Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13

bei uns veröffentlicht am26.03.2014

Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 27. März 2013

a u f g e h o b e n.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Tübingen

z u r ü c k v e r w i e s e n .

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - hat die Angeklagten am 29. August 2011 jeweils der gemeinschaftlichen sexuellen Nötigung in Tateinheit mit versuchter gemeinschaftlicher Nötigung, den Angeklagten B. desweiteren der versuchten Nötigung im Straßenverkehr schuldig gesprochen. Es verurteilte deswegen den Angeklagten B. unter Einbeziehung der Strafe des Amtsgerichts vom 26. Januar 2011 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten N. zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten W. zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Es ordnete zudem gegen die seit 28. September 2010 inhaftierten Angeklagten die Fortdauer der Untersuchungshaft an.
Gegen dieses Urteil wandten sich alle drei Angeklagte mit einer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Auch die Staatsanwaltschaft legte rechtzeitig Berufung ein. Sie beschränkte zeitgleich mit der Vorlage der Akten gemäß § 321 StPO an die Kleine Strafkammer des Landgerichts am 20. Oktober 2011 ihre Berufung auf das Strafmaß.
Am 6. Dezember 2011 erklärte die (neue) Verteidigerin des Angeklagten W. gegenüber dem Landgericht eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch; eine solche erklärten am 8. Dezember 2011 auch der Verteidiger des Angeklagten B. und am 8. Februar 2012 der (neue) Verteidiger des Angeklagten N.. Die diesen Erklärungen vorangegangenen Geschehnisse und die Wirksamkeit der Beschränkungen sind unter den Beteiligten strittig und waren auch Gegenstand der Beweisaufnahme vor der Berufungskammer.
Mit dem angefochtenen Urteil verwarf das Landgericht, das die Beschränkungen für wirksam erachtete, die Berufungen der Angeklagten; auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch wie folgt abgeändert: Der Angeklagte B. wurde unter Einbeziehung der Strafe des Amtsgerichts vom 26. Januar 2011 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zehn Monaten, der Angeklagte N. zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten und der Angeklagte W. zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt. Bei sämtlichen Angeklagten wurde ein Monat wegen der überlangen Verfahrensdauer als bereits vollstreckt erkannt.
II.
Auf die form- und fristgerecht eingelegten Revisionen der Angeklagten ist das Urteil des Landgerichts aufzuheben. Es kann schon deswegen keinen Bestand haben, weil die Berufungskammer zu Unrecht von der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkungen der Angeklagten ausgegangen ist und deshalb keine eigenen Feststellungen zum Schuldspruch getroffen hat. Eines Eingehens auf die zulässig erhobenen Verfahrens- und Sachrügen bedarf es daher nicht.
1.
Die Wirksamkeit von Berufungsbeschränkungen ist vom Revisionsgericht, wie auch zuvor von der Berufungskammer, von Amts wegen zu prüfen. Entgegen teilweise anderer Ansicht in der Revisionsbegründungsschrift der Verteidigerin Rechtsanwältin S. enthält das amtsgerichtliche Urteil ausreichende Feststellungen, die eine Berufungsbeschränkung nicht von vornherein als unwirksam erscheinen lassen würden. Die Ausführungen und Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils stellen grundsätzlich eine ausreichende Grundlage für eine zu treffende Rechtsfolgenentscheidung dar.
2.
Die Berufungsbeschränkungen aller drei Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch können hier jedoch deswegen keine Wirksamkeit entfalten, weil ihnen Gespräche des (damaligen) Strafkammervorsitzenden mit Verteidigern der Angeklagten vorangegangen sind, die entgegen §§ 202a, 212 StPO nicht dokumentiert wurden. Auch die Staatsanwaltschaft hat derartige Gespräche entgegen § 160b StPO nicht dokumentiert und zur Akte gebracht.
a) Die für die Wirksamkeit einer Rechtsmittelbeschränkung, wie sie die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch darstellt, maßgeblichen tatsächlichen Umstände hat das Revisionsgericht von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu klären. Neben den im Strengbeweis von der Strafkammer festgestellten Tatsachen steht dem Revisionsgericht dazu auch der gesamte Akteninhalt offen. Die Prüfung der Frage, wie und unter welchen Umständen es hier zu den von den Verteidigern der Angeklagten für diese erklärten Berufungsbeschränkungen gekommen ist, hat für den Senat folgendes tatsächliche Geschehen ergeben, das den rechtlichen Überlegungen zu Grunde zu legen ist:
Nach Eingang der Akten bei der Berufungskammer am 27. Oktober 2011 verfügte der damals zuständige Vorsitzende am 2. November 2011, als ihm die Akten erstmals vorgelegt wurden, u. a. bei allen Verteidigern anzufragen, in welchem Umfang die Berufungen durchgeführt werden sollen. Zugleich könne auch zur Frage der Haftfortdauer Stellung genommen werden. Desweiteren ließ er mitteilen, dass eine Berufungshauptverhandlung „kaum noch in diesem Jahr stattfinden“ könne, „da der zuständige Richter Anfang Dezember 2011 in Ruhestand“ gehe und „ein/e Nachfolger/in noch nicht in Sicht“ sei. Aus dem Protokoll und Urteil des Schöffengerichts ist zu entnehmen, dass die Angeklagten sich in erster Instanz zur Sache nicht eingelassen hatten, über ihre (damaligen) Verteidiger jedoch den Vorwurf vehement in Abrede stellten und mit einer Vielzahl von Beweisanträgen einen Freispruch erzielen wollten. Am 22. November 2011 teilte die (neue) Verteidigerin des Angeklagten W. auf die Anfrage des Gerichts mit, dass die Berufung vollumfänglich durchgeführt werde. Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte sie die Durchführung einer mündlichen Haftprüfung. Mit Schreiben vom 25. November 2011 beantragte auch der (neue) Verteidiger des Angeklagten N., den Haftbefehl aufzuheben bzw. hilfsweise gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen und regte an, über den gestellten Antrag in einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Am 28. November 2011 beantragte die Verteidigerin des Angeklagten W. ebenfalls, den Haftbefehl des Amtsgerichts aufzuheben oder diesen hilfsweise gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen. Mit Schreiben vom 29. November 2011 beantragte auch ein Verteidiger des Angeklagten B., einen Termin zur mündlichen Haftprüfung zu bestimmen und kündigte an, dort zu beantragen, den Haftbefehl aufzuheben bzw. hilfsweise ihn gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen. Am 29. November 2011 beantragte die Staatsanwaltschaft, den Haftbefehl gegen den Angeklagten N. aufrechtzuerhalten und in Vollzug zu belassen; am 30. November 2011 stellte sie inhaltsgleiche Anträge auch bezüglich der Angeklagten B. und W.. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2011 erhob ein weiterer Verteidiger des Angeklagten B. gegen den Haftfortdauerbeschluss Beschwerde und beantragte ebenfalls, den Haftbefehl aufzuheben, hilfsweise ihn gegen Auflagen außer Vollzug zu setzen.
10 
Mit Fax vom 6. Dezember 2011 beschränkte die Rechtsanwältin des Angeklagten W. namens und im Auftrag ihres Mandanten die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch. Mit Fax vom 7. Dezember 2011 beantragte die Staatsanwaltschaft, den Haftbefehl gegen den Beschuldigten (sic!) W. gegen im Einzelnen benannte Auflagen außer Vollzug zu setzen. Auf den Vorschlag der Staatsanwaltschaft bezüglich einer Sicherheitsleistung reagierte die Verteidigerin des Angeklagten W. mit Fax vom 7. Dezember 2011 und äußerte dabei u. a., „angesichts der getroffenen Vereinbarung besteht sicher keine Fluchtgefahr“. Dieser Äußerung wurde seitens des Gerichts nicht widersprochen. Der Verteidiger des Angeklagten B. beschränkte mit Fax vom 8. Dezember 2011 namens und im Auftrag seines Mandanten ebenfalls die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch. Am 8. Dezember 2011 setzte der Vorsitzende der Berufungskammer bezüglich aller drei Angeklagten den Haftbefehl jeweils gegen Auflagen außer Vollzug. Mit Schreiben vom 8. Februar 2012 beschränkte auch der Verteidiger des Angeklagten N. namens und im Auftrag des Angeklagten das eingelegte Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch und teilte dazu mit, dass dies im Hinblick darauf geschehe, dass die beiden Mitangeklagten ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt haben.
11 
Durch nachträglich eingeholte (dienstliche) Erklärungen bzw. durch die Vernehmung des damaligen, mittlerweile im Ruhestand befindlichen Vorsitzenden der Berufungskammer, des sachbearbeitenden Staatsanwalts und einer damals im Büro der Verteidigerin des Angeklagten W. tätigen Rechtsanwältin in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht steht dazuhin fest, dass es vor der jeweiligen Außervollzugsetzung des Haftbefehls und der Beschränkungserklärungen der Angeklagten W. und B. Gespräche zwischen den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft und dem Gericht gab, in denen es gerade auch um die Außervollzugsetzung der Haftbefehle ging und bei denen zumindest die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatte, dass, „wenn Bewährung und Außervollzugsetzung in Betracht komme, dann nur gegen die Beschränkung des Rechtsmittels“. Fest steht weiter, dass der damalige Vorsitzende der Berufungskammer mit je einem Verteidiger der Angeklagten B. und N. bzw. mit einer damals im Büro der Verteidigerin des Angeklagten W. tätigen Rechtsanwältin mindestens ein Telefonat führte, in dem es jeweils „primär“ um die Außervollzugsetzung der Haftbefehle ging und bei denen zumindest gegenüber den Anwälten der Angeklagten W. und B. auch die Frage einer Berufungsbeschränkung Gegenstand des Gesprächs war. Nähere Einzelheiten, z. B. Daten, der jeweilige genaue Gesprächsinhalt und -verlauf, Gesprächsbeteiligte und eventuelle Hinweise darauf, von wem welche Erwartungen hinsichtlich des weiteren Verfahrensverlaufs und eines möglichen Verfahrensergebnisses geäußert worden sein könnten, mussten offen bleiben.
12 
Die Staatsanwaltschaft vertrat, wie sich aus ihrer dienstlichen Erklärung vom 24. Juni 2013 ergibt, in den Gesprächen - mit wem sie wann genau gesprochen hatte, bleibt offen - die Position, dass „einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls nur unter der Voraussetzung der Rechtsmittelbeschränkung zugestimmt“ werde. Sie habe allerdings im Zusammenhang mit der Außervollzugsetzung mit keinem der Verteidiger Absprachen im Hinblick auf das zu erwartende Strafmaß getroffen. Es habe deshalb für sie keine Veranlassung bestanden, darüber einen Aktenvermerk zu fertigen.
13 
Eine Dokumentation des oder der Gespräche, die den Beschränkungserklärungen und den Außervollzugsetzungsbeschlüssen vorangegangen waren, wurde durch den Vorsitzenden der Berufungskammer nicht gefertigt, sie findet sich daher auch nicht in der Akte. Gesprächsdokumentationen wurden - da ja nichts vorhanden war - weder den (auch jeweils anderen) Verteidigern noch den Angeklagten und auch nicht der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägervertreterin zur Kenntnis gebracht.
14 
Schon hierbei ist zu sehen, dass Angeklagte das im Freibeweisverfahren grundsätzlich von ihnen zu tragende Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts in den Fällen nicht zu tragen haben, in denen die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts und dadurch entstehende Zweifel ihre Ursache in einem Verstoß gegen eine gesetzlich angeordnete Dokumentationspflicht finden (BVerfG, NJW 2012, 1136 ff.).
15 
b) Damit entsprachen das Vorgehen des Vorsitzenden und auch der Staatsanwaltschaft nicht den in §§ 212, 202a bzw. § 160b StPO statuierten Dokumentationspflichten, wie sie durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2009, S. 2353; im Folgenden: Verständigungsgesetz) geschaffen wurden, die das Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 19. März 2013 (NJW 2013, 1058 ff.; Rn im Folgenden nach juris) ausdrücklich als zentralen Teil und Kern der Regelungen ansieht.
16 
(1) Neben anderen sollen auch diese Vorschriften der §§ 160b, 202a, 212 StPO ein wesentliches Ziel des Gesetzgebers im Zusammenhang mit seiner (gesetzlichen) Gestattung der bisher gesetzlich nicht geregelten Absprachen, nämlich Transparenz und Dokumentation des mit einer Verständigung verbundenen Geschehens, bewirken. Gerade deswegen wurden umfassende Mitteilungs- und Protokollierungspflichten des Gerichts eingefügt (s. BT-Drs. 16/12310, S. 1). Die Vorschriften zur Transparenz des Verständigungsgeschehens in der öffentlichen Hauptverhandlung, zu dessen Dokumentation und zur Ermöglichung einer wirksamen Kontrolle durch das Rechtsmittelgericht zählen zum Kern des gesetzlichen Regelungskonzepts (BVerfG, aaO Rn 96). Diese Vorschriften gelten nicht nur für das erstinstanzliche Verfahren, sondern müssen auch im Berufungsverfahren, das durch eine zweite Tatsacheninstanz mit grundsätzlich vollwertiger Hauptverhandlung und Beweisaufnahme gekennzeichnet ist, zur Geltung kommen. Auch wenn Gesetzgeber und bisherige Rechtsprechung - soweit ersichtlich - der Problematik einer Verständigung bzw. einer solchen vorgelagerter Bemühungen einschließlich des möglichen Scheiterns in der Berufungsinstanz nur relativ wenig Raum gewidmet haben, besteht für den Senat kein Zweifel, dass die Regelungen des Verständigungsgesetzes auch für diesen Verfahrensabschnitt vollumfänglich gelten (LG Freiburg, StV 2010, 236; Niemöller/Schlothauer/Weider, Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren, 2010, Teil C Rn.100; Jahn, StV 2011, 497 ff. [499]; Altenhain/Haimerl, StV 2012, 394 ff. [398]; s. zur Absprache in der Berufungsinstanz - jeweils noch vor Inkrafttreten des Verständigungsgesetzes - auch: KG, NStZ-RR 2004, 175 ff., OLG München, NStZ 2006, 353 ff.).
17 
(2) Der Senat kann dabei offenlassen, ob die Zusage einer Berufungsbeschränkung gegen die Zusage eines durch Unter- und Obergrenze bestimmten Strafmaßes - im Stadium nach Ergehen eines Urteils erster Instanz - Gegenstand einer Urteilsabsprache nach § 257c StPO sein könnte (bejahend: LG Freiburg aaO; Schlothauer/Weider, StV 2009 600 ff [603]; Niemöller/Schlothauer/Weider, aaO; bejahend wohl auch: Altenhain/Haimerl, aaO; ablehnend wohl: Eschelbach in BeckOK StPO, § 318 Rn 15). Denn soweit im Freibeweisverfahren überhaupt noch aufklärbar, ist hier nämlich nicht davon auszugehen, dass der damalige Berufungskammervorsitzende den Angeklagten eine noch zur Bewährung aussetzungsfähige Strafe für den Fall einer Berufungsbeschränkung zugesichert haben könnte. Allerdings sind nach §§ 202a, 212 StPO schon die Gegenstände/Inhalte der Gespräche, die geführt wurden, protokollierungspflichtig, unabhängig davon, ob eine Verständigung i.S. v. § 257c StPO erörtert oder gar vorbereitet wurde. § 202a StPO gestattet Erörterungen nicht nur im Sinne von Verständigungen nach § 257c StPO, die ohnehin erst in einer Hauptverhandlung getroffen werden könnten, sondern erlaubt es, den Stand des Verfahrens zu erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Möglicher Inhalt von Erörterung können auch Rechtsgespräche über die vorläufige Beurteilung der Beweislage oder die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses sein. Sie begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, solange sie transparent bleiben und kein Verfahrensbeteiligter hiervon ausgeschlossen ist (BVerfG, aaO Rn. 106). Nicht dokumentationspflichtig (und somit später auch nicht von der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 StPO umfasst) sind nur Gespräche, die ausschließlich der Organisation sowie der verfahrenstechnischen Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung dienen, etwa die Abstimmung der Verhandlungstermine. Derartige Gespräche sind dem Regelungskonzept des Verständigungsgesetzes vorgelagert und nicht von ihm betroffen (BVerfG, aaO Rn 84). Allerdings sind bereits alle weiteren Gespräche, die als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden können, dokumentationspflichtig. Sobald im Vorfeld oder neben der Hauptverhandlung in Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum stehen, greift nicht nur die Mitteilungspflicht nach § 243 Abs. 4 StPO (BVerfG, aaO Rn 85), sondern dieser vorgelagert als Konsequenz des gesetzgeberischen Gebotes von Transparenz auch die Dokumentationspflicht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zu einem Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt (BVerfG, aaO Rn 85; BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - 1 StR 423/13 -, juris). Über derartige Gespräche ist dann auch in der Hauptverhandlung zu informieren. Zum mitzuteilenden Inhalt solcher Erörterungen gehört, welche Standpunkte von den einzelnen Gesprächsteilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei den anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (BVerfG, aaO Rn 85).
18 
Da nach § 257c StPO grundsätzlich schon das Prozessverhalten von Verfahrensbeteiligten und sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen Teil einer Verständigung sein könnten, kann nach alledem kein Zweifel bestehen, dass die Frage einer Außervollzugsetzung von Haftbefehlen (zur Dokumentationspflicht von Gesprächen über die Außervollzugsetzung eines Haftbefehls außerhalb der Hauptverhandlung s. BGH, Beschluss vom 03. Dezember 2013 - 2 StR 410/13 -, juris: „auch die Vollstreckung von Untersuchungshaft [kann] grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt sein“) und die Erörterung, ob eine Berufung (zuvor) auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wird, dokumentationspflichtig sind, selbst wenn keinerlei Gespräch über Strafhöhen oder eine Aussetzung zur Bewährung beinhaltet ist.
19 
Zur Vermeidung von Situationen, wie sie hier auf Grund der nicht vorhandenen Dokumentation entstanden sind, wird es sich daher empfehlen, das Ergebnis von Erörterungen „zeitnah in frischer Erinnerung an das Erlebte zur Akte zu bringen“ und „von sich aus den hieran nicht Beteiligten eine Ablichtung des gefertigten Aktenvermerks zuzuleiten“ (Schneider in Karlsruher Kommentar, StPO, 7. Aufl., § 202a Rn 16 a.E.).
20 
(3) Der Staatsanwaltschaft ist ebenfalls die Aufgabe zugewiesen, an der Sicherung der Gesetzmäßigkeit des Verfahrensablaufs und -ergebnisses mitzuwirken. Mit ihrer Verpflichtung zur Objektivität ist sie Garantin für Rechtsstaatlichkeit und gesetzmäßige Verfahrensabläufe. Sie hat eine effektive Strafrechtspflege zu gewährleisten. Diese Aufgabenstellung setzt sich auch im Rechtsmittelverfahren fort. Ihr obliegt - auch nach dem Verständigungsgesetz - eine Rolle als „Wächter des Gesetzes“ (BVerfG, aaO Rn. 92, 93). Sie hat daher z. B. auch solche Gespräche über eine mögliche Abkürzung der Hauptverhandlung, in die das Gericht nicht einbezogen ist, aktenkundig zu dokumentieren und offenzulegen und durch die dadurch geschaffene Transparenz Missverständnissen vorzubeugen (BGH, NStZ 2013, 353 ff.). Dass eine erörterte mögliche Berufungsbeschränkung von Angeklagten einer Abkürzung einer Hauptverhandlung dienen kann, steht ebenfalls nicht in Frage. Auch für eine Dokumentation durch das Gericht wäre erforderlich, dass ersichtlich würde, welchen Standpunkt die Staatsanwaltschaft eingenommen hat, unter welchen Bedingungen (Auflagen) für sie etwa eine Außervollzugsetzung in Betracht gekommen wäre und wo insoweit gegebenenfalls abweichende Standpunkte eingenommen worden sind (BGH, Beschluss vom 03. Dezember 2013 - 2 StR 410/13 -, juris).
21 
c) Die fehlende Dokumentation von Gesprächen durch den Vorsitzenden und/oder die Staatsanwaltschaft vor oder außerhalb einer Hauptverhandlung muss im Lichte der durch das Verständigungsgesetz in der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht getroffenen Bestimmungen die Unwirksamkeit einer in Folge solcher Gespräche erklärten Beschränkung der Berufung eines Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch zur Folge haben, wenn nicht ausnahmsweise zweifelsfrei feststeht, dass die Beschränkungserklärung von der Verletzung der Dokumentations- und Transparenzpflicht vollständig unbeeinflusst geblieben ist.
22 
(1) Ein Rechtsmittelverzicht ist als Prozesserklärung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (ständige Rechtsprechung; s. u.a. BGHSt 45, 51 ff.). Auch sind Willensmängel des Verzichtenden unbeachtlich, insbesondere hätte eine falsche Unterrichtung eines Angeklagten durch einen Verteidiger grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung (OLG Stuttgart, Die Justiz 1990, 496 ff.). Allerdings wird in der Rechtsprechung seit langem von diesen Grundsätzen aus Gründen der Gerechtigkeit eine Ausnahme gemacht (BGHSt, aaO; OLG Stuttgart, NStZ-RR 1996, 146 f.:„wenn das Gebot der Gerechtigkeit dazu zwingt“). Zu den vom Bundesgerichtshof anerkannten Fallgruppen der Unwirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts gehören schwerwiegende Willensmängel des Erklärenden, unzulässige Absprachen oder sonstige Umstände der Art und Weise des Zustandekommens des Rechtsmittelverzichts (s. BGHSt, aaO). Unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens ist es geboten, derartigen Mängeln eine Wirkung auf die Wirksamkeit der Rechtsmittelerklärung beizumessen. Zur Fairness der staatlichen Strafverfolgung gehört, den Betroffenen von den nachteiligen Folgen einer mit einem Willensmangel behafteten Rechtsmittelerklärung jedenfalls dann zu entbinden, wenn die Lage durch objektiv unrichtige Maßnahmen der staatlichen Strafverfolgungsorgane herbeigeführt worden ist (OLG Stuttgart, Die Justiz 1990, 496 ff.; OLG Hamm, NJW 1976, 1952 f., jeweils mwN). Dabei ist unerheblich und bedarf daher hier auch keiner weiteren Aufklärung, ob ein Vorsitzender Angeklagte eventuell bewusst irregeführt haben könnte oder wie es sonst zu Missverständnissen gekommen ist. Auch versehentlich falsche Informationen des Gerichts können zur Folge haben, dass durch sie verursachte Rechtsmittelerklärungen unwirksam sind (OLG Stuttgart, NStZ-RR 1996, 146).
23 
(2) Diese Grundsätze haben im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht und der von ihm hervorgehobenen Bedeutung von Transparenz und Dokumentation auch für Berufungsbeschränkungen zu gelten, die auf unzureichender Transparenz und Dokumentation durch staatliche Strafverfolgungsorgane beruhen können.
24 
Intransparente, unkontrollierbare „Deals“ im Strafprozess sind wegen der mit ihnen verbundenen Gefährdung des Schuldprinzips, der darin verankerten Wahrheitserforschungspflicht und des dem Rechtsstaatsprinzip innewohnenden Prinzips des fairen Verfahrens bereits von Verfassungs wegen untersagt. Auch vom Gesetzgeber wurden derartige Vorgehensweisen in unmissverständlicher Weise verworfen (BVerfG, aaO Rn 115).
25 
Durch die umfassenden Transparenz- und Dokumentationspflichten soll auch die Wirksamkeit der Kontrolle sichergestellt werden. Diese Schutzmechanismen können daher nicht als bloße Ordnungsvorschriften verstanden werden (BVerfG, aaO Rn. 96). Durch die Protokollierung im Rahmen von § 202a StPO soll insbesondere auch die erforderliche Kontrolle im Revisionsverfahren gewährleistet werden (BGH, NStZ 2010, 293). Das Bundesverfassungsgericht erwartet, dass durch die spezifischen Schutzmechanismen, mit denen der Gesetzgeber sein Regelungskonzept zur Verständigung im Strafprozess versehen hat, bei der gebotenen präzisierenden Auslegung und Anwendung die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Strafprozesses erfüllt werden (BVerfG, aaO Rn 64). Der Richter hat die intendierte Regelungskonzeption möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen (BVerfG, aaO Rn 66). Das Bundesverfassungsgericht stellt zudem in Aussicht, dass der Gesetzgeber, sollte sich die gerichtliche Praxis weiterhin in erheblichem Umfang über die gesetzlichen Regelungen hinwegsetzen und sollten die materiellen und prozeduralen Vorkehrungen des Verständigungsgesetzes nicht ausreichen, um das festgestellte Vollzugsdefizit zu beseitigen und dadurch die an eine Verständigung im Strafverfahren zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen, der Fehlentwicklung durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken müsse. Unterbliebe dies, träte ein verfassungswidriger Zustand ein (BVerfG, aaO Rn. 121).
26 
Diese vom Bundesverfassungsgericht angemahnte „Effektivität der revisionsgerichtlichen Verfahrenskontrolle“ (s. hierzu auch BGH, NStZ 2014, 113 ff.) kann u. a. nur dann erfolgen, wenn Berufungsbeschränkungen, die unter vorangegangenem Verstoß gegen das Dokumentations- und Transparenzgebot zustande gekommen sind, die Wirksamkeit versagt wird. Während in anderen Konstellationen Verstöße gegen die Dokumentationspflicht nach §§ 202a, 212 unter Umständen keine rechtlichen Bindungswirkungen entfalten, da sie eine Verständigung ohnehin nicht vorwegnehmen dürfen, kommt hier hinzu, dass aufgrund und in unmittelbarem Zusammenhang der nicht dokumentierten Gespräche durch die Berufungsbeschränkung letztlich eine Art „Vorleistung“ der Angeklagten erbracht wird (s. hierzu: Ignor in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2014, § 202a Rn 17), an die der Angeklagte unter Fairness-Gesichtspunkten nicht gebunden werden darf.
27 
Die Dokumentations- und Transparenzpflichten dienen auch gerade dem Schutz von Angeklagten. Schon durch das Fehlen der Dokumentation kann das Prozessverhalten eines Angeklagten beeinflusst werden. Für einen Angeklagten ist es von besonderer Bedeutung, ob er über die Einzelheiten der in seiner Abwesenheit geführten Gespräche nur zusammenfassend und in nicht dokumentierter Weise von einem Verteidiger nach dessen Wahrnehmung und Verständnis informiert wird oder ob ihn das Gericht durch eine Dokumentation der Gespräche unterrichtet (BGHSt 58, 310 ff.). Da ein Angeklagter autonom und daher nur auf der Grundlage umfassender und angesichts ihrer Bedeutung auch umfassend protokollierter Unterrichtung durch das Gericht über die regelmäßig in seiner Abwesenheit durchgeführten Gespräche darüber entscheiden soll, ob er den Schutz der Selbstbelastungsfreiheit aufgibt und sich mit einem Geständnis - hier mit einer Berufungsbeschränkung - des Schweigerechts begibt (s. hierzu BGH, NStZ-RR 2014, 86-87), kann einer auf staatlicherseits zurechenbarer Verletzung des Transparenzgebots beruhenden Berufungsbeschränkung auch aus diesem Grund keine Wirksamkeit zugesprochen werden. Über § 243 Abs. 4 StPO soll der Informationsgleichstand sämtlicher Verfahrensbeteiligter, auch derjenigen, die an einer Erörterung gemäß §§ 202a, 212 StPO nicht beteiligt waren, sichergestellt werden (BGH, NStZ 2013, 724 ff.). Die Bekanntgabe verständigungsbezogener Erörterungen dient gerade der Unterrichtung eines Angeklagten, der hieran nicht teilgenommen hat und auf diesem Wege Kenntnis von der Sichtweise des Gerichts zum Zwecke der Einrichtung seiner Verteidigung erlangen kann (BGH, NStZ-RR 2014, 52 mwN). Durch das Unterbleiben der Dokumentation kann aber, wie hier durch den Wechsel im Vorsitz der Berufungskammer besonders augenfällig, das Gericht im weiteren Fortgang des Verfahrens auch diese ihm nach § 243 StPO obliegenden Verpflichtungen, die ebenfalls alle dem Schutz von Angeklagten dienen, nicht erfüllen, da Nichts vorhanden ist, was bekannt gegeben werden könnte.
28 
d) Hier kann nicht nur nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass die Berufungsbeschränkungen auf dem Verstoß gegen die Dokumentationspflicht beruhen, es spricht im Gegenteil vielmehr Vieles dafür, dass die Entscheidungen der Angeklagten auf der Grundlage unzureichender Transparenz der Gespräche getroffen und daher (auch) durch die dem Staat zurechenbare, objektiv unrichtige Verfahrensgestaltung herbeigeführt wurden.
29 
Die Angeklagten haben hier, nachdem sie bis dahin Freisprüche erstrebt hatten und die Vorwürfe vehement in Abrede stellen ließen, die Rechtsmittelbeschränkung ersichtlich nur deswegen abgegeben, weil sie einen ihnen - sei es vom Gericht und/oder von der Staatsanwaltschaft und/oder ihren Verteidigern - deutlich vor Augen geführten sofort gewährten Vorteil, nämlich die Entlassung aus der Untersuchungshaft, dem Nachteil einer von ihnen nicht mehr angreifbaren Verurteilung hinsichtlich des Schuldspruchs vorgezogen haben. Ein solches Entscheidungsverhalten ist psychologisch nachvollziehbar (s. hierzu: BGHSt 45, 51 ff.) und nach Aktenlage auch nur so plausibel zu erklären. Gericht, aber auch Staatsanwaltschaft kamen den ihnen durch das Verständigungsgesetz auferlegten Pflichten nicht nur unzureichend, sondern überhaupt nicht nach. Folge dieser Versäumnisse waren - bei mehreren Angeklagten und Verteidigern nahezu immer unvermeidbar und unschwer vorherzusehen (s. auch hierzu: BGHSt 45, 51 ff.) - Missverständnisse bzw. Fehlverständnisse oder Falschinformationen darüber, wie weit denn nun die „Angebote/Zusagen“ von Staatsanwaltschaft und/oder Gericht reichten. Bei korrekter Vorgehensweise, insbesondere unverzüglicher korrekter Dokumentation von Gesprächen bzw. Telefonaten und Mitteilung der zur Akte gebrachten Dokumentationen an alle Verfahrensbeteiligte, wären - wie hier u. a. durch Stellungnahmen der Rechtsanwältin U. und der Eheleute W. exemplarisch belegt - im Nachhinein kaum noch zuverlässig aufklärbarer Dissens und die Behauptung falscher Informationsverständnisse bzw. -weitergaben unschwer vermeidbar gewesen. Dadurch wäre die Situation für die Angeklagten und deren Angehörige, aber auch für die (Mit-)Verteidiger im Vorfeld einer Entscheidung über die Berufungsbeschränkung wesentlich transparenter gewesen und diese Entscheidung hätte auf einer verlässlichen, aktenmäßig festgehaltenen Grundlage getroffen werden können. Dem Entstehen möglicherweise falscher Erwartungen, die aus Sicht eines anderen Beteiligten nicht realistisch oder akzeptabel waren, wäre so von vornherein entgegengewirkt worden. Selbst die Berufungsbeschränkung durch den Verteidiger des Angeklagten N. beruhte letztlich noch auf solchen aus der fehlenden Dokumentation herrührenden Mängeln und damit auf der nicht vorhandenen Transparenz von Gesprächen. Er berief sich ausdrücklich darauf, dass er die Berufungsbeschränkung im Hinblick auf die von den beiden anderen Angeklagten erfolgten Berufungsbeschränkungen erkläre, was zeigt, dass er hiervon Kenntnis hatte und sich möglicherweise mangels Transparenz und Dokumentation unzureichende oder falsche Vorstellungen von möglicherweise getätigten Zusagen der Strafverfolgungsbehörden gegenüber den beiden anderen Angeklagten machen musste, daher Nachteile für den von ihm verteidigten Angeklagten im weiteren Verfahren befürchtete und so diesen auch nur unzureichend beraten konnte.
30 
e) Da die oben dargestellten Dokumentationspflichten auch schon im November/Dezember 2011 geltender Gesetzeslage entsprachen, ist es unerheblich, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2013 samt dessen Ausführungen und Folgerungen zum Zeitpunkt der Nichtdokumentation durch Landgericht und Staatsanwaltschaft nicht berücksichtigt werden konnten (s. zu ähnlicher Konstellation: BVerfG, NStZ-RR 2013, 315 ff.).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13

Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 202a Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten


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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13 zitiert 7 §§.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 202a Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten


Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu mache

Strafprozeßordnung - StPO | § 160b Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten


Die Staatsanwaltschaft kann den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 321 Aktenübermittlung an das Berufungsgericht


Die Staatsanwaltschaft übersendet die Akten an die Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgericht. Diese übergibt die Akten binnen einer Woche dem Vorsitzenden des Gerichts.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2013 - 2 StR 410/13

bei uns veröffentlicht am 03.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 S t R 4 1 0 / 1 3 vom 3. Dezember 2013 in der Strafsache gegen wegen Betruges Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013 g

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2014 - 1 StR 423/13

bei uns veröffentlicht am 13.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 S t R 4 2 3 / 1 3 vom 13. Februar 2014 in der Strafsache gegen wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Februar 2014, an der tei
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. März 2014 - 4a Ss 462/13.

Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 31. Okt. 2016 - 1 Ws 154/16

bei uns veröffentlicht am 31.10.2016

Tenor Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 18. August 2016 wird auf seine Kosten verworfen. Gründe I. 1 Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgericht

Referenzen

Die Staatsanwaltschaft übersendet die Akten an die Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgericht. Diese übergibt die Akten binnen einer Woche dem Vorsitzenden des Gerichts.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

Die Staatsanwaltschaft kann den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 4 2 3 / 1 3
vom
13. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
13. Februar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher,
Richter am Amtsgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte in Person,
Rechtsanwältin sowie
Rechtsanwältin
als Verteidigerinnen,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 618 Fällen, davon in 186 Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, und wegen Steuerhinterziehung in 73 Fällen sowie wegen Beihilfe zum Betrug in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt und hiervon einen Monat wegen einer Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt. Die auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, sodass es auf die vom Generalbundesanwalt zur Begründung seines umfassenden Aufhebungsantrags vorgebrachten sachlich-rechtlichen Mängel des Urteils nicht ankommt.

I.

2
Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:
3
1. Vor der Hauptverhandlung kam es am 20. September 2011 nach einer ersten Einreichung der Anklageschrift zu einem Gespräch zwischen dem Vorsitzenden , dem Berichterstatter, dem zuständigen Staatsanwalt und den beiden damaligen Verteidigerinnen des Angeklagten. In diesem Gespräch wurde durch den Vorsitzenden eine Freiheitsstrafe unter vier Jahren bei geständiger Einlassung des Angeklagten in Aussicht gestellt. Zu einer Einigung kam es zu diesem Zeitpunkt nicht, weil die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft eine solche Verständigung ablehnten. Nach dem Gespräch reichte die Staatsanwaltschaft eine ergänzte und teilweise neu gefasste Anklageschrift bei Gericht ein, die schließlich unter Eröffnung des Hauptverfahrens unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen wurde. Am 21. Januar 2013 kam es zu einem weiteren Gespräch zwischen den drei Berufsrichtern der Kammer, dem zuständigen Staatsanwalt und den Verteidigerinnen, in dem ebenfalls die Möglichkeit einer Verständigung erörtert wurde.
4
2. Zu Beginn der Hauptverhandlung teilte der Vorsitzende nach Anklageverlesung lediglich mit, dass es am 21. Januar 2013 ein Gespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten gegeben habe, in dem die Möglichkeit einer Verständigung erörtert worden sei.
5
3. In der Hauptverhandlung erklärten die Berufsrichter, dass aus ihrer Sicht im Falle eines umfassenden und glaubhaften Geständnisses zu Beginn der Hauptverhandlung und vor Eintritt in die Beweisaufnahme die Verhängung einer nicht bewährungsfähigen Freiheitsstrafe unter drei Jahren in Betracht käme. Die Verteidigerinnen des Angeklagten lehnten den Verständigungsvorschlag ab, der Staatsanwalt äußerte sich nicht dazu. Nachdem am ersten Hauptverhandlungstag ein Beweisantrag gestellt worden war, wurde am zweiten Hauptverhandlungstag eine Verständigung nach § 257c StPO erzielt, wonach das Gericht im Falle eines umfassenden und glaubhaften Geständnisses des Angeklagten und der Rücknahme des Beweisantrags eine Freiheitstrafe im Rahmen von zwei Jahren und zehn Monaten bis drei Jahre und zwei Monate verhängen wird. Es erfolgte die Rücknahme des Beweisantrags, die Einlassung des Angeklagten sowie der allseitige Verzicht auf eine erhebliche Anzahl von Zeugen und schließlich die Aufhebung verschiedener Fortsetzungstermine. Im Urteil werden die Feststellungen im Wesentlichen auf das Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung gestützt.
6
4. Die Revision rügt, dass der Vorsitzende im Rahmen seiner Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht über sämtliche vor der Hauptverhandlung geführten Verständigungsgespräche berichtet habe.

II.

7
1. Die zulässige Rüge einer Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat Erfolg.
8
a) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat der Vorsitzende zu Beginn der Hauptverhandlung nach Verlesung des Anklagesatzes und vor der Belehrung und Vernehmung des Angeklagten mitzuteilen, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO greift bei sämtlichen Vorgesprächen ein, die auf eine Verständigung abzielen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 272/13, StV 2014, 67). Dies ist anzu- nehmen, sobald bei Gesprächen vor der Hauptverhandlung ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit einer Verständigung im Raum steht, was zumindest dann der Fall ist, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in einen Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10 und 2 BvR 22 BvR 2155/11 Rn. 85, NJW 2013, 1058,

1065).

9
b) Demnach musste der Vorsitzende im Rahmen seiner Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO auch nähere Angaben zu dem Gespräch vom 20. September 2011 machen, denn in diesem Gespräch ging es inhaltlich darum , die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO abzuklären. Die Mitteilung bloß des letzten vor der Hauptverhandlung zwischen den Verfahrensbeteiligten geführten Gesprächs, dessen Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung war, reicht nicht aus.
10
c) Dass – wie in den Urteilsgründen mitgeteilt – die Anklage im Januar 2011 zur „Nachbesserung“ an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben und erst im Juni 2012 mit Änderungen und Ergänzungen neu eingereicht wurde, woraufhin das Hauptverfahren im Oktober 2012 eröffnet wurde, führt zu keiner anderen Bewertung.
11
Die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO betrifft sämtliche, auf eine Verständigung abzielenden Erörterungen vor Eröffnung des Hauptverfahrens (vgl. § 202a StPO). Eine Einschränkung der Mitteilungspflicht für den (gesetzlich ohnehin nicht vorgesehenen) Fall einer Rückgabe einer Anklageschrift zur „Nachbesserung“ enthält das Gesetz nicht. Durch die Einreichung einer ge- änderten und ergänzten Anklageschrift wird auch nicht etwa ein völlig neues Verfahren in Gang gesetzt, das die Mitteilung vorheriger Gespräche entbehrlich machen würde. Schließlich kann die Änderung der Anklage gerade Ergebnis vorheriger, auf eine Verständigung abzielender Gespräche der Verfahrensbeteiligten sein. Auch der Sinn und Zweck der Norm gebietet insoweit keine Einschränkung der gesetzlichen Mitteilungspflicht, denn der Angeklagte, die Schöffen und die Öffentlichkeit haben auch in diesen Fällen ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis solcher Vorgespräche. Weitergehender Vortrag zu diesem Punkt – etwa die Mitteilung der früheren und der geänderten Anklageschrift – kann deshalb nicht verlangt werden.
12
2. Anders als der Generalbundesanwalt kann der Senat nicht ausschließen , dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht.
13
a) Bei Verstößen gegen die Mitteilungspflichten aus § 243 Abs. 4 StPO ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Urteil auf diesem Verstoß beruht; lediglich in Ausnahmefällen ist Abweichendes vertretbar (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 272/13, StV 2014, 67 f.). Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19. März 2013 im Einzelnen dargelegt hat, hält der Gesetzgeber eine Verständigung nur bei Wahrung der umfassenden Transparenz- und Dokumentationspflichten für zulässig, weshalb das gesetzliche Regelungskonzept eine untrennbare Einheit aus Zulassung und Beschränkung von Verständigungen bei gleichzeitiger Einhegung durch die Mitteilungs-, Belehrungs- und Dokumentationspflichten darstellt (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 Bv2 BvR 2883/10 und 2 BvR 22 BvR 2155/11 Rn. 96, NJW 2013, 1058, 1066 f. ). Dies hat zur Folge, dass jeder Verstoß gegen sol- che gesetzlichen Vorschriften die Verständigung insgesamt „bemakelt“ und damit zur Rechtswidrigkeit der Verständigung führt. Hält sich das Gericht an eine solche gesetzeswidrige Verständigung, beruht auch das Urteil regelmäßig auf dem Verfahrensverstoß; die Revisionsgerichte können deshalb ein Beruhen des Urteils auf einem Verstoß gegen Transparenz- und Mitteilungspflichten nach § 337 Abs. 1 StPO nur in besonderen Fällen ausschließen (BVerfG aaO Rn. 97).
14
b) Das Gericht hat das nach Verstoß gegen § 243 Abs. 4 StPO im Rahmen einer in der Hauptverhandlung erzielten Verständigung abgelegte Geständnis verwertet und zur Grundlage seiner Beweiswürdigung gemacht. Das Urteil beruht demnach auf einer Verständigung, in deren Vorfeld es zu einer Verletzung von Mitteilungspflichten kam, also auf einer „bemakelten“ Verstän- digung.
15
c) Ein besonderer Ausnahmefall, in dem ausnahmsweise ein Beruhen auszuschließen wäre, liegt nicht vor.
16
Die Mitteilung des Inhalts sämtlicher auf eine Verständigung abzielender Vorgespräche dient nicht nur der notwendigen Information der Öffentlichkeit, sondern auch der des Angeklagten, der – wie hier – bei derartigen Gesprächen in aller Regel nicht anwesend ist. Für die Willensbildung im Rahmen einer Verständigung ist für den Angeklagten auch von Bedeutung, dass er durch das Gericht umfassend über sämtliche vor der Hauptverhandlung mit den übrigen Verfahrensbeteiligten geführten Verständigungsgespräche informiert wird. Erfolgt diese Information nur unvollständig, lässt sich regelmäßig nicht ausschließen , dass die Entscheidung des Angeklagten, der Verständigung nach § 257c StPO in der Hauptverhandlung zuzustimmen, auf unzureichender Tatsachenkenntnis beruht und bei vollständiger Information anders ausgefallen wäre.
17
Auch unter Berücksichtigung der Änderung und Ergänzung der Anklageschrift lässt sich ein Beruhen vorliegend nicht ausschließen. Die Änderung der Anklageschrift bestand vorliegend hauptsächlich in der Beifügung von Anlagen zur Konkretisierung der angeklagten Beitragshinterziehungen. Inhaltliche Änderungen waren damit nicht verbunden. Für den Angeklagten, die Schöffen, die bei den Gesprächen nicht anwesenden weiteren Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit ist auch bei einer derartigen Konstellation von Belang, welche Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung zu einem früheren Zeitpunkt geführt wurden. Raum Jäger Cirener Radtke Mosbacher

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 1 0 / 1 3
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. Februar 2013 aufgehoben, soweit sie verurteilt worden ist. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Nach Verlesung der Anklagschrift in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2013 wurde die Angeklagte darauf hingewiesen, dass es ihr freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls baten die Verteidiger der Angeklagten sodann um Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Führung eines Rechtsge- sprächs, dem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft zustimmte. Die Hauptverhandlung wurde anschließend unterbrochen.
4
Nach Wiedereintritt in die Hauptverhandlung gab der Vorsitzende den wesentlichen Inhalt des Rechtsgesprächs zwischen Verteidigern, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und der Kammer wie folgt bekannt: "Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert, insbesondere wurde seitens der Verteidiger die Frage angesprochen, ob im Falle einer geständigen Einlassung eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls darstellbar erschiene. Eine Haftverschonung wurde im Fall einer geständigen Einlassung seitens der Kammer als nicht ausgeschlossen angesehen. Ansonsten hat eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO nicht stattgefunden."
5
Im Anschluss machte die Angeklagte - wie sich dem Urteil entnehmen lässt (UA S. 37) - im Wesentlichen geständige Angaben zur Sache. Das Protokoll weist an späterer Stelle den Hinweis auf, dass eine Verständigung nicht stattgefunden habe.
6
Nach Vernehmung einzelner Zeugen wurde die Beweisaufnahme geschlossen und die Angeklagte wie dargelegt verurteilt. Zugleich wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt; die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg.
7
2. Der Vorsitzende der Strafkammer und die beisitzende Richterin haben im Rahmen des Revisionsverfahrens jeweils dienstliche Erklärungen abgeben. Übereinstimmend wird darin geschildert, dass es bei dem von der Verteidigung angeregten Rechtsgespräch im Wesentlichen um die Frage der Haftverschonung gegangen sei. Dabei habe die Kammer im Falle einer geständigen Einlas- sung eine Haftverschonung als nicht ausgeschlossen angesehen, weil - so der Vorsitzende - bei einem Geständnis der Haftgrund einer etwa zu bejahenden Verdunkelungsgefahr entfallen würde. Zu einer Verständigung darüber aber sei es nicht gekommen, dies zeige schon der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft gegen die mit Urteilsverkündung ergangene Entscheidung über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sofortige Beschwerde eingelegt habe. Zudem sei die Angeklagte auch nicht umfassend geständig gewesen, weshalb noch zahlreiche weitere Zeugen gehört worden seien und teilweise Freispruch erfolgt sei.
8
Hinsichtlich der Anforderungen an die Dokumentation und Transparenz von Verständigungsgesprächen weist der Vorsitzende im Übrigen darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung gegen die Angeklagte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der entsprechende Erfordernisse aufgestellt worden seien, noch nicht ergangen gewesen sei.
9
3. Die Rüge der Angeklagten, es liege eine Verletzung der mit einer Verständigung einhergehenden Mitteilungs- und Dokumentationspflichten gemäß § 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a StPO vor, ist zulässig und begründet.
10
a) Es handelt sich nicht um eine unzulässige Protokollrüge. Denn der Beschwerdeführer leitet einen Verfahrensfehler aus dem Umstand her, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt der Gespräche, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt. Eine solche Rüge ist zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12, NJW 2013, 3046).
11
b) Der von der Angeklagten in der Sache gerügte Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO liegt vor.
12
aa) Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO teilt der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 StPO stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist, und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 47/13, NStZ 2013, 610). Diese Mitteilungspflicht ist gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO weiter zu beachten, wenn Erörterungen erst nach Beginn der Hauptverhandlung stattgefunden haben (vgl. BT-Drucks. 16/12310, S. 12; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., 2013, § 243 Rn. 18c). Das Gesetz will erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, dass solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle ist die Mitteilung des Vorsitzenden hierüber - sofern sie nach § 243 Abs. 4 StPO vorgeschrieben ist - gemäß § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO in das Protokoll der Hauptverhandlung aufzunehmen.
13
bb) Gemessen daran enthält die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 6. Februar 2013 nicht alle Informationen, die zur Transparenz und Dokumentation von Verfahrensabläufen im Zusammenhang mit möglichen Verständigungen nach § 257c StPO mitgeteilt werden müssen. Dieser Mangel der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens, der durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen wird.
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Das zwischen den Verfahrensbeteiligten am 6. Februar 2013 außerhalb der Hauptverhandlung geführte Rechtsgespräch betraf - schon auf der Grundlage der im Protokoll enthaltenen Angaben - einen zulässigen Gegenstand einer Verständigung im Sinne von § 257c Abs. 2 StPO; sie löste entsprechende Dokumentationspflichten aus. Die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach Urteilsverkündung ist ein zum Urteil "dazugehöriger Beschluss" (§ 268b StPO), so dass auch die Vollstreckung von Untersuchungshaft grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt sein kann (Stuckenberg, in: Löwe /Rosenberg, 26. Aufl., § 257c, Rn. 33; Moldenhauer/Wenske, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 257c, Rn. 17).
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Im Protokoll zur Hauptverhandlung fehlen hinsichtlich einer möglichen Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen die Angeklagte als (zulässigem) Gegenstand einer Absprache - ungeachtet des Umstands, dass über die Erörterung der Haftfrage hinaus die "Sach- und Rechtslage" umfassend erörtert worden ist, was ebenfalls näher darzulegen gewesen wäre - wesentliche Informationen über den Inhalt des geführten Gesprächs. So lässt sich dem Protokoll zwar entnehmen, dass die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls von Seiten der Verteidiger der Angeklagten angesprochen wurde und dass die Strafkammer eine solche Entscheidung im Falle einer geständigen Einlassung als nicht ausgeschlossen angesehen hat. Auch wird als Ergebnis festgehalten, dass (ansonsten) eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Welchen Standpunkt die Staatsanwaltschaft hierzu eingenommen hat, unter welchen Bedingungen (Auflagen) etwa eine Außervollzugsetzung in Betracht gekommen wäre und wo insoweit gegebenenfalls abweichende Standpunkte eingenommen worden sind, erwähnt das Hauptverhandlungsprotokoll aber nicht. Dies aber wäre, da die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 StPO nicht nur das Ergebnis, sondern auch den dahin führenden Entscheidungsprozess jedenfalls in seinen Grundzügen mitzuteilen hat, erforderlich gewesen. Dies gilt um so mehr, als die in der Niederschrift gewählte Formulierung, ansonsten habe eine Verständigung nicht stattgefunden, sogar für die Annahme sprechen könnte, es sei insoweit doch eine bindende Verständigung zustande gekommen.
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Soweit sich die Strafkammer in der Sache darauf beruft, sie habe diese Anforderungen an die Dokumentation von Verständigungsgesprächen nicht erfüllen können, weil sie erst nach Durchführung der Hauptverhandlung vom Bundesverfassungsgericht gefordert worden seien, übersieht sie schon, dass das Bundesverfassungsgericht diese Anforderungen nicht neu aufgestellt, sondern einer Auslegung des Gesetzeswortlauts entnommen hat. Auch der Bundesgerichtshof hatte im Übrigen ähnliche Verpflichtungen formuliert (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
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c) Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden , führt regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12). Schon durch das Fehlen einer umfassenden Dokumentation kann - auch im Falle einer im Ergebnis nicht zustande gekommenen Verständigung - das Prozessverhalten eines Angeklagten beeinflusst worden sein. Dies gilt hier um so mehr, als das Protokoll davon spricht "ansonsten" habe eine Verständigung nicht stattgefunden. Es lässt sich insoweit nicht ausschließen, dass die Angeklagte - entgegen der späteren Dokumentation im Hauptverhandlungsprotokoll - davon ausgegangen sein könnte, dass zur Haftfrage doch eine Verständigung stattgefunden hat und sich deshalb in der Folge (im Wesentlichen) geständig eingelassen hat. Fischer Schmitt Krehl Ott Zeng

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

Erwägt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, kann es den Stand des Verfahrens mit den Verfahrensbeteiligten erörtern, soweit dies geeignet erscheint, das Verfahren zu fördern. Der wesentliche Inhalt dieser Erörterung ist aktenkundig zu machen.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.