittels für die Rechtsverwirklichung einer Partei an, ein (stets gegebenes) schlichtes Beweisinteresse reicht nicht (BVerfG NJW 2002, 3619, juris-Rn. 62-64; BGHZ 27, 284 <290>; BGH, NJW 1982, S. 277; NJW 1988, S. 1016 <1018>; jeweils für den Schutz des gesprochenen Worts am Telefon vor unerlaubtem Mithören oder Mitschneiden; Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, ZPO, § 286 Rn. 15a).

Die Behauptung des Klägers, „nach der gängigen Rechtsprechung“ sei die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen „unzulässig bzw. unverwertbar“, findet bei Recherche der hierzu veröffentlichten Rechtsprechung keine Stütze. Zur Frage, inwieweit die Erstellung von Aufzeichnungen mittels einer Dashcam (oder auch on-board-Kamera genannt) und insbesondere deren Verwertung für Beweiszwecke im Zivilprozess bei Verkehrsunfällen zulässig ist, sind bislang - zumindest in veröffentlichter Form - soweit ersichtlich nur Entscheidungen von Amts- und Landgerichten ergangen. Diese bejahen die Verwertbarkeit mehrheitlich (LG Frankenthal MDR 2016, 791; LG Traunstein ZD 2017, 239; LG München ZD 2017, 36; AG Nürnberg MDR 2015, 977; AG München DAR 2016, 275; ebenso wohl das OLG München im Rahmen der Erörterung des schließlich mit Vergleich beendeten Verfahrens 10 U 795/12, Nachweis bei Greger, NZV 2015, 114 <116>, Fn. 23). Der Senat hat nur zwei gerichtliche Entscheidungen finden können, die die Verwertbarkeit verneinen (LG Heilbronn NJW-RR 2015, 1019, dort bei einem Kleinschaden mit 820,00 € Streitwert, bei Annahme einer dauerhaften anlasslosen Aufzeichnung und Speicherung, sowie AG München ZfSch 2014, 692; beide genannten Entscheidungen stützen sich jeweils nur auf allgemeine, eher generalpräventive Erwägungen, ohne Interessenabwägung im Einzelfall). Die vom Kläger als Beleg für seine Auffassung herangezogene Entscheidung des LG Memmingen DAR 2016, 143 betrifft einen anderen Fall; dort geht es um die Nutzung einer Dashcam zur permanenten Überwachung des Hauseingangs eines Nachbarn, nicht um die Nutzung der Kamera im Straßenverkehr im Hinblick auf die Rekonstruierbarkeit eines Unfalls und erst recht nicht um Fragen der Verwertbarkeit für die Beweisführung zu einem Unfall in einem konkreten Einzelfall.

Auch in der Literatur wird die Verwertung derartiger Videoaufzeichnungen im Unfallprozess ganz überwiegend bejaht (etwa jeweils ohne Einschränkung hinsichtlich der Aufzeichnungsdauer Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 286 Rn. 15c und Greger NZV 2015, 114 ff., MüKoBGB/Prütting, 5. Aufl., § 284 Rn. 70; ähnlich Ahrens MDR 2015, 926 ff., wenn auch mit der Empfehlung, dass bei fehlendem Beweisverwendungsbedarf regelmäßig gelöscht werden sollte; differenzierend nach der Dauer der Aufzeichnung Balzer/Nugel NJW 2014, 1623 ff., wobei diese allerdings die Vorstellung haben, es sei „der Regelfall“, dass die gegnerische Partei der Verwertung nicht widerspreche, weil „üblicherweise beide Parteien ein Interesse daran haben, das Unfallgeschehen weitestgehend und umfassend aufzuklären“, was „die Problematik in vielen Fällen entschärfe“; diese Überlegung hilft allerdings gerade in den Fällen nicht weiter, in denen eine Partei beispielsweise mit prozessbetrügerischer Absicht durch unwahren Tatsachenvortrag einen rechtswidrigen Vorteil zu erlangen versucht und dann typischerweise der Verwertung nicht zustimmen wird).

Im Rahmen der durchzuführenden Interessen- und Güterabwägung werden dabei das informationelle Selbstbestimmungsrecht, das Recht am eigenen Bild nach § 22 Satz 1 KunstUrhG und datenschutzrechtliche Normen (§ 6 b BDSG) angesprochen, wobei allerdings - mit guten Gründen - die Auffassung vertreten wird, dass die Argumentation mit Datenschutzrecht oder den Persönlichkeitsrechten Dritter für das Straf- und Bußgeldrecht eine Rolle spielen können, nicht aber für die Interessenabwägung zur Verwertbarkeit von Videoaufzeichnungen im durch das Verhältnis der Parteien zueinander geprägten Zivilprozess (so Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 286 Rn. 15b).

b) Für den vorliegenden Fall gilt folgendes:

aa) Ein Verwertungsverbot ergibt sich vorliegend nicht aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG). Es umfasst das Recht am eigenen Bild und stellt eine Ausprägung des Schutzes der personenbezogenen Informationen dar (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07, 1 BvR 11 BvR 1606/07, 1 BvR 11 BvR 1626/07 -, juris Rn. 44 ff).

Eine Aufzeichnung des Straßenverkehrs durch eine in einem Fahrzeug installierte Kamera kann zwar in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingreifen. Für die Frage, ob dieses durch Bildaufzeichnungen verletzt wird und ob sich gegebenenfalls daraus im Einzelfall ein Verwertungsverbot ableitet, sind nach ständiger Rechtsprechung die jeweils schutzwürdigen Interessen beider Parteien gegeneinander abzuwägen (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 81 BvR 805/98 -, juris Rn. 59; BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 -, juris Rn. 15; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Mai 1997 - 5 U 82/96 -, juris Rn. 3; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 286 Rn. 15, 15a, 15c).

(1) Nach den Lichtbildern, die der Sachverständige im Rahmen seiner Gutachtenserstattung vorgelegt hat, ist die Person des Klägers auf der Aufzeichnung selbst nicht erkennbar. Entsprechendes wird auch vom Kläger nicht vorgetragen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild wird hier nicht berührt. Zur Frage eines etwaigen Verstoßes gegen § 22 KunstUrhG wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziffer 2c Bezug genommen.

(2) Betroffen durch die Aufnahme ist aber das allgemeine Recht des Klägers, über die Preisgabe und Verwendung von persönlichen Daten selbst bestimmen zu können.

Letztlich bedarf es für die Beurteilung, ob ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Person zulässig ist, und damit - ob vorliegend die Beschaffung des Beweises durch die Aufzeichnung unzulässig war -, stets einer Interessen- und Güterabwägung. Diese wird strukturiert durch die sog. Sphärentheorie, nach der zunächst danach zu unterscheiden ist, ob der Eingriff die Intim-, Privat- oder Sozialsphäre betrifft. Die Intimsphäre umfasst den Kernbereich der höchstpersönlichen privaten Lebensgestaltung, z. B. die innere Gedanken und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie vertrauliche Briefe, Tagebuchaufzeichnungen sowie die Angelegenheiten, bei denen ihrer Natur nach Anspruch auf Geheimhaltung besteht wie Einzelheiten des Sexuallebens oder des Gesundheitszustands. Die Privatsphäre beschreibt den Lebensbereich, zu dem andere Menschen nach sozialer Anschauung nur mit Zustimmung der Betroffenen Zugang haben, also im Wesentlichen das Privatleben im eigenen häuslichen Bereich. Die Sozialsphäre (Individualsphäre) schützt und bewahrt die persönliche Eigenart des Menschen in seinen Beziehungen zur Umwelt sowie seinem öffentlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Wirken. Sie betrifft den Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von Vorneherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (zum Ganzen Pa-landt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 823 Rn. 87 mit zahlreichen Einzelnachweisen zur Rechtsprechung).

In die Intimsphäre sind Eingriffe nahezu ausgeschlossen, in die Privatsphäre nur nach streng geregelten Vorgaben zulässig, wenn es um den Schutz entgegenstehender Interessen von hohem Gewicht geht. Die Sozial-/Individual-/Öffentlichkeitssphäre steht dagegen unter einem weit geringeren Schutz. Maßnahmen, die diesen Bereich betreffen, weisen von vorneherein - wenn überhaupt - nur eine geringe Belastungsintensität auf. Hier bestehen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die geringsten Rechtfertigungsanforderungen (Di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Lfg. 39, Art. 2 Abs. 1 Rn. 160).

(a) Die Dashcam-Aufzeichnung hält als auf den Kläger bezogene persönliche Daten allein sein konkretes Fahrverhalten auf einer öffentlichen Autobahn in einem Zeitraum von weniger als einer Minute fest - und dies unabhängig davon, ob die Dashcam für eine permanente Aufzeichnung konfiguriert war oder nur anlassbezogen; das klägerische Fahrzeug ist erst wenige Sekunden vor dem Unfall überhaupt in den „Sichtbereich“ der Kamera eingefahren. Dieses Geschehen ist in die sog. Individualsphäre einzuordnen.

In der Abwägung ist diesem persönlichkeitsrechtlichen Interesse des Klägers kein hohes Gewicht beizumessen. Es geht allein um das Interesse des Klägers, dass sein ohnehin in der Öffentlichkeit stattfindendes Verkehrsverhalten nicht, auch nicht für einen sehr kurzen Zeitraum, dokumentiert wird. Der Kläger wird durch die Aufnahme weder zur Schau gestellt noch in anderer Weise herabgewürdigt, als Person ist er überhaupt nicht erkennbar. Erkennbar ist letztlich nur sein Fahrverhalten als solches. Er hat sich durch die Teilnahme am öffentlichen Verkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer ausgesetzt und ist selbst von der Aufzeichnung auch nur für einen ganz kurzen Zeitraum betroffen (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 2 BvR 2072/10 -, beck-online Rn. 17, für die Nutzung einer Dauervideoaufzeichnung zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten).

(b) Dem gegenüber zu stellen ist das Interesse der Beklagten daran, für den konkreten Unfall die Dashcam-Aufzeichnung als Beweismittel zur Verfügung zu haben und im Verfahren zur Verteidigung gegen die Inanspruchnahme durch den Kläger verwerten zu können. Dieses wiegt im Verhältnis zu dem Interesse des Klägers schwer. Das in Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsstaatsprinzip sowie das Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG gebieten grundsätzlich, dass angebotene Beweise erhoben und verwertet werden. Auch wenn das Gemeinwohlinteresse auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht von vorneherein das Recht des Einzelnen, auch im öffentlichen Raum nicht gefilmt zu werden, überwiegt (LG München, Urteil vom 14. Oktober 2016 - 17 S 6473/16 -, juris Rn 13), ist jedenfalls dann dem Interesse des Beweisführers besonders Gewicht beizumessen, wenn keine anderen Beweismittel zur Verfügung stehen, er also auf der Verwertung für die Erreichung seines Rechtsschutzziels angewiesen ist, womit zugleich auch der materiellen Gerechtigkeit Genüge getan wird.

So liegt der Fall hier. Den Beklagten stehen keine Zeugen für das Fahrverhalten des Klägers vor dem Unfall zur Verfügung. Der Zeuge S. hat nur den unmittelbaren Zusammenstoß im Rückspiegel gesehen, nicht das Geschehen davor (vgl. Bl. 34 der Akte). Ohne die Dashcam-Aufzeichnungen fehlt es auch an aussagekräftigen objektiven Anknüpfungstatsachen, mit denen das tatsächliche Unfallgeschehen in seinen für die rechtliche Bewertung entscheidenden Teilen unfallanalytisch rekonstruiert werden könnte. Dürfte die Dashcam-Aufzeichnung nicht verwertet werden, könnte der Beklagte den grob wahrheitswidrigen Sachvortrag des Klägers nicht widerlegen. Die Folge wäre, dass der Kläger mit seinem unter massiver Verletzung nach § 138 Abs. 1 ZPO getätigten unwahrem Sachvortrag, der sich auch noch auf Abläufe seiner eigenen Wahrnehmung bezieht, staatliche Gerichte zu einer ungerechtfertigten Verurteilung der Beklagten zwingen könnte, wobei es vorliegend nicht um einen Baga-tellschaden, sondern um einen erheblichen Betrag geht.

Ohne Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen aus der Dashcam-Aufzeichnung wäre über die Anwendung eines Anscheinsbeweises eine Alleinhaftung der Beklagten in Betracht zu ziehen, zumindest aber aufgrund der Unaufklärbarkeit des Unfalls eine mehr als hälftigen Mithaftung der Beklagten aufgrund erhöhter Betriebsgefahr des Beklagten-Lkw. Dies obwohl tatsächlich, wie bei Berücksichtigung der Dashcam-Aufzeichnung feststeht, der Kläger das Unfallgeschehen durch ein grob verkehrswidri ges, rücksichtsloses und hoch gefährliches Verhalten allein zu verantworten hat und nur die schnelle richtige Reaktion des Beklagten zu 2 (sofortige Bremsung ohne Ausscheren auf die von einem anderen Fahrzeug befahrene Mittelspur) schlimmere Folgen verhindert hat. Insoweit schließt sich der Senat der Beurteilung des Erstgerichts vollumfänglich an.

(c) Insgesamt führt die Interessenabwägung hier zu einem eindeutigen Ergebnis. Das Interesse des Klägers, dass sein Fahrverhalten auf einer öffentlichen Autobahn überhaupt nicht durch Videoaufzeichnung dokumentiert wird, auch nicht für wenige Sekunden, steht weit hinter dem Interesse des Beklagten zurück, rechtliches Gehör zu erhalten und nicht zu Unrecht auf der Grundlage einer vom Kläger auf grob wahrheitswidrige Behauptungen gestützten Klage zu einer erheblichen Zahlung verurteilt zu werden. Zumindest in der vorliegenden Einzelfallkonstellation hält der Senat jedes andere Abwägungsergebnis für offenkundig nicht zu vertreten.

cc) Die Tatsache, dass nicht nur die Bewegung des Fahrzeugs des Klägers im Straßenverkehr dokumentiert wurde, sondern auch die weiterer Fahrzeuge Dritter, führt zu keinem anderen Abwägungsergebnis, ebensowenig der Umstand, dass nicht ausschließbar vereinzelt auch Personen sichtbar abgebildet sein könnten.

(1) Inwieweit bei der Güterabwägung zur Verwertung im Zivilprozess überhaupt das allgemeine Interesse Dritter einzustellen ist, nicht dem Risiko ausgesetzt zu werden, ohne Anlass aufgezeichnet und sich auf Speichermedien wiederfinden zu müssen, ist als solches bereits zweifelhaft (ablehnend wohl Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 286 Rn. 15b).

(a) Bei unbeteiligten Personen, die als Passanten oder Teilnehmer am fließenden Verkehr mit auf das Bild geraten, zu denen nicht - etwa durch einen nachfolgenden Unfall - persönlicher Kontakt, verbunden mit der Identifizierung der Person, besteht, fehlt es schon wegen der Anonymität der betreffenden Personen an der Eingriffsqualität der Aufzeichnung (Greger NZV 215, 214 <215>). Dementsprechend sind Abbildungen von Passanten und Verkehrsteilnehmern auf öffentlichen Wegen und Plätzen, die nur als Beiwerk des Stadt- oder Straßenbildes miterfasst werden, von diesen ohnehin hinzunehmen (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 -, juris Rn. 17). Im Vordergrund steht bei diesen Aufnahmen gerade nicht die Abbildung einer Persönlichkeit, sondern ein Verkehrsgeschehen. Bei Fahrten auf der Autobahn ist darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit, dass Personen überhaupt - auch in nicht identifizerter Form - abgebildet wer den, wegen der Kameraperspektive in Relation zu den gefilmten Fahrzeugen äußerst gering. Auch die Möglichkeit Bewegungsbilder oder dergleichen zu erstellen, ist beim Einsatz einer Dashcam in der streitgegenständlichen Form, also ohne gezielte Verfolgung oder Observation eines bestimmten Fahrzeugs, ausgeschlossen. Und zwar bei realistischer Bewertung selbst dann, wenn die Dashcam über eine lange Fahrtstrecke Aufzeichnungen speichert, nicht nur begrenzt auf das Unfallereignis. Insofern stellt sich bereits die Frage, ob der Persönlichkeitsschutz der Verkehrsteilnehmer überhaupt erfordert, mit technischen Vorkehrungen das Aufzeichnen auf das unmittelbare Unfallgeschehen begrenzen (dies verneinend Greger NZV 215, 214 <215>).

(b) Unabhängig davon würde aber das Fehlen einer technischen Einrichtung zur Begrenzung der Aufnahmedauer auf das Unfallereignis nach Auffassung des Senats nicht dazu zwingen, die Verwertbarkeit derjenigen Sequenz für die Beweisführung zu einem Unfall zu verneinen, die als solche auch bei einer Begrenzung auf das unmittelbare Unfallgeschehen dauerhaft gespeichert wäre.

Insofern unterscheidet sich die Beurteilung der Verwertbarkeit einer Dashcam-Aufzeichnung wie der vorliegenden ganz wesentlich von den Fragen, die sich etwa bei der Verwertung unzulässiger Mitschnitte des gesprochenen Worts oder einer gezielten filmischen Überwachung eines Arbeitnehmers oder eines Nachbarn stellen. In den letztgenannten Fällen sind gerade auch die Sequenzen, um deren Verwertung es geht, selbst direkt persönlichkeitsrechtsverletzend erhoben, d. h. es sollen beispielsweise gerade Äußerungen verwertet werden, die als solche nicht hätten aufgenommen werden dürfen.

Die Fragen, welche von Gegnern der Verwertbarkeit von Dashcam-Aufzeichnungen aufgeworfen werden, insbesondere bei der Frage der Aufzeichnungsdauer insgesamt, betreffen dagegen solche Teile der Aufzeichnung, die als solche gar nicht verwertet werden sollen. Insoweit wird die These vertreten, die als solche auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten unproblematisch verwertbare, zeitlich kurze Unfallsequenz dürfe dann nicht verwertet werden, wenn vorher weitere Aufzeichnungen vom Verkehrsgeschehen gefertigt worden seien, die möglicherweise Dritte abbilden, ohne dass es hierfür eine hinreichende Notwendigkeit oder Rechtfertigung gibt. Eine derartige Ausdehnung der Beurteilungskriterien für die Verwertungsprüfung wird aber der Bedeutung und Funktion des Zi vilprozesses nicht gerecht. Das Zivilprozessrecht hat nicht die Aufgabe, sonstiges Verhalten von Prozessbeteiligten, welches nicht die Beschaffung des konkret zu verwertenden Beweises selbst - hier also das Filmen und Speichern der unmittelbaren Unfallsituation - darstellt, zu sanktionieren.

Konsequent zu Ende gedacht müssten diejenigen, die Aufnahmezeitbegrenzungen als Voraussetzung für die Verwertung von Dashcam-Aufzeichnungen im Zivilprozess fordern, in Fällen, in welchen das Unfallgeschehen vom Beifahrer mit der Kamera eines Mobiltelefons gefilmt wurde, auch klären, wie lange und wie oft der Beifahrer vorher gefilmt hat und ob er dafür gute Gründe hatte. Hätte er „anlasslos“ bei früherer Gelegenheit gefilmt, dürfte die die spätere zufällige Aufnahme vom Unfallgeschehen nicht verwendet werden, hätte er nur beim Unfall gefilmt oder schon vorher gute konkrete Gründe zum Filmen gehabt, wäre die Verwertung gestattet. Der Sinn einer derartigen Differenzierung zur Entscheidung über die Verwertbarkeit derjenigen Sequenz, die das unmittelbare Unfallgeschehen zeigt, erschließt sich dem Senat nicht, jedenfalls nicht für den Zivilprozess. Dies gilt zumindest dann, wenn - wie vorliegend - bei den unmittelbar vorgelagerten Bildaufnahmen nicht etwa schwerwiegende Eingriffe wie Filmen in der Privat- oder gar Intimsphäre im Raum stehen, sondern ebenfalls nur Aufnahmen, bei denen lediglich die Sozialsphäre betroffen sein kann, wobei selbst deren Schutzbereich eher tangiert wird als dass man überhaupt von einem Eingriff sprechen kann (also: Erfassung einer Einzelperson - wenn überhaupt - oder eines Fahrzeugs nur für einen kurzen Zeitraum, dann wiederum in aller Regel ohne Individualisierung, keine Schaffung von Bewegungsbildern Einzelner).

(2) In jedem Fall führt aber auch die Berücksichtigung der genannten allgemeinen Drittinteressen bei der vorliegenden Fallgestaltung - nach vorne gerichtete Dashcam mit Weitwinkeleinstellung bei einer Autobahnfahrt - nicht dazu, dass die Verwertbarkeit zu verneinen ist.

(a) Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung eine permanente, verdachtslose Videoüberwachung als unzulässig bewertet, betrifft dies regelmäßig Fälle, bei denen sich die Überwachung gezielt auf bestimmte, individualisierbare Personen richtet und sich darüber hinaus auch auf einen längeren Zeitraum erstreckt.

So hat der BGH eine permanente, verdachtslose Überwachung des Zugangs zu einem Wohnhaus auch dann als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angesehen, wenn die Aufzeichnung nicht verbreitet werden sollte. Ein derartiger Eingriff sei höchstens dann zulässig, wenn schwerwiegenden Beeinträchtigungen, wie etwa Angriffen auf Personen, nicht anderweitig zumutbar begegnet werden können (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 -, juris Rn. 16 ff).

Im Fall einer verdeckten Videoüberwachung am Arbeitsplatz (BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 -, juris Rn. 30) wurde eine Rechtfertigung nur bei Vorliegen eines konkreten Verdachts einer Straftat oder einer anderen schweren Verfehlung anerkannt.

(b) Beim Einsatz einer Dashcam in der vorliegenden Weise - nach vorne gerichtet bei der Autobahnfahrt in einem Lkw - sind dagegen die Grundrechte Dritter nur in äußerst geringfügiger Weise tangiert. In Fahrzeugen sitzende Personen sind praktisch nicht sichtbar, weil die Fahrzeuge von hinten aufgenommen werden. Köpfe sind damit wenn überhaupt, nur in Konturen und dann auch noch überwiegend durch Kopfstützen verdeckt zu sehen, soweit nicht - wie bei einem Großteil der Fahrzeuge - getönte Scheiben den Blick auf die Personen nicht ohnehin verwehren.

Die Kamera ist einem mit starkem Weitwinkelobjektiv ausgestattet. Dadurch sind die einzelnen Fahrzeuge überwiegend nur relativ klein abgebildet, eine kurzzeitig größere Abbildung erfolgt regelmäßig nur beim Auftauchen eines Fahrzeugs direkt nach einem Überholvorgang. Aufgrund der typischen Fahrdynamik der Fahrzeuge zueinander muss auch kein Verkehrsteilnehmer, abgesehen möglicherweise von in Kolonne fahrenden Lkws, befürchten, dass sein Fahrzeug länger als für einen ganz kurzen Zeitraum, der sich oft mehr nach Sekunden als Minuten bemessen wird, auf einer einzelnen Dashcam aufgezeichnet wird. Und zwar sogar dann nicht, wenn eine Dashcam längere Sequenzen oder sogar permanent dauerhaft abspeichernd aufzeichnen würde. Die Gefahr, dass mit einzelnen Dashcams, die auf isolierte Speichermedien aufzeichnen, Bewegungsbilder von bestimmter Kraftfahrzeuge oder gar bestimmter Personen erstellt werden können, besteht nicht. Etwas anderes würde allenfalls bei einer gezielten Verfolgung und Observation eines bestimmten Fahrzeugs gelten. Dies steht aber vorliegend nicht im Raum. Selbst dann, wenn die Dashcam über längere Zeit oder gar während der Autobahnfahrt permanent aufzeichnen würde, bliebe die Eingriffsintensität bei der ge nannten Kameraverwendung bei jedem einzelnen Verkehrsteilnehmer äußerst gering.

Es geht eben - anders als bei der automatisierten Kennzeichenerfassung zu Fahndungszwecken, die das BVerfG unter einen strikten Gesetzesvorbehalt gestellt hat - nicht um das gezielte Aufspüren gesuchter Personen oder Fahrzeuge und es besteht wegen der nur vorübergehenden, zufallsgesteuerten Abbildung in der Regel nicht identifizierbarer Verkehrsteilnehmer auch nicht die Möglichkeit, personenbezogene Bewegungsprofile oder dergleichen zu erstellen. Insoweit sind zur polizeilichen Verkehrskontrolle, automatisierten Kennzeichenerfassung, Rasterfahndung und behördlichen Überwachung öffentlicher Plätze getroffene Entscheidungen auf die hier zu beurteilenden Sachverhalte nicht übertragbar (Greger, NZV 2015, 114 <115>, mit Einzelnachweisen in Fn. 15).

Nochmals weitaus weniger tangiert sind die Rechte Dritter, wenn wie vorliegend vom Erstgericht in zutreffender Weise festgestellt, die Kamera so konfiguriert ist, dass eine dauerhafte Speicherung nur bei einer sehr erheblichen Erschütterung erfolgt und dann auch nur mit einer Sequenz von insgesamt 30 Sekunden. Insofern ist das Risiko jedes Einzelnen, auch als Unbeteiligter aufgezeichnet zu werden, das in der konkreten Gestaltung ohnehin praktisch nur fahrzeug- und nicht personenbezogen in Betracht kommt, nochmals massiv reduziert. Die nur kurzzeitige Erfassung von Vorgängen im Straßenverkehr birgt erst recht eine gegen Null gehende Gefahr der Aufzeichnung von Bewegungsabläufen Unbeteiligter und deren Rekonstruierbarkeit. Sofern im Einzelfall aber zufällig einzelne Personen, die den Verkehrsraum nutzen, mitabgebildet werden sollten, ist dies von diesen ohnehin hinzunehmen (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 -, juris Rn. 17).

Selbst wenn man also die Interessen unbeteiligter Dritter mit einbezieht, wäre es angesichts der geschilderten sehr geringen und eher theoretischen Betroffenheit unbeteiligter Dritter bei der Interessenabwägung im Rahmen der zivilprozessualen Verwertbarkeit von Dashcam-Aufzeichnun-gen der vorliegenden Art nicht zu rechtfertigen, einer andernfalls in Beweisnot befindlichen Partei den Rückgriff auf dieses Beweismittel mit dem Argument einer abstrakten Überwachungsbefürchtung Dritter zu verwehren und es damit einem Prozessgegner zu ermöglichen, mit grob unwahrem Sachvortrag eine materiell falsche Verurteilung zu erwirken. Auch hier spricht die Abwägungsergebnis - sehr deutlich - für die Verwertbar keit der Aufzeichnungen, wobei es nach Auffassung des Senats - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Fall sogar hätte dahinstehen hätte können, ob und in welchem Maß die Dauer der endgültig abgespeicherten Aufnahme begrenzt wurde.

b) Auch datenschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Verwertung der Dashcam-Aufzeichnung nicht entgegen.

aa) Dabei kann grundsätzlich bereits dahinstehen, ob die streitgegenständliche Aufzeichnung unter Verstoß gegen § 6b BDSG zustande gekommen ist. Die Frage, ob Aufnahmen einer Dashcam verwertet werden dürfen, betrifft ausschließlich die prozessrechtliche Ebene. Entscheidend ist dabei, ob durch die Verwertung eines unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Regelungen gewonnenen Beweismittels Grundrechte verletzt werden und ob diese ggf. hinter das öffentliche und individuelle Interesse an der Rechtsdurchsetzung und Wahrheitsermittlung zurücktreten müssen (Greger, NZV 2015, 114 f.). Letzteres ist nach Ansicht des Senats der Fall. Insoweit wird auf die bereits gemachten Ausführungen Bezug genommen.

bb) Ein Verstoß gegen § 6b BDSG, der gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 BDSG auch an Privatpersonen adressiert ist, ist aber auch als solcher schon nicht zu bejahen. Die von der Beklagten zu 1) gefertigten Aufzeichnungen sind zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich. Weiter bestehen keine Anhaltspunkte, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Die Erstellung der Aufzeichnung und deren Verwendung im Prozess war sowohl für die Beklagten im Rahmen ihrer Rechtsverfolgung oder - hier - der Rechtsverteidigung als auch für eine funktionstüchtigen Rechtspflege mit dem Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung erforderlich, wie dieser Fall plastisch zeigt. Ohne Verwertung der Aufzeichnung wäre den Beklagten eine effektive Rechtsverteidigung abgeschnitten, da ihnen andere geeignete Beweismittel, z. B. Zeugen, nicht zur Verfügung standen und ihr Prozessgegner den objektiv wahren Sachvortrag der Beklagten - mit grob wahrheitswidrigen Behauptungen - streitig gestellt hatte.

Die Aufzeichnung diente der Wahrnehmung berechtigter Interessen der Beklagten wie auch das der Allgemeinheit an materiell richtigen Entscheidungen (vgl. oben, Ziffer 2 a, cc). Die Aufzeichnungen wurden für diese konkret festgelegten Zwecke der Beweisführung in Prozessen erstellt. Schon allgemein durch die Umstände der Verwendung der Dashcam, aber erst recht durch die Konfigurierung der Speicherkarte in der Weise, dass eine permanente Aufzeichnung nur in dem Fall erfolgt, in dem es innerhalb eines Zeitraums von 30 Sekunden zu einer Erschütterung entsprechend der Stärke 7 auf der Skala von 1 bis 10 kommt, bestehen keine Zweifel an diesem Verwendungszweck. Anhaltspunkte dafür, dass die schutzwürdigen Interessen des Klägers oder anderer theoretisch Betroffener überwiegen, sind nicht gegeben. Auch insoweit wird auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Interessenabwägung verwiesen.

c) Die Einführung der Dashcam-Aufzeichnung in den Zivilprozess und deren Verwertung im Verfahren verstößt auch nicht gegen § 22 Satz 1 KunstUrhG. Insbesondere liegt kein öffentliches Verbreiten oder Zurschaustellen eines Bildnisses vor. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist bei der hier vorliegenden Art der Verwendung der Dashcam und auch bei der konkret in Streit stehenden Aufzeichnung nicht anwendbar.

aa) Es fehlt bereits an dem Merkmal eines „Bildnisses“. Ein Bildnis im Sinne des Kunsturhebergesetzes ist die Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer Person in einer für Dritte erkennbaren Weise (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 -, juris Rn. 71 - Marlene Dietrich).

Im konkreten Fall ist das Recht am eigenen Bild des Klägers überhaupt nicht berührt. Auf keinen der vom Sachverständigen überreichten Lichtbilder, die aus der Dashcam-Aufzeichnung gewonnen wurden, ist die Person des Klägers als Fahrer eines Fahrzeugs allenfalls nur schemenhaft zu sehen. Gleiches gilt für Insassen anderer auf der Aufzeichnung zu sehenden Personenkraftwagen. Allein wegen der Perspektive, der Entfernungen und des Umstands von Spiegelungen und etwaiger Tönungen der Fahrzeugscheiben hält es der Senat für nahezu ausgeschlossen, dass Personen in den Fahrzeugen überhaupt in personalisierter Weise abgebildet werden können. Die Rechte Dritter an ihrem eigenen Bild werden demnach ebenso wenig wie das des Klägers tangiert, womit auch unter diesem Aspekt ein Beweisverwertungsverbot nicht besteht. Der auf der Aufzeichnung sichtbare Pkw des Klägers hingegen scheidet als Sachdarstellung als geeignetes Objekt eines Bildnisses von vorne herein aus.

bb) Ohne dass es hierauf entscheidend ankommt, fehlt es auch tatbestandlich an der Verbreitung oder öffentlichen Zurschaustellung im Sinne des § 22 Satz 1 Kunst-UrhG. Auch wenn die Aufzeichnung in einer nach § 169 S. 1 GVG öffentlichen Gerichtsverhandlung angesehen wurde, liegt keine öffentliche Zurschaustellung vor. Nach einem Urteil des EGMR (Urteil vom 27. Mai 2014 - 10764/09 -, NJW 2015, 1079, beck-online Rn. 35, 36) liegt eine „Verbreitung“ in der öffentlichen Sitzung oder ihrer Weitergabe an die Prozessbeteiligten im Laufe des Verfahrens dann nicht vor, wenn Aufnahmen eines Privatdetektivs zum Zwecke der Beweissiche rung und Beweisführung gefertigt wurden, sie nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind und keine Veröffentlichungsgefahr besteht. Werden die allein zu diesem Zweck gefertigten Beweismittel in die Gerichtsakte aufgenommen und allein zu diesem Zweck benutzt, liegt kein Verbreiten vor (EGMR, Urteil vom 27. Mai 2014, Rn. 41). Nach diesen Maßstäben fehlt es an dem nach § 22 Satz 1 KunstUrhG erforderlichen Öffentlichkeitbezug; der Begriff des „Verbreitens“ ist teleologisch zu reduzieren (LG München, Urteil vom 14. Oktober 2016 - 17 S 6473/16 -, juris Rn. 9). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - im konkreten Fall die Aufnahmen von einer Partei und nicht nach gesonderten Regeln gefertigt wurden (im Urteil des EGMR von einem Privatdetektiv in einem nach spanischem Recht geregelten Verfahren). Die Aufnahmen wurden auch hier allein zu Beweiszwecken gefertigt. Ein anderweitiges Interesse der Beklagten zu 1), einer Transportfirma mit ca. 20 Fahrzeugen, ihre gesamte Flotte mit Dashcams auszustatten, als das, vor allem in Unfallsituationen über Aufnahmen zur Beweisführung zu verfügen, ist nicht ersichtlich. Für eine Veröffentlichungsgefahr bestehen auch im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte.

cc) Ein Verwertungsverbot kann im Hinblick auf das Recht am eigenen Bild kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass durch Dashcams auch zufällige Aufnahmen von unbeteiligten Personen, mit denen diese individualisiert werden könnten, nicht in jeder Konstellation restlos auszuschließen sind. Abgesehen davon, dass für die Frage eines Verwertungsverbotes der Kläger sich nicht auf die Verletzung von Rechten Dritter berufen kann, bestehen seitens des Senats selbst, dann, wenn man diese in die Abwägung einstellen würde, keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Beweisverwertung.

Wie bereits in anderem Zusammenhang angesprochen zielen Dashcam-Aufzeich-nungen der konkret verfahrensgegenständlichen Art (Aufzeichnung während einer Fahrt, insbesondere einer solchen auf der Autobahn) weder darauf ab noch eignen sie sich besonders dazu, Personen in identifizierbarer Weise abzubilden. Die Dashcam ist an der Windschutzscheibe des Lkw-Führerhauses installiert und zeichnet daher regelmäßig Verkehrsvorgänge im Straßenraum auf, die sich vor der Lkw-Front abspielen. Handelt es sich dabei, wie im vorliegenden Fall, um ein Verkehrsgeschehen auf der Autobahn, ist eine Aufzeichnung von Personen ohnehin weitestgehend ausgeschlossen. Die Fahrer und Beifahrer der aufgezeichneten Fahrzeuge sind schon allein wegen der Perspektive nicht oder kaum sichtbar und noch weniger individualisierbar, allenfalls können (Hinter-)Köpfe der im Fond des Fahrzeugs sitzenden Personen aufgezeichnet werden. Selbst wenn es insgesamt nicht ausgeschlossen sein wird, dass im Einzelfall - vorwiegend bei Aufnahmen in anderen Verkehrsräumen - auch Personen in erkennbarer Weise abgebildet wer den, rechtfertigt das nicht, die Aufzeichnungen als generell unzulässig zu beurteilen. Abbildungen von Passanten und Verkehrsteilnehmern auf öffentlichen Wegen und Plätzen, die nur als Beiwerk des Stadt- oder Straßenbildes miterfasst werden, sind von diesen ohnehin hinzunehmen (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 -, juris Rn. 17). Im Vordergrund steht bei diesen Aufnahmen gerade nicht die Abbildung einer Persönlichkeit, sondern ein Verkehrsgeschehen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ein Beweisverwertungsverbot der streitgegenständlichen Dashcam-Aufzeichnung nicht besteht. Der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, dass das Fahrverhalten des Klägers als grob verkehrswidrig und rücksichtslos einzustufen ist und für den Beklagten zu 2) das Unfallgeschehen unvermeidbar war, schließt sich der Senat an. Die Klage ist zu Recht abgewiesen worden.

III.

Der Senat legt deshalb die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Hinweisbeschluss, 10. Aug. 2017 - 13 U 851/17

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 169


(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihre

Zivilprozessordnung - ZPO | § 144 Augenschein; Sachverständige


(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hi

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11

bei uns veröffentlicht am 21.06.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. November 2010 - 6 Sa 817/10 - aufgehoben, soweit es ihre Berufung zurückgewiesen hat.

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außerstande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis verlangen, dass die Schuld erloschen sei.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. November 2010 - 6 Sa 817/10 - aufgehoben, soweit es ihre Berufung zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen. Die 1958 geborene Klägerin war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit September 1990 als Verkäuferin, zuletzt als stellvertretende Filialleiterin, beschäftigt. Sie erhielt als Teilzeitkraft eine monatliche Bruttovergütung von etwa 1.400,00 Euro.

3

Mit Zustimmung des bei ihr gebildeten Betriebsrats installierte ein von der früheren Arbeitgeberin beauftragtes Überwachungsunternehmen in der Zeit vom 1. bis 22. Dezember 2008 Videokameras in den Verkaufsräumen der Filiale. Am 12. Januar 2009 wertete die Arbeitgeberin das ihr übergebene Filmmaterial im Beisein eines Betriebsratsmitglieds aus. Sie hielt der Klägerin anschließend vor, diese habe sich heimlich Zigaretten angeeignet.

4

Nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 23. Januar 2009 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstzulässigen Termin.

5

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Sie hat bestritten, Zigaretten entwendet zu haben. Sie habe lediglich ihre Aufgaben erledigt, zu denen es gehöre, Zigarettenregale ein- und auszuräumen und ggf. zu ordnen. Im Übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm sei nicht das komplette Videoband, sondern lediglich ein Zusammenschnitt vorgespielt worden. Überdies verstoße die heimliche Videoaufnahme gegen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Daraus folge ein Verwertungsverbot.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 23. Januar 2009 sein Ende gefunden hat;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristgerechte Kündigung vom 23. Januar 2009 sein Ende gefunden hat, sondern zu den Konditionen des abgeschlossenen Arbeitsvertrags unverändert fortbesteht;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie als stellvertretende Filialleiterin in der Niederlassung K in vereinbarter Teilzeit bei 24 Stunden pro Woche tatsächlich zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund der vorliegenden Videoaufzeichnungen sei nachgewiesen, dass sich die Klägerin an zwei Tagen im Dezember 2008 jeweils mindestens eine Packung Zigaretten zugeeignet habe. Zumindest bestehe ein entsprechender Tatverdacht. Sie hat behauptet, Anlass für die verdeckte Videoüberwachung seien hohe Inventurverluste in der Filiale der Klägerin, insbesondere im Bereich Tabak, gewesen. Es habe der Verdacht bestanden, dass Mitarbeiterdiebstähle einen erheblichen Einfluss auf die Inventurdifferenzen gehabt hätten. Auf dem Filmmitschnitt sei zu sehen, wie die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008, jeweils nach 20:00 Uhr, einen sog. Zigarettenträger einer Kasse öffne, ihm einige Schachteln Zigaretten entnehme, diese in den Fächern für (Einkaufs-)Tüten verstaue, den Zigarettenträger wieder verschließe, sich zunächst entferne, einige Minuten später wieder an die Kassen zurückkehre, den Tütenfächern die Zigarettenschachteln entnehme und diese in ihrer Bluse verstaue.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach erneuter Einnahme des Augenscheins in die Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem 31. Juli 2009 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr gegen die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung gerichtetes Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ), soweit dieses die Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 abgewiesen hat. Zwar ist die Kündigung nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam(I.). Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung sei auf der Grundlage des festgestellten Kündigungssachverhalts sozial gerechtfertigt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (II.). Es steht aber noch nicht fest, ob hinsichtlich der in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen ein Beweisverwertungsverbot wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG bestand(III.).

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I. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt insoweit gegen das Berufungsurteil keine Einwände.

11

1. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26).

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2. Danach ist die Anhörung im Streitfall nicht deshalb unvollständig, weil die frühere Arbeitgeberin dem Betriebsrat nur die von dem beauftragten Überwachungsunternehmen zusammengestellten Ausschnitte der Videoüberwachung zur Verfügung gestellt hat. Die Arbeitgeberin war selbst nicht im Besitz des vollständigen Materials. Soweit die Videoauswertung Grundlage ihres Kündigungsentschlusses war, hat sie sie dem Betriebsrat zugänglich gemacht.

13

II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 sei gem. § 1 Abs. 2 KSchG aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, hält - auf Basis des vom Landesarbeitsgericht als bewiesen erachteten Sachverhalts - einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, 37, BAGE 134, 349).

15

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, BAGE 134, 349). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37 mwN, aaO).

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2. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 sei iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt, auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts nicht zu beanstanden.

17

a) Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann sogar einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstellen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, BAGE 134, 349). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 27, aaO).

18

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008 jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand der Rechtsvorgängerin der Beklagten entwendet. Sie hat damit wiederholt vorsätzlich gegen ihre arbeitsvertragliche Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, keine gegen das Vermögen ihrer Arbeitgeberin gerichteten rechtswidrigen Handlungen zu begehen. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, unter diesen Umständen sei die ordentliche Kündigung nicht unverhältnismäßig, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, durch die von der Klägerin begangenen Vermögensdelikte zulasten ihrer Arbeitgeberin sei ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden, der dieser eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht habe. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Klägerin sei durch die vorsätzlichen Pflichtverletzungen objektiv derart erschüttert gewesen, dass seine Wiederherstellung und ein künftig wieder störungsfreies Miteinander der Parteien nicht mehr zu erwarten seien. Dem Interesse der Arbeitgeberin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei auch unter Berücksichtigung des Lebensalters und der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin der Vorrang einzuräumen. Ungeachtet des geringen Werts der entwendeten Gegenstände habe die Klägerin die Basis für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zerstört.

20

bb) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin hat - den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt als wahr unterstellt - heimlich und vorsätzlich das in sie gesetzte Vertrauen als Verkäuferin und stellvertretende Filialleiterin zu einer Schädigung des Vermögens ihrer Arbeitgeberin missbraucht. Es ist angesichts dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht angenommen hat, eine Wiederherstellung des Vertrauens sei auch angesichts der unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit der Klägerin von 18 Jahren und des geringen Werts der entwendeten Gegenstände nicht zu erwarten gewesen. Für den Grad des Verschuldens und die Möglichkeit einer Wiederherstellung des Vertrauens macht es objektiv einen Unterschied, ob es sich bei einer Pflichtverletzung um ein Verhalten handelt, das insgesamt auf Heimlichkeit angelegt ist - wie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitfall - oder nicht (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 45, BAGE 134, 349).

21

3. Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts lässt für den Fall, dass hinsichtlich der Videoaufzeichnungen vom 6. und 17. Dezember 2008 ein Beweisverwertungsverbot nicht bestand, keinen Rechtsfehler erkennen.

22

a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung kann durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüft werden. Dieses kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob das Berufungsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist und ob sie rechtlich möglich ist. Ausreichend ist, dass das Berufungsgericht insgesamt widerspruchsfrei und umfassend hinsichtlich aller wesentlichen Aspekte zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen hat (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51, EzA TzBfG § 17 Nr. 14; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/96 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 86, 347; BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1993, 935).

23

b) Danach ist die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze begründet, warum es für wahr erachte, dass die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008 jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand der Rechtsvorgängerin der Beklagten entwendet habe.

24

aa) Soweit die Klägerin geltend macht, sie selbst habe eine derartige Feststellung auch bei intensiver Betrachtung der Aufnahmen nicht treffen können, schließt dies nicht aus, dass die Berufungskammer ohne Rechtsfehler zu einer anderen Überzeugung gelangt ist.

25

bb) Zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ist nach dem Inhalt der Videoaufzeichnungen widerlegt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - lediglich Aufräumarbeiten an dem Zigarettenträger durchgeführt hat. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Dieses hatte das aus den Videoaufnahmen ersichtliche Verhalten der Klägerin näher beschrieben und im Einzelnen ausgeführt, warum es ein bloßes „Aufräumen“ in keiner Weise habe erkennen lassen.

26

cc) Das Landesarbeitsgericht hat in seine Würdigung einbezogen, dass es sich bei den in Augenschein genommenen Videoaufnahmen nicht um ungeschnittene Originalaufnahmen, sondern um Ausschnitte aus dem Gesamtmaterial handelte. Es hat angenommen, deren Beweiswert hinsichtlich der konkreten Tathandlungen sei dadurch nicht gemindert. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat es die Möglichkeit einer Manipulation zu deren Lasten nicht ohne Begründung, sondern wegen der im Bild mitlaufenden Zeit- und Datumsangaben ausgeschlossen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

27

III. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Verwertung der Videoaufzeichnungen zum Beweis des Verhaltens der Klägerin ein prozessuales Verbot wegen einer Verletzung von deren allgemeinem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG entgegenstand. Die Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot auch aus einer möglichen Verletzung von § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG folgt, stellt sich hingegen für die Videoaufzeichnungen aus dem Jahr 2008 nicht. § 32 BDSG ist erst mit Wirkung vom 1. September 2009 in Kraft getreten.

28

1. Im gerichtlichen Verfahren tritt der Richter den Verfahrensbeteiligten in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt gegenüber. Er ist daher nach Art. 1 Abs. 3 GG bei der Urteilsfindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte gebunden und zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung verpflichtet(BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 93 mwN, BVerfGE 117, 202). Dabei können sich auch aus materiellen Grundrechten wie Art. 2 Abs. 1 GG Anforderungen an das gerichtliche Verfahren ergeben, wenn es um die Offenbarung und Verwertung von persönlichen Daten geht, die grundrechtlich vor der Kenntnis durch Dritte geschützt sind(BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 94 mwN, aaO). Das Gericht hat deshalb zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - aaO).

29

a) Bei der Abwägung zwischen dem Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat das Interesse an der Verwertung der einschlägigen Daten und Erkenntnisse nur dann höheres Gewicht, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzukommen, die ergeben, dass das Verwertungsinteresse trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung überwiegt. Allein das Interesse, sich ein Beweismittel zu sichern, reicht nicht aus (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - BVerfGE 117, 202). Die weiteren Aspekte müssen gerade eine bestimmte Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als schutzbedürftig qualifizieren (BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 805/98 - zu C II 4 a der Gründe, BVerfGE 106, 28; BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; vgl. zur Problematik auch BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - BAGE 130, 347).

30

b) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete, auch im Privatrechtsverkehr und insbesondere im Arbeitsverhältnis zu beachtende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ist - auch in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild - nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers ist durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob dieses den Vorrang verdient (vgl. BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 805/98 - zu C II 4 a der Gründe, BVerfGE 106, 28; BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; 14. Dezember 2004 - 1 ABR 34/03 - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 42 = EzA BetrVG 2001 § 87 Überwachung Nr. 1). Danach ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist (BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b cc der Gründe, BAGE 105, 356). Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. Er darf sich nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten begangen werden, er muss sich jedoch nicht notwendig nur gegen einen einzelnen, bestimmten Arbeitnehmer richten (vgl. BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b dd (1) der Gründe, aaO). Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer weiteren Einschränkung des Kreises der Verdächtigen müssen weniger einschneidende Mittel als eine verdeckte Videoüberwachung zuvor ausgeschöpft worden sein.

31

2. Nach diesen Grundsätzen stellten die verdeckte Videoüberwachung der Klägerin und die Verwertung der zum Beweis für ihr Verhalten angebotenen Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 einen Eingriff in das Recht der Klägerin am eigenen Bild als Ausprägung ihres grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Ob der Eingriff gerechtfertigt war, steht dagegen noch nicht fest.

32

a) Das Landesarbeitsgericht hat bisher keine Feststellungen getroffen, aufgrund derer die Annahme berechtigt wäre, es habe der hinreichend konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten der Arbeitgeberin bestanden. Es hat nicht in einer den Senat gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Weise festgestellt, dass und welche Inventurdifferenzen tatsächlich vorgelegen haben. Soweit es ausführt, es habe der Verdacht bestanden, „dass Mitarbeiterdiebstähle erheblichen Einfluss auf die festgestellten Inventurdifferenzen“ gehabt hätten, ist nicht festgestellt, auf welche Tatsachen sich dieser Verdacht gründete und welcher zumindest eingrenzbare Kreis von Mitarbeitern hiervon betroffen war. Die von der Beklagten behaupteten Inventurdifferenzen hat die Klägerin bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen. Ob zudem auf Tatsachen gegründete Verdachtsmomente oder Erkenntnisse vorlagen, die die Einschätzung rechtfertigten, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung als die verdeckte Videoüberwachung seien nicht (mehr) in Betracht gekommen, lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen.

33

b) Der Umstand, dass der Betriebsrat der Überwachungsmaßnahme zugestimmt hat, vermag die Feststellung der den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin rechtfertigenden Tatsachen nicht zu ersetzen. Dass die Betriebsparteien die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung des Eingriffs als gegeben ansahen, genügt nicht. Diese müssen vielmehr tatsächlich vorgelegen haben. Die Betriebsparteien haben höherrangiges Recht zu beachten (BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 14, BAGE 127, 276; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 54; Fitting BetrVG 25. Aufl. § 77 Rn. 55). Sie können die Grenzen eines rechtlich zulässigen Eingriffs nicht zulasten der Arbeitnehmer verschieben (Byers aaO; Haußmann/Krets NZA 2005, 259, 262; Richardi in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 87 Rn. 529; GK-BetrVG/Wiese 9. Aufl. § 87 Rn. 487 f.).

34

c) Umgekehrt erscheint nach dem Vorbringen der Beklagten nicht ausgeschlossen, dass auf ihrer Seite ein überwiegendes Interesse an der vorgenommenen Videoüberwachung und der Verwertung der dadurch gewonnenen Erkenntnisse bestand. Die Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, in der Filiale der Klägerin hätten erhebliche Inventurverluste in Höhe von monatlich etwa 7.600,00 Euro bestanden, die im Rahmen der üblichen Maßnahmen zur Reduzierung von Inventurdifferenzen nicht hätten aus der Welt geschafft werden können. So seien unter anderem die Anzahl der Inventuren sowie der Früh- und Spätkontrollen erhöht und der Umfang der Warenabschreibungen stärker kontrolliert worden. Die Aufklärungsbemühungen über das Warenwirtschaftssystem hätten ergeben, dass insbesondere im Bereich Tabak erhebliche Verluste aufgetreten seien. Da Tabakartikel unter Haltbarkeitsgesichtspunkten nicht abgeschrieben würden, habe der Verdacht bestanden, dass Mitarbeiterdiebstähle einen erheblichen Einfluss auf die Inventurdifferenzen gehabt hätten. Die Videoüberwachung sei auf die besonders sensiblen Filialbereiche, insbesondere auf die Kassenzone mit Zigarettenschütte, beschränkt worden.

35

3. Soweit es sich bei den in Augenschein genommenen Aufnahmen um Videoaufzeichnungen öffentlich zugänglicher Räume iSv. § 6b Abs. 1 BDSG gehandelt haben sollte, folgt ein Beweisverwertungsverbot nicht schon aus einer Verletzung des Gebots in § 6b Abs. 2 BDSG, den Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

36

a) § 6b BDSG wurde im Zuge der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im Jahr 2001 in das Gesetz aufgenommen und regelt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Die Bestimmung gilt ua. für Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Verkaufsräumen (BT-Drucks. 14/4329 S. 38). Unerheblich ist, ob Ziel der Beobachtung die Allgemeinheit ist oder die an Arbeitsplätzen in diesen Verkaufsräumen beschäftigten Arbeitnehmer (Bayreuther NZA 2005, 1038; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 73; Otto Anm. zu BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36).

37

b) Im Streitfall haben die in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen möglicherweise deshalb keinen öffentlich zugänglichen Raum iSv. § 6b BDSG betroffen, weil die Verkaufsräume zum Zeitpunkt der der Klägerin zur Last gelegten Vorgänge bereits geschlossen und daher für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich waren. Nach dem Sachvortrag der Beklagten ging es um Handlungen der Klägerin „nach Geschäftsschluss“. Dies kann letztlich dahinstehen. Ein Verstoß gegen § 6b Abs. 2 BDSG führt nicht zu dem Verbot, eine im Verhältnis zum überwachten Arbeitnehmer ansonsten in zulässiger Weise beschaffte Information zu Beweiszwecken zu verwerten.

38

aa) Unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zulässig ist, bestimmt § 6b Abs. 1 BDSG. Dies ist nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG ua. dann der Fall, wenn und soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dass eine Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen ausschließlich offen erfolgen dürfte, ergibt sich aus § 6b Abs. 1 BDSG nicht.

39

bb) Allerdings regelt § 6b Abs. 2 BDSG, dass der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind. Daraus wird teilweise gefolgert, eine verdeckte Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen sei ausnahmslos unzulässig (ArbG Frankfurt 25. Januar 2006 - 7 Ca 3342/05 - RDV 2006, 214; Bayreuther NZA 2005, 1038, 1040 f.; Lunk NZA 2009, 457, 460; Otto Anm. zu BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36). Diese Auffassung überzeugt nicht. Falls die verdeckte Videoüberwachung das einzige Mittel zur Überführung von Arbeitnehmern ist, die der Begehung von Straftaten konkret verdächtig sind, kann vielmehr eine heimliche Videoaufzeichnung auch in öffentlich zugänglichen Räumen nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig sein (so auch Bergwitz NZA 2012, 353, 357 f.; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 79; Forst RDV 2009, 204, 209; Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 6b BDSG Rn. 28; Grimm/Schiefer RdA 2009, 329, 334 f.; Grimm/Strauf ZD 2011, 188; Maschmann FS Hromadka 2008, 233, 244 f.; Müller Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2008 S. 126 f.; Oberwetter NZA 2008, 609, 610; Thüsing Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance 2010 Rn. 358; Vietmeyer DB 2010, 1462, 1463).

40

(1) Das Kennzeichnungsgebot gem. § 6b Abs. 2 BDSG ist weder in § 6b Abs. 1 BDSG noch in § 6b Abs. 3 BDSG als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verarbeitung oder Nutzung von nach § 6b Abs. 1 BDSG erhobenen Daten aufgeführt. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 14/4329 S. 28, 30 und 38) ergibt sich nicht, dass die Einhaltung des Gebots nach § 6b Abs. 2 BDSG Voraussetzung für die materiellrechtliche Zulässigkeit der Maßnahme wäre. Nach dem Bericht des Innenausschusses normieren die Absätze 1, 3 und 5 der Vorschrift die Zulässigkeitsvoraussetzungen in den verschiedenen Verarbeitungsphasen (BT-Drucks. 14/5793 S. 61), während die Kennzeichnungspflicht des Abs. 2 lediglich die nach dem Gesetz bestehenden allgemeinen Verfahrenssicherungen ergänzt (BT-Drucks. 14/5793 S. 62).

41

(2) Im Hinblick auf die ihrerseits durch Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Integritätsinteressen des Arbeitgebers begegnete ein absolutes, nur durch bereichsspezifische Spezialregelungen (vgl. etwa § 100c und § 100h StPO)eingeschränktes Verbot verdeckter Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob und inwieweit eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Verkaufsräume zulässig ist, wenn sie dem Ziel der Aufklärung eines gegen dort beschäftigte Arbeitnehmer bestehenden konkreten Verdachts der Begehung von Straftaten oder anderer schwerwiegender Pflichtverletzungen dient, lässt sich nur durch eine Abwägung der gegenläufigen Grundrechtspositionen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall beurteilen. Dem trägt auch die Formulierung in § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG Rechnung. Ein uneingeschränktes Verbot der verdeckten Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume würde dem nicht gerecht. § 6b BDSG ist deshalb - verfassungskonform - dahin auszulegen, dass auch eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume im Einzelfall zulässig sein kann(zutreffend Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 79 f.; Müller Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2008 S. 126 f.; Vietmeyer DB 2010, 1462, 1463 f.).

42

(3) Die nach § 6b Abs. 2 BDSG gebotene Erkennbarkeit der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume ist auch für die Verarbeitung oder Nutzung der nach § 6b Abs. 1 BDSG erhobenen Daten nicht zwingende materielle Voraussetzung. Nach § 6b Abs. 3 BDSG sind Verarbeitung oder Nutzung dann zulässig, wenn dies zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Von der Einhaltung des Kennzeichnungsgebots gem. § 6b Abs. 2 BDSG hängt beides nicht zwingend ab.

43

4. Im Hinblick auf eine Unionsrechtskonformität besteht kein Klärungsbedarf. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 S. 31) enthält keine § 6b BDSG vergleichbare Regelung für die Videoüberwachung. Zweifel daran, dass diesbezüglich die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes den allgemeinen Vorgaben für die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten gem. Art. 7 RL 95/46/EG gerecht werden, sind nicht veranlasst. Art. 7 Buchst. f) RL 95/46/EG lässt die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Sache ebenso wie das nationale Recht dann zu, wenn sie zur Verwirklichung eines berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen erforderlich ist und das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, der Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.

(2) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.

(3) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet der Beteiligung nichtöffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn

1.
sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder
2.
dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht.
Andernfalls gelten sie als öffentliche Stellen der Länder.

(4) Nichtöffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter die Absätze 1 bis 3 fallen. Nimmt eine nichtöffentliche Stelle hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, ist sie insoweit öffentliche Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Öffentliche Stellen des Bundes gelten als nichtöffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen. Als nichtöffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch öffentliche Stellen der Länder, soweit sie als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, Bundesrecht ausführen und der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.