Sozialgericht Bayreuth Urteil, 14. Dez. 2017 - S 10 AL 151/17

bei uns veröffentlicht am14.12.2017

Tenor

I. Der Bewilligungsbescheid vom 03.08.2017, soweit er den Zeitraum vom 08.06.2017 bis 14.06.2017 betrifft, und der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in vollem Umfang.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine angebliche Sperrzeit-Entscheidung bzw Nicht-Zahlung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 8.6.2017 bis 14.6.2017.

I.

Die 1962 geborene Klägerin war bis 31.5.2017 befristet beschäftigt gewesen und hat unstreitig am 1.6.2017 einen Neu-Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach erworben.

Aus einem Aktenvermerk vom 26.5.2017, 8:42 Uhr, ergibt sich, dass die Klägerin an diesem Tag anlässlich ihrer persönlichen Arbeitslosmeldung mit Rechtsfolgenbelehrung gem. § 309 iVm § 159 SGB III zum „07.06.2017 um 00:00 Uhr“ vorgeladen wurde. Die Einladung selbst ist nicht aktenkundig. Am 7.6.2017 teilte die Klägerin kurz nach 08.00 Uhr mit, sie fühle sich gesundheitlich nicht in der Lage, diesen Termin wahrzunehmen. Die Kennzeichnung dieses Termins als abgesagt war der Beklagten jedoch technisch nicht möglich. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 7.6.2017 ging niemals bei der Beklagten ein.

II.

Mit ausdrücklich als solchem bezeichneten „Bewilligungsbescheid“ vom 3.8.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld

* vom 1.6.2017 bis 7.6.2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 29,96 €,

* vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 0,00 € und

* vom 16.6.2017 bis zur Arbeitsaufnahme am 20.7.2017 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 29,96 €.

Bezüglich des zweiten Zeitraums gab sie in der Spalte „Begründung“ für diese Null-Zahlung an: „Sperrzeit bei Meldeversäumnis § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB III (08.06.2017 - 14.06.2017)“. Auf Blatt 3 wird unter der durch Fettschrift und Großdruck besonders hervorgehobenen Überschrift „Wie sich die Höhe Ihres Arbeitslosengelds nach dem SGB III errechnet“ in der dritten Unter-Überschrift „Zeiten ohne Leistungen“ lediglich mitgeteilt: „In der Zeit vom 08.06.2017 bis zum 14.06.2017 wird Arbeitslosengeld gem. § 136 SGB III nicht gezahlt, weil nach §§ 159 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 Nr. 6, 148 Absatz 1 Nr. 3 SGB III eine Sperrzeit bei Meldeversäumnis eingetreten ist. Sie sind am 07.06.2017 der Einladung Ihrer Agentur für Arbeit nicht gefolgt (§ 309 SGB III). Wichtige Gründe haben Sie nicht genannt. Der Anspruch wird um 7 Tage gemindert. Hinweise zum Erlöschen des Anspruchs …“. Ein Sperrzeit-Feststellungbescheid ist nicht aktenkundig.

Am 24.8.2017 legte die Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid mit ausführlicher Begründung auch in zwei weiteren Schreiben wegen der Sperrzeit Widerspruch ein.

Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin für den 7.6.2017 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und an diesem Tag auch nicht mit ihrer Vermittlerin selbst, sondern einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten, telefoniert habe, sodass ein Verzicht auf die Wahrnehmung des Termins nicht möglich gewesen sei.

Hiergegen erhob die Klägerin am 6.11.2017 mit erneuter ausführlicher Begründung zum Sozialgericht Bayreuth Klage und beantragt,

den „Bewilligungsbescheid“ vom 3.8.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr auch im Zeitraum vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich Bezug auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und den Inhalt seiner Akten.

Die Akten der Beklagten sind zum Verfahren beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hierauf sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift wird zur Ergänzung des Tatbestands vollinhaltlich verwiesen.

Gründe

Das Sozialgericht Bayreuth ist zur Entscheidung dieses Rechtsstreits sachlich und auch örtlich gem. §§ 51, 57 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständig. Die form- und fristgerecht sowie nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens erhobene Klage ist allein aufgrund formaler Fehler im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren begründet. Eine materiell-rechtliche Prüfung der Sperrzeit erfolgt durch das Gericht daher nicht mehr.

I.

Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens und damit eines Widerspruchsbescheides ist nach § 78 SGG ein Verwaltungsakt. Vorliegend gibt die Beklagte im Vorblatt ihres Widerspruchsbescheides an, sie halte den „Eintritt einer Sperrzeit vom 08. Juni 2017 bis 14. Juni 2017“ für rechtmäßig.

Einen solchen Bescheid über den Eintritt einer Sperrzeit gibt es jedoch nicht, schon gar nicht unter dem von der Widerspruchsstelle genannten Datum 3.8.2017. Unter diesem Datum gibt es nur einen Bewilligungsbescheid, mit dem für die betroffene Woche der tägliche Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes mit Null bestimmt und sowohl für vorangehende Zeiten wie auch wie nachfolgende Zeiten Arbeitslosengeld in jeweils genau bezifferter Höhe bewilligt wird.

Eine nicht existente Einzelfallregelung iS des § 31 SGB X (hier Feststellung des Eintritts einer „Sperrzeit“ durch Feststellungsbescheid) kann nicht wirksam mit einem Rechtsbehelf angefochten und ihre Existenz und Rechtmäßigkeit auch nicht durch einen Widerspruchsbescheid bestätigt werden. Der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 ist daher mangels eines Ausgangsbescheides in Form eines Sperrzeitbescheides nichtig und sein Rechtsschein zu beseitigen.

II.

Der „Bewilligungsbescheid“ vom 3.8.2017 selbst ist, auch soweit er für die Zeit vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 den täglichen Leistungsbetrag, also die tägliche Zahlung, mit Null bestimmt, kein Sperrzeitbescheid iS des § 159 SGB III mit der Folge des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs und der Anspruchsminderung.

Ausgehend vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) dient ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X dazu, die abstrakt generellen gesetzlichen Regelungen auf den Einzelfall umzusetzen. Der Verfügungssatz ist der Inbegriff der Regelung des Verwaltungsaktes, der deshalb klarer und eindeutiger Ausführungen bedarf, dass, warum, in welchem Zeitraum mit welchen Rechtsfolgen welche genaue hoheitliche Regelung im vorliegenden konkreten Einzelfall getroffen wird, also etwa ein Ruhen des Anspruchs eingetreten ist oder ein begünstigender Verwaltungsakt aufgehoben wird. Das BSG hat ausgeführt, dass die „Typus prägenden Merkmale“ unzweifelhaft erkennbar sein müssen. Zwar ist danach ein die Verfügung eines Ruhens ausführender Bewilligungs-/Zahlungsbescheid zusammen mit dem Ruhensbescheid selbst als rechtliche Einheit im Sinne eines Verwaltungsakts anzusehen, denn der ausführende Zahlungsbescheid trifft für den Ruhenszeitraum keine eigene hoheitliche Regelung im Einzelfall. Und es bildet nach ständiger Rechtsprechung des BSG deshalb ein Bewilligungsbescheid, soweit er den Ruhens-Bescheid hinsichtlich des Arbeitslosengeld-Anspruchs ausführt, eine rechtliche Einheit mit dem Ruhens-Bescheid (vgl BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-​4100 § 119 Nr. 17 S. 78; BSGE 84, 270, 271 = SozR 3-​4100 § 119 Nr. 19 S. 93; BSGE 96, 22 ff = SozR 4-​4300 § 144 Nr. 12, jeweils RdNr. 10), sodass der Bewilligungs-Bescheid mangels Einzelfallregelung diesbezüglich nicht gesondert anzufechten ist. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit von klaren und eindeutigen Ausführungen im Verfügungssatz eines Feststellungs-Verwaltungsakts, dass, wann und wie lange mit welchen genauen Rechtsfolgen eine Sperrzeit und als eine ihrer Folgen das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs eingetreten und auch die Anspruchsdauer gemindert ist.

Eine bloße Erläuterung für den Grund der Zahlungsverweigerung bzw der Feststellung eines Zahlungsanspruchs in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 0,00 € in einem Bewilligungs-Bescheid ("„Gfs. Begründung falls keine Leistung zusteht“) stellt keinen Ruhens-Bescheid und auch keinen Verfügungssatz über den Eintritt eines Ruhens infolge einer Sperrzeit und die Minderung der Anspruchsdauer dar. Durch den ausdrücklich als solchen bezeichneten „Bewilligungsbescheid zur Kundennummer XY“ vom 3.8.2017 hat die Beklagte im Verfügungssatz nicht über den Eintritt eines Ruhens und die Anspruchsminderung entschieden, sondern einen Zahlungsbetrag von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 in Höhe von 0,00 € täglich angegeben mit der „Begründung“ „Sperrzeit …“ - unabhängig davon, dass es nicht die Sperrzeit ist, die zu einem Zahlungsbetrag Null führen kann, sondern nur eine ihrer Rechtsfolgen, deren Eintritt und genaue Lage aber neben der Feststellung der Sperrzeit als solcher ebenfalls ausdrücklich verfügt werden muss.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur ist bei einem Bescheid, der Geldleistungen betrifft, Gegenstand der Verfügung iS des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nur die Art, Dauer (Beginn und Ende) und die Höhe einer Leistung (vgl BSGE 72, 206, 207 = SozR 3-4100 § 103a Nr. 1; BSG SozR 3-4100 § 136 Nr. 3 S. 6; SozR 3-4100 § 119 Nr. 15; SozR 4100 § 112 Nr. 23; siehe auch Eicher in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr. 9 mwN). Die Feststellungen zu Eintritt, Lage und konkreten Rechtsfolgen einer Sperrzeit werden durch einen solchen Verwaltungsakt nicht verbindlich festgeschrieben (vgl etwa BSG, Urteil vom 1.6.2006 - B 7a AL 6/05 R -, SozR 4-4300 § 158 Nr. 3, SozR 4-4300 § 77 Nr. 4, Rn. 17; Meyer-Ladewig ua, SGG, 12. Aufl., § 77, Rdnr. 5b mwNw, Rdnr. 5d mwNw). Der Verfügungssatz ist der Inbegriff der Regelung des Verwaltungsaktes, er soll dem Adressaten genau sagen, was die Behörde von ihm will oder was für ein Recht ihm eingeräumt wird, er enthält auch die Angabe der Rechtsnormen, die der Verwaltungsaktsentscheidung zugrunde liegen und hat damit zugunsten des Adressaten eine Klarstellungsfunktion.

Die dem Gericht in mündlichen Verhandlungen verschiedenlich kommunzierte und mit dem Hinweis auf den Empfängerhorizont verbrämte Auffassung der Beklagten „Die Leute wissen, dass sie nichts kriegen, das reicht doch“ lässt ein sehr eigenes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit erkennen.

Dass manche Bescheidempfänger sich schon denken können, was mit dem Zahlungsbetrag Null gemeint sein könnte, auch wenn sie den entsprechenden Sperrzeit-Verwaltungsakt nicht „schwarz auf weiß“ in Händen halten, entbindet die Verwaltung nicht von einem korrekten Verwaltungshandeln auch in formeller Hinsicht.

Insbesondere angesichts der für den Leistungsberechtigten weitreichenden nachteiligen Rechtsfolgen der Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit ist die Verwaltung zwingend gehalten, entsprechend deutlich nach den eindeutigen Vorgaben der gesetzlichen Normen ihre Bescheide abzufassen. Allein die Verwaltung hat es in der Hand, ihre Regelungsabsicht von vornherein mit der nötigen und gebotenen Klarheit auszudrücken (s. dazu auch BSG Urt v 28.6.1990, Az.: 4 RA 57/89, Rdnr. 35). Vollziehende Gewalt ist Gesetzesvollzug. Ausgehend vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung des Art. 20 Abs. 3 GG dient ein Verwaltungsakt dazu, die abstrakt generellen gesetzlichen Regelungen auf den Einzelfall umzusetzen. Im Ergebnis geht daher jedwede Unklarheit zu Lasten der Behörde (vgl LSG Erfurt, Urt v 25.11.2015, Az.: L 4 AS 1010/13). Vorliegend hat die Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 3.8.2017 nur eine Entscheidung über die Höhe von Arbeitslosengeld auch im Zeitraum vom 8.6.2017 bis 14.6.2017 getroffen, aber nicht eine Entscheidung über die Sperrzeit und nicht eine Entscheidung über deren Rechtsfolgen in Form des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs sowie Tatsache und Umfang der Anspruchsminderung. Ein Zahlungsbewilligungsbescheid regelt nicht einzelne Elemente eines Anspruchs (Meyer-Ladewig, aaO, § 77, Rdnr. 5d).

Mangels eines entsprechenden Verfügungssatzes hat die Beklagte nach alledem zu keinem Zeitpunkt den Eintritt des Ruhens infolge einer Sperrzeit, Lage und Dauer des Sperrzeit- bzw Ruhenszeitraums wie auch der weiteren Rechtsfolge in Form einer Anspruchsminderung festgestellt. Eine Sperrzeit- bzw Ruhens-Verfügung existieren somit auch nicht in Form eines Bewilligungsbescheides über eine tägliche Leistung mit dem Wert Null. Vielmehr fehlt es für die Festsetzung einer Zahlung mit dem Wert Null Euro in jedem Fall an der „Grundlagenentscheidung“ in Form eines Sperrzeit- bzw Ruhensbescheides. Dies wird von der Kammer seit langem und bereits in einer großen Anzahl von Verfahren so judiziert und ist der Beklagten bekannt.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die in § 77 SGG geregelte Bindungswirkung von Verwaltungsakten zu verweisen, die sich nur auf den Verfügungssatz, nicht aber auf die Begründung des Verwaltungsakts bezieht (vgl BSG Urt v 23.11.2005, Az.: B 12 RA 15/04 R, Rdrn. 14). Deshalb hat ein Bescheid Bestand, wenn sein Verfügungssatz richtig, aber seine Begründung falsch ist.. Mit dieser Bindungswirkung nur des Verfügungssatzes korreliert, dass die bloße Bescheidbegründung als solche nicht rechtsbehelfsfähig ist, dies ist nur der „Tenor“ des Verwaltungsakts, in dem die Einzelfallregelung getroffen wird. Soweit sich also lediglich in der Begründung des Zahlungsbescheids Äußerungen dazu finden, dass und weshalb eine Sperrzeit vorliege, ist dies vom Bescheidadressaten nicht anfechtbar. Der einzelne Leistungsempfänger kann sich also in letzter Konsequenz nicht gegen das behauptete Vorliegen einer Sperrzeit oder eines Ruhens mit Mitteln des Rechtsstaats wehren, sondern muss hinnehmen, dass der tägliche Zahlbetrag in einem bestimmten Zeitraum eben Null ist.

III.

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass mit Bewilligungsbescheid vom 3.8.2017 keine Regelung iS des § 31 SGB X über den Eintritt einer einwöchigen Sperrzeit und deren Rechtsfolgen im konkreten Einzelfall getroffen wurde. Dies hat zur Folge, dass der eine Sperrzeit angreifende „Widerspruch“ der Klägerin vom 24.8.2017 sich gegen eine nicht existente Regelung wendet und nicht statthaft ist. Wendet sich ein Antragsteller schriftlich gegen eine Mitteilung der Behörde, die kein Verwaltungsakt ist, liegt ein statthafter Widerspruch auch dann nicht vor, wenn die Behörde selbst das Schreiben als „Widerspruch“ ansieht (vgl. BSG Urt v 18.1.2011, Az. B 2 U 15/10 R), denn der Verwaltungsakt muss bereits vor Einlegung des Widerspruchs ergangen sein. Der „Widerspruch“ der Klägerin vom 24.8.2017 gegen den Bescheid vom 3.8.2017 hätte deshalb durch Widerspruchsbescheid als unzulässig verworfen werden müssen.

Der zum vorliegend anhängigen Klageverfahren führende Widerspruchsbescheid ist daher in jeder Hinsicht rechtswidrig und hat keinen Bestand.

V.

Angesichts der massiven Verletzung von Verfahrensvorschriften konnten weder der Bewilligungsbescheid vom 3.8.2017 (hinsichtlich des dort genannten zweiten Zeitraums) noch der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 Bestand haben und waren zu kassieren. Ob in der Sache tatsächlich auch ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nach Eintritt einer Sperrzeit mit welchen weiteren rechtlichen Konsequenzen eingetreten wäre, hat das Gericht nicht zu prüfen, weil es keinen Sperrzeitbescheid gibt, der Gegenstand des Verfahrens wäre.

Die Kostengrundentscheidung, wonach die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin iS des § 193 Abs. 2 SGG zu tragen hat, ergibt sich aus dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens, in dem die Klägerin obsiegt hat.

Die Berufung war nicht zuzulassen. Der Beklagten sind die langjährigen und zahlreichen Entscheidungen der Kammer zu dieser Rechtsfrage und deren Rechtsauffassung bekannt; auch in berufungsfähigen Verfahren und in den Fällen der Berufungszulassung von Amts wegen hat die Beklagte bisher (mit Ausnahme eines einzigen Verfahrens) keine Berufungen eingelegt. …

Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Bayreuth Urteil, 14. Dez. 2017 - S 10 AL 151/17

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Bayreuth Urteil, 14. Dez. 2017 - S 10 AL 151/17

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Sozialgericht Bayreuth Urteil, 14. Dez. 2017 - S 10 AL 151/17 zitiert 11 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 77


Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 78


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 309 Allgemeine Meldepflicht


(1) Arbeitslose haben sich während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Un

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 136 Anspruch auf Arbeitslosengeld


(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld1.bei Arbeitslosigkeit oder2.bei beruflicher Weiterbildung. (2) Wer das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet hat, hat vo

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Sozialgericht Bayreuth Urteil, 14. Dez. 2017 - S 10 AL 151/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 18. Jan. 2011 - B 2 U 15/10 R

bei uns veröffentlicht am 18.01.2011

Tenor Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. September 2009 und des Sozialgerichts Würzburg vom 19. Dezember 2007 insoweit geändert, dass der "
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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 22. Jan. 2018 - L 10 AL 3/18 NZB

bei uns veröffentlicht am 22.01.2018

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.12.2017 - S 10 AL 151/17 - wird zugelassen. II. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird als Berufung fortgeführt. Gründe Streitig ist da

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(1) Arbeitslose haben sich während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit sie dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Meldung muss bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle erfolgen. Die allgemeine Meldepflicht besteht auch in Zeiten, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht.

(2) Die Aufforderung zur Meldung kann zum Zwecke der

1.
Berufsberatung,
2.
Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit,
3.
Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen,
4.
Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und
5.
Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch
erfolgen.

(3) Die meldepflichtige Person hat sich zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Ist der Meldetermin nach Tag und Tageszeit bestimmt, so ist die meldepflichtige Person der allgemeinen Meldepflicht auch dann nachgekommen, wenn sie sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird. Ist die meldepflichtige Person am Meldetermin arbeitsunfähig, so wirkt die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsfähigkeit fort, wenn die Agentur für Arbeit dies in der Meldeaufforderung bestimmt.

(4) Die notwendigen Reisekosten, die der meldepflichtigen Person und einer erforderlichen Begleitperson aus Anlaß der Meldung entstehen, können auf Antrag übernommen werden, soweit sie nicht bereits nach anderen Vorschriften oder auf Grund anderer Vorschriften dieses Buches übernommen werden können.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld

1.
bei Arbeitslosigkeit oder
2.
bei beruflicher Weiterbildung.

(2) Wer das für die Regelaltersrente im Sinne des Sechsten Buches erforderliche Lebensjahr vollendet hat, hat vom Beginn des folgenden Monats an keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Arbeitslose haben sich während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit sie dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Meldung muss bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle erfolgen. Die allgemeine Meldepflicht besteht auch in Zeiten, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht.

(2) Die Aufforderung zur Meldung kann zum Zwecke der

1.
Berufsberatung,
2.
Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit,
3.
Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen,
4.
Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und
5.
Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch
erfolgen.

(3) Die meldepflichtige Person hat sich zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Ist der Meldetermin nach Tag und Tageszeit bestimmt, so ist die meldepflichtige Person der allgemeinen Meldepflicht auch dann nachgekommen, wenn sie sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird. Ist die meldepflichtige Person am Meldetermin arbeitsunfähig, so wirkt die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsfähigkeit fort, wenn die Agentur für Arbeit dies in der Meldeaufforderung bestimmt.

(4) Die notwendigen Reisekosten, die der meldepflichtigen Person und einer erforderlichen Begleitperson aus Anlaß der Meldung entstehen, können auf Antrag übernommen werden, soweit sie nicht bereits nach anderen Vorschriften oder auf Grund anderer Vorschriften dieses Buches übernommen werden können.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. September 2009 und des Sozialgerichts Würzburg vom 19. Dezember 2007 insoweit geändert, dass der "Widerspruchsbescheid" der Beklagten vom 28. Juli 2006 aufgehoben wird.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob das Ereignis vom 10.8.1998 ein Arbeitsunfall war.

2

Die am 27.9.1978 geborene behinderte Klägerin nahm an einer von einer Tageseinrichtung des Vereins L. veranstalteten und organisierten Ferienfreizeit teil. Am 10.8.1998 sollte ein Grillabend stattfinden. Auf dem Weg zum Grillplatz stolperte die Klägerin und fiel zwei Stufen hinunter. Dabei erlitt sie einen Kreuzbandriss am rechten Knie.

3

Am 11.2.2005 richtete die Klägerin ein Schreiben an die Beklagte, mit dem sie um Auskunft und Überprüfung bat, ob das Ereignis vom 10.8.1998 dort bekannt sei. Die Beklagte teilte ihr daraufhin am 7.3.2005 mit, dass der Unfall nicht als Schul- bzw Tagesstättenunfall anerkannt worden und das Heilverfahren mit Schreiben vom 7.9.1998 abgebrochen worden sei. Die Klägerin sei zum Unfallzeitpunkt 19 Jahre alt und damit kein Kind iS von § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII gewesen.

4

Mit weiteren Schreiben an die Beklagte vom 15.4.2005 und 20.10.2005 erfragte die Klägerin den Sachstand und wies ua darauf hin, dass sie behindert sei, weshalb Schulpflicht für sie bis zum 21. Lebensjahr bestanden habe. Die Beklagte teilte der Klägerin am 22.6.2006 mit, dass sie das Schreiben der Klägerin vom 20.10.2005 als Widerspruch gegen das Schreiben vom 7.3.2005 werte. Sodann wies die Beklagte diesen "Widerspruch" mit Widerspruchsbescheid vom 28.7.2006 zurück.

5

Das SG Würzburg hat die Klage mit Urteil vom 19.12.2007 abgewiesen, das LSG hat mit Urteil vom 30.9.2009 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Ereignis vom 10.8.1998 habe keinen Arbeitsunfall dargestellt, denn die Verrichtung sei nicht in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erfolgt. Insbesondere sei die Klägerin mit 19 Jahren kein Kind iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII gewesen.

6

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 2 SGB VII. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Kind" in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII müsse die Systematik des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) berücksichtigen, sodass eine feste Altersgrenze nicht angenommen werden könne. Sie habe die Schule und die Tageseinrichtung der L. besucht. Eingliederungshilfe für junge Volljährige sei "ohne weitere Altersbegrenzung" nach § 41 Abs 2 SGB VIII iVm § 35a SGB VIII auch in Tageseinrichtungen für Kinder vorgesehen. Für den Begriff des Kindes in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII sei auf den Stand der persönlichen und geistigen Entwicklung im konkreten Einzelfall abzustellen, weil der Besuch einer Tageseinrichtung auch für junge Erwachsene eine geeignete Hilfe darstelle. § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a bis c SGB VII spiegelten in ihren drei Stufen den gewöhnlichen Entwicklungsablauf eines jungen Menschen vom Kindergarten bis zur Universität wider. Wenn dieser gewöhnliche Entwicklungsablauf durch behinderungsbedingte Verzögerungen gestört sei, könne dies nicht dazu führen, dass behinderte Menschen nur wegen Überschreitens einer Altersgrenze aus dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung herausfielen.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30.9.2009 und das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.12.2007 sowie die Ablehnungsentscheidung im Bescheid der Beklagten vom 7.3.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.7.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Unfall der Klägerin vom 10.8.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Auf die zulässige Revision der Klägerin ist der von der Beklagten so bezeichnete "Widerspruchsbescheid" vom 28.7.2006 aufzuheben, weil ihr Schreiben vom 7.3.2005 kein Verwaltungsakt war und daher insoweit auch kein statthafter Widerspruch vorlag. Im Übrigen hatte die Revision keinen Erfolg, weil bereits die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Klägerin nicht statthaft war.

10

1. Die Klägerin hat eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG auf Aufhebung der Bescheide und Verpflichtung der Beklagten, das Ereignis vom 10.8.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen, erhoben (zur Zulässigkeit dieses Begehrens vgl Urteil des Senats vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - RdNr 9; sowie BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Die Anfechtungsklage war jedoch nur statthaft, soweit sie auf die Aufhebung des "Widerspruchsbescheides" gerichtet war. Im Übrigen waren die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nicht statthaft. Denn die Beklagte hat bisher keinen Verwaltungsakt erlassen, in dem die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt worden wäre.

11

Die Statthaftigkeit einer Anfechtungsklage setzt voraus, dass der Kläger vom Gericht die Aufhebung eines Verwaltungsakts iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGG begehrt, die der Verpflichtungsklage, dass er vom Gericht die Verurteilung der Beklagten zum Erlass eines Verwaltungsakts im Sinne dieser Vorschrift verlangt. Das Schreiben der Beklagten vom 7.3.2005 kann nach seinem Inhalt nicht als Verwaltungsakt iS des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 31 SGB X ausgelegt werden. Die Beklagte hat in diesem Schreiben lediglich auf die Sachstandsanfrage der Klägerin vom 11.2.2005 geantwortet, mit der diese Auskunft darüber erbeten hatte, ob der Beklagten der Vorgang aus dem Jahre 1998 bereits bekannt sei bzw ob dieser geprüft werde. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin in dem Schreiben vom 7.3.2005 lediglich mit, ein Heilverfahren, das 1998 begonnen habe, sei zu ihren Lasten wieder abgebrochen und die Kosten der ärztlichen Behandlung seien von der AOK getragen worden. Die Beklagte hat auf das Informationsbegehren der Klägerin hin auch nicht das gemäß § 19 Satz 2 SGB IV von Amts wegen zu betreibende Verwaltungsverfahren aus dem Jahre 1998 wieder aufgegriffen bzw gemäß § 8 SGB X zu einem ordnungsgemäßen Abschluss gebracht. Vielmehr hat die Beklagte im Juni 2006 - also 15 Monate später - ihre eigene Mitteilung vom 7.3.2005 zum Verwaltungsakt erklärt und zugleich ein weiteres Schreiben der Klägerin aus dem Oktober 2005, in dem ua um "Überprüfung des Versicherungsschutzes" gebeten worden war, als "Widerspruch" betrachtet. Ein solches Vorgehen entspricht nicht den Vorgaben eines Verwaltungsverfahrens iS des § 8 SGB X und des SGB VII.

12

Das Schreiben der Beklagten vom 7.3.2005 ist auch kein "bloß formeller Verwaltungsakt", der zwar die Kriterien des § 31 SGB X nicht erfüllt und daher materiell-rechtlich kein Verwaltungsakt ist, der aber als Verwaltungsakt nur im prozessrechtlichen Sinn des § 54 Abs 1 Satz 1 SGG, aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes(Art 19 Abs 4 Satz 1 GG; Art 6 Abs 1 EMRK) gleichfalls mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann. Die Beklagte hat jedoch das formlose Schreiben weder als förmlichen "Bescheid" ausgestaltet noch auch nur eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt.

13

Die Beklagte durfte daher am 28.7.2006 keinen "Widerspruchsbescheid" erlassen, weil mit diesem nur über die Recht- und Zweckmäßigkeit eines ergangenen Verwaltungsakts hätte befunden werden dürfen. Ein solcher Verwaltungsakt lag aber nicht vor, demgemäß auch kein "Widerspruch" dagegen. Der "Widerspruchsbescheid" der Beklagten vom 28.7.2006 war daher aufzuheben. Im Übrigen konnte die Revision aber keinen Erfolg haben, weil die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, wie ausgeführt, mangels eines das Feststellungsbegehren ablehnenden Verwaltungsakts der Beklagten nicht statthaft waren.

14

2. Im Hinblick auf den Zeitablauf und die durch das verwaltungsverfahrensrechtlich problematische Vorgehen der Beklagten bedingte Verfahrensdauer sieht sich der Senat auch unter dem Gesichtspunkt des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Satz 1 GG) verpflichtet, sich in den folgenden nicht tragenden Entscheidungsgründen (obiter dicta) zum Kindbegriff iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII iS des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII zu äußern. "Kind" im Sinne dieser Vorschrift ist jede Person, die noch nicht 14 Jahre alt ist. Damit wird über die in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII beginnende Verweisung letztlich der Kindbegriff des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII maßgeblich.

15

Nach der zum 1.1.1997 in Kraft getretenen Fassung des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII sind versichert "Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen".

16

a) Das SGB VII selbst enthält keine gesetzliche Definition des Begriffs "Kind" und auch die übrigen Bücher des SGB (außer § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII) weisen keine, jedenfalls keine auf § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII übertragbare rechtliche Festlegung eines Kindbegriffs oder eines Höchstalters für Kinder auf. Der Bedeutungsgehalt des unfallversicherungsrechtlich hier gemeinten Begriffs "Kind" ist damit bereichsspezifisch nach dem Gesetzeskontext unter Berücksichtigung von Systematik, Gesetzeszweck und Historie zu bestimmen. Eine Abgrenzung nach einem Verwandtschaftsgrad (sog Kindschaftsverhältnis) enthält § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII nicht, denn es wird im Wortlaut keine Bezugsperson für eine Verwandtschaft genannt (zB Kind des Versicherten, Kind des Berechtigten).

17

b) Aus der Gesetzgebungsgeschichte (historischen Entwicklung) ergibt sich hingegen der gesetzliche Zweck des Kindbegriffs des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII und derjenige der darin ausgesprochenen Verweisung auf ua § 45 SGB VIII. Danach sollen als Kind nur Personen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen sein, die als Kind iS von § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII erlaubnispflichtige Tageseinrichtungen für Kinder besuchen. Wie die Vorgängerregelung (vgl BT-Drucks 13/2204 S 74 zu § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO in der bis 31.12.1996 geltenden Fassung) enthält der Begriff des Kindes in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII eine Alterskomponente und grenzt den versicherten Personenkreis nach dem Lebensalter ab.

18

aa) Nach § 539 Abs 1 Nr 14 RVO in der ab 1.4.1971 bis 31.12.1996 geltenden Fassung (des Gesetzes über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18.3.1971 - BGBl I 237 - im Folgenden: RVO) waren ua versichert a) Kinder während des Besuchs von Kindergärten, b) Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen. Der Versicherungsschutz für Kinder während des Besuchs von Kindergärten nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO bezog sich nur auf Einrichtungen, die vom durchschnittlichen Alter der Kinder her auf eine vorschulische Erziehung gerichtet waren, wie sie in der Regel drei- bis sechsjährige Kinder in Kindergärten erhalten(vgl hierzu BSG SozR 1500 § 150 Nr 9 = BSGE 44, 203 - 207; BSG SozR 2200 § 1511 Nr 1 = BSGE 47, 281 - 285; BSG vom 12.5.1981 - 2 RU 49/79 -). Die Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes auf Kinder während des Besuchs von Kindergärten war mit der Begründung (s BT-Drucks VI/1333, S 7 zu § 1) erfolgt, dass Reform und Ausbau der vorschulischen Erziehung als erste Stufe des Bildungswesens eine vordringliche bildungspolitische Aufgabe seien. Deswegen fielen jedenfalls solche Einrichtungen nicht unter den Kindergartenbegriff des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO, die vom durchschnittlichen Alter der aufzunehmenden Kinder her keine vorschulische Erziehung bieten konnten(vgl BSG SozR § 105 Nr 9 = BSGE 44, 203 - 207 - JURIS RdNr 20; BSG SozR 2200 § 1511 Nr 1 = BSGE 47, 281 - 285 - JURIS RdNr 20). Dazu gehörten etwa Einrichtungen für Säuglinge und Kleinkinder (zB sog Kinderkrippen) sowie Betreuungsstätten für schulpflichtige Kinder wie zB sog Kinderhorte (vgl BSG aaO). Maßgebend für den Begriff des Kindergartens war folglich, dass die vorschulische Erziehung der Kinder den Charakter der Einrichtung bestimmte (vgl BSG SozR 2200 § 1511 Nr 1 = BSGE 47, 281 - 285 - JURIS RdNr 20).

19

Erfasste mithin § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO Kinder während des Besuchs von Einrichtungen zur vorschulischen Erziehung und damit Kinder im "Vorschulalter", so waren Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst b RVO in den Unfallversicherungsschutz einbezogen. Kinder, die bereits schulische Erziehung erhielten, konnten folglich keinen Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO genießen.

20

bb) § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII idF des UVEG vom 7.8.1996 erweiterte den Kindbegriff über Kinder im Vorschulalter hinaus auf Kinder im Alter von bis zu 13 Jahren (§ 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII) - allerdings nicht auf Jugendliche bzw Kinder bis zur Volljährigkeit (§ 7 Abs 2 SGB VIII) -und auch nicht auf volljährige Personen.

21

In dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum UVEG sollte in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII der Unfallversicherungsschutz "auf alle Tageseinrichtungen im Sinne des § 22 SGB VIII" erstreckt werden. Dabei war vorgesehen, wie bei den Kindergärten auch bei diesen Einrichtungen (Krippen, Horte, altersgemischte Gruppen, kindergartenähnliche Einrichtungen) "zur Abgrenzung die zum SGB VIII erlassenen landesgesetzlichen Regelungen zugrunde zu legen" (vgl BR-Drucks 265/95 S 213; BT-Drucks 13/2204 S 74). Dies wurde ua damit begründet (vgl BR-Drucks 263/95 S 213 und BT-Drucks 13/2204 S 74), dass sich seit dem Inkrafttreten des § 539 Abs 1 Nr 14 RVO im Jahre 1971 die Funktion von Kindertageseinrichtungen erheblich geändert habe. Unter Verweis auf Aussagen des 8. Jugendberichts 1990 und die seit 1991 geltenden Regelungen des SGB VIII wurde nunmehr darauf abgestellt, dass die Aufgabe aller Tageseinrichtungen nach § 22 SGB VIII die Betreuung, Bildung und Erziehung des Kindes sei. Der Hort habe inzwischen einen eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrag und arbeite häufig eng mit der Schule zusammen. Außerdem wurde auf die Möglichkeit altersgemischter Gruppen und die organisatorische Einheit von Krippe, Kindergarten und Hort hingewiesen, was eine eindeutige Abgrenzung der genannten Einrichtungen nicht mehr zulasse.

22

§ 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII idF des Gesetzentwurfs vom 24.8.1995 sah Versicherungsschutz vor für "Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen im Sinne des § 22 des Achten Buches". Dabei war nach § 22 Abs 1 Nr 1 SGB VIII in der damals (seit 1.1.1991 bis 31.12.2004) geltenden Fassung (durch Art 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts vom 26.06.1990 ) unter Hort eine Tageseinrichtung für Kinder im schulpflichtigen Alter zu verstehen (vgl BT-Drucks 11/5948 S 64 zu § 21§ 22 sgb viii> zu Absatz 1). Die geplante Erweiterung des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII durch das UVEG sollte entsprechend der Gesetzesbegründung nicht nur vorschulische Tageseinrichtungen, sondern mit den Horten gerade auch Tageseinrichtungen für Schüler und damit für schulpflichtige Kinder erfassen. Dies wird unterstrichen durch einen Gesetzentwurf über eine Neufassung des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO, den der Bundesrat auf Initiative Sachsens eingebracht hatte(vgl Gesetz zur Ergänzung der Unfallversicherung für Kinder in Horten und Krippen und den übrigen Tageseinrichtungen für Kinder vom 2.2.1995 - BT-Drucks 13/373 S 4; vgl Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen vom 14.12.1994 - BR-Drucks 248/94 vom 22.3.1994 und BR-Drucks 1124/94 vom 14.12.1994). Hintergrund für diesen Neuregelungsentwurf war, dass übergangsrechtliche Regelungen des Einigungsvertrags in den neuen Bundesländern (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr 1 des Einigungsvertrags vom 31.8.1990 iVm Einigungsvertragsgesetz vom 23.9.1990 ) zum 31.12.1991 außer Kraft getreten waren, nach der Schüler bei Teilnahme an der sog "Tageserziehung" gegen Arbeitsunfall versichert waren. Deshalb sollten Kinder in den Tageseinrichtungen iS des § 22 Abs 1 SGB VIII einheitlich unter den Schutz der GUV gestellt werden(vgl BT-Drucks 13/373 S 1). Genannt wurden neben Kindergärten Einrichtungen für Säuglinge und Kleinkinder (Tagesheime, Kinderkrippen, Krabbelstuben) Kinderspielkreise, die an einigen Stunden in der Woche stattfinden, sowie Einrichtungen, in denen Schüler betreut werden, wie Kinderhorte und Kinderheime (vgl BT-Drucks 13/373 S 5).

23

Durch den Verweis auf Tageseinrichtungen iS des § 22 SGB VIII in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII in der Entwurfsfassung vom 24.8.1995 sollten also gerade auch Tageseinrichtungen für Schüler und damit für schulpflichtige Kinder erfasst werden. Allerdings waren als Kinder nach dieser Gesetzesfassung nur Kinder iS von § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII, also Personen unter 14 Jahren, in den Schutz der GUV einbezogen. Kinder iS des § 22 SGB VIII sind nur Kinder nach § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII(vgl so Struck in Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, 3. Aufl 2006 zu § 22 SGB VIII RdNr 4 und 5; Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 6. Aufl 2009 zu § 22 RdNr 5; Mrozynski, Kommentar zum SGB VIII, 5. Aufl 2009 zu § 22 RdNr 9), nicht hingegen Kinder iS von § 7 Abs 2 oder Abs 4 SGB VIII. Denn § 22 SGB VIII trifft weder Regelungen über das elterliche Erziehungsrecht oder das staatliche Wächteramt iS des § 1 Abs 2 SGB VIII noch über die Annahme als Kind iS von § 7 Abs 4 SGB VIII.

24

Damit war auch der Begriff "Kinder" in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII in der Entwurfsfassung des UVEG als "Kinder" iS von § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII zu verstehen. Denn da § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII in dieser Fassung Kinder einbeziehen will, die in bestimmten Einrichtungen für Kinder entsprechend betreut, gebildet und erzogen werden, wäre es sinnwidrig, auch Personen in den Versicherungsschutz einzubeziehen, die gerade nicht zum Adressatenkreis der Verweisungsnorm des § 22 SGB VIII gehören. Anhaltspunkte dafür, dass Versicherungsschutz als "Kinder" im Rechtssinne auch Jugendlichen oder Erwachsenen während des Besuchs von Tageseinrichtungen von Kindern eingeräumt werden sollte, lassen sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Insoweit wäre ein möglicher gesetzgeberischer Wille zur Erweiterung des Versicherungsschutzes über den aufgezeigten Kinderbegriff hinaus jedenfalls nicht im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommen.

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cc) Zwar ist § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII in der soeben dargestellten Fassung des Regierungsentwurfs nicht Gesetz geworden. Die Änderung des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII im weiteren Gesetzgebungsverfahren betraf aber lediglich die von der Norm erfassten Tageseinrichtungen und hat keine Änderung des soeben herausgearbeiteten Kindbegriffs beinhaltet, insbesondere keine Erweiterung der erfassten Altersgruppe über diejenige des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII hinaus. Nach der zum 1.1.1997 in Kraft getretenen Fassung des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII sind versichert "Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen". Versichert sind folglich Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, in denen Kinder (zu ergänzen: iS von § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII) oder Jugendliche (zu ergänzen: iS von § 7 Abs 1 Nr 2 SGB VIII) ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden.

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Auch bei Auslegung dieser Norm gebietet es der Grundsatz der Normklarheit, zur Vermeidung von Widersprüchen den in § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII verwandten Begriff "Kinder" nicht anders auszulegen als den Kinderbegriff in § 45 Abs 1 Satz 1 SGB VIII. Insbesondere ist weder aus den Materialien noch aus den Änderungen des Gesetzeswortlautes ersichtlich, dass der in den Versicherungsschutz der GUV einbezogene Personenkreis der Entwurfsfassung - Kinder iS von § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII - durch eine Änderung der Bezeichnung der erfassten Tageseinrichtungen erweitert werden sollte. Denn die abweichende Bestimmung der Tageseinrichtungen sollte lediglich die Abgrenzung der erfassten Einrichtungen sicherstellen (vgl Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucks 13/2333 Anlage 1 S 4; Zustimmung der BReg in Anlage 2 S 18; ebenso Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung BT-Drucks 13/4853 S 16 zu § 2 Abs 1 Nr 1 Buchst a SGB VII). Der nunmehr im Gesetzestext enthaltene Verweis auf Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 SGB VIII bedarf, wurde vom Gesetzgeber deshalb gewählt, weil Sonderkindergärten für Behinderte, die etwa im BSHG(inzwischen: §§ 53 ff SGB XII) ihre Rechtsgrundlage fanden, ansonsten nicht vom Versicherungsschutz erfasst worden wären (vgl hierzu Ausschussprotokoll des Ausschusses für Frauen und Jugend vom 28.6.1995 S 12; Ausschussprotokoll des Ausschusses Arbeit und Sozialpolitik sowie Familie und Soziales vom 20.6.1996 S 44). So erfolgt etwa auch die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern mit seelischer Behinderung in Kindertagesbetreuung nicht nach den §§ 22 ff SGB VIII, sondern § 35a SGB VIII (vgl so Meysen in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 6. Aufl 2009 zu § 35a RdNr 56; Wiesner in Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, zu § 35a RdNr 121). Die Erstreckung der Versicherung auf Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen im Sinne landesrechtlicher Regelungen sollte vorrangig der landesrechtlichen Zuordnung des Kindergartenwesens zum Bildungsbereich (vgl § 26 Satz 2 SGB VIII) in Bayern Rechnung tragen. Andernfalls wären dort sämtliche Regelkindergärten und schulvorbereitenden Einrichtungen für behinderte Kinder dem Schutzbereich des SGB VII entzogen gewesen (vgl hierzu Ausschussprotokoll des Ausschusses für Frauen und Jugend vom 28.6.1995 S 12 f; Ausschussprotokoll des Ausschusses AS FS vom 20.6.1996 S 44). Diese Einrichtungen für Kinder entsprachen zwar grundsätzlich den Anforderungen an Tageseinrichtungen iS von § 22 SGB VIII, waren aber nicht von § 22 SGB VIII umfasst. Nicht beabsichtigt war dagegen eine Erweiterung des Versicherungsschutzes über die Altersgruppe der Kinder iS des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII hinaus.

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c) Auch wenn junge Volljährige iS von § 7 Abs 1 Nr 3 SGB VIII Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gemäß § 41 SGB VIII erhalten, deren Ausgestaltung gemäß § 41 Abs 2 SGB VIII iVm § 35a Abs 2 Nr 2 SGB VIII "in Tageseinrichtungen für Kinder" als teilstationäre Einrichtung erfolgt, sind sie keine "Kinder" iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII. Dabei erscheint schon fraglich, ob die jungen Volljährigen tatsächlich in Tageseinrichtungen für Kinder aufgenommen werden oder ob es sich insoweit um eine Tageseinrichtung für junge Volljährige handelt, weil § 41 Abs 2 SGB VIII die entsprechende Anwendung des § 35a SGB VIII unter der Maßgabe vorsieht, dass an die Stelle des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt. Ebenso kann offenbleiben, ob besondere Gruppen der Tageseinrichtung zur Förderung junger Volljähriger (sofern solche gebildet werden) rechtlich als Teil der Tageseinrichtung für Kinder zu sehen sind.

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Eine Einbeziehung dieser Personengruppe in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VIII idF des UVEG vom 7.8.1996 findet weder im Gesetzeswortlaut noch in den Materialien eine Stütze. Zudem legen die Normen des § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII, worauf bereits das LSG hingewiesen hat, als erste Tatbestandsvoraussetzungen die für die Versicherung infrage kommenden Personengruppen nach persönlichen Merkmalen fest, Schüler oder Student oder eben "Kind" zu sein. Erst dann werden jeweils die versicherten Tätigkeiten jeder einzelnen Gruppe umschrieben (zB Besuch der allgemeinbildenden Schule oder einer bestimmten Tageseinrichtung). Insoweit unterscheiden sich die Tatbestände des § 2 Abs 1 Nr 8 SGB VII gerade von denen, welche die versicherten Personen allein durch die versicherten Tätigkeiten umschreiben, wie zB § 2 Abs 1 Nr 3, 5, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16 (jeweils: Personen, die …), Nr 1 (Beschäftigte als Personen, die eine Beschäftigung verrichten) oder Nr 2 (Lernende als Personen, die lernen während …). Der Besuch einer (erlaubten) Einrichtung, die als Tageseinrichtung iS von § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII zu sehen ist, begründet Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung daher nicht unabhängig von der Eigenschaft als "Kind", sondern nur, sofern und solange die Person, die die Tageseinrichtung besucht, ein "Kind" im Sinne dieser Vorschrift ist.

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d) Es verstößt schließlich auch nicht gegen Verfassungsrecht, dass das Gesetz als Kinder iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a SGB VII nur Personen bis zu einer bestimmten Altersgrenze und nur während des Besuchs bestimmter Tageseinrichtungen in den Schutz der GUV einbezieht. Die Altersgrenze gilt für behinderte wie nichtbehinderte Kinder gleichermaßen und knüpft daher nicht verbotenerweise an die Behinderung an (vgl Art 3 Abs 3 Satz 2 GG). So entfällt der Unfallversicherungsschutz, sofern nicht § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst b SGB VII eingreift, auch für einen Jugendlichen mit Vollendung des 14. Lebensjahres während des Hortbesuchs, unabhängig davon, ob der (nicht behinderte) Jugendliche den üblichen Reifegrad eines 14-jährigen erreicht und damit diese Entwicklungsstufe abgeschlossen hat.

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Junge geistig behinderte Volljährige fallen auch nicht aus einem "gewöhnlichen" (gleichsam lückenlos) unter Schutz der GUV stehenden Entwicklungsablauf (als Folge einer "sachwidrigen Ungleichbehandlung") heraus. Entgegen der von der Revision geäußerten Auffassung spiegelt § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a bis Buchst c SGB VII schon nicht "den" oder einen gewöhnlichen Entwicklungsablauf eines jungen Menschen wider. Denn weder ist ein Hochschulstudium die Regel, noch ist der Besuch von Tageseinrichtungen bzw Kindergärten stets zu erwarten. Überschneidungen sind gerade mit Blick auf § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst a und Buchst b SGB VII denkbar, etwa bei Besuch eines Kinderhorts neben dem Schulbesuch. Dass der Gesetzgeber bei (jüngeren) Kindern bzw Kindern iS des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB VIII einen größeren Schutzbedarf (im Sinne einer Typisierung) im Rahmen der außerschulischen Betreuung und Erziehung in bestimmten Einrichtungen gesehen hat als bei älteren Kindern, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Gegenteil erscheint eine Differenzierung des Unfallversicherungsschutzes je nach erreichtem individuellen Entwicklungsstand oder Reifegrad nicht praktikabel und müsste einer gesetzgeberischen Regelung vorbehalten bleiben.

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Dass der Gesetzgeber im Übrigen die Frage des Unfallversicherungsschutzes von behinderten Menschen in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen Tageseinrichtungen übersehen hätte, kann nicht angenommen werden. Dagegen spricht schon, dass Anregungen im Gesetzgebungsverfahren zum UVEG nicht aufgegriffen wurden, behinderte Menschen in Tagesförderstätten bzw Tageseinrichtungen sowie in Tageseinrichtungen für psychisch kranke bzw seelisch behinderte Personen umfassend in den Schutz der GUV einzubeziehen (vgl Bericht zu den Beratungen im Ausschuss BT-Drucks 13/4853 S 16 unter A 4.).

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Bei der Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG hat der Senat den verwaltungsverfahrensrechtlichen Fehler der Beklagten im Sinne des Verursacherprinzips berücksichtigt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.