Sozialgericht Dortmund Urteil, 26. Feb. 2014 - S 40 KR 234/08

ECLI:ECLI:DE:SGDO:2014:0226.S40KR234.08.00
bei uns veröffentlicht am26.02.2014

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.


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Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Dortmund Urteil, 26. Feb. 2014 - S 40 KR 234/08

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Dortmund Urteil, 26. Feb. 2014 - S 40 KR 234/08

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
Sozialgericht Dortmund Urteil, 26. Feb. 2014 - S 40 KR 234/08 zitiert 63 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 100


(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 8 Ermittlung des Einkommens


(1) 1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes. 2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Be

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. „geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Die

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 39 Krankenhausbehandlung


(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17


(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 33 Hilfsmittel


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen od

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen


Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:1.a)die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),b)die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer sein

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen


(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. (2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 51


(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 69 Anwendungsbereich


(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der B

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 33 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 37 Häusliche Krankenpflege


(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 44b Gemeinsame Einrichtung


(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 5 Befreiungen


(1) Von der Körperschaftsteuer sind befreit1.das Bundeseisenbahnvermögen, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband nach § 2 Absatz 1 des Erdölbevorratungsgesetzes vom 16. Januar 2012 (BGBl. I S. 74) in der jeweils geltende

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 1 Unbeschränkte Steuerpflicht


(1) Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben: 1. Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, A

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 11 Leistungsarten


(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen 1. bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 28 Ärztliche und zahnärztliche Behandlung


(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 4 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts


(1) 1Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerha

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 53 Wahltarife


(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vor

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 55 Leistungsanspruch


(1) Versicherte haben nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 18 Kostenübernahme bei Behandlung außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum


(1) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen W

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Sozialgericht Dortmund Urteil, 26. Feb. 2014 - S 40 KR 234/08 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2006 - I ZR 83/03

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2003 - KZR 38/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 38/02 Verkündet am: 4. November 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Stro

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2005 - I ZR 170/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 170/02 Verkündet am: 21. Juli 2005 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2002 - I ZR 250/00

bei uns veröffentlicht am 25.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 250/00 Verkündet am: 25. April 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: j

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2002 - KZR 30/00

bei uns veröffentlicht am 09.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 30/00 Verkündet am: 9. Juli 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Fernwär

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2009 - I ZR 152/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 152/07 Verkündet am: 2. Dezember 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 293/99

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Sept. 2007 - KZR 48/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 48/05 Verkündet am: 25. September 2007 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Rettung

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Jan. 2009 - I ZR 141/06

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 141/06 Verkündet am: 15. Januar 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2006 - I ZR 171/03

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Apr. 2013 - L 4 KR 48/12

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Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen und die hilfsweise erhobene Klage wird verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für ein Elektromobi

Bundessozialgericht Urteil, 12. März 2013 - B 1 A 2/12 R

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Bundessozialgericht Urteil, 12. Sept. 2012 - B 3 KR 10/12 R

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Bundessozialgericht Urteil, 15. März 2012 - B 3 KR 13/11 R

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Tenor Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18. Juli 2011 - S 1 KR 325/10 - wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Beschluss, 28. Sept. 2010 - B 1 SF 1/10 R

bei uns veröffentlicht am 28.09.2010

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 22. Juni 2010 - B 1 A 1/09 R

bei uns veröffentlicht am 22.06.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, eine Satzungsänderung zu genehmigen. 2

Referenzen

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen

1.
bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2.
zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3.
zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4.
zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5.
des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.

(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.

(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten oder bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Absatz 2 die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege nach § 63b Absatz 6 Satz 1 des Zwölften Buches durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegekräfte sicherstellen. Ist bei stationärer Behandlung die Anwesenheit einer Begleitperson aus medizinischen Gründen notwendig, eine Mitaufnahme in die stationäre Einrichtung jedoch nicht möglich, kann die Unterbringung der Begleitperson auch außerhalb des Krankenhauses oder der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art und Dauer der Leistungen für eine Unterbringung nach Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen; die Kosten dieser Leistungen dürfen nicht höher sein als die für eine Mitaufnahme der Begleitperson in die stationäre Einrichtung nach Satz 1 anfallenden Kosten.

(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche; dies umfasst auch die fachärztliche Anschlussversorgung. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a des Elften Buches zu gewährleisten. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach § 140a nicht bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.

(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. Dies gilt auch in Fällen des § 12a des Siebten Buches.

(6) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität im Bereich der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation (§§ 23, 40), der Leistungen von Hebammen bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 24d), der künstlichen Befruchtung (§ 27a), der zahnärztlichen Behandlung ohne die Versorgung mit Zahnersatz (§ 28 Absatz 2), bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln (§ 34 Absatz 1 Satz 1), mit Heilmitteln (§ 32), mit Hilfsmitteln (§ 33) und mit digitalen Gesundheitsanwendungen (§ 33a), im Bereich der häuslichen Krankenpflege (§ 37) und der Haushaltshilfe (§ 38) sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern vorsehen. Die Satzung muss insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistung bestimmen; sie hat hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen sind von den Krankenkassen in ihrer Rechnungslegung gesondert auszuweisen.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Der Anspruch auf Krankengeld ruht in diesem Fall nicht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 kann die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen.

(3) Ist während eines vorübergehenden Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die Krankenkasse dies vor Beginn des Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum festgestellt hat. Die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären, und nur für längstens sechs Wochen im Kalenderjahr übernommen werden. Eine Kostenübernahme ist nicht zulässig, wenn Versicherte sich zur Behandlung ins Ausland begeben. Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für Auslandsaufenthalte, die aus schulischen oder Studiengründen erforderlich sind; die Kosten dürfen nur bis zu der Höhe übernommen werden, in der sie im Inland entstanden wären.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

I. Die klagende Krankenkasse (KK) wendet sich gegen einen Auskunftsbeschluss der beklagten Bundesrepublik Deutschland (Bundeskartellamt).

2

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) hat die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zum 1.1.2009 durch Einführung eines Gesundheitsfonds neu geregelt. Danach verwaltet das Bundesversicherungsamt (BVA) den Gesundheitsfonds als Sondervermögen (§ 271 Abs 1 SGB V). Aus dem Fonds erhalten die KKn Zuweisungen zur Deckung ihrer Aufwendungen (§ 270 Abs 1 SGB V). Ab 1.1.2009 legt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung den allgemeinen Beitragssatz nach Auswertung der Ergebnisse eines beim BVA gebildeten Schätzerkreises fest (§ 241 Abs 1 SGB V). Soweit die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds den Finanzbedarf einer KK übersteigen, kann sie in ihrer Satzung bestimmen, dass Prämien an ihre Mitglieder ausgezahlt werden (§ 242 Abs 2 Satz 1 SGB V). Soweit der Finanzbedarf einer KK durch die Zuweisungen aus dem Fonds nicht gedeckt ist, hat sie in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein Zusatzbeitrag erhoben wird (§ 242 Abs 1 Satz 1 SGB V).

3

Die Klägerin informierte zusammen mit Vertretern anderer, insgesamt neun KKn am 25.1.2010 in Berlin in einer Pressekonferenz über das Thema "Finanzentwicklung in der GKV - Einstieg in den Zusatzbeitrag". Die anwesenden Vertreter der KKn gaben eine Presseerklärung ab, wonach 2010 Zusatzbeiträge die Regel würden. Fast alle KKn müssten bis Ende des Jahres 2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich rund acht Euro erheben. Das erwarteten Gesundheitsökonomen und andere Experten. Die Klägerin erhebt von ihren Mitgliedern seit 1.2.2010 einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich 8 Euro. Die Beklagte gab der Klägerin daraufhin unter Hinweis auf § 59 iVm §§ 1, 32 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf, einen Fragenkatalog zu beantworten sowie Daten und Unterlagen im Zusammenhang mit der Erhebung des Zusatzbeitrages und dessen Bekanntgabe gemeinsam mit acht weiteren KKn in einer Pressekonferenz zu übermitteln, da der Anfangsverdacht einer nach § 1 GWB unzulässigen Preisabsprache zwischen Unternehmen bestehe(Beschluss des Bundeskartellamts vom 17.2.2010).

4

Die Klägerin beruft sich mit ihrer Klage gegen den Auskunftsbeschluss beim Hessischen LSG auf die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts als Trägerin der Sozialversicherung. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als unzulässig gerügt und Verweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht Düsseldorf beantragt. Das LSG hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht (Beschluss vom 1.6.2010).

5

Gegen diesen Rechtswegbeschluss richtet sich nunmehr die vom LSG zugelassene Rechtswegbeschwerde der Beklagten. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Kernfrage, ob KKn bei Koordinierung ihrer Beitragserhöhung als Unternehmen anzusehen seien, richte sich streitentscheidend nach kartellrechtlichen Normen. § 63 GWB, dessen Voraussetzungen erfüllt seien, gehe anderen Bestimmungen des Rechtswegs vor. Dass sich die Klägerin auf die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts berufe, sei unerheblich.

6

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Juni 2010 aufzuheben, den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Düsseldorf zu verweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

II. Die Rechtswegbeschwerde der beklagten Bundesrepublik, vertreten durch das Bundeskartellamt, gegen den Beschluss des LSG vom 1.6.2010 ist statthaft und zulässig (dazu 1.), jedoch unbegründet (dazu 2.). Im Rahmen der Rechtswegbeschwerde ist (noch) nicht darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zu Recht die Anwendbarkeit des GWB bei Verdacht koordinierter Ankündigung von KKn bejaht hat, Zusatzbeiträge zu erheben. Zu klären ist nur, ob die Klägerin gegen die Entscheidung der Beklagten den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschreiten darf. Dies ist der Fall. Für das Rechtsschutzbegehren der klagenden BKK gegen den Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamts ist gemäß § 51 SGG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

10

1. Die Beklagte hat mit ihrer Beschwerde zum BSG nach § 17a Abs 4 Satz 4 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) den statthaften Rechtsbehelf gegen die Rechtswegentscheidung des LSG eingelegt.

11

Ist nach Anrufung eines Gerichts streitig, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, kann das Gericht vorab aussprechen, dass es den beschrittenen Rechtsweg für zulässig hält (vgl § 17a Abs 3 Satz 1 GVG). Das Gericht muss vorab entscheiden, wenn eine Partei bzw ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt (vgl § 17a Abs 3 Satz 2 GVG). Gegen einen solchen Beschluss ist gemäß § 17a Abs 4 Satz 3 GVG die "sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben". Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluss des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluss zugelassen worden ist (§ 17a Abs 4 Satz 4 GVG). Für das sozialgerichtliche Verfahren bedeutet dies, dass gegen einen Rechtswegbeschluss des LSG binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim BSG schriftlich die zugelassene Beschwerde durch einen postulationsfähigen Vertreter einzulegen ist.

12

So liegt der Fall hier. Das angerufene LSG hat vorab entschieden, dass der von der klagenden KK gegen den angefochtenen Beschluss des Bundeskartellamts zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Es hat die Rechtswegbeschwerde zum BSG zugelassen. Hieran ist der erkennende Senat gemäß § 17a Abs 4 Satz 6 GVG gebunden. Die Beklagte hat hiergegen form- und fristgerecht Beschwerde zum BSG eingelegt. Der erkennende Senat hat darüber zu entscheiden, ob das LSG den Sozialrechtsweg zu Recht für zulässig angesehen hat. Diese Frage ist zu bejahen.

13

2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten ist der Sozialrechtsweg eröffnet, da § 51 Abs 1 Satz 2 SGG den Rechtsstreit den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuordnet(dazu a). Die hierdurch begründete Zuständigkeit ist gegenüber derjenigen der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit aus § 63 GWB spezieller(dazu b).

14

a) Der vorliegende Streit ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der GKV (§ 51 Abs 1 Nr 2 SGG). Nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten ua in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Eine Ausnahme ist insoweit nur für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 SGB V aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen vorgesehen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser gelten. Des Weiteren entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. § 87 GWB findet ausdrücklich keine Anwendung(vgl § 51 Abs 2 Satz 1 und 2 SGG idF durch Art 1 Nr 11 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444).

15

Bereits der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat oder öffentlich-rechtlicher Art, weist sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der KKn, der unmittelbar ihre öffentliche Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu. Ihre umfassende Zuständigkeit wird durch die Entwicklungsgeschichte der Norm bestätigt (vgl ausführlich zur Entwicklung der Zuständigkeit für das Leistungserbringungsrecht BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 56 ff und zB Engelmann, NZS 2000, 213 ff; derselbe in: jurisPK-SGB V, § 69 RdNr 152 ff; ebenso Möschel, JZ 2007, 601, 604 ff aus Sicht des Kartellrechts mit der Forderung nach Beseitigung der Rechtswegzuweisung an die Sozialgerichte). Die Zuständigkeitsvorschriften des SGG einschließlich des § 51 SGG sind zwingend und begründen ausschließliche Zuständigkeiten(allgM, vgl zB BSG SozEntsch BSG 1/4 § 51 Nr 17; speziell zu § 51 SGG zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 56).

16

Die in § 51 Abs 1 SGG enthaltene Zuweisungsklausel umfasst ua alle Streitigkeiten, die aus Anlass der Durchführung der öffentlichen Aufgabe "Sozialversicherung" entstehen, sofern die Streitigkeiten ihre materiell-rechtliche Grundlage im Sozialversicherungsrecht haben(vgl zB bereits zur früheren Rechtslage BVerwG Urteil vom 17.12.1959 - 1 C 96.56 - NJW 1960, 1409 f; BVerwG Urteil vom 6.2.1986 - 3 C 74.84 - NVwZ 1986, 467). Hier ist speziell eine Angelegenheit der Krankenversicherung betroffen, nämlich der Anspruch auf kompetenzgerechte Aufsicht, und nicht - wie die Beklagte meint - eine Angelegenheit lediglich kartellrechtlicher Natur, für die der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 63 GWB) eröffnet wäre.

17

Maßgebend für die Zuordnung zu den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art in Angelegenheiten der Sozialversicherung ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (BSGE 58, 247, 248 = SozR 1500 § 51 Nr 38 S 59), nicht - wie die Beklagte (unter Hinweis auf LSG Hamburg, Beschluss vom 25.8.2010 - L 1 KR 22/10 KL) meint - ihr Verteidigungsvorbringen. Die Maßgeblichkeit der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, harmoniert mit der bisherigen Rechtsprechung zu Parallelfällen. So richtet sich die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt (vgl GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108 = BGHZ 108, 284, 286). Die Klägerin leitet ihr Klagebegehren aus dem im materiellen Sozialrecht begründeten Recht auf Selbstverwaltung in Form des Anspruchs auf Unterlassung kompetenzwidriger Aufsicht im Zusammenhang mit der Erhebung von Zusatzbeiträgen und ihrer Pflicht zur Kooperation mit anderen KKn her, nicht aber aus dem Kartellrecht. Sie begehrt die Aufhebung einer Auskunftsanordnung mit der Rechtsbehauptung, dass sie - als KK - zusammen mit anderen KKn über anstehende Einführungen von Zusatzbeiträgen informieren darf, ohne Anordnungen der Beklagten ausgesetzt zu sein, der hierfür die Zuständigkeit fehlt. Damit bezieht sie sich auf ihr Rechtsverhältnis als Sozialversicherungsträger zur Staatsverwaltung, das herkömmlich durch die Rechtsfiguren Selbstverwaltung (eigener Wirkungsbereich), Weisungsfreiheit und Beschränkung auf Körperschaftsaufsicht (Rechtsaufsicht) gekennzeichnet wird (§§ 29, 87 SGB IV).

18

Die Klägerin ist als Krankenversicherungsträger und damit als Träger der Sozialversicherung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs 1 SGB IV, § 4 Abs 1 SGB V). In Verbindung mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit folgt aus der grundsätzlichen Verleihung des Rechts zur Selbstverwaltung, dass die Versicherungsträger ein subjektives Recht gegenüber der Staatsverwaltung auf Wahrung ihrer gesetzlich eingeräumten Kompetenzen haben (Krause in: Gleitze/Krause/von Maydell/Merten, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch, SGB IV, 2. Aufl 1992, § 29 RdNr 27). Dieses Recht können sie im Sozialrechtsweg verteidigen bzw durch Feststellungsklage geltend machen, wenn es von der staatlichen Exekutive nicht respektiert oder der ihnen zur Eigenverantwortung überlassene Wirkungsbereich unzulässig eingeschränkt wird (BSGE 58, 247 = SozR 1500 § 51 Nr 38). Das gilt auch, soweit weitergehende Aufsichtsmaßnahmen und sie vorbereitende Akte - wie hier die Auskunftsanordnung - sich auf das Gebiet der Kooperation von KKn bei Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben erstrecken. So ist zu Recht für Streitigkeiten, bei denen es im Kern etwa um die Pflicht von KKn zur engen Zusammenarbeit geht, allgemein anerkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (vgl zum Streit zwischen KKn über zulässige Mitgliederwerbung zB GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 110 = BGHZ 108, 284, 289). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Konkurrenzverhältnis zwischen den KKn einem Sonderrecht der Träger öffentlicher Aufgaben unterworfen ist, nämlich sozialversicherungsrechtlichen Normen, die den Interessen der Allgemeinheit dienen (vgl GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108 f = BGHZ 108, 284, 287).

19

Zum Recht auf Selbstverwaltung gehört das Recht der Klägerin auf Unterlassung kompetenzwidriger Aufsichtsmaßnahmen, das Recht auf Erhebung eines Zusatzbeitrags von ihren Mitgliedern kraft Satzungsbestimmung bei Finanzbedarf (§ 242 Abs 1 Satz 1 SGB V) und das Recht, das eigene Verhalten an der Pflicht der KKn zur Zusammenarbeit auszurichten, speziell im Zusammenhang mit einer möglichen Koordinierung des Termins zur Einführung von KKn-Zusatzbeiträgen. Im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV arbeiten die KKn und ihre Verbände sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 SGB V). Die Auskunftsanordnung des Bundeskartellamts zielt darauf ab, ein Verfahren vorzubereiten, in dem es im Kern um das Recht und die Reichweite der Pflicht der Klägerin geht, mit anderen KKn bei der Einführung von Zusatzbeiträgen eng zusammenzuarbeiten. Das Bundeskartellamt nimmt insoweit Hoheitsbefugnisse für sich in Anspruch, zu denen die Klägerin vorträgt, sie verletzten mangels Kompetenz ihr Selbstverwaltungsrecht. Nur in diesem Zusammenhang, wenn der Klägerin ein Recht darauf zusteht, dass kompetenzwidrige Aufsichtsmaßnahmen unterbleiben, ist zu prüfen, ob die Normen des GWB Aufsichtsrechte über KKn bei Ausübung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungstätigkeit begründen. Das Verwaltungshandeln der Klägerin, das die Beklagte zum Anlass ihrer Anordnung genommen hat und rechtlich hinterfragt, ist Ausprägung dieser dem Sozialversicherungsrecht, dem SGB V entstammenden Rechtspflicht zur Kooperation. Verstöße gegen die Pflicht der KKn, eng zusammenzuarbeiten, unterliegen zwar der Rechtsaufsicht durch die zuständigen Aufsichtbehörden. Die betroffenen KKn können sich aber hiergegen und erst recht gegen Maßnahmen unzuständiger Behörden vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Abs 1 SGG)mit der eigens hierfür vorgesehenen Aufsichtsklage wehren (vgl § 29 Abs 2 Nr 2, § 54 Abs 3 SGG). Nur deshalb, weil das hierzu berufene Gericht alle Normen des Aufsichtsrechts über KKn durchzuprüfen hat und sich die Beklagte auf das GWB beruft, ist der Rechtsstreit entgegen der Ansicht der Beklagten kein solcher nach § 63 GWB. Es bliebe die - wie dargelegt - allein maßgebliche Natur des Rechtsverhältnisses unbeachtet, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Klägerin macht nämlich gerade geltend, dass ein von außen "in das Sozialrecht einbrechender" Rechtsakt vorliegt, der die dort bestehenden aufsichtsrechtlichen Strukturen und Befugnisse verkennt.

20

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Zuständigkeit nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG auch nicht durch die in § 63 GWB geregelte Zuständigkeit verdrängt. Vielmehr ist § 51 Abs 1 Nr 2 SGG gegenüber der GWB-Regelung beim Streit über einen Anspruch aus dem Selbstverwaltungsrecht von Sozialversicherungsträgern auf Unterlassen kompetenzwidriger Aufsichtsmaßnahmen spezieller. Denn § 51 Abs 1 Nr 2 SGG kommt die spezifische Aufgabe zu, Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Aufsicht über die Selbstverwaltungsträger, die im Selbstverwaltungsrecht dieser Träger wurzeln, der Sozialgerichtsbarkeit zuzuordnen. Diese Aufgabe hat Vorrang gegenüber den allgemeinen, hinsichtlich der Ausgestaltung der Aufsicht über sozialversicherungsrechtliche Selbstverwaltungsträger unspezifischen Regelungen des GWB ganz unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt anwendbar sind oder - mangels Unternehmenseigenschaft der KKn - gerade nicht (vgl dazu zB BSG Urteil vom 22.6.2010 - B 1 A 1/09 R - RdNr 22 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 53 Nr 1 bestimmt).

21

Nur scheinbar steht dieser Auslegung der Wortlaut der GWB-Norm entgegen. Denn es geht um die Konkurrenz zweier Regelungen - § 51 Abs 1 Nr 2 SGG und § 63 GWB -, die beide jeweils ausschließliche, aber divergierende Zuständigkeiten begründen. Solche Normkollisionen sind nach dem Grundsatz des ausdrücklich angeordneten spezielleren Rechtsweges zu entscheiden (vgl BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 50). Das ist beim Streit über einen Anspruch auf kompetenzgemäße Aufsicht sozialversicherungsrechtlicher Selbstverwaltungsträger der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

22

Für den Vorrang des § 51 SGG spricht letztlich - wenn auch nur ergänzend - auch, dass der Gesetzgeber selbst für das Leistungserbringungsrecht die Anwendbarkeit des GWB über den gerichtlichen Rechtsschutz gezielt ausgeschlossen hat. Wenn der Gesetzgeber dies schon für das Leistungserbringungsrecht geregelt hat, gilt dieser Grundsatz erst recht für das Aufsichtsrecht. Der Gesetzgeber nahm für mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) ua in § 51 SGG ab 1.1.2000 prozessrechtliche Klarstellungen vor: Er erweiterte § 51 Abs 2 SGG um den Satz: "§§ 87 und 96 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen finden keine Anwendung". § 87 Abs 1 GWB begründet die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung des GWB, der Art 81, 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Art 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen. Diese Vorschrift wurde durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 um den Zusatz ergänzt, dass dies nicht gilt für Rechtsstreitigkeiten aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsbeziehungen, auch soweit Rechte Dritter betroffen sind. Die auf eine Anregung des Ausschusses für Gesundheit zurückgehenden Ergänzungen bei § 51 Abs 2 SGG und § 87 GWB wurden zusammenfassend wie folgt begründet: Die Ergänzung stelle auch im GWB klar, dass für die sich aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsbeziehungen ergebenden Rechtsstreitigkeiten die Sozialgerichte bzw die Verwaltungsgerichte zuständig seien(vgl BT-Drucks 14/1977 S 189 zu Art 10a). Auch das SGGArbGGÄndG hat der Gesetzgeber nicht zum Anlass genommen, in Kenntnis der Problematik etwas an der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zu ändern. Er hat lediglich in § 51 Abs 2 Satz 2 SGG die Bezugnahme auf § 96 GWB beseitigt, da die Norm inzwischen weggefallen ist(vgl zum Ganzen BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 61 ff).

23

Nach dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 GWB ist die Beschwerde gegen Verfügungen der Kartellbehörde zulässig. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten (§ 54 Abs 2 und 3 GWB)zu. Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 GWB ausschließlich das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie richtet(§ 63 Abs 4 Satz 1 GWB).

24

Die Regelung betrifft aber lediglich den Regelfall, in dem am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligte nicht anderweitig geregelten, ausschließlichen und spezielleren gesetzlich konzipierten Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Wie dargelegt geht es um einen solchen Ausnahmefall gerade im vorliegenden Rechtsstreit. Soweit das Vorbringen der Beklagten die Anwendbarkeit des § 63 GWB voraussetzt, ist es dementsprechend ohne Belang.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. § 17b Abs 2 Satz 1 GVG, wonach bei Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die Kosten vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird, findet bei Beschlüssen nach § 17a GVG keine Anwendung, wenn der beschrittene Rechtsweg für zulässig erachtet wird(vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15; BGH NJW 1993, 2541, 2542; Ehlers in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand November 2009, § 17a GVG RdNr 35 mwN).

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

I. Die klagende Krankenkasse (KK) wendet sich gegen einen Auskunftsbeschluss der beklagten Bundesrepublik Deutschland (Bundeskartellamt).

2

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) hat die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zum 1.1.2009 durch Einführung eines Gesundheitsfonds neu geregelt. Danach verwaltet das Bundesversicherungsamt (BVA) den Gesundheitsfonds als Sondervermögen (§ 271 Abs 1 SGB V). Aus dem Fonds erhalten die KKn Zuweisungen zur Deckung ihrer Aufwendungen (§ 270 Abs 1 SGB V). Ab 1.1.2009 legt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung den allgemeinen Beitragssatz nach Auswertung der Ergebnisse eines beim BVA gebildeten Schätzerkreises fest (§ 241 Abs 1 SGB V). Soweit die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds den Finanzbedarf einer KK übersteigen, kann sie in ihrer Satzung bestimmen, dass Prämien an ihre Mitglieder ausgezahlt werden (§ 242 Abs 2 Satz 1 SGB V). Soweit der Finanzbedarf einer KK durch die Zuweisungen aus dem Fonds nicht gedeckt ist, hat sie in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein Zusatzbeitrag erhoben wird (§ 242 Abs 1 Satz 1 SGB V).

3

Die Klägerin informierte zusammen mit Vertretern anderer, insgesamt neun KKn am 25.1.2010 in Berlin in einer Pressekonferenz über das Thema "Finanzentwicklung in der GKV - Einstieg in den Zusatzbeitrag". Die anwesenden Vertreter der KKn gaben eine Presseerklärung ab, wonach 2010 Zusatzbeiträge die Regel würden. Fast alle KKn müssten bis Ende des Jahres 2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich rund acht Euro erheben. Das erwarteten Gesundheitsökonomen und andere Experten. Die Klägerin erhebt von ihren Mitgliedern seit 1.2.2010 einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich 8 Euro. Die Beklagte gab der Klägerin daraufhin unter Hinweis auf § 59 iVm §§ 1, 32 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf, einen Fragenkatalog zu beantworten sowie Daten und Unterlagen im Zusammenhang mit der Erhebung des Zusatzbeitrages und dessen Bekanntgabe gemeinsam mit acht weiteren KKn in einer Pressekonferenz zu übermitteln, da der Anfangsverdacht einer nach § 1 GWB unzulässigen Preisabsprache zwischen Unternehmen bestehe(Beschluss des Bundeskartellamts vom 17.2.2010).

4

Die Klägerin beruft sich mit ihrer Klage gegen den Auskunftsbeschluss beim Hessischen LSG auf die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts als Trägerin der Sozialversicherung. Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als unzulässig gerügt und Verweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht Düsseldorf beantragt. Das LSG hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht (Beschluss vom 1.6.2010).

5

Gegen diesen Rechtswegbeschluss richtet sich nunmehr die vom LSG zugelassene Rechtswegbeschwerde der Beklagten. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Kernfrage, ob KKn bei Koordinierung ihrer Beitragserhöhung als Unternehmen anzusehen seien, richte sich streitentscheidend nach kartellrechtlichen Normen. § 63 GWB, dessen Voraussetzungen erfüllt seien, gehe anderen Bestimmungen des Rechtswegs vor. Dass sich die Klägerin auf die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts berufe, sei unerheblich.

6

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Juni 2010 aufzuheben, den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Düsseldorf zu verweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

9

II. Die Rechtswegbeschwerde der beklagten Bundesrepublik, vertreten durch das Bundeskartellamt, gegen den Beschluss des LSG vom 1.6.2010 ist statthaft und zulässig (dazu 1.), jedoch unbegründet (dazu 2.). Im Rahmen der Rechtswegbeschwerde ist (noch) nicht darüber zu entscheiden, ob die Beklagte zu Recht die Anwendbarkeit des GWB bei Verdacht koordinierter Ankündigung von KKn bejaht hat, Zusatzbeiträge zu erheben. Zu klären ist nur, ob die Klägerin gegen die Entscheidung der Beklagten den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschreiten darf. Dies ist der Fall. Für das Rechtsschutzbegehren der klagenden BKK gegen den Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamts ist gemäß § 51 SGG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

10

1. Die Beklagte hat mit ihrer Beschwerde zum BSG nach § 17a Abs 4 Satz 4 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) den statthaften Rechtsbehelf gegen die Rechtswegentscheidung des LSG eingelegt.

11

Ist nach Anrufung eines Gerichts streitig, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, kann das Gericht vorab aussprechen, dass es den beschrittenen Rechtsweg für zulässig hält (vgl § 17a Abs 3 Satz 1 GVG). Das Gericht muss vorab entscheiden, wenn eine Partei bzw ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt (vgl § 17a Abs 3 Satz 2 GVG). Gegen einen solchen Beschluss ist gemäß § 17a Abs 4 Satz 3 GVG die "sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben". Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluss des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluss zugelassen worden ist (§ 17a Abs 4 Satz 4 GVG). Für das sozialgerichtliche Verfahren bedeutet dies, dass gegen einen Rechtswegbeschluss des LSG binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim BSG schriftlich die zugelassene Beschwerde durch einen postulationsfähigen Vertreter einzulegen ist.

12

So liegt der Fall hier. Das angerufene LSG hat vorab entschieden, dass der von der klagenden KK gegen den angefochtenen Beschluss des Bundeskartellamts zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Es hat die Rechtswegbeschwerde zum BSG zugelassen. Hieran ist der erkennende Senat gemäß § 17a Abs 4 Satz 6 GVG gebunden. Die Beklagte hat hiergegen form- und fristgerecht Beschwerde zum BSG eingelegt. Der erkennende Senat hat darüber zu entscheiden, ob das LSG den Sozialrechtsweg zu Recht für zulässig angesehen hat. Diese Frage ist zu bejahen.

13

2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten ist der Sozialrechtsweg eröffnet, da § 51 Abs 1 Satz 2 SGG den Rechtsstreit den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuordnet(dazu a). Die hierdurch begründete Zuständigkeit ist gegenüber derjenigen der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit aus § 63 GWB spezieller(dazu b).

14

a) Der vorliegende Streit ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der GKV (§ 51 Abs 1 Nr 2 SGG). Nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten ua in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Eine Ausnahme ist insoweit nur für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 SGB V aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen vorgesehen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser gelten. Des Weiteren entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. § 87 GWB findet ausdrücklich keine Anwendung(vgl § 51 Abs 2 Satz 1 und 2 SGG idF durch Art 1 Nr 11 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444).

15

Bereits der umfassende Wortlaut, der alle die GKV betreffenden Angelegenheiten erfasst, seien sie privat oder öffentlich-rechtlicher Art, weist sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der KKn, der unmittelbar ihre öffentliche Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu. Ihre umfassende Zuständigkeit wird durch die Entwicklungsgeschichte der Norm bestätigt (vgl ausführlich zur Entwicklung der Zuständigkeit für das Leistungserbringungsrecht BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 56 ff und zB Engelmann, NZS 2000, 213 ff; derselbe in: jurisPK-SGB V, § 69 RdNr 152 ff; ebenso Möschel, JZ 2007, 601, 604 ff aus Sicht des Kartellrechts mit der Forderung nach Beseitigung der Rechtswegzuweisung an die Sozialgerichte). Die Zuständigkeitsvorschriften des SGG einschließlich des § 51 SGG sind zwingend und begründen ausschließliche Zuständigkeiten(allgM, vgl zB BSG SozEntsch BSG 1/4 § 51 Nr 17; speziell zu § 51 SGG zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 56).

16

Die in § 51 Abs 1 SGG enthaltene Zuweisungsklausel umfasst ua alle Streitigkeiten, die aus Anlass der Durchführung der öffentlichen Aufgabe "Sozialversicherung" entstehen, sofern die Streitigkeiten ihre materiell-rechtliche Grundlage im Sozialversicherungsrecht haben(vgl zB bereits zur früheren Rechtslage BVerwG Urteil vom 17.12.1959 - 1 C 96.56 - NJW 1960, 1409 f; BVerwG Urteil vom 6.2.1986 - 3 C 74.84 - NVwZ 1986, 467). Hier ist speziell eine Angelegenheit der Krankenversicherung betroffen, nämlich der Anspruch auf kompetenzgerechte Aufsicht, und nicht - wie die Beklagte meint - eine Angelegenheit lediglich kartellrechtlicher Natur, für die der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 63 GWB) eröffnet wäre.

17

Maßgebend für die Zuordnung zu den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art in Angelegenheiten der Sozialversicherung ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (BSGE 58, 247, 248 = SozR 1500 § 51 Nr 38 S 59), nicht - wie die Beklagte (unter Hinweis auf LSG Hamburg, Beschluss vom 25.8.2010 - L 1 KR 22/10 KL) meint - ihr Verteidigungsvorbringen. Die Maßgeblichkeit der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, harmoniert mit der bisherigen Rechtsprechung zu Parallelfällen. So richtet sich die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt (vgl GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108 = BGHZ 108, 284, 286). Die Klägerin leitet ihr Klagebegehren aus dem im materiellen Sozialrecht begründeten Recht auf Selbstverwaltung in Form des Anspruchs auf Unterlassung kompetenzwidriger Aufsicht im Zusammenhang mit der Erhebung von Zusatzbeiträgen und ihrer Pflicht zur Kooperation mit anderen KKn her, nicht aber aus dem Kartellrecht. Sie begehrt die Aufhebung einer Auskunftsanordnung mit der Rechtsbehauptung, dass sie - als KK - zusammen mit anderen KKn über anstehende Einführungen von Zusatzbeiträgen informieren darf, ohne Anordnungen der Beklagten ausgesetzt zu sein, der hierfür die Zuständigkeit fehlt. Damit bezieht sie sich auf ihr Rechtsverhältnis als Sozialversicherungsträger zur Staatsverwaltung, das herkömmlich durch die Rechtsfiguren Selbstverwaltung (eigener Wirkungsbereich), Weisungsfreiheit und Beschränkung auf Körperschaftsaufsicht (Rechtsaufsicht) gekennzeichnet wird (§§ 29, 87 SGB IV).

18

Die Klägerin ist als Krankenversicherungsträger und damit als Träger der Sozialversicherung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs 1 SGB IV, § 4 Abs 1 SGB V). In Verbindung mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit folgt aus der grundsätzlichen Verleihung des Rechts zur Selbstverwaltung, dass die Versicherungsträger ein subjektives Recht gegenüber der Staatsverwaltung auf Wahrung ihrer gesetzlich eingeräumten Kompetenzen haben (Krause in: Gleitze/Krause/von Maydell/Merten, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch, SGB IV, 2. Aufl 1992, § 29 RdNr 27). Dieses Recht können sie im Sozialrechtsweg verteidigen bzw durch Feststellungsklage geltend machen, wenn es von der staatlichen Exekutive nicht respektiert oder der ihnen zur Eigenverantwortung überlassene Wirkungsbereich unzulässig eingeschränkt wird (BSGE 58, 247 = SozR 1500 § 51 Nr 38). Das gilt auch, soweit weitergehende Aufsichtsmaßnahmen und sie vorbereitende Akte - wie hier die Auskunftsanordnung - sich auf das Gebiet der Kooperation von KKn bei Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben erstrecken. So ist zu Recht für Streitigkeiten, bei denen es im Kern etwa um die Pflicht von KKn zur engen Zusammenarbeit geht, allgemein anerkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (vgl zum Streit zwischen KKn über zulässige Mitgliederwerbung zB GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 110 = BGHZ 108, 284, 289). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das Konkurrenzverhältnis zwischen den KKn einem Sonderrecht der Träger öffentlicher Aufgaben unterworfen ist, nämlich sozialversicherungsrechtlichen Normen, die den Interessen der Allgemeinheit dienen (vgl GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108 f = BGHZ 108, 284, 287).

19

Zum Recht auf Selbstverwaltung gehört das Recht der Klägerin auf Unterlassung kompetenzwidriger Aufsichtsmaßnahmen, das Recht auf Erhebung eines Zusatzbeitrags von ihren Mitgliedern kraft Satzungsbestimmung bei Finanzbedarf (§ 242 Abs 1 Satz 1 SGB V) und das Recht, das eigene Verhalten an der Pflicht der KKn zur Zusammenarbeit auszurichten, speziell im Zusammenhang mit einer möglichen Koordinierung des Termins zur Einführung von KKn-Zusatzbeiträgen. Im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV arbeiten die KKn und ihre Verbände sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 SGB V). Die Auskunftsanordnung des Bundeskartellamts zielt darauf ab, ein Verfahren vorzubereiten, in dem es im Kern um das Recht und die Reichweite der Pflicht der Klägerin geht, mit anderen KKn bei der Einführung von Zusatzbeiträgen eng zusammenzuarbeiten. Das Bundeskartellamt nimmt insoweit Hoheitsbefugnisse für sich in Anspruch, zu denen die Klägerin vorträgt, sie verletzten mangels Kompetenz ihr Selbstverwaltungsrecht. Nur in diesem Zusammenhang, wenn der Klägerin ein Recht darauf zusteht, dass kompetenzwidrige Aufsichtsmaßnahmen unterbleiben, ist zu prüfen, ob die Normen des GWB Aufsichtsrechte über KKn bei Ausübung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Verwaltungstätigkeit begründen. Das Verwaltungshandeln der Klägerin, das die Beklagte zum Anlass ihrer Anordnung genommen hat und rechtlich hinterfragt, ist Ausprägung dieser dem Sozialversicherungsrecht, dem SGB V entstammenden Rechtspflicht zur Kooperation. Verstöße gegen die Pflicht der KKn, eng zusammenzuarbeiten, unterliegen zwar der Rechtsaufsicht durch die zuständigen Aufsichtbehörden. Die betroffenen KKn können sich aber hiergegen und erst recht gegen Maßnahmen unzuständiger Behörden vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Abs 1 SGG)mit der eigens hierfür vorgesehenen Aufsichtsklage wehren (vgl § 29 Abs 2 Nr 2, § 54 Abs 3 SGG). Nur deshalb, weil das hierzu berufene Gericht alle Normen des Aufsichtsrechts über KKn durchzuprüfen hat und sich die Beklagte auf das GWB beruft, ist der Rechtsstreit entgegen der Ansicht der Beklagten kein solcher nach § 63 GWB. Es bliebe die - wie dargelegt - allein maßgebliche Natur des Rechtsverhältnisses unbeachtet, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Klägerin macht nämlich gerade geltend, dass ein von außen "in das Sozialrecht einbrechender" Rechtsakt vorliegt, der die dort bestehenden aufsichtsrechtlichen Strukturen und Befugnisse verkennt.

20

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Zuständigkeit nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG auch nicht durch die in § 63 GWB geregelte Zuständigkeit verdrängt. Vielmehr ist § 51 Abs 1 Nr 2 SGG gegenüber der GWB-Regelung beim Streit über einen Anspruch aus dem Selbstverwaltungsrecht von Sozialversicherungsträgern auf Unterlassen kompetenzwidriger Aufsichtsmaßnahmen spezieller. Denn § 51 Abs 1 Nr 2 SGG kommt die spezifische Aufgabe zu, Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Aufsicht über die Selbstverwaltungsträger, die im Selbstverwaltungsrecht dieser Träger wurzeln, der Sozialgerichtsbarkeit zuzuordnen. Diese Aufgabe hat Vorrang gegenüber den allgemeinen, hinsichtlich der Ausgestaltung der Aufsicht über sozialversicherungsrechtliche Selbstverwaltungsträger unspezifischen Regelungen des GWB ganz unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt anwendbar sind oder - mangels Unternehmenseigenschaft der KKn - gerade nicht (vgl dazu zB BSG Urteil vom 22.6.2010 - B 1 A 1/09 R - RdNr 22 ff mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 53 Nr 1 bestimmt).

21

Nur scheinbar steht dieser Auslegung der Wortlaut der GWB-Norm entgegen. Denn es geht um die Konkurrenz zweier Regelungen - § 51 Abs 1 Nr 2 SGG und § 63 GWB -, die beide jeweils ausschließliche, aber divergierende Zuständigkeiten begründen. Solche Normkollisionen sind nach dem Grundsatz des ausdrücklich angeordneten spezielleren Rechtsweges zu entscheiden (vgl BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 50). Das ist beim Streit über einen Anspruch auf kompetenzgemäße Aufsicht sozialversicherungsrechtlicher Selbstverwaltungsträger der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.

22

Für den Vorrang des § 51 SGG spricht letztlich - wenn auch nur ergänzend - auch, dass der Gesetzgeber selbst für das Leistungserbringungsrecht die Anwendbarkeit des GWB über den gerichtlichen Rechtsschutz gezielt ausgeschlossen hat. Wenn der Gesetzgeber dies schon für das Leistungserbringungsrecht geregelt hat, gilt dieser Grundsatz erst recht für das Aufsichtsrecht. Der Gesetzgeber nahm für mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) ua in § 51 SGG ab 1.1.2000 prozessrechtliche Klarstellungen vor: Er erweiterte § 51 Abs 2 SGG um den Satz: "§§ 87 und 96 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen finden keine Anwendung". § 87 Abs 1 GWB begründet die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung des GWB, der Art 81, 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Art 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen. Diese Vorschrift wurde durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 um den Zusatz ergänzt, dass dies nicht gilt für Rechtsstreitigkeiten aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsbeziehungen, auch soweit Rechte Dritter betroffen sind. Die auf eine Anregung des Ausschusses für Gesundheit zurückgehenden Ergänzungen bei § 51 Abs 2 SGG und § 87 GWB wurden zusammenfassend wie folgt begründet: Die Ergänzung stelle auch im GWB klar, dass für die sich aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsbeziehungen ergebenden Rechtsstreitigkeiten die Sozialgerichte bzw die Verwaltungsgerichte zuständig seien(vgl BT-Drucks 14/1977 S 189 zu Art 10a). Auch das SGGArbGGÄndG hat der Gesetzgeber nicht zum Anlass genommen, in Kenntnis der Problematik etwas an der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zu ändern. Er hat lediglich in § 51 Abs 2 Satz 2 SGG die Bezugnahme auf § 96 GWB beseitigt, da die Norm inzwischen weggefallen ist(vgl zum Ganzen BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 61 ff).

23

Nach dem Wortlaut des § 63 Abs 1 Satz 1 GWB ist die Beschwerde gegen Verfügungen der Kartellbehörde zulässig. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten (§ 54 Abs 2 und 3 GWB)zu. Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 GWB ausschließlich das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie richtet(§ 63 Abs 4 Satz 1 GWB).

24

Die Regelung betrifft aber lediglich den Regelfall, in dem am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligte nicht anderweitig geregelten, ausschließlichen und spezielleren gesetzlich konzipierten Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Wie dargelegt geht es um einen solchen Ausnahmefall gerade im vorliegenden Rechtsstreit. Soweit das Vorbringen der Beklagten die Anwendbarkeit des § 63 GWB voraussetzt, ist es dementsprechend ohne Belang.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. § 17b Abs 2 Satz 1 GVG, wonach bei Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die Kosten vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird, findet bei Beschlüssen nach § 17a GVG keine Anwendung, wenn der beschrittene Rechtsweg für zulässig erachtet wird(vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15; BGH NJW 1993, 2541, 2542; Ehlers in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand November 2009, § 17a GVG RdNr 35 mwN).

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen und die hilfsweise erhobene Klage wird verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten für ein Elektromobil und in der Berufungsinstanz hilfsweise die Versorgung mit einem solchen.

2

Der 1925 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Aufgrund der Diagnosen Gonarthrose und Coxarthrose verordnete der Facharzt für Allgemeinmedizin G. dem Kläger am 25. Juni 2009 ein Elektromobil zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Noch am gleichen Tag holte der Kläger einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses A. S. Technik GmbH über Kosten in Höhe von 2.564,10 Euro für dieses Elektromobil ein. Es sollten eine Anzahlung von 1.100 Euro und monatliche Raten in Höhe von 300 Euro erfolgen. Das Elektromobil bleibe bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum der Firma A. S. Technik.

3

Am 10. Juli 2009 gingen die ärztliche Verordnung und ein Kostenvoranschlag des genannten Sanitätshauses vom 9. Juli 2009 über Kosten in Höhe von 2.975 Euro bei der Beklagten ein.

4

Mit Schreiben vom 12. August 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Bearbeitung des Leistungsantrags könne nicht sofort erfolgen, da weitere Unterlagen vom behandelnden Arzt angefordert worden seien. Nach Erhalt würden die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) übergeben. Sobald der Antrag bearbeitet sei, erhalte der Kläger unaufgefordert Bescheid.

5

Der Facharzt für Allgemeinmedizin G. teilte am 17. August 2009 unter anderem die Diagnosen Hypertonie, Herzerkrankung, Arthrosen sowie Diabetes mellitus mit. Der Kläger verfüge über eine aktuelle Fahrerlaubnis; seine geistige Leistungsfähigkeit sei ohne Einschränkungen. Er habe ein schleppendes Gangbild mit einer Gehstrecke bis 500 Meter, Treppensteigen sei möglich.

6

Unter dem Datum des 18. August 2009 erstellte das Sanitätshaus einen Lieferschein über das Elektromobil. Danach werde die Anzahlung in Höhe von 1.100 Euro zum 28. August 2009 per Überweisung fällig und dann vier Abbuchungen á 300 Euro mit einer verbleibenden Restschuld von 264 Euro. Es erfolgte wieder der Hinweis, dass das Elektromobil bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum der Firma S. O. T. bleibe. Der Lieferschein wurde am 24. August 2009 unterschrieben.

7

Der MDK teilte in einer Sozialmedizinischen Stellungnahme vom 19. August 2009 mit, eine schwere Gehbehinderung sei aus den Unterlagen nicht zu erkennen, da der Kläger für 500 Meter gehfähig sei. Unter Berücksichtigung der Diagnosen Gon- und Coxarthrose könne zusätzlich ein Rollator genutzt werden.

8

Unter dem Datum des 14. September 2009 erhielt der Kläger vom Sanitätshaus eine Rechnung über 2.564,10 Euro, die bis zum 14. Oktober 2009 ohne Abzug zahlbar sei. Im Übrigen enthält die Rechnung hinsichtlich der Anzahlung und der monatlichen Raten die gleichen Regelungen wie der Lieferschein.

9

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Versorgung mit dem Elektromobil unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK mit Bescheid vom 30. Oktober 2009 ab. Dagegen legte der Kläger am 16. November 2009 Widerspruch ein. Er führte aus: Die Ferndiagnose bezüglich seiner Gehfähigkeit und die Alternativversorgung mit einem Rollator seien für ihn eine Zumutung. Seine Grunderkrankung sei ebenso wie die Begleiterkrankungen zu kurz gekommen. Aufgrund der Kraftlosigkeit in den Beinen sei das Gehen nach einigen Schritten vorbei. Zudem leide er in unregelmäßigen Abständen an extrem starkem Blutdruckabfall. Es komme zu Bewusstlosigkeit oder längerer Ruhezeit (Synkopen). Er leide an Rheuma, Schwindel und Gangunsicherheit. Seit 1991 sei er schwerbehindert. § 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) müsse beachtet werden und eine Anhörung sei erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus August 2009 bestehe grundsätzlich ein Anspruch auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl, wenn ein Versicherter nicht mehr in der Lage sei, den Nahbereich der Wohnung aus eigener Kraft zu erschließen.

10

Die Beklagte wandte sich erneut an Herrn G., der am 2. Dezember 2009 mitteilte, der Wunsch des Klägers nach einem Elektrorollstuhl werde aufgrund seiner kardialen Erkrankung und seinem Lendenwirbelleiden unterstützt. Als Diagnosen gab er neben der koronaren Herzerkrankung mit Hypertonie und einer Herzinsuffizienz II. bis III. Grades (NYHA II bis III) eine Osteochondrose der gesamten Gelenke an.

11

Während eines von der Beklagten veranlassten Hausbesuchs am 10. Dezember 2009 gab der Kläger an, sich das Elektromobil bereits privat gekauft zu haben. Er sei bis Juni 2009 noch mit seinem PKW gefahren, den er aber abgeschafft habe. Da das Elektromobil für seine täglichen Besorgungen notwendig sei, habe er nicht mehr warten können. Er wohne in einem Einfamilienhaus und versorge sich größtenteils selbst. Seine Kinder und Enkelkinder kümmerten sich um ihn, jedoch nicht regelmäßig. Nach Einschätzung der Verfasserin des Hausbesuchsprotokolls könne der Kläger im näheren Umfeld ohne Hilfsmittel laufen und er sei in der Lage, das Hilfsmittel sachgerecht zu bedienen.

12

In einem als Anhörung bezeichneten Schreiben vom 29. Dezember 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung nur zu erstatten seien, wenn es sich entweder um eine unaufschiebbare, nicht rechtzeitig erbrachte Leistung handele, oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe, bevor der Versicherte sie sich beschafft habe. Eine Kostenerstattung scheide aus, wenn sich der Versicherte die Leistung beschaffe, ohne sich mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten. Da dies der Fall sei, sei es der Beklagten nicht möglich, die Kosten zu erstatten.

13

Mit Schreiben vom 11. Januar 2010 führte der Kläger aus, seit Juni/Juli 2009 sei er nicht mehr mobil gewesen, daher habe er ohne das Elektromobil nicht mehr selbständig leben können. Ohne die Anschaffung sei er gezwungen gewesen, in ein Pflegeheim einzuziehen. Das Elektromobil sei ihm durch das Sanitätshaus zunächst leihweise zur Verfügung gestellt worden, um mit der Beklagten eine Klärung herbeizuführen. Dadurch sei seine selbständige Haushaltsführung gesichert gewesen. Die Beklagte habe jedoch bis Ende Oktober noch keine Klärung herbeigeführt. Daher habe er den Rechnungsbetrag Anfang Oktober überwiesen. Nach den im Ersten Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) festgelegten Auskunfts- und Beratungspflichten hätte die Beklagte ihn bereits im Juni 2009 auf die Voraussetzungen des § 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hinweisen müssen. Zudem habe die Beklagte ihre Verpflichtungen aus §§ 1 und 16 SGB I verletzt. Der Kläger wies auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (B 3 KR 8/08 R) sowie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (1 BVR 120/09 vom 25. Februar 2009) hin.

14

Nach einem Aktenvermerk vom 18. Januar 2010 teilte das Sanitätshaus telefonisch mit, der Kaufvertrag sei am 14. September 2009 geschlossen worden. Der Kläger teilte mit, er habe den Kaufpreis am 5. Oktober 2009 nach Inanspruchnahme eines Dispositionskredits ohne die Ratenzahlung überwiesen. Nachdem sich die Beklagte drei Monate nach der Antragstellung noch nicht gemeldet habe, habe er handeln müssen.

15

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Er führte aus: Die Kostenerstattung setze voraus, dass die Kostenbelastung des Versicherten wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gebe erst die Weigerung der Krankenkasse dem Versicherten das Recht, sich die benötigte Leistung selbst zu beschaffen und die Erstattung der dafür aufgewandten Kosten zu verlangen. Wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung der Krankenkasse eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingehe und der Leistungserbringer auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch die Krankenkasse die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen könne, fehle es für den Kostenerstattungsanspruch an der notwendigen Kausalität. Der Kläger habe sich das beantragte Hilfsmittel selbst beschafft, ohne sich erneut mit der Beklagten in Verbindung zu setzen und eine leistungsrechtliche Entscheidung herbeizuführen. Daher scheide ein Kostenerstattungsanspruch aus, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die Hilfsmittelversorgung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Allerdings habe offensichtlich eine Unaufschiebbarkeit der Hilfsmittelversorgung nicht vorgelegen. Die Versorgung sei medizinisch nicht begründet, da der Kläger noch eingeschränkt gehfähig sei und zur weiteren Unterstützung und Erhaltung der Mobilität einen Rollator nutzen könne.

16

Dagegen hat der Kläger am 29. April 2010 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben und ausgeführt: Der Bescheid sei nicht hinreichend begründet. Es seien nur die der Behörde dienlichen Rechte genannt. Er habe nach dem Tod seiner Frau im Oktober 2004 alles dafür getan, seine Selbständigkeit zu bewahren und der Einweisung in ein Pflegeheim vorzubeugen. Nachdem er aber seinen PKW nicht mehr nutzen könne, habe es ihm an der notwendigen Mobilität gefehlt. Er habe das Grundstück nicht mehr ohne Begleitperson verlassen können. Zu seinen Grunderkrankungen seien noch Rheuma und Gicht als zusätzliche Beschwerden hinzugekommen. Er verfüge über einen Schwerbehindertenausweis, in welchem ein Grad der Behinderung von 50 Prozent und das Merkzeichen G anerkannt worden seien. Außerdem nehme er am strukturierten Behandlungsprogramm der Beklagten für chronisch kranke Menschen teil. Seine verbliebene Gehstrecke und die Möglichkeit zur Treppennutzung seien nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ermittelt worden. Die Beklagte habe ihm weder Auskünfte über ihre Satzung erteilt noch Vorschläge in Bezug auf Hilfsmittel zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit gemacht. Sie habe auch nicht die leihweise Überlassung der erforderlichen Hilfsmittel vorgeschlagen oder mitgeteilt, ob das Elektromobil im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sei. §§ 2, 2a und 11 SGB V sowie die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), u. a. § 55, seien von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Schließlich habe sie die Fristen in den Vorschriften der §§ 13 und 33 SGB V und §§ 14, 15 SGB IX nicht beachtet. Dies sei einer Leistungsablehnung gleichzusetzen, so dass nach § 15 SGB IX die Kosten für die selbst beschaffte Leistung auf der Grundlage des Pauschalpreises nach der Satzung zu erstatten seien. Die Beklagte könne sich nicht auf ein Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1997 stützen, da sich seitdem die Rechtslage geändert habe und das SGB IX erst seit Juni 2001 gültig sei. Vielmehr sei die Entscheidung des Bundessozialgerichts zum Aktenzeichen B 3 KR 5/09 R zu berücksichtigen. Außerdem wehre er sich gegen die Umwandlung des Grundes des Rechtsstreits der hausärztlichen Verordnung für ein Elektromobil in einen Antrag auf Erstattung der Kosten für ein Elektromobil.

17

Die Beklagte hat ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsbescheid ausgeführt, es handele sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung und der Kläger habe der Beklagten keine Frist für die Leistungsgewährung gesetzt und nicht mitgeteilt, dass er sich danach die Leistung selbst beschaffen werde. Daher könne der Erstattungsanspruch auch nicht auf § 15 SGB IX gestützt werden. Aus dem SGB IX ergäben sich auch in Bezug auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation keine weitergehenden Leistungsansprüche. Gerade die Ausführungen des Klägers, er habe das Elektromobil als Ausgleich für Fahrten mit seinem PKW angeschafft, zeigten, dass er das Hilfsmittel nicht nur für den Nahbereich der Wohnung, sondern für weitere Strecken nutzen möchte. Der Rollator sei empfohlen worden, weil ein Elektromobil nach den Leistungsvorschriften des SGB V nicht notwendig sei.

18

Das Sozialgericht Magdeburg hat die auf Kostenerstattung in Höhe von 2.564,10 Euro gerichtete Klage abgewiesen und ausgeführt, der Antrag auf Versorgung mit dem Elektromobil sei am 10. Juli 2009 bei der Beklagten eingegangen und der Kläger habe sich das Hilfsmittel mit Kaufvertrag mit 14. September 2009 selbst beschafft, ohne der Beklagten im ausreichenden Maße die Möglichkeit der Prüfung einzuräumen. Die Beklagte habe erst am 30. Oktober 2009 über den Antrag entschieden. Wenn der Kläger der Ansicht gewesen sei, er könne auf die Entscheidung nicht länger warten, hätte er die Dringlichkeit seines Begehrens gegenüber der Beklagten darlegen müssen. Ggf. hätte er einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen bzw. eine Untätigkeitsklage erheben können. Es habe auch keine unaufschiebbare Leistung vorgelegen. Ein Anspruch aus § 15 SGB IX scheide aus, da der Kläger hierfür der Beklagten eine angemessene Frist hätte setzen und erklären müssen, dass er sich nach Ablauf dieser Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffe. Die Einholung eines Gutachtens über die Gehfähigkeit des Klägers bzw. über seine Fahrtauglichkeit, die infolge der aufgetretenen Bewusstlosigkeiten in Frage stehe, sei wegen der Selbstbeschaffung des Hilfsmittels nicht erforderlich.

19

Gegen das ihm am 28. April 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Mai 2012 Berufung eingelegt und damit – im Hinblick auf die Laufzeit des Rechtsstreits – einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden. Er gehe davon aus, dass jeder Versicherte einen Anspruch auf Produkte habe, die ihm den Alltag erleichterten und ihm eine selbständige Lebensführung ermöglichten. Mit der Verordnung seines Hausarztes vom 25. Juni 2009 habe dieser bestätigt, dass er das Hilfsmittel benötige. Es lägen bereits vier Befunde von Medizinern vor, weshalb die Einholung weiterer Gutachten nicht nachvollziehbar sei. Den PKW habe er im Juni 2008 aufgrund nachlassender Sehschärfe stehenlassen müssen. Der Kläger hat sich geweigert, sich mit der Heranziehung von medizinischen Unterlagen zur Verwertung im Verfahren einverstanden zu erklären und seine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Er sieht schwerwiegende Fehler in der Durchführung des Verwaltungsverfahrens und hält den erlassenen Verwaltungsakt für nichtig. Insbesondere weist er nochmals darauf hin, dass er weiterhin die Versorgung mit dem verordneten Hilfsmittel begehre. Inzwischen betrage die Sehschärfe seines rechten Auges 80 Prozent und die des linken Auges 60 Prozent. Er hat einen Histologiebericht sowie einen Bericht über die stationäre Behandlung vom 28. Juni bis 7. Juli 2012 im Universitätsklinikum Magdeburg für Dermatologie und Venerologie vorgelegt. Danach bestand beim Kläger ein schlecht differenziertes Plattenepithelkarzinom, presternal und als Nebendiagnosen eine arterielle Hypertonie, eine koronare Herzerkrankung mit Zustand nach dreimaligem Herzkatheter, Herzinsuffizienz mit NYHA IV, Zustand nach Cholezystektomie und Lungenemphysem. Außerdem legte er eine ärztliche Bescheinigung des Herrn G. vom 5. Februar 2013 vor, nach der er nicht mehr in der Lage sei, allein ein Amt o.ä. aufzusuchen. Es sei immer eine Begleitperson erforderlich. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat er zurückgenommen, da die Eilbedürftigkeit mit der Länge der Bearbeitung verpuffe. In Bezug auf die Dauer des Verfahrens hat er eine Verzögerungsrüge erhoben. Außerdem hat er mit Schriftsatz vom 11. April 2013 Beschwerde eingelegt. Grund sei das Recht auf ein faires Verfahren. Der Rechtsstreit werde willkürlich geführt und Recht und Gesetz nicht ordnungsgemäß umgesetzt. Der Kläger hat in diesem Schreiben eine weitere Verzögerungsrüge ausgesprochen. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Schreibens Bezug genommen.

20

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

21

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Kosten für das von ihm beschaffte Elektromobil in Höhe von 2.564,10 Euro zu erstatten,

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hilfsweise,

23

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn mit einem Elektromobil entsprechend der ärztlichen Verordnung zu versorgen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Sie beruft sich insbesondere auf das Sachleistungsprinzip, wonach die Leistungen der Krankenkasse grundsätzlich in Natur zur Verfügung gestellt werden und eine Kostenerstattung nur unter den Voraussetzungen des § 13 SGB V in Betracht komme. Der Kläger habe aber kein Wahlrecht im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB V ausgeübt und nach Beantragung des Hilfsmittels auch keinen weiteren Kontakt zur Beklagten gesucht. Vielmehr habe er sich bereits vor einer Entscheidung der Beklagten das Hilfsmittel selbst beschafft. Auf die Ausführungen des Klägers, dass er weiterhin die Versorgung mit einem Elektromobil entsprechend der ärztlichen Verordnung wünsche, hat sich die Beklagte nicht eingelassen.

27

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

28

Nach der Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung des Klägers durfte das Gericht "einseitig" mündlich verhandeln und ein Urteil verkünden, auch wenn der Kläger nicht erschienen und im Termin nicht vertreten war (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 126 Rn. 4).

29

1. Soweit der Kläger die Erstattung der Kosten für das von ihm beschaffte Elektromobil begehrt, ist die Berufung nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2010 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn dieser hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm für die Beschaffung des Elektromobils aufgewandten Kosten.

30

Nach § 2 Abs. 2 SGB V erhalten Versicherte die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung als Sach- und Dienstleistungen, soweit das Fünfte oder Neunte Buch des Sozialgesetzbuches nicht Abweichendes vorsehen. Anstelle der Sach- oder Dienstleistung darf die Krankenkasse nach § 13 Abs. 1 SGB V Kosten nur erstatten, soweit es im SGB V oder SGB IX vorgesehen ist.

31

a) Nach den Vorschriften des SGB V kommt ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung nur unter den Voraussetzungen des §§ 13 Abs. 3 SGB V in Betracht, da der Kläger Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V nicht gewählt hat. Nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V setzt der Kostenerstattungsanspruch neben der Notwendigkeit der Leistung voraus, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 S. 1 1. Alt. SGB V) oder dass sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (§ 13 Abs. 3 S. 1 2. Alt. SGB V). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

32

aa) Unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3 S. 1 1. Alt. SGB V ist eine Leistung, wenn sie sofort – ohne die Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs – zu erbringen ist (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.1993 – 4 RK 5/92 = BSGE 73, 2 171 [287]) = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4). Die Leistung muss so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit besteht, die Entscheidung der Krankenkasse einzuholen (BSG, Urt. v. 14.12.2006 – B 1 KR 8/06 R = SozR 4-2500 § 13 Nr. 12 Rn. 23).

33

Aus medizinischer Sicht war die Versorgung des Klägers mit einem Elektromobil nicht in dieser Weise dringlich. Darin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von dem Sachverhalt, über den das Bundesverfassungsgericht in der vom Kläger zitierten Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 25.02.2009 – 1 BvR 120/09, zitiert nach juris, die Muskulatur des Beschwerdeführers war nahezu vollständig gelähmt) zu befinden hatte. Das wird schon daran deutlich, dass die ärztliche Verordnung vom 25. Juni 2009 erst am 10. Juli 2009 bei der Beklagten einging. Bei einer besonderen Dringlichkeit der Leistung hätte der Kläger für eine sofortige Einreichung der Verordnung bei der Beklagten Sorge getragen. Er hat auch weder bei der Antragstellung noch später auf eine Dringlichkeit der Versorgung hingewiesen, und zwar selbst dann nicht, als die Beklagte ihm mit Schreiben vom 12. August 2009 mitteilte, dass der Leistungsantrag nicht sofort bearbeitet werden könne.

34

Zudem wird das Elektromobil lediglich für den Außenbereich benötigt. Innerhalb der Wohnung war die Fortbewegung ohne das begehrte Hilfsmittel möglich. Schon aus diesem Grund war es nicht unzumutbar, die Entscheidung der Krankenkasse vorab einzuholen. Grundsätzlich entscheidet der Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang; wenn für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich ist, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen (§ 14 Abs. 2 Satz 4 SGB IX). Das Abwarten dieser Fristen war für den Kläger jedenfalls nicht unzumutbar. Da der Kläger ein behinderter Mensch im Sinne des § 2 SGB IX ist, es um eine Leistung zur Teilhabe im Sinne des § 4 SGB IX geht und die Beklagte Rehabilitationsträger ist, sind die Vorschriften des SGB IX anwendbar.

35

Nach Ablauf dieser Fristen ist der Kostenerstattungsanspruch an die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX gebunden. Auf die Unzumutbarkeit des weiteren Abwartens kann sich daher nur berufen, wer dem Rehabilitationsträger nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX eine angemessene Frist gesetzt und dabei erklärt hat, dass er sich die erforderliche Leistung nach Ablauf der Frist selbst beschaffen werde. Der Kläger hat eine solche Erklärung nicht abgegeben.

36

Bei der gegebenen Sachlage, nach welcher der Beklagten die Dringlichkeit der Versorgung des Klägers mit dem Elektromobil nicht erkennbar war und sich der Kläger auch nicht mit einem Beratungsverlangen an die Beklagte gewandt hatte, kann sich der Kläger nicht auf eine Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten berufen. Zweifelhaft ist bereits, ob sich daraus die Unzumutbarkeit des weiteren Abwartens ergeben könnte. Jedenfalls bestand aber für die Beklagte kein Anlass den Kläger über weitere Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Rechte zu beraten.

37

bb) Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 S. 1 2. Alt. SGB V setzt unter anderem voraus, dass die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Eine die Leistung ablehnende Entscheidung der Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung ist danach zwingend notwendig. Nur durch die vorherige Prüfung der Krankenkasse wird sichergestellt, dass der Versicherte sachgerecht beraten wird und Gesundheitsgefahren und wirtschaftliche Risiken vermieden werden. Nur die Krankenkasse kennt die vorhandenen Versorgungsstrukturen, die geschlossenen Versorgungsverträge und hat Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Qualität der Leistung und deren Preisgestaltung (st. Rspr. des BSG vgl. nur BSG, Urt. v. 14.12.2006 – B 1 KR 8/06 R = SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; BSG, Urt. v. 15.04.1997 – 1 BK 31/96 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 15). Schon durch die Verwendung des Wortes "dadurch" kommt zum Ausdruck, dass die Selbstbeschaffung durch eine ablehnende Entscheidung der Krankenkasse herbeigeführt worden sein muss. Zwischen der Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und der Ersatzbeschaffung muss ein Kausalzusammenhang bestehen (BSG, Urt. v. 14.12.2006 – B 1 KR 8/06 R = SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; BSG, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 zitiert nach juris; vgl. zum Ganzen auch Brandts in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 1, § 13 SGB V Rn. 81 ff. mit weiteren Nachweisen).

38

Die Beklagte hat die Leistung erstmals mit Bescheid vom 30. Oktober 2009 abgelehnt.

39

"Selbst verschafft" ist eine Hilfsmittelleistung wenn zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zustande gekommen ist. Eine probeweise oder leihweise Überlassung des Hilfsmittels bleibt außer Betracht. Erst wenn der Versicherte bereits vor der Entscheidung der Krankenkasse eine endgültige rechtliche Verpflichtung eingeht und der Leistungserbringer demgemäß auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch die Krankenkasse die Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann, steht dies einer Leistungspflicht der Krankenkasse entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2009 – B3 KR 20/08 zitiert nach juris).

40

Danach ist es unerheblich, wann der Kläger den Kaufpreis gezahlt und das Sanitätshaus dem Kläger das Eigentum an dem Elektromobil übertragen hat. Entscheidend ist allein der Abschluss des unbedingten Verpflichtungsgeschäftes. Nach Auskunft des Sanitätshauses ist der Kaufvertrag am 14. September 2009 geschlossen worden. Ein Kaufvertrag ist ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft, mit welchem sich der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises und der Verkäufer zur Übertragung des Eigentums an der Kaufsache verpflichtet. Am 14. September 2009 hat das Sanitätshaus auch die Rechnung für das Elektromobil erstellt. Es ist daher nachvollziehbar, dass der Kaufvertrag spätestens an diesem Tag zustande gekommen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Lieferschein des Sanitätshauses vom 18. August 2009, auf welchem der Kläger die Lieferung des Elektromobils am 24. August 2009 durch seine Unterschrift bestätigte, tatsächlich – wie der Kläger ausgeführt hat – auf der Vereinbarung einer zunächst leihweisen Überlassung des Hilfsmittels beruhte. Denn der Kläger ist jedenfalls spätestens am 14. September 2009 – und daher bereits vor der ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse vom 30. Oktober 2009 – endgültig zur Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des Elektromobils verpflichtet gewesen. Dies steht einem Kostenerstattungsanspruch entgegen.

41

b) Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 13 Abs. 3 Satz 2 SGB V in Verbindung mit § 15 SGB IX. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IX teilt der Rehabilitationsträger dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit, wenn über seinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden kann. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).

42

Eine Erstattungspflicht der Beklagten nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX scheidet aus den oben genannten Gründen aus, da die Beklagte weder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht noch eine Leistung vor der Selbstbeschaffung zu Unrecht abgelehnt hat. Eine Erstattungspflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 2, 3 SGB IX setzt voraus, dass der Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist gesetzt und erklärt hat, dass er sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffe. Solche Erklärungen hat der Kläger nicht abgegeben.

43

Steht dem Kläger danach kein Kostenerstattungsanspruch nach dem SGB IX zu, kann die Beklagte auch nicht im Rahmen des § 14 SGB IX als zuerst angegangener Rehabilitationsträger für eine Kostenerstattung selbstbeschaffter Leistungen in Anspruch genommen werden.

44

2. Soweit der Kläger anstelle der Kostenerstattung hilfsweise eine Versorgung mit einem Elektromobil begehrt, handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung. Seine Ausführungen, er wehre sich gegen die Umwandlung des Grundes des Rechtsstreits der hausärztlichen Verordnung für ein Elektromobil in einen Antrag auf Erstattung der Kosten für ein Elektromobil, sind so auszulegen, dass wenigstens hilfsweise auch die Versorgung mit einem Elektromobil aufgrund der hausärztlichen Verordnung von der Beklagten begehrt wird.

45

Erstinstanzlich hatte der Kläger allerdings lediglich Kostenerstattung beantragt. Unerheblich ist, dass er sich schriftsätzlich dagegen gewandt hatte, dass sein Begehren auf Versorgung mit einem Elektromobil in einen Antrag auf Kostenerstattung umgewandelt werde. Denn entscheidend ist der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag. Dieser war allein auf Kostenerstattung gerichtet. Sowohl der Widerspruchsbescheid der Beklagten als auch das erstinstanzliche Urteil befassen sich ausschließlich mit dem Kostenerstattungsanspruch. Zu der Frage, ob der Kläger trotz der Selbstbeschaffung des Elektromobils noch einen Versorgungsanspruch gegen die Beklagte geltend machen könnte, falls er medizinisch auf die Nutzung dieses Hilfsmittels angewiesen sein sollte, enthalten der Widerspruchsbescheid und das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg keine Ausführungen. Vielmehr wurde jeweils davon ausgegangen, dass der Kläger wegen der Selbstbeschaffung ausschließlich eine Kostenerstattung begehrt.

46

In der Geltendmachung eines Versorgungsanspruchs mit dem Elektromobil im Berufungsverfahren liegt eine unzulässige Klageänderung. Eine Klageänderung ist eine Änderung des Streitgegenstandes. Durch eine Erklärung des Klägers wird anstelle des bisherigen prozessualen Anspruchs oder neben ihm ein anderer erhoben (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 99 Rn. 2). Der Kläger macht mit dem hilfsweise erhobenen Anspruch anstelle des bisherigen Kostenerstattungsanspruchs hilfsweise einen Versorgungsanspruch geltend.

47

Nach § 99 Abs. 3 SGG ist es nicht als eine Änderung der Klage anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

48

1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,

49

2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,

50

3. statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

51

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht nur seine tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt, sondern hilfsweise einen anderen Klageanspruch geltend gemacht. Darin liegt auch keine Erweiterung des Klageantrags, da es sich um einen anderen Klageanspruch handelt. Der Kläger verlangt nämlich statt der ursprünglich geforderten Kostenerstattung mit dem Versorgungsanspruch eine andere Leistung. Dies stellt nach § 99 Abs. 3 SGG nur dann keine Klageänderung dar, wenn die Umstellung auf einer später eingetretenen Veränderung beruht. Nachdem der Kläger sich das Elektromobil selbst beschafft hatte und die Beklagte daher davon ausgegangen war, er begehre diesbezüglich lediglich noch Kostenerstattung, hat sich danach keine Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse mehr ergeben.

52

Es handelt sich mithin um eine Klageänderung, die nur unter den Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 SGG zulässig ist. Danach ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte hat weder ausdrücklich in die Klageänderung eingewilligt noch hat sie sich im Sinne des § 99 Abs. 2 SGG rügelos auf die geänderte Klage eingelassen. Sie ist auf das Versorgungsbegehren des Klägers weder in einem Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung eingegangen noch hat sie hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags Klageabweisung beantragt.

53

Der Senat hält die Änderung der Klage nicht für sachdienlich, da die Prozessvoraussetzungen für die geänderte Klage nicht vorliegen. Es fehlt insoweit an einem Widerspruchsbescheid. Eine Aussetzung des Verfahrens zur Nachholung des Vorverfahrens ist nicht sachdienlich, denn der Rechtsstreit würde durch die Klageänderung auf eine völlig neue Grundlage gestellt (zur Sachdienlichkeit einer Klageänderung vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 99 Rn. 10a mit weiteren Nachweisen). Der Prozess wäre nicht entscheidungsreif, da die medizinische Notwendigkeit der Versorgung mit einem Elektromobil nicht abschließend geklärt ist. In diesem Rahmen wäre ggf. die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 12.08.09 – B 3 KR 8/08 R, zitiert nach juris) zu berücksichtigen. Die Beteiligten – insbesondere die Beklagte – haben dazu bisher nicht hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Ggf. wären weitere medizinische Ermittlungen anzustellen und der Kläger wäre in Bezug auf die rechtlichen Auswirkungen seiner Weigerung, sich mit der Heranziehung von medizinischen Unterlagen zur Verwertung im Verfahren einverstanden zu erklären und seine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, umfassend aufzuklären. Andererseits ist der Prozessstoff des vorliegenden Kostenerstattungsverfahrens für den mit der Klageänderung geltend gemachten Versorgungsanspruch kaum verwertbar, so dass die Einführung des neuen Prozessstoffs in das laufende Berufungsverfahren keine prozessökonomischen Vorteile bietet. Bei dieser Sachlage ist es – auch mit Rücksicht auf die ausdrücklich vom Kläger gewünschte Beschleunigung des Verfahrens – nicht sachdienlich, den Anspruch auf Versorgung mit dem Elektromobil als Klageänderung in das Berufungsverfahren bezüglich des Kostenerstattungsanspruchs einzubeziehen.

54

3. Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2013 erhobene Beschwerde hat keinen eigenständigen Beschwerdegegenstand und ist daher als weiterer Vortrag zur Berufungsbegründung auszulegen.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

56

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Ausschreibung von Rabattverträgen für Arzneimittel.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das unter anderem nicht patentgeschützte Arzneimittel (so genannte Generika) produziert und auf dem deutschen Markt vertreibt.

3

Im Jahr 2008 beteiligte sie sich an einer gemeinsamen Ausschreibung aller Allgemeinen Ortskrankenkassen zum Abschluss von Rabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) für die Jahre 2009 und 2010. Der zu vergebende Auftrag wurde auf insgesamt 64 Fachlose (Wirkstoffe) aufgeteilt, wobei sich jedes Fachlos in fünf Teillose (Gebietslose) unterteilte. Nach den Verdingungsunterlagen hatte jeder Bieter pro angebotenem Fachlos und je Gebietslos einen "Rabatt-ApU" (ApU = Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) für alle Pharmazentralnummern (PZN) anzubieten, die er für den angebotenen Wirkstoff zu einem bestimmten Stichtag im Sortiment hatte. Je Wirkstoff und Gebietslos erhielt jeweils ein Bieter den Zuschlag, nämlich derjenige, der das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet hatte. Die Wirtschaftlichkeit des Angebots wurde anhand von zwei Kriterien ermittelt: Zum einen anhand des Kriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU", zum anderen anhand des Ausschlusskriteriums "Ausgleich der Mehrkosten der Überschreitung des zum Zeitpunkt der Bewertung geltenden Festbetrags für jede der angebotenen PZN durch den absoluten Rabatt". Im Rahmen des ersten Kriteriums sollte die Höhe der möglichen Einsparungen pro Gebiets- und Fachlos ermittelt werden. Von entscheidendem Einfluss war dabei die Höhe des "bereinigten Rabatt-ApU". Zur Ermittlung dieses "bereinigten Rabatt-ApU" wurden zu dem vom Bieter jeweils angebotenen Rabatt-Abgabepreis zunächst etwaige festbetragsbedingte Aufzahlungen addiert.

4

Nachdem die Allgemeinen Ortskrankenkassen der Beschwerdeführerin mitgeteilt hatten, dass sie keinen Zuschlag auf ihre Gebote erhalten sollte, stellte sie einen Vergabenachprüfungsantrag. Sie machte unter anderem geltend, die Allgemeinen Ortskrankenkassen seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Vorgaben des § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V einzig und allein dadurch hätten umgesetzt werden können, dass der Betrag einer etwaigen festbetragsbedingten Aufzahlung als Summand im Rahmen der Berechnung des bereinigten Rabatt-ApU berücksichtigt wird. Mit dieser Formel werde den Anbietern von Festbetragsarzneimitteln, die über dem Festbetrag liegen, von vornherein jede Chance auf den Zuschlag genommen. Die gesetzlichen Vorgaben hätten auch dadurch umgesetzt werden können, dass der Rabattvertragspartner unmittelbar im Rabattvertrag zur Erstattung der von den Allgemeinen Ortskrankenkassen zunächst gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu tragenden Mehrkosten verpflichtet wird. Jegliche festbetragsbedingten Mehrkosten würden auf diese Weise für die Allgemeinen Ortskrankenkassen zu einem durchlaufenden Posten, der letztlich vom Rabattvertragspartner zu tragen wäre; gleichzeitig würde den Ausschreibungswettbewerb derjenige gewinnen, der tatsächlich - ungeachtet seiner generellen Preispolitik außerhalb des konkreten Rabattvertragsverhältnisses - den Allgemeinen Ortskrankenkassen den höchsten Rabatt einräume.

5

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde. Diese hat das Landessozialgericht zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt, die Berechnungsformel zur Ermittlung des Zuschlagskriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU" sei nicht vergaberechtswidrig. Die Formel bewirke keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Unternehmen, die ihre Arzneimittel über den jeweils geltenden Festbeträgen anbieten. Die Einführung des Festbetrags ziele durch Anreizung des Wettbewerbs unter Leistungserbringern letztlich darauf, dass sich Preise auf oder unter der Höhe des Festbetrags am Markt etablieren. Von diesem gesetzlich angestrebten Regelfall gehe die Berechnungsformel der Allgemeinen Ortskrankenkassen zur Bewertung der Angebote aus. Die Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Steuerungsinstrument der Festbeträge beimesse, verdeutlichten ferner die Regelungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V. Dem trage die Berechnungsformel Rechnung. Die Anknüpfung an die jeweils geltenden Festbeträge für die zu rabattierenden Arzneimittel stelle im Hinblick auf die Gesetzeslage nicht nur ein sachgerechtes und naheliegendes, sondern wegen § 31 Abs. 2 Satz 3 SGB V auch notwendiges Kriterium gerade auch für die Angebotswertung dar. Der Gesetzgeber verfolge hier erkennbar das Ziel, zu verhindern, dass im Rahmen von Verträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V erzielte Rabatte durch das Überschreiten von Festbeträgen minimiert oder gar ausgeglichen würden. Bei dieser Sachlage sei es nur folgerichtig, wenn die Allgemeinen Ortskrankenkassen bestrebt seien, diese gesetzgeberische Absicht bereits im Rahmen der Angebotswertung zu berücksichtigen. Es habe sich den Allgemeinen Ortskrankenkassen deshalb keineswegs aufdrängen müssen, zum Zwecke der Wahrung dieser gesetzgeberischen Vorgaben außerhalb des Bewertungsverfahrens durch eine entsprechende Erstattungsverpflichtung der pharmazeutischen Unternehmen die Beachtung dieser gesetzgeberischen Absicht zu gewährleisten. Eine entsprechende Verpflichtung im Rabattvertrag, wie sie der Beschwerdeführerin vorgeschwebt habe, hätte zudem für die Allgemeinen Ortskrankenkassen einen höheren Verwaltungsaufwand wegen der nachträglich durchzuführenden Erstattung, eine Vorleistungspflicht verbunden mit einem Zinsverlust und außerdem ein erweitertes Insolvenzrisiko bedeutet.

6

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG durch den Beschluss des Landessozialgerichts.

7

a) Ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit, hilfsweise ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Dispositionsfreiheit, werde verletzt, weil die Wertungssystematik der Allgemeinen Ortskrankenkassen ihre Preisbildungsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beschränke. Die angegriffene Wertungssystematik habe direkten Einfluss auf die Entscheidung eines pharmazeutischen Unternehmers, zu welchem generellen Preis er sein Arzneimittel anbiete. Denn wolle er nicht faktisch von derartigen Ausschreibungen ausgeschlossen werden, reiche es nicht aus, den Krankenkassen im Rahmen von Rabattausschreibungen festbetragsgebundene Arzneimittel zu einem besonders günstigen (rabattierten) Preis anzubieten. Vielmehr werde er gezwungen, den unabhängig von einer konkreten Rabattausschreibung geltenden Normalpreis so festzusetzen, dass keine Festbetragsüberschreitung entstehe. Zur Ermittlung des preisgünstigsten Angebots sei diese Wertungssystematik ungeeignet. Sie ziele nicht primär darauf ab, den günstigsten Rabatt-Abgabepreis zu erzielen; vielmehr gehe es um eine Preissteuerung außerhalb des konkreten Rabattausschreibungsverfahrens.

8

Der vorliegende Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil er nicht erforderlich sei, um den angestrebten Zweck, nämlich den Ausgleich der durch Überschreitung des Festbetrags entstehenden Mehrkosten, zu erreichen. Aus § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V ergebe sich nicht, dass der Mehrkostenausgleich zwingend im Rahmen der Wertungssystematik zu berücksichtigen sei. Das angestrebte Ziel lasse sich gleichermaßen durch eine vertragliche Ausgleichsverpflichtung erreichen. Eine solche Vorgehensweise werde tatsächlich von anderen Krankenkassen gewählt. Entgegen der Ansicht des Landessozialgerichts wäre sie auch gleich geeignet wie die beanstandete Wertungssystematik. Es entstehe weder ein höherer Verwaltungsaufwand noch eine Vorleistungspflicht verbunden mit einem Zinsverlust; sie habe auch nicht ein erweitertes Insolvenzrisiko zur Folge. Die Abrechnung der Rabattverträge erfolge ohnehin im Wege einer nachträglichen Erstattung des Rabatts durch die pharmazeutischen Unternehmen an die Krankenkassen. Der Ausgleich der von der Krankenkasse zu zahlenden Mehrkosten durch den Auftragnehmer wäre im Rahmen dieses Abrechnungssystems lediglich ein zusätzlicher Posten. Mit einer vertraglichen Ausgleichsverpflichtung wäre auch keine Vorleistungspflicht verbunden, die über das hinausgehen würde, was auch ohne eine solche vertragliche Regelung zu den Pflichten der Krankenkasse gehören würde. Wegen des angesprochenen Insolvenzrisikos verweist die Beschwerdeführerin auf die Eignungsprüfung im Rahmen des Vergabeverfahrens; dort sei die finanzielle Leistungskraft der Unternehmen bereits Gegenstand.

9

b) Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil durch die beanstandete Wertungssystematik Angebote für Arzneimittel, deren Preis über dem Festbetrag liege, anders behandelt würden als Angebote für Arzneimittel, deren Preis den Festbetrag nicht überschreite. Dafür liege kein hinreichender sachlicher Grund vor.

II.

10

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Für eine Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grundrechte ist nichts ersichtlich.

11

1. Es liegt kein Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin vor. Das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfGE 101, 331 <347>; 106, 275 <298>; 117, 163 <181>). Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Art. 12 Abs. 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>). Dagegen umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; 116, 135 <152>). Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber und die der Vergabeentscheidung zugrunde gelegten Kriterien berühren grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers. Bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags beeinflusst die handelnde staatliche Stelle den Wettbewerb nicht von außen, sondern wird selbst auf der Nachfrageseite wettbewerblich tätig und eröffnet so einen Vergabewettbewerb zwischen den potentiellen Anbietern. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Nachfragers, nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren er das günstigste Angebot auswählt. Dementsprechend trägt ein Wettbewerber auf der Angebotsseite stets das Risiko, dass seinem Angebot ein anderes, für den Nachfrager günstigeres vorgezogen wird (vgl. BVerfGE 116, 135 <151 f.>).

12

So liegt es auch hier. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen werden bei der Ausschreibung von Rabattverträgen als Nachfrager auf dem Arzneimittelmarkt wettbewerblich tätig. Es sind keine besonderen Umstände dargetan oder sonst zu erkennen, aufgrund derer die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte Berechnungsformel zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Angebote und die Nichtberücksichtigung der Beschwerdeführerin ausnahmsweise dennoch an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sein könnten. Dies wäre der Fall, wenn die angewandten Bewertungskriterien nach ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen einen Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellen würden, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre (vgl. BVerfGE 105, 252 <273>; 116, 135 <153>; 118, 1 <20>). An einer eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen lediglich ein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten Regelung sind (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; 116, 202 <222>). Zwar werden die Chancen eines Unternehmens, dessen Arzneimittel zu einem Preis oberhalb des Festbetrags verkauft werden, durch die angegriffene Berechnungsformel erheblich verringert. Die Marktstellung der ausschreibenden Allgemeinen Ortskrankenkassen mag dazu führen, dass sich pharmazeutische Unternehmen deshalb veranlasst sehen, eine Festbetragsüberschreitung zu vermeiden. Die Berechnungsformel berücksichtigt eine etwaige Überschreitung des Festbetrags aber nicht zu dem erkennbaren Zweck, einer solchen Überschreitung generell entgegenzuwirken, sondern zielt darauf ab, die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Hinblick auf den abzuschließenden Rabattvertrag zu ermitteln. Etwaige Auswirkungen auf die allgemeine Preisgestaltung der am Vergabeverfahren teilnehmenden pharmazeutischen Unternehmen stellen sich lediglich als Reflex dar. Dabei kommt es für die Frage nach dem Vorliegen eines Eingriffs in die Berufsfreiheit nicht entscheidend darauf an, ob es andere Bewertungsmöglichkeiten gegeben hätte. Auch die besondere Marktmacht der Allgemeinen Ortskrankenkassen ändert an der Beurteilung nichts (vgl. BVerfGE 116, 135 <153>).

13

2. Zu messen ist die angegriffene Entscheidung allerdings am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen (vgl. BVerfGE 116, 135 <153>). Auch insoweit ist der Beschluss des Landessozialgerichts jedoch nicht zu beanstanden. Es ist nicht zu erkennen, dass die Allgemeinen Ortskrankenkassen bei der vom Fachgericht gebilligten Ausgestaltung des Zuschlagskriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU" willkürlich verfahren wären.

14

Die beanstandete Berechnungsformel dient der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Dieses von § 97 Abs. 5 GWB vorgegebene Zuschlagskriterium dient gerade der von Art. 3 Abs. 1 GG geforderten sachgerechten Differenzierung zwischen den Bietern (vgl. dazu Pünder, VerwArch 95 <2004>, S. 38 <42 f.>; Pollmann, Der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz im öffentlichen Vergaberecht, 2009, S. 43 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat nicht zu beurteilen, ob die Kriterien, die ein öffentlicher Auftraggeber bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zugrunde gelegt hat, zweckmäßig sind und ob das einfache Recht objektiv richtig angewendet wurde (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, NJW-RR 2009, S. 1502 <1503 f.>; zur Prüfungsdichte im fachgerichtlichen Verfahren vgl. Otting, in: Bechtold, GWB, 6. Aufl. 2010, § 97 Rn. 53; Bungenberg, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2, GWB, 2. Aufl. 2009, § 97 Rn. 69 f.). Es prüft lediglich, ob eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts vorliegt, wie insbesondere dann, wenn die Wirtschaftlichkeit anhand offensichtlich sachwidriger Kriterien bestimmt wird. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen.

15

Die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte Berechnungsformel knüpft an § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V an. Für das Vergabeverfahren folgt aus diesen Regelungen, dass sichergestellt sein muss, dass der Bieter zum Zuge kommt, dessen Angebot auch unter Berücksichtigung etwaiger durch eine Festbetragsüberschreitung bedingter Mehrkosten das wirtschaftlichste ist. Es ist keine Frage spezifischen Verfassungsrechts, ob die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte und vom Landessozialgericht gebilligte Berechnungsformel den einfachgesetzlichen Vorgaben in optimaler Weise Rechnung trägt oder gar geboten ist. Sie ist jedenfalls nicht offensichtlich sachwidrig. Es erscheint zwar denkbar, dass der gesetzlich geforderte Ausgleich einer etwaigen Festbetragsüberschreitung auch anders hätte gewährleistet werden können, etwa - wie von der Beschwerdeführerin gefordert - durch eine vertraglich gesondert geregelte Erstattungspflicht außerhalb der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Mit dieser Alternative haben sich die Vergabekammer und das Landessozialgericht auseinander gesetzt und sie willkürfrei verworfen. Soweit das Landessozialgericht darauf abstellt, dass die Krankenkassen mit dem Ausgleich der Festbetragsüberschreitung in Vorleistung treten müssen, weist die Beschwerdeführerin zwar zutreffend darauf hin, dass die vereinbarten Rabatte auch im Übrigen im Wege einer nachträglichen Erstattung gewährt werden. Das ändert aber nichts daran, dass sich durch eine Festbetragsüberschreitung der Betrag erhöht, mit dem die Krankenkassen in Vorleistung zu treten haben. Soweit das Landessozialgericht davon ausgeht, dass für die Krankenkassen damit ein höherer Verwaltungsaufwand, ein Zinsverlust und ein erweitertes Insolvenzrisiko einhergingen, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende fachgerichtliche Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Ausschreibung von Rabattverträgen für Arzneimittel.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das unter anderem nicht patentgeschützte Arzneimittel (so genannte Generika) produziert und auf dem deutschen Markt vertreibt.

3

Im Jahr 2008 beteiligte sie sich an einer gemeinsamen Ausschreibung aller Allgemeinen Ortskrankenkassen zum Abschluss von Rabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) für die Jahre 2009 und 2010. Der zu vergebende Auftrag wurde auf insgesamt 64 Fachlose (Wirkstoffe) aufgeteilt, wobei sich jedes Fachlos in fünf Teillose (Gebietslose) unterteilte. Nach den Verdingungsunterlagen hatte jeder Bieter pro angebotenem Fachlos und je Gebietslos einen "Rabatt-ApU" (ApU = Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) für alle Pharmazentralnummern (PZN) anzubieten, die er für den angebotenen Wirkstoff zu einem bestimmten Stichtag im Sortiment hatte. Je Wirkstoff und Gebietslos erhielt jeweils ein Bieter den Zuschlag, nämlich derjenige, der das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet hatte. Die Wirtschaftlichkeit des Angebots wurde anhand von zwei Kriterien ermittelt: Zum einen anhand des Kriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU", zum anderen anhand des Ausschlusskriteriums "Ausgleich der Mehrkosten der Überschreitung des zum Zeitpunkt der Bewertung geltenden Festbetrags für jede der angebotenen PZN durch den absoluten Rabatt". Im Rahmen des ersten Kriteriums sollte die Höhe der möglichen Einsparungen pro Gebiets- und Fachlos ermittelt werden. Von entscheidendem Einfluss war dabei die Höhe des "bereinigten Rabatt-ApU". Zur Ermittlung dieses "bereinigten Rabatt-ApU" wurden zu dem vom Bieter jeweils angebotenen Rabatt-Abgabepreis zunächst etwaige festbetragsbedingte Aufzahlungen addiert.

4

Nachdem die Allgemeinen Ortskrankenkassen der Beschwerdeführerin mitgeteilt hatten, dass sie keinen Zuschlag auf ihre Gebote erhalten sollte, stellte sie einen Vergabenachprüfungsantrag. Sie machte unter anderem geltend, die Allgemeinen Ortskrankenkassen seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Vorgaben des § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V einzig und allein dadurch hätten umgesetzt werden können, dass der Betrag einer etwaigen festbetragsbedingten Aufzahlung als Summand im Rahmen der Berechnung des bereinigten Rabatt-ApU berücksichtigt wird. Mit dieser Formel werde den Anbietern von Festbetragsarzneimitteln, die über dem Festbetrag liegen, von vornherein jede Chance auf den Zuschlag genommen. Die gesetzlichen Vorgaben hätten auch dadurch umgesetzt werden können, dass der Rabattvertragspartner unmittelbar im Rabattvertrag zur Erstattung der von den Allgemeinen Ortskrankenkassen zunächst gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu tragenden Mehrkosten verpflichtet wird. Jegliche festbetragsbedingten Mehrkosten würden auf diese Weise für die Allgemeinen Ortskrankenkassen zu einem durchlaufenden Posten, der letztlich vom Rabattvertragspartner zu tragen wäre; gleichzeitig würde den Ausschreibungswettbewerb derjenige gewinnen, der tatsächlich - ungeachtet seiner generellen Preispolitik außerhalb des konkreten Rabattvertragsverhältnisses - den Allgemeinen Ortskrankenkassen den höchsten Rabatt einräume.

5

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde. Diese hat das Landessozialgericht zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt, die Berechnungsformel zur Ermittlung des Zuschlagskriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU" sei nicht vergaberechtswidrig. Die Formel bewirke keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Unternehmen, die ihre Arzneimittel über den jeweils geltenden Festbeträgen anbieten. Die Einführung des Festbetrags ziele durch Anreizung des Wettbewerbs unter Leistungserbringern letztlich darauf, dass sich Preise auf oder unter der Höhe des Festbetrags am Markt etablieren. Von diesem gesetzlich angestrebten Regelfall gehe die Berechnungsformel der Allgemeinen Ortskrankenkassen zur Bewertung der Angebote aus. Die Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Steuerungsinstrument der Festbeträge beimesse, verdeutlichten ferner die Regelungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V. Dem trage die Berechnungsformel Rechnung. Die Anknüpfung an die jeweils geltenden Festbeträge für die zu rabattierenden Arzneimittel stelle im Hinblick auf die Gesetzeslage nicht nur ein sachgerechtes und naheliegendes, sondern wegen § 31 Abs. 2 Satz 3 SGB V auch notwendiges Kriterium gerade auch für die Angebotswertung dar. Der Gesetzgeber verfolge hier erkennbar das Ziel, zu verhindern, dass im Rahmen von Verträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V erzielte Rabatte durch das Überschreiten von Festbeträgen minimiert oder gar ausgeglichen würden. Bei dieser Sachlage sei es nur folgerichtig, wenn die Allgemeinen Ortskrankenkassen bestrebt seien, diese gesetzgeberische Absicht bereits im Rahmen der Angebotswertung zu berücksichtigen. Es habe sich den Allgemeinen Ortskrankenkassen deshalb keineswegs aufdrängen müssen, zum Zwecke der Wahrung dieser gesetzgeberischen Vorgaben außerhalb des Bewertungsverfahrens durch eine entsprechende Erstattungsverpflichtung der pharmazeutischen Unternehmen die Beachtung dieser gesetzgeberischen Absicht zu gewährleisten. Eine entsprechende Verpflichtung im Rabattvertrag, wie sie der Beschwerdeführerin vorgeschwebt habe, hätte zudem für die Allgemeinen Ortskrankenkassen einen höheren Verwaltungsaufwand wegen der nachträglich durchzuführenden Erstattung, eine Vorleistungspflicht verbunden mit einem Zinsverlust und außerdem ein erweitertes Insolvenzrisiko bedeutet.

6

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG durch den Beschluss des Landessozialgerichts.

7

a) Ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit, hilfsweise ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Dispositionsfreiheit, werde verletzt, weil die Wertungssystematik der Allgemeinen Ortskrankenkassen ihre Preisbildungsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beschränke. Die angegriffene Wertungssystematik habe direkten Einfluss auf die Entscheidung eines pharmazeutischen Unternehmers, zu welchem generellen Preis er sein Arzneimittel anbiete. Denn wolle er nicht faktisch von derartigen Ausschreibungen ausgeschlossen werden, reiche es nicht aus, den Krankenkassen im Rahmen von Rabattausschreibungen festbetragsgebundene Arzneimittel zu einem besonders günstigen (rabattierten) Preis anzubieten. Vielmehr werde er gezwungen, den unabhängig von einer konkreten Rabattausschreibung geltenden Normalpreis so festzusetzen, dass keine Festbetragsüberschreitung entstehe. Zur Ermittlung des preisgünstigsten Angebots sei diese Wertungssystematik ungeeignet. Sie ziele nicht primär darauf ab, den günstigsten Rabatt-Abgabepreis zu erzielen; vielmehr gehe es um eine Preissteuerung außerhalb des konkreten Rabattausschreibungsverfahrens.

8

Der vorliegende Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil er nicht erforderlich sei, um den angestrebten Zweck, nämlich den Ausgleich der durch Überschreitung des Festbetrags entstehenden Mehrkosten, zu erreichen. Aus § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V ergebe sich nicht, dass der Mehrkostenausgleich zwingend im Rahmen der Wertungssystematik zu berücksichtigen sei. Das angestrebte Ziel lasse sich gleichermaßen durch eine vertragliche Ausgleichsverpflichtung erreichen. Eine solche Vorgehensweise werde tatsächlich von anderen Krankenkassen gewählt. Entgegen der Ansicht des Landessozialgerichts wäre sie auch gleich geeignet wie die beanstandete Wertungssystematik. Es entstehe weder ein höherer Verwaltungsaufwand noch eine Vorleistungspflicht verbunden mit einem Zinsverlust; sie habe auch nicht ein erweitertes Insolvenzrisiko zur Folge. Die Abrechnung der Rabattverträge erfolge ohnehin im Wege einer nachträglichen Erstattung des Rabatts durch die pharmazeutischen Unternehmen an die Krankenkassen. Der Ausgleich der von der Krankenkasse zu zahlenden Mehrkosten durch den Auftragnehmer wäre im Rahmen dieses Abrechnungssystems lediglich ein zusätzlicher Posten. Mit einer vertraglichen Ausgleichsverpflichtung wäre auch keine Vorleistungspflicht verbunden, die über das hinausgehen würde, was auch ohne eine solche vertragliche Regelung zu den Pflichten der Krankenkasse gehören würde. Wegen des angesprochenen Insolvenzrisikos verweist die Beschwerdeführerin auf die Eignungsprüfung im Rahmen des Vergabeverfahrens; dort sei die finanzielle Leistungskraft der Unternehmen bereits Gegenstand.

9

b) Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil durch die beanstandete Wertungssystematik Angebote für Arzneimittel, deren Preis über dem Festbetrag liege, anders behandelt würden als Angebote für Arzneimittel, deren Preis den Festbetrag nicht überschreite. Dafür liege kein hinreichender sachlicher Grund vor.

II.

10

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Für eine Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grundrechte ist nichts ersichtlich.

11

1. Es liegt kein Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin vor. Das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfGE 101, 331 <347>; 106, 275 <298>; 117, 163 <181>). Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Art. 12 Abs. 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>). Dagegen umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; 116, 135 <152>). Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber und die der Vergabeentscheidung zugrunde gelegten Kriterien berühren grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers. Bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags beeinflusst die handelnde staatliche Stelle den Wettbewerb nicht von außen, sondern wird selbst auf der Nachfrageseite wettbewerblich tätig und eröffnet so einen Vergabewettbewerb zwischen den potentiellen Anbietern. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Nachfragers, nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren er das günstigste Angebot auswählt. Dementsprechend trägt ein Wettbewerber auf der Angebotsseite stets das Risiko, dass seinem Angebot ein anderes, für den Nachfrager günstigeres vorgezogen wird (vgl. BVerfGE 116, 135 <151 f.>).

12

So liegt es auch hier. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen werden bei der Ausschreibung von Rabattverträgen als Nachfrager auf dem Arzneimittelmarkt wettbewerblich tätig. Es sind keine besonderen Umstände dargetan oder sonst zu erkennen, aufgrund derer die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte Berechnungsformel zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Angebote und die Nichtberücksichtigung der Beschwerdeführerin ausnahmsweise dennoch an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sein könnten. Dies wäre der Fall, wenn die angewandten Bewertungskriterien nach ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen einen Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellen würden, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre (vgl. BVerfGE 105, 252 <273>; 116, 135 <153>; 118, 1 <20>). An einer eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen lediglich ein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten Regelung sind (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; 116, 202 <222>). Zwar werden die Chancen eines Unternehmens, dessen Arzneimittel zu einem Preis oberhalb des Festbetrags verkauft werden, durch die angegriffene Berechnungsformel erheblich verringert. Die Marktstellung der ausschreibenden Allgemeinen Ortskrankenkassen mag dazu führen, dass sich pharmazeutische Unternehmen deshalb veranlasst sehen, eine Festbetragsüberschreitung zu vermeiden. Die Berechnungsformel berücksichtigt eine etwaige Überschreitung des Festbetrags aber nicht zu dem erkennbaren Zweck, einer solchen Überschreitung generell entgegenzuwirken, sondern zielt darauf ab, die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Hinblick auf den abzuschließenden Rabattvertrag zu ermitteln. Etwaige Auswirkungen auf die allgemeine Preisgestaltung der am Vergabeverfahren teilnehmenden pharmazeutischen Unternehmen stellen sich lediglich als Reflex dar. Dabei kommt es für die Frage nach dem Vorliegen eines Eingriffs in die Berufsfreiheit nicht entscheidend darauf an, ob es andere Bewertungsmöglichkeiten gegeben hätte. Auch die besondere Marktmacht der Allgemeinen Ortskrankenkassen ändert an der Beurteilung nichts (vgl. BVerfGE 116, 135 <153>).

13

2. Zu messen ist die angegriffene Entscheidung allerdings am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen (vgl. BVerfGE 116, 135 <153>). Auch insoweit ist der Beschluss des Landessozialgerichts jedoch nicht zu beanstanden. Es ist nicht zu erkennen, dass die Allgemeinen Ortskrankenkassen bei der vom Fachgericht gebilligten Ausgestaltung des Zuschlagskriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU" willkürlich verfahren wären.

14

Die beanstandete Berechnungsformel dient der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Dieses von § 97 Abs. 5 GWB vorgegebene Zuschlagskriterium dient gerade der von Art. 3 Abs. 1 GG geforderten sachgerechten Differenzierung zwischen den Bietern (vgl. dazu Pünder, VerwArch 95 <2004>, S. 38 <42 f.>; Pollmann, Der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz im öffentlichen Vergaberecht, 2009, S. 43 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat nicht zu beurteilen, ob die Kriterien, die ein öffentlicher Auftraggeber bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zugrunde gelegt hat, zweckmäßig sind und ob das einfache Recht objektiv richtig angewendet wurde (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, NJW-RR 2009, S. 1502 <1503 f.>; zur Prüfungsdichte im fachgerichtlichen Verfahren vgl. Otting, in: Bechtold, GWB, 6. Aufl. 2010, § 97 Rn. 53; Bungenberg, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2, GWB, 2. Aufl. 2009, § 97 Rn. 69 f.). Es prüft lediglich, ob eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts vorliegt, wie insbesondere dann, wenn die Wirtschaftlichkeit anhand offensichtlich sachwidriger Kriterien bestimmt wird. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen.

15

Die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte Berechnungsformel knüpft an § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V an. Für das Vergabeverfahren folgt aus diesen Regelungen, dass sichergestellt sein muss, dass der Bieter zum Zuge kommt, dessen Angebot auch unter Berücksichtigung etwaiger durch eine Festbetragsüberschreitung bedingter Mehrkosten das wirtschaftlichste ist. Es ist keine Frage spezifischen Verfassungsrechts, ob die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte und vom Landessozialgericht gebilligte Berechnungsformel den einfachgesetzlichen Vorgaben in optimaler Weise Rechnung trägt oder gar geboten ist. Sie ist jedenfalls nicht offensichtlich sachwidrig. Es erscheint zwar denkbar, dass der gesetzlich geforderte Ausgleich einer etwaigen Festbetragsüberschreitung auch anders hätte gewährleistet werden können, etwa - wie von der Beschwerdeführerin gefordert - durch eine vertraglich gesondert geregelte Erstattungspflicht außerhalb der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Mit dieser Alternative haben sich die Vergabekammer und das Landessozialgericht auseinander gesetzt und sie willkürfrei verworfen. Soweit das Landessozialgericht darauf abstellt, dass die Krankenkassen mit dem Ausgleich der Festbetragsüberschreitung in Vorleistung treten müssen, weist die Beschwerdeführerin zwar zutreffend darauf hin, dass die vereinbarten Rabatte auch im Übrigen im Wege einer nachträglichen Erstattung gewährt werden. Das ändert aber nichts daran, dass sich durch eine Festbetragsüberschreitung der Betrag erhöht, mit dem die Krankenkassen in Vorleistung zu treten haben. Soweit das Landessozialgericht davon ausgeht, dass für die Krankenkassen damit ein höherer Verwaltungsaufwand, ein Zinsverlust und ein erweitertes Insolvenzrisiko einhergingen, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende fachgerichtliche Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 170/02 Verkündet am:
21. Juli 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Friedhofsruhe
Eine Gemeinde handelt nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich
unlauter oder kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen
Bestattungsdienst im Friedhofsgebäude auf dem Gelände des städtischen
Friedhofs unterbringt.
BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - I ZR 170/02 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die Stadt F. , unterhält am Nordwestrand des bebauten Gemeindegebiets einen Friedhof. Nach § 5 der Friedhofsatzung besteht bei einer Bestattung auf dem Friedhof für bestimmte Verrichtungen (insbesondere für die Durchführung der Erdbestattung und die Beisetzung von Urnen) ein Benutzungszwang.
In einem Gebäude am Rand des Friedhofs befinden sich die Aufbahrungsräume und die Aussegnungshalle. An die Aussegnungshalle schließt ein Gebäudeteil mit drei Büroräumen an. In einem dieser Räume ist das Büro der
Friedhofsverwaltung der Beklagten; hier werden die Grabstellen vergeben und die Bestattungszeiten festgelegt. Der zweite Raum wurde bis zum Erlaß des landgerichtlichen Urteils für den Betrieb des privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienstes genutzt. Der dritte Raum diente der Beklagten und zwei Sargherstellern bis zu einer von der Beklagten im Rechtsstreit abgegebenen Unterlassungserklärung als Ausstellungsraum für Särge und Überurnen.
Der städtische Bestattungsdienst wird personell getrennt von der Friedhofsverwaltung geführt und übernimmt gewerbliche Leistungen im Zusammenhang mit Bestattungen. Das Sterbefall-Standesamt und das Friedhofsamt sind im Rathaus in der Stadtmitte.
Die Klägerin zu 1 betreibt ein Bestattungsunternehmen und unterhält in F. eine Filiale. Der Kläger zu 2 ist ein Verband, der nach seiner Satzung u.a. den Zweck hat, die gemeinsamen wirtschaftlichen Belange des Bestattungsgewerbes und seiner Mitglieder - auch durch Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - zu fördern.
Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagte handele wettbewerbsrechtlich unlauter und kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen Bestattungsdienst in einem Büroraum des Friedhofsgebäudes auf dem Gelände des städtischen Friedhofs unterbringe. Dies widerspreche dem Friedhofszweck, eine angemessene und geordnete Bestattung und ein pietätvolles Gedenken an die Verstorbenen in würdigem Rahmen zu ermöglichen, und der Standesauffassung im Bestattungsgewerbe. Durch die Verknüpfung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeiten verschaffe sich die Beklagte zudem einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Wenn Angehörige eines Verstorbenen die Friedhofsverwaltung aufsuchen müßten, werde dies leicht Anlaß sein, auch den ge-
werblichen Bestattungsauftrag zu erteilen. Aufgrund ihrer Doppelfunktion als Träger des Friedhofs mit Benutzungszwang und als Betreiber des kommunalen Bestattungsunternehmens habe die Beklagte eine marktbeherrschende Stellung. Durch Unterbringung ihres gewerblichen Bestattungsbetriebs auf dem Friedhofsgelände verstoße die Beklagte zudem gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB, da keinem anderen Bestattungsunternehmen ein vergleichbarer Standort zur Verfügung stehe.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, innerhalb des Geländes des gemeindlichen Waldfriedhofes F. ein Büro des städtischen Bestattungsdienstes zu unterhalten und/ oder dort bestattungswirtschaftliche Dienste anzubieten.
Den ursprünglich gestellten Antrag, der Beklagten auch die Unterhaltung eines Ausstellungsraums für Särge und Überurnen auf dem Friedhofsgelände zu untersagen, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte insoweit eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
Die Beklagte hat ihre umstrittene gewerbliche Tätigkeit im Friedhofsgebäude als rechtmäßig und insbesondere als mit der Friedhofsatzung vereinbar verteidigt. Im Bereich dieser privatwirtschaftlichen Tätigkeit habe sie keine marktbeherrschende Stellung.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Die Unterbringung des privatwirtschaftlich tätigen Bestattungsdienstes im Anbau der Aussegnungshalle des städtischen Friedhofs sei weder wettbewerbswidrig noch kartellrechtswidrig. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Eine Gemeinde handele grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn sie einen privatwirtschaftlichen Bestattungsbetrieb in einem Gebäude unterbringe, in dem auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt würden, falls eine ausreichende räumliche und personelle Trennung bestehe, die den Angehörigen eines Verstorbenen eine unbeeinflußte Entscheidung darüber ermögliche, welches Unternehmen sie mit Bestattungsleistungen beauftragten. Die Beklagte habe die Friedhofsverwaltung und ihren privatwirtschaftlichen Bestattungsdienst ausreichend getrennt.
Die Frage, ob die Unterbringung eines kommunalen Bestattungsdienstes in Räumen auf dem Friedhofsgelände gegen die Zweckbestimmung des Friedhofs verstoße und wettbewerbswidrig sei, lasse sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des angegriffenen Verhaltens und seiner Auswirkungen sowie der Interessen der Parteien beantworten.
Das Gebäude mit den Aufbahrungsräumen, der Aussegnungshalle und den Büros der Beklagten liege am Rand des Friedhofs und in der Nähe zweier weiterer Gebäude (eines Wohngebäudes und eines Garagen- und Schuppengebäudes ). Der Bestattungsdienst, dessen Tätigkeit geeignet sei, dem Friedhofszweck zu dienen, sei äußerst zurückhaltend in einem an die Aussegnungshalle angebauten Flachbau untergebracht. Der Bürotrakt könne von der Aussegnungshalle oder durch einen Außeneingang auf der Gebäudeseite, die dem Friedhof abgewandt sei, betreten werden. An dem Gebäude weise nichts auf die Unterbringung des Bestattungsdienstes hin. Ein Schild am Außeneingang beziehe sich auf die "Friedhofsverwaltung". Als Hinweis auf das Büro des Bestattungsdienstes diene lediglich ein kleines Türschild. Unter diesen Umständen verstoße die Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nicht gegen den Friedhofszweck.
Die Beklagte verschaffe sich dadurch auch keinen erkennbaren Wettbewerbsvorteil. Angehörige eines Verstorbenen würden zwar möglicherweise durch den Besuch der Friedhofsverwaltung dazu veranlaßt, mit der Auswahl der Grabstelle bei der Friedhofsverwaltung die Erteilung des Bestattungsauftrags beim Bestattungsdienst zu verbinden. Die räumliche und personelle Trennung der beiden Einrichtungen lasse den Angehörigen aber hinreichende Entscheidungsfreiheit. Der Standort des Bestattungsdienstes bringe zudem im Vergleich zu Standorten in zentraler Lage der Stadt auch wettbewerbliche Nachteile. Wegen der Stadtrandlage des Friedhofs und des durch den Friedhofszweck bedingten Ausschlusses von Werbung an Ort und Stelle sei die Unterbringung im Friedhofsgebäude wenig geeignet, das Bestehen und die Geschäftsräume des Bestattungsdienstes bekanntzumachen.
Auch ein kartellrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben. Die Doppelfunktion der Beklagten als hoheitlich tätige Gemeinde und als Betreiberin
des Bestattungsdienstes begründe keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagte werde zwar dadurch, daß sie ihrem Bestattungsdienst bestimmte Räume zur gewerblichen Nutzung zuweise, auf dem Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet seien, tätig. Zu diesem Markt gehöre aber auch der örtliche Gewerberaummarkt der Stadt F. - . Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf diesem Markt eine überragende Marktstellung habe.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Kläger beanstanden mit ihrer Klage trotz des weitergehenden Antragswortlauts konkret, daß die Beklagte ihren gewerblichen Bestattungsdienst auf dem Gelände des städtischen Friedhofs im Friedhofsgebäude, in dem sich auch ein Büroraum der Friedhofsverwaltung befindet, unterbringt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es kommt dagegen - anders als die Revision meint - für die Entscheidung nicht darauf an, wie die Büroräume der Beklagten an den Türen beschildert sind, weil der Klageantrag nicht darauf abstellt.
2. Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (§§ 3, 8 UWG). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand verändert.

a) Es ist für sich genommen wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Beklagte als Gemeinde mit ihrem als Eigenbetrieb geführten Bestattungsdienst am Wettbewerb beteiligt. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb ist weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzu-
lässig (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I, m.w.N.). Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich deshalb nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten).

b) Der öffentlichen Hand ist, wenn sie sich erwerbswirtschaftlich betätigt, nicht anders als privaten Unternehmen unlauteres Wettbewerbsverhalten verboten. Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zudem gerade aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben, etwa wenn die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung mißbraucht werden oder wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, GRUR 2003, 167, 169 = WRP 2003, 73 - Kommunaler Schilderprägebetrieb, jeweils m.w.N.; vgl. auch österr. OGH ÖBl. 1996, 80, 85 f. - Städtische Bestattung - und wbl. 2004, 394, 395 f. - Friedhofsverwaltung). Solche besonderen Umstände, die das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig machen könnten, sind hier jedoch nicht gegeben.
aa) Die Beklagte handelt nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie das Büro ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt. Die Beklagte ist allerdings, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig ist, auch an ihre eigenen kommunalen Satzungen gebunden. Diese sind gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Art. 2 EGBGB; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.24), die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) das Marktverhal-
ten zu regeln. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte nicht gegen ihre eigene Friedhofsatzung verstößt, wenn sie das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt, wird von der Revision jedoch ohne Erfolg beanstandet.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsatzung bedürfen Arbeiten im Friedhof , die gewerbsmäßig vorgenommen werden, der Erlaubnis der Beklagten. Die Vorschrift des § 9 Nr. 6 der Friedhofsatzung der Beklagten verbietet es, auf dem Friedhof "gewerbliche oder sonstige Leistungen ohne Genehmigung anzubieten". Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, wird mit diesen Bestimmungen nicht nur ein Verbot ausgesprochen, sondern zugleich anerkannt, daß ein Bedürfnis zur Vornahme bestimmter gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen des Friedhofbetriebs und auf dem Friedhof, insbesondere zur Durchführung von Bestattungen, besteht. An diese Auslegung der Friedhofsatzung als Ortsrecht ist der Senat als Revisionsgericht gemäß § 545 Abs. 1, § 560 ZPO gebunden (vgl. - zu § 549 Abs. 1, § 562 ZPO a.F. - BGHZ 97, 231, 235 f.; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 545 Rdn. 8).
bb) Die Beklagte handelt auch nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie im Friedhofsgebäude das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes neben dem Büro ihrer Friedhofsverwaltung unterbringt.
(1) Hinterbliebene können zwischen den verschiedenen Angeboten gewerblicher Bestattungsunternehmen frei wählen. Die Beklagte nimmt dadurch, daß sie das Büro ihres Bestattungsdienstes auf dem Friedhofsgelände unterhält , keinen unangemessenen unsachlichen Einfluß auf mögliche Kunden. Die Räume, die für die hoheitliche Friedhofsverwaltung genutzt werden, und die Räume für den Bestattungsdienst sind hinreichend voneinander getrennt (vgl. dazu auch BGH GRUR 1987, 116, 119 - Kommunaler Bestattungswirtschafts-
betrieb I; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 553 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).
(2) Mit der Unterbringung ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte auch nicht in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise ihre öffentlich-rechtliche Stellung aus. Die Beklagte ist grundsätzlich nicht gehindert, für ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bestattungswesens Mittel einzusetzen, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zur Verfügung stehen (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 262 - Altautoverwertung; vgl. dazu auch österr. OGH wbl. 2004, 394, 396 - Friedhofsverwaltung). Es liegt zudem im öffentlichen Interesse, daß die Mittel, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, wirtschaftlich eingesetzt werden. Standortvorteile, die mit der Nutzung ihres Eigentums verbunden sind, darf die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Unternehmen - von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH GRUR 2003, 167, 169 - Kommunaler Schilderprägebetrieb) - nutzen. Von der Beklagten kann deshalb nicht verlangt werden, daß sie das ihr gehörende Friedhofsgebäude nicht für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nutzt, die mit dem Friedhofszweck vereinbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 606 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III). Auf die Frage, ob das Berufungsgericht die Vor- und Nachteile, die mit der Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude verbunden sind, zutreffend eingeschätzt hat, kommt es danach nicht an.
3. Ansprüche aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestehen ebenfalls nicht.

a) Die Kläger berufen sich zur Begründung ihres Unterlassungsantrags auch auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB. Sie tragen dazu vor, die Beklagte behindere andere Bestattungsunternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, wenn sie ein Büro im Friedhofsgebäude für ihren Bestattungsdienst nutze (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Ein solcher Anspruch ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sachlich relevant der Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet sind, und räumlich relevant der örtliche Gewerberaummarkt in F. . Auf diesem Markt ist die Beklagte nicht marktbeherrschend. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

b) Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch nicht aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB begründet. Durch die Unterbringung ihres städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte nicht eine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich aus.
Die Beklagte ist nur marktbeherrschend auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt der Leistungen, für die durch § 5 der Friedhofsatzung ein Benutzungszwang angeordnet ist, nicht jedoch auf dem relevanten Markt für die Leistungen gewerblicher Bestattungsunternehmen.
Die Vorschrift des § 19 GWB kann allerdings auch dann anwendbar sein, wenn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht auf dem beherrschten Markt, sondern auf einem Drittmarkt aufgetreten ist (vgl. BGHZ 156, 379, 382 f. - Strom und Telefon I; BGHZ 158, 334, 338 f. - Der Oberhammer, m.w.N.). Dies gilt auch nach der Neufassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB durch die 7. GWB-Novelle (Siebtes Gesetz zur Änderung
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954; vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640 S. 45; Monopolkommission, Das allgemeine Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, Sondergutachten 41/42, S. 13). Ein Anspruch aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 GWB ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte die Wettbewerbsmöglichkeiten der Klägerin zu 1 auf dem Markt für Leistungen der Bestattungsunternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbeherrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 156, 379, 389 - Strom und Telefon I, m.w.N.). Ein Einsatz kartellrechtswidriger Mittel ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die öffentliche Hand wie andere Unternehmen im Wettbewerb Standortvorteile wahrnimmt, die sich aus der Nutzung ihres Eigentums ergeben. Etwas anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Beklagte in dem Bereich, für den Benutzungszwang besteht, eine Monopolstellung besitzt (vgl. dazu auch BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Die Beklagte nutzt mit der Unterbringung des städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude neben der Friedhofsverwaltung diese Monopolstellung nicht mißbräuchlich aus; sie verquickt damit nicht unzulässig die öffentlich-rechtliche mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit. Die räumliche Nähe zum Friedhof und zur Friedhofsverwaltung bringt dem städtischen Bestattungsdienst zwar jedenfalls auch wettbewerbliche Vorteile; der Zusammenhang zwischen der Hoheitsverwaltung und dem gewerblichen Bestattungswesen ist aber nicht so eng, daß die Ausnutzung solcher Vorteile im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu mißbilligen wäre (vgl. dazu auch - zu § 1
UWG a.F. - BGH GRUR 1987, 116, 118 f. - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I). Noch weniger ist das beanstandete Verhalten für sich geeignet , Mitbewerber aus dem Markt zu drängen.
III. Die Revision der Kläger war danach auf ihre Kosten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Bergmann

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Ausschreibung von Rabattverträgen für Arzneimittel.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das unter anderem nicht patentgeschützte Arzneimittel (so genannte Generika) produziert und auf dem deutschen Markt vertreibt.

3

Im Jahr 2008 beteiligte sie sich an einer gemeinsamen Ausschreibung aller Allgemeinen Ortskrankenkassen zum Abschluss von Rabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) für die Jahre 2009 und 2010. Der zu vergebende Auftrag wurde auf insgesamt 64 Fachlose (Wirkstoffe) aufgeteilt, wobei sich jedes Fachlos in fünf Teillose (Gebietslose) unterteilte. Nach den Verdingungsunterlagen hatte jeder Bieter pro angebotenem Fachlos und je Gebietslos einen "Rabatt-ApU" (ApU = Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers) für alle Pharmazentralnummern (PZN) anzubieten, die er für den angebotenen Wirkstoff zu einem bestimmten Stichtag im Sortiment hatte. Je Wirkstoff und Gebietslos erhielt jeweils ein Bieter den Zuschlag, nämlich derjenige, der das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet hatte. Die Wirtschaftlichkeit des Angebots wurde anhand von zwei Kriterien ermittelt: Zum einen anhand des Kriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU", zum anderen anhand des Ausschlusskriteriums "Ausgleich der Mehrkosten der Überschreitung des zum Zeitpunkt der Bewertung geltenden Festbetrags für jede der angebotenen PZN durch den absoluten Rabatt". Im Rahmen des ersten Kriteriums sollte die Höhe der möglichen Einsparungen pro Gebiets- und Fachlos ermittelt werden. Von entscheidendem Einfluss war dabei die Höhe des "bereinigten Rabatt-ApU". Zur Ermittlung dieses "bereinigten Rabatt-ApU" wurden zu dem vom Bieter jeweils angebotenen Rabatt-Abgabepreis zunächst etwaige festbetragsbedingte Aufzahlungen addiert.

4

Nachdem die Allgemeinen Ortskrankenkassen der Beschwerdeführerin mitgeteilt hatten, dass sie keinen Zuschlag auf ihre Gebote erhalten sollte, stellte sie einen Vergabenachprüfungsantrag. Sie machte unter anderem geltend, die Allgemeinen Ortskrankenkassen seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Vorgaben des § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V einzig und allein dadurch hätten umgesetzt werden können, dass der Betrag einer etwaigen festbetragsbedingten Aufzahlung als Summand im Rahmen der Berechnung des bereinigten Rabatt-ApU berücksichtigt wird. Mit dieser Formel werde den Anbietern von Festbetragsarzneimitteln, die über dem Festbetrag liegen, von vornherein jede Chance auf den Zuschlag genommen. Die gesetzlichen Vorgaben hätten auch dadurch umgesetzt werden können, dass der Rabattvertragspartner unmittelbar im Rabattvertrag zur Erstattung der von den Allgemeinen Ortskrankenkassen zunächst gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB V zu tragenden Mehrkosten verpflichtet wird. Jegliche festbetragsbedingten Mehrkosten würden auf diese Weise für die Allgemeinen Ortskrankenkassen zu einem durchlaufenden Posten, der letztlich vom Rabattvertragspartner zu tragen wäre; gleichzeitig würde den Ausschreibungswettbewerb derjenige gewinnen, der tatsächlich - ungeachtet seiner generellen Preispolitik außerhalb des konkreten Rabattvertragsverhältnisses - den Allgemeinen Ortskrankenkassen den höchsten Rabatt einräume.

5

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde. Diese hat das Landessozialgericht zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt, die Berechnungsformel zur Ermittlung des Zuschlagskriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU" sei nicht vergaberechtswidrig. Die Formel bewirke keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Unternehmen, die ihre Arzneimittel über den jeweils geltenden Festbeträgen anbieten. Die Einführung des Festbetrags ziele durch Anreizung des Wettbewerbs unter Leistungserbringern letztlich darauf, dass sich Preise auf oder unter der Höhe des Festbetrags am Markt etablieren. Von diesem gesetzlich angestrebten Regelfall gehe die Berechnungsformel der Allgemeinen Ortskrankenkassen zur Bewertung der Angebote aus. Die Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Steuerungsinstrument der Festbeträge beimesse, verdeutlichten ferner die Regelungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V. Dem trage die Berechnungsformel Rechnung. Die Anknüpfung an die jeweils geltenden Festbeträge für die zu rabattierenden Arzneimittel stelle im Hinblick auf die Gesetzeslage nicht nur ein sachgerechtes und naheliegendes, sondern wegen § 31 Abs. 2 Satz 3 SGB V auch notwendiges Kriterium gerade auch für die Angebotswertung dar. Der Gesetzgeber verfolge hier erkennbar das Ziel, zu verhindern, dass im Rahmen von Verträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V erzielte Rabatte durch das Überschreiten von Festbeträgen minimiert oder gar ausgeglichen würden. Bei dieser Sachlage sei es nur folgerichtig, wenn die Allgemeinen Ortskrankenkassen bestrebt seien, diese gesetzgeberische Absicht bereits im Rahmen der Angebotswertung zu berücksichtigen. Es habe sich den Allgemeinen Ortskrankenkassen deshalb keineswegs aufdrängen müssen, zum Zwecke der Wahrung dieser gesetzgeberischen Vorgaben außerhalb des Bewertungsverfahrens durch eine entsprechende Erstattungsverpflichtung der pharmazeutischen Unternehmen die Beachtung dieser gesetzgeberischen Absicht zu gewährleisten. Eine entsprechende Verpflichtung im Rabattvertrag, wie sie der Beschwerdeführerin vorgeschwebt habe, hätte zudem für die Allgemeinen Ortskrankenkassen einen höheren Verwaltungsaufwand wegen der nachträglich durchzuführenden Erstattung, eine Vorleistungspflicht verbunden mit einem Zinsverlust und außerdem ein erweitertes Insolvenzrisiko bedeutet.

6

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG durch den Beschluss des Landessozialgerichts.

7

a) Ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit, hilfsweise ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Dispositionsfreiheit, werde verletzt, weil die Wertungssystematik der Allgemeinen Ortskrankenkassen ihre Preisbildungsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beschränke. Die angegriffene Wertungssystematik habe direkten Einfluss auf die Entscheidung eines pharmazeutischen Unternehmers, zu welchem generellen Preis er sein Arzneimittel anbiete. Denn wolle er nicht faktisch von derartigen Ausschreibungen ausgeschlossen werden, reiche es nicht aus, den Krankenkassen im Rahmen von Rabattausschreibungen festbetragsgebundene Arzneimittel zu einem besonders günstigen (rabattierten) Preis anzubieten. Vielmehr werde er gezwungen, den unabhängig von einer konkreten Rabattausschreibung geltenden Normalpreis so festzusetzen, dass keine Festbetragsüberschreitung entstehe. Zur Ermittlung des preisgünstigsten Angebots sei diese Wertungssystematik ungeeignet. Sie ziele nicht primär darauf ab, den günstigsten Rabatt-Abgabepreis zu erzielen; vielmehr gehe es um eine Preissteuerung außerhalb des konkreten Rabattausschreibungsverfahrens.

8

Der vorliegende Eingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil er nicht erforderlich sei, um den angestrebten Zweck, nämlich den Ausgleich der durch Überschreitung des Festbetrags entstehenden Mehrkosten, zu erreichen. Aus § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V ergebe sich nicht, dass der Mehrkostenausgleich zwingend im Rahmen der Wertungssystematik zu berücksichtigen sei. Das angestrebte Ziel lasse sich gleichermaßen durch eine vertragliche Ausgleichsverpflichtung erreichen. Eine solche Vorgehensweise werde tatsächlich von anderen Krankenkassen gewählt. Entgegen der Ansicht des Landessozialgerichts wäre sie auch gleich geeignet wie die beanstandete Wertungssystematik. Es entstehe weder ein höherer Verwaltungsaufwand noch eine Vorleistungspflicht verbunden mit einem Zinsverlust; sie habe auch nicht ein erweitertes Insolvenzrisiko zur Folge. Die Abrechnung der Rabattverträge erfolge ohnehin im Wege einer nachträglichen Erstattung des Rabatts durch die pharmazeutischen Unternehmen an die Krankenkassen. Der Ausgleich der von der Krankenkasse zu zahlenden Mehrkosten durch den Auftragnehmer wäre im Rahmen dieses Abrechnungssystems lediglich ein zusätzlicher Posten. Mit einer vertraglichen Ausgleichsverpflichtung wäre auch keine Vorleistungspflicht verbunden, die über das hinausgehen würde, was auch ohne eine solche vertragliche Regelung zu den Pflichten der Krankenkasse gehören würde. Wegen des angesprochenen Insolvenzrisikos verweist die Beschwerdeführerin auf die Eignungsprüfung im Rahmen des Vergabeverfahrens; dort sei die finanzielle Leistungskraft der Unternehmen bereits Gegenstand.

9

b) Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil durch die beanstandete Wertungssystematik Angebote für Arzneimittel, deren Preis über dem Festbetrag liege, anders behandelt würden als Angebote für Arzneimittel, deren Preis den Festbetrag nicht überschreite. Dafür liege kein hinreichender sachlicher Grund vor.

II.

10

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Für eine Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grundrechte ist nichts ersichtlich.

11

1. Es liegt kein Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin vor. Das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit den Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfGE 101, 331 <347>; 106, 275 <298>; 117, 163 <181>). Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Art. 12 Abs. 1 GG sichert in diesem Rahmen die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>). Dagegen umfasst das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; 116, 135 <152>). Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber und die der Vergabeentscheidung zugrunde gelegten Kriterien berühren grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers. Bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags beeinflusst die handelnde staatliche Stelle den Wettbewerb nicht von außen, sondern wird selbst auf der Nachfrageseite wettbewerblich tätig und eröffnet so einen Vergabewettbewerb zwischen den potentiellen Anbietern. Dabei ist es grundsätzlich Sache des Nachfragers, nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren er das günstigste Angebot auswählt. Dementsprechend trägt ein Wettbewerber auf der Angebotsseite stets das Risiko, dass seinem Angebot ein anderes, für den Nachfrager günstigeres vorgezogen wird (vgl. BVerfGE 116, 135 <151 f.>).

12

So liegt es auch hier. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen werden bei der Ausschreibung von Rabattverträgen als Nachfrager auf dem Arzneimittelmarkt wettbewerblich tätig. Es sind keine besonderen Umstände dargetan oder sonst zu erkennen, aufgrund derer die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte Berechnungsformel zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Angebote und die Nichtberücksichtigung der Beschwerdeführerin ausnahmsweise dennoch an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sein könnten. Dies wäre der Fall, wenn die angewandten Bewertungskriterien nach ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen einen Ersatz für eine staatliche Maßnahme darstellen würden, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre (vgl. BVerfGE 105, 252 <273>; 116, 135 <153>; 118, 1 <20>). An einer eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen lediglich ein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten Regelung sind (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; 116, 202 <222>). Zwar werden die Chancen eines Unternehmens, dessen Arzneimittel zu einem Preis oberhalb des Festbetrags verkauft werden, durch die angegriffene Berechnungsformel erheblich verringert. Die Marktstellung der ausschreibenden Allgemeinen Ortskrankenkassen mag dazu führen, dass sich pharmazeutische Unternehmen deshalb veranlasst sehen, eine Festbetragsüberschreitung zu vermeiden. Die Berechnungsformel berücksichtigt eine etwaige Überschreitung des Festbetrags aber nicht zu dem erkennbaren Zweck, einer solchen Überschreitung generell entgegenzuwirken, sondern zielt darauf ab, die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Hinblick auf den abzuschließenden Rabattvertrag zu ermitteln. Etwaige Auswirkungen auf die allgemeine Preisgestaltung der am Vergabeverfahren teilnehmenden pharmazeutischen Unternehmen stellen sich lediglich als Reflex dar. Dabei kommt es für die Frage nach dem Vorliegen eines Eingriffs in die Berufsfreiheit nicht entscheidend darauf an, ob es andere Bewertungsmöglichkeiten gegeben hätte. Auch die besondere Marktmacht der Allgemeinen Ortskrankenkassen ändert an der Beurteilung nichts (vgl. BVerfGE 116, 135 <153>).

13

2. Zu messen ist die angegriffene Entscheidung allerdings am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Einer staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen (vgl. BVerfGE 116, 135 <153>). Auch insoweit ist der Beschluss des Landessozialgerichts jedoch nicht zu beanstanden. Es ist nicht zu erkennen, dass die Allgemeinen Ortskrankenkassen bei der vom Fachgericht gebilligten Ausgestaltung des Zuschlagskriteriums "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU" willkürlich verfahren wären.

14

Die beanstandete Berechnungsformel dient der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Dieses von § 97 Abs. 5 GWB vorgegebene Zuschlagskriterium dient gerade der von Art. 3 Abs. 1 GG geforderten sachgerechten Differenzierung zwischen den Bietern (vgl. dazu Pünder, VerwArch 95 <2004>, S. 38 <42 f.>; Pollmann, Der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz im öffentlichen Vergaberecht, 2009, S. 43 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat nicht zu beurteilen, ob die Kriterien, die ein öffentlicher Auftraggeber bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zugrunde gelegt hat, zweckmäßig sind und ob das einfache Recht objektiv richtig angewendet wurde (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, NJW-RR 2009, S. 1502 <1503 f.>; zur Prüfungsdichte im fachgerichtlichen Verfahren vgl. Otting, in: Bechtold, GWB, 6. Aufl. 2010, § 97 Rn. 53; Bungenberg, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2, GWB, 2. Aufl. 2009, § 97 Rn. 69 f.). Es prüft lediglich, ob eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts vorliegt, wie insbesondere dann, wenn die Wirtschaftlichkeit anhand offensichtlich sachwidriger Kriterien bestimmt wird. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen.

15

Die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte Berechnungsformel knüpft an § 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V an. Für das Vergabeverfahren folgt aus diesen Regelungen, dass sichergestellt sein muss, dass der Bieter zum Zuge kommt, dessen Angebot auch unter Berücksichtigung etwaiger durch eine Festbetragsüberschreitung bedingter Mehrkosten das wirtschaftlichste ist. Es ist keine Frage spezifischen Verfassungsrechts, ob die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen angewandte und vom Landessozialgericht gebilligte Berechnungsformel den einfachgesetzlichen Vorgaben in optimaler Weise Rechnung trägt oder gar geboten ist. Sie ist jedenfalls nicht offensichtlich sachwidrig. Es erscheint zwar denkbar, dass der gesetzlich geforderte Ausgleich einer etwaigen Festbetragsüberschreitung auch anders hätte gewährleistet werden können, etwa - wie von der Beschwerdeführerin gefordert - durch eine vertraglich gesondert geregelte Erstattungspflicht außerhalb der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Mit dieser Alternative haben sich die Vergabekammer und das Landessozialgericht auseinander gesetzt und sie willkürfrei verworfen. Soweit das Landessozialgericht darauf abstellt, dass die Krankenkassen mit dem Ausgleich der Festbetragsüberschreitung in Vorleistung treten müssen, weist die Beschwerdeführerin zwar zutreffend darauf hin, dass die vereinbarten Rabatte auch im Übrigen im Wege einer nachträglichen Erstattung gewährt werden. Das ändert aber nichts daran, dass sich durch eine Festbetragsüberschreitung der Betrag erhöht, mit dem die Krankenkassen in Vorleistung zu treten haben. Soweit das Landessozialgericht davon ausgeht, dass für die Krankenkassen damit ein höherer Verwaltungsaufwand, ein Zinsverlust und ein erweitertes Insolvenzrisiko einhergingen, handelt es sich um eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende fachgerichtliche Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18. Juli 2011 - S 1 KR 325/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8.; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 60 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Bestimmung eines Krankenhauses der Beigeladenen zu 8. zur ambulanten Diagnostik und Versorgung in einem Teilbereich der Onkologie nach § 116b Abs 2 SGB V in der bis zum 31.12.2011 gültigen Fassung.

2

Die Kläger betreiben in S. eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis mit onkologischem Tätigkeitsschwerpunkt in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Beigeladene zu 8. ist Trägerin eines ebenfalls in S. ansässigen und als onkologisches Zentrum zertifizierten Krankenhauses. Hierfür beantragte sie am 24.5.2007 sowie unter Vorlage weiterer Unterlagen ergänzend am 2.4.2008 die Zulassung zur ambulanten Diagnostik und Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen gemäß § 116b Abs 2 SGB V. Nach Anhörung der Beigeladenen zu 1. bis 7., die sich jeweils gegen die beantragte Zulassung aussprachen, gab der Beklagte dem Antrag mit Bescheid vom 1.9.2009 statt und bestimmte die von der Beigeladenen zu 8. betriebene Klinik zur "ambulanten Diagnostik und Versorgung von erwachsenen Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren" gemäß § 116b Abs 2 S 1 SGB V.

3

Die von den Klägern hiergegen am 28.10.2009 erhobene Klage hat das SG unter Berufung auf deren fehlende Anfechtungsberechtigung als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 18.7.2011). Die Kläger seien weder Adressaten der angefochtenen Entscheidung noch komme den hier einschlägigen Vorschriften des einfachen Rechts - insbesondere § 116b Abs 2 SGB V - eine drittschützende Wirkung für konkurrierende Vertragsärzte zu. Eine solche ergebe sich insbesondere nicht aus einer Vorrangstellung der niedergelassenen Vertragsärzte im Vergleich zu den die Zulassung begehrenden Krankenhäusern, weil die Berechtigung nach § 116b Abs 2 SGB V bedarfsunabhängig ausgestaltet sei. Die vertragsärztliche Versorgungssituation sei lediglich objektiv zu berücksichtigen, dh in die Abwägung einzubeziehen, gewähre dem einzelnen Vertragsarzt aber kein einklagbares Recht.

4

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Zum einen seien allein die für das Vertragsarztrecht zuständigen Spruchkörper zur Entscheidung über Streitverfahren nach § 116b Abs 2 SGB V berufen, sodass die durch einen für Angelegenheiten der Sozialversicherung zuständigen Spruchkörper des SG getroffene Entscheidung gegen Art 101 Abs 1 S 2 GG verstoße. Zum anderen habe die Vorinstanz § 116b Abs 2 SGB V fehlerhaft ausgelegt. Sie - die Kläger - seien aufgrund der drittschützenden Wirkung dieser Norm zur Anfechtung des zugunsten der Beigeladenen zu 8. ergangenen Bestimmungsbescheides berechtigt, weil das Berücksichtigungsgebot des § 116b Abs 2 S 1 SGB V und die Beschränkung der Bestimmung auf Katalogbehandlungen Ausdruck eines tendenziellen Vorrangs der vorhandenen vertragsärztlichen Versorgung seien. Die Anfechtungsberechtigung folge zudem aus Art 12 Abs 1 GG, weil die Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten Leistungserbringung in die Berufsausübungsfreiheit der zugelassenen Vertragsärzte eingreife, indem durch einen im Zusammenhang mit der Planung und Verteilung staatlicher Mittel stehenden Einzelakt eine asymmetrische Wettbewerbssituation geschaffen werde. In der Sache sei der Bescheid des Beklagten aufgrund der unzureichenden Eignungsprüfung rechtswidrig.

5

Die Kläger beantragen,
das Urteil des SG für das Saarland vom 18.7.2011 - S 1 KR 325/10 - zu ändern und den Bescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 1.9.2009 aufzuheben.

6

Der Beklagte und die Beigeladene zu 8. verteidigen die angefochtene Entscheidung und beantragen,

 die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Sprungrevision der Kläger, zu deren Entscheidung der Senat sowohl unter dem Blickwinkel der Rechtswegzuständigkeit (dazu A) als auch der Spruchkörperzuständigkeit (dazu B) befugt ist, ist zulässig (dazu C), aber unbegründet (dazu D), weil der angefochtene Bescheid zwar formell und materiell rechtswidrig ist, die Kläger aber nicht in eigenen Rechten verletzt.

8

A. Die Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten folgt vorliegend bereits aus der (inzidenten) Bejahung der Rechtswegzuständigkeit durch das SG, an die das Revisionsgericht nach § 17a Abs 5 GVG gebunden ist(BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 14 ff). Die Entscheidung des SG über den Rechtsweg ist aber auch inhaltlich zutreffend, weil die Anfechtung der Bestimmung eines Krankenhauses zur Teilnahme an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung nach § 116b Abs 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung(dazu unter D. 1.) durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG vom 26.3.2007 - BGBl I 378 - im Folgenden § 116b SGB V aF)eine Angelegenheit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) betrifft, über die nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu befinden haben(BVerfG Beschluss vom 31.7.2008 - 1 BvR 840/08 - RdNr 6; ebenso BGH Beschluss vom 17.8.2011 - I ZB 7/11), nicht hingegen die unter die Sonderzuweisung des § 8 Abs 1 S 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und damit in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallende Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan. Der in § 116b Abs 2 S 1 SGB V aF enthaltene Verweis auf "Krankenhausplanung des Landes" hat lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung(dazu unter D. 3. a), während das für die Rechtswegzuständigkeit maßgebende Rechtsverhältnis, aus dem das Klagebegehren hergeleitet wird (zum Maßstab: BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN), materiell dem krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrecht zuzuordnen ist.

9

B. Der erkennende Senat ist als für Angelegenheiten der GKV zuständiger Spruchkörper zur Entscheidung über Streitigkeiten der vorliegenden Art befugt, weil es sich um eine dem krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrecht (dazu unter 1.), nicht hingegen um eine dem Vertragsarztrecht zuzuordnende Streitigkeit iS des § 10 Abs 2 SGG handelt(dazu unter 2.). Es besteht auch keine Veranlassung, in dieser Frage den Großen Senat (GrS) des BSG anzurufen (dazu unter 3.).

10

1. Für die Spruchkörperzuständigkeit ist ebenso wie für die Rechtswegzuständigkeit die materiell-rechtliche Zuordnung eines Klagebegehrens maßgebend (BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 5). Von diesem Maßstab ausgehend sind vorliegend die für Angelegenheiten der GKV gebildeten Spruchkörper zur Entscheidung berufen, weil die von den Klägern begehrte Aufhebung der Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung nach § 116b Abs 2 SGB V aF materiell-rechtlich dem krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrecht zuzuordnen ist.

11

2. Eine Zuständigkeit der besonderen Spruchkörper für das Vertragsarztrecht als speziellen Teilbereich des krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrechts (§ 10 Abs 2 SGG) besteht hingegen nicht. Dies gilt auch für die seit Jahresbeginn 2012 gültige Fassung des § 116b Abs 2 SGB V(dazu unter D. 1.), soweit nicht vertrags(zahn-)ärztliche Leistungserbringer betroffen sind.

12

Ausgehend vom Wortlaut des als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden § 10 Abs 2 SGG(zum Ausnahmecharakter vgl: BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG Vorlagebeschluss vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B) handelt es sich vorliegend nicht um eine dem Vertragsarztrecht zuzuordnende Streitigkeit. Zum Vertragsarztrecht zählen nur Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen (KK) und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 10 Abs 2 S 1 SGG), nicht hingegen Klagen gegen die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung nach § 116b Abs 2 SGB V aF. Diesen Streitigkeiten liegt weder eine Beziehung zwischen vertragsärztlichen Leistungserbringern und KK zugrunde noch weisen sie einen Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung auf. § 116b Abs 2 SGB V aF regelt das Rechtsverhältnis zwischen der landesrechtlich zuständigen Krankenhausplanungsbehörde und einem Krankenhaus im Hinblick auf dessen Berechtigung zur ambulanten Erbringung spezialärztlicher Leistungen. Diese Berechtigung nach § 116b Abs 2 SGB V aF gewährt den Krankenhäusern keinen Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung. Vielmehr handelt es sich um eine neue sektorenübergreifende Versorgungsform, die neben die ambulante Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte und die stationäre Versorgung durch Krankenhäuser tritt (iS einer neuen Versorgungsform schon BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 13) und daher keiner der herkömmlichen Versorgungsformen - mithin auch nicht der vertragsärztlichen Versorgung - zuzuordnen ist. Dementsprechend werden die auf der Grundlage von § 116b Abs 2 SGB V aF erbrachten Leistungen auch nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung, sondern unmittelbar von den KK nach eigenen Berechnungsgrundsätzen vergütet(§ 116b Abs 5 SGB V aF). Zudem entscheidet über die Berechtigung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung nicht - wie im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung üblich - ein aus Ärzten und KK-Vertretern bestehender Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V) im Wege der Ermächtigung, sondern die nach dem Krankenhausplanungsrecht zuständige Behörde durch Verwaltungsakt (dazu unter C. 2. c). Die in § 116b Abs 3 S 2 und Abs 5 S 2 SGB V aF angeordnete "nur" entsprechende Geltung der vertragsärztlichen Maßstäbe bestätigt den fehlenden vertragsärztlichen Charakter der ambulanten spezialärztlichen Versorgung nach § 116b Abs 2 SGB V aF.

13

Entsprechendes gilt für die am 1.1.2012 in Kraft getretene Neufassung des § 116b SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983). Die Neufassung bestätigt und verdeutlicht den eigenständigen, nicht vertragsärztlichen Charakter der spezial(fach)ärztlichen Versorgung, indem nunmehr Vertragsärzte und Krankenhäuser in einem sektorenverbindenden Versorgungsbereich unter einheitlichen Bedingungen und Qualifikationsvoraussetzungen ambulante Leistungen erbringen, die unmittelbar von den KK nach einem eigenen Vergütungssystem honoriert werden (dazu unter D. 1.).

14

Die Tatsache, dass vorliegend vertragsärztliche Leistungserbringer gegen die nach § 116b SGB V aF erteilte Bestimmung klagen, begründet ebenfalls nicht die Zuständigkeit der Spruchkörper für das Vertragsarztrecht. Zum einen ist für die Spruchkörperzuständigkeit allein die materiell-rechtliche Zuordnung der begehrten Rechtsfolge maßgebend, nicht dagegen der Status der Hauptverfahrensbeteiligten (BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 12; anders tendenziell - aber unzutreffend - der 6. Senat des BSG: BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 20 ff; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 16; nunmehr wohl eher im hier vertretenen Sinne: BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 18 ff; BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 21). Zum anderen steht dem der Ausnahmecharakter des § 10 Abs 2 SGG entgegen. Die Zuständigkeit der Spruchkörper für das Vertragsarztrecht bildet wegen der besonderen Besetzung der Richterbank (§ 12 Abs 3 SGG) eine von der Regelzuständigkeit des § 10 Abs 1 SGG abweichende und daher rechtfertigungsbedürftige Ausnahme(BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 5; BSG Beschluss vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B). Von der Intention her sollen im Vertragsarztrecht als Teilbereich des Leistungserbringerrechts nur solche Personen im Spruchkörper mitwirken, die sachkundig und mit der besonderen Materie sowie den tatsächlichen Verhältnissen vertraut sind (BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 9 mwN). Daher ist die Zuständigkeit der Spruchkörper für das Vertragsarztrecht nur gerechtfertigt, wenn im Kern die vertragsärztliche Versorgung bzw der Status vertragsärztlicher Leistungserbringer und die damit unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten Gegenstand des Verfahrens sind. Dies ist zB der Fall, wenn Fragen der vertragsärztlichen Zulassung und Vergütung (BSG aaO) oder besondere Formen der ambulanten Versorgung durch Vertragsärzte (§§ 73b, 73c SGB V) bzw die Beteiligung stationärer Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Versorgung (BT-Drucks 17/6764 S 26) den Streitgegenstand bilden. Dagegen reicht eine bloße mittelbare Betroffenheit von Vertragsärzten als Systembeteiligte nicht aus, insbesondere dann nicht, wenn keine vertragsärztliche Leistungserbringung im Streit steht (BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 12). Eine solche nur mittelbare Systembeteiligung ist jedoch vorliegend Grundlage des klägerischen Begehrens, da sich die Kläger gegen die wirtschaftlichen Folgen einer nicht die vertragsärztliche Versorgung betreffenden Entscheidung wenden.

15

Die Zuständigkeit der Spruchkörper für GKV-Angelegenheiten auch für Verfahren nach § 116b SGB V wird durch die Begründung zu Art 8 Nr 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (4. SGB IV-ÄndG) vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) ausdrücklich bestätigt. Mit dem 4. SGB IV-ÄndG hat der Gesetzgeber die Legaldefinition des Vertragsarztrechts in § 10 Abs 2 SGG durch Einfügung eines Satzes 2 konkretisiert. Hintergrund dieser Konkretisierung sind die vermehrten Zuständigkeitsstreitigkeiten aufgrund der in den vergangenen Jahren gewachsenen Vielfalt und der Mischformen der Leistungserbringung in der GKV (BT-Drucks 17/6764 S 25). Nach dem neu eingefügten § 10 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG zählen zu den Vertragsarztangelegenheiten ua die Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Teilnahme stationärer Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Versorgung aufgrund von Ermächtigungen nach den §§ 116, 116a, 117 bis 119b SGB V. Dagegen zählen Klagen, die die Versorgung auf der Grundlage von § 116b SGB V betreffen, ausweislich der Gesetzesbegründung, nicht zum Vertragsarztrecht, weil sie nicht der vertragsärztlichen Versorgung zuzuordnen sind(BT-Drucks 17/6764 S 26). Zwar ist § 10 Abs 2 S 2 SGG erst mit Wirkung zum 1.1.2012 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten, der Gesetzgeber hat jedoch mit der in § 10 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG getroffenen Regelung keine Rechtsänderung vorgenommen, sondern lediglich klargestellt, was ohnehin bereits geltendem Recht entsprach(BT-Drucks aaO). Der zeitliche Anwendungsbereich der Neufassung ist vorliegend deshalb ohne Bedeutung.

16

3. Der erkennende Senat sieht sich durch die gegenteilige Rechtsauffassung des 6. Senats zur Spruchkörperzuständigkeit für Verfahren nach § 116b SGB V aF nicht an einer Entscheidung in der Sache gehindert. Soweit der 6. Senat in seiner Entscheidung vom 6.5.2009 die Ansicht vertreten hat, die Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante Versorgung nach § 116b Abs 2 SGB V aF betreffe den Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung und damit Vertragsarztrecht im prozessualen Sinne(BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 25), sind diese Ausführungen nicht entscheidungstragend gewesen, sodass eine die Vorlage zum GrS des BSG erforderlich machende Divergenz (§ 41 Abs 2 SGG) fehlt. Die Entscheidung des 6. Senats vom 3.2.2010 (BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2) betraf zwar im Kern die Vorschrift des § 116b SGB V aF, hatte aber eine hinsichtlich der Beteiligten und des Streitgegenstandes vom vorliegenden Fall abweichende Konstellation zum Gegenstand(Klage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gegen die auf der Grundlage von § 116b Abs 4 iVm Abs 3 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossene Richtlinie), sodass auch insoweit eine zur Vorlage verpflichtende Divergenz fehlt (zum Ausschluss der Divergenz bei abweichendem Sachverhalt: BSGE 95, 286 = SozR 4-2600 § 266 Nr 1, RdNr 31 ff; BSGE 93, 85 = SozR 4-5050 § 22b Nr 2 RdNr 33).

17

Eine Vorlage zum GrS des BSG ist auch nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage geboten (§ 41 Abs 4 SGG). Von dem ihm nach § 41 Abs 4 SGG gesetzlich eingeräumten Vorlageermessen macht der erkennende Senat vorliegend keinen Gebrauch, weil divergierende Entscheidungen in Streitverfahren nach § 116b SGB V angesichts der zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Konkretisierung des § 10 Abs 2 SGG nicht mehr zu erwarten sind. Die aktuelle Fassung des § 10 Abs 2 SGG und die hierfür maßgebliche Gesetzesbegründung ermöglichen künftig eine eindeutige Abgrenzung der Spruchkörperzuständigkeit in Streitverfahren der vorliegenden Art sowie darüber hinaus auch in sonstigen Streitverfahren, die sich im Zusammenhang mit der ambulanten spezial(fach)ärztlichen Versorgung nach § 116b SGB V stellen, wie zB Klagen betreffend die Richtlinien des GBA zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus nach § 116b Abs 4 SGB V, die nach dem Willen des Gesetzgebers ebenfalls zu den Angelegenheiten der GKV zählen(BT-Drucks 17/6764 S 26). Eine Entscheidung des GrS könnte allenfalls für eine aufgrund der Übergangsregelung des zum Jahresbeginn 2012 in Kraft getretenen § 116b Abs 8 S 1, 2 iVm Abs 4 S 1 SGB V begrenzte Anzahl von "Altfällen" von Bedeutung sein. Allerdings weisen Rechtsfragen, die in diesem Sinne auslaufendes Recht betreffen, nicht die im Rahmen von § 41 Abs 4 SGG erforderliche grundsätzliche Bedeutung auf(Kronisch in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 11 RdNr 51; Pietzner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd I, Stand September 2011, § 11 VwGO RdNr 53). Im Übrigen ermöglicht § 10 Abs 2 SGG nF auch in diesen Altfällen eine eindeutige Abgrenzung der Spruchkörperzuständigkeit, weil es sich bei der mit dem 4. SGB IV-ÄndG vorgenommenen Konkretisierung des Vertragsarztbegriffs um eine Klarstellung handelt, sodass die hierfür maßgebenden und eine zweifelsfreie Zuordnung erlaubenden Motive des Gesetzgebers auch für die noch nach § 116b SGB V aF zu beurteilenden Fallkonstellationen von Bedeutung sind.

18

C. Die vom SG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Sprungrevision (§ 161 Abs 2 S 1 iVm § 160 Abs 2 Nr 1 SGG)der Kläger ist zulässig.

19

1. Der (Revisions-)Beklagte hat sowohl der Zulassung der Sprungrevision durch das SG als auch der Einlegung der Sprungrevision in Form einer schriftlichen (§ 161 Abs 1 S 1 SGG) und der Revisionsschrift beigefügten Erklärung (§ 161 Abs 1 S 3 SGG) zugestimmt. Eine Zustimmung der Beigeladenen war nicht erforderlich, weil keiner der Beigeladenen vom SG nach § 75 Abs 5 SGG verurteilt worden ist(vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 161 RdNr 3b).

20

2. Auch die im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.

21

a) Verfahrensbeteiligt auf der Klägerseite sind vorliegend die Kläger zu 1. bis 3. in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Mitglieder einer in der Rechtsform der GbR betriebenen Gemeinschaftspraxis (zur Rechtsfähigkeit und Aktivlegitimation der Gemeinschaftspraxis vgl BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17 unter Verweis auf BGHZ 146, 341, 345, 351 f).

22

b) Richtiger Beklagter ist das saarländische Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz als Rechtsnachfolger der für den Erlass des angefochtenen Bescheides zuständigen Krankenhausplanungsbehörde (§ 22 Abs 1 S 1 Saarländisches Krankenhausgesetz - KHG SL, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.11.2010 - Amtsbl SL I 1420 iVm Ziff 8 der Bekanntmachung der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden vom 10.11.2009 - Amtsbl SL I 1830, 1833 iVm § 4 Abs 2 Landesorganisationsgesetz Saarland idF der Bekanntmachung vom 27.3.1997 - Amtsbl SL I 410, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.11.2010 - AmtsBl SL I 1420), weil das Saarland von der Option des § 70 Nr 3 SGG Gebrauch gemacht hat und die Beteiligtenfähigkeit von Behörden vor den Sozialgerichten vorsieht(§ 9 Saarländisches Ausführungsgesetz zum SGG, zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.2.2006 - Amtsbl SL I 474, 530 iVm § 1 Abs 1 der Verordnung über die Vertretung des Saarlandes vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.11.2010 - Amtsbl SL I 1420). Das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu korrigieren.

23

c) Zutreffende Klageart ist die - hier auch so erhobene - und ohne Vorverfahren zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 iVm § 78 Abs 1 S 2 Nr 2 SGG).

24

Die von den Klägern begehrte Aufhebung der Bestimmung der C. Klinik S. zur ambulanten Diagnostik und Versorgung von erwachsenen Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren ist ein Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB X. Bei der Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung nach § 116b Abs 2 SGB V aF handelt es sich - ungeachtet der vom Gesetzgeber gewählten Terminologie - um eine "Entscheidung … im Rahmen der Krankenhausplanung"(BT-Drucks 16/3100 S 139), dh in einem Über-Unterordnungsverhältnis, mit der einem Krankenhaus im Einzelfall verbindlich und mit Außenwirkung die Berechtigung zur ambulanten Erbringung der in § 116b Abs 3 und 4 SGB V aF genannten Katalogleistungen erteilt und somit eine unmittelbare Rechtsfolge gesetzt wird(in diesem Sinne auch: Sächsisches LSG Beschluss vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER mwN; LSG NRW in stRspr, zuletzt Beschluss vom 4.5.2011 - L 11 KA 120/10 B ER mwN; Hänlein in LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 116b RdNr 17; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 116b RdNr 18, Stand Juli 2009; Hess in Kasseler Komm, SGB V, § 116b RdNr 6c, Stand Dezember 2010). Die Ausgestaltung des Entscheidungsprozesses (BT-Drucks 16/3100 S 87 f, 89) - insbesondere die Einleitung des Bestimmungsverfahrens auf Antrag (§ 116b Abs 2 S 1 SGB V aF) und das behördliche Letztentscheidungsrecht (BT-Drucks 16/3100 S 140) - bestätigen den Verwaltungsaktcharakter der Bestimmung.

25

d) Anhaltspunkte für eine Verfristung der Klage bestehen nicht. Der angefochtene Bescheid wurde den Klägern nicht bzw nicht in ihrer Eigenschaft als niedergelassene Vertragsärzte bekanntgegeben, sodass es an den gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn der Monatsfrist des § 87 Abs 1 S 1 SGG bzw der Jahresfrist des § 66 Abs 2 S 1 SGG fehlt. Von einer Verwirkung des Klagerechts kann ebenfalls nicht ausgegangen werden (zur Verwirkung des Klagerechts bei Drittbetroffenheit: BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 15 RdNr 26).

26

e) Die Kläger sind auch als niedergelassene Vertragsärzte im Einzugsbereich der nach § 116b Abs 2 SGB V aF bestimmten Klinik mit vergleichbarem Leistungsspektrum klagebefugt, obwohl sie nicht Adressaten des angefochtenen Bescheides sind.

27

Die Klagebefugnis für eine Anfechtungsklage setzt nach § 54 Abs 1 S 2 SGG lediglich voraus, dass der Kläger schlüssig behauptet, durch den angefochtenen Verwaltungsakt beschwert, dh in eigenen Rechten verletzt zu sein(BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 18 mwN). Klagebefugt sind daher nicht nur die Adressaten eines belastenden Verwaltungsaktes, sondern auch Dritte, wenn und soweit deren Verletzung in eigenen Rechten zumindest möglich erscheint und nicht von vornherein ausgeschlossen ist (BSG aaO). Ob die angefochtene Entscheidung den Anfechtenden tatsächlich in eigenen Rechten verletzt, ist dagegen eine Frage der Begründetheit der Klage (dazu unter D. 4.).

28

Vorliegend kann offenbleiben, ob - wie von der Vorinstanz angenommen - eine Verletzung der Kläger in eigenen Rechten bereits in Anbetracht der kontrovers diskutierten und höchstrichterlich noch nicht geklärten drittschützenden Wirkung des § 116b Abs 2 SGB V aF als möglich angesehen werden kann(vgl dazu: BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18; ebenso Sächsisches LSG Beschluss vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER und LSG NRW in stRspr, zuletzt Beschluss vom 4.5.2011 - L 11 KA 120/10 B ER, jeweils zu § 116b Abs 2 SGB V aF), weil jedenfalls vor dem Hintergrund von Art 19 Abs 4 GG die gerichtliche Überprüfung einer behördlichen Entscheidung zumindest dann nicht ausgeschlossen werden darf, wenn der Gesetzgeber die bisherigen Versorgungsstrukturen durch Einführung einer neuen Versorgungsform weiterentwickelt und die hiervon betroffenen Systembeteiligten die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten - insbesondere Grundrechten - konkret darlegen können bzw eine solche nicht ausgeschlossen ist. Ist die Klage - wie im vorliegenden Fall - auf die Beseitigung der einem Dritten eingeräumten Rechtsposition gerichtet (defensive Konkurrentenklage), setzt die Klagebefugnis neben der Darlegung einer Verletzung in eigenen Rechten voraus, dass eine faktische Konkurrenzsituation schlüssig behauptet wird. Hiervon ausgehend ist ein Konkurrent zur Anfechtung einer nach § 116b Abs 2 SGB V aF erteilten Bestimmung befugt, wenn er darlegen kann, dass er im räumlichen Einzugsbereich der zur ambulanten Behandlung bestimmten Klinik tätig ist, die von der Bestimmung erfassten Leistungen anbietet und eine Verletzung in eigenen (Grund-)Rechten möglich ist.

29

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Kläger betreiben in S. eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis mit onkologischem Schwerpunkt und stehen daher räumlich und sachlich in Konkurrenz zu der nach § 116b Abs 2 SGB V aF zur ambulanten Diagnostik und Behandlung von Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren bestimmten, ebenfalls in S. ansässigen C. Klinik S. Zudem haben sie schlüssig behauptet, dass die angefochtene Bestimmung voraussichtlich zu einem ihre berufliche und wirtschaftliche Existenz gefährdenden Umsatzrückgang führen wird, sodass eine Verletzung der Grundrechte aus Art 12 Abs 1 und 3 Abs 1 GG zumindest nicht ausgeschlossen ist.

30

D. Die Revision ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bestimmungsbescheid ist zwar formell und materiell rechtswidrig (dazu unter 1. bis 3.), verletzt die Kläger aber nicht in eigenen Rechten (dazu unter 4.).

31

1. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung ist § 116b SGB V.

32

§ 116b SGB V wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) mit Wirkung zum 1.1.2004 eingeführt, um die sektoralen Grenzen der medizinischen Versorgung zu überwinden (BT-Drucks 15/1525 S 74). Während zunächst die Krankenhäuser aufgrund von Verträgen mit den KK und ihren Verbänden an der ambulanten Behandlung im Rahmen eines gesetzlich vorgegebenen spezialärztlichen Leistungsspektrums teilnehmen konnten, hat der Gesetzgeber diese von den KK kaum in Anspruch genommene Vertragskompetenz (vgl dazu BT-Drucks 16/3100 S 139) im Zuge des GKV-WSG vom 26.3.2007 durch ein Bestimmungsverfahren ersetzt, um die ambulante Behandlung im spezialärztlichen Bereich durch Krankenhäuser voranzutreiben (BT-Drucks 16/3100 S 87 f). Nach dieser am 1.4.2007 in Kraft getretenen und für den vorliegenden Rechtsstreit noch maßgebenden Fassung des § 116b SGB V ist ein zugelassenes Krankenhaus zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung im Rahmen des durch Abs 3 und 4 vorgegebenen Leistungs- und Behandlungsspektrums berechtigt, wenn und soweit es geeignet und im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes auf Antrag des Krankenhauses unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden ist, wobei eine einvernehmliche Bestimmung mit den an der Krankenhausplanung im Lande unmittelbar Beteiligten anzustreben ist(§ 116b Abs 2 SGB V aF). Für die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung gelten die Anforderungen für die vertragsärztliche Versorgung entsprechend (§ 116b Abs 3 S 2 SGB V aF). Zusätzliche Anforderungen können durch den GBA festgelegt werden (§ 116b Abs 4 S 4 SGB V aF). Die auf dieser Grundlage erbrachten Leistungen werden unmittelbar durch die KK vergütet (§ 116b Abs 5 SGB V aF).

33

Vorläufiger Schlusspunkt dieser Entwicklung ist die Neufassung des § 116b SGB V durch das am 1.1.2012 in Kraft getretene GKV-VStG (BGBl I 2011, 2983). § 116b SGB V nF eröffnet nunmehr einen spezialfachärztlichen Versorgungskorridor, in dem sowohl Krankenhäuser als auch niedergelassene Fachärzte unter gleichen Qualifikationsvoraussetzungen und einheitlichen Bedingungen ambulante Leistungen zur Versorgung von Versicherten mit schwer therapierbaren Krankheiten erbringen, die eine spezielle Qualifikation, interdisziplinäre Zusammenarbeit und besondere Ausstattungen erfordern. Dieser ambulante spezialfachärztliche Versorgungsbereich orientiert sich an dem in § 116b Abs 3 SGB V aF gesetzlich festgelegten und durch den GBA(auf der Grundlage von § 116b Abs 4 S 1 SGB V aF) erweiterten Leistungs- und Behandlungsspektrum. Zur Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung berechtigt sind vertragsärztliche Leistungserbringer und nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser, soweit sie die hierfür maßgebenden Anforderungen und Voraussetzungen erfüllen, dies gegenüber dem um Vertreter der Krankenhäuser in gleicher Zahl erweiterten Landesausschuss nach § 90 Abs 1 SGB V angezeigt haben und seit Eingang der Anzeige eine Frist von zwei Monaten verstrichen ist, ohne dass der Ausschuss die Nichterfüllung der Voraussetzungen mitgeteilt oder weitere Auskünfte verlangt hat(§ 116b Abs 2 S 1 und 4 SGB V nF). Soweit der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung erforderlich ist (§ 116b Abs 4 S 9 und 10 SGB V nF), sind diese Vereinbarungen ebenfalls Voraussetzung für die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (§ 116b Abs 2 S 2 SGB V nF). Die Anforderungen und Voraussetzungen für die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung werden vom GBA in einer Richtlinie geregelt (zwingende Regelungsinhalte: § 116b Abs 4 S 3 und 10 SGB V nF, optionale Regelungsinhalte: § 116b Abs 4 S 8 und 9 SGB V nF). Die Leistungen werden vorübergehend nach dem an die Besonderheiten der Versorgung nach § 116b SGB V angepassten Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (§ 116b Abs 6 S 7 und 8 SGB V nF) und für alle Leistungserbringer unmittelbar durch die KK vergütet (§ 116b Abs 6 S 1 SGB V nF). Dieses Vergütungssystem gilt übergangsweise bis zur Entwicklung eines eigenständigen Kalkulationssystems für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (§ 116b Abs 6 S 2 bis 7 SGB V nF).

34

2. Ausgehend von der zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung geltenden und aufgrund der Anfechtungssituation für den vorliegenden Fall noch maßgebenden Fassung des § 116b SGB V durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (zur Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der letzten Verwaltungsentscheidung für Anfechtungsklagen: BSGE 85, 98, 99 = SozR 3-2200 § 708 Nr 1 S 2 mwN; zu den - hier nicht einschlägigen - Ausnahmen: BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 26 f; BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f) ist der angefochtene Bestimmungsbescheid bereits formell rechtswidrig.

35

Die für die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorgaben ergeben sich sowohl aus § 116b SGB V aF - wie zB das Antragserfordernis(§ 116b Abs 2 S 1 SGB V aF) - als auch aus dem Krankenhausplanungsrecht der Länder, da die Entscheidung "im Rahmen der Krankenhausplanung" ergeht. Diese Bezugnahme auf das Krankenhausplanungsrecht hat ausschließlich verfahrensrechtliche Bedeutung (Klarstellung zu BSG Urteil vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 13) und ist insbesondere für die Behördenzuständigkeit und die Beteiligungsrechte relevant: Über die Teilnahme eines Krankenhauses an der ambulanten spezialärztlichen Behandlung entscheidet die nach dem Landesrecht zuständige Krankenhausplanungsbehörde auf Antrag des die Bestimmung begehrenden Krankenhauses unter Mitwirkung der an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten (§ 116b Abs 2 S 1 und 3 SGB V aF).

36

a) Vorliegend hat das Saarländische Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales und somit die zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung nach § 22 Abs 1 S 1 KHG SL zuständige Krankenhausplanungsbehörde die angefochtene Bestimmung vorgenommen.

37

b) Allerdings ist diese Entscheidung ohne Mitwirkung des an der Krankenhausplanung im Saarland unmittelbar beteiligten Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. - Landesausschuss Saarland ergangen. Ob dessen Beteiligung am Bestimmungsverfahren nach § 116b Abs 2 SGB V aF zweckmäßig und verfahrensfördernd ist, bedarf angesichts des uneingeschränkten Verweises des § 116b Abs 2 S 3 SGB V aF auf die Beteiligungsvorschriften des Krankenhausplanungsrechts und angesichts der ebenfalls eindeutigen Vorschrift des § 27 KHG SL keiner Wertung.

38

Der in der unterlassenen Beteiligung liegende Verstoß gegen § 116b Abs 2 S 3 SGB V aF iVm § 27 Abs 1 KHG SL ist ein im Revisionsverfahren nicht mehr heilbarer(§ 41 Abs 2 SGB X)Verfahrensfehler. Das der Behörde nach dem Willen des Gesetzgebers zustehende Letztentscheidungsrecht (BT-Drucks 16/3100 S 140) steht dem nicht entgegen, weil es erst bei einem versuchten, aber gescheiterten Einvernehmen greift und daher nicht von der Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsrechte entbindet (aA wohl Hencke in Peters, SGB V, § 116b RdNr 3a, Stand 1. Juli 2010). Dieser Verfahrensfehler ist auch nicht nach § 42 S 1 SGB X unbeachtlich, weil die Beteiligung im Rahmen des nach § 116b Abs 2 SGB V aF anzustrebenden Einvernehmens "mehr als ein bloßes Anhören" ist(BT-Drucks 16/3100 S 139) und daher in Anwendung des in § 42 S 2 SGB X enthaltenen Rechtsgedankens erst Recht nicht als unbeachtlich angesehen werden kann. Allerdings handelt es sich auch nicht um einen offensichtlichen und besonders schwerwiegenden Fehler, der im Widerspruch zu tragenden Verfassungsprinzipien und den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen steht und daher zur Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides nach § 40 Abs 1 SGB X führt(zum Maßstab der Nichtigkeit: Steinwedel in Kasseler Komm, SGB X, § 40 RdNr 12 ff, Stand Juli 2011 mwN). Vielmehr ist die unterlassene formelle Beteiligung im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Einvernehmens der fehlenden Mitwirkung eines Ausschusses oder einer Behörde und somit einem Verfahrensfehler vergleichbar, der grundsätzlich heilbar ist und daher nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führt (§ 41 Abs 1 Nr 3 und 4 SGB X; vgl dazu Steinwedel, aaO, RdNr 12).

39

3. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtswidrig. Zum einen lässt der Bescheid nicht erkennen, dass eine den Vorgaben des allein maßgeblichen § 116b SGB V aF(dazu unter a) entsprechende Eignungsprüfung erfolgt ist und somit die Voraussetzungen für die Bestimmung nach § 116b Abs 2 SGB V aF erfüllt sind(dazu unter c). Zum anderen hat der Beklagte das ihm nach § 116b Abs 2 SGB V aF eingeräumte Ermessen(dazu unter b) fehlerhaft ausgeübt, weil er im Rahmen des Verwaltungsverfahrens weder die vertragsärztliche Versorgungssituation in einem dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entsprechenden Umfang berücksichtigt (dazu unter d) noch das gesetzlich vorgeschriebene Einvernehmen angestrebt hat (dazu unter e).

40

a) Materiell-rechtlich sind für die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung nach § 116b Abs 2 SGB V aF allein die Vorschriften des SGB V maßgebend, nicht hingegen das Krankenhausplanungsrecht. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass das materielle Krankenhausplanungsrecht eine Bedarfsprüfung vorsieht (§ 1 Abs 1, § 6 Abs 4 KHG iVm § 22 Abs 1 und 3, § 23 KHG SL), während der Gesetzgeber eine solche im Anwendungsbereich des § 116b SGB V aF ausdrücklich ausgeschlossen hat(BT-Drucks 16/3100 S 139). Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 12.8.2009 ausgeführt hat, dass sich die für die Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b Abs 2 SGB V aF "maßgeblichen Voraussetzungen nach der regionalen Krankenhausplanung und damit ausschließlich nach Landesrecht richten", handelte es sich allein um eine Bezugnahme auf die formalen Voraussetzungen des Krankenhausplanungsrechts(Klarstellung zu BSG Urteil vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 13).

41

b) In materiell-rechtlicher Hinsicht entscheidet die landesrechtlich zuständige Krankenhausplanungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung nach § 116b Abs 2 SGB V aF(Hänlein in Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 116b RdNr 10; Schroeder, NZS 2010, 437, 442 f; Stollmann, ZMGR 2007, 134, 136; offengelassen Sächsisches LSG Beschluss vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER; iS eines Beurteilungsspielraums LSG NRW in stRspr, zuletzt Beschluss vom 30.3.2011 - L 11 KA 98/10 B ER; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 116b SGB V RdNr 8, Stand Juli 2009; iS einer gebundenen Entscheidung Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl 2008, § 15 RdNr 86; Deutsche Krankenhausgesellschaft, Das Krankenhaus 2007, 411, 416), wobei die Bestimmung nicht erfolgen "darf", wenn und soweit das Krankenhaus nicht geeignet ist. Der aufgrund der Verwendung des Wortes "darf" bereits im Wortlaut zum Ausdruck kommende Ermessenscharakter der Bestimmung wird durch den systematischen Gesamtzusammenhang der Norm bestätigt. Sowohl die im Rahmen der Bestimmung nach § 116b Abs 2 S 1 SGB V aF zu berücksichtigende vertragsärztliche Versorgungssituation als auch das nach § 116b Abs 2 S 3 SGB V aF anzustrebende Einvernehmen mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten setzt einen Abwägungsprozess und somit einen behördlichen Entscheidungsspielraum voraus. Im Übrigen belegt auch die im Vergleich zu den gebundenen Entscheidungen der §§ 116 und 116a SGB V bewusst abweichende Diktion des § 116b Abs 2 SGB V aF dessen Ermessenscharakter. Das der zuständigen Krankenhausplanungsbehörde eingeräumte Ermessen kommt jedoch nur zum Tragen, wenn die tatbestandliche Voraussetzung für die Bestimmung eines Krankenhauses - dh dessen Eignung (dazu unter c) - vorliegt. Fehlt die Eignung, "darf" die Bestimmung nicht erfolgen; das behördliche Ermessen wird insoweit gebunden. Erst bei feststehender Eignung eines Krankenhauses steht dessen Bestimmung zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung im (Planungs-)Ermessen der Krankenhausplanungsbehörde. Diese hat das Ermessen pflichtgemäß (§ 39 Abs 1 SGB I), dh unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation und des anzustrebenden Einvernehmens mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten sowie unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die krankenversicherungsrechtliche Leistungserbringung (§ 70 SGB V) auszuüben. Dem steht nicht entgegen, dass ein Krankenhaus nach § 116b Abs 2 S 1 SGB V zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung berechtigt "ist", wenn und soweit es dazu bestimmt worden ist. § 116b Abs 2 S 1 SGB V aF ist nicht Ausdruck einer gebundenen Entscheidung, sondern Folge der gebotenen Differenzierung zwischen der Bestimmung und dem aus ihr folgenden Status der Berechtigung zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung.

42

c) Vorliegend ist bereits die Eignung der C. Klinik S. in S. zur ambulanten Diagnostik und Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren nicht belegt, weil eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Eignungsprüfung nicht stattgefunden hat.

43

Die Eignung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Er wird durch die Regelungen in § 116b Abs 3 S 2 und Abs 4 S 4 SGB V aF konkretisiert. Danach ist ein Krankenhaus zur Erbringung ambulanter spezialärztlicher Leistungen geeignet, wenn und soweit es die im Rahmen von § 116b Abs 2 SGB V aF entsprechend anwendbaren sächlichen und persönlichen Anforderungen für die vertragsärztliche Versorgung(§ 116b Abs 3 S 2 SGB V aF) sowie die vom GBA in der Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus (AmbBeh-RL vom 18.10.2005 in der hier maßgebenden Fassung durch den Beschluss des GBA vom 17.1.2008 - BAnz vom 20.6.2008 S 2161) festgelegten zusätzlichen Anforderungen (§ 116b Abs 4 S 4 SGB V aF)erfüllt.

44

Die für die vertragsärztliche Versorgung maßgeblichen Anforderungen ergeben sich aus § 135 SGB V. Sie gelten wegen der systembedingten Unterschiede zwischen der Erbringung von Leistungen durch ein Krankenhaus und durch einen Vertragsarzt nur, wenn und soweit sie auf die Versorgung nach § 116b SGB V aF übertragbar sind.

45

Darüber hinaus muss ein Krankenhaus die in den Anlagen zur AmbBeh-RL diagnose- und leistungsspezifisch festgelegten zusätzlichen sächlichen und personellen Anforderungen erfüllen und die Einhaltung der ebenfalls in der Richtlinie geregelten einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung sicherstellen, um als geeignet iS des § 116b Abs 2 SGB V aF zu gelten. Fehlen entsprechende Regelungen, gilt neben den als Mindestanforderungen anzusehenden Vorgaben des § 135 SGB V(§ 116b Abs 4 S 4 Halbs 2 SGB V aF) der Facharztstandard als "zusätzliche personelle Mindestanforderung" (§ 3 Abs 1 S 2 AmbBeh-RL).

46

Für die streitgegenständliche Bestimmung sind die in Anlage 3 Ziff 1 der AmbBeh-RL geregelten zusätzlichen Anforderungen für die Diagnostik und Versorgung bei Patientinnen und Patienten mit onkologischen Erkrankungen - insbesondere die in Unterziff 8 für Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren - festgelegten Kriterien maßgebend.

47

Die Eignungskriterien sind von dem die Bestimmung nach § 116b Abs 2 SGB V aF begehrenden Krankenhaus im Antrag darzulegen, ihr Vorliegen ist von der zuständigen Behörde von Amts wegen zu prüfen. Dagegen kann die Eignung nicht vermutet werden (so zu Recht Stollmann, ZMGR 2007, 134 f; aA: Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 116b RdNr 6; Wagener/Weddehage, MedR 2007, 643, 644 f; offengelassen durch LSG NRW in stRspr, zuletzt Beschluss vom 4.5.2011 - L 11 KA 120/10 B ER; iS einer Eignungsvermutung mit faktischer Darlegungslast des Krankenhauses: Schroeder, NZS 2010, 437, 438 f). Weder aus dem Wortlaut des § 116b SGB V aF noch aus der Gesetzesbegründung ergeben sich Anhaltspunkte für eine Vermutung der Eignung. Insbesondere ist die Negativformulierung des § 116b Abs 2 S 2 SGB V, wonach eine Bestimmung nicht erfolgen darf, wenn und soweit das Krankenhaus nicht geeignet ist, kein Indiz für die vermutete Eignung eines Krankenhauses, sondern Ausdruck der gesetzlichen Bindung des behördlichen Ermessens. Soweit in der Gesetzesbegründung zu § 116b SGB V aF ausgeführt wird, dass Krankenhäuser der Grundversorgung in der Regel nicht geeignet seien(BT-Drucks 16/3100 S 139), impliziert dies - unter bestimmten Voraussetzungen - lediglich die Vermutung der Nichteignung, trifft aber keine generelle Aussage über die Darlegungslast in allen übrigen Fällen. Zudem wäre eine Vermutung der Eignung nur schwer mit dem ua in der Verbesserung der Versorgungsqualität liegenden Normzweck des § 116b SGB V(BT-Drucks 16/3100 S 87) zu vereinbaren.

48

Vorliegend sind die maßgebenden Eignungskriterien vom Beklagten nicht hinreichend von Amts wegen geprüft worden. Der Beklagte hat die Eignung allein auf der Grundlage einer vom bestimmten Krankenhaus selbst ausgefüllten, die relevanten Eignungskriterien der AmbBeh-RL wiedergebenden Checkliste angenommen und im Übrigen in der Bescheidbegründung darauf verwiesen, dass sowohl der Ärztliche Direktor der C. Klinik S. als auch der Direktor des Geschäftsbereichs Gesundheit der C. Trägergesellschaft S. mbH die Erfüllung der in der AmbBeh-RL für die ambulante Diagnostik und Versorgung von erwachsenen Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren konkretisierten Voraussetzungen bestätigt hätten und Anhaltspunkte für eine fehlende Eignung der Klinik nicht erkennbar seien. Eine auf diese Weise ausschließlich auf das - ggf interessengeleitete - Antragsvorbringen gestützte Prüfung ist keine hinreichende Grundlage für die behördliche Entscheidung über die Eignung eines Krankenhauses zur Teilnahme an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung. Vielmehr ist die zuständige Bestimmungsbehörde gehalten, den für die Eignung maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, und zwar unter Mitwirkung des antragstellenden Krankenhauses und der an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten. Dabei muss sie das Vorliegen der im Antrag dargelegten sächlichen und personellen Anforderungen für die ambulante spezialärztliche Versorgung durch Anforderung konkreter Nachweise und eine ggf vor Ort vorzunehmende Prüfung der tatsächlichen Gegebenheit objektivieren und verifizieren. Veranlassung für eine weitergehende Prüfung der Eignung besteht insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - im Rahmen des nach § 116b Abs 2 S 3 SGB V aF anzustrebenden Einvernehmens Bedenken in Bezug auf die Eignung des Krankenhauses geäußert werden. Gleiches gilt, wenn die für die Eignung notwendigen personellen Anforderungen nach den Angaben des Krankenhauses ganz oder teilweise durch Verträge mit externen Leistungserbringern erfüllt werden. Zwar sieht die AmbBeh-RL vor, dass die im Rahmen der onkologischen Behandlung und speziell der gynäkologischen Onkologie einzubindenden Fachdisziplinen über vertraglich vereinbarte Kooperationen mit externen Leistungserbringern, niedergelassenen Vertragsärzten oder anderen zugelassenen Krankenhäusern gewährleistet werden können (Allgemeiner Teil Anlage 3 Nr 1 sowie Unterziff 8 der AmbBeh-RL). Allerdings dürfen die für die ambulante spezialärztliche Versorgung nach § 116b SGB V notwendigen personellen Anforderungen nicht ausschließlich oder überwiegend auf diese Weise sichergestellt werden. Andernfalls könnte auch ein Krankenhaus der Grundversorgung an der ambulanten Behandlung nach § 116b Abs 2 SGB V teilnehmen, was nach dem Willen des Gesetzgebers gerade ausgeschlossen werden sollte(BT-Drucks 16/3100 S 139). Art und Umfang der bestehenden vertraglichen Kooperationen bedürfen daher in aller Regel einer eingehenden Prüfung im Verwaltungsverfahren.

49

d) Ungeachtet der somit vorliegend als unzureichend zu wertenden Eignungsprüfung hat der Beklagte auch das ihm eingeräumte Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt, weil er die vertragsärztliche Versorgungssituation nicht in einem dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entsprechenden Umfang berücksichtigt hat.

50

Das Berücksichtigungsgebot des § 116b Abs 2 S 1 SGB V aF ist keine Voraussetzung für die Teilnahme eines Krankenhauses an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung, sondern ein von der Behörde im Rahmen des ihr durch § 116b Abs 2 SGB V aF eingeräumten Ermessens zu berücksichtigender Abwägungsgesichtspunkt. Als unbestimmter Rechtsbegriff ist das Berücksichtigungsgebot anhand der Zweckbestimmung des § 116b Abs 2 SGB V aF zu konkretisieren. Diese liegt in einer Verbesserung der Versorgungsqualität und -effizienz (BT-Drucks 16/3100 S 2, 87). Daher sind die Aspekte der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung im Zusammenhang mit dem Berücksichtigungsgebot in den behördlichen Abwägungsprozess einzubeziehen (ebenso LSG NRW Beschluss vom 13.4.2011 - L 11 KA 109/10 B ER).

51

Darüber hinaus sind auch bedarfsplanerische Gesichtspunkte - trotz der vom Gesetzgeber im Rahmen von § 116b SGB V ausgeschlossenen Bedarfsprüfung(BT-Drucks 16/3100 S 139) - im Zusammenhang mit dem Berücksichtigungsgebot nicht gänzlich bedeutungslos, soweit sie im Zusammenhang mit Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitserwägungen stehen (ebenso LSG NRW Beschluss vom 4.5.2011 - L 11 KA 120/10 B ER mwN). Denn der Ausschluss einer Bedarfsprüfung im Rahmen von § 116b SGB V aF bedeutet lediglich, dass die Berechtigung eines Krankenhauses zur Teilnahme an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung nicht an einen durch vertragsärztliche Leistungserbringer nicht gedeckten Versorgungsbedarf - eine Versorgungslücke - gebunden ist, was eine bedarfsbezogene Beurteilung der Versorgungsqualität und -effizienz nicht ausschließt. Eine solche bedarfsbezogene Beurteilung der Versorgungsqualität und -effizienz im Rahmen des Berücksichtigungsgebotes erfordert den Vergleich zwischen der durch niedergelassene Vertragsärzte im räumlichen Einzugsbereich des die Bestimmung begehrenden Krankenhauses gewährleisteten Versorgungsqualität mit derjenigen des Krankenhauses bezogen auf das beantragte Leistungsspektrum. Unter diesem Aspekt kann die Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b SGB V aF in Betracht kommen, obwohl die Versorgung der Versicherten im räumlich und fachlich maßgebenden Bereich durch vertragsärztliche Leistungserbringer gewährleistet wird, wenn das Krankenhaus die Versorgung in dem von der Bestimmung erfassten Leistungsspektrum aufgrund einer - fallzahlenbedingt - größeren Erfahrung und Routine der im Krankenhaus beschäftigten Ärzte oder seiner apparativen Ausstattung qualitativ besser gewährleisten kann. Gleiches gilt, wenn das Krankenhaus die von der Bestimmung umfassten Leistungen im Vergleich zu den niedergelassenen Vertragsärzten derselben Fachrichtung zwar nicht qualitativ besser, aber - wegen der für die stationäre Versorgung ohnehin vorzuhaltenden sächlichen Ausstattung - wirtschaftlich günstiger anbieten kann. Andererseits kann die im Rahmen von § 116b Abs 2 S 1 SGB V aF zu berücksichtigende vertragsärztliche Versorgungssituation gegen eine Bestimmung sprechen, wenn der durch sie herbeigeführte Wettbewerb mit den im selben Fachbereich tätigen vertragsärztlichen Leistungserbringern deren Existenz in einer Weise gefährdet, die eine Verschlechterung der Versorgungssituation im ambulanten Bereich befürchten lässt(ähnlich: LSG NRW Beschluss vom 4.5.2011 - L 11 KA 120/10 B ER mwN).

52

Neben dieser qualitäts- und effizienzbezogenen Analyse der Versorgungssituation muss die Bestimmungsbehörde im Rahmen des Berücksichtigungsgebots die voraussichtlichen Auswirkungen der begehrten Bestimmung auf die vertragsärztliche Versorgungssituation feststellen und mit den Folgen einer Ablehnung der Bestimmung abwägen. Sind diese Auswirkungen nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen, ist aber eine Gefährdung der Versorgungsqualität oder -effizienz nicht auszuschließen, muss die Behörde eine befristete oder kontingentierte Bestimmung in Erwägung ziehen.

53

Obwohl es sich hierbei um teilweise prognostische Bewertungen handelt, steht der Bestimmungsbehörde insoweit kein - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer - Beurteilungsspielraum zu (aA Sächsisches LSG Beschluss vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER; LSG NRW in stRspr, zuletzt Beschluss vom 13.4.2011 - L 11 KA 109/10 B ER mwN). Ein Beurteilungsspielraum kann nur angenommen werden, wenn das materielle Recht das behördliche Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung aufgrund ihrer besonderen Fachkunde einen Einschätzungsspielraum belässt (BVerfG Beschluss vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 mwN). Die im Rahmen des Berücksichtigungsgebotes vorzunehmende vorausschauende Beurteilung der Auswirkungen der begehrten Bestimmung ist eine prognostische Einzelbewertung. Die hierfür notwendigen tatsächlichen Feststellungen sind im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit zugänglich wie im Verwaltungsverfahren - ggf unter Mitwirkung der Beteiligten oder unabhängiger Institutionen. Anhaltspunkte für einen behördlichen Erkenntnis- oder Einschätzungsvorrang bestehen nicht (ähnlich BSG SozR 3-4100 § 36 Nr 5 S 12 zur Prognose über einen Maßnahmeerfolg).

54

Diesen Maßstab zugrunde legend hat der Beklagte die vertragsärztliche Versorgungssituation nicht in einem dem Normzweck entsprechenden Umfang berücksichtigt. Vielmehr lässt die Begründung des angefochtenen Bescheides erkennen, dass der Beklagte das Berücksichtigungsgebot auf die fehlende Notwendigkeit einer Bedarfsprüfung reduziert und die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Einwände der nach § 116b Abs 2 S 3 SGB V aF Beteiligten als rein bedarfsbezogen und somit nicht entscheidungsrelevant gewertet hat. Eigene Ermittlungen zur Qualität und Effizienz der vertragsärztlichen Versorgung im fachlich und räumlich von der Bestimmung betroffenen Bereich und eine prognostische Feststellung der mit einer Bestimmung verbundenen Folgen fehlen hingegen.

55

e) Letztlich erweist sich der angefochtene Bescheid auch aufgrund des nicht im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben angestrebten Einvernehmens mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten als ermessensfehlerhaft.

56

Das nach § 116b Abs 2 S 3 SGB V aF anzustrebende Einvernehmen mit den unmittelbar an der Krankenhausplanung Beteiligten ist - wie bereits dargelegt - nicht nur formell-rechtlich im Sinne einer Verfahrensbeteiligung, sondern auch materiell-rechtlich als ermessensleitendes Kriterium im Rahmen der Bestimmungsentscheidung von Bedeutung. Materiell-rechtlich steht den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten ein über die bloße Beteiligung hinausgehendes Mitwirkungsrecht zu, denn das anzustrebende Einvernehmen ist eine "sehr weitgehende Form der Mitwirkung, mehr als bloßes Anhören und mehr als Benehmen; es ist das ernsthafte Bemühen, sich mit den Beteiligten zu einigen" (BT-Drucks 16/3100 S 139). Es gewährleistet nicht nur die umfassende Berücksichtigung der Interessen aller von der Bestimmung betroffenen Systembeteiligten, sondern verschafft der zuständigen Bestimmungsbehörde auch die für den Abwägungsprozess erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse - insbesondere über die vertragsärztliche Versorgungssituation. Diesem Zweck dient das Einvernehmen nur, wenn es sich nicht in einer bloßen Kenntnisnahme der von den Beteiligten vorgetragenen Argumente im Sinne einer Anhörung erschöpft, sondern durch das Bemühen um eine konsensuale Lösung gekennzeichnet ist. Das erfordert einen wechselseitigen Austausch zwischen der zuständigen Behörde und den Beteiligten in mündlicher (Round-table-Gespräch) oder schriftlicher Form (schriftliches Umlaufverfahren).

57

Diesem Maßstab wird das dem angefochtenen Bescheid vorausgegangene Verwaltungsverfahren nicht gerecht. Der Beklagte hat zum einen einzelnen an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten keine Gelegenheit zum Austausch eingeräumt (vgl unter D. 2. b) und sich bei den beteiligten Institutionen auf eine einseitige schriftliche Anhörung beschränkt. Lediglich den beteiligten KK - unter Federführung der Beigeladenen zu 3. - hat der Beklagte ansatzweise die Gelegenheit zum Austausch eingeräumt, indem nach der schriftlichen Anhörung das Einvernehmen im Rahmen eines Telefonats versucht wurde. Dagegen wurde die für die Einschätzung der vertragsärztlichen Versorgungssituation besonders relevante Mitwirkung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) auf eine schriftliche Anhörung beschränkt. Die darauf beruhende Entscheidung lässt wesentliche Aspekte außer Betracht und ist daher ermessensfehlerhaft.

58

4. Der somit formell und materiell rechtswidrige - aber nicht nichtige - Bestimmungsbescheid ist gleichwohl nicht aufzuheben, weil die Kläger hierdurch nicht in eigenen Rechten verletzt werden. Weder kommt den einschlägigen Bestimmungen des einfachen Rechts eine drittschützende Wirkung zugunsten der Kläger zu (dazu unter a, b) noch werden sie durch den angefochtenen Bescheid in grundrechtlich geschützten Rechtspositionen verletzt (dazu unter c).

59

a) § 116b Abs 2 SGB V aF als für den angefochtenen Bescheid maßgebende materielle Rechtsgrundlage vermittelt den Klägern kein subjektives Recht, aufgrund dessen sie berechtigt wären, die Aufhebung des Bestimmungsbescheides vom 1.9.2009 zu verlangen. Insbesondere dient das darin enthaltene Gebot, die vertragsärztliche Versorgungssituation zu berücksichtigen, nicht subjektiv dem Schutz der im räumlichen Einzugsbereich des bestimmten Krankenhauses niedergelassenen Vertragsärzte mit vergleichbarem Leistungsangebot (im hier vertretenen Sinne: Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 116b RdNr 8; Stollmann, NZS 2009, 248, 251; aA Sächsisches LSG Beschluss vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER; Blöcher, SGb 2010, 627 ff; Hänlein in Kruse/Hänlein, LPK-SGB V, 3. Aufl 2009, § 116b RdNr 23; offengelassen BVerfG Beschluss vom 31.7.2008 - 1 BvR 840/08), sondern objektiv den Interessen der Versicherten an einer qualitativ verbesserten, kontinuierlichen Versorgung sowie den Interessen der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Leistungserbringung (BT-Drucks 16/3100 S 85 f, 87 f). Die objektive Zielrichtung des § 116b Abs 2 SGB V aF folgt bereits aus dessen Wortlaut, der eine Berücksichtigung der "vertragsärztlichen Versorgungssituation", nicht hingegen der Belange der Vertragsärzte gebietet. Die Interessen der von der Bestimmung betroffenen Vertragsärzte lassen sich in § 116b Abs 2 SGB V aF daher nicht in einer individualisierbaren und von der Allgemeinheit unterscheidbaren Weise abgrenzen(zu den Voraussetzungen für den Drittschutz: BSGE 88, 6, 8 = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 39 f). Die Belange der Vertragsärzte finden auch in den Gesetzesmaterialien keine Erwähnung. Soweit von den Ländern im Gesetzgebungsverfahren eine Berücksichtigung der Belange vertragsärztlicher Leistungserbringer durch die Beteiligung der KÄV am Verfahren nach § 116b SGB V aF gefordert wurde(Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD vom 1.2.2007 - BT-Drucks 16/4220 S 4), hat dieser Vorstoß nicht zu einer Änderung des Gesetzeswortlautes geführt. Vielmehr hat man die Berücksichtigung vertragsärztlicher Belange den für die Entscheidung nach § 116b Abs 2 SGB V aF zuständigen Krankenhausplanungsbehörden im Rahmen von Beteiligungsrechten überlassen. Zudem entspricht der objektiv-rechtliche Charakter des Berücksichtigungsgebots auch dem Normzweck. Mit der Neufassung des § 116b SGB V im Zuge des GKV-WSG wollte der Gesetzgeber - im Interesse einer verbesserten Versorgungsqualität und -effizienz - den Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern intensivieren(BT-Drucks 16/3100 S 85 ff). Die Berücksichtigung individualisierter vertragsärztlicher Belange im Rahmen der Entscheidung nach § 116b Abs 2 SGB V aF würde den gewünschten Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern dagegen eher hemmen.

60

b) Auch unter dem Blickwinkel der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Vertragsarztrecht entwickelten Kriterien für den Drittschutz in Fällen der defensiven Konkurrentenklage (stRspr seit BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff im Anschluss an BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4; zuletzt BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19) entfaltet § 116b Abs 2 SGB V aF keine drittschützende Wirkung zugunsten der von der Bestimmung betroffenen Vertragsärzte.

61

Im Unterschied zur aktiven Konkurrentenklage, bei der ein übergangener Bewerber regelmäßig unmittelbar in eigenen Grundrechten verletzt ist, wird die Befugnis zur Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten (defensive Konkurrentenklage) nur angenommen, wenn die einschlägigen Vorschriften des einfachen Rechts eine Abwehrbefugnis vorsehen. Eine solche einfach-gesetzliche Anfechtungsberechtigung, die gleichbedeutend mit der Verletzung in eigenen Rechten ist, wird im vertragsärztlichen Bereich angenommen, wenn dem Konkurrenten durch die angegriffene Entscheidung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet wird, eine faktische Konkurrenzlage besteht und in den jeweiligen Vorschriften der Nachrang des dem Konkurrenten eingeräumten Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden zum Ausdruck kommt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19 mwN).

62

Ob dieser für den Drittschutz in Fällen der defensiven vertragsärztlichen Konkurrentenklage (intrasektorale Konkurrentenklage) entwickelte Maßstab auch auf die hier einschlägige transsektorale Konkurrentenklage übertragbar ist, erscheint sehr zweifelhaft, kann aber im Ergebnis offenbleiben, weil jedenfalls dessen Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind.

63

Zwar besteht eine faktische Konkurrenzlage, weil die Kläger im räumlichen Einzugsbereich des zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung nach § 116b Abs 2 SGB V aF bestimmten Krankenhauses die von der Bestimmung erfassten Leistungen anbieten. Allerdings berechtigt § 116b Abs 2 SGB V aF die Krankenhäuser weder zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung noch ergibt sich aus der Norm ein Nachrang der zur ambulanten Behandlung bestimmten Krankenhäuser zugunsten der im räumlichen Einzugsbereich des Krankenhauses niedergelassenen Vertragsärzte mit gleichem Leistungsangebot. Denn die Bestimmung nach § 116b Abs 2 SGB V aF ermöglicht den Krankenhäusern die Teilnahme an der ambulanten Versorgung in einem bestimmten - spezialärztlichen - Bereich und tritt als neue selbstständige Versorgungsform neben die ambulante Versorgung durch Vertragsärzte(vgl unter B. 2.).

64

Zudem sind die nach § 116b Abs 2 SGB V aF bestimmten Krankenhäuser und die im räumlichen Einzugsbereich der Klinik niedergelassenen Vertragsärzte gleichrangig zur Erbringung ambulanter spezialärztlicher Leistungen berechtigt; ein Vorrang der vertragsärztlichen Leistungserbringer besteht nicht (ebenso Sächsisches LSG Beschluss vom 3.6.2010 - L 1 KR 94/10 B ER; Wenner, GesR 2009, 505, 509; Stollmann, NZS 2009, 248, 250 f; aA: LSG NRW in stRspr, zuletzt Beschluss vom 13.4.2011 - L 11 KA 109/10 B ER mwN; Pitschas, GesR 2010, 513, 515; jeweils im Sinne eines relativen Vorrangs der Vertragsärzte). Ein solcher Vorrang würde voraussetzen, dass die durch den Konkurrenten begehrte Begünstigung von einem bestehenden Versorgungsbedarf abhängig ist. Diese Bedarfsabhängigkeit kommt jedoch - anders als in den Vorschriften der §§ 116 und 116a SGB V - weder im Wortlaut des § 116b SGB V aF zum Ausdruck noch entspricht dies dem Willen des Gesetzgebers(BT-Drucks 16/3100 S 139). Daher kann auch die nach § 116b Abs 2 S 1 SGB V aF gebotene "Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation" nicht im Sinne eines Bedarfskriteriums und somit eines Vorrang-Nachrang-Verhältnisses ausgelegt werden. Die mit dem Berücksichtigungsgebot benannten Bedarfsgesichtspunkte sind als Abwägungskriterium im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung nur zu berücksichtigen, dh abwägend zu würdigen, nicht dagegen verpflichtend zu beachten (zur Terminologie: BSGE 70, 285, 296 = SozR 3-2500 § 122 Nr 3 S 15).

65

c) Die Voraussetzungen für eine im Ausnahmefall mögliche Verletzung vertragsärztlicher Leistungserbringer in grundrechtlich geschützten Rechtspositionen durch die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung sind ebenfalls nicht erfüllt.

66

aa) Das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG schützt bereits am Markt tätige Leistungserbringer grundsätzlich nicht vor einer Veränderung der Marktsituation durch das Hinzutreten weiterer Konkurrenten (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 19 = juris RdNr 21 mwN). Soweit Art 12 Abs 1 GG die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 18 = juris RdNr 20 mwN) und in diesem Rahmen die Teilnahme am Wettbewerb gewährleistet, bezieht sich dieser Schutz allein auf die Teilnahme am Wettbewerb "nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen" (BVerfGE 116, 135, 152 mwN). Daher schützt Art 12 Abs 1 GG die von einem Marktteilnehmer innegehaltene Wettbewerbsposition nur mit dem ihr innewohnenden Risiko einer Veränderung aufgrund der Marktverhältnisse. Zu den marktüblichen - und somit von dem am Markt präsenten Wettbewerbsteilnehmer hinzunehmenden - Veränderungen gehören auch das Hinzutreten weiterer Konkurrenten und die damit einhergehenden potentiellen Umsatzeinbußen. Hiervon ausgehend handelt es sich bei der mit § 116b Abs 2 SGB V aF verbundenen Öffnung der bislang den niedergelassenen Vertragsärzten vorbehaltenen ambulanten Versorgung für Krankenhäuser und der daraus resultierenden - vom Gesetzgeber gewollten - Intensivierung des Wettbewerbs zwischen den Leistungserbringern(BT-Drucks 15/1525 S 74; BT-Drucks 16/3100 S 87) um ein für niedergelassene Vertragsärzte grundsätzlich hinzunehmendes Marktrisiko.

67

Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine in Zusammenhang mit staatlicher Planung und der Verteilung staatlicher Mittel stehende, dh einen regulierten Markt betreffende Wettbewerbsänderung durch Einzelakt zu erheblichen Konkurrenznachteilen führt (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 19 = juris RdNr 21; BVerfGE 82, 209, 224). Derartige Maßnahmen können im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen.

68

Diese Situation ist hier nicht gegeben. Zwar handelt es sich bei den das Versorgungssystem der GKV bislang prägenden Sektoren der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung und der stationären Versorgung durch Krankenhäuser um öffentlich regulierte Marktsegmente (zur Regulierung des Vertragsarztrechts BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 20 = juris RdNr 22 ff mwN; zur Regulierung der Krankenhausplanung BVerfG Beschluss vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376). In diesen öffentlich überformten Bereichen steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Einführung einer sektorenübergreifenden Versorgung durch § 116b SGB V ist Ausdruck dieses Gestaltungsspielraums und grundsätzlich zulässig, insbesondere dann, wenn die Maßnahme durch übergeordnete Gemeinwohlbelange - im Fall des § 116b Abs 2 SGB V die Sicherung und Verbesserung der Versorgungsqualität und -effizienz(BT-Drucks 16/3100 S 87) - gerechtfertigt ist.

69

bb) Gleichwohl können die Auswirkungen einer solchen grundsätzlich zulässigen Neuordnung der Versorgungsstrukturen davon betroffene Systembeteiligte im Einzelfall in ihren Rechten verletzen (BVerfGE 103, 172, 184 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4; BVerfGE 82, 209, 223 f). In Bezug auf die Bestimmung eines Krankenhauses nach § 116b Abs 2 SGB V aF ist das der Fall, wenn sich die Bestimmung im Einzelfall als willkürlich erweist(Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) oder eine asymmetrische Wettbewerbssituation schafft, welche die berufliche und wirtschaftliche Existenz eines Vertragsarztes gefährdet (Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG).

70

Diese Voraussetzungen sind vorliegend ebenfalls nicht erfüllt.

71

Der angefochtene Bestimmungsbescheid ist zwar formell und materiell rechtswidrig, aber nicht willkürlich. Die Grenze zur Willkür wird erst dann überschritten, wenn die Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht, weil die einschlägigen Normen nicht berücksichtigt oder ihr Inhalt in krasser Weise missgedeutet wird (BVerfGE 86, 59, 63; 83, 82, 84; 80, 48, 51).

72

Die Bestimmung der C. Klinik S. erfolgte vorliegend auf der materiell-rechtlich zutreffenden Grundlage des § 116b Abs 2 SGB V aF. Soweit der Beklagte die bei der Bestimmung gebotene Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation auf die fehlende Bedarfsprüfung reduziert hat, misst er einzelnen Aspekten der Gesetzesbegründung ein besonderes Schwergewicht zu, während andere - wie die Versorgungsqualität und -effizienz - unberücksichtigt bleiben, was im Ergebnis ermessensfehlerhaft, aber nicht unvertretbar und sachfremd ist. Auch die unzureichende Eignungsprüfung kann nicht als willkürlich angesehen werden. Der Beklagte hat - nicht zuletzt aufgrund unzureichender gesetzlicher Vorgaben und aufgrund einer vermuteten Eignung - den Nachweis der Eignungskriterien durch das die Bestimmung beantragende Krankenhaus für ausreichend erachtet und daher - nicht geleitet von sachfremden Erwägungen - eine weitere Prüfung für entbehrlich gehalten. Die fehlende Beteiligung des Verbandes Privater Krankenversicherung e.V. erfolgte offensichtlich aufgrund seiner fehlenden tatsächlichen Betroffenheit und ist ebenfalls nicht als sachfremd zu werten.

73

Letztlich führt die Bestimmung der C. Klinik S. zur ambulanten Diagnostik und Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren auch nicht zu einer asymmetrischen und die berufliche und wirtschaftliche Existenz der Kläger gefährdenden Wettbewerbssituation. Bislang wurde in regulierten Märkten lediglich eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse durch hoheitliche Maßnahmen als mit Art 12 Abs 1 nicht vereinbar angesehen, wobei eine solche Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse angenommen wurde, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber auf den Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 24 = juris RdNr 26; BVerfG Beschluss vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08). Der Begriff der asymmetrischen Wettbewerbssituation ist allerdings nicht an ein gesetzliches Vorrang-Nachrang-Verhältnis gebunden. Eine asymmetrische Wettbewerbssituation liegt immer dann vor, wenn die durch eine staatliche Entscheidung geschaffene Wettbewerbslage in einem groben Widerspruch zur Zweckbestimmung der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Norm und der damit verbundenen Absicht des Gesetzgebers steht und sie die berufliche Existenz eines betroffenen Systembeteiligten konkret vernichtet oder gefährdet. Hiervon ausgehend könnte eine asymmetrische Wettbewerbssituation im Anwendungsbereich des § 116b SGB V ua anzunehmen sein, wenn die Bestimmung des Krankenhauses nach § 116b Abs 2 SGB V aF die berufliche und wirtschaftliche Existenz der im selben Bereich tätigen Vertragsärzte in einer Weise gefährdet, die eine Verschlechterung der Versorgungsqualität im gesamten ambulanten Spektrum befürchten lässt. Gleiches gilt, wenn die zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung bestimmte Klinik die im spezialärztlichen Bereich häufig vorausgehende stationäre Behandlung durch gezielte Patientenführung im Sinne eines Erstzugriffs ausnutzt und auf diese Weise eine marktbeherrschende Stellung in dem von der Bestimmung erfassten Leistungsbereich erwirbt, obwohl nach der Absicht des Gesetzgebers vertragsärztliche Leistungserbringer und Krankenhäuser gleichberechtigt im ambulanten spezialärztlichen Sektor tätig werden sollen (BT-Drucks 16/3100 S 87).

74

Anhaltspunkte für eine asymmetrische Wettbewerbssituation in diesem Sinne fehlen vorliegend. Insbesondere wird die berufliche und wirtschaftliche Existenz der Kläger durch die angefochtene Bestimmung der C. Klinik S. zur ambulanten spezialärztlichen Behandlung im onkologisch-gynäkologischen Bereich nicht ernsthaft gefährdet. Eine Existenzgefährdung durch die Zulassung eines weiteren Konkurrenten kann erst dann angenommen werden, wenn eine Umsatzeinbuße von mindestens 50 % droht und weitere Umstände für eine existenzielle Betroffenheit sprechen. Diese weiteren Umstände können zB die fehlende Möglichkeit der Refinanzierung von speziell für den von der Bestimmung betroffenen Leistungsbereich getätigten Investitionen betreffen. Zudem ist zu berücksichtigen, ob der Vertragsarzt bei einem drastischen Umsatzrückgang in dem von der Bestimmung umfassten Bereich auf ein anderes Tätigkeitsspektrum ausweichen kann. Diese Umstände müssen anhand konkreter Tatsachen vom Vertragsarzt nachgewiesen und von den Tatsachengerichten ermittelt werden.

75

Die vorliegend von den Klägern selbst angegebene Umsatzeinbuße von einem Drittel kann nicht als Existenzgefährdung angesehen werden, zumal diese Zahl den Gesamtanteil der onkologischen Patientinnen der klägerischen Gemeinschaftspraxis abbildet und nicht davon auszugehen ist, dass dieser gesamte Patientenstamm von der S. Klinik übernommen wird. Auch die übrigen von den Klägern dargestellten Umstände belegen keine Existenzgefährdung. Soweit die Kläger einen Mietvertrag über die Anmietung zusätzlicher Räume und Unterlagen über getätigte Investitionen vorgelegt haben, konnte nicht nachgewiesen werden, dass diese Investitionen allein für den onkologischen Fachbereich getätigt wurden und für die Tätigkeit auf dem gynäkologischen Fachgebiet nicht nutzbar sind. Letztlich ist den Klägern bei einem Rückgang der onkologischen Patientenzahlen auch ein Ausweichen auf den gynäkologischen Behandlungsbereich möglich.

76

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

77

6. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 2 GKG. Der Streitwert ist mangels näherer Anhaltspunkte für das konkrete, dh bezifferbare wirtschaftliche Interesse der Kläger mit 5000 Euro je Quartal für einen 3-Jahres-Zeitraum zu berechnen (BSG SozR 4-1500 § 197a Nr 9 RdNr 10 ff; BSG SozR 4-1920 § 47 Nr 1 in vergleichbaren Fallkonstellationen).

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben:

1.
Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) einschließlich optierender Gesellschaften im Sinne des § 1a;
2.
Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaften;
3.
Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit;
4.
sonstige juristische Personen des privaten Rechts;
5.
nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts;
6.
Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

(2) Die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte.

(3) Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(1) Von der Körperschaftsteuer sind befreit

1.
das Bundeseisenbahnvermögen, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband nach § 2 Absatz 1 des Erdölbevorratungsgesetzes vom 16. Januar 2012 (BGBl. I S. 74) in der jeweils geltenden Fassung;
2.
die Deutsche Bundesbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Landwirtschaftliche Rentenbank, die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, die Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mit beschränkter Haftung, die Bremer Aufbau-Bank GmbH, die Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank, die Bayerische Landesbodenkreditanstalt, die Investitionsbank Berlin, die Hamburgische Investitions- und Förderbank, die NRW.Bank, die Investitions- und Förderbank Niedersachsen, die Saarländische Investitionskreditbank Aktiengesellschaft, die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Investitionsbank des Landes Brandenburg, die Sächsische Aufbaubank - Förderbank -, die Thüringer Aufbaubank, die Investitionsbank Sachsen-Anhalt, die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, das Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern - Geschäftsbereich der Norddeutschen Landesbank Girozentrale -, die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbständige Anstalt in der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale und die Liquiditäts-Konsortialbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
2a.
die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben;
3.
rechtsfähige Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen, die den Personen, denen die Leistungen der Kasse zugute kommen oder zugute kommen sollen (Leistungsempfängern), einen Rechtsanspruch gewähren, und rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren,
a)
wenn sich die Kasse beschränkt
aa)
auf Zugehörige oder frühere Zugehörige einzelner oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe oder
bb)
auf Zugehörige oder frühere Zugehörige der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt-Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband e.V., Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk - Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.) einschließlich ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten und sonstiger gemeinnütziger Wohlfahrtsverbände oder
cc)
auf Arbeitnehmer sonstiger Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne der §§ 1 und 2; den Arbeitnehmern stehen Personen, die sich in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis befinden, gleich;
zu den Zugehörigen oder Arbeitnehmern rechnen jeweils auch deren Angehörige;
b)
wenn sichergestellt ist, dass der Betrieb der Kasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt.2Diese Voraussetzung ist bei Unterstützungskassen, die Leistungen von Fall zu Fall gewähren, nur gegeben, wenn sich diese Leistungen mit Ausnahme des Sterbegeldes auf Fälle der Not oder Arbeitslosigkeit beschränken;
c)
wenn vorbehaltlich des § 6 die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Kasse dauernd gesichert ist;
d)
wenn bei Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen am Schluss des Wirtschaftsjahrs, zu dem der Wert der Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Berücksichtigung des Geschäftsplans sowie der allgemeinen Versicherungsbedingungen und der fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 219 Absatz 3 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes auszuweisende Vermögen nicht höher ist als bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit die Verlustrücklage und bei einer Kasse anderer Rechtsform der dieser Rücklage entsprechende Teil des Vermögens.2Bei der Ermittlung des Vermögens ist eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung nur insoweit abziehbar, als den Leistungsempfängern ein Anspruch auf die Überschussbeteiligung zusteht.3Übersteigt das Vermögen der Kasse den bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 bis 4 steuerpflichtig; und
e)
wenn bei Unterstützungskassen am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen ohne Berücksichtigung künftiger Versorgungsleistungen nicht höher ist als das um 25 Prozent erhöhte zulässige Kassenvermögen.2Für die Ermittlung des tatsächlichen und des zulässigen Kassenvermögens gilt § 4d des Einkommensteuergesetzes.3Übersteigt das Vermögen der Kasse den in Satz 1 bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 steuerpflichtig;
4.
kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 210 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, wenn
a)
ihre Beitragseinnahmen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre einschließlich des im Veranlagungszeitraum endenden Wirtschaftsjahrs die durch Rechtsverordnung festzusetzenden Jahresbeträge nicht überstiegen haben oder
b)
sich ihr Geschäftsbetrieb auf die Sterbegeldversicherung beschränkt und die Versicherungsvereine nach dem Geschäftsplan sowie nach Art und Höhe der Leistungen soziale Einrichtungen darstellen;
5.
Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter sowie kommunale Spitzenverbände auf Bundes- oder Landesebene einschließlich ihrer Zusammenschlüsse, wenn der Zweck dieser Verbände nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen,
a)
soweit die Körperschaften oder Personenvereinigungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten oder
b)
wenn die Berufsverbände Mittel von mehr als 10 Prozent der Einnahmen für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden.
3Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die wie die Berufsverbände allgemeine ideelle und wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen.4Verwenden Berufsverbände Mittel für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien, beträgt die Körperschaftsteuer 50 Prozent der Zuwendungen;
6.
Körperschaften oder Personenvereinigungen, deren Hauptzweck die Verwaltung des Vermögens für einen nichtrechtsfähigen Berufsverband der in Nummer 5 bezeichneten Art ist, sofern ihre Erträge im Wesentlichen aus dieser Vermögensverwaltung herrühren und ausschließlich dem Berufsverband zufließen;
7.
politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes und ihre Gebietsverbände, sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, sowie kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände.2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, so ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
8.
öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtung sind, wenn die Satzung der Einrichtung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden.2Ermöglicht die Satzung der Einrichtung nur Pflichtmitgliedschaften sowie freiwillige Mitgliedschaften, die unmittelbar an eine Pflichtmitgliedschaft anschließen, so steht dies der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn die Satzung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Fünfzehnfache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden;
9.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung).2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen.3Satz 2 gilt nicht für selbstbewirtschaftete Forstbetriebe;
10.
Genossenschaften sowie Vereine, soweit sie
a)
Wohnungen herstellen oder erwerben und sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen; den Wohnungen stehen Räume in Wohnheimen im Sinne des § 15 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gleich;
b)
im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Sinne des Buchstabens a Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen herstellen oder erwerben und sie betreiben, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb durch die Genossenschaft oder den Verein notwendig ist.
2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen.3Erzielt das Unternehmen Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus Anlagen, für den es unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes einen Anspruch auf Zahlung eines Mieterstromzuschlags hat, erhöht sich die Grenze des Satzes 2 für diese Einnahmen auf 20 Prozent, wenn die Grenze des Satzes 2 nur durch diese Einnahmen überschritten wird.4Zu den Einnahmen nach Satz 3 gehören auch Einnahmen aus der zusätzlichen Stromlieferung im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 6 des Energiewirtschaftsgesetzes sowie Einnahmen aus der Einspeisung von Strom aus diesen Anlagen.5Investierende Mitglieder im Sinne des § 8 Absatz 2 des Genossenschaftsgesetzes sind keine Mitglieder im Sinne des Satzes 1.6Satz 1 ist auch auf Verträge zur vorübergehenden Unterbringung von Wohnungslosen anzuwenden, die mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder mit Steuerpflichtigen im Sinne der Nummer 9, die Mitglied sind, abgeschlossen werden.7Eine Einweisungsverfügung nach den Ordnungsbehördengesetzen der Länder steht dem Abschluss eines Vertrags im Sinne des Satzes 6 gleich;
11.
(weggefallen)
12.
die von den zuständigen Landesbehörden begründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes in der jeweils aktuellen Fassung oder entsprechender Landesgesetze, soweit diese Landesgesetze nicht wesentlich von den Bestimmungen des Reichssiedlungsgesetzes abweichen, und im Sinne der Bodenreformgesetze der Länder, soweit die Unternehmen im ländlichen Raum Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen mit Ausnahme des Wohnungsbaus durchführen.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten die Einnahmen aus den in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten übersteigen;
13.
(weggefallen)
14.
Genossenschaften sowie Vereine, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb beschränkt
a)
auf die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände,
b)
auf Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder, wenn die Leistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegen; dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen, Wirtschaftswegen und Bodenverbesserungen,
c)
auf die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, wenn die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt, oder
d)
auf die Beratung für die Produktion oder Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse der Betriebe der Mitglieder.
2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen.3Bei Genossenschaften und Vereinen, deren Geschäftsbetrieb sich überwiegend auf die Durchführung von Milchqualitäts- und Milchleistungsprüfungen oder auf die Tierbesamung beschränkt, bleiben die auf diese Tätigkeiten gerichteten Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern bei der Berechnung der 10-Prozentgrenze außer Ansatz;
15.
der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit,
a)
wenn er mit Erlaubnis der Versicherungsaufsichtsbehörde ausschließlich die Aufgaben des Trägers der Insolvenzsicherung wahrnimmt, die sich aus dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) ergeben, und
b)
wenn seine Leistungen nach dem Kreis der Empfänger sowie nach Art und Höhe den in den §§ 7 bis 9, 17 und 30 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bezeichneten Rahmen nicht überschreiten;
16.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögenmassen, soweit sie
a)
als Einlagensicherungssysteme im Sinne des § 2 Absatz 1 des Einlagensicherungsgesetzes sowie als Entschädigungseinrichtungen im Sinne des Anlegerentschädigungsgesetzes ihre gesetz­lichen Pflichtaufgaben erfüllen oder
b)
als nicht als Einlagensicherungssysteme anerkannte vertragliche Systeme zum Schutz von Einlagen und institutsbezogene Sicherungssysteme im Sinne des § 61 des Einlagensicherungsgesetzes nach ihrer Satzung oder sonstigen Verfassung ausschließlich den Zweck haben, Einlagen zu sichern oder bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes oder eines Finanzdienstleistungsinstituts im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Kreditwesengesetzes oder eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes Hilfe zu leisten oder Einlagensicherungssysteme im Sinne des § 2 Absatz 1 des Einlagensicherungsgesetzes bei deren Pflichtenerfüllung zu unterstützen.
2Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach Satz 1 ist zusätzlich, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse dauernd nur zur Erreichung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Zwecks verwendet werden.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Sicherungsfonds im Sinne der §§ 223 und 224 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie für Einrichtungen zur Sicherung von Einlagen bei Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung.4Die Steuerbefreiung ist für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ausgeschlossen, die nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigen Aufgaben gerichtet sind;
17.
Bürgschaftsbanken (Kreditgarantiegemeinschaften), deren Tätigkeit sich auf die Wahrnehmung von Wirtschaftsförderungsmaßnahmen insbesondere in Form der Übernahme und Verwaltung von staatlichen Bürgschaften und Garantien oder von Bürgschaften und Garantien mit staatlichen Rückbürgschaften oder auf der Grundlage staatlich anerkannter Richtlinien gegenüber Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen, Leasinggesellschaften und Beteiligungsgesellschaften für Kredite, Leasingforderungen und Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen zu ihrer Gründung und zur Erhaltung und Förderung ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt.2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zwecks verwendet werden;
18.
Wirtschaftsförderungsgesellschaften, deren Tätigkeit sich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten beschränkt, wenn an ihnen überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind. Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zwecks verwendet werden;
19.
Gesamthafenbetriebe im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352), soweit sie Tätigkeiten ausüben, die in § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt und nach § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes genehmigt worden sind.2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten verwendet werden.3Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
20.
Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von steuerbefreiten Körperschaften oder von steuerbefreiten Personenvereinigungen,
a)
deren Tätigkeit sich auf den Zweck beschränkt, im Wege des Umlageverfahrens die Versorgungslasten auszugleichen, die den Mitgliedern aus Versorgungszusagen gegenüber ihren Arbeitnehmern erwachsen,
b)
wenn am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen nicht höher ist als 60 Prozent der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen an die Mitglieder;
21.
die nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Sinne des § 278 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen im Sinne des § 282 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie die ihnen durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen.2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung der in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden;
22.
gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien im Sinne des § 4 Abs. 2 des Tarifvertragsgesetzes vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323), die satzungsmäßige Beiträge auf der Grundlage des § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582) oder tarifvertraglicher Vereinbarungen erheben und Leistungen ausschließlich an die tarifgebundenen Arbeitnehmer des Gewerbezweigs oder an deren Hinterbliebene erbringen, wenn sie dabei zu nicht steuerbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung ihrer begünstigten Aufgaben unvermeidlich ist.2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
23.
die Auftragsforschung öffentlich-rechtlicher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen; ist die Tätigkeit auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug gerichtet, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
24.
die Global Legal Entity Identifier Stiftung, soweit die Stiftung Tätigkeiten ausübt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einführung, dem Unterhalten und der Fortentwicklung eines Systems zur eindeutigen Identifikation von Rechtspersonen mittels eines weltweit anzuwendenden Referenzcodes stehen.

(2) Die Befreiungen nach Absatz 1 und nach anderen Gesetzen als dem Körperschaftsteuergesetz gelten nicht

1.
für inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen; Entsprechendes gilt für die in § 32 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz genannten Einkünfte,
2.
für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder nach den Rechtsvorschriften eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3. Januar 1994 (ABl. EG Nr. L 1 S. 3), zuletzt geändert durch den Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 91/2007 vom 6. Juli 2007 (ABl. EU Nr. L 328 S. 40), in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, gegründete Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet, und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht,
3.
soweit § 38 Abs. 2 anzuwenden ist.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

(1)1Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.2Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.

(2) Ein Betrieb gewerblicher Art ist auch unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er selbst eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.

(3) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen.

(4) Als Betrieb gewerblicher Art gilt die Verpachtung eines solchen Betriebs.

(5)1Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe).2Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus.

(6)1Ein Betrieb gewerblicher Art kann mit einem oder mehreren anderen Betrieben gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn

1.
sie gleichartig sind,
2.
zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder
3.
Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Absatzes 3 vorliegen.
2Ein Betrieb gewerblicher Art kann nicht mit einem Hoheitsbetrieb zusammengefasst werden.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.

(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.

(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von

1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn
a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und
b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in
a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder
b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.

Tatbestand

1

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, eine Satzungsänderung zu genehmigen.

2

Die Klägerin, eine bundesweit tätige geschlossene Betriebskrankenkasse, regelt in § 8a ihrer genehmigten Satzung die "Wahltarif Prämienzahlung". Nach § 8a Abs 1 der Satzung erhalten Mitglieder, die im abgelaufenen Kalenderjahr länger als drei Monate bei der Klägerin versichert waren, eine Prämienzahlung, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr keine Leistungen zu Lasten der Klägerin in Anspruch genommen haben. § 8a Abs 2 der Satzung sieht vor, in welchen Fällen die Inanspruchnahme von - im Einzelnen näher aufgeführten Leistungen - für die Prämienzahlung unschädlich ist. Der Verwaltungsrat der Klägerin beschloss am 31.5.2007 als 24. Nachtrag zur Satzung vom 26.4.2001 folgenden § 8a Abs 3:

"Die Inanspruchnahme folgender Leistungen wird wie folgt auf die Prämienzahlung angerechnet: Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln im Kalenderjahr mindert die Prämienzahlung nach Absatz IV um 40 Euro, zwei entsprechende Verordnungen im Kalenderjahr mindern die Prämie um 80 Euro. Jede weitere Verordnung schließt eine Prämienzahlung aus."
3

Das Bundesversicherungsamt (BVA) der beklagten Bundesrepublik Deutschland lehnte es als zuständige Aufsichtsbehörde ab, den 24. Nachtrag zur Satzung mit der beabsichtigten Einfügung von § 8a Abs 3 in die Satzung der Klägerin zu genehmigen, da dies mit der gesetzlichen Regelung in § 53 Abs 2 und Abs 9 SGB V nicht im Einklang stehe(Bescheid vom 25.9.2007).

4

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, über die Genehmigung des 24. Satzungsnachtrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 6.8.2008). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Satzungsänderung gegen § 53 SGB V verstoße(Urteil vom 15.6.2009).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 53 SGB V. § 53 Abs 2 SGB V räume Krankenkassen (KKn) im Zusammenspiel mit § 53 Abs 1 SGB V unter Berücksichtigung des Regelungszwecks bei Wahltarifen große satzungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ein. KKn dürften satzungsrechtlich auf Fälle der Teilinanspruchnahme von Leistungen durch Versicherte flexibel reagieren und Prämienzahlungen entsprechend mindern, wie es auch die beschlossene Satzungsänderung des § 8a Abs 3 vorsehe. Die zuständige Landesaufsichtsbehörde habe der AOK Baden-Württemberg, die mit ihr (der Klägerin) in Wettbewerb um Versicherte stehe, einen entsprechenden Selbstbehalttarif genehmigt.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. August 2008 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der klagenden Betriebskrankenkasse ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, die von der Klägerin beschlossene Satzungsänderung zu genehmigen.

10

1. Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei der Klage um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung begehrt werden, nämlich die Erteilung einer beantragten Satzungsgenehmigung, wenn die Aufsichtsbehörde dies abgelehnt hat und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf die Vornahme dieses Akts einen Rechtsanspruch habe (vgl BSGE 69, 72, 73 = SozR 3-2500 § 241 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 11 mwN). So liegt es hier. Es ist insoweit unschädlich, dass die Klägerin sich mit ihrem Teilerfolg vor dem SG im Sinne eines Bescheidungsurteils begnügt hat, da sie das SG-Urteil nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat. Dies hat nur zur Folge, dass ein Erfolg ihrer Revision lediglich zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das SG-Urteil führen könnte.

11

2. Nach § 195 Abs 1 SGB V bedarf die Satzung einer KK der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht nach § 195 Abs 1 SGB V ein Anspruch auf die Genehmigung(vgl sinngemäß BSGE 70, 149, 150 = SozR 3-2500 § 240 Nr 8 S 24 f; BSGE 89, 227, 230 f = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 4 f mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 12 mwN). Eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2 f). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, da die von ihr beschlossene Satzungsänderung mit § 53 Abs 2 SGB V unvereinbar ist.

12

a) Maßgeblich für die Vereinbarkeit der unstreitig und im Einklang mit dem Akteninhalt ordnungsgemäß zustande gekommenen Satzungsänderung mit höherrangigem Recht ist - soweit hier von Interesse - § 53 SGB V idF durch Art 1 Nr 33 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz(GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378). Die späteren Gesetzesänderungen betreffen lediglich den vorliegend nicht einschlägigen § 53 Abs 6 SGB V(Änderung durch Art 15 Nr 4 Gesetz vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Es ist nämlich auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat abzustellen, denn dieser Zeitpunkt ist sowohl für den Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung bei einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als auch bei einer Aufsichtsklage maßgeblich, soweit sie - wie hier - auf eine Verpflichtung gerichtet ist (vgl BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15 mwN).

13

b) Die Genehmigung von § 8a Abs 3 der Satzung ist an § 53 Abs 2 SGB V zu messen, der Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen, die eine Prämienzahlung bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen vorsehen. Andere Rechtsgrundlagen kommen von vornherein nicht in Betracht. Rechtssystematisch gesehen sind in § 53 SGB V Grundlagen für Satzungsbestimmungen geregelt, die einerseits - wie hier - zu Prämienzahlungen an Versicherte ermächtigen(§ 53 Abs 1, 2, 3 und 7 SGB V), andererseits weitere Zahlungen der Versicherten über die Beitragszahlungen hinaus bei zusätzlichen Leistungen vorsehen (§ 53 Abs 4 und 6 SGB V; zum System vgl Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 8). Prämienzahlungen an Versicherte können die Satzungen der KKn anordnen, wenn Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der KK zu tragenden Kosten übernehmen (Selbstbehalt; § 53 Abs 1 SGB V), Versicherte an besondere Versorgungsformen teilnehmen (§ 53 Abs 3 SGB V) oder wenn die Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkt (§ 53 Abs 7 SGB V). Um all diese Fälle geht es vorliegend indes nicht.

14

Vielmehr betrifft § 8a Abs 1 der Satzung der Klägerin Prämienzahlungen für Mitglieder, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V mitversicherten Angehörigen in einem Kalenderjahr, in dem sie länger als drei Monate versichert waren, Leistungen zu Lasten der KK nicht in Anspruch genommen haben. Hierzu ermächtigt § 53 Abs 2 Satz 1 SGB V. § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V sieht insoweit vor, dass die im 3. und 4. Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs 2 SGB V und den §§ 24 bis 24b SGB V sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unberücksichtigt bleiben. Diese gesetzliche Regelung schließt es nach ihrem Wortlaut, Regelungssystem, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Regelungszweck aus, den beschlossenen § 8a Abs 3 der Satzung der Klägerin zu genehmigen, da er - abweichend vom gesetzlichen Rahmen - Teilprämienzahlungen bei teilweiser Inanspruchnahme relevanter Leistungen zulässt.

15

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin bestimmt § 53 Abs 2 SGB V abschließend, dass nur die völlige ganzjährige Nichtinanspruchnahme einschlägiger Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt: Es gilt das "Alles oder Nichts-Prinzip". Die Norm regelt als Grundsatz, dass die Nichtinanspruchnahme von Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt (§ 53 Abs 2 Satz 1 SGB V). Sie legt zudem im Einzelnen die Ausnahmen fest, deren Inanspruchnahme hierbei "unberücksichtigt" zu bleiben haben (§ 53 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dagegen lässt es § 53 Abs 2 SGB V nicht zu, für den Fall der teilweisen Inanspruchnahme von relevanten Leistungen Prämienzahlungen zu staffeln, wie es § 8a Abs 3 der von der Klägerin beschlossenen Satzung anordnet. Bei den nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V nicht zu berücksichtigenden Leistungen spielt es vielmehr keine Rolle, in welchem Umfang sie in Anspruch genommen werden. Selbst wenn die in § 8a Abs 3 der Satzung aufgeführten Leistungen dem Ausnahmekatalog des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unterfielen, was nicht der Fall ist (vgl sogleich), wäre die Satzungsregelung nicht gesetzeskonform.

16

d) Die in der Satzungsbestimmung aufgeführten Leistungen - ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln - unterfallen überhaupt nicht dem Regelungsgegenstand des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V. Zu den dort genannten Leistungen gehören solche zur Prävention und Selbsthilfe (§ 20 SGB V), zur Verhütung von Zahnerkrankungen (§§ 21, 22 SGB V), ambulante medizinische Vorsorgeleistungen am Wohnort und stationäre Vorsorgeleistungen (§ 23 Abs 1 und Abs 4 SGB V) sowie Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25, 26 SGB V). Es spricht viel dafür, insoweit auch die zahnärztlichen Untersuchungen nach § 55 Abs 1 Satz 4 Nr 2 SGB V und die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nach §§ 195 bis 200b RVO einzubeziehen(vgl zutreffend zB Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 101, 102 mwN). Weder die Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher oder zahnärztlicher Behandlung noch die Kombination der Inanspruchnahme einer solchen Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln zählt demgegenüber zu den Leistungen, die nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unberücksichtigt bleiben. Denn der Ausnahmebereich erfasst nur solche Leistungen, deren Inanspruchnahme der Gesetzgeber wegen ihrer präventiven, vorsorgenden Ausrichtung, dem Bezugspunkt der Schwanger- und Mutterschaft oder aus Gründen des Minderjährigenschutzes gesichert sehen will. Die Inanspruchnahme regulärer Leistungen außerhalb dieses Schutzbereichs vermag sich demgegenüber auf keinen inneren, rechtfertigenden Grund zu stützen, um dennoch Prämienzahlungen zu rechtfertigen.

17

e) Dem entspricht die Entstehungsgeschichte der Regelung: Erstmalig führte § 65 SGB V idF durch das Gesundheitsreformgesetz(Art 1 GRG vom 20.12.1988, BGBl I 2477) im Rahmen von Erprobungsregelungen eine Ermächtigung zu Beitragsrückzahlungen durch Satzungsregelung ein, um für die Versicherten Anreize zu einem wirtschaftlichen Verhalten bei der Inanspruchnahme von Leistungen zu schaffen (Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und FDP eines GRG, BT-Drucks 11/2237 S 189, linke Spalte zu § 73 des Entwurfs - Beitragsrückzahlung). Die Regelung im GRG sah in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V auch eine Teilbeitragserstattung vor: Wenn die Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen weniger als den gesetzlich festgelegten Erstattungsbetrag - ein Zwölftel des Jahresbeitrags des Mitglieds - betrugen, sollte der Unterschiedsbetrag zurückgezahlt werden. Eine solche Teilerstattungsregelung haben spätere Gesetzesfassungen bewusst nicht übernommen und fortgeführt.

18

Schon damals umriss § 65 Abs 2 Satz 4 SGB V idF des GRG einen Katalog von Leistungen, die für die "Inanspruchnahme von Leistungen" unberücksichtigt bleiben sollten. Nach den Gesetzesmaterialien sollten nämlich die neuen Leistungen "Gesundheitsförderung und Prävention, Früherkennungsmaßnahmen nach dem 3. und 4. Abschnitt sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft und für Kinder" für einen Rückzahlungsanspruch unschädlich sein, da die Regelung anderenfalls präventions- bzw familienfeindlich wirken würde (BT-Drucks 11/2237 S 189 linke Spalte zu § 73 zu Abs 2, 2. Absatz).

19

Diesen Ausnahmekatalog übernahm der Gesetzgeber auch bei den Änderungen in der Folgezeit und erweiterte ihn nicht etwa um ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen. Im Gegenteil war ihm klar, dass die Inanspruchnahme von diesen ambulanten Behandlungen eigens eine Datenübermittlung erforderte, um sie erfassen zu können (vgl ebenda den Hinweis auf die Regelung in § 307 SGB V des Gesetzentwurfs). Das GRG regelte deshalb ursprünglich die hierfür erforderliche Datenübermittlung in § 299 SGB V. Wegen der Streichung der Regelung über die Erprobung der Beitragsrückzahlung wurde § 299 SGB V mit Wirkung vom 1.1.2000 aufgehoben (Art 1 Nr 77 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Nach Wiedereinführung der Beitragserstattung durch § 54 SGB V idF durch Art 1 Nr 35 GKV-Modernisierungsgesetz(GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 = aF) wurde die erforderliche Datenerhebung in den allgemeinen Vorschriften geregelt (vgl zB für die KK § 284 Abs 1 Nr 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 159a GMG).

20

Der heute geltende § 53 Abs 2 SGB V knüpft an § 54 SGB V aF an. Die aktuelle Norm wurde lediglich für Pflichtversicherte geöffnet und redaktionell wegen der Einführung des Gesundheitsfonds an das neue Finanzierungssystem durch das GKV-WSG angepasst (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 108 rechte Spalte zu Nr 33 zu Abs 2). Auch § 54 SGB V aF nahm - als erstattungsunschädliche Fälle - reguläre Leistungen für über 18-jährige Versicherte nicht aus(vgl hierzu Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 91 rechte Spalte zu Nr 35 zu § 54). Rechtlich ist es insoweit ohne Belang, dass es bei der Abgeltung von ambulanten ärztlichen oder zahnärztlichen Leistungen durch ein Pauschalsystem schwierig zu ermitteln sein kann, welcher Versicherte im Einzelfall Leistungen in Anspruch genommen hat. § 53 Abs 2 SGB V lässt es insoweit nicht zu, Versicherte bei Inanspruchnahme regulärer Leistungen hinsichtlich der Nichtinanspruchnahmeprämien ungleich zu behandeln.

21

f) Auch der Regelungszweck gibt nichts dafür her, § 53 Abs 2 SGB V als Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen zu sehen, die bei eingeschränkter Inanspruchnahme von Leistungen der GKV begrenzte Prämienzahlungen zulassen. Wie schon die Vorgängerregelung § 54 SGB V aF zielt § 53 Abs 2 SGB V darauf ab, satzungsrechtliche Anreizmechanismen für die völlige Nichtinanspruchnahme relevanter Leistungen zuzulassen, um Versicherte auf diesem Weg zu kostenbewusstem, wirtschaftlichem Verhalten zu bewegen(vgl zB Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 20 mwN). Eine Prämierung bloßer Teilinanspruchnahme wie in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V idF durch das GRG sieht § 53 Abs 2 SGB V gerade nicht vor.

22

3. Die Klägerin kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass sie sich mit der AOK Baden-Württemberg in unmittelbarem Wettbewerb sieht und eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Genehmigungspraxis von Satzungen einfordert. Schon im Ansatz kann die Klägerin aus den europarechtlichen Wettbewerbsregeln für Unternehmen (Art 101 ff Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union, in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung vom 13.12.2007, ABl C 306 S 1, berichtigt ABl 2008 C 111 S 56 und ABl 2009 C 290 S 1, in Kraft getreten am 1.12.2009, siehe Gesetz vom 8.10.2008 BGBl II 1038) für sich nichts beanspruchen. Denn die KKn sind keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts.

23

a) Zwar umfasst der Begriff des Unternehmens im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl zB EuGH, Urteile vom 23.4.1991, Höfner und Elser, C-41/90, EuGHE I 1991, 1979 RdNr 21 = SozR 3-6030 Art 86 Nr 1 und vom 11.12.2007, ETI ua, C-280/06, EuGHE I 2007, 10893 RdNr 38). Die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist aber zu verneinen, wenn der Träger eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllt. KKn als öffentlich-rechtliche Träger in Systemen der sozialen Sicherheit, die durch fehlendes Gewinnstreben, die Verfolgung eines sozialen Ziels und die Anwendung des Solidaritätsgedankens geprägt sind, unterscheiden sich durch diese Merkmale von privaten Versicherungsträgern. Sie sind dazu bestimmt, auf der Grundlage der Solidarität besondere Aufgaben wahrzunehmen, die nur von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wahrgenommen werden können. KKn wirken so als öffentlich-rechtliche Körperschaften an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mit, das staatlicher Aufsicht unterliegt, und nehmen insoweit eine soziale Aufgabe wahr, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl EuGH, Urteil vom 16.3.2004, AOK Bundesverband ua, C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01, EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2400 § 80 Nr 1 RdNr 40 mwN; vgl entsprechend auch zu den deutschen Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung EuGH, Urteil vom 5.3.2009, C-350/07, Kattner Stahlbau GmbH, NJW 2009, 1325).

24

Die Ergebnisse der Rechtsprechung des EuGH zu den deutschen KKn aus dem Jahr 2004 sind durch die seitdem ergangenen Gesetzesänderungen des SGB V im Ergebnis nicht geändert worden. KKn sind auch heute noch - unverändert gegenüber dem Rechtszustand 2004 - gesetzlich verpflichtet, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Sie haben außerhalb der geringfügigen Bandbreite der Wahltarife keine Möglichkeit, auf diese Leistungen Einfluss zu nehmen. Sie sind weiterhin zu einer kassenübergreifenden Solidargemeinschaft zusammengeschlossen, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolgt nach den §§ 265 ff SGB V ein Ausgleich zwischen den KKn mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den KKn, die kostenträchtige Risiken versichern und deren Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Risiken am höchsten sind. Die KKn konkurrieren weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung der im Bereich der Behandlung oder der Arzneimittel gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, die ihre Hauptaufgabe darstellt. Im Gegenteil arbeiten die KKn und ihre Verbände im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend aufgrund gesetzlicher Verpflichtung miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 SGB V).

25

Der Spielraum, über den die KKn verfügen, um ihre Wahltarife festzulegen und untereinander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder auszulösen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. So ist die Einführung der Wahltarife nach § 53 SGB V im Zusammenhang mit der Abschaffung unterschiedlicher Beitragssätze in der GKV durch das GKV-WSG zu sehen, die ab 2009 zu einem bundeseinheitlichen Beitragssatz für alle KKn geführt hat und kassenindividuell nur noch die Erhebung eines Zusatzbeitrags in Höhe von maximal 1 vH der Bemessungsgrundlage zulässt(vgl § 242 SGB V in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung und hierzu Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 11 ff mwN). Dem damit einhergehenden Abbau von Gestaltungsräumen der KKn hat der Gesetzgeber zur Effizienzsteigerung neue Versorgungsformen und Wahltarife flankierend an die Seite gestellt, um auch weiterhin im Rahmen eines eingeschränkten Wettbewerbs das Funktionieren des Gesamtsystems so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Vor diesem Hintergrund ändert die Möglichkeit, in einem engen gesetzlichen Rahmen Wahltarife vorzusehen, an der sozialen Natur der Tätigkeit der KKn nichts (vgl EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 56; Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 32 f mwN).

26

b) Eine Ungleichbehandlung einzelner KKn bei der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspraxis von Wahltarifen kann im Übrigen rechtlich nicht dazu führen, einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht zu begründen (vgl allgemein zB BVerfGE 50, 142, 166; BSG, Beschluss vom 18.7.2006 - B 1 KR 62/06 B - RdNr 6 mwN; BSGE 76, 40, 42 = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 S 14; BSGE 69, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 10 mwN). Die Aufsichtsbehörden werden vielmehr regelmäßig im Anschluss an ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ihre Genehmigungspraxis überprüfen. Gezielte Verstöße gegen das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger können darüber hinaus Unterlassungsansprüche nach sich ziehen (vgl BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1 S 4 mwN).

27

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich unter Berücksichtigung der bundesweiten Bedeutung der Sache auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 iVm § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1 000 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung der am 1.4.2007 in Kraft getretenen Satzungsänderung der Beigeladenen.

2

Die Klägerin ist ein privates Krankenversicherungsunternehmen, die Beigeladene eine Krankenkasse (KK), das beklagte Land seit 1.8.2008 Rechtsnachfolger des für die Genehmigung ursprünglich zuständigen Landesversicherungsamts Nordrhein-Westfalen (vgl Gesetz zur Auflösung des Landesversicherungsamtes vom 20.11.2007, GV NRW 2007, 588). Die Beigeladene beschloss am 6.3.2007, ihre Satzung mit Blick auf die zum 1.4.2007 in Kraft tretende Regelung des § 53 Abs 4 SGB V(idF durch Art 1 Nr 33 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378) zu ändern. Sie führte in den §§ 26 bis 29 neue Tarife zur Kostenerstattung ein für Leistungen im Ausland(§ 26), "Krankenhauszuzahlung" (§ 27), "Ein- oder Zwei-Bett-Zimmer" im Krankenhaus (§ 28) sowie bei Zahnersatz (§ 29). Das Landesversicherungsamt Nordrhein-Westfalen genehmigte die Änderung der Satzung (Bescheid vom 20.3.2007). Sie trat zum 1.4.2007 in Kraft. Die Klägerin legte Widerspruch ein. Das Landesversicherungsamt teilte der Klägerin mit, es werde keinen Widerspruchsbescheid erlassen. Sie könne die Genehmigung nicht anfechten, da sie als Dritte nicht in eigenen Rechten betroffen sei (Schreiben vom 21.5.2007). Die Klägerin verfolgt in einem weiteren Klageverfahren beim SG gegen die Beigeladene das Ziel, dass diese es unterlässt, Leistungen gemäß §§ 26 bis 29 der Satzung anzubieten. Das SG hat die vorliegende Klage an das LSG verwiesen. Der (ua) für Aufsichtsangelegenheiten zuständige 11. LSG-Senat hat die Klage abgewiesen: Die Klägerin sei weder hinsichtlich des inzwischen gestellten Hauptantrags, den Beklagten zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen die Aufhebung der Wahltarife anzuordnen, noch hinsichtlich der Hilfsanträge auf Aufhebung des Genehmigungsbescheids, ganz hilfsweise auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit klagebefugt. Die der Aufsichtsanordnung wie auch der Genehmigung zugrunde liegenden Rechtsnormen entfalteten gegenüber Dritten keine Rechtswirkungen (Urteil vom 18.4.2012).

3

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts (§ 29 Abs 2 Nr 2, § 54 Abs 1 S 2 SGG iVm Art 3 Abs 1 und Art 12 Abs 1 GG bzw Art 4 Abs 3 S 2 und 3 EUV, Art 107 Abs 1, Art 108 Abs 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union<AEUV>; § 55 Abs 1 Nr 2 SGG; Art 19 Abs 4 GG; § 89 Abs 1, § 87 Abs 1 SGB IV). Sie trägt vor, das LSG habe seine Spezialzuständigkeit in einer Aufsichtsangelegenheit verkannt. Die Klagebefugnis ergebe sich aus Grundrechten und dem Recht der EU. Die Genehmigung der Satzung der Beigeladenen begründe ein grundrechtswidriges, mit der Klage angreifbares Ungleichgewicht in einer Konkurrenzsituation. Sie verstoße zudem gegen das unionsrechtliche Verbot rechtswidriger Beihilfen. Dies vermittle Wettbewerbern bereits bei individueller Betroffenheit nach nationalem Verfahrensrecht eine Klagebefugnis.

4
        

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. April 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen anzuordnen, dass diese die §§ 26 bis 29 ihrer derzeit gültigen Satzung innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem ordnungsgemäß auszuübenden Ermessen des Beklagten überlassen bleibt, aufhebt,

hilfsweise,

        

den Bescheid des Landesversicherungsamtes vom 20. März 2007 aufzuheben,

äußerst hilfsweise,

        

festzustellen, dass der Bescheid des Landesversicherungsamtes vom 20. März 2007 rechtswidrig ist.

5

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
 die Revision zurückzuweisen.

6

Sie halten die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Ihre Klage ist als Verpflichtungsklage gegen das beklagte Land auf Erlass einer Anordnung gegenüber der beigeladenen KK, die §§ 26 bis 29 ihrer Satzung aufzuheben, und hilfsweise als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft(dazu 1.). Die Verpflichtungs- und die Fortsetzungsfeststellungsklage sind indes jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Klägerin die erforderliche Klagebefugnis fehlt (dazu 2.).

8

1. Die Klägerin hat ihr Begehren im Klageverfahren zulässig in erster Linie auf die zunächst hilfsweise begehrte Verpflichtungsklage umgestellt, hilfsweise auf die Aufhebung der Satzungsgenehmigung und äußerst hilfsweise auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Satzungsgenehmigung (vgl § 99 Abs 3 Nr 2 SGG und hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 99 RdNr 4 mwN). Sie kann ihr Begehren statthaft mit der Verpflichtungs- (dazu a) und hilfsweise mit der Fortsetzungsfeststellungsklage (dazu b) verfolgen.

9

a) Das Begehren, die Beklagte zum Erlass einer Anordnung gegenüber der Beigeladenen zu verurteilen, die §§ 26 bis 29 ihrer Satzung aufzuheben - eine Aufsichtsangelegenheit gegenüber einem Träger der Sozialversicherung, bei der die Aufsicht von einer Landesbehörde ausgeübt wird(§ 29 Abs 2 Nr 2 SGG) -, ist als Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 2 SGG)statthaft. Die begehrte Anordnung gegenüber der Beigeladenen erfüllt als ein Aufsichtsmittel auf der in Betracht kommenden speziellen Grundlage des § 195 Abs 2 SGB V alle Merkmale eines an den Versicherungsträger gerichteten Verwaltungsakts(§ 31 SGB X; vgl BSGE 61, 254, 257 = SozR 7223 Art 8 § 2 Nr 3 S 4; BSGE 91, 269, 271 f = SozR 4-2400 § 89 Nr 1 S 3). Die begehrte Anordnung ist Actus contrarius zur Satzungsgenehmigung, die im hier maßgeblichen Verhältnis zwischen Aufsichtsbehörde und KK ein Verwaltungsakt auf der Grundlage des § 195 SGB V ist(vgl BSGE 106, 199 = SozR 4-2500 § 53 Nr 1, RdNr 11 mwN; BSGE 109, 230 = SozR 4-2500 § 53 Nr 2, RdNr 10 mwN).

10

b) Anstelle des hilfsweise gestellten Anfechtungsantrags (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 SGG) ist allein die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 S 3 iVm § 54 Abs 1 S 1 SGG) statthaft. Denn der Genehmigungsbescheid vom 20.3.2007 hat sich mit dem Eintritt der Wirksamkeit der von der Beigeladenen beschlossenen Satzung zum 1.4.2007 erledigt.

11

Ursprünglich statthaft war zwar eine auf Aufhebung der Satzungsgenehmigung (Bescheid vom 20.3.2007) gerichtete Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) - ebenfalls eine Aufsichtsangelegenheit gegenüber einem Träger der Sozialversicherung, bei dem die Aufsicht von einer Landesbehörde ausgeübt wird (vgl § 29 Abs 2 Nr 2 SGG). Die Klägerin konnte nach Inkrafttreten der Satzung am 1.4.2007 im Klageverfahren aber statthaft lediglich noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheids begehren. Der Genehmigungsbescheid erledigte sich nämlich mit Eintritt der Genehmigungswirkung und Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens (vgl entsprechend BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2).

12

Die Genehmigung einer Satzung ist ein Mitwirkungsakt in einem Normsetzungsverfahren. Sie kann nicht mehr isoliert rückgängig gemacht werden, wenn das Rechtsetzungsverfahren abgeschlossen und der Rechtssatz entstanden ist. Von diesem Zeitpunkt an kann nur noch der Rechtssatz selbst rückgängig gemacht oder aufgehoben werden (vgl auch BVerwG SächsVBl 1998, 236; BVerwGE 90, 88, 90; BVerwGE 75, 142, 146 f). Die Genehmigung der Satzung einer KK gestaltet in diesem Sinne zusammen mit den weiteren Teilen des Rechtsetzungsverfahrens die Rechtslage um. Das Wirksamwerden der Satzung schließt den prozessualen, zunächst denkmöglichen Anspruch auf Aufhebung der Satzungsgenehmigung aus (vgl zum Begriff der "Erledigung" des angegriffenen Verwaltungsakts Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2012, § 131 RdNr 66 ff).

13

Es steht der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht entgegen, dass die Erledigung der Genehmigung hier bereits vor der Erhebung der Klage eintrat (vgl BSG SozR 4-1500 § 131 Nr 3 RdNr 12 mwN; BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 S 19; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2012, § 131 RdNr 69 mwN).

14

2. Die in erster Linie verfolgte Verpflichtungsklage auf Erlass einer Anordnung gegenüber der Beigeladenen und die (hilfsweise) geltend gemachte Fortsetzungsfeststellungsklage sind unzulässig. Die Klägerin ist für beide Klagen nicht klagebefugt. Insoweit bedarf es keiner zusätzlichen Vertiefung, inwieweit Verpflichtungsklagen ohne vorangegangenes Verwaltungsverfahren - wie hier - zulässig sind (vgl dazu zB BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 4 RA 40/05 R - RdNr 19).

15

a) Die Prüfung der Klagebefugnis für Drittbetroffene erfolgt nach vergleichbaren Kriterien des drittschützenden Charakters der einschlägigen Rechtsnormen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 14, 23 mwN),obwohl der Ausgangspunkt der Klagebefugnis für Verpflichtungs- und Fortsetzungsfeststellungsklage nicht identisch ist.

16

aa) Die notwendige Klagebefugnis für eine Verpflichtungsklage erfordert die generelle Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte des Klägers (vgl BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 15 RdNr 31 mwN). Sie besteht, wenn der Kläger behaupten kann, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts oder den angefochtenen Verwaltungsakt rechtswidrig beschwert zu sein (vgl § 54 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 SGG; BSGE 111, 280 = SozR 4-2500 § 171a Nr 1, RdNr 14 mwN ). Beschwert im Sinne des § 54 Abs 1 S 2 SGG kann auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtssphäre durch die Ablehnung oder Unterlassung des an einen anderen zu richtenden Verwaltungsakts oder den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Die Klagebefugnis fehlt, wenn die Rechtsordnung einen derartigen Anspruch wie den geltend gemachten nicht kennt (vgl BSGE 92, 113, 116 = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 S 4 f). So liegt es, wenn die als verletzt angesehene Rechtsnorm keinen drittschützenden Charakter in dem Sinne hat, dass sie zumindest auch der Verwirklichung individueller Interessen des Klägers zu dienen bestimmt ist (stRspr, vgl zB BSGE 70, 99, 101 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 S 38; BSGE 77, 130, 132 f = SozR 3-2500 § 124 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 19 S 84). Es müssen entweder die geltend gemachten rechtlichen Interessen des Dritten vom Schutzzweck der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm erfasst sein (vgl zB BSG SozR Nr 115 zu § 54 SGG; BSGE 67, 30 = SozR 3-2200 § 368n Nr 1; BSGE 68, 291 = SozR 3-1500 § 54 Nr 7; BSGE 70, 99, 101 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 S 38). Oder es muss eine weitergehende Grundrechtsverletzung (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 14)oder Verletzung des Rechts der EU tatsächlich möglich sein, gegen die die Rechtsordnung den Dritten schützt. Eine rein wirtschaftliche oder sonstige Betroffenheit reicht nicht aus. Von dem Verwaltungsakt dürfen in Bezug auf die Dritten nicht nur Rechtsreflexe ausgehen.

17

bb) Auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage erfordert, dass die Klägerin klagebefugt ist. Diese Klage ist nach Eintritt eines erledigenden Ereignisses nämlich nur zulässig, wenn die ursprüngliche Anfechtungsklage zulässig gewesen ist, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis besteht und ein Feststellungsinteresse vorliegt (vgl BSGE 111, 280 = SozR 4-2500 § 171a Nr 1, RdNr 13 mwN; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2012, § 131 RdNr 55). Die Klagebefugnis für eine Anfechtungsklage besteht, wenn die Klägerin behaupten kann, durch den angefochtenen, von ihr als rechtswidrig angesehenen Verwaltungsakt beschwert zu sein (vgl § 54 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 SGG; BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 12; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 21; BSGE 111, 280 = SozR 4-2500 § 171a Nr 1, RdNr 14 mwN; Hauck in Hennig, SGG, Stand Dezember 2012, § 131 RdNr 10). Beschwert in diesem Sinne kann - entsprechend den zuvor aufgezeigten Maßstäben - auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtssphäre durch den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Drittschutz gewährende Rechtsnormen des einfachen Gesetzesrechts (dazu b), des Verfassungsrechts (dazu c) und des Rechts der EU (dazu d) für das geltend gemachte Begehren der Klägerin sind indessen nicht vorhanden.

18

b) Die Rechtsgrundlagen des einfachen Gesetzesrechts für den Erlass der primär begehrten Aufsichtsanordnung (dazu aa) und für die Erteilung der Genehmigung zur Satzungsänderung (dazu bb) vermitteln für das geltend gemachte Begehren der Klägerin keinen Drittschutz.

19

aa) Der Beklagte kann als Aufsichtsbehörde nach § 195 Abs 2 S 1 SGB V anordnen, wenn sich nachträglich ergibt, dass eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen, dass die KK innerhalb einer bestimmten Frist die erforderliche Änderung vornimmt. § 195 Abs 2 S 1 SGB V erfasst grundsätzlich auch Fälle, in denen die Aufsichtsbehörde erst nachträglich erkennt, dass sie die Satzung nicht hätte genehmigen dürfen (vgl Peters in Kasseler Komm, Stand 1.12.2012, § 195 SGB V RdNr 2; Schneider-Danwitz in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 195 RdNr 11). Die Vorschrift ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers als Sondervorschrift zur Regelung über die Aufsichtsmittel in § 89 SGB IV gedacht und entspricht in ihrem Regelungsgehalt § 326 Abs 2 RVO. Danach ordnete das Oberversicherungsamt die erforderliche Änderung an, wenn sich nachträglich ergab, dass eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen. Hiervon abweichend sollte es aber in § 195 Abs 2 S 1 SGB V der Aufsichtsbehörde überlassen bleiben, die Frist zur Durchführung der Anordnung zu bestimmen(BR-Drucks 200/88 S 218 zu § 204). Dem entspricht zutreffend der Hauptantrag der Klägerin, ohne dass es an dieser Stelle einer Vertiefung bedarf, ob sich das pflichtgemäße Ermessen auf die Fristbestimmung beschränkt (offengelassen in BSGE 89, 227, 235 = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 9 mwN; weitergehend Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2011, K § 195 RdNr 7). Denn in jedem Fall ist eine Maßnahme der staatlichen Aufsicht betroffen, welche grundsätzlich nicht dem Schutz von Individualrechten zu dienen bestimmt ist. Es entspricht nämlich der Gesamtstruktur der Rechtsordnung, aufsichtsbehördlichen Verfügungen grundsätzlich keinen drittschützenden Charakter beizumessen.

20

Die Ausübung der Staatsaufsicht über Sozialversicherungsträger erschöpft sich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats regelmäßig allein in der Wahrung der Gleichgewichtslage zwischen Staat und Selbstverwaltungskörperschaft (vgl zB BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 12.3.2013 - B 1 A 1/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dagegen ist das Aufsichtsrecht nicht dazu bestimmt, dem Individualinteresse Einzelner zu dienen (vgl BSGE 26, 237, 240 = SozR Nr 112 zu § 54 SGG; vgl auch BSGE 86, 126, 130 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 37). Ebenso wenig wie ein Dritter Ansprüche gegen eine Aufsichtsbehörde auf ein aktives Einschreiten gegen die der Aufsicht unterstellte KK daraus ableiten kann, dass über den Inhalt materiell-rechtlicher Normen gestritten wird, die (möglicherweise auch) den Schutz des Dritten zum Gegenstand haben (vgl BSGE 26, 237, 238 f = SozR aaO), kann sich der Dritte gegen einen Bescheid der Aufsichtsbehörde wenden, mit dem der KK ein bestimmtes Handeln abverlangt wird (zur fehlenden drittschützenden Wirkung einer aufsichtsrechtlichen Prüfung/Anordnung vgl zB BSGE 63, 173, 175 = SozR 2200 § 182 Nr 112; BSGE 90, 231, 248, 266 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 mwN). Diese Sichtweise ist auch deshalb geboten, weil im sozialversicherungsrechtlichen Aufsichtsverhältnis grundsätzlich ein anderer Maßstab für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer angegriffenen Aufsichtsmaßnahme einschlägig ist, als er für die gerichtliche Kontrolle von Verwaltungshandeln außerhalb des Aufsichtsrechts allgemein gilt (vgl BSGE 98, 129 = SozR 4-2400 § 35a Nr 1, RdNr 13; BSG Urteil vom 12.3.2013 - B 1 A 1/12 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR).

21

bb) Die gleichen Grundsätze gelten für die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Genehmigungsbescheids. Die insoweit allein einschlägige Rechtsgrundlage des § 195 Abs 1 SGB V gibt unter Berücksichtigung aller Auslegungsmethoden keine Hinweise darauf, dass die Regelung drittschützende Wirkung hat. Im Bereich der staatlichen Mitwirkung gibt die Rechtsordnung - etwa durch Anhörungsrechte - ausdrücklich vor, wenn Genehmigungsvoraussetzungen Rechte Dritter schützen sollen (BSGE 111, 280 = SozR 4-2500 § 171a Nr 1, RdNr 15). Dergleichen Vorgaben enthalten die Rechtsnormen über das bei Änderung einer Satzung einzuhaltende Verfahren nicht (vgl zum Regelungssystem des Zustandekommens der Satzung Peters in Kasseler Komm, Stand 1.12.2012, § 194 SGB V RdNr 3).

22

c) Die Grundrechte der Berufsfreiheit des Art 12 Abs 1 GG und des Gleichbehandlungsgebots gemäß Art 3 Abs 1 GG vermitteln der Klägerin keinen weitergehenden Rechtsschutz. Die Klägerin kann für ihre Klagebefugnis nichts daraus für sich herleiten, dass sie sich mit der Beigeladenen in unmittelbarem Wettbewerb sieht und eine Gleichbehandlung durch Untersagung mit den Wahltarifen der Beigeladenen verbundener vermeintlich ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteile einfordert (zum parallelen Vortrag der privaten Krankenversicherer im Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die Gesundheitsreform 2007 vgl BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8, RdNr 81 ff - PKV-Basistarif). Soweit die Klägerin - gestützt insbesondere auf ihre Grundrechte - tatsächlich Unterlassungsansprüche hat, sind diese gegen die Beigeladene gerichtet. Die Grundrechte fordern insoweit nicht etwa, direkt bestehende Unterlassungsansprüche in einen Umweg über die Aufsichtsbehörde zu verfolgen. Damit harmoniert, dass die Beigeladene der Klägerin die Satzungsgenehmigung mangels Drittwirkung nicht erfolgreich entgegenhalten kann. Denn die Satzungsgenehmigung einer Aufsichtsbehörde heilt nicht etwaige inhaltliche Mängel der Satzung mit Wirkung gegenüber Dritten (vgl zB BSGE 24, 266, 269 = SozR Nr 1 zu § 324 RVO; BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 1 S 2 f mwN; BSGE 89, 227, 231 = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 5). So hindert etwa die Genehmigung von Satzungsänderungen über höhere Beitragssätze durch die Aufsichtsbehörde einen betroffenen Versicherten nicht, die Rechtmäßigkeit der Beitragssatzerhöhungen im Wege einer Aufhebungsklage gegen die auf ihnen beruhenden Beitragsbescheide überprüfen zu lassen. Erst recht gilt nichts anderes gegenüber Dritten. Dem steht auch die differenzierte Rechtsprechung des BGH (vgl GRUR 2002, 269, 270) nicht entgegen.

23

Auch Art 19 Abs 4 GG gebietet es nicht, alle auf den Binnenbereich zwischen staatlicher Aufsicht und Sozialversicherungsträger beschränkte Entscheidungen gerichtlichem Rechtsschutz durch jedermann - über seine betroffenen Grundrechte hinaus - zu unterwerfen. Art 19 Abs 4 GG gewährleistet nicht selbst den sachlichen Bestand oder den Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung (vgl zum Ganzen näher BSG Urteil vom 12.3.2013 - B 1 A 1/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Diese richtet sich vielmehr nach der Rechtsordnung im Übrigen (vgl BVerfGE 61, 82, 110). Von den Fällen der Grundrechte und sonstiger verfassungsmäßiger Rechte abgesehen bestimmt der Gesetzgeber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zusteht und welchen Inhalt es hat (vgl BVerfGE 78, 214, 226). Hiervon hat er auch Gebrauch gemacht. Die Klägerin kann die Beigeladene unmittelbar auf Unterlassung in Anspruch nehmen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Diesen Weg hat die Klägerin eingeschlagen, indem sie Klage beim SG erhoben hat (vgl zu Unterlassungsansprüchen von Dritten gegenüber KKn zB BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 39 mwN; zur Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit, wenn - wie hier - Maßnahmen in Form des Erlasses von Satzungsrecht betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den KKn nach dem SGB V obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen, vgl BGH NJW 2007, 1819, 1820, RdNr 13; es versteht sich von selbst, dass damit auch die Pflicht der Kassen zur Aufklärung, Beratung und Information der Versicherten nach §§ 13 bis 15 SGB I erfasst ist, aus der sich Beschränkungen von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ergeben können, vgl zB BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1 S 4).

24

d) Aus dem europäischen Beihilfeverbot lässt sich ebenfalls keine Klagebefugnis der Klägerin ableiten. Der Maßstab der rechtlichen Betroffenheit iS von § 54 Abs 2 S 1 SGG wird nicht durch das Wettbewerbsrecht der EU modifiziert(s Art 101 ff AEUV in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung vom 13.12.2007, ABl C 306 S 1, berichtigt ABl 2008 C 111 S 56 und ABl 2009 C 290 S 1, in Kraft getreten am 1.12.2009, s Gesetz vom 8.10.2008, BGBl II 1038; vorher Art 81 ff Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der durch den Vertrag von Nizza geänderten Fassung vom 26.2.2001, ABl C 80 S 3, in Kraft getreten am 1.2.2003, s Gesetz vom 26.2.2001, BGBl II 1667). Zutreffend weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass der von wettbewerbsverfälschenden staatlichen Beihilfen (Art 107 AEUV) betroffene Konkurrent des Beihilfeempfängers unionsrechtlich bereits bei bloßer individueller Betroffenheit zur Nichtigkeitsklage (Art 263 Abs 4 AEUV) befugt ist (vgl EuGH Slg 1990, I-3083, RdNr 9 mwN - Cofaz/Kommission), wenn die Kommission im Prüfverfahren (Art 108 Abs 3 AEUV) feststellt, dass eine Maßnahme eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstellt ("Positiventscheidung"). Art 108 Abs 3 S 3 AEUV fordert indes nicht, Unternehmen wie jenem der Klägerin, die sich als Wettbewerber öffentlicher, rein sozialer Einrichtungen - wie hier der Beigeladenen - bezeichnen, Gerichtsschutz für Rechtsstreitigkeiten gegen Aufsichtsbehörden zu gewähren, deren Aufgabe allein im öffentlichen Interesse darin besteht, zu kontrollieren, dass die öffentlichen Einrichtungen sich rechtmäßig verhalten, hier insbesondere eine hinreichende Binnenfinanzierung ihrer Wahltarife gewährleisten.Das nationale Gericht ist einem solchen Fall unionsrechtlich zwar verpflichtet, einen Schutz gegen die Auswirkungen einer rechtswidrigen Durchführung von Beihilfen vor Abschluss des Prüfverfahrens sicherzustellen (EuGH Urteil vom 11.7.1996 - C-39/94 - SFEI ua). Damit ist indes keine Aufgabe oder Modifizierung nationaler Verfahrensvorschriften veranlasst (EuGH Urteil vom 11.7.1996 - C-39/94 - SFEI ua). Die Regelung erzwingt nicht nationales Recht, das private Unternehmen mit Hilfe der Gerichte zu Kontrolleuren der öffentlichen Kontrolleure von Einrichtungen macht, die Aufgaben mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllen.Die nationalen Gerichte sind nach der Rechtsprechung des EuGH lediglich verpflichtet, entsprechend ihrem nationalen Recht aus einer Verletzung des Art 108 Abs 3 S 3 AEUV sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen zu ziehen, die unter Verletzung dieser Bestimmung gewährt wurden (EuGH Slg 2008, I-469 - EuZW 2008, 145 RdNr 41 mwN - CELF I). Dem entspricht das nationale Recht, wenn - wie hier - die materiellen Regelungen, etwa die Einbindung in den zivilrechtlichen Deliktsschutz, Ansprüche aus der Verletzung des beihilferechtlichen Durchführungsverbots sicherstellen (vgl BGH Urteil vom 10.2.2011 - I ZR 213/08 - Juris RdNr 29).

25

Der erkennende Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass KKn wie die Beigeladene nach geltendem Recht keine Unternehmen iS von Art 101 ff AEUV sind, sondern Aufgaben mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllen. An dieser Bewertung ändert auch der den KKn durch das GKV-WSG eingeräumte Spielraum bei der Festlegung von Wahltarifen nichts (BSGE 106, 199 = SozR 4-2500 § 53 Nr 1 RdNr 25). Der erkennende Senat stimmt mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art 101 ff AEUV überein, dass Einrichtungen, die mit der Verwaltung gesetzlicher Krankenversicherungssysteme betraut sind und dabei der staatlichen Aufsicht unterliegen, einen rein sozialen Zweck verfolgen und insoweit keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Auch die deutschen gesetzlichen KKn nehmen eine rein soziale Aufgabe wahr, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Wettbewerbselemente, die die KKn veranlassen, im Interesse des ordnungsgemäßen Funktionierens des deutschen Systems der sozialen Sicherheit ihre Tätigkeit nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit auszuüben, dh so effizient und kostengünstig wie möglich, ändern nichts an der Natur der Tätigkeit der KKn. Nur außerhalb dieser Aufgaben rein sozialer Art lässt es sich nicht ausschließen, dass sie im Rahmen der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit Geschäftstätigkeiten ausüben, die keinen sozialen, sondern einen wirtschaftlichen Zweck haben (EuGH Slg 2004, I-2493 - SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 51, 58 ff - AOK Bundesverband ua; auch EuGH Slg 2009, I-01513 RdNr 42 - Kattner Stahlbau GmbH).

26

Wahltarife zugunsten von Mitgliedern auf gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage gehören zu dem durch das SGB V vorgegebenen Aufgabenbereich sozialer Art. Das Vorabentscheidungsersuchen des BGH vom 18.1.2012 (vgl GRUR 2012, 288 RdNr 12 f) zieht das nicht substantiell in Zweifel. Es wirft lediglich für den Regelungsbereich der Mitgliederwerbung die Frage auf, ob die für die Auslegung von Art 101 und Art 102 AEUV entwickelten Grundsätze auch für die Auslegung von Art 2 Buchst b und d RL 2005/29/EG maßgeblich sind (Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung Nr 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl EG Nr L 149 vom 11.6.2005, S 22). Mitgliederwerbung, die unmittelbar der Erfüllung der den KKn nach dem SGB V obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dient, ist indessen genuin der Rechtskontrolle durch die Sozialgerichtsbarkeit unterworfen (vgl § 4 Abs 3 SGB V; § 86 SGB X; §§ 13 bis 15 SGB I; allgemein zum rechtlichen Ausgangspunkt BGH NJW 2007, 1819, 1820, RdNr 13). Für sie gelten nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bereits aufgrund der umfassenden Aufklärungs- und Beratungspflichten nach §§ 13 bis 15 SGB I wesentlich schärfere Maßstäbe, als sie das Recht des unlauteren Wettbewerbs fordert(vgl zB BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1 S 4; anschaulich LSG NRW NJW 2004, 3733 = NZS 2005, 370).

27

Die begehrte Aufsichtsanordnung und die ursprünglich erteilte Satzungsgenehmigung sind als Maßnahmen der staatlichen Aufsicht bzw staatliches Mitwirkungsrecht dementsprechend keine Beihilfehandlungen iS von Art 107 AEUV, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl BSG SozR 4-2400 § 80 Nr 1 RdNr 39 bis 41). Eine Vorlage des erkennenden Senats an den EuGH ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht veranlasst. Ein Vorabentscheidungsersuchen kommt nämlich nicht in Betracht, wenn die europarechtskonforme Auslegung entscheidungserheblicher Normen durch die bereits ergangene Rechtsprechung des EuGH geklärt ist (BSGE 70, 206 = SozR 3-4100 § 4 Nr 3 mwN; BSG SozR 3-6050 Art 71 Nr 8 S 48) oder die Richtigkeit der Rechtsanwendung offenkundig ist und keinem vernünftigen Zweifel unterliegt (EuGHE 1982, 3415 - Srl CILFIT/Lanificio di Gavardo SpA). So verhält es sich hier.

28

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3 Halbs 1, § 162 Abs 3 VwGO. Die Beigeladene hat sich durch einen eigenen Antrag am Verfahren beteiligt. Ihre Kosten sind daher erstattungsfähig.

29

4. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG, § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 S 1 GKG und berücksichtigt das Interesse der privatwirtschaftlich tätigen Klägerin, das Angebot an Wahltarifen durch die Beigeladene vollständig zu unterbinden.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, eine Satzungsänderung zu genehmigen.

2

Die Klägerin, eine bundesweit tätige geschlossene Betriebskrankenkasse, regelt in § 8a ihrer genehmigten Satzung die "Wahltarif Prämienzahlung". Nach § 8a Abs 1 der Satzung erhalten Mitglieder, die im abgelaufenen Kalenderjahr länger als drei Monate bei der Klägerin versichert waren, eine Prämienzahlung, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr keine Leistungen zu Lasten der Klägerin in Anspruch genommen haben. § 8a Abs 2 der Satzung sieht vor, in welchen Fällen die Inanspruchnahme von - im Einzelnen näher aufgeführten Leistungen - für die Prämienzahlung unschädlich ist. Der Verwaltungsrat der Klägerin beschloss am 31.5.2007 als 24. Nachtrag zur Satzung vom 26.4.2001 folgenden § 8a Abs 3:

"Die Inanspruchnahme folgender Leistungen wird wie folgt auf die Prämienzahlung angerechnet: Ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln im Kalenderjahr mindert die Prämienzahlung nach Absatz IV um 40 Euro, zwei entsprechende Verordnungen im Kalenderjahr mindern die Prämie um 80 Euro. Jede weitere Verordnung schließt eine Prämienzahlung aus."
3

Das Bundesversicherungsamt (BVA) der beklagten Bundesrepublik Deutschland lehnte es als zuständige Aufsichtsbehörde ab, den 24. Nachtrag zur Satzung mit der beabsichtigten Einfügung von § 8a Abs 3 in die Satzung der Klägerin zu genehmigen, da dies mit der gesetzlichen Regelung in § 53 Abs 2 und Abs 9 SGB V nicht im Einklang stehe(Bescheid vom 25.9.2007).

4

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, über die Genehmigung des 24. Satzungsnachtrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 6.8.2008). Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Satzungsänderung gegen § 53 SGB V verstoße(Urteil vom 15.6.2009).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 53 SGB V. § 53 Abs 2 SGB V räume Krankenkassen (KKn) im Zusammenspiel mit § 53 Abs 1 SGB V unter Berücksichtigung des Regelungszwecks bei Wahltarifen große satzungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ein. KKn dürften satzungsrechtlich auf Fälle der Teilinanspruchnahme von Leistungen durch Versicherte flexibel reagieren und Prämienzahlungen entsprechend mindern, wie es auch die beschlossene Satzungsänderung des § 8a Abs 3 vorsehe. Die zuständige Landesaufsichtsbehörde habe der AOK Baden-Württemberg, die mit ihr (der Klägerin) in Wettbewerb um Versicherte stehe, einen entsprechenden Selbstbehalttarif genehmigt.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 6. August 2008 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der klagenden Betriebskrankenkasse ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Denn die Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, die von der Klägerin beschlossene Satzungsänderung zu genehmigen.

10

1. Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei der Klage um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) oder um eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) handelt. Auch mit der Aufsichtsklage kann die Vornahme einer begünstigenden Aufsichtsanordnung begehrt werden, nämlich die Erteilung einer beantragten Satzungsgenehmigung, wenn die Aufsichtsbehörde dies abgelehnt hat und der Versicherungsträger geltend macht, dass er auf die Vornahme dieses Akts einen Rechtsanspruch habe (vgl BSGE 69, 72, 73 = SozR 3-2500 § 241 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 11 mwN). So liegt es hier. Es ist insoweit unschädlich, dass die Klägerin sich mit ihrem Teilerfolg vor dem SG im Sinne eines Bescheidungsurteils begnügt hat, da sie das SG-Urteil nicht mit Rechtsmitteln angegriffen hat. Dies hat nur zur Folge, dass ein Erfolg ihrer Revision lediglich zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das SG-Urteil führen könnte.

11

2. Nach § 195 Abs 1 SGB V bedarf die Satzung einer KK der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Dies gilt auch für Satzungsänderungen. Ist eine verfahrensmäßig ordnungsgemäß zustande gekommene Satzungsänderung mit höherrangigem Recht vereinbar, besteht nach § 195 Abs 1 SGB V ein Anspruch auf die Genehmigung(vgl sinngemäß BSGE 70, 149, 150 = SozR 3-2500 § 240 Nr 8 S 24 f; BSGE 89, 227, 230 f = SozR 3-2500 § 194 Nr 1 S 4 f mwN; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 12 mwN). Eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt (vgl zB BSG SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2 f). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung, da die von ihr beschlossene Satzungsänderung mit § 53 Abs 2 SGB V unvereinbar ist.

12

a) Maßgeblich für die Vereinbarkeit der unstreitig und im Einklang mit dem Akteninhalt ordnungsgemäß zustande gekommenen Satzungsänderung mit höherrangigem Recht ist - soweit hier von Interesse - § 53 SGB V idF durch Art 1 Nr 33 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz(GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378). Die späteren Gesetzesänderungen betreffen lediglich den vorliegend nicht einschlägigen § 53 Abs 6 SGB V(Änderung durch Art 15 Nr 4 Gesetz vom 17.7.2009, BGBl I 1990). Es ist nämlich auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat abzustellen, denn dieser Zeitpunkt ist sowohl für den Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung bei einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als auch bei einer Aufsichtsklage maßgeblich, soweit sie - wie hier - auf eine Verpflichtung gerichtet ist (vgl BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15 mwN).

13

b) Die Genehmigung von § 8a Abs 3 der Satzung ist an § 53 Abs 2 SGB V zu messen, der Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen, die eine Prämienzahlung bei Nichtinanspruchnahme von Leistungen vorsehen. Andere Rechtsgrundlagen kommen von vornherein nicht in Betracht. Rechtssystematisch gesehen sind in § 53 SGB V Grundlagen für Satzungsbestimmungen geregelt, die einerseits - wie hier - zu Prämienzahlungen an Versicherte ermächtigen(§ 53 Abs 1, 2, 3 und 7 SGB V), andererseits weitere Zahlungen der Versicherten über die Beitragszahlungen hinaus bei zusätzlichen Leistungen vorsehen (§ 53 Abs 4 und 6 SGB V; zum System vgl Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 8). Prämienzahlungen an Versicherte können die Satzungen der KKn anordnen, wenn Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der KK zu tragenden Kosten übernehmen (Selbstbehalt; § 53 Abs 1 SGB V), Versicherte an besondere Versorgungsformen teilnehmen (§ 53 Abs 3 SGB V) oder wenn die Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen den Umfang der Leistungen beschränkt (§ 53 Abs 7 SGB V). Um all diese Fälle geht es vorliegend indes nicht.

14

Vielmehr betrifft § 8a Abs 1 der Satzung der Klägerin Prämienzahlungen für Mitglieder, wenn sie und ihre nach § 10 SGB V mitversicherten Angehörigen in einem Kalenderjahr, in dem sie länger als drei Monate versichert waren, Leistungen zu Lasten der KK nicht in Anspruch genommen haben. Hierzu ermächtigt § 53 Abs 2 Satz 1 SGB V. § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V sieht insoweit vor, dass die im 3. und 4. Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs 2 SGB V und den §§ 24 bis 24b SGB V sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unberücksichtigt bleiben. Diese gesetzliche Regelung schließt es nach ihrem Wortlaut, Regelungssystem, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Regelungszweck aus, den beschlossenen § 8a Abs 3 der Satzung der Klägerin zu genehmigen, da er - abweichend vom gesetzlichen Rahmen - Teilprämienzahlungen bei teilweiser Inanspruchnahme relevanter Leistungen zulässt.

15

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin bestimmt § 53 Abs 2 SGB V abschließend, dass nur die völlige ganzjährige Nichtinanspruchnahme einschlägiger Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt: Es gilt das "Alles oder Nichts-Prinzip". Die Norm regelt als Grundsatz, dass die Nichtinanspruchnahme von Leistungen zu Prämienzahlungen berechtigt (§ 53 Abs 2 Satz 1 SGB V). Sie legt zudem im Einzelnen die Ausnahmen fest, deren Inanspruchnahme hierbei "unberücksichtigt" zu bleiben haben (§ 53 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dagegen lässt es § 53 Abs 2 SGB V nicht zu, für den Fall der teilweisen Inanspruchnahme von relevanten Leistungen Prämienzahlungen zu staffeln, wie es § 8a Abs 3 der von der Klägerin beschlossenen Satzung anordnet. Bei den nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V nicht zu berücksichtigenden Leistungen spielt es vielmehr keine Rolle, in welchem Umfang sie in Anspruch genommen werden. Selbst wenn die in § 8a Abs 3 der Satzung aufgeführten Leistungen dem Ausnahmekatalog des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unterfielen, was nicht der Fall ist (vgl sogleich), wäre die Satzungsregelung nicht gesetzeskonform.

16

d) Die in der Satzungsbestimmung aufgeführten Leistungen - ärztliche oder zahnärztliche Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln - unterfallen überhaupt nicht dem Regelungsgegenstand des § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V. Zu den dort genannten Leistungen gehören solche zur Prävention und Selbsthilfe (§ 20 SGB V), zur Verhütung von Zahnerkrankungen (§§ 21, 22 SGB V), ambulante medizinische Vorsorgeleistungen am Wohnort und stationäre Vorsorgeleistungen (§ 23 Abs 1 und Abs 4 SGB V) sowie Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25, 26 SGB V). Es spricht viel dafür, insoweit auch die zahnärztlichen Untersuchungen nach § 55 Abs 1 Satz 4 Nr 2 SGB V und die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nach §§ 195 bis 200b RVO einzubeziehen(vgl zutreffend zB Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 101, 102 mwN). Weder die Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher oder zahnärztlicher Behandlung noch die Kombination der Inanspruchnahme einer solchen Behandlung mit einer Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln zählt demgegenüber zu den Leistungen, die nach § 53 Abs 2 Satz 3 SGB V unberücksichtigt bleiben. Denn der Ausnahmebereich erfasst nur solche Leistungen, deren Inanspruchnahme der Gesetzgeber wegen ihrer präventiven, vorsorgenden Ausrichtung, dem Bezugspunkt der Schwanger- und Mutterschaft oder aus Gründen des Minderjährigenschutzes gesichert sehen will. Die Inanspruchnahme regulärer Leistungen außerhalb dieses Schutzbereichs vermag sich demgegenüber auf keinen inneren, rechtfertigenden Grund zu stützen, um dennoch Prämienzahlungen zu rechtfertigen.

17

e) Dem entspricht die Entstehungsgeschichte der Regelung: Erstmalig führte § 65 SGB V idF durch das Gesundheitsreformgesetz(Art 1 GRG vom 20.12.1988, BGBl I 2477) im Rahmen von Erprobungsregelungen eine Ermächtigung zu Beitragsrückzahlungen durch Satzungsregelung ein, um für die Versicherten Anreize zu einem wirtschaftlichen Verhalten bei der Inanspruchnahme von Leistungen zu schaffen (Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und FDP eines GRG, BT-Drucks 11/2237 S 189, linke Spalte zu § 73 des Entwurfs - Beitragsrückzahlung). Die Regelung im GRG sah in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V auch eine Teilbeitragserstattung vor: Wenn die Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen weniger als den gesetzlich festgelegten Erstattungsbetrag - ein Zwölftel des Jahresbeitrags des Mitglieds - betrugen, sollte der Unterschiedsbetrag zurückgezahlt werden. Eine solche Teilerstattungsregelung haben spätere Gesetzesfassungen bewusst nicht übernommen und fortgeführt.

18

Schon damals umriss § 65 Abs 2 Satz 4 SGB V idF des GRG einen Katalog von Leistungen, die für die "Inanspruchnahme von Leistungen" unberücksichtigt bleiben sollten. Nach den Gesetzesmaterialien sollten nämlich die neuen Leistungen "Gesundheitsförderung und Prävention, Früherkennungsmaßnahmen nach dem 3. und 4. Abschnitt sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft und für Kinder" für einen Rückzahlungsanspruch unschädlich sein, da die Regelung anderenfalls präventions- bzw familienfeindlich wirken würde (BT-Drucks 11/2237 S 189 linke Spalte zu § 73 zu Abs 2, 2. Absatz).

19

Diesen Ausnahmekatalog übernahm der Gesetzgeber auch bei den Änderungen in der Folgezeit und erweiterte ihn nicht etwa um ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlungen. Im Gegenteil war ihm klar, dass die Inanspruchnahme von diesen ambulanten Behandlungen eigens eine Datenübermittlung erforderte, um sie erfassen zu können (vgl ebenda den Hinweis auf die Regelung in § 307 SGB V des Gesetzentwurfs). Das GRG regelte deshalb ursprünglich die hierfür erforderliche Datenübermittlung in § 299 SGB V. Wegen der Streichung der Regelung über die Erprobung der Beitragsrückzahlung wurde § 299 SGB V mit Wirkung vom 1.1.2000 aufgehoben (Art 1 Nr 77 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Nach Wiedereinführung der Beitragserstattung durch § 54 SGB V idF durch Art 1 Nr 35 GKV-Modernisierungsgesetz(GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190 = aF) wurde die erforderliche Datenerhebung in den allgemeinen Vorschriften geregelt (vgl zB für die KK § 284 Abs 1 Nr 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 159a GMG).

20

Der heute geltende § 53 Abs 2 SGB V knüpft an § 54 SGB V aF an. Die aktuelle Norm wurde lediglich für Pflichtversicherte geöffnet und redaktionell wegen der Einführung des Gesundheitsfonds an das neue Finanzierungssystem durch das GKV-WSG angepasst (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 108 rechte Spalte zu Nr 33 zu Abs 2). Auch § 54 SGB V aF nahm - als erstattungsunschädliche Fälle - reguläre Leistungen für über 18-jährige Versicherte nicht aus(vgl hierzu Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 91 rechte Spalte zu Nr 35 zu § 54). Rechtlich ist es insoweit ohne Belang, dass es bei der Abgeltung von ambulanten ärztlichen oder zahnärztlichen Leistungen durch ein Pauschalsystem schwierig zu ermitteln sein kann, welcher Versicherte im Einzelfall Leistungen in Anspruch genommen hat. § 53 Abs 2 SGB V lässt es insoweit nicht zu, Versicherte bei Inanspruchnahme regulärer Leistungen hinsichtlich der Nichtinanspruchnahmeprämien ungleich zu behandeln.

21

f) Auch der Regelungszweck gibt nichts dafür her, § 53 Abs 2 SGB V als Rechtsgrundlage für Satzungsbestimmungen zu sehen, die bei eingeschränkter Inanspruchnahme von Leistungen der GKV begrenzte Prämienzahlungen zulassen. Wie schon die Vorgängerregelung § 54 SGB V aF zielt § 53 Abs 2 SGB V darauf ab, satzungsrechtliche Anreizmechanismen für die völlige Nichtinanspruchnahme relevanter Leistungen zuzulassen, um Versicherte auf diesem Weg zu kostenbewusstem, wirtschaftlichem Verhalten zu bewegen(vgl zB Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 20 mwN). Eine Prämierung bloßer Teilinanspruchnahme wie in § 65 Abs 2 Satz 3 SGB V idF durch das GRG sieht § 53 Abs 2 SGB V gerade nicht vor.

22

3. Die Klägerin kann auch nichts daraus für sich herleiten, dass sie sich mit der AOK Baden-Württemberg in unmittelbarem Wettbewerb sieht und eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Genehmigungspraxis von Satzungen einfordert. Schon im Ansatz kann die Klägerin aus den europarechtlichen Wettbewerbsregeln für Unternehmen (Art 101 ff Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union, in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung vom 13.12.2007, ABl C 306 S 1, berichtigt ABl 2008 C 111 S 56 und ABl 2009 C 290 S 1, in Kraft getreten am 1.12.2009, siehe Gesetz vom 8.10.2008 BGBl II 1038) für sich nichts beanspruchen. Denn die KKn sind keine Unternehmen im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts.

23

a) Zwar umfasst der Begriff des Unternehmens im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl zB EuGH, Urteile vom 23.4.1991, Höfner und Elser, C-41/90, EuGHE I 1991, 1979 RdNr 21 = SozR 3-6030 Art 86 Nr 1 und vom 11.12.2007, ETI ua, C-280/06, EuGHE I 2007, 10893 RdNr 38). Die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist aber zu verneinen, wenn der Träger eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllt. KKn als öffentlich-rechtliche Träger in Systemen der sozialen Sicherheit, die durch fehlendes Gewinnstreben, die Verfolgung eines sozialen Ziels und die Anwendung des Solidaritätsgedankens geprägt sind, unterscheiden sich durch diese Merkmale von privaten Versicherungsträgern. Sie sind dazu bestimmt, auf der Grundlage der Solidarität besondere Aufgaben wahrzunehmen, die nur von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wahrgenommen werden können. KKn wirken so als öffentlich-rechtliche Körperschaften an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mit, das staatlicher Aufsicht unterliegt, und nehmen insoweit eine soziale Aufgabe wahr, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl EuGH, Urteil vom 16.3.2004, AOK Bundesverband ua, C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01, EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2400 § 80 Nr 1 RdNr 40 mwN; vgl entsprechend auch zu den deutschen Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung EuGH, Urteil vom 5.3.2009, C-350/07, Kattner Stahlbau GmbH, NJW 2009, 1325).

24

Die Ergebnisse der Rechtsprechung des EuGH zu den deutschen KKn aus dem Jahr 2004 sind durch die seitdem ergangenen Gesetzesänderungen des SGB V im Ergebnis nicht geändert worden. KKn sind auch heute noch - unverändert gegenüber dem Rechtszustand 2004 - gesetzlich verpflichtet, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Sie haben außerhalb der geringfügigen Bandbreite der Wahltarife keine Möglichkeit, auf diese Leistungen Einfluss zu nehmen. Sie sind weiterhin zu einer kassenübergreifenden Solidargemeinschaft zusammengeschlossen, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolgt nach den §§ 265 ff SGB V ein Ausgleich zwischen den KKn mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den KKn, die kostenträchtige Risiken versichern und deren Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Risiken am höchsten sind. Die KKn konkurrieren weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung der im Bereich der Behandlung oder der Arzneimittel gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, die ihre Hauptaufgabe darstellt. Im Gegenteil arbeiten die KKn und ihre Verbände im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend aufgrund gesetzlicher Verpflichtung miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammen (§ 4 Abs 3 SGB V).

25

Der Spielraum, über den die KKn verfügen, um ihre Wahltarife festzulegen und untereinander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder auszulösen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. So ist die Einführung der Wahltarife nach § 53 SGB V im Zusammenhang mit der Abschaffung unterschiedlicher Beitragssätze in der GKV durch das GKV-WSG zu sehen, die ab 2009 zu einem bundeseinheitlichen Beitragssatz für alle KKn geführt hat und kassenindividuell nur noch die Erhebung eines Zusatzbeitrags in Höhe von maximal 1 vH der Bemessungsgrundlage zulässt(vgl § 242 SGB V in der ab 1.1.2009 geltenden Fassung und hierzu Schlegel in: jurisPK-SGB V, 2007, § 53 RdNr 11 ff mwN). Dem damit einhergehenden Abbau von Gestaltungsräumen der KKn hat der Gesetzgeber zur Effizienzsteigerung neue Versorgungsformen und Wahltarife flankierend an die Seite gestellt, um auch weiterhin im Rahmen eines eingeschränkten Wettbewerbs das Funktionieren des Gesamtsystems so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Vor diesem Hintergrund ändert die Möglichkeit, in einem engen gesetzlichen Rahmen Wahltarife vorzusehen, an der sozialen Natur der Tätigkeit der KKn nichts (vgl EuGHE I 2004, 2493 = SozR 4-6035 Art 81 Nr 1 RdNr 56; Knispel in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band II, Stand Oktober 2009, § 53 SGB V RdNr 32 f mwN).

26

b) Eine Ungleichbehandlung einzelner KKn bei der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspraxis von Wahltarifen kann im Übrigen rechtlich nicht dazu führen, einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht zu begründen (vgl allgemein zB BVerfGE 50, 142, 166; BSG, Beschluss vom 18.7.2006 - B 1 KR 62/06 B - RdNr 6 mwN; BSGE 76, 40, 42 = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 S 14; BSGE 69, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 10 mwN). Die Aufsichtsbehörden werden vielmehr regelmäßig im Anschluss an ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung ihre Genehmigungspraxis überprüfen. Gezielte Verstöße gegen das Gebot zur Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Krankenversicherungsträger können darüber hinaus Unterlassungsansprüche nach sich ziehen (vgl BSGE 82, 78, 80 = SozR 3-2500 § 4 Nr 1 S 4 mwN).

27

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich unter Berücksichtigung der bundesweiten Bedeutung der Sache auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 iVm § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 83/03 Verkündet am:
26. Januar 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Abschleppkosten-Inkasso
Ein Abschleppunternehmer, der auf Weisung der Polizeibehörde Kostenansprüche
wegen des Abschleppens eines verbotswidrig abgestellten Kraftfahrzeugs
geltend macht, handelt nicht im geschäftlichen Verkehr, sondern als
verlängerter Arm der Behörde. Gegen seine Mitwirkung bei der Einziehung der
Kostenforderung sind deshalb wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche
ausgeschlossen.
BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - I ZR 83/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Januar 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt in D. einen Abschleppdienst. Der Kläger ist Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in D. .
2
Am 15. Dezember 2000 schleppte die Beklagte im Auftrag des örtlichen Polizeipräsidiums das verbotswidrig abgestellte Kraftfahrzeug des Klägers ab und verbrachte es auf ihr Betriebsgelände. Als der Kläger sein Kraftfahrzeug am selben Tag abholen wollte, sich aber nur bereit erklärte, die entstandenen Kosten nach Zusendung einer Rechnung oder mit Kreditkarte, nicht aber bar zu begleichen, verweigerte ein Mitarbeiter der Beklagten auf Anweisung des zu- ständigen Sachbearbeiters der Polizeibehörde die Herausgabe des Kraftfahrzeugs. Auch ein weiterer Versuch des Klägers im Januar 2001, das Kraftfahrzeug bei der Beklagten abzuholen, schlug fehl. Der Geschäftsführer der Beklagten war nur bereit, den Pkw gegen Zahlung der entstandenen Kosten in bar herauszugeben. Das Kraftfahrzeug erhielt der Kläger Anfang Februar 2001 zurück , nachdem er die geforderten Kosten überwiesen und der Prozessbevollmächtigte des Polizeipräsidiums D. sich in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren damit einverstanden erklärt hatte, dass der Kläger den Pkw abholen könne.
3
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße durch die Geltendmachung der Abschleppkosten gegen das Rechtsberatungsgesetz und verhalte sich deshalb wettbewerbswidrig. Sie übe eine erlaubnispflichtige Inkassotätigkeit aus, ohne über die erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
4
Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung, zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Ansprüche der Ordnungsoder Polizeibehörden im eigenen oder fremden Namen gegenüber Eigentümer, Halter oder Fahrer von Kraftfahrzeugen geltend zu machen, die aus Abschleppmaßnahmen dieser Stellen erwachsen sind.
5
Die Beklagte hat geltend gemacht, sie sei an die Weisungen der Polizeibeamten gebunden. Diese entschieden über die Herausgabe der Kraftfahrzeuge , wenn die Kraftfahrzeughalter zur Zahlung der Kosten nicht bereit seien. Sie übe keine Inkassotätigkeit aus, sondern sei bei der Kostenerstattung nur Zahlstelle.
6
Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben (SchadenPraxis 2002, 342). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Düsseldorf OLG-Rep 2003, 475).
7
Mit seiner (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch des Klägers als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
9
Auf den zur Beurteilung anstehenden Fall seien vorrangig Amtshaftungsgrundsätze anzuwenden. Eine Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung eines bestimmten Verwaltungshandelns sei danach ausgeschlossen. Die Beklagte handele nicht als privater Unternehmer, sondern in Ausübung eines öffentlichen Amtes, indem sie die Herausgabe im Auftrag der Polizeibehörde abgeschleppter Fahrzeuge von der Bezahlung der entstandenen Kosten abhängig mache. Der Abschleppunternehmer sei gleichsam Erfüllungsgehilfe der Polizei und in seiner Stellung einem Verwaltungshelfer angenähert. Diese für den Abschleppvorgang geltenden Grundsätze seien auch auf die anschließende Verwahrung und Abwicklung der Herausgabe anzuwenden. Die verschiedenen Phasen des Abschleppvorgangs und seiner Abwicklung seien rechtlich ein- heitlich einzuordnen und nicht in einen hoheitlichen und einen privatrechtlichen Teil aufzuspalten. Der Abschleppunternehmer mache mit der Entgegennahme der Zahlung den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als Beauftragter der Behörde geltend. Mit der Übermittlung der Erklärung der Polizeibehörde an den Halter, an dem Kraftfahrzeug werde bis zur Zahlung der Kosten ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht, übermittle der Unternehmer als Bote nur eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung der Behörde. Daran ändere die Erstellung einer Rechnung über die entstandenen Kosten durch die Beklagte nichts. Stelle sich der Forderungseinzug der Beklagten gegen den Halter eines abgeschleppten Fahrzeugs als Verwaltungshandeln der Polizeibehörde dar, könne das Unterlassungsbegehren des Klägers nicht gegen die Beklagte geltend gemacht werden. Gegen einen Beamten könne auch nicht mit Hilfe eines Schadensersatzanspruchs ein Rechtszwang auf seine weitere Amtsführung ausgeübt werden , die der öffentlich-rechtlichen Körperschaft zugerechnet werde, deren Funktion der Beamte ausübe. Ansonsten würde über das Verfahren gegen den Beamten auf das Verwaltungshandeln der öffentlich-rechtlichen Körperschaft Einfluss genommen und in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsbehörde eingegriffen. Diese Erwägungen seien im Streitfall entsprechend anzuwenden. Eine Inanspruchnahme der Beklagten könne auch nicht mit einer Doppelnatur der Betätigung der öffentlichen Hand begründet werden, die je nach der Beziehung , in der sie Wirkungen äußere, einmal als hoheitlich und zum anderen als privatrechtlich zu beurteilen sei. Es liege ein rein hoheitliches Handeln vor, das einheitlich als öffentlich-rechtlich einzustufen sei.
10
II. Die Revision ist nicht begründet.
11
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz zu. Dies gilt sowohl nach altem (§ 1 UWG a.F. i.V. mit Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG) als auch nach neu- em Recht (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG). Ein Unterlassungsanspruch des Klägers setzt ein Handeln der Beklagten im geschäftlichen Verkehr voraus. Daran fehlt es im Streitfall. Die Frage, ob die Beklagte und das Land Nordrhein-Westfalen, dessen örtlich zuständige Polizeibehörde die Beklagte eingeschaltet hat, durch ihr Verhalten dem Rechtsberatungsgesetz zuwider gehandelt haben, kann daher offen bleiben.
12
1. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. setzt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Dies gilt auch für einen auf § 3 UWG gestützten Unterlassungsanspruch, der eine Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG voraussetzt (vgl. Fezer/Fezer, UWG, § 2 Rdn. 16; Gloy in Gloy/ Loschelder, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 11 Rdn. 2; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 2 UWG Rdn. 4). Daran fehlt es, wenn die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig wird (vgl. BGH, Urt. v. 17.3.1953 - I ZR 118/52, GRUR 1953, 293, 294 - Fleischbezug; Urt. v. 26.2.1960 - I ZR 166/58, GRUR 1960, 384, 386 - Mampe Halb und Halb; OLG München GRUR 2004, 169, 171; Harte/Henning/ Keller, UWG, § 2 Rdn. 25). Dieser Bereich staatlichen Handelns ist anders als die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand (vgl. BGH, Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 170/02, GRUR 2005, 960, 961 = WRP 2005, 1412 - Friedhofsruhe ) und die allgemeine öffentliche Aufgabenerfüllung ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 554 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe) einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen (vgl. Meckel in HK-WettbR, 2. Aufl., § 2 Rdn. 5; Fezer/Fezer aaO § 2 Rdn. 25; Harte/Henning/Keller aaO § 2 Rdn. 25; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 13.21).
13
2. Von einem hoheitlichen Handeln ist bei dem von dem Kläger beanstandeten Verhalten der Beklagten im Streitfall auszugehen, weil diese von der Polizeibehörde des Landes Nordrhein-Westfalen zur Durchführung ihrer hoheitlichen Tätigkeit eingeschaltet worden ist und hiergegen gerichtete Unterlassungsansprüche , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, sich ausschließlich gegen die öffentliche Hand und nicht gegen die Beklagte richten.
14
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Abschleppunternehmer , der von der Polizeibehörde durch privatrechtlichen Vertrag mit dem Abschleppen eines Fahrzeugs beauftragt wird, bei der Durchführung der polizeilich angeordneten Abschleppmaßnahme in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes. Seine Stellung ist derjenigen eines Verwaltungshelfers angenähert. Er wird ohne eigene Entscheidungsmacht als verlängerter Arm der Verwaltungsbehörden tätig (vgl. BGHZ 48, 98, 103; 121, 161, 165; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 1 Rdn. 59). Der Abschleppvorgang stellt sich materiell-rechtlich als polizeiliche Vollstreckungsmaßnahme dar (vgl. BGHZ 121, 161, 164 ff.).
15
Die polizeiliche Maßnahme war im Streitfall auf die öffentlich-rechtliche Vorschrift des § 43 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) gestützt. Danach kann die Polizei oder ein von ihr beauftragter Dritter eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Auf diese Bestimmung hat die Polizei ausweislich des von der Beklagten vorgelegten polizeilichen Merkblatts, in dem auch die Höhe des Kostenbetrags ausgewiesen ist, das Abschleppen des Fahrzeugs des Klägers gestützt. Die Verantwortlichkeit für ein als Amtspflichtverletzung zu beurteilendes Fehlverhalten der Beklagten bei dem Abschleppvorgang trifft allein die öffentlich-rechtliche Körperschaft, die die Beklagte beauftragt hat (Art. 34 Satz 1 GG i.V. mit § 839 BGB). Daneben haftet der Abschleppunternehmer nicht, soweit nicht seine hier nicht interessierende Halterhaftung nach § 7 StVG in Rede steht (vgl. BGHZ 121, 161, 167 f.). Entsprechendes gilt für eine Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung der mit dem Abschleppvorgang zusammenhängenden Handlungen, die die Beklagte ausschließlich auf Anweisung der Polizei vornimmt. Der Unternehmer handelt hier nur als verlängerter Arm der Verwaltungsbehörde ohne eigene Entschließungsfreiheit.
16
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auch die Geltendmachung der Kostenansprüche der Polizeibehörden aus dem Abschleppvorgang durch die Beklagte dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen ist, der dem Wettbewerbsrecht nicht unterliegt. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW sind sichergestellte Sachen in Verwahrung zu nehmen; die Verwahrung kann, etwa wenn sie bei der Polizeibehörde unzweckmäßig erscheint, Dritten übertragen werden (§ 44 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 PolG NRW). Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 3 PolG NRW kann die Herausgabe der Sache von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden. Die Verwahrung des abgestellten Kraftfahrzeugs und seine Herausgabe vollziehen sich ausschließlich nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Der Polizeibehörde steht kraft öffentlichen Rechts die Befugnis zu, wegen des auch ohne Leistungsbescheid fälligen Kostenerstattungsanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben (vgl. OVG NRW DVBl 1983, 1074). Dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen ist dementsprechend die in § 46 Abs. 3 Satz 3 PolG NRW vorgesehene Ermächtigung, die Herausgabe der Sache von der Zahlung der Kosten abhängig zu machen (vgl. OVG NRW DVBl 1983, 1074, 1075).
17
c) Nichts anderes gilt im Übrigen, wenn der Abschleppvorgang, nicht wie im Streitfall auf die landesgesetzlichen Polizeivorschriften über die Sicherstellung und Verwahrung von Gegenständen gestützt wird, sondern auf eine Ersatzvornahme. Danach kann die Durchsetzung des mit Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen verbundenen Gebots, ein dort abgestelltes Fahrzeug alsbald wegzufahren, im Wege der Ersatzvornahme durch Abschleppen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (vgl. BVerwG NVwZ 1988, 623; VGH Kassel NVwZ-RR 1999, 23; Lampert, NJW 2001, 3526, 3527). Auch in diesem Fall ist die Maßnahme der öffentlich-rechtlichen Eingriffsverwaltung zuzuordnen. Die Erstattung der Kosten für die Ersatzvornahme vollzieht sich ebenfalls nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die Herausgabe des abgeschleppten Kraftfahrzeugs kann auch in diesem Fall von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden (vgl. VGH Kassel NVwZ-RR 1999, 23, 27). Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung im Falle der Ersatzvornahme ist § 52 Abs. 1 PolG NRW i.V. mit § 77 VwVG NRW. Nach § 77 Abs. 5 VwVG NRW kann die Herausgabe der Sache von der Zahlung eines Vorschusses bis zur voraussichtlichen Höhe der noch festzusetzenden Kosten abhängig gemacht werden.
18
d) Die Revision bringt ohne Erfolg vor, die Polizeibehörde schließe mit dem Abschleppunternehmer auf privatrechtlicher Grundlage Geschäfte ab. Es handele sich um die kommerzielle Beschaffung sachlicher und personeller Mittel (Dienstleistungen). Diese Beschaffungsgeschäfte unterstünden den Regeln des Privatrechts. Auch der Einzug öffentlich-rechtlicher Kostenerstattungsforderungen erfolge auf privat-rechtlicher Grundlage.
19
Das Beschaffungsgeschäft ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag nicht gegen eine Vereinbarung zwischen der Polizeibehörde und der Beklagten als Abschleppunternehmerin gerichtet, sondern er erstrebt das Verbot der Geltendmachung der Behördenansprüche aufgrund von Abschleppmaßnahmen durch die Beklagte. Deren Geltendmachung erfolgt jedoch auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (vgl. Abschn. II 2 b).
20
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Pokrant Büscher
Bergmann Schaffert
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.03.2002 - 12 O 161/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.02.2003 - 20 U 1/03 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 171/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft
UWG § 4 Nr. 11; VerpackV § 6

a) § 6 VerpackV stellt eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG dar.

b) Im Rahmen von Entsorgergemeinschaften konnte auch schon vor der Änderung
der Verpackungsverordnung im Januar 2006 ein Mengenausgleich – also die
Anrechnung der Übererfüllung durch einen Teilnehmer zugunsten eines anderen
Teilnehmers, der die vorgegebenen Rücknahme- und Verwertungsquoten
nicht erreicht – erfolgen.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2006 – I ZR 171/03 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Juni 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin betreibt seit 1992/93 das bislang in Deutschland einzige Erfassungs - und Verwertungssystem für gebrauchte Verkaufsverpackungen i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV (Duales System). Die Beklagte bietet seit 1999 Entsorgungsdienstleistungen auf der Grundlage der Verpackungsverordnung an.
2
Nach Inkrafttreten der novellierten Fassung der Verordnung am 28. August 1998 erweiterte die Beklagte ihr Angebot auf Dienstleistungen in Bezug auf quotenpflichtige Verkaufsverpackungen i.S. von § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV. Nach dem Geschäftsmodell, das seit dem Jahr 2000 betrieben wird, erbringt die Beklagte über Entsorgungspartner die operativen Entsorgungsdienstleistungen an den jeweiligen Anfallstellen. Die Beklagte erfüllt die verpackungsrechtlichen Rücknah- me- und Verwertungsanforderungen für die an ihrem System beteiligten Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen und dokumentiert dies. Dabei wird innerhalb der Selbstentsorgergemeinschaft ein Mengenausgleich vorgenommen, d.h. die Übererfüllung durch einen Teilnehmer wird zugunsten eines anderen Teilnehmers angerechnet, der die im Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 vorgegebenen Rücknahme- und Verwertungsquoten nicht erreicht.
3
Die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Mengenausgleichs war umstritten. Sie war mehrfach Gegenstand von Stellungnahmen und Vermerken des Bundesumweltministeriums , der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) bzw. des Ausschusses Produktverantwortung und Rücknahmepflicht (APV) dieser Arbeitsgemeinschaft sowie einzelner Landesministerien.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Mengenausgleich verstoße gegen § 6 VerpackV; zugleich liege ein Wettbewerbsverstoß vor. Sie hat zuletzt beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen eine „Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft“ einzurichten und/oder zu betreiben, die zur vertraglichen Grundlage hat, dass die gemäß § 6 Abs. 1 VerpackV i.V. mit dem Anhang I zu § 6 vorgeschriebenen Quoten, die einzelne Hersteller und Vertreiber, die sich an der Erfassungsund Verwertungsgemeinschaft der Beklagten beteiligen, dadurch nicht erreichen, dass private Endverbraucher die Verkaufsverpackungen in ihren Geschäftsräumen oder in deren unmittelbarer Nähe zurückgeben, durch solche Verkaufsverpackungen erfüllt werden, die bei anderen Herstellern und Vertreibern, die sich an der Erfassungs - und Verwertungsgemeinschaft der Beklagten beteiligen, erfasst werden; 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer 1 genannten Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der erzielten Umsätze sowie der Hersteller und Vertreiber, die sich an ihrem System beteiligt haben; 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der dieser aus den in Ziffer 1 genannten Handlungen bisher entstanden ist und noch entstehen wird.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die Verpackungsverordnung lasse einen Mengenausgleich im Rahmen von Selbstentsorgergemeinschaften zu. Aber auch wenn ein Verstoß gegen die Verpackungsverordnung vorläge, stünden der Klägerin keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zu, da die Verpackungsverordnung keine Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs habe. Hinzu komme, dass ihr die Gesetzeskonformität durch die sachlich mit der Materie befassten Behörden bestätigt worden sei.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Köln GRUR 2004, 166 und 793). Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision hat die Klägerin ihren Klageantrag zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt. Im Hinblick darauf, dass der Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaften durch eine am 7. Januar 2006 in Kraft getretene Änderung der Verpackungsverordnung ausdrücklich für zulässig erklärt worden ist, hat sie den Unterlassungsantrag sowie die weiteren Anträge für die Zeit ab dem 7. Januar 2006 in derHauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte, die sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat, beantragt, Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Das von der Beklagten angebotene Selbstentsorgersystem, durch das ein Mengenausgleich ermöglicht werde, verstoße an sich gegen die Vorschriften der Verpackungsverordnung, die die Möglichkeit eines Mengenausgleichs nur im Rahmen eines flächendeckenden Systems i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV, nicht aber für Selbstentsorgergemeinschaften vorsehe. Allerdings begegne eine solche Auslegung der Verpackungsverordnung verfassungsrechtlichen Bedenken, da sie auf einen Konkurrentenschutz zugunsten dualer Systeme i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV hinauslaufe. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit könne aber offen bleiben. Denn die Geschäftstätigkeit der Beklagten könne in keinem Fall als unlauter i.S. von § 1 UWG (a.F.) angesehen werden, weil den Bestimmungen der Verpackungsverordnung keine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zukomme. Darüber hinaus habe sich die Beklagte auf die Prüfung und Billigung ihres Systems durch die zuständigen Behörden berufen können.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Der von der Beklagten angekündigte und praktizierte Mengenausgleich war auch nach altem Recht, also vor der am 7. Januar 2006 in Kraft getretenen Änderung der Verpackungsverordnung, nicht zu beanstanden.
10
1. Allerdings wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Verpackungsverordnung komme keine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs gerichtete Schutzfunktion zu.
11
a) Ein Verstoß gegen Normen außerhalb des UWG ist nur dann sittenwidrig i.S. von § 1 UWG a.F., wenn die Norm zumindest eine sekundäre Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs hat (vgl. BGHZ 144, 255, 267 – Abgasemissionen). Dem entspricht inhaltlich die Bestimmung des § 4 Nr. 11 UWG, die an die Rechtsprechung des Senats zu § 1 UWG a.F. anknüpft (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 19, sowie Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.5). Die verletzte Norm muss somit (zumindest auch) die Funktion haben, das Marktverhalten zu regeln und auf diese Weise gleiche Voraussetzungen für die auf diesem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen.
12
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt § 6 VerpackV eine Marktverhaltensregelung dar. Der Marktbezug ergibt sich zwar nicht aus der in § 1 VerpackV geregelten unmittelbaren Zielsetzung, da die Belange des Umweltschutzes für sich genommen wettbewerbsneutral sind (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. – Abgasemissionen; Ullmann, GRUR 2003, 817, 822). Die in § 6 VerpackV geregelten Rücknahme- und Verwertungspflichten wirken sich jedoch deutlich auf das Verhalten der Hersteller und Vertreiber auf dem Absatzmarkt aus. Die Verpackungsverordnung hält Hersteller und Vertreiber dazu an, Verpackungen möglichst vollständig zu vermeiden (vgl. § 1 Abs. 1 VerpackV) oder – wenn sie als Selbstentsorger tätig werden – Vorkehrungen zu treffen, um einen Teil der Verkaufsverpackungen von den Kunden zurückzuerhalten. Nachdem mit der Novelle der Verpackungsverordnung im Jahre 1998 ausdrücklich auch das Ziel der Herstellung der Wettbewerbsgleichheit zwischen dem dualen System und den Selbstentsorgern verfolgt wurde (vgl. BT-Drucks. 13/10943, S. 20), weist die Bestimmung zumindest im Verhältnis zum Mitbewerber den erforderlichen Marktbezug auf (vgl. auch KG GRUR-RR 2005, 357; Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 11.154; v. Jagow in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 131; Ullmann, GRUR 2003, 817, 822; offengelassen in OLG München OLG-Rep 2003, 279).
13
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der von der Beklagten angebotene Mengenausgleich auch schon vor der Änderung der Verpackungsverordnung im Januar 2006 rechtmäßig.
14
a) Nach § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV besteht eine individuelle Pflicht der Hersteller und Vertreiber, Verkaufsverpackungen zurückzunehmen und einer den Anforderungen des Anhangs I entsprechenden Verwertung zuzuführen (vgl. auch die Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/10943, S. 20; Hendler, WiVerw 2004, 243, 246 ff.). Hierzu enthält § 6 Abs. 3 VerpackV eine Ausnahme, wenn sich der Hersteller oder Vertreiber an einem System beteiligt, das flächendeckend im Einzugsgebiet des nach Absatz 1 verpflichteten Vertreibers in ausreichender Weise eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe gewährleistet. In diesem Falle ist es ausreichend, wenn das System insgesamt die Verwertungsquoten erfüllt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV).
15
b) Bereits vor der Änderung der Verpackungsverordnung im Januar 2006 konnten Hersteller und Vertreiber, die nicht an einem System nach § 6 Abs. 3 VerpackV beteiligt waren, bei der Erfüllung der ihnen durch § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV auferlegten Verpflichtungen zusammenwirken und sog. Selbstentsorgergemeinschaften bilden (Anhang I [zu § 6 VerpackV] Nr. 2 Abs. 1 Satz 5). Eine ausdrückliche Regelung, die für Selbstentsorgergemeinschaften ebenso wie für ein System nach § 6 Abs. 3 VerpackV den Mengenausgleich zuließ, enthielt die Verpackungsverordnung indessen nicht; eine solche ist erst durch die Änderung der Verordnung im Januar 2006 eingefügt worden (Anhang I [zu § 6 VerpackV] Nr. 2 Abs. 1 Satz 7). Ein Mengenausgleich innerhalb einer ordnungsgemäß durchgeführten Selbstentsorgergemeinschaft war – ohne ausdrückliches Verbot – aber bereits vor der Änderung der Verpackungsverordnung im Jahre 2006 zulässig. Dieses Verständnis gebieten Sinn und Zweck der Verpackungsverordnung und das darin zugelassene System der Selbstentsorgergemeinschaft.
16
Die Verpackungsverordnung stellt auf die Erfüllung einer auf die Gesamtmenge des Verpackungsabfalls bezogenen Rücknahme- und Verwertungsquote ab. Es wird eine auf die Gesamtmenge des Verpackungsabfalls und nicht auf die Menge des Abfalls des Einzelnen bezogene Quote verlangt. Das Kreislaufwirtschafts - und Abfallgesetz sowie die Verpackungsverordnung sind entsprechend der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle vom 20. Dezember 1994 (ABl. Nr. L 365, S. 10) auf das Erreichen und die Steigerung bestimmter Quoten des Gesamtabfalls angelegt. Es wird nicht verlangt, dass der einzelne Verursacher von Verpackungsmüll im Gesamtsystem die Rücknahmeund Verwertungsquote erreicht.
17
Dem entspricht auch die Bedeutung der Regelung im Anhang I (zu § 6 VerpackV ) Nr. 2 Abs. 1 Satz 5, nach der mehrere Hersteller und Vertreiber zusammenwirken können, um den Nachweis über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen zu führen. Ein Verständnis dieser Bestimmung, wonach das Zusammenwirken allein auf die Erfüllung der Dokumentationspflicht beschränkt sei, führt nicht zu der vom Verordnungsgeber angestrebten Effizienzsteigerung (vgl. Hendler, WiVerw 2004, 243, 248). Auch die Begründung des Entwurfs der Verpackungsverordnung 1998 gibt für ein Verbot keine Handhabe: Dort ist zwar die Rede davon, dass für die sog. Selbstentsorger die Anforderungen an die Nachweisführung konkretisiert würden und dass zur Erfüllung dieser Vorgaben Kooperationen möglich seien. Weiter heißt es dann aber, dass ein Zusammenwirken eine Erleichterung für kleinere Unternehmen auch im Hinblick auf die Erfüllung der Dokumentationspflicht bewirke.
18
c) Schließlich spricht der wettbewerbspolitische Sinn und Zweck der Verpackungsverordnung dafür, dass der Mengenausgleich auch für Selbstentsorgergemeinschaften schon vor der Änderung der Verordnung im Januar 2006 zulässig war. Zwar verweist das Berufungsgericht mit Recht darauf, dass das mit der Verpackungsverordnung 1998 verfolgte Ziel, den Wettbewerb verstärkt zu fördern (vgl. BT-Drucks. 13/10943, S. 20), vor allem darauf gerichtet war, auch den Selbstentsorgern die Verwertungsquoten aufzuerlegen, die in der Vergangenheit bereits für ein System nach § 6 Abs. 3 VerpackV galten. Die Regelung, wonach Selbstentsorgergemeinschaften denselben Pflichten unterliegen wie das duale System, rechtfertigt indessen nicht die Annahme, dem Verordnungsgeber sei es um eine Benachteiligung der Selbstentsorgergemeinschaften gegenüber dem dualen System gegangen. Denn das Verbot des Mengenausgleichs stünde einer effizienten Erfüllung der Verpflichtungen entgegen, die den Herstellern und Vertreibern nach § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV auferlegt sind. Die Verpackungsverordnung sieht in § 11 ausdrücklich vor, dass sich Hersteller und Vertreiber zur Erfüllung der ihnen auferlegten Pflichten Dritter bedienen und zu diesem Zweck Selbstentsorgergemeinschaften bilden können. Wäre der Mengenausgleich ausgeschlossen, wären die Selbstentsorgergemeinschaften dem dualen System deutlich unterlegen , das die Verwertungsquote nur für die gesamte Menge der gesammelten Verpackungen erfüllen muss. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber mit der Behauptung, den Wettbewerb verstärken und fördern zu wollen, dem dualen System einen strukturellen Vorteil hatte gewähren wollen, aufgrund dessen eine Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV ergebenden Pflichten durch eine Selbstentsorgergemeinschaft weitgehend unattraktiv geworden wäre.
19
III. Der Unterlassungsantrag, hinsichtlich dessen die Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärt hat, war somit von Anfang an unbegründet. Daher kommt eine Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe, nicht in Betracht. Auch mit den weiteren Anträgen ist die Klage von den Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 28.11.2002 - 31 O 292/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.06.2003 - 6 U 213/02 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 141/06 Verkündet am:
15. Januar 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Überregionaler Krankentransport
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11; NRW RettG § 1 Abs. 2 Nr. 5, § 2 Abs. 2,
§§ 18 ff., Bay RDG Art. 13 Abs. 2 Satz 1

a) Die Durchführung eines Krankentransports i.S. von § 2 Abs. 2 Rettungsgesetz
Nordrhein-Westfalen (RettG NRW) durch einen privaten Unternehmer
stellt sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004
als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 dar.

b) In dem sich aus §§ 18 ff. RettG NRW ergebenden Verbot, Notfallrettung
oder Krankentransporte ohne Genehmigung zu betreiben, liegt eine Marktverhaltensregelung
zum Schutz der im Rahmen von Krankentransporten zu
befördernden Personen.

c) Der Umstand, dass ein Unternehmer nach einer landesrechtlichen Vorschrift
Krankentransporte auch dann durchführen darf, wenn allein der Zielort
im Einsatzbereich seines Krankenwagens liegt, ändert nichts daran,
dass der Unternehmer bei einem in einem anderen Bundesland beginnenden
Krankentransport (auch) die dort geltenden Genehmigungserfordernisse
beachten muss. Die sich daraus ergebende Rechtswidrigkeit des Verhaltens
kann aber die Annahme eines Bagatellverstoßes i.S. von § 3 UWG
2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 141/06 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juli 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, ein in Köln ansässiger Krankentransportunternehmer, verfügt über eine Genehmigung zum Krankentransport nach dem nordrheinwestfälischen Gesetz über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (Rettungsgesetz NRW - RettG NRW). Die in München ansässige Beklagte ist ein Krankentransportunternehmen, dem eine entsprechende behördliche Genehmigung nach dem bayerischen Gesetz zur Regelung von Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst (BayRDG) erteilt worden ist.

2
Am 20. März 2005 transportierte die Beklagte eine Patientin mit einem Krankentransportwagen von Köln nach München. Der Transport war zunächst von einem Angehörigen der Patientin beim Kläger bestellt worden, der deswegen bei der Krankenkasse der Patientin eine Kostenübernahmeerklärung beantragt hatte. Das von der Krankenkasse daraufhin bei der Leitstelle der Beklagten in München eingeholte Kostenangebot lag unter dem vom Kläger geforderten Betrag. Die Krankenkasse erteilte den Auftrag zum Krankentransport deshalb der Beklagten.
3
Der Kläger hält das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig, weil diese nicht über die nach §§ 18, 22 RettG NRW für die Durchführung von Krankentransporten in Nordrhein-Westfalen erforderliche behördliche Genehmigung verfügt habe. Er verlangt von der Beklagten Unterlassung entsprechender Krankentransporte , Ersatz des ihm entgangenen Gewinns in Höhe von 400 € sowie Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 278,05 €.
4
Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte 1. unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Patienten im Stadtbereich von Köln mit Krankentransportwagen aufzunehmen , sofern und solange für diesen Betriebsbereich und für das eingesetzte Fahrzeug keine Genehmigung nach dem Rettungsgesetz NRW erteilt worden ist; 2. zu verurteilen, an den Kläger 678,05 € nebst Zinsen zu zahlen.
5
Nach Auffassung der Beklagten regeln die §§ 18, 22 RettG NRW allein den Marktzutritt.

6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, Urt. v. 12.1.2006 - 84 O 74/05, juris). Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, Urt. v. 7.7.2006 - 6 U 35/06, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten, aufgrund dessen dem Kläger wettbewerbsrechtliche Ansprüche zustehen könnten , verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Die Vorschriften der §§ 18, 22 RettG NRW seien keine Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG. Die Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports oblägen den Kreisen und kreisfreien Städten als Trägern des Rettungsdienstes i.S. des § 6 Abs. 1 RettG NRW. Private Unternehmer bedürften hierfür einer behördlichen Genehmigung i.S. der §§ 18 ff. RettG NRW. Die Genehmigungsvorschriften dienten allein dem öffentlichen Interesse an einem funktionsfähigen, flächendeckenden und bedarfsgerechten Rettungsdienst. Der öffentliche Rettungsdienst sei bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben nicht Marktteilnehmer i.S. der § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Nr. 11 UWG, in dessen Interesse das Marktverhalten zu regeln sei. Soweit die öffentliche Hand Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports wahrnehme, handele sie ausschließlich hoheitlich. Die Bestimmungen der §§ 18, 22, 23 RettG NRW seien nicht dazu bestimmt, das Wettbewerbsverhalten der zum Krankentransport zugelassenen privaten Unternehmer zu regeln.

9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar zu Unrecht angenommen , die Vorschrift des § 18 RettG NRW sei nicht (auch) dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln; nach dieser Vorschrift bedarf ein privater Unternehmer, der Aufgaben der Notfallrettung oder des Krankentransports wahrnehmen will, der Genehmigung der Kreisverwaltungsbehörde , in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich er tätig sein will (dazu 1 und 2). Die Abweisung der Klage erweist sich jedoch im Ergebnis als zutreffend, weil die Interessen der Marktteilnehmer, die durch das Genehmigungserfordernis ebenfalls geschützt werden, durch den von der Beklagten begangenen Rechtsverstoß (dazu 3 und 4) nicht spürbar beeinträchtigt werden (dazu 5).
10
1. Die Beklagte hat bei dem vom Kläger beanstandeten Krankentransport mit dem Ziel gehandelt, zugunsten ihres Unternehmens die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, und damit eine Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung vorgenommen, in der dieses Gesetz bis zum 29. Dezember 2008 gegolten hat (UWG 2004). Der Streitfall ist insoweit nicht mit dem der Senatsentscheidung "Abschleppkosten-Inkasso" zugrunde liegenden Fall vergleichbar, in dem der Senat bei einem Unternehmer, der im Auftrag der Polizei ein Fahrzeug abgeschleppt und dafür Kostenansprüche geltend gemacht hatte, ein Handeln im geschäftlichen Verkehr i.S. des § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses Gesetz bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat, sowie eine Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 verneint hat (BGH, Urt. v. 26.1.2006 - I ZR 83/03, GRUR 2006, 428 Tz. 12 ff. = WRP 2006, 741). Für die dort vorgenommene Beurteilung war insbesondere maßgebend , dass ein Abschleppunternehmer, auch wenn ihn die Polizeibehörde durch einen privatrechtlichen Vertrag mit dem Abschleppen von Fahrzeugen beauftragt hat, bei der Durchführung einer polizeilich angeordneten Abschleppmaßnahme in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes handelt. Seine Stellung ist derjenigen eines Verwaltungshelfers angenähert. Er wird ohne eigene Entscheidungsmacht als verlängerter Arm der Verwaltungsbehörde tätig. Der Abschleppvorgang stellt sich materiell-rechtlich als polizeiliche Vollstreckungsmaßnahme dar (BGH GRUR 2006, 428 Tz. 14 - AbschleppkostenInkasso , m.w.N.) und ist damit dem Bereich der Eingriffsverwaltung zuzuordnen (vgl. BGHZ 166, 268 Tz. 14). Im Gegensatz dazu sollte mit der in den §§ 18 ff. RettG NRW geregelten Möglichkeit, dass private Unternehmer aufgrund einer entsprechenden Genehmigung Aufgaben der Notfallrettung und/oder des Krankentransports wahrnehmen, für private Unternehmer ein beschränkter Wettbewerb zugelassen werden (Prütting, Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., Vorbem. vor § 18). Damit wäre es grundsätzlich unvereinbar, die in diesem Bereich tätigen Unternehmer ebenfalls als verlängerten Arm der für den Rettungsdienst zuständigen Behörden anzusehen. Dies hat insbesondere für den Bereich der Krankentransporte i.S. des § 2 Abs. 2 RettG NRW zu gelten; denn bei ihnen handelt es sich, da hier keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der beförderten Personen besteht, um im Rahmen der Daseinsvorsorge erfolgende Maßnahmen der Leistungsverwaltung.
11
Die Durchführung des streitgegenständlichen Krankentransports stellte weiterhin auch eine geschäftliche Handlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung dar, in der dieses Gesetz seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Die Neufassung des Gesetzes , die im Hinblick auf die Zukunftsgerichtetheit des vom Kläger gestellten Unterlassungsantrags hier ebenfalls zu berücksichtigen ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 61/05, GRUR 2008, 830 Tz. 12 = WRP 2008, 1213 - L-Carnitin II; Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 112/05, GRUR 2008, 834 Tz. 10 = WRP 2008, 1209 - HMB-Kapseln, jeweils m.w.N.), ist in dieser Hinsicht nicht enger als der der Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 (vgl. Köhler, GRUR 2005, 793, 794 f.).
12
2. Bei der Bestimmung des § 18 RettG NRW, die Krankentransporte durch private Unternehmen unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt, handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG.
13
a) Der in § 18 RettG NRW bestimmte und in den §§ 18a ff. RettG NRW konkretisierte Genehmigungsvorbehalt dient allerdings in erster Linie dem öffentlichen Interesse an einem funktionsfähigen, flächendeckenden und bedarfsgerechten Rettungsdienst. Insoweit stellt er - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - keine Marktverhaltensregelung im Interesse der privaten Mitbewerber dar (vgl. zur vergleichbaren Bestimmung des § 13 Abs. 1 PBefG Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 853 ff.; a.A. OLG Hamm, Urt. v. 17.11.2005 - 4 U 105/05, juris Tz. 5; Prütting aaO § 18 Rdn. 37 mit Hinweis auf die zu §§ 2, 40 PBefG ergangene Entscheidung OLG Hamm WRP 1972, 390). Soweit gemäß § 19 Abs. 4 RettG NRW die Genehmigung insbesondere dann zu versagen ist, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst beeinträchtigt wird (dazu eingehend Prütting aaO § 19 Rdn. 58 ff.), liegt eine objektive Zulassungsschranke und damit schon keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, sondern eine dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht unterfallende Marktzutrittsregelung vor (vgl. zur entsprechenden Regelung für das Taxigewerbe in § 13 Abs. 4 PBefG MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 71 a.E. und Rdn. 134).

14
b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung jedoch nicht berücksichtigt , dass der Genehmigungsvorbehalt in § 18 RettG NRW auch dem Schutz der im Wege des Krankentransports zu befördernden Kranken, Verletzten und sonstigen hilfsbedürftigen Personen dient (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 17.11.2005 - 4 U 105/05, juris Tz. 5; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht , 2008, S. 163 f.; ebenso zur Genehmigungspflicht gemäß § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1 PBefG KG GRUR 2007, 515, 516; MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 137; Harte/Henning/v. Jagow aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 107). Dies folgt insbesondere aus § 2 Abs. 2 RettG NRW; denn danach hat der Krankentransport die Aufgabe, den genannten Personen fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung durch qualifiziertes Personal zu befördern.
15
3. Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Krankentransport gegen das nach dem Rettungsgesetz NRW beim Fehlen einer entsprechenden Genehmigung bestehende Verbot der Durchführung von Krankentransporten verstoßen. Wie sich aus dem Gegenschluss zu § 1 Abs. 2 Nr. 5 RettG NRW ("Das Gesetz gilt nicht für … Beförderungen, die außerhalb von NordrheinWestfalen begonnen haben …") sowie aus § 23 Abs. 3 RettG NRW ergibt, gilt das Genehmigungserfordernis grundsätzlich für alle Krankentransporte, die - wie der hier beanstandete Transport - in Nordrhein-Westfalen beginnen. Zwar durfte die Beklagte aufgrund der ihr erteilten Genehmigung gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayRDG Krankentransporte auch dann durchführen, wenn - wie im Streitfall - allein der Zielort im Einsatzbereich ihres Krankenwagens lag. Auch sind die Anforderungen des bayerischen Gesetzes an die Qualität des Unternehmens nicht geringer als diejenigen, die nach dem Rettungsgesetz NRW zu erfüllen sind. Da es sich aber jeweils nur um landesrechtliche Regelungen handelt, unterliegt die beanstandete Beförderung, soweit sie im Land Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, nach den Grundsätzen des interlokalen Verwaltungsrechts (vgl. BVerfGE 11, 6, 19 = NJW 1960, 907, 908) allein den Vorschriften des Rettungsgesetzes NRW (Fehn/Kupfer in Steegmann, Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl., 18. Ergänzungslieferung Dezember 2003, § 1 Rdn. 26).
16
4. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht im Streitfall nicht entgegen , dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die gemäß ihrem Artikel 4 die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken bezweckt, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen, und mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) nunmehr auch ins deutsche Recht umgesetzt worden ist, keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2005/29/EG gemäß ihrem Artikel 3 Absatz 3 sowie ihrem Erwägungsgrund 9 die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte unberührt lässt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht daher mit der Richtlinie im Einklang, soweit Marktverhaltensregelungen - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen (Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a).
17
5. Das danach als unlauter i.S. des § 4 Nr. 11 UWG zu beurteilende Handeln der Beklagten stellt jedoch, da es die wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen der Verbraucher nicht spürbar, sondern allenfalls unerheblich zu beeinträchtigen vermag, kein nach § 3 UWG 2004 bzw. § 3 Abs. 1 UWG 2008 unzulässiges Verhalten im Wettbewerb dar. Für die Belange der beförderten Person macht es nur dann einen praktischen Unterschied, ob der Beförderer für den Transport neben der Genehmigung, die nach dem am Zielort geltenden Recht erforderlich ist (hier: Bayern), auch über die Genehmigung verfügt, die das am Ausgangsort des Transports geltende Recht voraussetzt (hier: Nordrhein -Westfalen), wenn die Erteilung der Genehmigung nach dem Recht des Ausgangsorts von weitergehenden, im Interesse der beförderten Personen bestehenden Voraussetzungen abhängt als die Erteilung der Genehmigung nach dem Recht des Zielorts (vgl. KG GRUR 2007, 515, 516 f.). Dies aber ist nach den oben unter II 3 gemachten Ausführungen vorliegend nicht der Fall.
18
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12.01.2006 - 84 O 74/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.07.2006 - 6 U 35/06 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 250/00 Verkündet am:
25. April 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Elektroarbeiten
UWG § 1; BayGO Art. 87

a) Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 87 BayGO, die der erwerbswirtschaftlichen
Tätigkeit der Gemeinden Grenzen setzt, ist nicht zugleich
sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

b) Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen
, Wettbewerber unter Berufung darauf, daß ein Gesetz ihren
Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten, wenn das betreffende Gesetz
den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren
Wettbewerbs nicht berühren.

c) Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen.
Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des
Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden
können, geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten,
sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die
nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen
auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaßnahmen unlauter
sind.
BGB § 823 Abs. 2 Bf; BayGO Art. 87
Die Vorschrift des Art. 87 BayGO ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823
Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 25. April 2002 - I ZR 250/00 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 19. Mai 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beklagten Stadtwerke wurden am 3. September 1998 aus einem Eigenbetrieb der Landeshauptstadt M. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Alleingesellschafterin die Landeshauptstadt M. ist. Seitdem führt die Beklagte auch für private Auftraggeber Elektroarbeiten aus, darunter auch das Aufstellen und das Entfernen von Verteilerschränken und Anschluûsäulen für die "fliegenden Bauten" auf der Auer Dult und auf dem Oktoberfest.
Die Klägerin betreibt in M. das Elektrikerhandwerk. Sie hat seit Jahren im Bereich der Landeshauptstadt M. für Marktkaufleute auf den Messen, Märkten und Festveranstaltungen Elektroarbeiten ausgeführt. Nach ihrer Umwandlung in eine GmbH erreichte die Beklagte binnen kurzer Zeit, daû eine Vielzahl von Kunden der Klägerin zu ihr überwechselten.
Die Klägerin ist der Ansicht, daû die Beklagte durch die Übernahme von Aufträgen privater Unternehmen für Elektroarbeiten gegen die Vorschriften der Bayer. Gemeindeordnung verstoûe, die zur Beschränkung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden erlassen worden seien, und damit zugleich wettbewerbswidrig handele. Die Beklagte habe ihr nur deshalb so viele Kunden abwerben können, weil diese auf das Wohlwollen der Stadt angewiesen seien. Die Beklagte könne die Preise ihrer Wettbewerber nur unterbieten, weil sie nach wie vor die Unterlagen für die Ausschreibungen erstelle, auch wenn diese nunmehr vom Hochbaureferat der Landeshauptstadt M. durchgeführt würden.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, elektrische Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung, Umwandlung und Abgabe der elektrischen Energie privaten oder gewerblichen Auftraggebern anzubieten und/oder in deren Auftrag herzustellen, insbesondere Stromanschlüsse und sonstige Einrichtungen auf Messen , Dulten und gleichartigen Veranstaltungen mit fliegenden Bauten für private oder gewerbliche Auftraggeber zu installieren sowie Arbeiten zu deren Instandhaltung, Reparatur, Auswechslung oder Neuerrichtung privaten oder gewerblichen Auftraggebern anzubieten und/oder in deren Auftrag auszuführen sowie für derartige handwerkliche Dienstleistungen zu werben. Die Beklagte hat einen Verstoû gegen die Vorschriften der Bayer. Gemeindeordnung ebenso in Abrede gestellt wie einen Miûbrauch amtlicher Autorität oder eine wettbewerbswidrige Ausnutzung amtlicher Beziehungen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG München I GewArch 1999, 413).
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG München GewArch 2000, 279 = OLGR München 2000, 221).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründet sei. Die Beklagte handele wettbewerbswidrig, wenn sie die Grenzen, die Art. 87 Abs. 1 BayGO der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden ziehe, überschreite und für private Auftraggeber die in dem Antrag genannten Elektroarbeiten ausführe. Auch nach ihrer Privatisierung unterliege die Beklagte als gemeindliches Unternehmen im Alleinbesitz der Landeshauptstadt M. den Schranken des Art. 87 BayGO.
Die beanstandeten Elektroarbeiten dienten nicht der Daseinsvorsorge zur Versorgung der Bevölkerung mit Strom, sondern seien Handwerksleistungen für private Auftraggeber, die ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt werden könnten.
Die Vorschrift des Art. 87 BayGO sei zwar kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Bei einem planmäûigen, auf Dauer ausgerichteten Handeln, wie es hier gegeben sei, stehe dem Verletzten aber ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu. Dies ergebe sich aus dem Zweck des Art. 87 BayGO, wie er aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift hervorgehe.
Aus anderen Gründen sei der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch dagegen nicht gegeben:
Ob die Beklagte bei ihrer Tätigkeit amtliche Informationen ausnutze, die sie dadurch erlangt habe, daû sie vor ihrer Umwandlung in eine GmbH die städtischen Ausschreibungen durchgeführt habe, könne ohne nähere Aufklärung nicht festgestellt werden. Diese Möglichkeit sei ohnehin allenfalls vorübergehend gegeben. Auch ein wettbewerbswidriger Miûbrauch amtlicher Autorität könne nicht allein damit begründet werden, daû jeder, der auf das Wohlwollen der Landeshauptstadt M. angewiesen oder um dieses bemüht sei, die Beklagte gegenüber anderen Handwerksbetrieben bevorzugen werde, weil sie im Alleinbesitz der Stadt sei. Andernfalls wäre jedes Gemeindeunternehmen in einer Rechtsform des Privatrechts von vornherein aus wettbewerbsrechtlichen Gründen am Tätigwerden gehindert.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt die Beklagte auch dann nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie selbst oder die Landeshauptstadt M. bei der Übernahme von Aufträgen privater Unternehmen gegen die Schranken verstoûen sollten, die sich aus Art. 87 BayGO für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit von Gemeinden ergeben.
Ein Verstoû einer Gemeinde gegen die Vorschrift des Art. 87 BayGO ist nicht zugleich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Daran ändert auch der Umstand nichts, daû eine Gemeinde nicht als Wettbewerberin auf dem Markt auftreten darf, soweit ihr eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nach Art. 87 BayGO untersagt ist. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen einer Verletzung des Art. 87 BayGO scheidet daher auch dann
aus, wenn die beanstandete Tätigkeit der Beklagten mit dieser Vorschrift nicht vereinbar sein sollte, ohne daû es noch auf die Frage ankäme, ob die Beklagte als privatrechtliches Unternehmen im Alleinbesitz der Landeshauptstadt M. selbst den Beschränkungen des Art. 87 BayGO unterliegt oder ihre Störerhaftung in Betracht käme.

a) Zweck des § 1 UWG ist es, dem unmittelbar betroffenen Wettbewerber einen Anspruch zu geben, damit dieser selbst gegen unlautere Mittel und Methoden des Wettbewerbs vorgehen kann und damit zugleich in die Lage versetzt wird, sich gegen Schädigungen zur Wehr zu setzen, die er durch Wettbewerbsverzerrungen infolge unlauteren Wettbewerbs erleidet oder befürchten muû. Die Anspruchsnorm ist so die Grundlage für einen deliktsrechtlichen Individualschutz (BGHZ 144, 255, 264 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 284/00, GRUR 2002, 360, 362 = WRP 2002, 434 - "H.I.V. POSITIVE" II, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen ). Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 1 UWG, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen , ist der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 144, 255, 265 - Abgasemissionen; 147, 296, 303 - Gewinn -Zertifikat; BGH GRUR 2002, 360, 362 - "H.I.V. POSITIVE" II, m.w.N.).
Gemäû seiner beschränkten Zielsetzung ist § 1 UWG auch dann, wenn ein beanstandetes Verhalten gegen ein Gesetz verstöût, nur anwendbar, wenn von diesem Gesetzesverstoû zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht. Es genügt nicht, daû bei einer Wettbewerbshandlung ein Gesetzesverstoû lediglich mitverwirklicht wird. Der Gesetzesver-
stoû muû die Handlung vielmehr in der Weise prägen, daû diese gerade auch als Wettbewerbsverhalten sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist (vgl. BGH GRUR 2001, 354, 356 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner).

b) Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Verstöûen gegen Vorschriften , die den Zutritt zum Markt regeln, gilt nichts anderes. Ein Anspruch aus § 1 UWG ist nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müûte. Als Grundlage deliktsrechtlicher Ansprüche von Wettbewerbern bezweckt § 1 UWG nur den Schutz vor unlauterem Wettbewerb. Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen, Wettbewerber unter Berufung darauf, daû ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten , wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts, zu dessen Zielen der Schutz der Freiheit des Wettbewerbs gehört, ist vielmehr jede Belebung des Wettbewerbs, wie sie unter Umständen auch vom Marktzutritt der öffentlichen Hand ausgehen kann, grundsätzlich erwünscht (vgl. dazu auch BVerwG NJW 1995, 2938, 2939; Köhler, WRP 1999, 1205, 1209 und GRUR 2001, 777, 780). Auch bei einem Verstoû gegen Vorschriften über den Marktzutritt muû daher anhand einer - am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden - Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob es durch den Gesetzesverstoû das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoû kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG - eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene , Schutzfunktion hat (vgl. BGHZ 144, 255, 267 - Abgasemissionen). Ei-
ne solche Schutzfunktion besitzen z.B. Vorschriften, die als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten - etwa ärztlicher Behandlungen - im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit den Nachweis besonderer fachlicher Fähigkeiten fordern (vgl. dazu auch Köhler, GRUR 2001, 777, 781). Eine Schutzfunktion dieser Art fehlt jedoch Art. 87 BayGO.

c) Wie in der Gesetzesbegründung zu Art. 87 BayGO (Begründung zu § 1 Nr. 9 des Gesetzentwurfs zur Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften, LT-Drucks. 13/10828 S. 19), auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung des Normzwecks dieser Vorschrift gestützt hat, näher dargelegt ist, hat Art. 87 BayGO den Zweck, die Kommunen vor den Gefahren überdehnter unternehmerischer Tätigkeit zu schützen und zugleich einer "ungezügelten Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand zu Lasten der Privatwirtschaft" vorzubeugen (vgl. dazu auch BayVGH BayVBl. 1976, 628, 629; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayer. Gemeindeordnung, Art. 87 Rdn. 3). Zweck der Schranken für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden ist danach nicht die Kontrolle der Lauterkeit des Marktverhaltens , sondern die Einfluûnahme auf das unternehmerische Verhalten der Gemeinden und gegebenenfalls der Schutz der Privatwirtschaft vor einem Wettbewerb durch die öffentliche Hand.
Erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten, die einer Gemeinde nach Art. 87 BayGO untersagt sein können, sind als solche nicht unlauter, und zwar auch dann nicht, wenn sie von einer Gemeinde ausgeübt werden. Derartige wirtschaftliche Tätigkeiten sind vielmehr innerhalb der Grenzen des Art. 87 BayGO grundsätzlich auch den Gemeinden erlaubt. Als Wettbewerbsverhalten ist die betreffende Tätigkeit dementsprechend auch bei Berücksichtigung des Zwecks
des Art. 87 BayGO nicht schon dann unlauter, wenn die Gemeinde dabei die ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit gezogenen Schranken nicht einhält (vgl. dazu auch Tomerius, LKV 2000, 41, 46 f.; a.A. Gröning, WRP 2002, 17, 26). Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zwar gerade auch aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben - etwa wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1998 - I ZR 173/96, GRUR 1999, 594, 597 = WRP 1999, 650 - Holsteiner Pferd), die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung miûbraucht wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, Umdruck S. 8 - Elternbriefe) oder der Bestand des Wettbewerbs auf dem einschlägigen Markt gefährdet wird (vgl. BGHZ 82, 375, 395 ff. - Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 160 ff. - Abrechnungs-Software für Zahnärzte; BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 f. = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 62/89, GRUR 1991, 53, 55 f. = WRP 1991, 102 - Kreishandwerkerschaft I). Auf derartige Umstände stellt Art. 87 BayGO aber nicht ab.

d) An der Beurteilung, daû eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit einer Gemeinde nicht deshalb sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist, weil sie gegen Art. 87 BayGO verstöût, ändert auch der Umstand nichts, daû es - wie dargelegt - zu den Zwecken des Art. 87 BayGO gehört, die Privatwirtschaft vor dem Marktzutritt von Gemeinden zu schützen, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, ob Art. 87 BayGO ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.
2 BGB ist (vgl. dazu unter II. 2.). Soweit es zu den Zielen des Art. 87 BayGO gehört, die Privatwirtschaft vor einem Wettbewerb durch Gemeinden zu schützen , geht es nicht um die Lauterkeit des Wettbewerbs, sondern allenfalls um die Erhaltung einer Marktstruktur, die von privaten Unternehmen geprägt ist. Es ist jedoch nicht Sinn des § 1 UWG, Wettbewerbern kommunaler Unternehmen, Ansprüche zur Verwirklichung dieses Schutzzwecks des Art. 87 BayGO zu gewähren , die nach öffentlichem Recht etwa gegebene Ansprüche (vgl. dazu BVerwG NJW 1995, 2938, 2939; Tettinger, NJW 1998, 3473, 3474; Frenz, DÖV 2000, 802, 808) ergänzen könnten oder nach öffentlichem Recht bestehende Schutzlücken ausfüllen (vgl. dazu auch Henneke, NdsVBl. 1999, 1, 6 ff.; Pagenkopf, GewArch 2000, 177, 184 f.; Köhler, GRUR 2001, 777, 781; a.A. Cosson, DVBl. 1999, 891, 896; Otting, DÖV 1999, 549, 552 ff.; David, NVwZ 2000, 738 ff.). Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen. Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden können (vgl. BGHZ 82, 375, 395 ff. - Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 160 f. - Abrechnungs-Software für Zahnärzte), geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten, sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaûnahmen unlauter sind.

e) Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoû einer Gemeinde gegen Art. 87 BayGO ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig macht, ist es auch, ob dieser Verstoû vorsätzlich oder planmäûig begangen wird und ob das Vorgehen der Gemeinde bereits durch ihre Aufsichtsbehörden beanstandet worden ist. Da der Gesetzesverstoû
die wettbewerbsrechtliche Lauterkeit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit als solche nicht berührt, kann es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung auch nicht darauf ankommen, ob der Verstoû bewuût und gegebenenfalls hartnäckig begangen wird. Soweit der Entscheidung des Senats "Blockeis II" (Urt. v. 12.2.1965 - Ib ZR 42/63, GRUR 1965, 373, 374 = WRP 1965, 139; vgl. dazu auch - für diese Entscheidung allerdings nicht tragend - BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 734 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf) etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten.

f) Das Ergebnis, daû ein Verstoû gegen Art. 87 BayGO für sich genommen keinen Anspruch aus § 1 UWG begründet, trägt dem Umstand Rechnung, daû dem Recht gegen unlauteren Wettbewerb bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung des Marktzutritts der öffentlichen Hand nur eine auf die Schutzfunktion seiner Anspruchsnormen begrenzte Kontrollfunktion zukommt. Bereits in seiner Entscheidung "Schilderverkauf" (BGH GRUR 1974, 733, 734; vgl. weiter BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 41/93, GRUR 1996, 213, 216 = WRP 1995, 475 - Sterbegeldversicherung, m.w.N.) hat der Senat - zu niedersächsischen Vorschriften zur Beschränkung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit kommunaler Gebietskörperschaften - dargelegt, daû sich die wettbewerbsrechtliche Beurteilung nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen kann. Davon ist - wie in der Entscheidung weiter ausgeführt ist - die allgemeinpolitische und wirtschaftspolitische Frage zu unterscheiden, ob sich die öffentliche Hand überhaupt erwerbswirtschaftlich betätigen darf und welche Grenzen ihr insoweit gesetzt sind oder gesetzt werden sollen. Die Lösung dieser Frage ist Aufgabe der Gesetzgebung und Verwaltung sowie der parlamentarischen Kontrolle und für die Gemeinden und Landkreise gegebenenfalls der Kommunalaufsicht, nicht aber der ordentlichen
Gerichte bei der ihnen zustehenden Beurteilung von Wettbewerbshandlungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dies gilt auch dann, wenn besondere Vorschriften zur Einschränkung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand erlassen worden sind. Denn auch diese regeln nur den Zugang zum Wettbewerb und sagen nichts darüber aus, wie er auszuüben ist (vgl. dazu weiter BGH, GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, GRUR 1991, 53, 56 - Kreishandwerkerschaft I; BGH, Urt. v. 1.12.1994 - I ZR 128/92, GRUR 1995, 127, 128 = WRP 1995, 304 - Schornsteinaufsätze; BGH GRUR 1996, 213, 216 - Sterbegeldversicherung ; vgl. auch Piper, GRUR 1986, 574, 578; Pagenkopf, GewArch 2000, 177, 184 f.).
Aus der Entscheidung "Sterbegeldversicherung" (BGH GRUR 1996, 213, 216) ergibt sich nichts anderes. Diese betraf einen Fall, in dem der Marktzutritt einer öffentlich-rechtlichen Krankenkasse gegen ein Gesetz verstieû , das im Interesse der privaten Versicherungen ein ganz bestimmtes Handeln auf dem Markt (den Abschluû von Sterbegeldversicherungsverträgen) untersagte und ein Zuwiderhandeln nach seinem Normzweck zugleich als unlauteres Wettbewerbsverhalten kennzeichnete.
2. Der Klageantrag ist auch nicht als quasinegatorischer Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 1004 BGB analog i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1996 - V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16, 17) begründet, da Art. 87 BayGO, gegen den die Beklagte nach Ansicht der Klägerin verstöût, kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (ebenso Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayer. Kommunalgesetze, 4. Aufl., Art. 87 GO Rdn. 7; Hölzl/Hien, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschafts-
ordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, 1999, Art. 87 GO Anm. 4; Köhler, WRP 1999, 1205, 1208; vgl. auch Widtmann/Grasser/Glaser aaO Art. 87 GO Rdn. 3; Tomerius, LKV 2000, 41, 46 m.w.N.; vgl. weiter BGH, Urt. v. 26.5.1961 - I ZR 177/60, GRUR 1962, 159, 162 - Blockeis I).
Eine Vorschrift ist nicht schon dann ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach ihrem Inhalt und Zweck die Belange eines anderen fördert. Erforderlich ist vielmehr, daû sie in der Weise einem gezielten Individualschutz gegen eine näher bestimmte Art der Schädigung dienen soll, daû an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des Verletzers geknüpft wird (vgl. BGHZ 66, 388, 390; 84, 312, 314; 100, 13, 14; 122, 1, 3). Bei Art. 87 BayGO läût sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der für sie im Gesetzgebungsverfahren gegebenen Begründung (vgl. dazu vorstehend unter II. 1. c)) ein Anhaltspunkt für einen solchen Schutzzweck entnehmen. Die Vorschrift beschränkt zwar die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden auch deshalb, weil sich diese zu Lasten der Privatwirtschaft auswirken kann. Sie hat aber nicht den Zweck, die einzelnen Unternehmen dadurch vor einem Wettbewerb durch gemeindliche Unternehmen zu schützen, daû ein Verstoû Individualansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung begründen kann.
3. Der sehr weit gefaûte Klageantrag kann auch nicht darauf gestützt werden, daû die beanstandete Tätigkeit der Beklagten aus anderen Gründen wettbewerbsrechtlich unlauter sei.
Es ist weder mit konkretem Tatsachenvorbringen dargetan noch sonst ersichtlich, daû die angegriffene erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten stets oder auch nur im Regelfall mit einer miûbräuchlichen Ausnutzung ihrer Stellung als Unternehmen der Landeshauptstadt M. verbunden ist. Eine so weitgehende Annahme ist auch nicht insoweit gerechtfertigt, als es um Aufträge von Kunden geht, die an Messen, Dulten und ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen wollen und dazu Genehmigungen der Stadt benötigen.
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Beklagte bei ihrer Tätigkeit gegenwärtig amtlich erlangte Informationen ausnutze, offengelassen und dargelegt , daû dies jedenfalls zukünftig nicht der Fall sein werde. Die Revisionserwiderung hat demgegenüber nicht auf hinreichend substantiierten Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen Bezug nehmen können.
Sollte die Beklagte im Einzelfall ihre Stellung als Unternehmen der Landeshauptstadt M. in wettbewerbswidriger Weise ausnutzen, könnte die Klägerin dagegen mit entsprechend konkret gefaûten wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen vorgehen.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben. Auf ihre Berufung war das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 250/00 Verkündet am:
25. April 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Elektroarbeiten
UWG § 1; BayGO Art. 87

a) Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 87 BayGO, die der erwerbswirtschaftlichen
Tätigkeit der Gemeinden Grenzen setzt, ist nicht zugleich
sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

b) Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen
, Wettbewerber unter Berufung darauf, daß ein Gesetz ihren
Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten, wenn das betreffende Gesetz
den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren
Wettbewerbs nicht berühren.

c) Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen.
Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des
Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden
können, geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten,
sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die
nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen
auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaßnahmen unlauter
sind.
BGB § 823 Abs. 2 Bf; BayGO Art. 87
Die Vorschrift des Art. 87 BayGO ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823
Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 25. April 2002 - I ZR 250/00 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 19. Mai 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beklagten Stadtwerke wurden am 3. September 1998 aus einem Eigenbetrieb der Landeshauptstadt M. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Alleingesellschafterin die Landeshauptstadt M. ist. Seitdem führt die Beklagte auch für private Auftraggeber Elektroarbeiten aus, darunter auch das Aufstellen und das Entfernen von Verteilerschränken und Anschluûsäulen für die "fliegenden Bauten" auf der Auer Dult und auf dem Oktoberfest.
Die Klägerin betreibt in M. das Elektrikerhandwerk. Sie hat seit Jahren im Bereich der Landeshauptstadt M. für Marktkaufleute auf den Messen, Märkten und Festveranstaltungen Elektroarbeiten ausgeführt. Nach ihrer Umwandlung in eine GmbH erreichte die Beklagte binnen kurzer Zeit, daû eine Vielzahl von Kunden der Klägerin zu ihr überwechselten.
Die Klägerin ist der Ansicht, daû die Beklagte durch die Übernahme von Aufträgen privater Unternehmen für Elektroarbeiten gegen die Vorschriften der Bayer. Gemeindeordnung verstoûe, die zur Beschränkung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden erlassen worden seien, und damit zugleich wettbewerbswidrig handele. Die Beklagte habe ihr nur deshalb so viele Kunden abwerben können, weil diese auf das Wohlwollen der Stadt angewiesen seien. Die Beklagte könne die Preise ihrer Wettbewerber nur unterbieten, weil sie nach wie vor die Unterlagen für die Ausschreibungen erstelle, auch wenn diese nunmehr vom Hochbaureferat der Landeshauptstadt M. durchgeführt würden.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, elektrische Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung, Umwandlung und Abgabe der elektrischen Energie privaten oder gewerblichen Auftraggebern anzubieten und/oder in deren Auftrag herzustellen, insbesondere Stromanschlüsse und sonstige Einrichtungen auf Messen , Dulten und gleichartigen Veranstaltungen mit fliegenden Bauten für private oder gewerbliche Auftraggeber zu installieren sowie Arbeiten zu deren Instandhaltung, Reparatur, Auswechslung oder Neuerrichtung privaten oder gewerblichen Auftraggebern anzubieten und/oder in deren Auftrag auszuführen sowie für derartige handwerkliche Dienstleistungen zu werben. Die Beklagte hat einen Verstoû gegen die Vorschriften der Bayer. Gemeindeordnung ebenso in Abrede gestellt wie einen Miûbrauch amtlicher Autorität oder eine wettbewerbswidrige Ausnutzung amtlicher Beziehungen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG München I GewArch 1999, 413).
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG München GewArch 2000, 279 = OLGR München 2000, 221).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründet sei. Die Beklagte handele wettbewerbswidrig, wenn sie die Grenzen, die Art. 87 Abs. 1 BayGO der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden ziehe, überschreite und für private Auftraggeber die in dem Antrag genannten Elektroarbeiten ausführe. Auch nach ihrer Privatisierung unterliege die Beklagte als gemeindliches Unternehmen im Alleinbesitz der Landeshauptstadt M. den Schranken des Art. 87 BayGO.
Die beanstandeten Elektroarbeiten dienten nicht der Daseinsvorsorge zur Versorgung der Bevölkerung mit Strom, sondern seien Handwerksleistungen für private Auftraggeber, die ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt werden könnten.
Die Vorschrift des Art. 87 BayGO sei zwar kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Bei einem planmäûigen, auf Dauer ausgerichteten Handeln, wie es hier gegeben sei, stehe dem Verletzten aber ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu. Dies ergebe sich aus dem Zweck des Art. 87 BayGO, wie er aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift hervorgehe.
Aus anderen Gründen sei der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch dagegen nicht gegeben:
Ob die Beklagte bei ihrer Tätigkeit amtliche Informationen ausnutze, die sie dadurch erlangt habe, daû sie vor ihrer Umwandlung in eine GmbH die städtischen Ausschreibungen durchgeführt habe, könne ohne nähere Aufklärung nicht festgestellt werden. Diese Möglichkeit sei ohnehin allenfalls vorübergehend gegeben. Auch ein wettbewerbswidriger Miûbrauch amtlicher Autorität könne nicht allein damit begründet werden, daû jeder, der auf das Wohlwollen der Landeshauptstadt M. angewiesen oder um dieses bemüht sei, die Beklagte gegenüber anderen Handwerksbetrieben bevorzugen werde, weil sie im Alleinbesitz der Stadt sei. Andernfalls wäre jedes Gemeindeunternehmen in einer Rechtsform des Privatrechts von vornherein aus wettbewerbsrechtlichen Gründen am Tätigwerden gehindert.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt die Beklagte auch dann nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie selbst oder die Landeshauptstadt M. bei der Übernahme von Aufträgen privater Unternehmen gegen die Schranken verstoûen sollten, die sich aus Art. 87 BayGO für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit von Gemeinden ergeben.
Ein Verstoû einer Gemeinde gegen die Vorschrift des Art. 87 BayGO ist nicht zugleich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Daran ändert auch der Umstand nichts, daû eine Gemeinde nicht als Wettbewerberin auf dem Markt auftreten darf, soweit ihr eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nach Art. 87 BayGO untersagt ist. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen einer Verletzung des Art. 87 BayGO scheidet daher auch dann
aus, wenn die beanstandete Tätigkeit der Beklagten mit dieser Vorschrift nicht vereinbar sein sollte, ohne daû es noch auf die Frage ankäme, ob die Beklagte als privatrechtliches Unternehmen im Alleinbesitz der Landeshauptstadt M. selbst den Beschränkungen des Art. 87 BayGO unterliegt oder ihre Störerhaftung in Betracht käme.

a) Zweck des § 1 UWG ist es, dem unmittelbar betroffenen Wettbewerber einen Anspruch zu geben, damit dieser selbst gegen unlautere Mittel und Methoden des Wettbewerbs vorgehen kann und damit zugleich in die Lage versetzt wird, sich gegen Schädigungen zur Wehr zu setzen, die er durch Wettbewerbsverzerrungen infolge unlauteren Wettbewerbs erleidet oder befürchten muû. Die Anspruchsnorm ist so die Grundlage für einen deliktsrechtlichen Individualschutz (BGHZ 144, 255, 264 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 284/00, GRUR 2002, 360, 362 = WRP 2002, 434 - "H.I.V. POSITIVE" II, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen ). Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 1 UWG, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen , ist der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 144, 255, 265 - Abgasemissionen; 147, 296, 303 - Gewinn -Zertifikat; BGH GRUR 2002, 360, 362 - "H.I.V. POSITIVE" II, m.w.N.).
Gemäû seiner beschränkten Zielsetzung ist § 1 UWG auch dann, wenn ein beanstandetes Verhalten gegen ein Gesetz verstöût, nur anwendbar, wenn von diesem Gesetzesverstoû zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht. Es genügt nicht, daû bei einer Wettbewerbshandlung ein Gesetzesverstoû lediglich mitverwirklicht wird. Der Gesetzesver-
stoû muû die Handlung vielmehr in der Weise prägen, daû diese gerade auch als Wettbewerbsverhalten sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist (vgl. BGH GRUR 2001, 354, 356 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner).

b) Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Verstöûen gegen Vorschriften , die den Zutritt zum Markt regeln, gilt nichts anderes. Ein Anspruch aus § 1 UWG ist nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müûte. Als Grundlage deliktsrechtlicher Ansprüche von Wettbewerbern bezweckt § 1 UWG nur den Schutz vor unlauterem Wettbewerb. Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen, Wettbewerber unter Berufung darauf, daû ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten , wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts, zu dessen Zielen der Schutz der Freiheit des Wettbewerbs gehört, ist vielmehr jede Belebung des Wettbewerbs, wie sie unter Umständen auch vom Marktzutritt der öffentlichen Hand ausgehen kann, grundsätzlich erwünscht (vgl. dazu auch BVerwG NJW 1995, 2938, 2939; Köhler, WRP 1999, 1205, 1209 und GRUR 2001, 777, 780). Auch bei einem Verstoû gegen Vorschriften über den Marktzutritt muû daher anhand einer - am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden - Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob es durch den Gesetzesverstoû das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoû kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG - eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene , Schutzfunktion hat (vgl. BGHZ 144, 255, 267 - Abgasemissionen). Ei-
ne solche Schutzfunktion besitzen z.B. Vorschriften, die als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten - etwa ärztlicher Behandlungen - im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit den Nachweis besonderer fachlicher Fähigkeiten fordern (vgl. dazu auch Köhler, GRUR 2001, 777, 781). Eine Schutzfunktion dieser Art fehlt jedoch Art. 87 BayGO.

c) Wie in der Gesetzesbegründung zu Art. 87 BayGO (Begründung zu § 1 Nr. 9 des Gesetzentwurfs zur Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften, LT-Drucks. 13/10828 S. 19), auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung des Normzwecks dieser Vorschrift gestützt hat, näher dargelegt ist, hat Art. 87 BayGO den Zweck, die Kommunen vor den Gefahren überdehnter unternehmerischer Tätigkeit zu schützen und zugleich einer "ungezügelten Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand zu Lasten der Privatwirtschaft" vorzubeugen (vgl. dazu auch BayVGH BayVBl. 1976, 628, 629; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayer. Gemeindeordnung, Art. 87 Rdn. 3). Zweck der Schranken für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden ist danach nicht die Kontrolle der Lauterkeit des Marktverhaltens , sondern die Einfluûnahme auf das unternehmerische Verhalten der Gemeinden und gegebenenfalls der Schutz der Privatwirtschaft vor einem Wettbewerb durch die öffentliche Hand.
Erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten, die einer Gemeinde nach Art. 87 BayGO untersagt sein können, sind als solche nicht unlauter, und zwar auch dann nicht, wenn sie von einer Gemeinde ausgeübt werden. Derartige wirtschaftliche Tätigkeiten sind vielmehr innerhalb der Grenzen des Art. 87 BayGO grundsätzlich auch den Gemeinden erlaubt. Als Wettbewerbsverhalten ist die betreffende Tätigkeit dementsprechend auch bei Berücksichtigung des Zwecks
des Art. 87 BayGO nicht schon dann unlauter, wenn die Gemeinde dabei die ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit gezogenen Schranken nicht einhält (vgl. dazu auch Tomerius, LKV 2000, 41, 46 f.; a.A. Gröning, WRP 2002, 17, 26). Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zwar gerade auch aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben - etwa wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1998 - I ZR 173/96, GRUR 1999, 594, 597 = WRP 1999, 650 - Holsteiner Pferd), die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung miûbraucht wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, Umdruck S. 8 - Elternbriefe) oder der Bestand des Wettbewerbs auf dem einschlägigen Markt gefährdet wird (vgl. BGHZ 82, 375, 395 ff. - Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 160 ff. - Abrechnungs-Software für Zahnärzte; BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 f. = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 62/89, GRUR 1991, 53, 55 f. = WRP 1991, 102 - Kreishandwerkerschaft I). Auf derartige Umstände stellt Art. 87 BayGO aber nicht ab.

d) An der Beurteilung, daû eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit einer Gemeinde nicht deshalb sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist, weil sie gegen Art. 87 BayGO verstöût, ändert auch der Umstand nichts, daû es - wie dargelegt - zu den Zwecken des Art. 87 BayGO gehört, die Privatwirtschaft vor dem Marktzutritt von Gemeinden zu schützen, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, ob Art. 87 BayGO ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.
2 BGB ist (vgl. dazu unter II. 2.). Soweit es zu den Zielen des Art. 87 BayGO gehört, die Privatwirtschaft vor einem Wettbewerb durch Gemeinden zu schützen , geht es nicht um die Lauterkeit des Wettbewerbs, sondern allenfalls um die Erhaltung einer Marktstruktur, die von privaten Unternehmen geprägt ist. Es ist jedoch nicht Sinn des § 1 UWG, Wettbewerbern kommunaler Unternehmen, Ansprüche zur Verwirklichung dieses Schutzzwecks des Art. 87 BayGO zu gewähren , die nach öffentlichem Recht etwa gegebene Ansprüche (vgl. dazu BVerwG NJW 1995, 2938, 2939; Tettinger, NJW 1998, 3473, 3474; Frenz, DÖV 2000, 802, 808) ergänzen könnten oder nach öffentlichem Recht bestehende Schutzlücken ausfüllen (vgl. dazu auch Henneke, NdsVBl. 1999, 1, 6 ff.; Pagenkopf, GewArch 2000, 177, 184 f.; Köhler, GRUR 2001, 777, 781; a.A. Cosson, DVBl. 1999, 891, 896; Otting, DÖV 1999, 549, 552 ff.; David, NVwZ 2000, 738 ff.). Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen. Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden können (vgl. BGHZ 82, 375, 395 ff. - Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 160 f. - Abrechnungs-Software für Zahnärzte), geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten, sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaûnahmen unlauter sind.

e) Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoû einer Gemeinde gegen Art. 87 BayGO ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig macht, ist es auch, ob dieser Verstoû vorsätzlich oder planmäûig begangen wird und ob das Vorgehen der Gemeinde bereits durch ihre Aufsichtsbehörden beanstandet worden ist. Da der Gesetzesverstoû
die wettbewerbsrechtliche Lauterkeit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit als solche nicht berührt, kann es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung auch nicht darauf ankommen, ob der Verstoû bewuût und gegebenenfalls hartnäckig begangen wird. Soweit der Entscheidung des Senats "Blockeis II" (Urt. v. 12.2.1965 - Ib ZR 42/63, GRUR 1965, 373, 374 = WRP 1965, 139; vgl. dazu auch - für diese Entscheidung allerdings nicht tragend - BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 734 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf) etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten.

f) Das Ergebnis, daû ein Verstoû gegen Art. 87 BayGO für sich genommen keinen Anspruch aus § 1 UWG begründet, trägt dem Umstand Rechnung, daû dem Recht gegen unlauteren Wettbewerb bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung des Marktzutritts der öffentlichen Hand nur eine auf die Schutzfunktion seiner Anspruchsnormen begrenzte Kontrollfunktion zukommt. Bereits in seiner Entscheidung "Schilderverkauf" (BGH GRUR 1974, 733, 734; vgl. weiter BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 41/93, GRUR 1996, 213, 216 = WRP 1995, 475 - Sterbegeldversicherung, m.w.N.) hat der Senat - zu niedersächsischen Vorschriften zur Beschränkung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit kommunaler Gebietskörperschaften - dargelegt, daû sich die wettbewerbsrechtliche Beurteilung nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen kann. Davon ist - wie in der Entscheidung weiter ausgeführt ist - die allgemeinpolitische und wirtschaftspolitische Frage zu unterscheiden, ob sich die öffentliche Hand überhaupt erwerbswirtschaftlich betätigen darf und welche Grenzen ihr insoweit gesetzt sind oder gesetzt werden sollen. Die Lösung dieser Frage ist Aufgabe der Gesetzgebung und Verwaltung sowie der parlamentarischen Kontrolle und für die Gemeinden und Landkreise gegebenenfalls der Kommunalaufsicht, nicht aber der ordentlichen
Gerichte bei der ihnen zustehenden Beurteilung von Wettbewerbshandlungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dies gilt auch dann, wenn besondere Vorschriften zur Einschränkung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand erlassen worden sind. Denn auch diese regeln nur den Zugang zum Wettbewerb und sagen nichts darüber aus, wie er auszuüben ist (vgl. dazu weiter BGH, GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, GRUR 1991, 53, 56 - Kreishandwerkerschaft I; BGH, Urt. v. 1.12.1994 - I ZR 128/92, GRUR 1995, 127, 128 = WRP 1995, 304 - Schornsteinaufsätze; BGH GRUR 1996, 213, 216 - Sterbegeldversicherung ; vgl. auch Piper, GRUR 1986, 574, 578; Pagenkopf, GewArch 2000, 177, 184 f.).
Aus der Entscheidung "Sterbegeldversicherung" (BGH GRUR 1996, 213, 216) ergibt sich nichts anderes. Diese betraf einen Fall, in dem der Marktzutritt einer öffentlich-rechtlichen Krankenkasse gegen ein Gesetz verstieû , das im Interesse der privaten Versicherungen ein ganz bestimmtes Handeln auf dem Markt (den Abschluû von Sterbegeldversicherungsverträgen) untersagte und ein Zuwiderhandeln nach seinem Normzweck zugleich als unlauteres Wettbewerbsverhalten kennzeichnete.
2. Der Klageantrag ist auch nicht als quasinegatorischer Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 1004 BGB analog i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1996 - V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16, 17) begründet, da Art. 87 BayGO, gegen den die Beklagte nach Ansicht der Klägerin verstöût, kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (ebenso Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayer. Kommunalgesetze, 4. Aufl., Art. 87 GO Rdn. 7; Hölzl/Hien, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschafts-
ordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, 1999, Art. 87 GO Anm. 4; Köhler, WRP 1999, 1205, 1208; vgl. auch Widtmann/Grasser/Glaser aaO Art. 87 GO Rdn. 3; Tomerius, LKV 2000, 41, 46 m.w.N.; vgl. weiter BGH, Urt. v. 26.5.1961 - I ZR 177/60, GRUR 1962, 159, 162 - Blockeis I).
Eine Vorschrift ist nicht schon dann ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach ihrem Inhalt und Zweck die Belange eines anderen fördert. Erforderlich ist vielmehr, daû sie in der Weise einem gezielten Individualschutz gegen eine näher bestimmte Art der Schädigung dienen soll, daû an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des Verletzers geknüpft wird (vgl. BGHZ 66, 388, 390; 84, 312, 314; 100, 13, 14; 122, 1, 3). Bei Art. 87 BayGO läût sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der für sie im Gesetzgebungsverfahren gegebenen Begründung (vgl. dazu vorstehend unter II. 1. c)) ein Anhaltspunkt für einen solchen Schutzzweck entnehmen. Die Vorschrift beschränkt zwar die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden auch deshalb, weil sich diese zu Lasten der Privatwirtschaft auswirken kann. Sie hat aber nicht den Zweck, die einzelnen Unternehmen dadurch vor einem Wettbewerb durch gemeindliche Unternehmen zu schützen, daû ein Verstoû Individualansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung begründen kann.
3. Der sehr weit gefaûte Klageantrag kann auch nicht darauf gestützt werden, daû die beanstandete Tätigkeit der Beklagten aus anderen Gründen wettbewerbsrechtlich unlauter sei.
Es ist weder mit konkretem Tatsachenvorbringen dargetan noch sonst ersichtlich, daû die angegriffene erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten stets oder auch nur im Regelfall mit einer miûbräuchlichen Ausnutzung ihrer Stellung als Unternehmen der Landeshauptstadt M. verbunden ist. Eine so weitgehende Annahme ist auch nicht insoweit gerechtfertigt, als es um Aufträge von Kunden geht, die an Messen, Dulten und ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen wollen und dazu Genehmigungen der Stadt benötigen.
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Beklagte bei ihrer Tätigkeit gegenwärtig amtlich erlangte Informationen ausnutze, offengelassen und dargelegt , daû dies jedenfalls zukünftig nicht der Fall sein werde. Die Revisionserwiderung hat demgegenüber nicht auf hinreichend substantiierten Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen Bezug nehmen können.
Sollte die Beklagte im Einzelfall ihre Stellung als Unternehmen der Landeshauptstadt M. in wettbewerbswidriger Weise ausnutzen, könnte die Klägerin dagegen mit entsprechend konkret gefaûten wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen vorgehen.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben. Auf ihre Berufung war das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 152/07 Verkündet am:
2. Dezember 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zweckbetrieb
UWG (2008) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; AO § 65 Nr. 3
Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen
dar. Ihre Verletzung kann auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens
als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. August 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verband, der nach seiner Satzung die freie Wohlfahrtspflege und die Hilfeleistung für die Bevölkerung fördert, ist als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO steuerbegünstigt. Er bietet im Rahmen seiner Alten- und Behindertenarbeit auch Personenbeförderungen gegen Entgelt an.
2
Der Kläger, ein Taxi- und Mietwagenunternehmer, hat behauptet, der Beklagte erbringe Beförderungsleistungen auch außerhalb seines Zweckbetriebs als eigenständige Dienstleistung. Er hat Rechnungen des Beklagten für Mietwagenfahrten vorgelegt, bei denen seiner Ansicht nach der Beklagte keine über die reine Beförderung hinausgehenden Hilfeleistungen erbracht hatte. Der Umstand, dass in diesen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen sei, zeige, dass der Beklagte für seine außerhalb des Zweckbetriebs durchgeführten Krankenfahrten nicht die Steuern abführe, die die Mitbewerber zu zahlen hätten. Dadurch verschaffe sich der Beklagte zum Nachteil der Mitbewerber Vorteile im Wettbewerb. Das in § 65 Nr. 3 AO enthaltene Wettbewerbsverbot sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Außerdem liege in dem Verhalten des Beklagten eine allgemeine Marktbehinderung.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Personen gegen Entgelt durch Verkehr mit Mietwagen zu befördern , ohne die auf diese Tätigkeit anfallenden Steuern, insbesondere Umsatz -, Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer zu zahlen; 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vollständige Auskunft über sämtliche im Klageantrag zu 1 bezeichneten Beförderungen zu erteilen, und zwar unter Angabe der Wegstrecke, der Dauer der Beförderung, des Zeitpunkts, der Anzahl der Beförderungen und des Umsatzes insgesamt; 3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die im Klageantrag zu 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
4
Nach Ansicht des Beklagten liegen Fahrdienstleistungen für Menschen, die wegen Behinderung oder Alters hilfsbedürftig sind, innerhalb seines Zweckbetriebs. Für diese Fahrten habe er den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% und für Patientenfahrten, bei denen der Patient keine Hilfe benötigt habe, den seinerzeit geltenden Umsatzsteuersatz von 16% abgeführt. Die nach Ansicht des Klägers verletzten steuerrechtlichen Vorschriften stellten keine Marktverhaltensregelungen dar.
5
Beide Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet angesehen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Klage weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs noch unter dem einer allgemeinen Marktbehinderung für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
7
Das Verhalten des Beklagten sei nicht nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauter. Zwar seien Krankenfahrten nicht als Zweckbetrieb im Bereich der Gesundheitspflege i.S. von § 65 Nr. 3 AO anzusehen. Auch schütze diese Vorschrift den potentiellen Wettbewerb, da sie den Wertungs- und Zielkonflikt zwischen der Förderung des Gemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts regele und damit auch dem Schutz der mit Zweckbetrieben konkurrierenden nicht begünstigten Betriebe diene. Wenn kein Zweckbetrieb vorliege und sich die Nichtbesteuerung zum Nachteil der Mitbewerber auswirke, hätten diese gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf Besteuerung der Körperschaft. Insoweit komme der Regelung des § 65 Nr. 3 AO eine drittschützende Wirkung zu.
8
Ungeachtet dieser Wettbewerbsrelevanz sei die genannte Vorschrift jedoch keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Steuervorschriften bezweckten grundsätzlich nicht die Regelung des Marktverhaltens. Das gelte auch für der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern, sofern diese nicht ausnahmsweise unmittelbar den Schutz der Verbraucher bezweckten. Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO stelle zwar ein Lenkungsgesetz dar, das gemeinnützige wohltätige Betätigungen durch Anerkennung eines Steuervorteils fördern wolle. Die wettbewerbliche Relevanz liege in der unterschiedlichen Behandlung an sich gleichgelagerter wirtschaftlicher Betätigung. Der staatliche Eingriff in den Wettbewerb bestehe in der Schaffung eines wirtschaftlichen Sonderbereichs der Gemeinnützigkeit. Die Betätigung in diesem Bereich sei dem Eingriff erst nachgeordnet. Wer die Regeln der Steuerbegünstigung überschreite, verhalte sich nicht anders als derjenige, der im allgemeinen Wirtschaftsbereich Steuern hinterziehe. Der drittschützende Charakter der Vorschrift , der die Möglichkeit einer Konkurrentenklage vor dem Finanzgericht eröffne , ändere nichts daran, dass es bei der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO an der für die Bejahung eines Wettbewerbsverstoßes erforderlichen spezifischen Marktbezogenheit fehle.
9
Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer allgemeinen Marktbehinderung habe der Kläger nicht hinreichend dargetan. Vereinzelte Vorgänge reichten für die Annahme einer strukturellen Marktstörung nicht aus.
10
II. Die Revision wendet sich gegen diese Beurteilung ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gestützt ist, mit Recht als unbegründet angesehen, weil die nach Ansicht des Klägers verletzte Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG ist (dazu unten unter II 2 b). Seine Beurteilung, eine allgemeine Marktbehinderung sei nicht hinreichend dargetan, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Diese ist ferner nicht schon deshalb begründet, weil der Beklagte sich nach dem Vortrag des Klägers durch rechtswidriges Verhalten im Wettbewerb einen ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft (dazu unten unter II 2 c). Da sich die Rechtslage schon unter dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat (UWG a.F.), ebenso dargestellt hat, sind auch der Schadensersatzfeststellungsanspruch sowie der seiner Durchsetzung dienende Auskunftsanspruch im vollen Umfang unbegründet (vgl. unten unter II 2 d).
11
1. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die gestellten Klageanträge i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt.
12
Bei der Auslegung von Klageanträgen ist immer auch die Klagebegründung mit heranzuziehen (BGH, Urt. v. 29.5.2008 - I ZR 189/05, GRUR 2008, 1121 Tz. 16 = WRP 2008, 1560 - Freundschaftswerbung im Internet). Im Streitfall möchte der Kläger erreichen, dass der Beklagte für seine Beförderungsleistungen keine Steuervergünstigungen in Anspruch nimmt. Für gemeinnützige Körperschaften gewährt das Gesetz Steuervergünstigungen zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG), bei der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) und bei der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG). Diese Steuervergünstigungen scheiden regelmäßig aus, wenn die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 14 AO). Nach § 64 AO verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung allerdings nur dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb sind in den §§ 65 bis 68 AO geregelt. Das Klagebegehren zielt darauf, dass der Beklagte seine Einkünfte aus der Beförderung mit Mietwagen gegenüber den Steuerbehörden erklärt, ohne dass er sich dabei auf seine Eigenschaft als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beruft. Er soll daher nach der Vorstellung des Klägers für die von ihm erbrachten Beförderungsleistungen Steuern nach den für nicht gemeinnützige Beförderungsunternehmen geltenden Steuersätzen abführen. Mit diesem sich aus dem Vortrag des Klägers ergebenden Inhalt stellen sich die von diesem gestellten Klageanträge als hinreichend bestimmt dar.
13
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil das vom Kläger beanstandete Verhalten des Beklagten weder im Hinblick auf einen von diesem begangenen Rechtsbruch noch nach der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel unlauter ist.
14
a) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren des Klägers sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung anzuwenden, in der dieses Gesetz gemäß dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Da der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, muss das beanstandete Verhalten des Beklagten allerdings auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein.
15
Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, beanstandet der Kläger das Nichtabführen von Steuern auf Rechnungen, die der Beklagte in der Zeit zwischen dem 8. Januar 2004 und dem 8. Februar 2006 ausgestellt hat. Danach reichte es für den Unterlassungsanspruch des Klägers aus, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten gegen § 4 Nr. 11 des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen geänderten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) verstieß. Diese Bestimmung ist durch die UWG-Novelle 2008 nicht geändert worden. Ihrer Anwendung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die mit der UWGNovelle 2008 in das nationale Recht umgesetzte Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die genannte Richtlinie betrifft nach ihrem Artikel 3 Absatz 1 allein den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Auf Marktverhaltensregelungen, die lediglich das Verhältnis zwischen Mitbewerbern betreffen, ist § 4 Nr. 11 UWG danach nach wie vor uneingeschränkt anwendbar (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a; ders., GRUR 2008, 841, 848).
16
Für die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch und - zu dessen Durchsetzung - ein Auskunftsanspruch zusteht, kommt es auf das zum http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UWG&p=4 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 - 8 - Zeitpunkt der im Einzelnen beanstandeten Handlungen jeweils geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 56/09, GRUR 2009, 1075 Tz. 14 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung, m.w.N.).
17
b) Nach § 65 Nr. 3 AO liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Diese Bestimmung stellt keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Es kann daher für die hier vorzunehmende wettbewerbsrechtliche Beurteilung dahinstehen, ob die fraglichen Krankenfahrten des Beklagten zur Erfüllung seiner gemeinnützigen Tätigkeit erforderlich waren und damit ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb im Sinne dieser Vorschrift vorlag.
18
aa) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGHZ 144, 255, 269 - Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. - Abgasemissionen). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.35c).
19
bb) Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen dar (OLG München GRUR 2004, 169, 170; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZR 140/03; OLG Oldenburg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 11/17; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 192; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 43; v. Walter, Rechtsbruch als unlauteres Marktverhalten, 2007, S. 200; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht, 2008, S. 206). Ihr Zweck beschränkt sich im Normalfall darauf, die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Steuerrechtliche Vorschriften regeln insoweit nicht das Marktverhalten, sondern lediglich das Verhältnis zwischen dem Hoheitsträger und dem Steuerpflichtigen (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63). Sie bezwecken grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer. Für die Beurteilung , ob ein Verstoß i.S. des § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, ist es daher unerheblich, ob sich ein Unternehmer durch das Hinterziehen von Steuern einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rdn. 11/17). Ebenso kann das Nichterheben einer Steuer bei einem Mitbewerber regelmäßig nicht als Wettbewerbsverstoß beanstandet werden (MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
20
cc) Die Frage, ob davon abweichend dem Zweck der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern Marktverhaltensregelungen darstellen, ist umstritten. Dies wird zum Teil bejaht, wenn sie - wie zum Beispiel die gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums vom 23. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1857) erhobene Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) - dem Schutz von Verbrauchern dienen (vgl. Wehlau/v. Walter, ZLR 2004, 645, 659 ff., 663; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 192; a.A. OLG Olden- burg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; v. Walter aaO S. 202; Elskamp aaO S. 206) oder - wie etwa das Tabaksteuergesetz - der Sache nach Preisvorschriften darstellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2004, 255; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39 und 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63 und 333; a.A. OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 215). Als Marktverhaltensregelungen werden in der Literatur vereinzelt auch Bestimmungen angesehen, die die gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand zum Schutz privater Mitbewerber steuerlich wie diese behandeln (vgl. - zu § 2 Abs. 3 UStG - Haslinger, WRP 2004, 58, 60; dies., WRP 2007, 1412, 1416; a.A. OLG München GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
21
dd) Die im Streitfall in Rede stehende Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO bezweckt zwar auch den Schutz der Interessen der Mitbewerber des durch die Steuererleichterung begünstigten Unternehmens. Sie ist aber gleichwohl keine Marktverhaltensregelung, weil sie nicht bezweckt, die Lauterkeit des Marktverhaltens der Steuerpflichtigen zu gewährleisten.
22
(1) Die Einbeziehung von Zweckbetrieben in die Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Subventionierung dieser Betriebe dar. Die Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO setzt dem Grenzen. Unternehmen, die zu nicht begünstigten Unternehmen in größerem Umfang als für die Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar in Wettbewerb treten, sollen von den Steuervergünstigungen ausgeschlossen sein. Diese Schranke dient nicht allein dem Allgemeininteresse an der Erhöhung des Steueraufkommens, sondern auch dem Interesse der steuerlich nicht begünstigten Konkurrenzbetriebe an einem steuerlich nicht manipulierten Wettbewerb (vgl. Bericht und Antrag des Finanzausschusses zum Entwurf einer Abgabenordnung, BT-Drucks. 7/4292, S. 21; BFHE 191, 434, 439 f.; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 65 Rdn. 9; Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 388). Sie ist Ausdruck der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts und hat drittschützenden Charakter (vgl. Wunsch, Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO als Schutznorm zugunsten nicht begünstigter Konkurrenten gemeinnütziger Körperschaften, 2002, S. 127). Mitbewerbern kann aus § 65 Nr. 3 AO daher unter Umständen ein Anspruch gegen das Finanzamt auf Besteuerung eines zu Unrecht als Zweckbetrieb behandelten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erwachsen. Dieser Anspruch kann im Wege der Konkurrentenklage durchgesetzt werden (Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 389; Klein/Gersch, Abgabenordnung , 10. Aufl., § 65 Rdn. 8 m.w.N.).
23
(2) Die Wettbewerbsbezogenheit einer Bestimmung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer Marktbezogenheit i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Eine Marktbezogenheit im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Vorschrift, gegen die der Wettbewerber bei seinem geschäftlichen Handeln verstößt , eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 171/03, GRUR 2007, 162 Tz. 11 = WRP 2007, 177 - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; Urt. v. 26.2.2009 - I ZR 222/06, GRUR 2009, 883 Tz. 11 = WRP 2009, 1092 - MacDent). Daran fehlt es etwa dann, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll (vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 1182 - Altautoverwertung).
24
(3) Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO soll verhindern, dass gemeinnützige Körperschaften auch dann Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie außerhalb ihrer gemeinnützigen Tätigkeit in Wettbewerb mit gewerblich tätigen Steu- erpflichtigen treten, die diese Steuervergünstigungen nicht bekommen. Sie befasst sich daher mit dem Zielkonflikt zwischen der grundsätzlich gebotenen Wettbewerbsneutralität der Besteuerung und der Förderung ideeller Zwecke (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung , 10. Aufl., § 65 AO Rdn. 27) und dient insoweit dem von staatlichen Subventionen unbeeinflussten freien Wettbewerb. Zur Erreichung dieses Ziels erlegt sie den von ihr betroffenen Steuerpflichtigen jedoch keine Pflichten auf, die diese bei ihrem Marktauftritt zu erfüllen haben. Insbesondere bestimmt sie nicht, dass der Beklagte seine Beförderungsleistungen nur dann erbringen darf, wenn er seine dabei erzielten Umsätze und Einkünfte unter Beachtung dieser Bestimmung zur Umsatzsteuer anmeldet sowie in den von ihm nachfolgend gegebenenfalls auch abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen als zu versteuernde Einkünfte bzw. Erträge erklärt. Die insoweit dann quartals- oder monatsweise abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die jahresweise abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen stehen zeitlich und sachlich außerhalb des für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalts. Soweit der Beklagte in ihnen in Bezug auf die Anwendung des § 65 Nr. 3 AO unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, kann er sich deshalb zwar möglicherweise einer steuerrechtlichen Konkurrentenklage (vgl. oben unter II 2 c dd (1)) sowie - vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten vorausgesetzt - einer strafrechtlichen oder bußgeldmäßigen Ahndung aussetzen (vgl. §§ 370, 378 AO). Für eine wettbewerbsrechtliche Ahndung seines Verhaltens ist demgegenüber aber kein Raum (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 54; Link in Ullmann, jurisPKUWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 73).
25
c) Das nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 b zwar möglicherweise steuerrechtlich zu beanstandende, aber nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbswidrig zu beurteilende Verhalten des Beklagten verstößt auch nicht gegen das bis zur UWG-Novelle 2008 in § 3 UWG 2004 und seither in § 3 Abs. 1 UWG 2008 geregelte generelle Verbot unlauteren Handelns im Wettbewerb. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlass des § 4 Nr. 11 UWG im Jahr 2004 zu erkennen gegeben, dass Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Rechtsnormen allein unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschrift als unlauter anzusehen sind. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass es nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts sein kann, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen (auch) lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren, sofern sie zu einem Vorsprung im Wettbewerb führen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 11 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). Aus diesem Grund können Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen, die keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind, de lege lata auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens über § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 als unlauter angesehen werden (Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 65; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 31; Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 3 Rdn. 21; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 11; Gärtner/Heil, WRP 2005, 20, 24; Scherer, WRP 2006, 401, 404 f. und 406; Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 845, 849; v. Walter aaO S. 153 ff.; Böhler, Alter und neuer Rechtsbruchtatbestand , 2009, S. 212; a.A. Sack, WRP 2004, 1307, 1315 f.; ders., WRP 2005, 531, 539 ff.; Glöckner, GRUR 2008, 960, 965 ff.; Elskamp aaO S. 223 ff.).
26
d) Soweit der Kläger gemäß den Klageanträgen 2 und 3 Schadensersatz für vom Beklagten vor dem 8. Juli 2004 durchgeführte Fahrten begehrt, beurteilt sich die Haftung des Beklagten nach den Bestimmungen des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden früheren Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG a.F.; vgl. oben unter II 2 a a.E.). Auch die insoweit daher noch anwendbare Bestimmung des § 1 UWG a.F. setzte jedoch die Verletzung einer Marktverhaltensregelung voraus und ließ es für die Bejahung der Wettbewerbswidrigkeit einer Verhaltensweise ebenfalls nicht genügen, dass sich der Handelnde durch die Verletzung einer Norm, die diese Voraussetzung nicht erfüllte, einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffte (vgl. BGHZ 144, 255, 266 ff. - Abgasemissionen ).
27
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2007 - 17 O 169/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.08.2007 - 2 U 17/07 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 250/00 Verkündet am:
25. April 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Elektroarbeiten
UWG § 1; BayGO Art. 87

a) Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 87 BayGO, die der erwerbswirtschaftlichen
Tätigkeit der Gemeinden Grenzen setzt, ist nicht zugleich
sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

b) Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen
, Wettbewerber unter Berufung darauf, daß ein Gesetz ihren
Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten, wenn das betreffende Gesetz
den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren
Wettbewerbs nicht berühren.

c) Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen.
Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des
Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden
können, geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten,
sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die
nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen
auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaßnahmen unlauter
sind.
BGB § 823 Abs. 2 Bf; BayGO Art. 87
Die Vorschrift des Art. 87 BayGO ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823
Abs. 2 BGB.
BGH, Urteil vom 25. April 2002 - I ZR 250/00 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher
und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 19. Mai 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beklagten Stadtwerke wurden am 3. September 1998 aus einem Eigenbetrieb der Landeshauptstadt M. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Alleingesellschafterin die Landeshauptstadt M. ist. Seitdem führt die Beklagte auch für private Auftraggeber Elektroarbeiten aus, darunter auch das Aufstellen und das Entfernen von Verteilerschränken und Anschluûsäulen für die "fliegenden Bauten" auf der Auer Dult und auf dem Oktoberfest.
Die Klägerin betreibt in M. das Elektrikerhandwerk. Sie hat seit Jahren im Bereich der Landeshauptstadt M. für Marktkaufleute auf den Messen, Märkten und Festveranstaltungen Elektroarbeiten ausgeführt. Nach ihrer Umwandlung in eine GmbH erreichte die Beklagte binnen kurzer Zeit, daû eine Vielzahl von Kunden der Klägerin zu ihr überwechselten.
Die Klägerin ist der Ansicht, daû die Beklagte durch die Übernahme von Aufträgen privater Unternehmen für Elektroarbeiten gegen die Vorschriften der Bayer. Gemeindeordnung verstoûe, die zur Beschränkung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden erlassen worden seien, und damit zugleich wettbewerbswidrig handele. Die Beklagte habe ihr nur deshalb so viele Kunden abwerben können, weil diese auf das Wohlwollen der Stadt angewiesen seien. Die Beklagte könne die Preise ihrer Wettbewerber nur unterbieten, weil sie nach wie vor die Unterlagen für die Ausschreibungen erstelle, auch wenn diese nunmehr vom Hochbaureferat der Landeshauptstadt M. durchgeführt würden.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, elektrische Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung, Umwandlung und Abgabe der elektrischen Energie privaten oder gewerblichen Auftraggebern anzubieten und/oder in deren Auftrag herzustellen, insbesondere Stromanschlüsse und sonstige Einrichtungen auf Messen , Dulten und gleichartigen Veranstaltungen mit fliegenden Bauten für private oder gewerbliche Auftraggeber zu installieren sowie Arbeiten zu deren Instandhaltung, Reparatur, Auswechslung oder Neuerrichtung privaten oder gewerblichen Auftraggebern anzubieten und/oder in deren Auftrag auszuführen sowie für derartige handwerkliche Dienstleistungen zu werben. Die Beklagte hat einen Verstoû gegen die Vorschriften der Bayer. Gemeindeordnung ebenso in Abrede gestellt wie einen Miûbrauch amtlicher Autorität oder eine wettbewerbswidrige Ausnutzung amtlicher Beziehungen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG München I GewArch 1999, 413).
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG München GewArch 2000, 279 = OLGR München 2000, 221).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründet sei. Die Beklagte handele wettbewerbswidrig, wenn sie die Grenzen, die Art. 87 Abs. 1 BayGO der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden ziehe, überschreite und für private Auftraggeber die in dem Antrag genannten Elektroarbeiten ausführe. Auch nach ihrer Privatisierung unterliege die Beklagte als gemeindliches Unternehmen im Alleinbesitz der Landeshauptstadt M. den Schranken des Art. 87 BayGO.
Die beanstandeten Elektroarbeiten dienten nicht der Daseinsvorsorge zur Versorgung der Bevölkerung mit Strom, sondern seien Handwerksleistungen für private Auftraggeber, die ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt werden könnten.
Die Vorschrift des Art. 87 BayGO sei zwar kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Bei einem planmäûigen, auf Dauer ausgerichteten Handeln, wie es hier gegeben sei, stehe dem Verletzten aber ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu. Dies ergebe sich aus dem Zweck des Art. 87 BayGO, wie er aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift hervorgehe.
Aus anderen Gründen sei der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch dagegen nicht gegeben:
Ob die Beklagte bei ihrer Tätigkeit amtliche Informationen ausnutze, die sie dadurch erlangt habe, daû sie vor ihrer Umwandlung in eine GmbH die städtischen Ausschreibungen durchgeführt habe, könne ohne nähere Aufklärung nicht festgestellt werden. Diese Möglichkeit sei ohnehin allenfalls vorübergehend gegeben. Auch ein wettbewerbswidriger Miûbrauch amtlicher Autorität könne nicht allein damit begründet werden, daû jeder, der auf das Wohlwollen der Landeshauptstadt M. angewiesen oder um dieses bemüht sei, die Beklagte gegenüber anderen Handwerksbetrieben bevorzugen werde, weil sie im Alleinbesitz der Stadt sei. Andernfalls wäre jedes Gemeindeunternehmen in einer Rechtsform des Privatrechts von vornherein aus wettbewerbsrechtlichen Gründen am Tätigwerden gehindert.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben Erfolg.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt die Beklagte auch dann nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie selbst oder die Landeshauptstadt M. bei der Übernahme von Aufträgen privater Unternehmen gegen die Schranken verstoûen sollten, die sich aus Art. 87 BayGO für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit von Gemeinden ergeben.
Ein Verstoû einer Gemeinde gegen die Vorschrift des Art. 87 BayGO ist nicht zugleich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Daran ändert auch der Umstand nichts, daû eine Gemeinde nicht als Wettbewerberin auf dem Markt auftreten darf, soweit ihr eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nach Art. 87 BayGO untersagt ist. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen einer Verletzung des Art. 87 BayGO scheidet daher auch dann
aus, wenn die beanstandete Tätigkeit der Beklagten mit dieser Vorschrift nicht vereinbar sein sollte, ohne daû es noch auf die Frage ankäme, ob die Beklagte als privatrechtliches Unternehmen im Alleinbesitz der Landeshauptstadt M. selbst den Beschränkungen des Art. 87 BayGO unterliegt oder ihre Störerhaftung in Betracht käme.

a) Zweck des § 1 UWG ist es, dem unmittelbar betroffenen Wettbewerber einen Anspruch zu geben, damit dieser selbst gegen unlautere Mittel und Methoden des Wettbewerbs vorgehen kann und damit zugleich in die Lage versetzt wird, sich gegen Schädigungen zur Wehr zu setzen, die er durch Wettbewerbsverzerrungen infolge unlauteren Wettbewerbs erleidet oder befürchten muû. Die Anspruchsnorm ist so die Grundlage für einen deliktsrechtlichen Individualschutz (BGHZ 144, 255, 264 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 284/00, GRUR 2002, 360, 362 = WRP 2002, 434 - "H.I.V. POSITIVE" II, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen ). Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 1 UWG, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen , ist der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 144, 255, 265 - Abgasemissionen; 147, 296, 303 - Gewinn -Zertifikat; BGH GRUR 2002, 360, 362 - "H.I.V. POSITIVE" II, m.w.N.).
Gemäû seiner beschränkten Zielsetzung ist § 1 UWG auch dann, wenn ein beanstandetes Verhalten gegen ein Gesetz verstöût, nur anwendbar, wenn von diesem Gesetzesverstoû zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht. Es genügt nicht, daû bei einer Wettbewerbshandlung ein Gesetzesverstoû lediglich mitverwirklicht wird. Der Gesetzesver-
stoû muû die Handlung vielmehr in der Weise prägen, daû diese gerade auch als Wettbewerbsverhalten sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist (vgl. BGH GRUR 2001, 354, 356 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner).

b) Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Verstöûen gegen Vorschriften , die den Zutritt zum Markt regeln, gilt nichts anderes. Ein Anspruch aus § 1 UWG ist nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müûte. Als Grundlage deliktsrechtlicher Ansprüche von Wettbewerbern bezweckt § 1 UWG nur den Schutz vor unlauterem Wettbewerb. Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen, Wettbewerber unter Berufung darauf, daû ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten , wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts, zu dessen Zielen der Schutz der Freiheit des Wettbewerbs gehört, ist vielmehr jede Belebung des Wettbewerbs, wie sie unter Umständen auch vom Marktzutritt der öffentlichen Hand ausgehen kann, grundsätzlich erwünscht (vgl. dazu auch BVerwG NJW 1995, 2938, 2939; Köhler, WRP 1999, 1205, 1209 und GRUR 2001, 777, 780). Auch bei einem Verstoû gegen Vorschriften über den Marktzutritt muû daher anhand einer - am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden - Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob es durch den Gesetzesverstoû das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoû kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG - eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene , Schutzfunktion hat (vgl. BGHZ 144, 255, 267 - Abgasemissionen). Ei-
ne solche Schutzfunktion besitzen z.B. Vorschriften, die als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten - etwa ärztlicher Behandlungen - im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit den Nachweis besonderer fachlicher Fähigkeiten fordern (vgl. dazu auch Köhler, GRUR 2001, 777, 781). Eine Schutzfunktion dieser Art fehlt jedoch Art. 87 BayGO.

c) Wie in der Gesetzesbegründung zu Art. 87 BayGO (Begründung zu § 1 Nr. 9 des Gesetzentwurfs zur Änderung des kommunalen Wirtschaftsrechts und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften, LT-Drucks. 13/10828 S. 19), auf die sich das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung des Normzwecks dieser Vorschrift gestützt hat, näher dargelegt ist, hat Art. 87 BayGO den Zweck, die Kommunen vor den Gefahren überdehnter unternehmerischer Tätigkeit zu schützen und zugleich einer "ungezügelten Erwerbstätigkeit der öffentlichen Hand zu Lasten der Privatwirtschaft" vorzubeugen (vgl. dazu auch BayVGH BayVBl. 1976, 628, 629; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayer. Gemeindeordnung, Art. 87 Rdn. 3). Zweck der Schranken für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden ist danach nicht die Kontrolle der Lauterkeit des Marktverhaltens , sondern die Einfluûnahme auf das unternehmerische Verhalten der Gemeinden und gegebenenfalls der Schutz der Privatwirtschaft vor einem Wettbewerb durch die öffentliche Hand.
Erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten, die einer Gemeinde nach Art. 87 BayGO untersagt sein können, sind als solche nicht unlauter, und zwar auch dann nicht, wenn sie von einer Gemeinde ausgeübt werden. Derartige wirtschaftliche Tätigkeiten sind vielmehr innerhalb der Grenzen des Art. 87 BayGO grundsätzlich auch den Gemeinden erlaubt. Als Wettbewerbsverhalten ist die betreffende Tätigkeit dementsprechend auch bei Berücksichtigung des Zwecks
des Art. 87 BayGO nicht schon dann unlauter, wenn die Gemeinde dabei die ihrer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit gezogenen Schranken nicht einhält (vgl. dazu auch Tomerius, LKV 2000, 41, 46 f.; a.A. Gröning, WRP 2002, 17, 26). Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zwar gerade auch aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben - etwa wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1998 - I ZR 173/96, GRUR 1999, 594, 597 = WRP 1999, 650 - Holsteiner Pferd), die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung miûbraucht wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, Umdruck S. 8 - Elternbriefe) oder der Bestand des Wettbewerbs auf dem einschlägigen Markt gefährdet wird (vgl. BGHZ 82, 375, 395 ff. - Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 160 ff. - Abrechnungs-Software für Zahnärzte; BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 f. = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 62/89, GRUR 1991, 53, 55 f. = WRP 1991, 102 - Kreishandwerkerschaft I). Auf derartige Umstände stellt Art. 87 BayGO aber nicht ab.

d) An der Beurteilung, daû eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit einer Gemeinde nicht deshalb sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist, weil sie gegen Art. 87 BayGO verstöût, ändert auch der Umstand nichts, daû es - wie dargelegt - zu den Zwecken des Art. 87 BayGO gehört, die Privatwirtschaft vor dem Marktzutritt von Gemeinden zu schützen, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, ob Art. 87 BayGO ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.
2 BGB ist (vgl. dazu unter II. 2.). Soweit es zu den Zielen des Art. 87 BayGO gehört, die Privatwirtschaft vor einem Wettbewerb durch Gemeinden zu schützen , geht es nicht um die Lauterkeit des Wettbewerbs, sondern allenfalls um die Erhaltung einer Marktstruktur, die von privaten Unternehmen geprägt ist. Es ist jedoch nicht Sinn des § 1 UWG, Wettbewerbern kommunaler Unternehmen, Ansprüche zur Verwirklichung dieses Schutzzwecks des Art. 87 BayGO zu gewähren , die nach öffentlichem Recht etwa gegebene Ansprüche (vgl. dazu BVerwG NJW 1995, 2938, 2939; Tettinger, NJW 1998, 3473, 3474; Frenz, DÖV 2000, 802, 808) ergänzen könnten oder nach öffentlichem Recht bestehende Schutzlücken ausfüllen (vgl. dazu auch Henneke, NdsVBl. 1999, 1, 6 ff.; Pagenkopf, GewArch 2000, 177, 184 f.; Köhler, GRUR 2001, 777, 781; a.A. Cosson, DVBl. 1999, 891, 896; Otting, DÖV 1999, 549, 552 ff.; David, NVwZ 2000, 738 ff.). Die Vorschrift des § 1 UWG bezweckt nicht den Erhalt bestimmter Marktstrukturen. Auch in den Fällen, in denen aus ihr Ansprüche zum Schutz des Bestandes des Wettbewerbs auf einem bestimmten Markt hergeleitet werden können (vgl. BGHZ 82, 375, 395 ff. - Brillen-Selbstabgabestellen; 123, 157, 160 f. - Abrechnungs-Software für Zahnärzte), geht es nicht darum, bestimmte Marktstrukturen zu erhalten, sondern darum, wettbewerbliche Verhaltensweisen zu unterbinden, die nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Marktstruktur gerade auch als Wettbewerbsmaûnahmen unlauter sind.

e) Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoû einer Gemeinde gegen Art. 87 BayGO ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig macht, ist es auch, ob dieser Verstoû vorsätzlich oder planmäûig begangen wird und ob das Vorgehen der Gemeinde bereits durch ihre Aufsichtsbehörden beanstandet worden ist. Da der Gesetzesverstoû
die wettbewerbsrechtliche Lauterkeit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit als solche nicht berührt, kann es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung auch nicht darauf ankommen, ob der Verstoû bewuût und gegebenenfalls hartnäckig begangen wird. Soweit der Entscheidung des Senats "Blockeis II" (Urt. v. 12.2.1965 - Ib ZR 42/63, GRUR 1965, 373, 374 = WRP 1965, 139; vgl. dazu auch - für diese Entscheidung allerdings nicht tragend - BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 734 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf) etwas anderes entnommen werden kann, wird daran nicht festgehalten.

f) Das Ergebnis, daû ein Verstoû gegen Art. 87 BayGO für sich genommen keinen Anspruch aus § 1 UWG begründet, trägt dem Umstand Rechnung, daû dem Recht gegen unlauteren Wettbewerb bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung des Marktzutritts der öffentlichen Hand nur eine auf die Schutzfunktion seiner Anspruchsnormen begrenzte Kontrollfunktion zukommt. Bereits in seiner Entscheidung "Schilderverkauf" (BGH GRUR 1974, 733, 734; vgl. weiter BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 41/93, GRUR 1996, 213, 216 = WRP 1995, 475 - Sterbegeldversicherung, m.w.N.) hat der Senat - zu niedersächsischen Vorschriften zur Beschränkung der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit kommunaler Gebietskörperschaften - dargelegt, daû sich die wettbewerbsrechtliche Beurteilung nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen kann. Davon ist - wie in der Entscheidung weiter ausgeführt ist - die allgemeinpolitische und wirtschaftspolitische Frage zu unterscheiden, ob sich die öffentliche Hand überhaupt erwerbswirtschaftlich betätigen darf und welche Grenzen ihr insoweit gesetzt sind oder gesetzt werden sollen. Die Lösung dieser Frage ist Aufgabe der Gesetzgebung und Verwaltung sowie der parlamentarischen Kontrolle und für die Gemeinden und Landkreise gegebenenfalls der Kommunalaufsicht, nicht aber der ordentlichen
Gerichte bei der ihnen zustehenden Beurteilung von Wettbewerbshandlungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dies gilt auch dann, wenn besondere Vorschriften zur Einschränkung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand erlassen worden sind. Denn auch diese regeln nur den Zugang zum Wettbewerb und sagen nichts darüber aus, wie er auszuüben ist (vgl. dazu weiter BGH, GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, GRUR 1991, 53, 56 - Kreishandwerkerschaft I; BGH, Urt. v. 1.12.1994 - I ZR 128/92, GRUR 1995, 127, 128 = WRP 1995, 304 - Schornsteinaufsätze; BGH GRUR 1996, 213, 216 - Sterbegeldversicherung ; vgl. auch Piper, GRUR 1986, 574, 578; Pagenkopf, GewArch 2000, 177, 184 f.).
Aus der Entscheidung "Sterbegeldversicherung" (BGH GRUR 1996, 213, 216) ergibt sich nichts anderes. Diese betraf einen Fall, in dem der Marktzutritt einer öffentlich-rechtlichen Krankenkasse gegen ein Gesetz verstieû , das im Interesse der privaten Versicherungen ein ganz bestimmtes Handeln auf dem Markt (den Abschluû von Sterbegeldversicherungsverträgen) untersagte und ein Zuwiderhandeln nach seinem Normzweck zugleich als unlauteres Wettbewerbsverhalten kennzeichnete.
2. Der Klageantrag ist auch nicht als quasinegatorischer Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 1004 BGB analog i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1996 - V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16, 17) begründet, da Art. 87 BayGO, gegen den die Beklagte nach Ansicht der Klägerin verstöût, kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (ebenso Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayer. Kommunalgesetze, 4. Aufl., Art. 87 GO Rdn. 7; Hölzl/Hien, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschafts-
ordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, 1999, Art. 87 GO Anm. 4; Köhler, WRP 1999, 1205, 1208; vgl. auch Widtmann/Grasser/Glaser aaO Art. 87 GO Rdn. 3; Tomerius, LKV 2000, 41, 46 m.w.N.; vgl. weiter BGH, Urt. v. 26.5.1961 - I ZR 177/60, GRUR 1962, 159, 162 - Blockeis I).
Eine Vorschrift ist nicht schon dann ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach ihrem Inhalt und Zweck die Belange eines anderen fördert. Erforderlich ist vielmehr, daû sie in der Weise einem gezielten Individualschutz gegen eine näher bestimmte Art der Schädigung dienen soll, daû an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des Verletzers geknüpft wird (vgl. BGHZ 66, 388, 390; 84, 312, 314; 100, 13, 14; 122, 1, 3). Bei Art. 87 BayGO läût sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der für sie im Gesetzgebungsverfahren gegebenen Begründung (vgl. dazu vorstehend unter II. 1. c)) ein Anhaltspunkt für einen solchen Schutzzweck entnehmen. Die Vorschrift beschränkt zwar die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden auch deshalb, weil sich diese zu Lasten der Privatwirtschaft auswirken kann. Sie hat aber nicht den Zweck, die einzelnen Unternehmen dadurch vor einem Wettbewerb durch gemeindliche Unternehmen zu schützen, daû ein Verstoû Individualansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung begründen kann.
3. Der sehr weit gefaûte Klageantrag kann auch nicht darauf gestützt werden, daû die beanstandete Tätigkeit der Beklagten aus anderen Gründen wettbewerbsrechtlich unlauter sei.
Es ist weder mit konkretem Tatsachenvorbringen dargetan noch sonst ersichtlich, daû die angegriffene erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten stets oder auch nur im Regelfall mit einer miûbräuchlichen Ausnutzung ihrer Stellung als Unternehmen der Landeshauptstadt M. verbunden ist. Eine so weitgehende Annahme ist auch nicht insoweit gerechtfertigt, als es um Aufträge von Kunden geht, die an Messen, Dulten und ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen wollen und dazu Genehmigungen der Stadt benötigen.
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Beklagte bei ihrer Tätigkeit gegenwärtig amtlich erlangte Informationen ausnutze, offengelassen und dargelegt , daû dies jedenfalls zukünftig nicht der Fall sein werde. Die Revisionserwiderung hat demgegenüber nicht auf hinreichend substantiierten Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen Bezug nehmen können.
Sollte die Beklagte im Einzelfall ihre Stellung als Unternehmen der Landeshauptstadt M. in wettbewerbswidriger Weise ausnutzen, könnte die Klägerin dagegen mit entsprechend konkret gefaûten wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen vorgehen.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben. Auf ihre Berufung war das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 38/02 Verkündet am:
4. November 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Strom und Telefon II
Beeinträchtigt ein marktbeherrschendes Unternehmen unter mißbräuchlicher
Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung die Wettbewerbsmöglichkeiten
anderer Unternehmen auf einem von ihm nicht beherrschten Drittmarkt,
steht ein Unterlassungsanspruch auch demjenigen Unternehmen zu, das seinerseits
den Drittmarkt beherrscht.
BGH, Urt. v. 4. November 2003 – KZR 38/02 – OLG Düsseldorf
LG Dortmund
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 30. September 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm
, Dr. Raum und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist die Deutsche Telekom AG. Die Beklagte zu 1 ist die Stadtwerke S. GmbH, die die Stadt S. mit Gas und Wasser sowie über eine Tochtergesellschaft mit Strom versorgt; 75,34 % ihrer Geschäftsanteile werden von der Stadt S. gehalten. Die Beklagte zu 1 ist Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten zu 2, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringt.
Ende 1999/Anfang 2000 boten die Beklagten unter der Bezeichnung "R. power" Verträge mit einer Laufzeit von 12 Monaten über "Pakete" an, die
den Bezug von Strom (sowie gegebenenfalls auch Gas und/oder Wasser) bei der Beklagten zu 1 und den Bezug von Telekommunikationsdienstleistungen bei der Beklagten zu 2 umfaßten und für den gleichzeitigen Bezug dieser Leistungen eine jährliche Rückvergütung zwischen 120,- und 300,- DM vorsahen. Im Internet warb die Beklagte zu 1 hierfür wie folgt:
"R. power XS Strom + Telefonie Sie beziehen Strom von uns und sind zugleich Kunde der R. Net (oder möchten Kunde der R. Net werden) – dann bieten wir Ihnen eine weitere Ersparnis von 10,00 DM im Monat an. Reduzieren Sie Ihre Rechnung um 120,00 DM im Jahr. Wer kann dazu noch nein sagen?" "R. power M Strom + Wasser + Telefonie Sie beziehen Strom und Wasser von den Stadtwerken und telefonieren bereits günstig über die R. Net – dann haben Sie die Möglichkeit , 15,00 DM im Monat, das heißt 180,00 DM im Jahr, einzusparen." "R. power XL Strom + Gas + Telefonie Sie beziehen Strom und Gas von den Stadtwerken und telefonieren günstig über die R. Net – dann ermöglicht Ihnen R. power XL 20,00 DM im Monat einzusparen. Im Jahr zahlen Sie somit 240,00 DM weniger." "R. power XXL Strom + Gas + Wasser + Telefonie Sie beziehen Strom, Gas und Wasser von den Stadtwerken und sind zugleich Kunde der R. Net – dann können Sie die höchste R. power-Sparrate nutzen. Sie sparen Monat für Monat 25,00 DM. In einem Jahr summiert sich Ihre Ersparnis auf 300,00 DM. Unglaublich aber wahr – gibt es hierbei noch einen Grund zu zögern?" Die Klägerin sieht in den Angeboten der Beklagten und der Werbung hierfür den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1 und ein wettbewerbswidriges Verhalten unter dem Gesichtspunkt einer grund-
gesetzwidrigen "Rückverstaatlichung" des Telefonmarktes, einer kommunalrechtlich unzulässigen erwerbswirtschaftlichen Betätigung an den Beklagten unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gebietskörperschaften und eines unlauteren Kopplungsangebots.
Die Klage, mit der den Beklagten untersagt werden soll, für den Abschluß von Stromlieferungsverträgen zu werben, bei denen der Bezug von Strom preisvergünstigt angeboten wird, wenn der Kunde seinen Telefonanschluß bei der Beklagten zu 2 anmeldet oder angemeldet hat, insbesondere wie vorstehend wiedergegeben mit den Tarifen "R. power XS, M, XL und XXL" zu werben und/oder so angekündigte Preisvergünstigungen tatsächlich zu gewähren, ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.
Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


A. Die Revision ist insgesamt zulässig.
Der Umstand, daß das Berufungsgericht die Revisionszulassung mit der grundsätzlichen Bedeutung begründet hat, die der Rechtssache im Hinblick auf die im Rahmen der kartellrechtlichen Ansprüche vorzunehmende Abwägung
zukomme, beschränkt die Nachprüfbarkeit des Berufungsurteils nicht. Denn die Revisionszulassung kann nicht auf eine bestimmte Rechtsfrage beschränkt werden (BGHZ 101, 276, 278); eine entsprechende Auslegung der nach dem Wortlaut des Tenors unbeschränkten Zulassung kommt daher nicht in Betracht. Da die Begründung des Klageanspruchs mit dem Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung jedenfalls im Berufungsverfahren auch nur eine der gleichwertigen rechtlichen Rechtfertigungen des Klageanspruchs und des einheitlichen Klageantrags darstellt, kann in der Begründung der Zulassungsentscheidung auch nicht die Zulassung der Revision nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands gesehen werden.
B. In der Sache bleibt die Revision ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten als unbegründet angesehen.
I. 1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1 aus § 33 i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB verneint. Zugunsten der Klägerin könne unterstellt werden, daß das Netzgebiet der Beklagten zu 1 noch einen abgrenzbaren räumlich relevanten Strommarkt darstelle und die Beklagte zu 1 dort nach wie vor marktbeherrschend sei. Der Vorwurf, das angegriffene Angebot stelle eine mißbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1 auf dem Strommarkt dar, weil die Gefahr bestehe, daß die Beklagte zu 1 ihre fast monopolartige Stellung auf dem regionalen Strommarkt dauerhaft verfestige, sei jedoch kein Aspekt, aus dem die nicht auf dem Strommarkt tätige Klägerin Ansprüche herleiten könne. Der kartellrechtliche Schutz, der gegen das mißbräuchliche Verhalten eines Marktbeherrschers auch auf Drittmärkten bestehen könne, scheitere an der vorzunehmenden In-
teressenabwägung. Was die Klägerin als drohende "Überführung" von mindestens 96 % der Stromkunden, über die die Beklagte zu 1 aufgrund ihres früheren Monopols verfüge, auf die Beklagte zu 2 bezeichnet, drohe aktuell bei weitem nicht. Auch wenn unterstellt werde, daß die Beklagte zu 2 die Leistungsfähigkeit der Beklagten zu 1 ausnutze, um Kunden auf sich zu überführen , könne eine dadurch bedingte erhebliche Behinderung der Klägerin auf dem Telekommunikationsmarkt nicht festgestellt werden. Selbst wenn das Angebot der Beklagten wirklich so günstig wäre, daß es für kleinere und mittlere Haushalte ganz erheblich zu Buche schlüge und deshalb die Verbraucher dazu "verführt" würden, es anzunehmen, sei all dies jetzt für den von der Klägerin beherrschten Markt nicht erheblich und eine solche der Klägerin deutlich nachteilige Entwicklung nicht greifbar abzusehen.
2. Die Revision rügt, der Interessenabwägung des Berufungsgerichts liege die rechtsirrige Vorstellung zugrunde, die Klägerin sei auf dem nach Auffassung des Berufungsgerichts von ihr dominierten Drittmarkt wegen dieser Stellung nicht schutzwürdig. § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 GWB verbiete die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung schlechthin , ohne nach der Marktstellung der hiervon betroffenen Unternehmen zu unterscheiden. Wenn das Berufungsgericht die Abwerbung von Kunden auf die monopolähnliche Stellung der Beklagten zu 1 zurückführe und diese mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse auf dem Telekommunikationsmarkt lediglich für hinnehmbar erkläre, räume das Berufungsgericht ein, daß die Kunden der Klägerin mit leistungsfremden Mitteln abgeworben würden. Die Schlußfolgerung, die festgestellten bedeutenden finanziellen Vorteile für kleine und mittlere Haushalte seien für den Telekommunikationsmarkt nicht erheblich, sei unhaltbar , weil gerade wegen dieser Vorteile mit einer erheblichen Kundenabwande-
rung zu rechnen sei. Das Berufungsgericht lasse zudem außer Acht, daß es bei dem Kombinationsangebot nicht um die Weitergabe von Kostenvorteilen gehe, wie sie etwa aufgrund von Synergieeffekten bei auf demselben Markt tätigen Unternehmen möglich seien. Solche Synergieeffekte lägen zwischen den beiden Beklagten nicht vor, weil die Beklagte zu 1 auf dem Strommarkt und die Beklagte zu 2 auf dem Telekommunikationsmarkt tätig sei. Durch das Kopplungsangebot würden die öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge (Stromversorgung) und ihre hierdurch erlangte Stellung mit der rein privatwirtschaftlichen Tätigkeit eines Beteiligungsunternehmens (Telefondienstleistungen) verquickt. Diese Verquickung bestehe konkret darin, daß die Angebote der beiden Beklagten mit dem Motiv und der Zielsetzung verknüpft würden, das überkommene, gerade nicht im Wettbewerb errungene Monopol der Beklagten zu 1 auf dem Strommarkt auf den Telekommunikationsmarkt zu übertragen, zumindest aber als (noch) strukturbedingten wettbewerbsfremden Vorteil vor anderen Anbietern zu nutzen. Weiterhin setzten die Beklagten die strukturbedingte Abhängigkeit der Stromverbraucher von der Beklagten zu 1 ein, um mittels eines preisverschleiernden Anlockeffektes neue Abhängigkeiten auf einem anderen Markt zu schaffen. Denn naturgemäß gehe von dem Angebot eines kommunalen Unternehmens, das seit jeher als ein Monopolist im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sei, eine "Sogwirkung" auf die Verbraucher aus. Diese gründe sich aber nicht auf Leistung, sondern – mangels bestehender Alternativen in dem Bereich der Daseinsvorsorge – auf die Gewohnheit der Verbraucher, von diesem Unternehmen "versorgt" zu werden. Andererseits gebe es eine Zwangssituation des Kunden, der nach einem Wechsel zu dem gekoppelten Angebot hieran auch dann festgehalten werde, wenn das Telekommunikationsangebot anderer Unternehmen wie auch der
Klägerin dem Telekommunikationsbestandteil des Kopplungsangebotes überlegen sei.
3. Die Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.

a) Der Klägerin stünde ein Unterlassungsanspruch nach § 33 i.V.m. § 19 Abs. 1 GWB zu, wenn die Beklagte zu 1 auf dem sachlich und räumlich relevanten Strommarkt marktbeherrschend wäre und unter mißbräuchlicher Ausnutzung dieser marktbeherrschenden Stellung die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen auf dem – von ihr nicht beherrschten – Telekommunikationsmarkt in für den Wettbewerb erheblicher Weise beeinträchtigte.
Denn die Beeinträchtigung muß nicht auf dem beherrschten Markt, sondern kann auch auf einem Drittmarkt eintreten, sofern nur der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem mißbilligten Verhalten oder seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung gegeben ist (KG WuW/E OLG 3124, 3129; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 880, 883; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 19 Rdn. 114; Schulz in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 19 GWB Rdn. 133). Das entspricht der weiten Fassung der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB, mit der mißbräuchliches Verhalten auch auf nicht beherrschten Märkten erfaßt werden sollte (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des GWB, BT-Drucks. IV/2564, S. 15) und durch die demgemäß auch die Konkurrenten des Marktbeherrschers auf dem Drittmarkt geschützt werden (Bornkamm in Langen/Bunte aaO § 33 GWB Rdn. 23; a.A. aufgrund zu enger Definition des Schutzzwecks Knöpfle/Leo in Gemeinschaftskommentar, 5. Aufl., § 19 GWB Rdn. 1645). Ob demgegenüber für die Anwendung des § 20 Abs. 1 GWB daran
festzuhalten ist, daß das behinderte Unternehmen auch auf dem beherrschten Markt tätig sein muß, wie dies der Senat zu § 26 Abs. 2 GWB a.F. angenommen hat (Urt. v. 23.2.1988 – KZR 17/86, WuW/E 2483 – Sonderungsverfahren ), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

b) Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, daß die Beklagte zu 1 auf dem – regional abzugrenzenden – Strommarkt marktbeherrschend ist. Dagegen ist, wie der Senat in seinem gleichzeitig verkündeten Urteil in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen einen anderen Energieversorger (KZR 16/02 – Strom und Telefon I, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) näher ausgeführt hat, aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

c) Es fehlt jedoch an einem Mißbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung; insbesondere werden die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht in einer für den Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt (§ 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB).
Die Erwägungen, die das Berufungsgericht hierzu angestellt hat, könnten allerdings dahin verstanden werden, als halte es nicht die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten der auf dem Telekommunikationsmarkt tätigen Unternehmen, sondern speziell der – ihrerseits diesen Markt beherrschenden – Klägerin für maßgeblich. Ein solches Verständnis wäre nicht zutreffend. Denn für die Beantwortung der Frage, ob der Wettbewerb im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB beeinträchtigt wird, kommt es nicht auf die individuelle Wettbewerbssituation desjenigen Marktteilnehmers an, der den Anspruch geltend macht. Sie ist nur insofern von Bedeutung, als sie die allgemeinen Wettbe-
werbsmöglichkeiten auf dem betreffenden Markt beeinflußt. Ist danach eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten zu bejahen, steht der sich daraus ergebende Unterlassungsanspruch auch demjenigen Wettbewerber zu, der seinerseits den betreffenden Markt beherrscht.
Dieser – mögliche – Rechtsfehler wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus. Aus den von der Revision nicht beanstandeten tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sich weder eine Zwangskopplung noch die Kopplung einer begehrten mit einer weniger begehrten Leistung noch andere Gesichtspunkte, die das Kombinationsangebot der Beklagten als eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten auf dem Telekommunikationsmarkt erscheinen lassen könnten.
Die Rüge der Revision, es handele sich um einen leistungsfremden Eingriff in das Marktgeschehen, bei dem Aufgaben der Daseinsvorsorge mit rein privatwirtschaftlicher Tätigkeit verquickt und die strukturbedingte Abhängigkeit der Stromverbraucher von der Beklagten zu 1 ausgenutzt werde, ist nicht begründet. Die hierbei zugrundegelegte Charakterisierung einerseits der Stromversorgung als Daseinsvorsorge und andererseits von Telefondienstleistungen als privatwirtschaftliche Tätigkeit ist unzutreffend. Die Beklagten handeln als private Anbieter, gleichviel ob sie die Versorgung mit elektrischer Energie oder die Erbringung von Telefondienstleistungen anbieten. Wenn sie im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2 Stromkunden für den Bezug von Telekommunikationsdienstleistungen gewinnen will, stehen der Beklagten zu 1 daher keine dem Leistungswettbewerb fremden Mittel zur Verfügung, die sich daraus ergäben, daß sie als Stromversorger Verantwortung für die Daseinsvor-
sorge träfe. Aus dem Umstand, daß die Kunden der Beklagten zu 1 bislang nur in geringem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, zu einem anderen Stromanbieter zu wechseln, kann nicht geschlossen werden, die betreffenden Kunden könnten sich deswegen veranlaßt oder gar gedrängt fühlen, auch Telekommunikationsdienstleistungen von der Beklagten zu 1 bzw. einem mit ihr zusammenarbeitenden Unternehmen zu beziehen. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht jedenfalls nicht getroffen. Sie liegen nach der Lebenserfahrung auch fern, weshalb die (nur) hierauf gestützten Rügen der Revision ohne Erfolg bleiben müssen. Die Nutzung des Kopplungsangebots der Beklagten setzt voraus, daß der Stromkunde die Entscheidung trifft, zum einen wenn nicht den Stromanbieter, so doch den Stromtarif und zum anderen den Telefondienstanbieter zu wechseln. Sie verlangt insofern, daß sich der Verbraucher gerade von der vermeintlich selbstverständlichen überkommenen Vorstellung löst, daß er den Strom zu einem von ihm nicht beeinflußbaren Preis von seinem örtlichen Versorger und Telefondienstleistungen zu gleichfalls nicht beeinflußbaren Preisen von der Klägerin bezieht.
Aus den gleichen Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht nichts für eine "Sogwirkung" festgestellt hat, die örtliche Verbraucher dazu veranlassen könnte, Telekommunikationsdienstleistungen von der Beklagten zu 1 zu beziehen, weil sie, wie die Revision meint, es gewohnt wären, von diesem Unternehmen "versorgt" zu werden.
Da sich, wie nachfolgend ausgeführt, das angegriffene Kopplungsangebot auch nicht als unlauterer Wettbewerb darstellt, genügt zu seiner Rechtfertigung , daß die Beklagte zu 1 ihren Kunden damit ein preislich attraktives Angebot für den Fall unterbreiten will, daß sie auf dieser Grundlage sowohl Strom
als auch Telekommunikationsdienstleistungen beziehen. Das ist auch dem Marktbeherrscher nicht verwehrt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbe- herrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 107, 273, 279 – Staatslotterie; 128, 17, 36 – Gasdurchleitung; 129, 53, 64 – Importarzneimittel). Es begründet deshalb für sich genommen auch keine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung , wenn, wie das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin unterstellt hat, der ihnen angebotene erhebliche Preisvorteil Verbraucher zur Annahme des Angebots "verführt". Das ist vielmehr der Sinn des Preiswettbewerbs, dessen sich auch der Marktbeherrscher solange bedienen darf, wie nicht die Preisbildung selbst zu beanstanden ist (s. etwa BGHZ 152, 361 – Wal*Mart – zum Verkauf unter Einstandspreis).
Der Einsatz von Mitteln, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes zuwiderlaufen, setzt zwar in dem hier vorliegenden Fall der Erstreckung der wirtschaftlichen Betätigung eines marktbeherrschenden Unternehmens auf einen Drittmarkt nicht notwendigerweise voraus , daß das wettbewerbliche Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens als solches zu beanstanden ist. Vielmehr kann sich der Widerspruch zur Zielsetzung des Gesetzes gegebenenfalls auch aus den Auswirkungen des wettbewerblichen Handelns des Marktbeherrschers ergeben, wenn nämlich hierdurch auf dem Drittmarkt Marktzutrittsschranken für Wettbewerber errichtet
werden. Hierfür ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nichts hinreichendes.
Das Berufungsgericht hat daher zu Recht angenommen, daß die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund in einer für den Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt erheblichen Weise beeinträchtigt werden.
II. Das Berufungsgericht hat zutreffend auch einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 1 UWG verneint.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich entgegen der Meinung der Klägerin nicht aus einer nach § 107 GO NW unzulässigen erwerbswirtschaftlichen Betätigung der an den Beklagten beteiligten Körperschaften. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Anspruch aus § 1 UWG nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müßte. Auch bei der Verletzung von Vorschriften über den Marktzutritt muß anhand einer am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob dieses durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß genügt dazu allein nicht, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat (BGHZ 150, 343, 348 – Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 – I ZR 293/99, WRP 2003, 262, 264 – Altautoverwertung). Eine solche Schutzfunktion kommt, wie die Re-
vision auch nicht mehr in Zweifel zieht, der Vorschrift des § 107 GO NW nicht zu (BGH WRP 2003, 262, 264 – Altautoverwertung).
2. Entsprechendes gilt für eine Zuwiderhandlung gegen ein "Rückverstaatlichungsverbot" , das die Klägerin Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG entnehmen will. Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen durch diese Vorschrift des Grundgesetzes materiell privatisiert und der Aufgabenwahrnehmung durch solche Unternehmen entzogen werden sollte, die ausschließlich oder mehrheitlich in staatlicher oder kommunaler Hand sind (so Elftes Hauptgutachten der Monopolkommission, BT-Drucks. 13/5309, Tz. 60; Bullinger/Mestmäcker, Multimedia-Dienste, S. 82 f.; Müller, DVBl. 1998, 1256, 1258 ff.; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht , 12. Aufl., S. 273; wohl auch Stern/Bauer in Stern, Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, Art. 87f GG Rdn. 15; einschränkend Windthorst in Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 87f Rdn. 28a ["soweit privatwirtschaftliche Entscheidungsautonomie (nicht) gewährleistet ist"]; ablehnend OLG Düsseldorf GRURRR 2002, 285, 287 f.; Badura in Bonner Kommentar, Bearb. 1997, Art. 87f GG Rdn. 22; Ebsen, DVBl. 1997, 1039, 1042; Ehlers, DVBl. 1998, 497, 502; Gersdorf in v. Mangold/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 87f Abs. 2 Rdn. 74 f.; Lerche in Maunz/Dürig, GG, Bearb. 1996, Art. 87f Rdn. 58; Pünder, DVBl. 1997, 1353 f.; Trute, VVDStRL 57, 216, 226 f.), könnte ein Verstoß gegen eine derartige gesetzliche Schranke mangels einer auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aus denselben Gründen keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche von Wettbewerbern begründen wie ein Verstoß gegen § 107 GO NW (vgl. zur fehlenden wettbewerbsrechtlichen Bedeutung einer materiellen Privatisierung des Abfallrechts BGH WRP 2003, 262, 264 – Altautoverwertung ). Um so mehr hätte dies zu gelten, wenn sich die Bedenken gegen die
Tätigkeit kommunaler Unternehmen auf dem Telekommunikationssektor gar nicht aus einem verfassungsrechtlichen Gebot zur materiellen Privatisierung ergeben sollten. So begründet Gersdorf (aaO Art. 87f Abs. 2 Rdn. 81 f.; AfP 1998, 470, 471 ff.), auf dessen Ausführungen sich die Klägerin in den Tatsacheninstanzen bezogen hat, im Hinblick darauf, daß Art. 87f GG den Bund nicht verpflichtet, seine Beteiligung an den Nachfolgeunternehmen des Sondervermögens Deutsche Bundespost aufzugeben, seine verfassungsrechtlichen Bedenken statt mit einem Gebot zur materiellen Privatisierung damit, daß die Beachtung des Prinzips demokratischer Legitimation (Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) es verbiete, staatliche oder kommunale Eigen- und Beteiligungsgesellschaften mit der von Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG geforderten Unternehmensautonomie auszustatten. Eine etwaige Verletzung dieses Prinzips wäre jedoch erst recht ohne wettbewerbsrechtliche Bedeutung.
3. Soweit die Revision dem auch im vorliegenden Zusammenhang entgegenhalten will, sie wende sich lediglich gegen die unlautere Verquickung der Sonderstellung der Beklagten zu 1 als eines (kommunalen) Unternehmens der Daseinsvorsorge mit der rein privatwirtschaftlichen Tätigkeit ihres Beteiligungsunternehmens , bei der die Beklagte zu 1 die besondere Vertrauensstellung ausnutze, die sie als Unternehmen der Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der Stromversorgung über Jahrzehnte hinweg erlangt habe, findet dies, wie bereits ausgeführt, in den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen keine Grundlage.
4. Auf den rechtlichen Gesichtspunkt eines Verstoßes der Beklagten zu 1 gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 TKG, nach dem einer Lizenz bedarf, wer Sprachtelefondienst auf der Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze an-
bietet, kommt die Revision zu Recht nicht zurück. Das Berufungsgericht hat diese Klagebegründung zutreffend mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß die Beklagte zu 1 kein Telekommunikationsnetz betreibe (ebenso bereits OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 285, 287).
5. Das Angebot der Beklagten ist auch nicht deshalb zu beanstanden , weil die Kopplung von Stromversorgung und Telekommunikationsdienstleistungen als solche wettbewerbswidrig wäre.

a) Die Anforderungen, die das Wettbewerbsrecht an die Zulässigkeit von Kopplungsangeboten stellt, müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an den Gefahren orientieren, die von derartigen Geschäften für die Verbraucher ausgehen, vornehmlich an der Gefahr, daß diese über den tatsächlichen Wert eines Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert werden (BGHZ 151, 84, 89 – Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 981 – Kopplungsangebot II). Kopplungsangebote erschweren, sofern sie wie typisch keine Einzelpreise ausweisen , den Preisvergleich durch den Verbraucher und enthalten darüberhinaus ein gewisses Irreführungs- und Preisverschleierungspotential. Außerdem kann von Kopplungsangeboten – insbesondere, wenn ein Teil der Leistung "unentgeltlich" sein soll, oder bei an ein Absatzgeschäft gekoppelten Gewinnspielen – in Einzelfällen eine so starke Anlockwirkung ausgehen, daß auch bei einem verständigen Verbraucher die Rationalität der Nachfrageentscheidung in den Hintergrund tritt (BGH aaO).

b) Auch wenn deshalb im Interesse des Verbrauchers eine Transparenz des Angebots zu fordern ist (BGH aaO), so läßt sich hieraus doch nicht
ableiten, daß die Angabe einer gemeinsamen Rückvergütung für die Inanspruchnahme zweier oder mehrerer unterschiedlicher Leistungen, wie sie hier in Rede steht, als solche zu beanstanden wäre. Sie erschwert zwar den Preisvergleich , weil der Verbraucher, wenn er das Gesamtangebot mit den Einzelpreisen desselben oder anderer Anbieter vergleichen will, diese Einzelpreise ermitteln und addieren muß, um zu erkennen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Gesamtangebot mit einem Preisvorteil verbunden ist. Ebensowenig wie der Generalklausel des § 1 UWG oder dem Irreführungsverbot eine Verpflichtung entnommen werden kann, stets den Wert einer Zugabe anzugeben (BGH aaO), kann jedoch verlangt werden, daß für in einem gemeinsamen Preis zusammengefaßte Leistungen Einzelpreise angegeben werden, die der Anbieter tatsächlich nicht fordert, eben weil er die Leistungen zu dem gemeinsamen Preis nur gemeinsam abgibt. Insofern hindert das Transparenzgebot grundsätzlich weder die Kopplung selbst noch die Angabe (lediglich) eines – direkt zu entrichtenden oder wie hier aus einer einheitlichen Rückvergütung resultierenden – einheitlichen Preises. Vielmehr ist es Sache des Verbrauchers , Preisvergleiche anzustellen und sich Gedanken über die Preiswürdigkeit
eines Angebots zu machen, denn zumindest anhand des maßgebenden Gesamtpreises sind Preisvergleiche immer möglich (BGH, Urt. v. 27.2.2003 – I ZR 253/00, GRUR 2003, 538, 539 – Gesamtpreisangebot). Im Streitfall ist die gewisse Mühe, die ein Preisvergleich zwischen dem von den Beklagten angebotenen , sich aus Einzelpreisen abzüglich Rückvergütung ergebenden gemeinsamen Preis und den von den Beklagten und anderen Anbietern verlangten Einzelpreisen bereitet, um so eher hinzunehmen, als die Entscheidung über einen Wechsel des Strom- und des Telekommunikationsdienstleisters regelmäßig nicht ohne nähere Prüfung der Angebote erfolgen wird.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 171/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft
UWG § 4 Nr. 11; VerpackV § 6

a) § 6 VerpackV stellt eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG dar.

b) Im Rahmen von Entsorgergemeinschaften konnte auch schon vor der Änderung
der Verpackungsverordnung im Januar 2006 ein Mengenausgleich – also die
Anrechnung der Übererfüllung durch einen Teilnehmer zugunsten eines anderen
Teilnehmers, der die vorgegebenen Rücknahme- und Verwertungsquoten
nicht erreicht – erfolgen.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2006 – I ZR 171/03 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Juni 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin betreibt seit 1992/93 das bislang in Deutschland einzige Erfassungs - und Verwertungssystem für gebrauchte Verkaufsverpackungen i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV (Duales System). Die Beklagte bietet seit 1999 Entsorgungsdienstleistungen auf der Grundlage der Verpackungsverordnung an.
2
Nach Inkrafttreten der novellierten Fassung der Verordnung am 28. August 1998 erweiterte die Beklagte ihr Angebot auf Dienstleistungen in Bezug auf quotenpflichtige Verkaufsverpackungen i.S. von § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV. Nach dem Geschäftsmodell, das seit dem Jahr 2000 betrieben wird, erbringt die Beklagte über Entsorgungspartner die operativen Entsorgungsdienstleistungen an den jeweiligen Anfallstellen. Die Beklagte erfüllt die verpackungsrechtlichen Rücknah- me- und Verwertungsanforderungen für die an ihrem System beteiligten Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen und dokumentiert dies. Dabei wird innerhalb der Selbstentsorgergemeinschaft ein Mengenausgleich vorgenommen, d.h. die Übererfüllung durch einen Teilnehmer wird zugunsten eines anderen Teilnehmers angerechnet, der die im Anhang I (zu § 6 VerpackV) Nr. 1 vorgegebenen Rücknahme- und Verwertungsquoten nicht erreicht.
3
Die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Mengenausgleichs war umstritten. Sie war mehrfach Gegenstand von Stellungnahmen und Vermerken des Bundesumweltministeriums , der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) bzw. des Ausschusses Produktverantwortung und Rücknahmepflicht (APV) dieser Arbeitsgemeinschaft sowie einzelner Landesministerien.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Mengenausgleich verstoße gegen § 6 VerpackV; zugleich liege ein Wettbewerbsverstoß vor. Sie hat zuletzt beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen eine „Erfassungs- und Verwertungsgemeinschaft“ einzurichten und/oder zu betreiben, die zur vertraglichen Grundlage hat, dass die gemäß § 6 Abs. 1 VerpackV i.V. mit dem Anhang I zu § 6 vorgeschriebenen Quoten, die einzelne Hersteller und Vertreiber, die sich an der Erfassungsund Verwertungsgemeinschaft der Beklagten beteiligen, dadurch nicht erreichen, dass private Endverbraucher die Verkaufsverpackungen in ihren Geschäftsräumen oder in deren unmittelbarer Nähe zurückgeben, durch solche Verkaufsverpackungen erfüllt werden, die bei anderen Herstellern und Vertreibern, die sich an der Erfassungs - und Verwertungsgemeinschaft der Beklagten beteiligen, erfasst werden; 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziffer 1 genannten Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der erzielten Umsätze sowie der Hersteller und Vertreiber, die sich an ihrem System beteiligt haben; 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der dieser aus den in Ziffer 1 genannten Handlungen bisher entstanden ist und noch entstehen wird.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die Verpackungsverordnung lasse einen Mengenausgleich im Rahmen von Selbstentsorgergemeinschaften zu. Aber auch wenn ein Verstoß gegen die Verpackungsverordnung vorläge, stünden der Klägerin keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zu, da die Verpackungsverordnung keine Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs habe. Hinzu komme, dass ihr die Gesetzeskonformität durch die sachlich mit der Materie befassten Behörden bestätigt worden sei.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Köln GRUR 2004, 166 und 793). Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision hat die Klägerin ihren Klageantrag zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt. Im Hinblick darauf, dass der Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaften durch eine am 7. Januar 2006 in Kraft getretene Änderung der Verpackungsverordnung ausdrücklich für zulässig erklärt worden ist, hat sie den Unterlassungsantrag sowie die weiteren Anträge für die Zeit ab dem 7. Januar 2006 in derHauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte, die sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat, beantragt, Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Das von der Beklagten angebotene Selbstentsorgersystem, durch das ein Mengenausgleich ermöglicht werde, verstoße an sich gegen die Vorschriften der Verpackungsverordnung, die die Möglichkeit eines Mengenausgleichs nur im Rahmen eines flächendeckenden Systems i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV, nicht aber für Selbstentsorgergemeinschaften vorsehe. Allerdings begegne eine solche Auslegung der Verpackungsverordnung verfassungsrechtlichen Bedenken, da sie auf einen Konkurrentenschutz zugunsten dualer Systeme i.S. von § 6 Abs. 3 VerpackV hinauslaufe. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit könne aber offen bleiben. Denn die Geschäftstätigkeit der Beklagten könne in keinem Fall als unlauter i.S. von § 1 UWG (a.F.) angesehen werden, weil den Bestimmungen der Verpackungsverordnung keine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion zukomme. Darüber hinaus habe sich die Beklagte auf die Prüfung und Billigung ihres Systems durch die zuständigen Behörden berufen können.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Der von der Beklagten angekündigte und praktizierte Mengenausgleich war auch nach altem Recht, also vor der am 7. Januar 2006 in Kraft getretenen Änderung der Verpackungsverordnung, nicht zu beanstanden.
10
1. Allerdings wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Verpackungsverordnung komme keine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs gerichtete Schutzfunktion zu.
11
a) Ein Verstoß gegen Normen außerhalb des UWG ist nur dann sittenwidrig i.S. von § 1 UWG a.F., wenn die Norm zumindest eine sekundäre Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs hat (vgl. BGHZ 144, 255, 267 – Abgasemissionen). Dem entspricht inhaltlich die Bestimmung des § 4 Nr. 11 UWG, die an die Rechtsprechung des Senats zu § 1 UWG a.F. anknüpft (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 19, sowie Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.5). Die verletzte Norm muss somit (zumindest auch) die Funktion haben, das Marktverhalten zu regeln und auf diese Weise gleiche Voraussetzungen für die auf diesem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen.
12
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt § 6 VerpackV eine Marktverhaltensregelung dar. Der Marktbezug ergibt sich zwar nicht aus der in § 1 VerpackV geregelten unmittelbaren Zielsetzung, da die Belange des Umweltschutzes für sich genommen wettbewerbsneutral sind (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. – Abgasemissionen; Ullmann, GRUR 2003, 817, 822). Die in § 6 VerpackV geregelten Rücknahme- und Verwertungspflichten wirken sich jedoch deutlich auf das Verhalten der Hersteller und Vertreiber auf dem Absatzmarkt aus. Die Verpackungsverordnung hält Hersteller und Vertreiber dazu an, Verpackungen möglichst vollständig zu vermeiden (vgl. § 1 Abs. 1 VerpackV) oder – wenn sie als Selbstentsorger tätig werden – Vorkehrungen zu treffen, um einen Teil der Verkaufsverpackungen von den Kunden zurückzuerhalten. Nachdem mit der Novelle der Verpackungsverordnung im Jahre 1998 ausdrücklich auch das Ziel der Herstellung der Wettbewerbsgleichheit zwischen dem dualen System und den Selbstentsorgern verfolgt wurde (vgl. BT-Drucks. 13/10943, S. 20), weist die Bestimmung zumindest im Verhältnis zum Mitbewerber den erforderlichen Marktbezug auf (vgl. auch KG GRUR-RR 2005, 357; Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 11.154; v. Jagow in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 131; Ullmann, GRUR 2003, 817, 822; offengelassen in OLG München OLG-Rep 2003, 279).
13
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der von der Beklagten angebotene Mengenausgleich auch schon vor der Änderung der Verpackungsverordnung im Januar 2006 rechtmäßig.
14
a) Nach § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV besteht eine individuelle Pflicht der Hersteller und Vertreiber, Verkaufsverpackungen zurückzunehmen und einer den Anforderungen des Anhangs I entsprechenden Verwertung zuzuführen (vgl. auch die Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/10943, S. 20; Hendler, WiVerw 2004, 243, 246 ff.). Hierzu enthält § 6 Abs. 3 VerpackV eine Ausnahme, wenn sich der Hersteller oder Vertreiber an einem System beteiligt, das flächendeckend im Einzugsgebiet des nach Absatz 1 verpflichteten Vertreibers in ausreichender Weise eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe gewährleistet. In diesem Falle ist es ausreichend, wenn das System insgesamt die Verwertungsquoten erfüllt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV).
15
b) Bereits vor der Änderung der Verpackungsverordnung im Januar 2006 konnten Hersteller und Vertreiber, die nicht an einem System nach § 6 Abs. 3 VerpackV beteiligt waren, bei der Erfüllung der ihnen durch § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV auferlegten Verpflichtungen zusammenwirken und sog. Selbstentsorgergemeinschaften bilden (Anhang I [zu § 6 VerpackV] Nr. 2 Abs. 1 Satz 5). Eine ausdrückliche Regelung, die für Selbstentsorgergemeinschaften ebenso wie für ein System nach § 6 Abs. 3 VerpackV den Mengenausgleich zuließ, enthielt die Verpackungsverordnung indessen nicht; eine solche ist erst durch die Änderung der Verordnung im Januar 2006 eingefügt worden (Anhang I [zu § 6 VerpackV] Nr. 2 Abs. 1 Satz 7). Ein Mengenausgleich innerhalb einer ordnungsgemäß durchgeführten Selbstentsorgergemeinschaft war – ohne ausdrückliches Verbot – aber bereits vor der Änderung der Verpackungsverordnung im Jahre 2006 zulässig. Dieses Verständnis gebieten Sinn und Zweck der Verpackungsverordnung und das darin zugelassene System der Selbstentsorgergemeinschaft.
16
Die Verpackungsverordnung stellt auf die Erfüllung einer auf die Gesamtmenge des Verpackungsabfalls bezogenen Rücknahme- und Verwertungsquote ab. Es wird eine auf die Gesamtmenge des Verpackungsabfalls und nicht auf die Menge des Abfalls des Einzelnen bezogene Quote verlangt. Das Kreislaufwirtschafts - und Abfallgesetz sowie die Verpackungsverordnung sind entsprechend der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle vom 20. Dezember 1994 (ABl. Nr. L 365, S. 10) auf das Erreichen und die Steigerung bestimmter Quoten des Gesamtabfalls angelegt. Es wird nicht verlangt, dass der einzelne Verursacher von Verpackungsmüll im Gesamtsystem die Rücknahmeund Verwertungsquote erreicht.
17
Dem entspricht auch die Bedeutung der Regelung im Anhang I (zu § 6 VerpackV ) Nr. 2 Abs. 1 Satz 5, nach der mehrere Hersteller und Vertreiber zusammenwirken können, um den Nachweis über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen zu führen. Ein Verständnis dieser Bestimmung, wonach das Zusammenwirken allein auf die Erfüllung der Dokumentationspflicht beschränkt sei, führt nicht zu der vom Verordnungsgeber angestrebten Effizienzsteigerung (vgl. Hendler, WiVerw 2004, 243, 248). Auch die Begründung des Entwurfs der Verpackungsverordnung 1998 gibt für ein Verbot keine Handhabe: Dort ist zwar die Rede davon, dass für die sog. Selbstentsorger die Anforderungen an die Nachweisführung konkretisiert würden und dass zur Erfüllung dieser Vorgaben Kooperationen möglich seien. Weiter heißt es dann aber, dass ein Zusammenwirken eine Erleichterung für kleinere Unternehmen auch im Hinblick auf die Erfüllung der Dokumentationspflicht bewirke.
18
c) Schließlich spricht der wettbewerbspolitische Sinn und Zweck der Verpackungsverordnung dafür, dass der Mengenausgleich auch für Selbstentsorgergemeinschaften schon vor der Änderung der Verordnung im Januar 2006 zulässig war. Zwar verweist das Berufungsgericht mit Recht darauf, dass das mit der Verpackungsverordnung 1998 verfolgte Ziel, den Wettbewerb verstärkt zu fördern (vgl. BT-Drucks. 13/10943, S. 20), vor allem darauf gerichtet war, auch den Selbstentsorgern die Verwertungsquoten aufzuerlegen, die in der Vergangenheit bereits für ein System nach § 6 Abs. 3 VerpackV galten. Die Regelung, wonach Selbstentsorgergemeinschaften denselben Pflichten unterliegen wie das duale System, rechtfertigt indessen nicht die Annahme, dem Verordnungsgeber sei es um eine Benachteiligung der Selbstentsorgergemeinschaften gegenüber dem dualen System gegangen. Denn das Verbot des Mengenausgleichs stünde einer effizienten Erfüllung der Verpflichtungen entgegen, die den Herstellern und Vertreibern nach § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV auferlegt sind. Die Verpackungsverordnung sieht in § 11 ausdrücklich vor, dass sich Hersteller und Vertreiber zur Erfüllung der ihnen auferlegten Pflichten Dritter bedienen und zu diesem Zweck Selbstentsorgergemeinschaften bilden können. Wäre der Mengenausgleich ausgeschlossen, wären die Selbstentsorgergemeinschaften dem dualen System deutlich unterlegen , das die Verwertungsquote nur für die gesamte Menge der gesammelten Verpackungen erfüllen muss. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber mit der Behauptung, den Wettbewerb verstärken und fördern zu wollen, dem dualen System einen strukturellen Vorteil hatte gewähren wollen, aufgrund dessen eine Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV ergebenden Pflichten durch eine Selbstentsorgergemeinschaft weitgehend unattraktiv geworden wäre.
19
III. Der Unterlassungsantrag, hinsichtlich dessen die Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärt hat, war somit von Anfang an unbegründet. Daher kommt eine Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe, nicht in Betracht. Auch mit den weiteren Anträgen ist die Klage von den Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 28.11.2002 - 31 O 292/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.06.2003 - 6 U 213/02 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 152/07 Verkündet am:
2. Dezember 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zweckbetrieb
UWG (2008) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; AO § 65 Nr. 3
Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen
dar. Ihre Verletzung kann auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens
als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. August 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verband, der nach seiner Satzung die freie Wohlfahrtspflege und die Hilfeleistung für die Bevölkerung fördert, ist als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO steuerbegünstigt. Er bietet im Rahmen seiner Alten- und Behindertenarbeit auch Personenbeförderungen gegen Entgelt an.
2
Der Kläger, ein Taxi- und Mietwagenunternehmer, hat behauptet, der Beklagte erbringe Beförderungsleistungen auch außerhalb seines Zweckbetriebs als eigenständige Dienstleistung. Er hat Rechnungen des Beklagten für Mietwagenfahrten vorgelegt, bei denen seiner Ansicht nach der Beklagte keine über die reine Beförderung hinausgehenden Hilfeleistungen erbracht hatte. Der Umstand, dass in diesen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen sei, zeige, dass der Beklagte für seine außerhalb des Zweckbetriebs durchgeführten Krankenfahrten nicht die Steuern abführe, die die Mitbewerber zu zahlen hätten. Dadurch verschaffe sich der Beklagte zum Nachteil der Mitbewerber Vorteile im Wettbewerb. Das in § 65 Nr. 3 AO enthaltene Wettbewerbsverbot sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Außerdem liege in dem Verhalten des Beklagten eine allgemeine Marktbehinderung.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Personen gegen Entgelt durch Verkehr mit Mietwagen zu befördern , ohne die auf diese Tätigkeit anfallenden Steuern, insbesondere Umsatz -, Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer zu zahlen; 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vollständige Auskunft über sämtliche im Klageantrag zu 1 bezeichneten Beförderungen zu erteilen, und zwar unter Angabe der Wegstrecke, der Dauer der Beförderung, des Zeitpunkts, der Anzahl der Beförderungen und des Umsatzes insgesamt; 3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die im Klageantrag zu 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
4
Nach Ansicht des Beklagten liegen Fahrdienstleistungen für Menschen, die wegen Behinderung oder Alters hilfsbedürftig sind, innerhalb seines Zweckbetriebs. Für diese Fahrten habe er den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% und für Patientenfahrten, bei denen der Patient keine Hilfe benötigt habe, den seinerzeit geltenden Umsatzsteuersatz von 16% abgeführt. Die nach Ansicht des Klägers verletzten steuerrechtlichen Vorschriften stellten keine Marktverhaltensregelungen dar.
5
Beide Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet angesehen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Klage weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs noch unter dem einer allgemeinen Marktbehinderung für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
7
Das Verhalten des Beklagten sei nicht nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauter. Zwar seien Krankenfahrten nicht als Zweckbetrieb im Bereich der Gesundheitspflege i.S. von § 65 Nr. 3 AO anzusehen. Auch schütze diese Vorschrift den potentiellen Wettbewerb, da sie den Wertungs- und Zielkonflikt zwischen der Förderung des Gemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts regele und damit auch dem Schutz der mit Zweckbetrieben konkurrierenden nicht begünstigten Betriebe diene. Wenn kein Zweckbetrieb vorliege und sich die Nichtbesteuerung zum Nachteil der Mitbewerber auswirke, hätten diese gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf Besteuerung der Körperschaft. Insoweit komme der Regelung des § 65 Nr. 3 AO eine drittschützende Wirkung zu.
8
Ungeachtet dieser Wettbewerbsrelevanz sei die genannte Vorschrift jedoch keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Steuervorschriften bezweckten grundsätzlich nicht die Regelung des Marktverhaltens. Das gelte auch für der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern, sofern diese nicht ausnahmsweise unmittelbar den Schutz der Verbraucher bezweckten. Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO stelle zwar ein Lenkungsgesetz dar, das gemeinnützige wohltätige Betätigungen durch Anerkennung eines Steuervorteils fördern wolle. Die wettbewerbliche Relevanz liege in der unterschiedlichen Behandlung an sich gleichgelagerter wirtschaftlicher Betätigung. Der staatliche Eingriff in den Wettbewerb bestehe in der Schaffung eines wirtschaftlichen Sonderbereichs der Gemeinnützigkeit. Die Betätigung in diesem Bereich sei dem Eingriff erst nachgeordnet. Wer die Regeln der Steuerbegünstigung überschreite, verhalte sich nicht anders als derjenige, der im allgemeinen Wirtschaftsbereich Steuern hinterziehe. Der drittschützende Charakter der Vorschrift , der die Möglichkeit einer Konkurrentenklage vor dem Finanzgericht eröffne , ändere nichts daran, dass es bei der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO an der für die Bejahung eines Wettbewerbsverstoßes erforderlichen spezifischen Marktbezogenheit fehle.
9
Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer allgemeinen Marktbehinderung habe der Kläger nicht hinreichend dargetan. Vereinzelte Vorgänge reichten für die Annahme einer strukturellen Marktstörung nicht aus.
10
II. Die Revision wendet sich gegen diese Beurteilung ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gestützt ist, mit Recht als unbegründet angesehen, weil die nach Ansicht des Klägers verletzte Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG ist (dazu unten unter II 2 b). Seine Beurteilung, eine allgemeine Marktbehinderung sei nicht hinreichend dargetan, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Diese ist ferner nicht schon deshalb begründet, weil der Beklagte sich nach dem Vortrag des Klägers durch rechtswidriges Verhalten im Wettbewerb einen ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft (dazu unten unter II 2 c). Da sich die Rechtslage schon unter dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat (UWG a.F.), ebenso dargestellt hat, sind auch der Schadensersatzfeststellungsanspruch sowie der seiner Durchsetzung dienende Auskunftsanspruch im vollen Umfang unbegründet (vgl. unten unter II 2 d).
11
1. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die gestellten Klageanträge i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt.
12
Bei der Auslegung von Klageanträgen ist immer auch die Klagebegründung mit heranzuziehen (BGH, Urt. v. 29.5.2008 - I ZR 189/05, GRUR 2008, 1121 Tz. 16 = WRP 2008, 1560 - Freundschaftswerbung im Internet). Im Streitfall möchte der Kläger erreichen, dass der Beklagte für seine Beförderungsleistungen keine Steuervergünstigungen in Anspruch nimmt. Für gemeinnützige Körperschaften gewährt das Gesetz Steuervergünstigungen zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG), bei der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) und bei der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG). Diese Steuervergünstigungen scheiden regelmäßig aus, wenn die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 14 AO). Nach § 64 AO verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung allerdings nur dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb sind in den §§ 65 bis 68 AO geregelt. Das Klagebegehren zielt darauf, dass der Beklagte seine Einkünfte aus der Beförderung mit Mietwagen gegenüber den Steuerbehörden erklärt, ohne dass er sich dabei auf seine Eigenschaft als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beruft. Er soll daher nach der Vorstellung des Klägers für die von ihm erbrachten Beförderungsleistungen Steuern nach den für nicht gemeinnützige Beförderungsunternehmen geltenden Steuersätzen abführen. Mit diesem sich aus dem Vortrag des Klägers ergebenden Inhalt stellen sich die von diesem gestellten Klageanträge als hinreichend bestimmt dar.
13
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil das vom Kläger beanstandete Verhalten des Beklagten weder im Hinblick auf einen von diesem begangenen Rechtsbruch noch nach der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel unlauter ist.
14
a) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren des Klägers sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung anzuwenden, in der dieses Gesetz gemäß dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Da der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, muss das beanstandete Verhalten des Beklagten allerdings auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein.
15
Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, beanstandet der Kläger das Nichtabführen von Steuern auf Rechnungen, die der Beklagte in der Zeit zwischen dem 8. Januar 2004 und dem 8. Februar 2006 ausgestellt hat. Danach reichte es für den Unterlassungsanspruch des Klägers aus, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten gegen § 4 Nr. 11 des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen geänderten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) verstieß. Diese Bestimmung ist durch die UWG-Novelle 2008 nicht geändert worden. Ihrer Anwendung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die mit der UWGNovelle 2008 in das nationale Recht umgesetzte Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die genannte Richtlinie betrifft nach ihrem Artikel 3 Absatz 1 allein den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Auf Marktverhaltensregelungen, die lediglich das Verhältnis zwischen Mitbewerbern betreffen, ist § 4 Nr. 11 UWG danach nach wie vor uneingeschränkt anwendbar (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a; ders., GRUR 2008, 841, 848).
16
Für die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch und - zu dessen Durchsetzung - ein Auskunftsanspruch zusteht, kommt es auf das zum http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UWG&p=4 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 - 8 - Zeitpunkt der im Einzelnen beanstandeten Handlungen jeweils geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 56/09, GRUR 2009, 1075 Tz. 14 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung, m.w.N.).
17
b) Nach § 65 Nr. 3 AO liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Diese Bestimmung stellt keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Es kann daher für die hier vorzunehmende wettbewerbsrechtliche Beurteilung dahinstehen, ob die fraglichen Krankenfahrten des Beklagten zur Erfüllung seiner gemeinnützigen Tätigkeit erforderlich waren und damit ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb im Sinne dieser Vorschrift vorlag.
18
aa) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGHZ 144, 255, 269 - Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. - Abgasemissionen). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.35c).
19
bb) Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen dar (OLG München GRUR 2004, 169, 170; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZR 140/03; OLG Oldenburg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 11/17; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 192; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 43; v. Walter, Rechtsbruch als unlauteres Marktverhalten, 2007, S. 200; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht, 2008, S. 206). Ihr Zweck beschränkt sich im Normalfall darauf, die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Steuerrechtliche Vorschriften regeln insoweit nicht das Marktverhalten, sondern lediglich das Verhältnis zwischen dem Hoheitsträger und dem Steuerpflichtigen (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63). Sie bezwecken grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer. Für die Beurteilung , ob ein Verstoß i.S. des § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, ist es daher unerheblich, ob sich ein Unternehmer durch das Hinterziehen von Steuern einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rdn. 11/17). Ebenso kann das Nichterheben einer Steuer bei einem Mitbewerber regelmäßig nicht als Wettbewerbsverstoß beanstandet werden (MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
20
cc) Die Frage, ob davon abweichend dem Zweck der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern Marktverhaltensregelungen darstellen, ist umstritten. Dies wird zum Teil bejaht, wenn sie - wie zum Beispiel die gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums vom 23. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1857) erhobene Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) - dem Schutz von Verbrauchern dienen (vgl. Wehlau/v. Walter, ZLR 2004, 645, 659 ff., 663; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 192; a.A. OLG Olden- burg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; v. Walter aaO S. 202; Elskamp aaO S. 206) oder - wie etwa das Tabaksteuergesetz - der Sache nach Preisvorschriften darstellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2004, 255; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39 und 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63 und 333; a.A. OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 215). Als Marktverhaltensregelungen werden in der Literatur vereinzelt auch Bestimmungen angesehen, die die gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand zum Schutz privater Mitbewerber steuerlich wie diese behandeln (vgl. - zu § 2 Abs. 3 UStG - Haslinger, WRP 2004, 58, 60; dies., WRP 2007, 1412, 1416; a.A. OLG München GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
21
dd) Die im Streitfall in Rede stehende Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO bezweckt zwar auch den Schutz der Interessen der Mitbewerber des durch die Steuererleichterung begünstigten Unternehmens. Sie ist aber gleichwohl keine Marktverhaltensregelung, weil sie nicht bezweckt, die Lauterkeit des Marktverhaltens der Steuerpflichtigen zu gewährleisten.
22
(1) Die Einbeziehung von Zweckbetrieben in die Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Subventionierung dieser Betriebe dar. Die Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO setzt dem Grenzen. Unternehmen, die zu nicht begünstigten Unternehmen in größerem Umfang als für die Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar in Wettbewerb treten, sollen von den Steuervergünstigungen ausgeschlossen sein. Diese Schranke dient nicht allein dem Allgemeininteresse an der Erhöhung des Steueraufkommens, sondern auch dem Interesse der steuerlich nicht begünstigten Konkurrenzbetriebe an einem steuerlich nicht manipulierten Wettbewerb (vgl. Bericht und Antrag des Finanzausschusses zum Entwurf einer Abgabenordnung, BT-Drucks. 7/4292, S. 21; BFHE 191, 434, 439 f.; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 65 Rdn. 9; Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 388). Sie ist Ausdruck der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts und hat drittschützenden Charakter (vgl. Wunsch, Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO als Schutznorm zugunsten nicht begünstigter Konkurrenten gemeinnütziger Körperschaften, 2002, S. 127). Mitbewerbern kann aus § 65 Nr. 3 AO daher unter Umständen ein Anspruch gegen das Finanzamt auf Besteuerung eines zu Unrecht als Zweckbetrieb behandelten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erwachsen. Dieser Anspruch kann im Wege der Konkurrentenklage durchgesetzt werden (Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 389; Klein/Gersch, Abgabenordnung , 10. Aufl., § 65 Rdn. 8 m.w.N.).
23
(2) Die Wettbewerbsbezogenheit einer Bestimmung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer Marktbezogenheit i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Eine Marktbezogenheit im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Vorschrift, gegen die der Wettbewerber bei seinem geschäftlichen Handeln verstößt , eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 171/03, GRUR 2007, 162 Tz. 11 = WRP 2007, 177 - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; Urt. v. 26.2.2009 - I ZR 222/06, GRUR 2009, 883 Tz. 11 = WRP 2009, 1092 - MacDent). Daran fehlt es etwa dann, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll (vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 1182 - Altautoverwertung).
24
(3) Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO soll verhindern, dass gemeinnützige Körperschaften auch dann Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie außerhalb ihrer gemeinnützigen Tätigkeit in Wettbewerb mit gewerblich tätigen Steu- erpflichtigen treten, die diese Steuervergünstigungen nicht bekommen. Sie befasst sich daher mit dem Zielkonflikt zwischen der grundsätzlich gebotenen Wettbewerbsneutralität der Besteuerung und der Förderung ideeller Zwecke (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung , 10. Aufl., § 65 AO Rdn. 27) und dient insoweit dem von staatlichen Subventionen unbeeinflussten freien Wettbewerb. Zur Erreichung dieses Ziels erlegt sie den von ihr betroffenen Steuerpflichtigen jedoch keine Pflichten auf, die diese bei ihrem Marktauftritt zu erfüllen haben. Insbesondere bestimmt sie nicht, dass der Beklagte seine Beförderungsleistungen nur dann erbringen darf, wenn er seine dabei erzielten Umsätze und Einkünfte unter Beachtung dieser Bestimmung zur Umsatzsteuer anmeldet sowie in den von ihm nachfolgend gegebenenfalls auch abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen als zu versteuernde Einkünfte bzw. Erträge erklärt. Die insoweit dann quartals- oder monatsweise abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die jahresweise abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen stehen zeitlich und sachlich außerhalb des für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalts. Soweit der Beklagte in ihnen in Bezug auf die Anwendung des § 65 Nr. 3 AO unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, kann er sich deshalb zwar möglicherweise einer steuerrechtlichen Konkurrentenklage (vgl. oben unter II 2 c dd (1)) sowie - vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten vorausgesetzt - einer strafrechtlichen oder bußgeldmäßigen Ahndung aussetzen (vgl. §§ 370, 378 AO). Für eine wettbewerbsrechtliche Ahndung seines Verhaltens ist demgegenüber aber kein Raum (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 54; Link in Ullmann, jurisPKUWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 73).
25
c) Das nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 b zwar möglicherweise steuerrechtlich zu beanstandende, aber nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbswidrig zu beurteilende Verhalten des Beklagten verstößt auch nicht gegen das bis zur UWG-Novelle 2008 in § 3 UWG 2004 und seither in § 3 Abs. 1 UWG 2008 geregelte generelle Verbot unlauteren Handelns im Wettbewerb. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlass des § 4 Nr. 11 UWG im Jahr 2004 zu erkennen gegeben, dass Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Rechtsnormen allein unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschrift als unlauter anzusehen sind. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass es nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts sein kann, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen (auch) lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren, sofern sie zu einem Vorsprung im Wettbewerb führen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 11 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). Aus diesem Grund können Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen, die keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind, de lege lata auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens über § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 als unlauter angesehen werden (Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 65; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 31; Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 3 Rdn. 21; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 11; Gärtner/Heil, WRP 2005, 20, 24; Scherer, WRP 2006, 401, 404 f. und 406; Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 845, 849; v. Walter aaO S. 153 ff.; Böhler, Alter und neuer Rechtsbruchtatbestand , 2009, S. 212; a.A. Sack, WRP 2004, 1307, 1315 f.; ders., WRP 2005, 531, 539 ff.; Glöckner, GRUR 2008, 960, 965 ff.; Elskamp aaO S. 223 ff.).
26
d) Soweit der Kläger gemäß den Klageanträgen 2 und 3 Schadensersatz für vom Beklagten vor dem 8. Juli 2004 durchgeführte Fahrten begehrt, beurteilt sich die Haftung des Beklagten nach den Bestimmungen des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden früheren Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG a.F.; vgl. oben unter II 2 a a.E.). Auch die insoweit daher noch anwendbare Bestimmung des § 1 UWG a.F. setzte jedoch die Verletzung einer Marktverhaltensregelung voraus und ließ es für die Bejahung der Wettbewerbswidrigkeit einer Verhaltensweise ebenfalls nicht genügen, dass sich der Handelnde durch die Verletzung einer Norm, die diese Voraussetzung nicht erfüllte, einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffte (vgl. BGHZ 144, 255, 266 ff. - Abgasemissionen ).
27
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2007 - 17 O 169/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.08.2007 - 2 U 17/07 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 30/00 Verkündet am:
9. Juli 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Fernwärme für Börnsen

a) Verknüpft eine Gemeinde den Verkauf von Grundstücken in einem Neubaugebiet
mit der Verpflichtung, den Heizenergiebedarf durch ein von einer gemeindeeigenen
Gesellschaft betriebenes Blockheizkraftwerk zu decken, liegt darin
weder unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs der öffentlichen Hand noch
unter dem der Kopplung verschiedener Waren oder Leistungen ein Wettbe-
werbsverstoß nach § 1 UWG.

b) Bei einer solchen Verknüpfung handelt es sich um eine Kopplung in einem
Austauschvertrag, die nicht von vornherein kartellrechtlichen Bedenken begegnet.
Eine unbillige Behinderung der Anbieter anderer Energiequellen, die aufgrund
der Kopplungsklausel vom Wettbewerb in dem fraglichen Neubaugebiet
ausgeschlossen werden, liegt darin nicht.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2002 – KZR 30/00 – OLG Schleswig
LG Kiel
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch
und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Dr. MeierBeck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 11. Juli 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel vom 10. November 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist die Gemeinde Börnsen mit etwa 3.300 Einwohnern, die im Osten von Hamburg liegt; sie ist Trägerin der Bauleitplanung im Gemeindegebiet.
Als Mehrheitsgesellschafterin ist sie zusammen mit den Hamburger Gaswerken Gesellschafterin eines Energieverteilungsunternehmens – der Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH –, das die Gemeinde Börnsen mit Erdgas versorgt. Seit 1998 unterhält der Gas- und Wärmedienst Börnsen ein eigenes auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung beruhendes gasbetriebenes Blockheizkraftwerk.
Dieses Blockheizkraftwerk, dessen Bau rund 1 Mio. DM gekostet hat, soll ein Neubaugebiet in Börnsen mit Fernwärme versorgen. Ein Teil der Grundstücke in dem Neubaugebiet steht im Eigentum der Beklagten und wird von ihr an bauwillige Interessenten verkauft. Beim Verkauf verpflichtet sie die Käufer zur Abnahme der Fernwärme des Gas- und Wärmedienstes Börnsen und läßt sich diese Verpflichtung durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sichern. Die entsprechende Bestimmung in den Kaufverträgen hat folgenden Wortlaut:
Der Käufer verpflichtet sich, den Energiebedarf für Raumheizung und Warmwasserbereitung in dem auf dem Grundstück zu errichtenden Wohngebäude ausschließlich durch das im Bebauungsplan Nr. 11 vorgesehene Blockheizkraftwerk (Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH) zu decken. Die Gemeinde kann Ausnahmen genehmigen. Der Käufer verpflichtet sich darüber hinaus, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ... eintragen zu lassen.
Außerdem macht die Beklagte die Vergabe von Aufträgen für die Erschließung des Neubaugebiets davon abhängig, daß der Erschließungsträger eigene Grundstücke in diesem Gebiet ebenfalls nur mit einer entsprechenden dinglich abgesicherten Verpflichtung zur Abnahme von Fernwärme des Gas- und Wärmedienstes Börnsen verkauft.
Der Kläger, der als Verband die Interessen der angeschlossenen Brennstoffund Mineralölhändler vertritt, hat dieses Verhalten der Gemeinde als wettbewerbswidrig nach § 1 UWG beanstandet. Die Beklagte beeinträchtige den Wettbewerb auf diesem Markt in erheblicher und unzulässiger Weise dadurch, daß sie
ihre Stellung dazu mißbrauche, die Nachfrage der Bauplatzerwerber in den Neubaugebieten gezielt auf das in ihrem Mehrheitsbesitz stehende Fernwärmeversorgungsunternehmen zu lenken. Von den etwa 100 Wohneinheiten in dem fraglichen Neubaugebiet stünden fast alle im Eigentum entweder der Beklagten oder der Erschließungsträgerin. In dem Neubaugebiet finde daher kaum noch Wettbewerb zwischen den Anbietern fossiler Brennstoffe und dem Gas- und Wärmedienst statt, zumal die Beklagte zugunsten fossiler Brennstoffe auch keine Ausnahmen vom Anschluß- und Benutzungszwang genehmige.
Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung des beanstandeten Verhaltens in Anspruch genommen. Ferner hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die in der Vergangenheit gebundenen Erwerber aus dieser Verpflichtung zu entlassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, von den im Gemeindegebiet belegenen 80 Baugrundstücken stünden lediglich 26 in ihrem Eigentum. Sie hat darauf hingewiesen, daß sie mit der Kopplung des Verkaufs an den Bezug der Fernwärme übergeordnete kommunale Ziele verfolge. Denn die Belange des Klima- und Umweltschutzes ließen es als geboten erscheinen, daß bei der Schaffung von Neubaugebieten der Zuwachs umweltschädlicher Emissionen auf ein Minimum reduziert werde.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Beseitigung verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg (OLG Schleswig NJWEWettbR 2000, 253 = ZfIR 2000, 956 mit krit. Anm. Jaeger).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Beklagten in Übereinstimmung mit dem Landgericht als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig und als nach § 20 Abs. 4 und 5 GWB kartellrechtswidrig eingestuft. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte handele bei dem beanstandeten Verhalten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Zum Nachteil der Mitglieder des Klägers fördere sie objektiv den Wettbewerb des Blockheizkraftwerks, und dies entspreche auch ihrer Absicht; denn es sei ihr daran gelegen, andere Energielieferanten vom Markt fernzuhalten, damit das Blockheizkraftwerk rentabel betrieben werden könne.
Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen die guten Sitten i.S. von § 1 UWG. Die Beklagte schließe durch ihr Verhalten den Leistungswettbewerb unter Ausnutzung ihrer öffentlich-rechtlichen Vorteile zu Lasten der Mineralölhändler aus. Zwar seien die Kommunen nicht gehindert, sich wirtschaftlich zu betätigen. Dabei dürften sie sich aber nur der Wettbewerbsmittel bedienen, die auch privaten Mitbewerbern zur Verfügung stünden. Wettbewerbswidrig sei dagegen der mißbräuchliche Einsatz ihrer Sonderstellung. Danach erweise sich die Kopplung eines Grundstücksverkaufs mit einem privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungszwang als eine unter Mißbrauch ihrer hoheitlichen Sonderstellung bewirkte Behinderung des freien Leistungswettbewerbs; denn der Gas- und Wärmedienst Börnsen erziele ohne echte eigene Leistung Vorteile am Markt, insbesondere müsse er sich weder einem Preis- noch einem Leistungswettbewerb mit den Anbietern fossiler Brennstoffe stellen. Diese vorteilhafte Stellung könne die Beklagte dem Gas- und Wärmedienst Börnsen nur deswegen verschaffen, weil sie aufgrund
ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung gezielt Neubaugebiete ausweise, über die Vergabeentscheidung Einfluß auf die Erschließungsträger nehme, Grundstücke günstig kaufen und verkaufen könne, über vielfältige Kontakte zu bauwilligen Interessenten verfüge und schließlich keinen Gewinn erzielen müsse.
Die Verknüpfung zwischen dem Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und dem privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungszwang könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß die Gemeinde auf diese Weise ihre öffentlichen Aufgaben erfülle. Denn Klimaschutz und Energieversorgung gehörten nicht zu den Aufgaben kommunaler Daseinsvorsorge. Im übrigen könne die Beklagte, soweit sie am Wettbewerb teilnehme, unter Berufung auf ihre hoheitlichen Befugnisse für sich keine Sonderstellung in Anspruch nehmen. Daher sei durch das Verbot der Verwendung fossiler Brennstoffe im Bebauungsplan (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB), das von der Gemeindevertretung der Beklagten inzwischen beschlossen worden sei, keine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers sei darüber hinaus auch aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB begründet. Im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit kämen dieselben Erwägungen zum Zuge, die bereits bei § 1 UWG angestellt worden seien.
Neben Unterlassung könne der Kläger auch Beseitigung beanspruchen, und zwar in der Form, daß der durch die Kopplung bewirkte, noch fortdauernde Störungszustand zu beseitigen sei, was im Streitfall dadurch geschehen könne, daß die Beklagte die Käufer der Grundstücke aus der übernommenen Verpflichtung entlasse und in die Löschung der eingetragenen Dienstbarkeit einwillige.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die von der Beklagten praktizierte Kopplung des Verkaufs gemeindeeigener Grundstücke mit der Bezugsverpflichtung zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen weder wettbewerbsrechtlich noch kartellrechtlich zu beanstanden.

a) Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 1 UWG zu.
aa) Das Handeln der Beklagten im geschäftlichen Verkehr ist nicht zweifelhaft. Die Revision wendet sich jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Mit dieser Rüge dringt sie indessen nicht durch.
Das Merkmal des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs ist nicht abstrakt, sondern in Bezug auf denjenigen zu beurteilen, der den wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend macht (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1997 – I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 – Die Besten II; Urt. v. 20.2.1997 – I ZR 12/95, GRUR 1997, 907, 908 = WRP 1997, 843 – Emil-Grünbär-Klub). Danach ist im Streitfall maßgeblich, daß die Beklagte durch ihr Verhalten den Wettbewerb des Gas- und Wärmedienstes Börnsen zu Lasten anderer Energielieferanten – so auch zu Lasten der Mineralölhändler, deren Interessen der Kläger vertritt – fördert. Dies wird auch von einer entsprechenden Absicht getragen. Dabei muß noch nicht einmal mit dem Berufungsgericht darauf abgestellt werden, daß die Beklagte durch ihr Verhalten andere Energielieferanten vom Markt fernhalten möchte, damit das Blockheizkraftwerk des Gas- und Wärmedienstes rentabel betrieben werden kann. Es reicht aus, daß die Beklagte durch die Vereinbarung einer Bezugsverpflichtung den Wettbewerb des Blockheizkraftwerks fördern möchte. Daß sie dabei auch umweltpolitische Ziele verfolgt, steht dieser Beurteilung in keiner Weise entgegen.
bb) Den Wettbewerbsverstoß hat das Berufungsgericht darin gesehen, daß die Beklagte unter Ausnutzung der Vorteile, die ihr aus ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung erwachsen, mit ihrem Verhalten den Leistungswettbewerb unter den Energielieferanten zu Lasten der Mineralölhändler ausschließt. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Weder die öffentlich-rechtliche Stellung der Beklagten noch die beanstandete Kopplung des Baugrundstücks mit der Bezugsverpflichtung hinsichtlich der Fernwärme rechtfertigen die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG. Auch ein Verstoß unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs kommt nicht in Betracht.
(1) Auch das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß allein der Umstand , daß die beklagte Gemeinde in ihrem Eigentum stehende Grundstücke verkauft und sich als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft über eine Beteiligungsgesellschaft am Wettbewerb der Energieversorger beteiligt, ihr Verhalten noch nicht wettbewerbswidrig macht. Durch ihre Beteiligung an einem zur Erzeugung von Fernwärme bestimmten Blockheizkraftwerk nimmt die Beklagte in privatwirtschaftlicher Form eine Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr, auch wenn sie zur Erfüllung dieser Aufgabe öffentliche Sach- oder Finanzmittel einsetzt (BGH, Urt. v. 19.6.1986 – I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 – 1.000 DM Umwelt-Bonus). Entsprechendes gilt für ihre Tätigkeit als Grundstückseigentümerin. Sie hat dabei im Wettbewerb grundsätzlich keine Vorzugsstellung, ist aber auch nicht generell strengeren Verhaltensregeln unterworfen als ein privater Grundstückseigentümer und ein privates Energieversorgungsunternehmen in gleicher Lage (Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 560).
Die für öffentlich-rechtliche Verträge geltenden Beschränkungen (vgl. §§ 56, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB) finden danach im Streitfall
ebensowenig Anwendung wie die Grundsätze, nach denen unter Ausnutzung einer hoheitlichen Stellung geschlossene Kopplungsgeschäfte nach § 138 BGB unter bestimmten Voraussetzungen nichtig sein können (dazu BGH, Urt. v. 2.10.1998 – V ZR 45/98, NJW 1999, 208; Mayer-Maly/Armbrüster in MünchKomm.BGB, 4. Aufl., § 138 Rdn. 88). Die öffentliche Hand, die sich privatwirtschaftlich betätigt, darf sich allerdings bei der Wahrnehmung ihrer erwerbswirtschaftlichen Betätigung nicht dadurch einen unsachlichen Vorsprung vor ihren Mitbewerbern verschaffen, daß sie ihre hoheitlichen Befugnisse zur Verbesserung ihrer privatwirtschaftlichen Interessen und zur Förderung ihres Wettbewerbs einsetzt oder die privaten Mitbewerber mit Mitteln verdrängt, die diesen nicht zugänglich sind, ihr dagegen aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung zur Verfügung stehen, etwa indem sie eine öffentlich-rechtliche Monopolstellung ausnutzt (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; GRUR 1999, 256, 257 – 1.000 DM Umwelt-Bonus).
Derartige Umstände sind im Streitfall entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben. Die Beklagte macht lediglich von Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, über die ein privater Grundstückseigentümer ebenso verfügt. Sie unterscheidet sich insofern nicht von einem privaten Erschließungsunternehmen, das für ein Neubaugebiet eine Fernwärmeversorgung vorsieht und – damit sich die für eine Fernwärmeversorgung erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen rentieren – in die Grundstückskaufverträge eine entsprechende Bezugsverpflichtung aufnimmt. Soweit die Beklagte aufgrund ihrer hoheitlichen Befugnisse in der Lage ist, eine solche Maßnahme durch eine entsprechende Gestaltung der Bauleitplanung zu unterstützen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB), liegt darin für sich genommen kein Mißbrauch hoheitlicher Befugnisse. Vielmehr bietet es sich an, daß eine Gemeinde , die die Verwendung fossiler Brennstoffe in einem bestimmten Gebiet durch eine Bestimmung des Bebauungsplans untersagt, für alternative Energiequellen
Sorge trägt. Die Beklagte mißbraucht ihre Stellung auch nicht dadurch, daß sie – wie die Revisionserwiderung geltend macht – Grundstücke günstig erwerben kann und über vielfältige Kontakte zu bauwilligen Käufern verfügt.
(2) Die Unlauterkeit des beanstandeten Verhaltens liegt auch nicht in dem gekoppelten Angebot von zwei verschiedenen Wirtschaftsgütern: dem Baugrundstück auf der einen und der Versorgung mit Fernwärme auf der anderen Seite. Daß ein Anbieter ein kombiniertes Angebot unterbreitet, indem er eine bestimmte Ware oder Leistung nur gekoppelt mit einer anderen Ware oder Leistung abgibt, ist für sich genommen lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden. Lauterkeitsrechtlich von Bedeutung ist bei derartigen Vertragsgestaltungen im allgemeinen nicht das Geschäft selbst, sondern die Werbung für das Angebot, und zwar immer dann, wenn die Gefahr besteht, daß die Verbraucher über den Wert des tatsächlichen Angebots, namentlich über den Wert der Teilleistungen, getäuscht oder sonst unzureichend informiert werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 173/01, Umdruck S. 10 ff. – Kopplungsangebot I, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Ob die gekoppelte Abgabe selbst zulässig ist, richtet sich dagegen in erster Linie nach den kartellrechtlichen Bestimmungen, insbesondere bei Verträgen nach § 16 GWB. Danach unterliegen Kopplungsgeschäfte zwischen Unternehmen einer kartellrechtlichen Mißbrauchskontrolle und können unter bestimmten Voraussetzungen für unwirksam erklärt werden; Ansprüche Dritter können sich in diesem Fall aber erst ergeben, nachdem die Kartellbehörde eingeschritten ist. Darüber hinaus kann in der Verwendung solcher Vertragsklauseln – etwa dann, wenn sie nicht diskriminierungsfrei verwendet werden – der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder ein Verstoß gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsund Behinderungsverbot liegen (§§ 19, 20 GWB). Schließlich kann eine Kopplung aufgrund des – hier nicht einschlägigen – Verbots der Kopplung von Grundstücks-
kaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen nach Art. 10 § 3 MRVerbG verboten sein (dazu Hesse, BauR 1985, 30 ff.).
(3) Verstößt die Vereinbarung gegen ein derartiges gesetzliches Verbot – hier kommt ohnehin nur eine Zuwiderhandlung gegen ein kartellrechtliches Verbot in Betracht –, kann darin unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsbruchs gleichzeitig auch ein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG liegen. Wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt, scheidet ein solcher Verstoß im Streitfall aus.

b) Kartellrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte sind nicht gegeben.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB zu.
(1) § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB enthält ein Behinderungsverbot, das – anders als § 20 Abs. 1 GWB – nur zwischen Wettbewerbern, also im Horizontalverhältnis, gilt. Bei § 20 Abs. 4 GWB müssen daher das behindernde und das behinderte Unternehmen im selben Markt tätig sein (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20 Rdn. 282 f.; Schultz in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 20 GWB Rdn. 229). In ihrer Eigenschaft als Verkäuferin von Bauland tritt die Beklagte nicht in demselben Markt auf, in dem die Mitglieder des Klägers tätig sind. Ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie – unterstellt, die Beklagte wäre in einem solchen Markt tätig – besteht nicht, weil für die Marktgegenseite, also die Hausbesitzer , die sich entweder für Fernwärme oder für eine Ölheizung entschieden haben , die beiden Formen der Wärmeenergie nicht austauschbar sind. In den Blick zu fassen wäre allenfalls der Markt, in dem sich die verschiedenen Anbieter von Heizsystemen um die Bauherren und um die Hauseigentümer bemühen, die sich erstmals oder im Zuge einer fälligen Neuinstallation für eine bestimmte Wärme-
quelle entscheiden müssen. Auf diesem allgemeinen Markt der Heizsysteme verfügt die Beklagte oder der mit ihr verbundene Gas- und Wärmedienst Börnsen im Verhältnis zu den Mitgliedern des Klägers jedoch nicht über eine überlegene Marktmacht im Sinne von § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB.
Das Bundeskartellamt hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Bedenken gegeben, ob nicht von einem räumlich eng begrenzten Markt auszugehen sei, der sich auf die Installation von Heizsystemen in dem fraglichen Neubaugebiet beschränke. Eine solche Marktabgrenzung kommt indessen nicht in Betracht. Denn die Nachfrage nach einem Heizsystem ist im Streitfall dem Grundstückserwerb nicht nachgeschaltet. Vielmehr entscheidet sich die Marktgegenseite mit dem Erwerb des Grundstücks für ein bestimmtes Heizsystem. Die von der Beklagten und dem Gas- und Wärmedienst Börnsen angebotenen Leistungen sind für diese Nachfrager mit einer Fülle anderer Grundstücksangebote im Osten Hamburgs und in anderen Nachbargemeinden austauschbar. Für eine überlegene Marktmacht der Beklagten oder des Gas- und Wärmedienstes Börnsen auf diesem Markt ist nichts ersichtlich.
(2) Aber auch wenn die Normadressateneigenschaft der Beklagten zu bejahen wäre, kann das Verhalten der Beklagten nicht als eine unbillige Behinderung angesehen werden. Auch im Rahmen des § 20 Abs. 4 GWB ist für das Merkmal der Billigkeit auf eine Interessenabwägung abzustellen. Hierbei kommen dieselben Erwägungen zum Tragen, die für die Verneinung eines lauterkeitsrechtlichen Anspruchs maßgeblich sind. Insbesondere ist von einem berechtigten Interesse der Beklagten auszugehen, in die Grundstückskaufverträge eine Bezugspflicht zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen aufzunehmen.
bb) Einen Boykott nach § 21 Abs. 1 GWB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Wie bereits dargelegt, sind Kopplungen in Austauschverträgen grund-
sätzlich kartellrechtlich zulässig (§ 16 Nr. 4 GWB). Die mit solchen Vereinbarungen notwendig verbundenen Nachteile für andere Unternehmen fallen nicht unter § 21 Abs. 1 GWB; denn die jeder Ausschließlichkeitsbindung immanente Folge des Ausschlusses anderer Unternehmen nimmt das Gesetz hin und unterwirft sie lediglich einer Mißbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden (vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.1973 – KVR 3/72, WuW/E 1269, 1275 f. – Fernost-Schiffahrtskonferenz). Die restriktive Anwendung des § 21 Abs. 1 GWB auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Vertikalverträgen findet jedoch dort ihre Grenze, wo die Beschränkung eine gegen bestimmte Dritte gerichtete Zielsetzung aufweist und wo mit ihrer Hilfe bestimmte, individualisierbare Unternehmen getroffen oder sogar vom Markt verdrängt oder ferngehalten werden sollen (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1999 – KZR 18/98, WuW/E DE-R 395, 396 – Beteiligungsverbot für Schilderpräger, m.w.N.). Die Bezugsverpflichtung, die die Beklagte zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen mit den Grundstückskäufern vereinbart, zeichnet sich nicht durch eine solche Zielrichtung aus.
2. Auch soweit die Beklagte in Verträgen mit Erschließungsträgern diese verpflichtet, ebenfalls eine Bezugsverpflichtung zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen zu vereinbaren, wenn sie Grundstücke in dem fraglichen Neubaugebiet verkaufen, stehen dem Kläger keine lauterkeits- oder kartellrechtlichen Ansprüche zu.

a) Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt auch insofern keinen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG dar.
Gleichgültig, ob es sich bei den Vereinbarungen mit Erschließungsträgern um öffentlich-rechtliche Verträge i.S. von § 124 BauGB handelt oder ob die Beklagte – was ebenfalls denkbar ist – insofern privatrechtliche Vereinbarungen trifft, gilt hier ein strengerer Maßstab. Handelte es sich bei der Beteiligung der Beklag-
ten an dem Gas- und Wärmedienst Börnsen um eine bloße erwerbswirtschaftliche Betätigung der Beklagten, wäre es ihr verwehrt, diese Tätigkeit mit ihren öffentlichen Aufgaben zu verknüpfen und die Vergabe von Erschließungsaufträgen davon abhängig zu machen, daß der Erschließungsträger dem kommunalen Beteiligungsunternehmen Kunden zuführt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf die öffentliche Hand die staatliche Autorität und die damit verbundene Vertrauensstellung nicht zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen mißbräuchlich nutzen. Auch eine Verquickung amtlicher und erwerbswirtschaftlicher Interessen, die zur Interessenkollision bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben führen kann, ist unlauter (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 30.10.1963 – Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 213 = WRP 1964, 85 – Landwirtschaftsausstellung; Urt. v. 4.12.1970 – I ZR 96/69, GRUR 1971, 168, 169 = WRP 1971, 219 – Ärztekammer; Urt. v. 12.11.1998 – I ZR 173/96, GRUR 1999, 594, 597 = WRP 1999, 650 – Holsteiner Pferd; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 937 ff.; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 572). Darüber hinaus ergibt sich aus § 124 Abs. 3 Satz 1 BauGB, daß sich die Beklagte in Erschließungsverträgen nur Leistungen versprechen lassen darf, die „den gesamten Umständen nach angemessen (sind) und in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen“. Dieses spezielle Kopplungsverbot (vgl. auch § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG; ferner Jaeger , ZfIR 2000, 960, 961) gilt unabhängig davon, ob die Verträge, die die Beklagte mit Erschließungsträgern schließt, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind (vgl. dazu Jaeger, ZfIR 2000, 960, 962).
Die Verpflichtung, die die Beklagte den Erschließungsträgern auferlegt, stellt sich auch bei Beachtung dieses strengeren Maßstabs nicht als wettbewerbswidrig dar. Denn die Beklagte verfolgt mit den Bezugsverpflichtungen zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen ein berechtigtes öffentliches Interesse. Unstreitig dient es dem Klima- und Umweltschutz, wenn die Häuser in dem fraglichen
Neubaugebiet mit Fernwärme aus dem Blockheizkraftwerk versorgt werden und die erforderliche Wärme nicht dezentral durch Verwendung fossiler Brennstoffe erzeugt wird. Die Beachtung derartiger Belange des Klima- und Umweltschutzes fügt sich ohne weiteres in die sonstige Erschließung des Neubaugebietes ein (vgl. § 127 Abs. 4 Satz 2 BauGB; Jaeger, ZfIR 2000, 960, 961). Ihre Durchsetzung mit Hilfe von dinglich gesicherten Bezugsverpflichtungen, die den Erwerbern von Bauland entweder unmittelbar oder mittelbar über die Erschließungsträger auferlegt werden, ist sachlich gerechtfertigt. Sie begegnet auch keinen wettbewerbsrechtlichen Bedenken.

b) Auch kartellrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB stützen. Fraglich ist bereits die Normadressateneigenschaft der Beklagten. Denn es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf dem Markt für die Vergabe von Erschließungsarbeiten eine marktbeherrschende Stellung hätte oder die Erschließungsträger zumindest i.S. von § 20 Abs. 2 GWB von der Beklagten abhängig wären. Im übrigen ergibt sich aus den Ausführungen zu § 1 UWG, daß eine mögliche Behinderung der Mitglieder des Klägers im Hinblick auf die von der Beklagten verfolgten Zwecke nicht unbillig wäre. Aus denselben Gründen scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus § 33 i.V. mit § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB aus.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 293/99 Verkündet am:
26. September 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Altautoverwertung
UWG § 1; GO NW § 107; BGB § 823 Bf Abs. 2

a) Ein Verstoß gegen § 107 GO NW, der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten
der Gemeinden Grenzen setzt, begründet keinen Anspruch privater Wettbewerber
aus § 1 UWG. Die Vorschrift hat insofern eine den Wettbewerb regelnde
Funktion, als sie - auch zum Schutz der privaten Wirtschaft - durch
die Beschränkung des Marktzutritts der Gemeinden Rahmenbedingungen
des Wettbewerbs festlegt. Sie dient jedoch nicht der Kontrolle der Lauterkeit
des Marktverhaltens der Gemeinden.

b) Die Vorschrift des § 107 GO NW ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823
Abs. 2 BGB.

c) Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Zusammenarbeit eines Straßenverkehrsamts
mit einem gemeindewirtschaftlichen Unternehmen, das die Altautoverwertung
und -entsorgung betreibt, bei der Entgegennahme von Altfahrzeugen.
BGH, Urt. v. 26. September 2002 - I ZR 293/99 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Oktober 1999 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger betreiben im Gebiet der Stadt W. Unternehmen zur Verwertung und Entsorgung alter Kraftfahrzeuge.
Die Beklagte zu 1, die ihren Sitz in W. hat, ist eine Tochtergesellschaft der B. Entsorgungsgesellschaft mbH, an der die W. Stadtwerke AG, die R. Stadtwerke GmbH und die V. Stadtwerke GmbH beteiligt sind. Sie nahm Anfang 1997 ihre Tätigkeit auf, zu der nach dem Gesellschaftsvertrag "die Behandlung, Verwertung und Entsorgung von Fahrzeugen, Be-
triebsstoffen und Kfz-Teilen aller Art, insbesondere das Kraftfahrzeugrecycling, die Wiederverwertung und [der] Verkauf von Fahrzeugteilen im Rahmen zeit- wertgerechter Reparaturen und die damit verbundenen Geschäfte" gehören. Der Betrieb der Beklagten zu 1 ist - vorbehaltlich einer entsprechenden technischen und personellen Ausstattung - darauf ausgerichtet, pro Jahr bis zu 13.000 Fahrzeuge zu verarbeiten. Nach dem Vortrag der Beklagten beträgt die derzeitige Kapazität etwa 3.000 Fahrzeuge im Jahr. Die Anlage ist ausreichend für den Einzugsbereich der Städte W. , R. und V. . Im Bereich W. sind jährlich etwa 7.000 bis 8.000 Altfahrzeuge zu verwerten und zu entsorgen.
Die Beklagte zu 2, die Stadt W. , nahm bis zum 1. April 1998 über ihr Straßenverkehrsamt Altautos, die dort abgemeldet wurden, entgegen und führte diese der Beklagten zu 1 zur Entsorgung zu.
Die Kläger haben vorgebracht, die Beklagten handelten wettbewerbswidrig , weil ihre Betätigung bei der Altautoverwertung mit den Schranken, die § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (im folgenden: GO NW) der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden setze, nicht vereinbar sei. Die Beklagte zu 1 sei zudem wirtschaftlich nur lebensfähig, weil sie über ihre Muttergesellschaft von den Gemeinden W. , R. und V. mit öffentlichen Mitteln unterstützt werde. Diese Unterstützung ermögliche es ihr, den Autohäusern in W. für jedes Altauto ohne Rücksicht auf dessen Recyclingwert und die Entsorgungskosten pauschal 250,-- DM zu zahlen, um so ihre Wettbewerber zu verdrängen. Die Kläger hätten demgegenüber früher in der Regel kein Entgelt für ein Altauto gezahlt. Wenn das Straßenverkehrsamt der Beklagten zu 2 Altautos bei deren Abmeldung für das Entsorgungsunternehmen der Beklagten zu 1 entgegennehme, würden hoheitliche Tätigkeiten unzulässig mit privaten vermischt.

Die Kläger haben beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
a) privaten Auftraggebern das Recycling von Altautos anzubieten und/oder solche Arbeiten auszuführen;
b) Autohäusern in W. den Ankauf von zu recycelnden Altfahrzeugen zu einem Preis von 250,-- DM anzubieten und/oder Altfahrzeuge zu einem solchen Preis anzukaufen ;
c) privaten Kunden anzubieten, gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 100,-- DM ihr Altfahrzeug bei der KfzZulassungsstelle abzugeben, ihnen eine Abmelde- und Verwertungsbestätigung auszustellen und ihnen ein kostenloses VRR-Ticket für die Rückfahrt zur Verfügung zu stellen und/oder solche Geschäftstätigkeiten auszuführen. 2. den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte zu 1 die vorstehend zu Ziffer 1 a bis c bezeichneten Handlungen begangen hat und welche Umsätze sie dabei erzielt hat. II. festzustellen, daß die Beklagten den Klägern zum Schadensersatz wegen der aus den Ziffern I 1 a bis c bezeichneten Handlungen verpflichtet sind. Die Beklagten haben entgegnet, die angegriffene Altautoverwertung der Beklagten zu 1 entspreche den Vorschriften über die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden. Altautos seien nur zum jeweiligen Marktpreis abgenommen worden. Die Klage gehe zudem zu Unrecht davon aus, daß jeweils beide Beklagten an den beanstandeten Handlungen beteiligt gewesen seien.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Wuppertal DVBl. 1999, 939).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landge- richtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Düsseldorf NVwZ 2000, 111).
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß der Klageantrag zu I 1 a, mit dem schlechthin die Unterlassung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Beklagten zu 1 bei der Altautoverwertung und -entsorgung sowie der Beteiligung der Beklagten zu 2 daran verlangt werde, unbegründet sei. Die Vorschrift des § 107 GO NW diene zwar auch dem Schutz der privaten Wirtschaft gegen eine unzulässige privatwirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, so daß ihre Nichtbeachtung wettbewerbswidrig sei. Das mit dem Klageantrag zu I 1 a beanstandete Handeln der Beklagten werde aber von dieser Vorschrift nicht erfaßt, weil es der Abfallentsorgung im Sinne des § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO NW (§ 107 Abs. 2 Nr. 3 GO NW a.F.) diene und deshalb nicht als wirtschaftliche Betätigung im Sinne des § 107 GO NW gelte. Eine solche Tätigkeit sei demgemäß trotz der Vorteile, die ein Hoheitsträger im Wettbewerb gegenüber privaten Wettbewerbern habe (insbesondere durch seine Finanzierung durch Steuern und Abgaben), grundsätzlich auch wettbewerbsrechtlich zulässig.

Besondere Umstände, aus denen sich hier die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der angegriffenen Handlungen ergeben könnte, lägen nicht vor. Es könne nicht festgestellt werden, daß der Betrieb der Beklagten zu 1 darauf angelegt sei, den Bestand oder die Grundlagen des Leistungswettbewerbs zu gefährden. Dies ergebe sich nicht schon aus der Kapazität des Betriebes, die ausreichen könnte, den gesamten Anfall von Altautos im Gebiet der Beklagten zu 2 und der Städte R. und V. zu bewältigen.
Auch der Klageantrag zu I 1 b sei unbegründet. Es könne nicht angenommen werden, daß die Beklagten wettbewerbswidrig gehandelt hätten, weil verschiedenen Autohäusern in W. für Altautos ein pauschaler Abnahmepreis gezahlt worden sei. Die Kläger äußerten insoweit nur Vermutungen. Sie räumten selbst ein, daß der zu zahlende Preis jeweils grundsätzlich am konkreten Recyclingwert ausgerichtet werde. Dies bedeute, daß es Fälle gegeben habe, in denen auch die Kläger ein Altauto nicht unentgeltlich übernehmen konnten. Es lasse sich deshalb nicht feststellen, in welchem Ausmaß die Beklagte zu 2 wirtschaftlich unvernünftig und wettbewerbswidrig gehandelt haben könnte, indem sie der Beklagten zu 1 das beanstandete Preisgebaren ermöglicht habe. Auch der Wirtschaftsbetrieb einer Gemeinde sei in seiner Preisgestaltung grundsätzlich frei. Es sei nicht substantiiert dargetan, daß die Beklagte zu 1 in Vernichtungs- oder Verdrängungsabsicht gehandelt habe oder daß öffentliche Mittel zweckentfremdet worden seien.
Der Klageantrag zu I 1 c sei ebenfalls unbegründet. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit genüge nicht die Behauptung, daß die Beklagte zu 2 durch ihr Straßenverkehrsamt hoheitliche Leistungen erbracht habe und durch dieselben Personen Altautos entgegengenommen habe. Es fehle dazu eine eingehende
Darstellung der konkreten Handlungs- und Organisationsabläufe. Ebenso hätte es näherer Angaben bedurft, warum das Straßenverkehrsamt wettbewerbswidrig handele, wenn es - was grundsätzlich zulässig sei - kostenlos Fahrkarten für die Rückfahrt mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln abgebe.
Ein Unterlassungsanspruch sei jedenfalls mangels einer Wiederholungsgefahr nicht gegeben. Die Beklagten hätten in der mündlichen Verhandlung verbindlich erklärt, das mit dem Klageantrag zu I 1 c angegriffene Verhalten, das am 1. April 1998 eingestellt worden sei, werde nicht wieder aufgenommen werden. Diese Zusicherung der Beklagten zu 2, die vornehmlich als Hoheitsträger gehandelt habe, sei hier ausnahmsweise ausreichend.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe bleiben ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß der mit dem Klageantrag zu I 1 a geltend gemachte Unterlassungsanspruch, mit dem die Kläger ein vollständiges Verbot der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Beklagten zu 1 bei der Altautoverwertung und -entsorgung sowie der Beteiligung der Beklagten zu 2 daran begehren, unbegründet ist.

a) Der Klageantrag zu I 1 a könnte nach § 1 UWG nur begründet sein, wenn es schlechthin - auch ohne Hinzutreten besonderer Umstände - als wettbewerbswidrig anzusehen wäre, daß die Beklagte zu 1 privaten Auftraggebern die umweltverträgliche Entsorgung von Altautos anbietet und solche Arbeiten ausführt. Dies ist jedoch nicht der Fall.
(1) Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung kann offenbleiben, ob die Verwertung und Entsorgung von Altautos durch die Beklagte zu 1 gegen die Vorschrift des § 107 GO NW über die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden verstößt. Eine Verletzung dieser Vorschrift hätte nicht zur Folge, daß das beanstandete Handeln wettbewerbsrechtlich als unlauter anzusehen wäre.
Wie der Senat - nach Erlaß des Berufungsurteils - entschieden hat (Urt. v. 25.4.2002 - I ZR 250/00, GRUR 2002, 825, 826 = WRP 2002, 943 - Elektroarbeiten , für BGHZ vorgesehen; vgl. auch Köhler, NJW 2002, 2761, 2762; a.A. Dreher, ZIP 2002, 1648), ist ein Anspruch aus § 1 UWG nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müßte. Auch bei der Verletzung von Vorschriften über den Marktzutritt muß anhand einer am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob dieses durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG - eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat (BGH GRUR 2002, 825, 826 - Elektroarbeiten). Eine solche Schutzfunktion fehlt der Vorschrift des § 107 GO NW ebenso wie der ihr entsprechenden Bestimmung des Art. 87 BayGO, die Gegenstand der Entscheidung "Elektroarbeiten" war (vgl. BGH GRUR 2002, 825, 826 f.; a.A. Dreher, ZIP 2002, 1648 ff.). Diese Vorschrift soll allerdings - wie u.a. aus § 107 Abs. 5 GO NW hervorgeht - auch die private Wirtschaft schützen, indem sie der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden Schranken setzt (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 8 des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Erstes Gesetz zur Modernisierung
von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen [Erstes Modernisierungsgesetz - 1. ModernG NRW], LT-Drucks. 12/3730 S. 106). Sie hat auch insofern eine den Wettbewerb regelnde Funktion, als sie durch die Beschränkung des Marktzutritts der Gemeinden Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegt. Sie dient jedoch nicht der Kontrolle der Lauterkeit des Marktverhaltens der Gemeinden. Auf Umstände, aus denen sich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der mit dem Klageantrag zu I 1 a angegriffenen Tätigkeit ergeben könnte, stellt § 107 GO NW nicht ab.
(2) Für die Entscheidung über den Klageantrag zu I 1 a ist es auch unerheblich , ob die Altautoverwertung durch die Beklagte zu 1 mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (Krw-/AbfG) vereinbar ist. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, daß die Abfallverwertung durch dieses Gesetz materiell privatisiert und damit der Aufgabenwahrnehmung durch kommunale Einrichtungen entzogen ist, wie die Revision unter Berufung auf Weidemann (VerwArch 1999, 533, 546 f.) vorträgt, könnte ein Verstoß gegen eine derartige gesetzliche Schranke aus denselben Gründen keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche von Wettbewerbern begründen wie ein Verstoß gegen § 107 GO NW.
(3) Wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, kann der Klageantrag zu I 1 a auch nicht darauf gestützt werden, daß die Beklagte zu 2 zusammen mit den Städten R. und V. wirtschaftlich Träger der Beklagten zu 1 ist. Die beanstandete Tätigkeit der Beklagten zu 1 wird nicht dadurch als solche wettbewerbsrechtlich unlauter, daß die öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften , die ihre Träger sind, zu ihrer Finanzierung mit Mitteln beitragen können, die ihnen durch Steuern und Abgaben zugeflossen sind (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987,
22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Köhler, NJW 2002, 2761, 2762). Wäre die Verwendung solcher Mittel (oder bereits die Möglichkeit ihrer Verwendung) als wettbewerbswidrig anzusehen, wäre der öffentlichen Hand durch das Recht des unlauteren Wettbewerbs jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeit untersagt. Anders wäre es allerdings zu beurteilen, wenn diese Finanzmittel in unlauterer Weise eingesetzt würden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, Umdruck S. 10 - Kommunaler Schilderprägebetrieb; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 562 ff. m.w.N.).
(4) Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht entschieden, daß die mit dem Klageantrag zu I 1 a angegriffene Tätigkeit der Beklagten zu 1 als solche selbst dann nicht wettbewerbswidrig wäre, wenn die Kapazität der dafür errichteten Anlagen so ausgelegt sein sollte, daß sämtliche im Gebiet der beteiligten Städte anfallenden Altautos verwertet und entsorgt werden könnten. Auch wenn dies bedeuten sollte, daß die Anlagen nur bei einer Verdrängung der privaten Wettbewerber wirtschaftlich sein könnten, würde daraus nicht folgen, daß jedwede Nutzung der Anlagen wettbewerbsrechtlich unlauter wäre. Schafft die öffentliche Hand Überkapazitäten, beeinträchtigt sie dadurch allein nicht den lauteren Wettbewerb.

b) Der Klageantrag zu I 1 a ist auch nicht auf der Grundlage eines quasinegatorischen Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 1004 BGB analog i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB) begründet, da § 107 GO NW kein Schutzgesetz im Sinne dieser Bestimmung ist (vgl. Rehn/Cronauge /von Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand Mai 2000, § 107 Anm. I 4 m.w.N.). Eine Vorschrift ist nicht schon dann ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach ihrem Inhalt und Zweck die Belange eines anderen fördert. Erforderlich ist vielmehr, daß sie in
der Weise einem gezielten Individualschutz gegen eine näher bestimmte Art der Schädigung dienen soll, daß an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des Verletzers geknüpft wird. Bei § 107 GO NW ist dies nicht anzunehmen. Die Vorschrift beschränkt zwar die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden auch deshalb, weil sich diese zu Lasten der Privatwirtschaft auswirken kann. Sie hat aber nicht den Zweck, die einzelnen Unternehmen dadurch vor einem Wettbewerb durch gemeindliche Unternehmen zu schützen, daß ein Verstoß Individualansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung begründen kann (vgl. - zu Art. 87 BayGO - BGH GRUR 2002, 825, 828 - Elektroarbeiten, m.w.N.).
2. Der Klageantrag zu I 1 b ist nach der rechtsfehlerfreien Entscheidung des Berufungsgerichts ebenfalls unbegründet. Nach diesem Antrag soll den Beklagten verboten werden, Autohäusern in W. den Ankauf von Altautos zu einem Pauschalpreis von 250,-- DM anzubieten und/oder Altautos zu einem solchen Preis anzukaufen.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, es sei nicht substantiiert dargelegt , daß mit Pauschalzahlungen in dieser Höhe unlauterer Verdrängungswettbewerb zu Lasten der privaten Wettbewerber betrieben werde (§ 1 UWG), greift die Revision ohne Erfolg an. Ein Verdrängungswettbewerb könnte nur angenommen werden, wenn für Altautos ein Pauschalpreis von 250,-- DM unangemessen wäre. Die Revision trägt dies zwar vor, hat jedoch dazu in ihrer Revisionsbegründung nicht auf übergangenen Sachvortrag Bezug genommen, sondern sich lediglich in unzulässiger Weise auf die Lebenserfahrung berufen. Auch wenn ihr späteres Vorbringen bei der revisionsrechtlichen Würdigung berücksichtigt werden könnte, wäre es jedenfalls - was jedoch unerörtert bleiben kann - im Ergebnis unbehelflich.

Für ihr Vorbringen, der Klageantrag zu I 1 b sei jedenfalls auch aus § 20 Abs. 4 GWB begründet, kann die Revision nicht auf Vorbringen in den Vorinstanzen verweisen, aus dem sich ergibt, daß die Beklagte zu 1 Normadressatin ist.
3. Auch den Klageantrag zu I 1 c (Entgegennahme von Altfahrzeugen in der Kfz-Zulassungsstelle) hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als unbegründet erachtet, weil eine wettbewerbswidrige Vermischung hoheitlicher und erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit nicht dargetan ist. Es ist nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig, daß die Beklagte zu 2 in ihrem Straßenverkehrsamt Altautos , die dort abgemeldet wurden, gegen Zahlung von 100,-- DM entgegengenommen und der Beklagten zu 1 zur Entsorgung zugeführt hat.
Der öffentlichen Hand ist es allerdings grundsätzlich untersagt, amtliche Beziehungen zur Werbung oder zum Abschluß von Verträgen auszunutzen, um sich oder einem Dritten auf diese Weise Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen. In einem solchen Vorgehen kann ein Mißbrauch der amtlichen Stellung und der Einrichtungen der Verwaltung liegen, der im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig ist. Eine andere Beurteilung kann aber dann geboten sein, wenn ein enger Zusammenhang zwischen der hoheitlichen Tätigkeit und der Teilnahme am Wirtschaftsleben besteht und die Handlung der Erfüllung amtlicher Aufgaben in der Weise dient, daß sie nur als eine Art Hilfstätigkeit der öffentlichen Verwaltung erscheint. Unter solchen Umständen kann die gebotene Interessenabwägung dazu führen, daß wettbewerbsrechtliche Bedenken zurückzutreten haben. Allerdings wird die öffentliche Hand in solchen Fällen das jeweils schonendste Mittel zu wählen haben, das einerseits den zu wahrenden öffentlichen Interessen genügt, andererseits aber auch die Belange des privaten Gewerbes so we-
nig wie möglich beeinträchtigt (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf, m.w.N.; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, Umdruck S. 10 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb

).


Nach dem Sachverhalt, von dem im Revisionsverfahren auszugehen ist, kann kein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten zu 2 angenommen werden. Die Beklagte zu 2 hat der Beklagten zu 1 allerdings einen nicht geringen Wettbewerbsvorteil verschafft, indem sie ermöglicht hat, Altautos zugleich mit der Abmeldung bei der Zulassungsstelle gegen Entgelt zur Entsorgung abzugeben. Zwischen der - auch im öffentlichen Interesse liegenden - Möglichkeit, auf diese Weise Altautos rasch, gefahrlos und für die Bürger besonders bequem aus dem Verkehr zu ziehen, und dem öffentlichen Zweck einer Zulassungsstelle besteht aber ein sehr enger Zusammenhang. Es kann daher nicht angenommen werden, daß es ohne Hinzutreten weiterer Umstände wettbewerbswidrig war, wenn im Straßenverkehrsamt der Beklagten zu 2 bis zum 1. April 1998, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Altauto-Verordnung (Verordnung über die Entsorgung von Altautos und die Anpassung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli 1997, AltautoV, BGBl. I S. 1666), Altautos zur Entsorgung entgegengenommen wurden. Solche Umstände haben die Kläger , wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, nicht dargelegt. Sie haben auch nicht vorgetragen, daß sie sich um eine Zusammenarbeit mit dem Straßenverkehrsamt bei der Entgegennahme von Altautos bemüht hätten, aber aus unsachlichen Gründen davon ausgeschlossen worden seien (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14.7.1998 - KZR 1/97, GRUR 1999, 278, 280 f. = WRP 1999, 105 - Schilderpräger im Landratsamt; Urt. v. 14.7.1998 - KZR 15/97, Umdruck S. 10).
4. Aus den vorstehend dargelegten Gründen können die Kläger mit ihren - auf die Anträge zu I 1 a bis c bezogenen - Ansprüchen auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung (Klageantrag I 2) und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht (Klageantrag zu II) ebenfalls nicht durchdringen.
Die Kläger können Schadensersatz und Auskunftserteilung auch nicht für die Zeit vor Inkrafttreten der Neufassung des § 107 GO NW (vgl. Art. 1 Nr. 8 des 1. ModernG vom 15. Juni 1999, GVBl. NW 1999, 386) verlangen. Nach der zuvor geltenden Fassung des § 107 GO NW war zwar eine erwerbswirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde grundsätzlich nur zulässig, wenn ein dringender öffentlicher Zweck sie erforderte (§ 107 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GO NW a.F.). Auch diese engeren Schranken für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit waren aber nicht im Interesse der Lauterkeit des Wettbewerbs gesetzt, so daß ein Verstoß gegen sie nicht zugleich wettbewerbswidrig war.
III. Die Revision gegen das Berufungsurteil war danach auf Kosten der Kläger zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 170/02 Verkündet am:
21. Juli 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Friedhofsruhe
Eine Gemeinde handelt nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich
unlauter oder kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen
Bestattungsdienst im Friedhofsgebäude auf dem Gelände des städtischen
Friedhofs unterbringt.
BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - I ZR 170/02 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die Stadt F. , unterhält am Nordwestrand des bebauten Gemeindegebiets einen Friedhof. Nach § 5 der Friedhofsatzung besteht bei einer Bestattung auf dem Friedhof für bestimmte Verrichtungen (insbesondere für die Durchführung der Erdbestattung und die Beisetzung von Urnen) ein Benutzungszwang.
In einem Gebäude am Rand des Friedhofs befinden sich die Aufbahrungsräume und die Aussegnungshalle. An die Aussegnungshalle schließt ein Gebäudeteil mit drei Büroräumen an. In einem dieser Räume ist das Büro der
Friedhofsverwaltung der Beklagten; hier werden die Grabstellen vergeben und die Bestattungszeiten festgelegt. Der zweite Raum wurde bis zum Erlaß des landgerichtlichen Urteils für den Betrieb des privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienstes genutzt. Der dritte Raum diente der Beklagten und zwei Sargherstellern bis zu einer von der Beklagten im Rechtsstreit abgegebenen Unterlassungserklärung als Ausstellungsraum für Särge und Überurnen.
Der städtische Bestattungsdienst wird personell getrennt von der Friedhofsverwaltung geführt und übernimmt gewerbliche Leistungen im Zusammenhang mit Bestattungen. Das Sterbefall-Standesamt und das Friedhofsamt sind im Rathaus in der Stadtmitte.
Die Klägerin zu 1 betreibt ein Bestattungsunternehmen und unterhält in F. eine Filiale. Der Kläger zu 2 ist ein Verband, der nach seiner Satzung u.a. den Zweck hat, die gemeinsamen wirtschaftlichen Belange des Bestattungsgewerbes und seiner Mitglieder - auch durch Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - zu fördern.
Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagte handele wettbewerbsrechtlich unlauter und kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen Bestattungsdienst in einem Büroraum des Friedhofsgebäudes auf dem Gelände des städtischen Friedhofs unterbringe. Dies widerspreche dem Friedhofszweck, eine angemessene und geordnete Bestattung und ein pietätvolles Gedenken an die Verstorbenen in würdigem Rahmen zu ermöglichen, und der Standesauffassung im Bestattungsgewerbe. Durch die Verknüpfung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeiten verschaffe sich die Beklagte zudem einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Wenn Angehörige eines Verstorbenen die Friedhofsverwaltung aufsuchen müßten, werde dies leicht Anlaß sein, auch den ge-
werblichen Bestattungsauftrag zu erteilen. Aufgrund ihrer Doppelfunktion als Träger des Friedhofs mit Benutzungszwang und als Betreiber des kommunalen Bestattungsunternehmens habe die Beklagte eine marktbeherrschende Stellung. Durch Unterbringung ihres gewerblichen Bestattungsbetriebs auf dem Friedhofsgelände verstoße die Beklagte zudem gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB, da keinem anderen Bestattungsunternehmen ein vergleichbarer Standort zur Verfügung stehe.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, innerhalb des Geländes des gemeindlichen Waldfriedhofes F. ein Büro des städtischen Bestattungsdienstes zu unterhalten und/ oder dort bestattungswirtschaftliche Dienste anzubieten.
Den ursprünglich gestellten Antrag, der Beklagten auch die Unterhaltung eines Ausstellungsraums für Särge und Überurnen auf dem Friedhofsgelände zu untersagen, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte insoweit eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
Die Beklagte hat ihre umstrittene gewerbliche Tätigkeit im Friedhofsgebäude als rechtmäßig und insbesondere als mit der Friedhofsatzung vereinbar verteidigt. Im Bereich dieser privatwirtschaftlichen Tätigkeit habe sie keine marktbeherrschende Stellung.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Die Unterbringung des privatwirtschaftlich tätigen Bestattungsdienstes im Anbau der Aussegnungshalle des städtischen Friedhofs sei weder wettbewerbswidrig noch kartellrechtswidrig. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Eine Gemeinde handele grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn sie einen privatwirtschaftlichen Bestattungsbetrieb in einem Gebäude unterbringe, in dem auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt würden, falls eine ausreichende räumliche und personelle Trennung bestehe, die den Angehörigen eines Verstorbenen eine unbeeinflußte Entscheidung darüber ermögliche, welches Unternehmen sie mit Bestattungsleistungen beauftragten. Die Beklagte habe die Friedhofsverwaltung und ihren privatwirtschaftlichen Bestattungsdienst ausreichend getrennt.
Die Frage, ob die Unterbringung eines kommunalen Bestattungsdienstes in Räumen auf dem Friedhofsgelände gegen die Zweckbestimmung des Friedhofs verstoße und wettbewerbswidrig sei, lasse sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des angegriffenen Verhaltens und seiner Auswirkungen sowie der Interessen der Parteien beantworten.
Das Gebäude mit den Aufbahrungsräumen, der Aussegnungshalle und den Büros der Beklagten liege am Rand des Friedhofs und in der Nähe zweier weiterer Gebäude (eines Wohngebäudes und eines Garagen- und Schuppengebäudes ). Der Bestattungsdienst, dessen Tätigkeit geeignet sei, dem Friedhofszweck zu dienen, sei äußerst zurückhaltend in einem an die Aussegnungshalle angebauten Flachbau untergebracht. Der Bürotrakt könne von der Aussegnungshalle oder durch einen Außeneingang auf der Gebäudeseite, die dem Friedhof abgewandt sei, betreten werden. An dem Gebäude weise nichts auf die Unterbringung des Bestattungsdienstes hin. Ein Schild am Außeneingang beziehe sich auf die "Friedhofsverwaltung". Als Hinweis auf das Büro des Bestattungsdienstes diene lediglich ein kleines Türschild. Unter diesen Umständen verstoße die Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nicht gegen den Friedhofszweck.
Die Beklagte verschaffe sich dadurch auch keinen erkennbaren Wettbewerbsvorteil. Angehörige eines Verstorbenen würden zwar möglicherweise durch den Besuch der Friedhofsverwaltung dazu veranlaßt, mit der Auswahl der Grabstelle bei der Friedhofsverwaltung die Erteilung des Bestattungsauftrags beim Bestattungsdienst zu verbinden. Die räumliche und personelle Trennung der beiden Einrichtungen lasse den Angehörigen aber hinreichende Entscheidungsfreiheit. Der Standort des Bestattungsdienstes bringe zudem im Vergleich zu Standorten in zentraler Lage der Stadt auch wettbewerbliche Nachteile. Wegen der Stadtrandlage des Friedhofs und des durch den Friedhofszweck bedingten Ausschlusses von Werbung an Ort und Stelle sei die Unterbringung im Friedhofsgebäude wenig geeignet, das Bestehen und die Geschäftsräume des Bestattungsdienstes bekanntzumachen.
Auch ein kartellrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben. Die Doppelfunktion der Beklagten als hoheitlich tätige Gemeinde und als Betreiberin
des Bestattungsdienstes begründe keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagte werde zwar dadurch, daß sie ihrem Bestattungsdienst bestimmte Räume zur gewerblichen Nutzung zuweise, auf dem Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet seien, tätig. Zu diesem Markt gehöre aber auch der örtliche Gewerberaummarkt der Stadt F. - . Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf diesem Markt eine überragende Marktstellung habe.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Kläger beanstanden mit ihrer Klage trotz des weitergehenden Antragswortlauts konkret, daß die Beklagte ihren gewerblichen Bestattungsdienst auf dem Gelände des städtischen Friedhofs im Friedhofsgebäude, in dem sich auch ein Büroraum der Friedhofsverwaltung befindet, unterbringt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es kommt dagegen - anders als die Revision meint - für die Entscheidung nicht darauf an, wie die Büroräume der Beklagten an den Türen beschildert sind, weil der Klageantrag nicht darauf abstellt.
2. Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (§§ 3, 8 UWG). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand verändert.

a) Es ist für sich genommen wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Beklagte als Gemeinde mit ihrem als Eigenbetrieb geführten Bestattungsdienst am Wettbewerb beteiligt. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb ist weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzu-
lässig (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I, m.w.N.). Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich deshalb nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten).

b) Der öffentlichen Hand ist, wenn sie sich erwerbswirtschaftlich betätigt, nicht anders als privaten Unternehmen unlauteres Wettbewerbsverhalten verboten. Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zudem gerade aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben, etwa wenn die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung mißbraucht werden oder wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, GRUR 2003, 167, 169 = WRP 2003, 73 - Kommunaler Schilderprägebetrieb, jeweils m.w.N.; vgl. auch österr. OGH ÖBl. 1996, 80, 85 f. - Städtische Bestattung - und wbl. 2004, 394, 395 f. - Friedhofsverwaltung). Solche besonderen Umstände, die das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig machen könnten, sind hier jedoch nicht gegeben.
aa) Die Beklagte handelt nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie das Büro ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt. Die Beklagte ist allerdings, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig ist, auch an ihre eigenen kommunalen Satzungen gebunden. Diese sind gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Art. 2 EGBGB; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.24), die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) das Marktverhal-
ten zu regeln. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte nicht gegen ihre eigene Friedhofsatzung verstößt, wenn sie das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt, wird von der Revision jedoch ohne Erfolg beanstandet.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsatzung bedürfen Arbeiten im Friedhof , die gewerbsmäßig vorgenommen werden, der Erlaubnis der Beklagten. Die Vorschrift des § 9 Nr. 6 der Friedhofsatzung der Beklagten verbietet es, auf dem Friedhof "gewerbliche oder sonstige Leistungen ohne Genehmigung anzubieten". Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, wird mit diesen Bestimmungen nicht nur ein Verbot ausgesprochen, sondern zugleich anerkannt, daß ein Bedürfnis zur Vornahme bestimmter gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen des Friedhofbetriebs und auf dem Friedhof, insbesondere zur Durchführung von Bestattungen, besteht. An diese Auslegung der Friedhofsatzung als Ortsrecht ist der Senat als Revisionsgericht gemäß § 545 Abs. 1, § 560 ZPO gebunden (vgl. - zu § 549 Abs. 1, § 562 ZPO a.F. - BGHZ 97, 231, 235 f.; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 545 Rdn. 8).
bb) Die Beklagte handelt auch nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie im Friedhofsgebäude das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes neben dem Büro ihrer Friedhofsverwaltung unterbringt.
(1) Hinterbliebene können zwischen den verschiedenen Angeboten gewerblicher Bestattungsunternehmen frei wählen. Die Beklagte nimmt dadurch, daß sie das Büro ihres Bestattungsdienstes auf dem Friedhofsgelände unterhält , keinen unangemessenen unsachlichen Einfluß auf mögliche Kunden. Die Räume, die für die hoheitliche Friedhofsverwaltung genutzt werden, und die Räume für den Bestattungsdienst sind hinreichend voneinander getrennt (vgl. dazu auch BGH GRUR 1987, 116, 119 - Kommunaler Bestattungswirtschafts-
betrieb I; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 553 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).
(2) Mit der Unterbringung ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte auch nicht in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise ihre öffentlich-rechtliche Stellung aus. Die Beklagte ist grundsätzlich nicht gehindert, für ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bestattungswesens Mittel einzusetzen, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zur Verfügung stehen (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 262 - Altautoverwertung; vgl. dazu auch österr. OGH wbl. 2004, 394, 396 - Friedhofsverwaltung). Es liegt zudem im öffentlichen Interesse, daß die Mittel, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, wirtschaftlich eingesetzt werden. Standortvorteile, die mit der Nutzung ihres Eigentums verbunden sind, darf die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Unternehmen - von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH GRUR 2003, 167, 169 - Kommunaler Schilderprägebetrieb) - nutzen. Von der Beklagten kann deshalb nicht verlangt werden, daß sie das ihr gehörende Friedhofsgebäude nicht für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nutzt, die mit dem Friedhofszweck vereinbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 606 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III). Auf die Frage, ob das Berufungsgericht die Vor- und Nachteile, die mit der Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude verbunden sind, zutreffend eingeschätzt hat, kommt es danach nicht an.
3. Ansprüche aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestehen ebenfalls nicht.

a) Die Kläger berufen sich zur Begründung ihres Unterlassungsantrags auch auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB. Sie tragen dazu vor, die Beklagte behindere andere Bestattungsunternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, wenn sie ein Büro im Friedhofsgebäude für ihren Bestattungsdienst nutze (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Ein solcher Anspruch ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sachlich relevant der Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet sind, und räumlich relevant der örtliche Gewerberaummarkt in F. . Auf diesem Markt ist die Beklagte nicht marktbeherrschend. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

b) Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch nicht aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB begründet. Durch die Unterbringung ihres städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte nicht eine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich aus.
Die Beklagte ist nur marktbeherrschend auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt der Leistungen, für die durch § 5 der Friedhofsatzung ein Benutzungszwang angeordnet ist, nicht jedoch auf dem relevanten Markt für die Leistungen gewerblicher Bestattungsunternehmen.
Die Vorschrift des § 19 GWB kann allerdings auch dann anwendbar sein, wenn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht auf dem beherrschten Markt, sondern auf einem Drittmarkt aufgetreten ist (vgl. BGHZ 156, 379, 382 f. - Strom und Telefon I; BGHZ 158, 334, 338 f. - Der Oberhammer, m.w.N.). Dies gilt auch nach der Neufassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB durch die 7. GWB-Novelle (Siebtes Gesetz zur Änderung
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954; vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640 S. 45; Monopolkommission, Das allgemeine Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, Sondergutachten 41/42, S. 13). Ein Anspruch aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 GWB ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte die Wettbewerbsmöglichkeiten der Klägerin zu 1 auf dem Markt für Leistungen der Bestattungsunternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbeherrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 156, 379, 389 - Strom und Telefon I, m.w.N.). Ein Einsatz kartellrechtswidriger Mittel ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die öffentliche Hand wie andere Unternehmen im Wettbewerb Standortvorteile wahrnimmt, die sich aus der Nutzung ihres Eigentums ergeben. Etwas anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Beklagte in dem Bereich, für den Benutzungszwang besteht, eine Monopolstellung besitzt (vgl. dazu auch BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Die Beklagte nutzt mit der Unterbringung des städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude neben der Friedhofsverwaltung diese Monopolstellung nicht mißbräuchlich aus; sie verquickt damit nicht unzulässig die öffentlich-rechtliche mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit. Die räumliche Nähe zum Friedhof und zur Friedhofsverwaltung bringt dem städtischen Bestattungsdienst zwar jedenfalls auch wettbewerbliche Vorteile; der Zusammenhang zwischen der Hoheitsverwaltung und dem gewerblichen Bestattungswesen ist aber nicht so eng, daß die Ausnutzung solcher Vorteile im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu mißbilligen wäre (vgl. dazu auch - zu § 1
UWG a.F. - BGH GRUR 1987, 116, 118 f. - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I). Noch weniger ist das beanstandete Verhalten für sich geeignet , Mitbewerber aus dem Markt zu drängen.
III. Die Revision der Kläger war danach auf ihre Kosten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 293/99 Verkündet am:
26. September 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Altautoverwertung
UWG § 1; GO NW § 107; BGB § 823 Bf Abs. 2

a) Ein Verstoß gegen § 107 GO NW, der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten
der Gemeinden Grenzen setzt, begründet keinen Anspruch privater Wettbewerber
aus § 1 UWG. Die Vorschrift hat insofern eine den Wettbewerb regelnde
Funktion, als sie - auch zum Schutz der privaten Wirtschaft - durch
die Beschränkung des Marktzutritts der Gemeinden Rahmenbedingungen
des Wettbewerbs festlegt. Sie dient jedoch nicht der Kontrolle der Lauterkeit
des Marktverhaltens der Gemeinden.

b) Die Vorschrift des § 107 GO NW ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823
Abs. 2 BGB.

c) Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Zusammenarbeit eines Straßenverkehrsamts
mit einem gemeindewirtschaftlichen Unternehmen, das die Altautoverwertung
und -entsorgung betreibt, bei der Entgegennahme von Altfahrzeugen.
BGH, Urt. v. 26. September 2002 - I ZR 293/99 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Oktober 1999 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger betreiben im Gebiet der Stadt W. Unternehmen zur Verwertung und Entsorgung alter Kraftfahrzeuge.
Die Beklagte zu 1, die ihren Sitz in W. hat, ist eine Tochtergesellschaft der B. Entsorgungsgesellschaft mbH, an der die W. Stadtwerke AG, die R. Stadtwerke GmbH und die V. Stadtwerke GmbH beteiligt sind. Sie nahm Anfang 1997 ihre Tätigkeit auf, zu der nach dem Gesellschaftsvertrag "die Behandlung, Verwertung und Entsorgung von Fahrzeugen, Be-
triebsstoffen und Kfz-Teilen aller Art, insbesondere das Kraftfahrzeugrecycling, die Wiederverwertung und [der] Verkauf von Fahrzeugteilen im Rahmen zeit- wertgerechter Reparaturen und die damit verbundenen Geschäfte" gehören. Der Betrieb der Beklagten zu 1 ist - vorbehaltlich einer entsprechenden technischen und personellen Ausstattung - darauf ausgerichtet, pro Jahr bis zu 13.000 Fahrzeuge zu verarbeiten. Nach dem Vortrag der Beklagten beträgt die derzeitige Kapazität etwa 3.000 Fahrzeuge im Jahr. Die Anlage ist ausreichend für den Einzugsbereich der Städte W. , R. und V. . Im Bereich W. sind jährlich etwa 7.000 bis 8.000 Altfahrzeuge zu verwerten und zu entsorgen.
Die Beklagte zu 2, die Stadt W. , nahm bis zum 1. April 1998 über ihr Straßenverkehrsamt Altautos, die dort abgemeldet wurden, entgegen und führte diese der Beklagten zu 1 zur Entsorgung zu.
Die Kläger haben vorgebracht, die Beklagten handelten wettbewerbswidrig , weil ihre Betätigung bei der Altautoverwertung mit den Schranken, die § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (im folgenden: GO NW) der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden setze, nicht vereinbar sei. Die Beklagte zu 1 sei zudem wirtschaftlich nur lebensfähig, weil sie über ihre Muttergesellschaft von den Gemeinden W. , R. und V. mit öffentlichen Mitteln unterstützt werde. Diese Unterstützung ermögliche es ihr, den Autohäusern in W. für jedes Altauto ohne Rücksicht auf dessen Recyclingwert und die Entsorgungskosten pauschal 250,-- DM zu zahlen, um so ihre Wettbewerber zu verdrängen. Die Kläger hätten demgegenüber früher in der Regel kein Entgelt für ein Altauto gezahlt. Wenn das Straßenverkehrsamt der Beklagten zu 2 Altautos bei deren Abmeldung für das Entsorgungsunternehmen der Beklagten zu 1 entgegennehme, würden hoheitliche Tätigkeiten unzulässig mit privaten vermischt.

Die Kläger haben beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
a) privaten Auftraggebern das Recycling von Altautos anzubieten und/oder solche Arbeiten auszuführen;
b) Autohäusern in W. den Ankauf von zu recycelnden Altfahrzeugen zu einem Preis von 250,-- DM anzubieten und/oder Altfahrzeuge zu einem solchen Preis anzukaufen ;
c) privaten Kunden anzubieten, gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 100,-- DM ihr Altfahrzeug bei der KfzZulassungsstelle abzugeben, ihnen eine Abmelde- und Verwertungsbestätigung auszustellen und ihnen ein kostenloses VRR-Ticket für die Rückfahrt zur Verfügung zu stellen und/oder solche Geschäftstätigkeiten auszuführen. 2. den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte zu 1 die vorstehend zu Ziffer 1 a bis c bezeichneten Handlungen begangen hat und welche Umsätze sie dabei erzielt hat. II. festzustellen, daß die Beklagten den Klägern zum Schadensersatz wegen der aus den Ziffern I 1 a bis c bezeichneten Handlungen verpflichtet sind. Die Beklagten haben entgegnet, die angegriffene Altautoverwertung der Beklagten zu 1 entspreche den Vorschriften über die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden. Altautos seien nur zum jeweiligen Marktpreis abgenommen worden. Die Klage gehe zudem zu Unrecht davon aus, daß jeweils beide Beklagten an den beanstandeten Handlungen beteiligt gewesen seien.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Wuppertal DVBl. 1999, 939).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landge- richtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Düsseldorf NVwZ 2000, 111).
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß der Klageantrag zu I 1 a, mit dem schlechthin die Unterlassung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Beklagten zu 1 bei der Altautoverwertung und -entsorgung sowie der Beteiligung der Beklagten zu 2 daran verlangt werde, unbegründet sei. Die Vorschrift des § 107 GO NW diene zwar auch dem Schutz der privaten Wirtschaft gegen eine unzulässige privatwirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, so daß ihre Nichtbeachtung wettbewerbswidrig sei. Das mit dem Klageantrag zu I 1 a beanstandete Handeln der Beklagten werde aber von dieser Vorschrift nicht erfaßt, weil es der Abfallentsorgung im Sinne des § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO NW (§ 107 Abs. 2 Nr. 3 GO NW a.F.) diene und deshalb nicht als wirtschaftliche Betätigung im Sinne des § 107 GO NW gelte. Eine solche Tätigkeit sei demgemäß trotz der Vorteile, die ein Hoheitsträger im Wettbewerb gegenüber privaten Wettbewerbern habe (insbesondere durch seine Finanzierung durch Steuern und Abgaben), grundsätzlich auch wettbewerbsrechtlich zulässig.

Besondere Umstände, aus denen sich hier die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der angegriffenen Handlungen ergeben könnte, lägen nicht vor. Es könne nicht festgestellt werden, daß der Betrieb der Beklagten zu 1 darauf angelegt sei, den Bestand oder die Grundlagen des Leistungswettbewerbs zu gefährden. Dies ergebe sich nicht schon aus der Kapazität des Betriebes, die ausreichen könnte, den gesamten Anfall von Altautos im Gebiet der Beklagten zu 2 und der Städte R. und V. zu bewältigen.
Auch der Klageantrag zu I 1 b sei unbegründet. Es könne nicht angenommen werden, daß die Beklagten wettbewerbswidrig gehandelt hätten, weil verschiedenen Autohäusern in W. für Altautos ein pauschaler Abnahmepreis gezahlt worden sei. Die Kläger äußerten insoweit nur Vermutungen. Sie räumten selbst ein, daß der zu zahlende Preis jeweils grundsätzlich am konkreten Recyclingwert ausgerichtet werde. Dies bedeute, daß es Fälle gegeben habe, in denen auch die Kläger ein Altauto nicht unentgeltlich übernehmen konnten. Es lasse sich deshalb nicht feststellen, in welchem Ausmaß die Beklagte zu 2 wirtschaftlich unvernünftig und wettbewerbswidrig gehandelt haben könnte, indem sie der Beklagten zu 1 das beanstandete Preisgebaren ermöglicht habe. Auch der Wirtschaftsbetrieb einer Gemeinde sei in seiner Preisgestaltung grundsätzlich frei. Es sei nicht substantiiert dargetan, daß die Beklagte zu 1 in Vernichtungs- oder Verdrängungsabsicht gehandelt habe oder daß öffentliche Mittel zweckentfremdet worden seien.
Der Klageantrag zu I 1 c sei ebenfalls unbegründet. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit genüge nicht die Behauptung, daß die Beklagte zu 2 durch ihr Straßenverkehrsamt hoheitliche Leistungen erbracht habe und durch dieselben Personen Altautos entgegengenommen habe. Es fehle dazu eine eingehende
Darstellung der konkreten Handlungs- und Organisationsabläufe. Ebenso hätte es näherer Angaben bedurft, warum das Straßenverkehrsamt wettbewerbswidrig handele, wenn es - was grundsätzlich zulässig sei - kostenlos Fahrkarten für die Rückfahrt mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln abgebe.
Ein Unterlassungsanspruch sei jedenfalls mangels einer Wiederholungsgefahr nicht gegeben. Die Beklagten hätten in der mündlichen Verhandlung verbindlich erklärt, das mit dem Klageantrag zu I 1 c angegriffene Verhalten, das am 1. April 1998 eingestellt worden sei, werde nicht wieder aufgenommen werden. Diese Zusicherung der Beklagten zu 2, die vornehmlich als Hoheitsträger gehandelt habe, sei hier ausnahmsweise ausreichend.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe bleiben ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß der mit dem Klageantrag zu I 1 a geltend gemachte Unterlassungsanspruch, mit dem die Kläger ein vollständiges Verbot der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Beklagten zu 1 bei der Altautoverwertung und -entsorgung sowie der Beteiligung der Beklagten zu 2 daran begehren, unbegründet ist.

a) Der Klageantrag zu I 1 a könnte nach § 1 UWG nur begründet sein, wenn es schlechthin - auch ohne Hinzutreten besonderer Umstände - als wettbewerbswidrig anzusehen wäre, daß die Beklagte zu 1 privaten Auftraggebern die umweltverträgliche Entsorgung von Altautos anbietet und solche Arbeiten ausführt. Dies ist jedoch nicht der Fall.
(1) Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung kann offenbleiben, ob die Verwertung und Entsorgung von Altautos durch die Beklagte zu 1 gegen die Vorschrift des § 107 GO NW über die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden verstößt. Eine Verletzung dieser Vorschrift hätte nicht zur Folge, daß das beanstandete Handeln wettbewerbsrechtlich als unlauter anzusehen wäre.
Wie der Senat - nach Erlaß des Berufungsurteils - entschieden hat (Urt. v. 25.4.2002 - I ZR 250/00, GRUR 2002, 825, 826 = WRP 2002, 943 - Elektroarbeiten , für BGHZ vorgesehen; vgl. auch Köhler, NJW 2002, 2761, 2762; a.A. Dreher, ZIP 2002, 1648), ist ein Anspruch aus § 1 UWG nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müßte. Auch bei der Verletzung von Vorschriften über den Marktzutritt muß anhand einer am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob dieses durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß kann dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG - eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat (BGH GRUR 2002, 825, 826 - Elektroarbeiten). Eine solche Schutzfunktion fehlt der Vorschrift des § 107 GO NW ebenso wie der ihr entsprechenden Bestimmung des Art. 87 BayGO, die Gegenstand der Entscheidung "Elektroarbeiten" war (vgl. BGH GRUR 2002, 825, 826 f.; a.A. Dreher, ZIP 2002, 1648 ff.). Diese Vorschrift soll allerdings - wie u.a. aus § 107 Abs. 5 GO NW hervorgeht - auch die private Wirtschaft schützen, indem sie der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden Schranken setzt (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 8 des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Erstes Gesetz zur Modernisierung
von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen [Erstes Modernisierungsgesetz - 1. ModernG NRW], LT-Drucks. 12/3730 S. 106). Sie hat auch insofern eine den Wettbewerb regelnde Funktion, als sie durch die Beschränkung des Marktzutritts der Gemeinden Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegt. Sie dient jedoch nicht der Kontrolle der Lauterkeit des Marktverhaltens der Gemeinden. Auf Umstände, aus denen sich die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit der mit dem Klageantrag zu I 1 a angegriffenen Tätigkeit ergeben könnte, stellt § 107 GO NW nicht ab.
(2) Für die Entscheidung über den Klageantrag zu I 1 a ist es auch unerheblich , ob die Altautoverwertung durch die Beklagte zu 1 mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (Krw-/AbfG) vereinbar ist. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, daß die Abfallverwertung durch dieses Gesetz materiell privatisiert und damit der Aufgabenwahrnehmung durch kommunale Einrichtungen entzogen ist, wie die Revision unter Berufung auf Weidemann (VerwArch 1999, 533, 546 f.) vorträgt, könnte ein Verstoß gegen eine derartige gesetzliche Schranke aus denselben Gründen keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche von Wettbewerbern begründen wie ein Verstoß gegen § 107 GO NW.
(3) Wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, kann der Klageantrag zu I 1 a auch nicht darauf gestützt werden, daß die Beklagte zu 2 zusammen mit den Städten R. und V. wirtschaftlich Träger der Beklagten zu 1 ist. Die beanstandete Tätigkeit der Beklagten zu 1 wird nicht dadurch als solche wettbewerbsrechtlich unlauter, daß die öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften , die ihre Träger sind, zu ihrer Finanzierung mit Mitteln beitragen können, die ihnen durch Steuern und Abgaben zugeflossen sind (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987,
22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Köhler, NJW 2002, 2761, 2762). Wäre die Verwendung solcher Mittel (oder bereits die Möglichkeit ihrer Verwendung) als wettbewerbswidrig anzusehen, wäre der öffentlichen Hand durch das Recht des unlauteren Wettbewerbs jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeit untersagt. Anders wäre es allerdings zu beurteilen, wenn diese Finanzmittel in unlauterer Weise eingesetzt würden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, Umdruck S. 10 - Kommunaler Schilderprägebetrieb; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 562 ff. m.w.N.).
(4) Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht entschieden, daß die mit dem Klageantrag zu I 1 a angegriffene Tätigkeit der Beklagten zu 1 als solche selbst dann nicht wettbewerbswidrig wäre, wenn die Kapazität der dafür errichteten Anlagen so ausgelegt sein sollte, daß sämtliche im Gebiet der beteiligten Städte anfallenden Altautos verwertet und entsorgt werden könnten. Auch wenn dies bedeuten sollte, daß die Anlagen nur bei einer Verdrängung der privaten Wettbewerber wirtschaftlich sein könnten, würde daraus nicht folgen, daß jedwede Nutzung der Anlagen wettbewerbsrechtlich unlauter wäre. Schafft die öffentliche Hand Überkapazitäten, beeinträchtigt sie dadurch allein nicht den lauteren Wettbewerb.

b) Der Klageantrag zu I 1 a ist auch nicht auf der Grundlage eines quasinegatorischen Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 1004 BGB analog i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB) begründet, da § 107 GO NW kein Schutzgesetz im Sinne dieser Bestimmung ist (vgl. Rehn/Cronauge /von Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand Mai 2000, § 107 Anm. I 4 m.w.N.). Eine Vorschrift ist nicht schon dann ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach ihrem Inhalt und Zweck die Belange eines anderen fördert. Erforderlich ist vielmehr, daß sie in
der Weise einem gezielten Individualschutz gegen eine näher bestimmte Art der Schädigung dienen soll, daß an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des Verletzers geknüpft wird. Bei § 107 GO NW ist dies nicht anzunehmen. Die Vorschrift beschränkt zwar die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden auch deshalb, weil sich diese zu Lasten der Privatwirtschaft auswirken kann. Sie hat aber nicht den Zweck, die einzelnen Unternehmen dadurch vor einem Wettbewerb durch gemeindliche Unternehmen zu schützen, daß ein Verstoß Individualansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung begründen kann (vgl. - zu Art. 87 BayGO - BGH GRUR 2002, 825, 828 - Elektroarbeiten, m.w.N.).
2. Der Klageantrag zu I 1 b ist nach der rechtsfehlerfreien Entscheidung des Berufungsgerichts ebenfalls unbegründet. Nach diesem Antrag soll den Beklagten verboten werden, Autohäusern in W. den Ankauf von Altautos zu einem Pauschalpreis von 250,-- DM anzubieten und/oder Altautos zu einem solchen Preis anzukaufen.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts, es sei nicht substantiiert dargelegt , daß mit Pauschalzahlungen in dieser Höhe unlauterer Verdrängungswettbewerb zu Lasten der privaten Wettbewerber betrieben werde (§ 1 UWG), greift die Revision ohne Erfolg an. Ein Verdrängungswettbewerb könnte nur angenommen werden, wenn für Altautos ein Pauschalpreis von 250,-- DM unangemessen wäre. Die Revision trägt dies zwar vor, hat jedoch dazu in ihrer Revisionsbegründung nicht auf übergangenen Sachvortrag Bezug genommen, sondern sich lediglich in unzulässiger Weise auf die Lebenserfahrung berufen. Auch wenn ihr späteres Vorbringen bei der revisionsrechtlichen Würdigung berücksichtigt werden könnte, wäre es jedenfalls - was jedoch unerörtert bleiben kann - im Ergebnis unbehelflich.

Für ihr Vorbringen, der Klageantrag zu I 1 b sei jedenfalls auch aus § 20 Abs. 4 GWB begründet, kann die Revision nicht auf Vorbringen in den Vorinstanzen verweisen, aus dem sich ergibt, daß die Beklagte zu 1 Normadressatin ist.
3. Auch den Klageantrag zu I 1 c (Entgegennahme von Altfahrzeugen in der Kfz-Zulassungsstelle) hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als unbegründet erachtet, weil eine wettbewerbswidrige Vermischung hoheitlicher und erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit nicht dargetan ist. Es ist nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig, daß die Beklagte zu 2 in ihrem Straßenverkehrsamt Altautos , die dort abgemeldet wurden, gegen Zahlung von 100,-- DM entgegengenommen und der Beklagten zu 1 zur Entsorgung zugeführt hat.
Der öffentlichen Hand ist es allerdings grundsätzlich untersagt, amtliche Beziehungen zur Werbung oder zum Abschluß von Verträgen auszunutzen, um sich oder einem Dritten auf diese Weise Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen. In einem solchen Vorgehen kann ein Mißbrauch der amtlichen Stellung und der Einrichtungen der Verwaltung liegen, der im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig ist. Eine andere Beurteilung kann aber dann geboten sein, wenn ein enger Zusammenhang zwischen der hoheitlichen Tätigkeit und der Teilnahme am Wirtschaftsleben besteht und die Handlung der Erfüllung amtlicher Aufgaben in der Weise dient, daß sie nur als eine Art Hilfstätigkeit der öffentlichen Verwaltung erscheint. Unter solchen Umständen kann die gebotene Interessenabwägung dazu führen, daß wettbewerbsrechtliche Bedenken zurückzutreten haben. Allerdings wird die öffentliche Hand in solchen Fällen das jeweils schonendste Mittel zu wählen haben, das einerseits den zu wahrenden öffentlichen Interessen genügt, andererseits aber auch die Belange des privaten Gewerbes so we-
nig wie möglich beeinträchtigt (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf, m.w.N.; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, Umdruck S. 10 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb

).


Nach dem Sachverhalt, von dem im Revisionsverfahren auszugehen ist, kann kein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten zu 2 angenommen werden. Die Beklagte zu 2 hat der Beklagten zu 1 allerdings einen nicht geringen Wettbewerbsvorteil verschafft, indem sie ermöglicht hat, Altautos zugleich mit der Abmeldung bei der Zulassungsstelle gegen Entgelt zur Entsorgung abzugeben. Zwischen der - auch im öffentlichen Interesse liegenden - Möglichkeit, auf diese Weise Altautos rasch, gefahrlos und für die Bürger besonders bequem aus dem Verkehr zu ziehen, und dem öffentlichen Zweck einer Zulassungsstelle besteht aber ein sehr enger Zusammenhang. Es kann daher nicht angenommen werden, daß es ohne Hinzutreten weiterer Umstände wettbewerbswidrig war, wenn im Straßenverkehrsamt der Beklagten zu 2 bis zum 1. April 1998, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Altauto-Verordnung (Verordnung über die Entsorgung von Altautos und die Anpassung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli 1997, AltautoV, BGBl. I S. 1666), Altautos zur Entsorgung entgegengenommen wurden. Solche Umstände haben die Kläger , wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, nicht dargelegt. Sie haben auch nicht vorgetragen, daß sie sich um eine Zusammenarbeit mit dem Straßenverkehrsamt bei der Entgegennahme von Altautos bemüht hätten, aber aus unsachlichen Gründen davon ausgeschlossen worden seien (vgl. dazu BGH, Urt. v. 14.7.1998 - KZR 1/97, GRUR 1999, 278, 280 f. = WRP 1999, 105 - Schilderpräger im Landratsamt; Urt. v. 14.7.1998 - KZR 15/97, Umdruck S. 10).
4. Aus den vorstehend dargelegten Gründen können die Kläger mit ihren - auf die Anträge zu I 1 a bis c bezogenen - Ansprüchen auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung (Klageantrag I 2) und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht (Klageantrag zu II) ebenfalls nicht durchdringen.
Die Kläger können Schadensersatz und Auskunftserteilung auch nicht für die Zeit vor Inkrafttreten der Neufassung des § 107 GO NW (vgl. Art. 1 Nr. 8 des 1. ModernG vom 15. Juni 1999, GVBl. NW 1999, 386) verlangen. Nach der zuvor geltenden Fassung des § 107 GO NW war zwar eine erwerbswirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde grundsätzlich nur zulässig, wenn ein dringender öffentlicher Zweck sie erforderte (§ 107 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GO NW a.F.). Auch diese engeren Schranken für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit waren aber nicht im Interesse der Lauterkeit des Wettbewerbs gesetzt, so daß ein Verstoß gegen sie nicht zugleich wettbewerbswidrig war.
III. Die Revision gegen das Berufungsurteil war danach auf Kosten der Kläger zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 170/02 Verkündet am:
21. Juli 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Friedhofsruhe
Eine Gemeinde handelt nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich
unlauter oder kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen
Bestattungsdienst im Friedhofsgebäude auf dem Gelände des städtischen
Friedhofs unterbringt.
BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - I ZR 170/02 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die Stadt F. , unterhält am Nordwestrand des bebauten Gemeindegebiets einen Friedhof. Nach § 5 der Friedhofsatzung besteht bei einer Bestattung auf dem Friedhof für bestimmte Verrichtungen (insbesondere für die Durchführung der Erdbestattung und die Beisetzung von Urnen) ein Benutzungszwang.
In einem Gebäude am Rand des Friedhofs befinden sich die Aufbahrungsräume und die Aussegnungshalle. An die Aussegnungshalle schließt ein Gebäudeteil mit drei Büroräumen an. In einem dieser Räume ist das Büro der
Friedhofsverwaltung der Beklagten; hier werden die Grabstellen vergeben und die Bestattungszeiten festgelegt. Der zweite Raum wurde bis zum Erlaß des landgerichtlichen Urteils für den Betrieb des privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienstes genutzt. Der dritte Raum diente der Beklagten und zwei Sargherstellern bis zu einer von der Beklagten im Rechtsstreit abgegebenen Unterlassungserklärung als Ausstellungsraum für Särge und Überurnen.
Der städtische Bestattungsdienst wird personell getrennt von der Friedhofsverwaltung geführt und übernimmt gewerbliche Leistungen im Zusammenhang mit Bestattungen. Das Sterbefall-Standesamt und das Friedhofsamt sind im Rathaus in der Stadtmitte.
Die Klägerin zu 1 betreibt ein Bestattungsunternehmen und unterhält in F. eine Filiale. Der Kläger zu 2 ist ein Verband, der nach seiner Satzung u.a. den Zweck hat, die gemeinsamen wirtschaftlichen Belange des Bestattungsgewerbes und seiner Mitglieder - auch durch Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - zu fördern.
Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagte handele wettbewerbsrechtlich unlauter und kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen Bestattungsdienst in einem Büroraum des Friedhofsgebäudes auf dem Gelände des städtischen Friedhofs unterbringe. Dies widerspreche dem Friedhofszweck, eine angemessene und geordnete Bestattung und ein pietätvolles Gedenken an die Verstorbenen in würdigem Rahmen zu ermöglichen, und der Standesauffassung im Bestattungsgewerbe. Durch die Verknüpfung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeiten verschaffe sich die Beklagte zudem einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Wenn Angehörige eines Verstorbenen die Friedhofsverwaltung aufsuchen müßten, werde dies leicht Anlaß sein, auch den ge-
werblichen Bestattungsauftrag zu erteilen. Aufgrund ihrer Doppelfunktion als Träger des Friedhofs mit Benutzungszwang und als Betreiber des kommunalen Bestattungsunternehmens habe die Beklagte eine marktbeherrschende Stellung. Durch Unterbringung ihres gewerblichen Bestattungsbetriebs auf dem Friedhofsgelände verstoße die Beklagte zudem gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB, da keinem anderen Bestattungsunternehmen ein vergleichbarer Standort zur Verfügung stehe.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, innerhalb des Geländes des gemeindlichen Waldfriedhofes F. ein Büro des städtischen Bestattungsdienstes zu unterhalten und/ oder dort bestattungswirtschaftliche Dienste anzubieten.
Den ursprünglich gestellten Antrag, der Beklagten auch die Unterhaltung eines Ausstellungsraums für Särge und Überurnen auf dem Friedhofsgelände zu untersagen, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte insoweit eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
Die Beklagte hat ihre umstrittene gewerbliche Tätigkeit im Friedhofsgebäude als rechtmäßig und insbesondere als mit der Friedhofsatzung vereinbar verteidigt. Im Bereich dieser privatwirtschaftlichen Tätigkeit habe sie keine marktbeherrschende Stellung.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Die Unterbringung des privatwirtschaftlich tätigen Bestattungsdienstes im Anbau der Aussegnungshalle des städtischen Friedhofs sei weder wettbewerbswidrig noch kartellrechtswidrig. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Eine Gemeinde handele grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn sie einen privatwirtschaftlichen Bestattungsbetrieb in einem Gebäude unterbringe, in dem auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt würden, falls eine ausreichende räumliche und personelle Trennung bestehe, die den Angehörigen eines Verstorbenen eine unbeeinflußte Entscheidung darüber ermögliche, welches Unternehmen sie mit Bestattungsleistungen beauftragten. Die Beklagte habe die Friedhofsverwaltung und ihren privatwirtschaftlichen Bestattungsdienst ausreichend getrennt.
Die Frage, ob die Unterbringung eines kommunalen Bestattungsdienstes in Räumen auf dem Friedhofsgelände gegen die Zweckbestimmung des Friedhofs verstoße und wettbewerbswidrig sei, lasse sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des angegriffenen Verhaltens und seiner Auswirkungen sowie der Interessen der Parteien beantworten.
Das Gebäude mit den Aufbahrungsräumen, der Aussegnungshalle und den Büros der Beklagten liege am Rand des Friedhofs und in der Nähe zweier weiterer Gebäude (eines Wohngebäudes und eines Garagen- und Schuppengebäudes ). Der Bestattungsdienst, dessen Tätigkeit geeignet sei, dem Friedhofszweck zu dienen, sei äußerst zurückhaltend in einem an die Aussegnungshalle angebauten Flachbau untergebracht. Der Bürotrakt könne von der Aussegnungshalle oder durch einen Außeneingang auf der Gebäudeseite, die dem Friedhof abgewandt sei, betreten werden. An dem Gebäude weise nichts auf die Unterbringung des Bestattungsdienstes hin. Ein Schild am Außeneingang beziehe sich auf die "Friedhofsverwaltung". Als Hinweis auf das Büro des Bestattungsdienstes diene lediglich ein kleines Türschild. Unter diesen Umständen verstoße die Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nicht gegen den Friedhofszweck.
Die Beklagte verschaffe sich dadurch auch keinen erkennbaren Wettbewerbsvorteil. Angehörige eines Verstorbenen würden zwar möglicherweise durch den Besuch der Friedhofsverwaltung dazu veranlaßt, mit der Auswahl der Grabstelle bei der Friedhofsverwaltung die Erteilung des Bestattungsauftrags beim Bestattungsdienst zu verbinden. Die räumliche und personelle Trennung der beiden Einrichtungen lasse den Angehörigen aber hinreichende Entscheidungsfreiheit. Der Standort des Bestattungsdienstes bringe zudem im Vergleich zu Standorten in zentraler Lage der Stadt auch wettbewerbliche Nachteile. Wegen der Stadtrandlage des Friedhofs und des durch den Friedhofszweck bedingten Ausschlusses von Werbung an Ort und Stelle sei die Unterbringung im Friedhofsgebäude wenig geeignet, das Bestehen und die Geschäftsräume des Bestattungsdienstes bekanntzumachen.
Auch ein kartellrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben. Die Doppelfunktion der Beklagten als hoheitlich tätige Gemeinde und als Betreiberin
des Bestattungsdienstes begründe keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagte werde zwar dadurch, daß sie ihrem Bestattungsdienst bestimmte Räume zur gewerblichen Nutzung zuweise, auf dem Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet seien, tätig. Zu diesem Markt gehöre aber auch der örtliche Gewerberaummarkt der Stadt F. - . Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf diesem Markt eine überragende Marktstellung habe.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Kläger beanstanden mit ihrer Klage trotz des weitergehenden Antragswortlauts konkret, daß die Beklagte ihren gewerblichen Bestattungsdienst auf dem Gelände des städtischen Friedhofs im Friedhofsgebäude, in dem sich auch ein Büroraum der Friedhofsverwaltung befindet, unterbringt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es kommt dagegen - anders als die Revision meint - für die Entscheidung nicht darauf an, wie die Büroräume der Beklagten an den Türen beschildert sind, weil der Klageantrag nicht darauf abstellt.
2. Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (§§ 3, 8 UWG). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand verändert.

a) Es ist für sich genommen wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Beklagte als Gemeinde mit ihrem als Eigenbetrieb geführten Bestattungsdienst am Wettbewerb beteiligt. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb ist weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzu-
lässig (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I, m.w.N.). Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich deshalb nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten).

b) Der öffentlichen Hand ist, wenn sie sich erwerbswirtschaftlich betätigt, nicht anders als privaten Unternehmen unlauteres Wettbewerbsverhalten verboten. Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zudem gerade aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben, etwa wenn die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung mißbraucht werden oder wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, GRUR 2003, 167, 169 = WRP 2003, 73 - Kommunaler Schilderprägebetrieb, jeweils m.w.N.; vgl. auch österr. OGH ÖBl. 1996, 80, 85 f. - Städtische Bestattung - und wbl. 2004, 394, 395 f. - Friedhofsverwaltung). Solche besonderen Umstände, die das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig machen könnten, sind hier jedoch nicht gegeben.
aa) Die Beklagte handelt nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie das Büro ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt. Die Beklagte ist allerdings, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig ist, auch an ihre eigenen kommunalen Satzungen gebunden. Diese sind gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Art. 2 EGBGB; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.24), die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) das Marktverhal-
ten zu regeln. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte nicht gegen ihre eigene Friedhofsatzung verstößt, wenn sie das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt, wird von der Revision jedoch ohne Erfolg beanstandet.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsatzung bedürfen Arbeiten im Friedhof , die gewerbsmäßig vorgenommen werden, der Erlaubnis der Beklagten. Die Vorschrift des § 9 Nr. 6 der Friedhofsatzung der Beklagten verbietet es, auf dem Friedhof "gewerbliche oder sonstige Leistungen ohne Genehmigung anzubieten". Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, wird mit diesen Bestimmungen nicht nur ein Verbot ausgesprochen, sondern zugleich anerkannt, daß ein Bedürfnis zur Vornahme bestimmter gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen des Friedhofbetriebs und auf dem Friedhof, insbesondere zur Durchführung von Bestattungen, besteht. An diese Auslegung der Friedhofsatzung als Ortsrecht ist der Senat als Revisionsgericht gemäß § 545 Abs. 1, § 560 ZPO gebunden (vgl. - zu § 549 Abs. 1, § 562 ZPO a.F. - BGHZ 97, 231, 235 f.; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 545 Rdn. 8).
bb) Die Beklagte handelt auch nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie im Friedhofsgebäude das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes neben dem Büro ihrer Friedhofsverwaltung unterbringt.
(1) Hinterbliebene können zwischen den verschiedenen Angeboten gewerblicher Bestattungsunternehmen frei wählen. Die Beklagte nimmt dadurch, daß sie das Büro ihres Bestattungsdienstes auf dem Friedhofsgelände unterhält , keinen unangemessenen unsachlichen Einfluß auf mögliche Kunden. Die Räume, die für die hoheitliche Friedhofsverwaltung genutzt werden, und die Räume für den Bestattungsdienst sind hinreichend voneinander getrennt (vgl. dazu auch BGH GRUR 1987, 116, 119 - Kommunaler Bestattungswirtschafts-
betrieb I; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 553 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).
(2) Mit der Unterbringung ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte auch nicht in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise ihre öffentlich-rechtliche Stellung aus. Die Beklagte ist grundsätzlich nicht gehindert, für ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bestattungswesens Mittel einzusetzen, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zur Verfügung stehen (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 262 - Altautoverwertung; vgl. dazu auch österr. OGH wbl. 2004, 394, 396 - Friedhofsverwaltung). Es liegt zudem im öffentlichen Interesse, daß die Mittel, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, wirtschaftlich eingesetzt werden. Standortvorteile, die mit der Nutzung ihres Eigentums verbunden sind, darf die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Unternehmen - von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH GRUR 2003, 167, 169 - Kommunaler Schilderprägebetrieb) - nutzen. Von der Beklagten kann deshalb nicht verlangt werden, daß sie das ihr gehörende Friedhofsgebäude nicht für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nutzt, die mit dem Friedhofszweck vereinbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 606 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III). Auf die Frage, ob das Berufungsgericht die Vor- und Nachteile, die mit der Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude verbunden sind, zutreffend eingeschätzt hat, kommt es danach nicht an.
3. Ansprüche aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestehen ebenfalls nicht.

a) Die Kläger berufen sich zur Begründung ihres Unterlassungsantrags auch auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB. Sie tragen dazu vor, die Beklagte behindere andere Bestattungsunternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, wenn sie ein Büro im Friedhofsgebäude für ihren Bestattungsdienst nutze (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Ein solcher Anspruch ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sachlich relevant der Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet sind, und räumlich relevant der örtliche Gewerberaummarkt in F. . Auf diesem Markt ist die Beklagte nicht marktbeherrschend. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

b) Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch nicht aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB begründet. Durch die Unterbringung ihres städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte nicht eine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich aus.
Die Beklagte ist nur marktbeherrschend auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt der Leistungen, für die durch § 5 der Friedhofsatzung ein Benutzungszwang angeordnet ist, nicht jedoch auf dem relevanten Markt für die Leistungen gewerblicher Bestattungsunternehmen.
Die Vorschrift des § 19 GWB kann allerdings auch dann anwendbar sein, wenn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht auf dem beherrschten Markt, sondern auf einem Drittmarkt aufgetreten ist (vgl. BGHZ 156, 379, 382 f. - Strom und Telefon I; BGHZ 158, 334, 338 f. - Der Oberhammer, m.w.N.). Dies gilt auch nach der Neufassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB durch die 7. GWB-Novelle (Siebtes Gesetz zur Änderung
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954; vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640 S. 45; Monopolkommission, Das allgemeine Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, Sondergutachten 41/42, S. 13). Ein Anspruch aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 GWB ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte die Wettbewerbsmöglichkeiten der Klägerin zu 1 auf dem Markt für Leistungen der Bestattungsunternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbeherrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 156, 379, 389 - Strom und Telefon I, m.w.N.). Ein Einsatz kartellrechtswidriger Mittel ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die öffentliche Hand wie andere Unternehmen im Wettbewerb Standortvorteile wahrnimmt, die sich aus der Nutzung ihres Eigentums ergeben. Etwas anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Beklagte in dem Bereich, für den Benutzungszwang besteht, eine Monopolstellung besitzt (vgl. dazu auch BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Die Beklagte nutzt mit der Unterbringung des städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude neben der Friedhofsverwaltung diese Monopolstellung nicht mißbräuchlich aus; sie verquickt damit nicht unzulässig die öffentlich-rechtliche mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit. Die räumliche Nähe zum Friedhof und zur Friedhofsverwaltung bringt dem städtischen Bestattungsdienst zwar jedenfalls auch wettbewerbliche Vorteile; der Zusammenhang zwischen der Hoheitsverwaltung und dem gewerblichen Bestattungswesen ist aber nicht so eng, daß die Ausnutzung solcher Vorteile im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu mißbilligen wäre (vgl. dazu auch - zu § 1
UWG a.F. - BGH GRUR 1987, 116, 118 f. - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I). Noch weniger ist das beanstandete Verhalten für sich geeignet , Mitbewerber aus dem Markt zu drängen.
III. Die Revision der Kläger war danach auf ihre Kosten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 30/00 Verkündet am:
9. Juli 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Fernwärme für Börnsen

a) Verknüpft eine Gemeinde den Verkauf von Grundstücken in einem Neubaugebiet
mit der Verpflichtung, den Heizenergiebedarf durch ein von einer gemeindeeigenen
Gesellschaft betriebenes Blockheizkraftwerk zu decken, liegt darin
weder unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs der öffentlichen Hand noch
unter dem der Kopplung verschiedener Waren oder Leistungen ein Wettbe-
werbsverstoß nach § 1 UWG.

b) Bei einer solchen Verknüpfung handelt es sich um eine Kopplung in einem
Austauschvertrag, die nicht von vornherein kartellrechtlichen Bedenken begegnet.
Eine unbillige Behinderung der Anbieter anderer Energiequellen, die aufgrund
der Kopplungsklausel vom Wettbewerb in dem fraglichen Neubaugebiet
ausgeschlossen werden, liegt darin nicht.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2002 – KZR 30/00 – OLG Schleswig
LG Kiel
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch
und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum und Dr. MeierBeck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 11. Juli 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel vom 10. November 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist die Gemeinde Börnsen mit etwa 3.300 Einwohnern, die im Osten von Hamburg liegt; sie ist Trägerin der Bauleitplanung im Gemeindegebiet.
Als Mehrheitsgesellschafterin ist sie zusammen mit den Hamburger Gaswerken Gesellschafterin eines Energieverteilungsunternehmens – der Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH –, das die Gemeinde Börnsen mit Erdgas versorgt. Seit 1998 unterhält der Gas- und Wärmedienst Börnsen ein eigenes auf dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung beruhendes gasbetriebenes Blockheizkraftwerk.
Dieses Blockheizkraftwerk, dessen Bau rund 1 Mio. DM gekostet hat, soll ein Neubaugebiet in Börnsen mit Fernwärme versorgen. Ein Teil der Grundstücke in dem Neubaugebiet steht im Eigentum der Beklagten und wird von ihr an bauwillige Interessenten verkauft. Beim Verkauf verpflichtet sie die Käufer zur Abnahme der Fernwärme des Gas- und Wärmedienstes Börnsen und läßt sich diese Verpflichtung durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sichern. Die entsprechende Bestimmung in den Kaufverträgen hat folgenden Wortlaut:
Der Käufer verpflichtet sich, den Energiebedarf für Raumheizung und Warmwasserbereitung in dem auf dem Grundstück zu errichtenden Wohngebäude ausschließlich durch das im Bebauungsplan Nr. 11 vorgesehene Blockheizkraftwerk (Gas- und Wärmedienst Börnsen GmbH) zu decken. Die Gemeinde kann Ausnahmen genehmigen. Der Käufer verpflichtet sich darüber hinaus, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ... eintragen zu lassen.
Außerdem macht die Beklagte die Vergabe von Aufträgen für die Erschließung des Neubaugebiets davon abhängig, daß der Erschließungsträger eigene Grundstücke in diesem Gebiet ebenfalls nur mit einer entsprechenden dinglich abgesicherten Verpflichtung zur Abnahme von Fernwärme des Gas- und Wärmedienstes Börnsen verkauft.
Der Kläger, der als Verband die Interessen der angeschlossenen Brennstoffund Mineralölhändler vertritt, hat dieses Verhalten der Gemeinde als wettbewerbswidrig nach § 1 UWG beanstandet. Die Beklagte beeinträchtige den Wettbewerb auf diesem Markt in erheblicher und unzulässiger Weise dadurch, daß sie
ihre Stellung dazu mißbrauche, die Nachfrage der Bauplatzerwerber in den Neubaugebieten gezielt auf das in ihrem Mehrheitsbesitz stehende Fernwärmeversorgungsunternehmen zu lenken. Von den etwa 100 Wohneinheiten in dem fraglichen Neubaugebiet stünden fast alle im Eigentum entweder der Beklagten oder der Erschließungsträgerin. In dem Neubaugebiet finde daher kaum noch Wettbewerb zwischen den Anbietern fossiler Brennstoffe und dem Gas- und Wärmedienst statt, zumal die Beklagte zugunsten fossiler Brennstoffe auch keine Ausnahmen vom Anschluß- und Benutzungszwang genehmige.
Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung des beanstandeten Verhaltens in Anspruch genommen. Ferner hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die in der Vergangenheit gebundenen Erwerber aus dieser Verpflichtung zu entlassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, von den im Gemeindegebiet belegenen 80 Baugrundstücken stünden lediglich 26 in ihrem Eigentum. Sie hat darauf hingewiesen, daß sie mit der Kopplung des Verkaufs an den Bezug der Fernwärme übergeordnete kommunale Ziele verfolge. Denn die Belange des Klima- und Umweltschutzes ließen es als geboten erscheinen, daß bei der Schaffung von Neubaugebieten der Zuwachs umweltschädlicher Emissionen auf ein Minimum reduziert werde.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und Beseitigung verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg (OLG Schleswig NJWEWettbR 2000, 253 = ZfIR 2000, 956 mit krit. Anm. Jaeger).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Beklagten in Übereinstimmung mit dem Landgericht als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig und als nach § 20 Abs. 4 und 5 GWB kartellrechtswidrig eingestuft. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagte handele bei dem beanstandeten Verhalten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs. Zum Nachteil der Mitglieder des Klägers fördere sie objektiv den Wettbewerb des Blockheizkraftwerks, und dies entspreche auch ihrer Absicht; denn es sei ihr daran gelegen, andere Energielieferanten vom Markt fernzuhalten, damit das Blockheizkraftwerk rentabel betrieben werden könne.
Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen die guten Sitten i.S. von § 1 UWG. Die Beklagte schließe durch ihr Verhalten den Leistungswettbewerb unter Ausnutzung ihrer öffentlich-rechtlichen Vorteile zu Lasten der Mineralölhändler aus. Zwar seien die Kommunen nicht gehindert, sich wirtschaftlich zu betätigen. Dabei dürften sie sich aber nur der Wettbewerbsmittel bedienen, die auch privaten Mitbewerbern zur Verfügung stünden. Wettbewerbswidrig sei dagegen der mißbräuchliche Einsatz ihrer Sonderstellung. Danach erweise sich die Kopplung eines Grundstücksverkaufs mit einem privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungszwang als eine unter Mißbrauch ihrer hoheitlichen Sonderstellung bewirkte Behinderung des freien Leistungswettbewerbs; denn der Gas- und Wärmedienst Börnsen erziele ohne echte eigene Leistung Vorteile am Markt, insbesondere müsse er sich weder einem Preis- noch einem Leistungswettbewerb mit den Anbietern fossiler Brennstoffe stellen. Diese vorteilhafte Stellung könne die Beklagte dem Gas- und Wärmedienst Börnsen nur deswegen verschaffen, weil sie aufgrund
ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung gezielt Neubaugebiete ausweise, über die Vergabeentscheidung Einfluß auf die Erschließungsträger nehme, Grundstücke günstig kaufen und verkaufen könne, über vielfältige Kontakte zu bauwilligen Interessenten verfüge und schließlich keinen Gewinn erzielen müsse.
Die Verknüpfung zwischen dem Verkauf gemeindeeigener Grundstücke und dem privatrechtlichen Anschluß- und Benutzungszwang könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß die Gemeinde auf diese Weise ihre öffentlichen Aufgaben erfülle. Denn Klimaschutz und Energieversorgung gehörten nicht zu den Aufgaben kommunaler Daseinsvorsorge. Im übrigen könne die Beklagte, soweit sie am Wettbewerb teilnehme, unter Berufung auf ihre hoheitlichen Befugnisse für sich keine Sonderstellung in Anspruch nehmen. Daher sei durch das Verbot der Verwendung fossiler Brennstoffe im Bebauungsplan (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB), das von der Gemeindevertretung der Beklagten inzwischen beschlossen worden sei, keine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers sei darüber hinaus auch aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB begründet. Im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit kämen dieselben Erwägungen zum Zuge, die bereits bei § 1 UWG angestellt worden seien.
Neben Unterlassung könne der Kläger auch Beseitigung beanspruchen, und zwar in der Form, daß der durch die Kopplung bewirkte, noch fortdauernde Störungszustand zu beseitigen sei, was im Streitfall dadurch geschehen könne, daß die Beklagte die Käufer der Grundstücke aus der übernommenen Verpflichtung entlasse und in die Löschung der eingetragenen Dienstbarkeit einwillige.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die von der Beklagten praktizierte Kopplung des Verkaufs gemeindeeigener Grundstücke mit der Bezugsverpflichtung zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen weder wettbewerbsrechtlich noch kartellrechtlich zu beanstanden.

a) Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 1 UWG zu.
aa) Das Handeln der Beklagten im geschäftlichen Verkehr ist nicht zweifelhaft. Die Revision wendet sich jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Mit dieser Rüge dringt sie indessen nicht durch.
Das Merkmal des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs ist nicht abstrakt, sondern in Bezug auf denjenigen zu beurteilen, der den wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend macht (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1997 – I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 – Die Besten II; Urt. v. 20.2.1997 – I ZR 12/95, GRUR 1997, 907, 908 = WRP 1997, 843 – Emil-Grünbär-Klub). Danach ist im Streitfall maßgeblich, daß die Beklagte durch ihr Verhalten den Wettbewerb des Gas- und Wärmedienstes Börnsen zu Lasten anderer Energielieferanten – so auch zu Lasten der Mineralölhändler, deren Interessen der Kläger vertritt – fördert. Dies wird auch von einer entsprechenden Absicht getragen. Dabei muß noch nicht einmal mit dem Berufungsgericht darauf abgestellt werden, daß die Beklagte durch ihr Verhalten andere Energielieferanten vom Markt fernhalten möchte, damit das Blockheizkraftwerk des Gas- und Wärmedienstes rentabel betrieben werden kann. Es reicht aus, daß die Beklagte durch die Vereinbarung einer Bezugsverpflichtung den Wettbewerb des Blockheizkraftwerks fördern möchte. Daß sie dabei auch umweltpolitische Ziele verfolgt, steht dieser Beurteilung in keiner Weise entgegen.
bb) Den Wettbewerbsverstoß hat das Berufungsgericht darin gesehen, daß die Beklagte unter Ausnutzung der Vorteile, die ihr aus ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung erwachsen, mit ihrem Verhalten den Leistungswettbewerb unter den Energielieferanten zu Lasten der Mineralölhändler ausschließt. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Weder die öffentlich-rechtliche Stellung der Beklagten noch die beanstandete Kopplung des Baugrundstücks mit der Bezugsverpflichtung hinsichtlich der Fernwärme rechtfertigen die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes nach § 1 UWG. Auch ein Verstoß unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs kommt nicht in Betracht.
(1) Auch das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß allein der Umstand , daß die beklagte Gemeinde in ihrem Eigentum stehende Grundstücke verkauft und sich als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft über eine Beteiligungsgesellschaft am Wettbewerb der Energieversorger beteiligt, ihr Verhalten noch nicht wettbewerbswidrig macht. Durch ihre Beteiligung an einem zur Erzeugung von Fernwärme bestimmten Blockheizkraftwerk nimmt die Beklagte in privatwirtschaftlicher Form eine Aufgabe der Daseinsvorsorge wahr, auch wenn sie zur Erfüllung dieser Aufgabe öffentliche Sach- oder Finanzmittel einsetzt (BGH, Urt. v. 19.6.1986 – I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 26.3.1998 – I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 – 1.000 DM Umwelt-Bonus). Entsprechendes gilt für ihre Tätigkeit als Grundstückseigentümerin. Sie hat dabei im Wettbewerb grundsätzlich keine Vorzugsstellung, ist aber auch nicht generell strengeren Verhaltensregeln unterworfen als ein privater Grundstückseigentümer und ein privates Energieversorgungsunternehmen in gleicher Lage (Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 560).
Die für öffentlich-rechtliche Verträge geltenden Beschränkungen (vgl. §§ 56, 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB) finden danach im Streitfall
ebensowenig Anwendung wie die Grundsätze, nach denen unter Ausnutzung einer hoheitlichen Stellung geschlossene Kopplungsgeschäfte nach § 138 BGB unter bestimmten Voraussetzungen nichtig sein können (dazu BGH, Urt. v. 2.10.1998 – V ZR 45/98, NJW 1999, 208; Mayer-Maly/Armbrüster in MünchKomm.BGB, 4. Aufl., § 138 Rdn. 88). Die öffentliche Hand, die sich privatwirtschaftlich betätigt, darf sich allerdings bei der Wahrnehmung ihrer erwerbswirtschaftlichen Betätigung nicht dadurch einen unsachlichen Vorsprung vor ihren Mitbewerbern verschaffen, daß sie ihre hoheitlichen Befugnisse zur Verbesserung ihrer privatwirtschaftlichen Interessen und zur Förderung ihres Wettbewerbs einsetzt oder die privaten Mitbewerber mit Mitteln verdrängt, die diesen nicht zugänglich sind, ihr dagegen aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung zur Verfügung stehen, etwa indem sie eine öffentlich-rechtliche Monopolstellung ausnutzt (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; GRUR 1999, 256, 257 – 1.000 DM Umwelt-Bonus).
Derartige Umstände sind im Streitfall entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben. Die Beklagte macht lediglich von Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, über die ein privater Grundstückseigentümer ebenso verfügt. Sie unterscheidet sich insofern nicht von einem privaten Erschließungsunternehmen, das für ein Neubaugebiet eine Fernwärmeversorgung vorsieht und – damit sich die für eine Fernwärmeversorgung erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen rentieren – in die Grundstückskaufverträge eine entsprechende Bezugsverpflichtung aufnimmt. Soweit die Beklagte aufgrund ihrer hoheitlichen Befugnisse in der Lage ist, eine solche Maßnahme durch eine entsprechende Gestaltung der Bauleitplanung zu unterstützen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB), liegt darin für sich genommen kein Mißbrauch hoheitlicher Befugnisse. Vielmehr bietet es sich an, daß eine Gemeinde , die die Verwendung fossiler Brennstoffe in einem bestimmten Gebiet durch eine Bestimmung des Bebauungsplans untersagt, für alternative Energiequellen
Sorge trägt. Die Beklagte mißbraucht ihre Stellung auch nicht dadurch, daß sie – wie die Revisionserwiderung geltend macht – Grundstücke günstig erwerben kann und über vielfältige Kontakte zu bauwilligen Käufern verfügt.
(2) Die Unlauterkeit des beanstandeten Verhaltens liegt auch nicht in dem gekoppelten Angebot von zwei verschiedenen Wirtschaftsgütern: dem Baugrundstück auf der einen und der Versorgung mit Fernwärme auf der anderen Seite. Daß ein Anbieter ein kombiniertes Angebot unterbreitet, indem er eine bestimmte Ware oder Leistung nur gekoppelt mit einer anderen Ware oder Leistung abgibt, ist für sich genommen lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden. Lauterkeitsrechtlich von Bedeutung ist bei derartigen Vertragsgestaltungen im allgemeinen nicht das Geschäft selbst, sondern die Werbung für das Angebot, und zwar immer dann, wenn die Gefahr besteht, daß die Verbraucher über den Wert des tatsächlichen Angebots, namentlich über den Wert der Teilleistungen, getäuscht oder sonst unzureichend informiert werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 173/01, Umdruck S. 10 ff. – Kopplungsangebot I, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Ob die gekoppelte Abgabe selbst zulässig ist, richtet sich dagegen in erster Linie nach den kartellrechtlichen Bestimmungen, insbesondere bei Verträgen nach § 16 GWB. Danach unterliegen Kopplungsgeschäfte zwischen Unternehmen einer kartellrechtlichen Mißbrauchskontrolle und können unter bestimmten Voraussetzungen für unwirksam erklärt werden; Ansprüche Dritter können sich in diesem Fall aber erst ergeben, nachdem die Kartellbehörde eingeschritten ist. Darüber hinaus kann in der Verwendung solcher Vertragsklauseln – etwa dann, wenn sie nicht diskriminierungsfrei verwendet werden – der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder ein Verstoß gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsund Behinderungsverbot liegen (§§ 19, 20 GWB). Schließlich kann eine Kopplung aufgrund des – hier nicht einschlägigen – Verbots der Kopplung von Grundstücks-
kaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen nach Art. 10 § 3 MRVerbG verboten sein (dazu Hesse, BauR 1985, 30 ff.).
(3) Verstößt die Vereinbarung gegen ein derartiges gesetzliches Verbot – hier kommt ohnehin nur eine Zuwiderhandlung gegen ein kartellrechtliches Verbot in Betracht –, kann darin unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsbruchs gleichzeitig auch ein Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG liegen. Wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt, scheidet ein solcher Verstoß im Streitfall aus.

b) Kartellrechtliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte sind nicht gegeben.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch aus §§ 33, 20 Abs. 4 GWB zu.
(1) § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB enthält ein Behinderungsverbot, das – anders als § 20 Abs. 1 GWB – nur zwischen Wettbewerbern, also im Horizontalverhältnis, gilt. Bei § 20 Abs. 4 GWB müssen daher das behindernde und das behinderte Unternehmen im selben Markt tätig sein (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20 Rdn. 282 f.; Schultz in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 20 GWB Rdn. 229). In ihrer Eigenschaft als Verkäuferin von Bauland tritt die Beklagte nicht in demselben Markt auf, in dem die Mitglieder des Klägers tätig sind. Ein einheitlicher Markt für Wärmeenergie – unterstellt, die Beklagte wäre in einem solchen Markt tätig – besteht nicht, weil für die Marktgegenseite, also die Hausbesitzer , die sich entweder für Fernwärme oder für eine Ölheizung entschieden haben , die beiden Formen der Wärmeenergie nicht austauschbar sind. In den Blick zu fassen wäre allenfalls der Markt, in dem sich die verschiedenen Anbieter von Heizsystemen um die Bauherren und um die Hauseigentümer bemühen, die sich erstmals oder im Zuge einer fälligen Neuinstallation für eine bestimmte Wärme-
quelle entscheiden müssen. Auf diesem allgemeinen Markt der Heizsysteme verfügt die Beklagte oder der mit ihr verbundene Gas- und Wärmedienst Börnsen im Verhältnis zu den Mitgliedern des Klägers jedoch nicht über eine überlegene Marktmacht im Sinne von § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB.
Das Bundeskartellamt hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Bedenken gegeben, ob nicht von einem räumlich eng begrenzten Markt auszugehen sei, der sich auf die Installation von Heizsystemen in dem fraglichen Neubaugebiet beschränke. Eine solche Marktabgrenzung kommt indessen nicht in Betracht. Denn die Nachfrage nach einem Heizsystem ist im Streitfall dem Grundstückserwerb nicht nachgeschaltet. Vielmehr entscheidet sich die Marktgegenseite mit dem Erwerb des Grundstücks für ein bestimmtes Heizsystem. Die von der Beklagten und dem Gas- und Wärmedienst Börnsen angebotenen Leistungen sind für diese Nachfrager mit einer Fülle anderer Grundstücksangebote im Osten Hamburgs und in anderen Nachbargemeinden austauschbar. Für eine überlegene Marktmacht der Beklagten oder des Gas- und Wärmedienstes Börnsen auf diesem Markt ist nichts ersichtlich.
(2) Aber auch wenn die Normadressateneigenschaft der Beklagten zu bejahen wäre, kann das Verhalten der Beklagten nicht als eine unbillige Behinderung angesehen werden. Auch im Rahmen des § 20 Abs. 4 GWB ist für das Merkmal der Billigkeit auf eine Interessenabwägung abzustellen. Hierbei kommen dieselben Erwägungen zum Tragen, die für die Verneinung eines lauterkeitsrechtlichen Anspruchs maßgeblich sind. Insbesondere ist von einem berechtigten Interesse der Beklagten auszugehen, in die Grundstückskaufverträge eine Bezugspflicht zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen aufzunehmen.
bb) Einen Boykott nach § 21 Abs. 1 GWB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Wie bereits dargelegt, sind Kopplungen in Austauschverträgen grund-
sätzlich kartellrechtlich zulässig (§ 16 Nr. 4 GWB). Die mit solchen Vereinbarungen notwendig verbundenen Nachteile für andere Unternehmen fallen nicht unter § 21 Abs. 1 GWB; denn die jeder Ausschließlichkeitsbindung immanente Folge des Ausschlusses anderer Unternehmen nimmt das Gesetz hin und unterwirft sie lediglich einer Mißbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden (vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.1973 – KVR 3/72, WuW/E 1269, 1275 f. – Fernost-Schiffahrtskonferenz). Die restriktive Anwendung des § 21 Abs. 1 GWB auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Vertikalverträgen findet jedoch dort ihre Grenze, wo die Beschränkung eine gegen bestimmte Dritte gerichtete Zielsetzung aufweist und wo mit ihrer Hilfe bestimmte, individualisierbare Unternehmen getroffen oder sogar vom Markt verdrängt oder ferngehalten werden sollen (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.1999 – KZR 18/98, WuW/E DE-R 395, 396 – Beteiligungsverbot für Schilderpräger, m.w.N.). Die Bezugsverpflichtung, die die Beklagte zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen mit den Grundstückskäufern vereinbart, zeichnet sich nicht durch eine solche Zielrichtung aus.
2. Auch soweit die Beklagte in Verträgen mit Erschließungsträgern diese verpflichtet, ebenfalls eine Bezugsverpflichtung zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen zu vereinbaren, wenn sie Grundstücke in dem fraglichen Neubaugebiet verkaufen, stehen dem Kläger keine lauterkeits- oder kartellrechtlichen Ansprüche zu.

a) Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt auch insofern keinen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG dar.
Gleichgültig, ob es sich bei den Vereinbarungen mit Erschließungsträgern um öffentlich-rechtliche Verträge i.S. von § 124 BauGB handelt oder ob die Beklagte – was ebenfalls denkbar ist – insofern privatrechtliche Vereinbarungen trifft, gilt hier ein strengerer Maßstab. Handelte es sich bei der Beteiligung der Beklag-
ten an dem Gas- und Wärmedienst Börnsen um eine bloße erwerbswirtschaftliche Betätigung der Beklagten, wäre es ihr verwehrt, diese Tätigkeit mit ihren öffentlichen Aufgaben zu verknüpfen und die Vergabe von Erschließungsaufträgen davon abhängig zu machen, daß der Erschließungsträger dem kommunalen Beteiligungsunternehmen Kunden zuführt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf die öffentliche Hand die staatliche Autorität und die damit verbundene Vertrauensstellung nicht zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen mißbräuchlich nutzen. Auch eine Verquickung amtlicher und erwerbswirtschaftlicher Interessen, die zur Interessenkollision bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben führen kann, ist unlauter (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 30.10.1963 – Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 213 = WRP 1964, 85 – Landwirtschaftsausstellung; Urt. v. 4.12.1970 – I ZR 96/69, GRUR 1971, 168, 169 = WRP 1971, 219 – Ärztekammer; Urt. v. 12.11.1998 – I ZR 173/96, GRUR 1999, 594, 597 = WRP 1999, 650 – Holsteiner Pferd; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 937 ff.; Köhler in Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 572). Darüber hinaus ergibt sich aus § 124 Abs. 3 Satz 1 BauGB, daß sich die Beklagte in Erschließungsverträgen nur Leistungen versprechen lassen darf, die „den gesamten Umständen nach angemessen (sind) und in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen“. Dieses spezielle Kopplungsverbot (vgl. auch § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG; ferner Jaeger , ZfIR 2000, 960, 961) gilt unabhängig davon, ob die Verträge, die die Beklagte mit Erschließungsträgern schließt, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind (vgl. dazu Jaeger, ZfIR 2000, 960, 962).
Die Verpflichtung, die die Beklagte den Erschließungsträgern auferlegt, stellt sich auch bei Beachtung dieses strengeren Maßstabs nicht als wettbewerbswidrig dar. Denn die Beklagte verfolgt mit den Bezugsverpflichtungen zugunsten des Gas- und Wärmedienstes Börnsen ein berechtigtes öffentliches Interesse. Unstreitig dient es dem Klima- und Umweltschutz, wenn die Häuser in dem fraglichen
Neubaugebiet mit Fernwärme aus dem Blockheizkraftwerk versorgt werden und die erforderliche Wärme nicht dezentral durch Verwendung fossiler Brennstoffe erzeugt wird. Die Beachtung derartiger Belange des Klima- und Umweltschutzes fügt sich ohne weiteres in die sonstige Erschließung des Neubaugebietes ein (vgl. § 127 Abs. 4 Satz 2 BauGB; Jaeger, ZfIR 2000, 960, 961). Ihre Durchsetzung mit Hilfe von dinglich gesicherten Bezugsverpflichtungen, die den Erwerbern von Bauland entweder unmittelbar oder mittelbar über die Erschließungsträger auferlegt werden, ist sachlich gerechtfertigt. Sie begegnet auch keinen wettbewerbsrechtlichen Bedenken.

b) Auch kartellrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB stützen. Fraglich ist bereits die Normadressateneigenschaft der Beklagten. Denn es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf dem Markt für die Vergabe von Erschließungsarbeiten eine marktbeherrschende Stellung hätte oder die Erschließungsträger zumindest i.S. von § 20 Abs. 2 GWB von der Beklagten abhängig wären. Im übrigen ergibt sich aus den Ausführungen zu § 1 UWG, daß eine mögliche Behinderung der Mitglieder des Klägers im Hinblick auf die von der Beklagten verfolgten Zwecke nicht unbillig wäre. Aus denselben Gründen scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus § 33 i.V. mit § 20 Abs. 4 Satz 1 GWB aus.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 170/02 Verkündet am:
21. Juli 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Friedhofsruhe
Eine Gemeinde handelt nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände wettbewerbsrechtlich
unlauter oder kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen
Bestattungsdienst im Friedhofsgebäude auf dem Gelände des städtischen
Friedhofs unterbringt.
BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - I ZR 170/02 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, die Stadt F. , unterhält am Nordwestrand des bebauten Gemeindegebiets einen Friedhof. Nach § 5 der Friedhofsatzung besteht bei einer Bestattung auf dem Friedhof für bestimmte Verrichtungen (insbesondere für die Durchführung der Erdbestattung und die Beisetzung von Urnen) ein Benutzungszwang.
In einem Gebäude am Rand des Friedhofs befinden sich die Aufbahrungsräume und die Aussegnungshalle. An die Aussegnungshalle schließt ein Gebäudeteil mit drei Büroräumen an. In einem dieser Räume ist das Büro der
Friedhofsverwaltung der Beklagten; hier werden die Grabstellen vergeben und die Bestattungszeiten festgelegt. Der zweite Raum wurde bis zum Erlaß des landgerichtlichen Urteils für den Betrieb des privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienstes genutzt. Der dritte Raum diente der Beklagten und zwei Sargherstellern bis zu einer von der Beklagten im Rechtsstreit abgegebenen Unterlassungserklärung als Ausstellungsraum für Särge und Überurnen.
Der städtische Bestattungsdienst wird personell getrennt von der Friedhofsverwaltung geführt und übernimmt gewerbliche Leistungen im Zusammenhang mit Bestattungen. Das Sterbefall-Standesamt und das Friedhofsamt sind im Rathaus in der Stadtmitte.
Die Klägerin zu 1 betreibt ein Bestattungsunternehmen und unterhält in F. eine Filiale. Der Kläger zu 2 ist ein Verband, der nach seiner Satzung u.a. den Zweck hat, die gemeinsamen wirtschaftlichen Belange des Bestattungsgewerbes und seiner Mitglieder - auch durch Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - zu fördern.
Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagte handele wettbewerbsrechtlich unlauter und kartellrechtswidrig, wenn sie ihren gewerblichen Bestattungsdienst in einem Büroraum des Friedhofsgebäudes auf dem Gelände des städtischen Friedhofs unterbringe. Dies widerspreche dem Friedhofszweck, eine angemessene und geordnete Bestattung und ein pietätvolles Gedenken an die Verstorbenen in würdigem Rahmen zu ermöglichen, und der Standesauffassung im Bestattungsgewerbe. Durch die Verknüpfung hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeiten verschaffe sich die Beklagte zudem einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Wenn Angehörige eines Verstorbenen die Friedhofsverwaltung aufsuchen müßten, werde dies leicht Anlaß sein, auch den ge-
werblichen Bestattungsauftrag zu erteilen. Aufgrund ihrer Doppelfunktion als Träger des Friedhofs mit Benutzungszwang und als Betreiber des kommunalen Bestattungsunternehmens habe die Beklagte eine marktbeherrschende Stellung. Durch Unterbringung ihres gewerblichen Bestattungsbetriebs auf dem Friedhofsgelände verstoße die Beklagte zudem gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB, da keinem anderen Bestattungsunternehmen ein vergleichbarer Standort zur Verfügung stehe.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, innerhalb des Geländes des gemeindlichen Waldfriedhofes F. ein Büro des städtischen Bestattungsdienstes zu unterhalten und/ oder dort bestattungswirtschaftliche Dienste anzubieten.
Den ursprünglich gestellten Antrag, der Beklagten auch die Unterhaltung eines Ausstellungsraums für Särge und Überurnen auf dem Friedhofsgelände zu untersagen, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte insoweit eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte.
Die Beklagte hat ihre umstrittene gewerbliche Tätigkeit im Friedhofsgebäude als rechtmäßig und insbesondere als mit der Friedhofsatzung vereinbar verteidigt. Im Bereich dieser privatwirtschaftlichen Tätigkeit habe sie keine marktbeherrschende Stellung.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen. Die Unterbringung des privatwirtschaftlich tätigen Bestattungsdienstes im Anbau der Aussegnungshalle des städtischen Friedhofs sei weder wettbewerbswidrig noch kartellrechtswidrig. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Eine Gemeinde handele grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn sie einen privatwirtschaftlichen Bestattungsbetrieb in einem Gebäude unterbringe, in dem auch hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt würden, falls eine ausreichende räumliche und personelle Trennung bestehe, die den Angehörigen eines Verstorbenen eine unbeeinflußte Entscheidung darüber ermögliche, welches Unternehmen sie mit Bestattungsleistungen beauftragten. Die Beklagte habe die Friedhofsverwaltung und ihren privatwirtschaftlichen Bestattungsdienst ausreichend getrennt.
Die Frage, ob die Unterbringung eines kommunalen Bestattungsdienstes in Räumen auf dem Friedhofsgelände gegen die Zweckbestimmung des Friedhofs verstoße und wettbewerbswidrig sei, lasse sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des angegriffenen Verhaltens und seiner Auswirkungen sowie der Interessen der Parteien beantworten.
Das Gebäude mit den Aufbahrungsräumen, der Aussegnungshalle und den Büros der Beklagten liege am Rand des Friedhofs und in der Nähe zweier weiterer Gebäude (eines Wohngebäudes und eines Garagen- und Schuppengebäudes ). Der Bestattungsdienst, dessen Tätigkeit geeignet sei, dem Friedhofszweck zu dienen, sei äußerst zurückhaltend in einem an die Aussegnungshalle angebauten Flachbau untergebracht. Der Bürotrakt könne von der Aussegnungshalle oder durch einen Außeneingang auf der Gebäudeseite, die dem Friedhof abgewandt sei, betreten werden. An dem Gebäude weise nichts auf die Unterbringung des Bestattungsdienstes hin. Ein Schild am Außeneingang beziehe sich auf die "Friedhofsverwaltung". Als Hinweis auf das Büro des Bestattungsdienstes diene lediglich ein kleines Türschild. Unter diesen Umständen verstoße die Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nicht gegen den Friedhofszweck.
Die Beklagte verschaffe sich dadurch auch keinen erkennbaren Wettbewerbsvorteil. Angehörige eines Verstorbenen würden zwar möglicherweise durch den Besuch der Friedhofsverwaltung dazu veranlaßt, mit der Auswahl der Grabstelle bei der Friedhofsverwaltung die Erteilung des Bestattungsauftrags beim Bestattungsdienst zu verbinden. Die räumliche und personelle Trennung der beiden Einrichtungen lasse den Angehörigen aber hinreichende Entscheidungsfreiheit. Der Standort des Bestattungsdienstes bringe zudem im Vergleich zu Standorten in zentraler Lage der Stadt auch wettbewerbliche Nachteile. Wegen der Stadtrandlage des Friedhofs und des durch den Friedhofszweck bedingten Ausschlusses von Werbung an Ort und Stelle sei die Unterbringung im Friedhofsgebäude wenig geeignet, das Bestehen und die Geschäftsräume des Bestattungsdienstes bekanntzumachen.
Auch ein kartellrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben. Die Doppelfunktion der Beklagten als hoheitlich tätige Gemeinde und als Betreiberin
des Bestattungsdienstes begründe keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagte werde zwar dadurch, daß sie ihrem Bestattungsdienst bestimmte Räume zur gewerblichen Nutzung zuweise, auf dem Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet seien, tätig. Zu diesem Markt gehöre aber auch der örtliche Gewerberaummarkt der Stadt F. - . Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte auf diesem Markt eine überragende Marktstellung habe.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Kläger beanstanden mit ihrer Klage trotz des weitergehenden Antragswortlauts konkret, daß die Beklagte ihren gewerblichen Bestattungsdienst auf dem Gelände des städtischen Friedhofs im Friedhofsgebäude, in dem sich auch ein Büroraum der Friedhofsverwaltung befindet, unterbringt. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es kommt dagegen - anders als die Revision meint - für die Entscheidung nicht darauf an, wie die Büroräume der Beklagten an den Türen beschildert sind, weil der Klageantrag nicht darauf abstellt.
2. Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (§§ 3, 8 UWG). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand verändert.

a) Es ist für sich genommen wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Beklagte als Gemeinde mit ihrem als Eigenbetrieb geführten Bestattungsdienst am Wettbewerb beteiligt. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb ist weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzu-
lässig (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I, m.w.N.). Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich deshalb nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten).

b) Der öffentlichen Hand ist, wenn sie sich erwerbswirtschaftlich betätigt, nicht anders als privaten Unternehmen unlauteres Wettbewerbsverhalten verboten. Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde kann sich zudem gerade aus ihrer Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben, etwa wenn die amtliche Autorität oder das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung mißbraucht werden oder wenn öffentlich-rechtliche Aufgaben mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit verquickt werden (vgl. BGHZ 150, 343, 349 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 24.9.2002 - KZR 4/01, GRUR 2003, 167, 169 = WRP 2003, 73 - Kommunaler Schilderprägebetrieb, jeweils m.w.N.; vgl. auch österr. OGH ÖBl. 1996, 80, 85 f. - Städtische Bestattung - und wbl. 2004, 394, 395 f. - Friedhofsverwaltung). Solche besonderen Umstände, die das beanstandete Verhalten wettbewerbswidrig machen könnten, sind hier jedoch nicht gegeben.
aa) Die Beklagte handelt nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, wenn sie das Büro ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt. Die Beklagte ist allerdings, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig ist, auch an ihre eigenen kommunalen Satzungen gebunden. Diese sind gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (Art. 2 EGBGB; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.24), die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) das Marktverhal-
ten zu regeln. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte nicht gegen ihre eigene Friedhofsatzung verstößt, wenn sie das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringt, wird von der Revision jedoch ohne Erfolg beanstandet.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Friedhofsatzung bedürfen Arbeiten im Friedhof , die gewerbsmäßig vorgenommen werden, der Erlaubnis der Beklagten. Die Vorschrift des § 9 Nr. 6 der Friedhofsatzung der Beklagten verbietet es, auf dem Friedhof "gewerbliche oder sonstige Leistungen ohne Genehmigung anzubieten". Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, wird mit diesen Bestimmungen nicht nur ein Verbot ausgesprochen, sondern zugleich anerkannt, daß ein Bedürfnis zur Vornahme bestimmter gewerblicher Tätigkeiten im Rahmen des Friedhofbetriebs und auf dem Friedhof, insbesondere zur Durchführung von Bestattungen, besteht. An diese Auslegung der Friedhofsatzung als Ortsrecht ist der Senat als Revisionsgericht gemäß § 545 Abs. 1, § 560 ZPO gebunden (vgl. - zu § 549 Abs. 1, § 562 ZPO a.F. - BGHZ 97, 231, 235 f.; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 545 Rdn. 8).
bb) Die Beklagte handelt auch nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie im Friedhofsgebäude das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes neben dem Büro ihrer Friedhofsverwaltung unterbringt.
(1) Hinterbliebene können zwischen den verschiedenen Angeboten gewerblicher Bestattungsunternehmen frei wählen. Die Beklagte nimmt dadurch, daß sie das Büro ihres Bestattungsdienstes auf dem Friedhofsgelände unterhält , keinen unangemessenen unsachlichen Einfluß auf mögliche Kunden. Die Räume, die für die hoheitliche Friedhofsverwaltung genutzt werden, und die Räume für den Bestattungsdienst sind hinreichend voneinander getrennt (vgl. dazu auch BGH GRUR 1987, 116, 119 - Kommunaler Bestattungswirtschafts-
betrieb I; Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 553 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).
(2) Mit der Unterbringung ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte auch nicht in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise ihre öffentlich-rechtliche Stellung aus. Die Beklagte ist grundsätzlich nicht gehindert, für ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bestattungswesens Mittel einzusetzen, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zur Verfügung stehen (vgl. BGH GRUR 1987, 116, 118 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 262 - Altautoverwertung; vgl. dazu auch österr. OGH wbl. 2004, 394, 396 - Friedhofsverwaltung). Es liegt zudem im öffentlichen Interesse, daß die Mittel, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, wirtschaftlich eingesetzt werden. Standortvorteile, die mit der Nutzung ihres Eigentums verbunden sind, darf die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Unternehmen - von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH GRUR 2003, 167, 169 - Kommunaler Schilderprägebetrieb) - nutzen. Von der Beklagten kann deshalb nicht verlangt werden, daß sie das ihr gehörende Friedhofsgebäude nicht für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nutzt, die mit dem Friedhofszweck vereinbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 606 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III). Auf die Frage, ob das Berufungsgericht die Vor- und Nachteile, die mit der Unterbringung des Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude verbunden sind, zutreffend eingeschätzt hat, kommt es danach nicht an.
3. Ansprüche aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestehen ebenfalls nicht.

a) Die Kläger berufen sich zur Begründung ihres Unterlassungsantrags auch auf § 33 i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB. Sie tragen dazu vor, die Beklagte behindere andere Bestattungsunternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund, wenn sie ein Büro im Friedhofsgebäude für ihren Bestattungsdienst nutze (vgl. dazu BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Ein solcher Anspruch ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sachlich relevant der Markt für Gewerberäume, die für den Betrieb eines Bestattungsunternehmens geeignet sind, und räumlich relevant der örtliche Gewerberaummarkt in F. . Auf diesem Markt ist die Beklagte nicht marktbeherrschend. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.

b) Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch nicht aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB begründet. Durch die Unterbringung ihres städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutzt die Beklagte nicht eine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich aus.
Die Beklagte ist nur marktbeherrschend auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt der Leistungen, für die durch § 5 der Friedhofsatzung ein Benutzungszwang angeordnet ist, nicht jedoch auf dem relevanten Markt für die Leistungen gewerblicher Bestattungsunternehmen.
Die Vorschrift des § 19 GWB kann allerdings auch dann anwendbar sein, wenn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht auf dem beherrschten Markt, sondern auf einem Drittmarkt aufgetreten ist (vgl. BGHZ 156, 379, 382 f. - Strom und Telefon I; BGHZ 158, 334, 338 f. - Der Oberhammer, m.w.N.). Dies gilt auch nach der Neufassung des § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB durch die 7. GWB-Novelle (Siebtes Gesetz zur Änderung
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954; vgl. dazu Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/3640 S. 45; Monopolkommission, Das allgemeine Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, Sondergutachten 41/42, S. 13). Ein Anspruch aus § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 GWB ist jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte die Wettbewerbsmöglichkeiten der Klägerin zu 1 auf dem Markt für Leistungen der Bestattungsunternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbeherrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 156, 379, 389 - Strom und Telefon I, m.w.N.). Ein Einsatz kartellrechtswidriger Mittel ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn die öffentliche Hand wie andere Unternehmen im Wettbewerb Standortvorteile wahrnimmt, die sich aus der Nutzung ihres Eigentums ergeben. Etwas anderes folgt im vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Beklagte in dem Bereich, für den Benutzungszwang besteht, eine Monopolstellung besitzt (vgl. dazu auch BGH GRUR 2003, 167, 168 f. - Kommunaler Schilderprägebetrieb). Die Beklagte nutzt mit der Unterbringung des städtischen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude neben der Friedhofsverwaltung diese Monopolstellung nicht mißbräuchlich aus; sie verquickt damit nicht unzulässig die öffentlich-rechtliche mit der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit. Die räumliche Nähe zum Friedhof und zur Friedhofsverwaltung bringt dem städtischen Bestattungsdienst zwar jedenfalls auch wettbewerbliche Vorteile; der Zusammenhang zwischen der Hoheitsverwaltung und dem gewerblichen Bestattungswesen ist aber nicht so eng, daß die Ausnutzung solcher Vorteile im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu mißbilligen wäre (vgl. dazu auch - zu § 1
UWG a.F. - BGH GRUR 1987, 116, 118 f. - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I). Noch weniger ist das beanstandete Verhalten für sich geeignet , Mitbewerber aus dem Markt zu drängen.
III. Die Revision der Kläger war danach auf ihre Kosten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Bergmann

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 152/07 Verkündet am:
2. Dezember 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zweckbetrieb
UWG (2008) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; AO § 65 Nr. 3
Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen
dar. Ihre Verletzung kann auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens
als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden.
BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. August 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte, ein gemeinnütziger Verband, der nach seiner Satzung die freie Wohlfahrtspflege und die Hilfeleistung für die Bevölkerung fördert, ist als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO steuerbegünstigt. Er bietet im Rahmen seiner Alten- und Behindertenarbeit auch Personenbeförderungen gegen Entgelt an.
2
Der Kläger, ein Taxi- und Mietwagenunternehmer, hat behauptet, der Beklagte erbringe Beförderungsleistungen auch außerhalb seines Zweckbetriebs als eigenständige Dienstleistung. Er hat Rechnungen des Beklagten für Mietwagenfahrten vorgelegt, bei denen seiner Ansicht nach der Beklagte keine über die reine Beförderung hinausgehenden Hilfeleistungen erbracht hatte. Der Umstand, dass in diesen Rechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen sei, zeige, dass der Beklagte für seine außerhalb des Zweckbetriebs durchgeführten Krankenfahrten nicht die Steuern abführe, die die Mitbewerber zu zahlen hätten. Dadurch verschaffe sich der Beklagte zum Nachteil der Mitbewerber Vorteile im Wettbewerb. Das in § 65 Nr. 3 AO enthaltene Wettbewerbsverbot sei eine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Außerdem liege in dem Verhalten des Beklagten eine allgemeine Marktbehinderung.
3
Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Personen gegen Entgelt durch Verkehr mit Mietwagen zu befördern , ohne die auf diese Tätigkeit anfallenden Steuern, insbesondere Umsatz -, Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer zu zahlen; 2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger vollständige Auskunft über sämtliche im Klageantrag zu 1 bezeichneten Beförderungen zu erteilen, und zwar unter Angabe der Wegstrecke, der Dauer der Beförderung, des Zeitpunkts, der Anzahl der Beförderungen und des Umsatzes insgesamt; 3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die im Klageantrag zu 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
4
Nach Ansicht des Beklagten liegen Fahrdienstleistungen für Menschen, die wegen Behinderung oder Alters hilfsbedürftig sind, innerhalb seines Zweckbetriebs. Für diese Fahrten habe er den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% und für Patientenfahrten, bei denen der Patient keine Hilfe benötigt habe, den seinerzeit geltenden Umsatzsteuersatz von 16% abgeführt. Die nach Ansicht des Klägers verletzten steuerrechtlichen Vorschriften stellten keine Marktverhaltensregelungen dar.
5
Beide Vorinstanzen haben die Klage als unbegründet angesehen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat die Klage weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs noch unter dem einer allgemeinen Marktbehinderung für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
7
Das Verhalten des Beklagten sei nicht nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unlauter. Zwar seien Krankenfahrten nicht als Zweckbetrieb im Bereich der Gesundheitspflege i.S. von § 65 Nr. 3 AO anzusehen. Auch schütze diese Vorschrift den potentiellen Wettbewerb, da sie den Wertungs- und Zielkonflikt zwischen der Förderung des Gemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts regele und damit auch dem Schutz der mit Zweckbetrieben konkurrierenden nicht begünstigten Betriebe diene. Wenn kein Zweckbetrieb vorliege und sich die Nichtbesteuerung zum Nachteil der Mitbewerber auswirke, hätten diese gegenüber dem Finanzamt einen Anspruch auf Besteuerung der Körperschaft. Insoweit komme der Regelung des § 65 Nr. 3 AO eine drittschützende Wirkung zu.
8
Ungeachtet dieser Wettbewerbsrelevanz sei die genannte Vorschrift jedoch keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Steuervorschriften bezweckten grundsätzlich nicht die Regelung des Marktverhaltens. Das gelte auch für der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern, sofern diese nicht ausnahmsweise unmittelbar den Schutz der Verbraucher bezweckten. Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO stelle zwar ein Lenkungsgesetz dar, das gemeinnützige wohltätige Betätigungen durch Anerkennung eines Steuervorteils fördern wolle. Die wettbewerbliche Relevanz liege in der unterschiedlichen Behandlung an sich gleichgelagerter wirtschaftlicher Betätigung. Der staatliche Eingriff in den Wettbewerb bestehe in der Schaffung eines wirtschaftlichen Sonderbereichs der Gemeinnützigkeit. Die Betätigung in diesem Bereich sei dem Eingriff erst nachgeordnet. Wer die Regeln der Steuerbegünstigung überschreite, verhalte sich nicht anders als derjenige, der im allgemeinen Wirtschaftsbereich Steuern hinterziehe. Der drittschützende Charakter der Vorschrift , der die Möglichkeit einer Konkurrentenklage vor dem Finanzgericht eröffne , ändere nichts daran, dass es bei der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO an der für die Bejahung eines Wettbewerbsverstoßes erforderlichen spezifischen Marktbezogenheit fehle.
9
Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale einer allgemeinen Marktbehinderung habe der Kläger nicht hinreichend dargetan. Vereinzelte Vorgänge reichten für die Annahme einer strukturellen Marktstörung nicht aus.
10
II. Die Revision wendet sich gegen diese Beurteilung ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage, soweit sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gestützt ist, mit Recht als unbegründet angesehen, weil die nach Ansicht des Klägers verletzte Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG ist (dazu unten unter II 2 b). Seine Beurteilung, eine allgemeine Marktbehinderung sei nicht hinreichend dargetan, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Diese ist ferner nicht schon deshalb begründet, weil der Beklagte sich nach dem Vortrag des Klägers durch rechtswidriges Verhalten im Wettbewerb einen ungerechtfertigten Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft (dazu unten unter II 2 c). Da sich die Rechtslage schon unter dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat (UWG a.F.), ebenso dargestellt hat, sind auch der Schadensersatzfeststellungsanspruch sowie der seiner Durchsetzung dienende Auskunftsanspruch im vollen Umfang unbegründet (vgl. unten unter II 2 d).
11
1. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die gestellten Klageanträge i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt.
12
Bei der Auslegung von Klageanträgen ist immer auch die Klagebegründung mit heranzuziehen (BGH, Urt. v. 29.5.2008 - I ZR 189/05, GRUR 2008, 1121 Tz. 16 = WRP 2008, 1560 - Freundschaftswerbung im Internet). Im Streitfall möchte der Kläger erreichen, dass der Beklagte für seine Beförderungsleistungen keine Steuervergünstigungen in Anspruch nimmt. Für gemeinnützige Körperschaften gewährt das Gesetz Steuervergünstigungen zum Beispiel bei der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG), bei der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG) und bei der Umsatzsteuer (§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG). Diese Steuervergünstigungen scheiden regelmäßig aus, wenn die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 14 AO). Nach § 64 AO verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung allerdings nur dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb sind in den §§ 65 bis 68 AO geregelt. Das Klagebegehren zielt darauf, dass der Beklagte seine Einkünfte aus der Beförderung mit Mietwagen gegenüber den Steuerbehörden erklärt, ohne dass er sich dabei auf seine Eigenschaft als Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO beruft. Er soll daher nach der Vorstellung des Klägers für die von ihm erbrachten Beförderungsleistungen Steuern nach den für nicht gemeinnützige Beförderungsunternehmen geltenden Steuersätzen abführen. Mit diesem sich aus dem Vortrag des Klägers ergebenden Inhalt stellen sich die von diesem gestellten Klageanträge als hinreichend bestimmt dar.
13
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil das vom Kläger beanstandete Verhalten des Beklagten weder im Hinblick auf einen von diesem begangenen Rechtsbruch noch nach der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel unlauter ist.
14
a) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren des Klägers sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung anzuwenden, in der dieses Gesetz gemäß dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Da der Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, muss das beanstandete Verhalten des Beklagten allerdings auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein.
15
Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, beanstandet der Kläger das Nichtabführen von Steuern auf Rechnungen, die der Beklagte in der Zeit zwischen dem 8. Januar 2004 und dem 8. Februar 2006 ausgestellt hat. Danach reichte es für den Unterlassungsanspruch des Klägers aus, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten gegen § 4 Nr. 11 des am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen geänderten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) verstieß. Diese Bestimmung ist durch die UWG-Novelle 2008 nicht geändert worden. Ihrer Anwendung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die mit der UWGNovelle 2008 in das nationale Recht umgesetzte Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Die genannte Richtlinie betrifft nach ihrem Artikel 3 Absatz 1 allein den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Auf Marktverhaltensregelungen, die lediglich das Verhältnis zwischen Mitbewerbern betreffen, ist § 4 Nr. 11 UWG danach nach wie vor uneingeschränkt anwendbar (Köhler in Köhler/Bornkamm, 28. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a; ders., GRUR 2008, 841, 848).
16
Für die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch und - zu dessen Durchsetzung - ein Auskunftsanspruch zusteht, kommt es auf das zum http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UWG&p=4 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=144&s=255&i=266 - 8 - Zeitpunkt der im Einzelnen beanstandeten Handlungen jeweils geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 16.7.2009 - I ZR 56/09, GRUR 2009, 1075 Tz. 14 = WRP 2009, 1377 - Betriebsbeobachtung, m.w.N.).
17
b) Nach § 65 Nr. 3 AO liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Diese Bestimmung stellt keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Es kann daher für die hier vorzunehmende wettbewerbsrechtliche Beurteilung dahinstehen, ob die fraglichen Krankenfahrten des Beklagten zur Erfüllung seiner gemeinnützigen Tätigkeit erforderlich waren und damit ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb im Sinne dieser Vorschrift vorlag.
18
aa) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen (vgl. BGHZ 144, 255, 269 - Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich (vgl. BGHZ 144, 255, 267 f. - Abgasemissionen). Die Vorschrift muss das Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.35c).
19
bb) Steuerrechtliche Vorschriften stellen grundsätzlich keine Marktverhaltensregelungen dar (OLG München GRUR 2004, 169, 170; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: BGH, Beschl. v. 4.12.2003 - I ZR 140/03; OLG Oldenburg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rdn. 11/17; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 192; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rdn. 43; v. Walter, Rechtsbruch als unlauteres Marktverhalten, 2007, S. 200; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht, 2008, S. 206). Ihr Zweck beschränkt sich im Normalfall darauf, die Finanzierung des Gemeinwesens zu ermöglichen. Steuerrechtliche Vorschriften regeln insoweit nicht das Marktverhalten, sondern lediglich das Verhältnis zwischen dem Hoheitsträger und dem Steuerpflichtigen (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63). Sie bezwecken grundsätzlich auch nicht den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer. Für die Beurteilung , ob ein Verstoß i.S. des § 4 Nr. 11 UWG vorliegt, ist es daher unerheblich, ob sich ein Unternehmer durch das Hinterziehen von Steuern einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rdn. 11/17). Ebenso kann das Nichterheben einer Steuer bei einem Mitbewerber regelmäßig nicht als Wettbewerbsverstoß beanstandet werden (MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
20
cc) Die Frage, ob davon abweichend dem Zweck der Wirtschaftslenkung dienende sogenannte Lenkungssteuern Marktverhaltensregelungen darstellen, ist umstritten. Dies wird zum Teil bejaht, wenn sie - wie zum Beispiel die gemäß Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums vom 23. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1857) erhobene Sondersteuer auf alkoholhaltige Süßgetränke (Alkopops) - dem Schutz von Verbrauchern dienen (vgl. Wehlau/v. Walter, ZLR 2004, 645, 659 ff., 663; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 192; a.A. OLG Olden- burg WRP 2007, 685, 687; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; v. Walter aaO S. 202; Elskamp aaO S. 206) oder - wie etwa das Tabaksteuergesetz - der Sache nach Preisvorschriften darstellen (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2004, 255; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39 und 11.138; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63 und 333; a.A. OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 215). Als Marktverhaltensregelungen werden in der Literatur vereinzelt auch Bestimmungen angesehen, die die gewerblichen Betriebe der öffentlichen Hand zum Schutz privater Mitbewerber steuerlich wie diese behandeln (vgl. - zu § 2 Abs. 3 UStG - Haslinger, WRP 2004, 58, 60; dies., WRP 2007, 1412, 1416; a.A. OLG München GRUR 2004, 169, 170; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 11.39; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 63).
21
dd) Die im Streitfall in Rede stehende Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO bezweckt zwar auch den Schutz der Interessen der Mitbewerber des durch die Steuererleichterung begünstigten Unternehmens. Sie ist aber gleichwohl keine Marktverhaltensregelung, weil sie nicht bezweckt, die Lauterkeit des Marktverhaltens der Steuerpflichtigen zu gewährleisten.
22
(1) Die Einbeziehung von Zweckbetrieben in die Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften stellt bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Subventionierung dieser Betriebe dar. Die Bestimmung des § 65 Nr. 3 AO setzt dem Grenzen. Unternehmen, die zu nicht begünstigten Unternehmen in größerem Umfang als für die Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar in Wettbewerb treten, sollen von den Steuervergünstigungen ausgeschlossen sein. Diese Schranke dient nicht allein dem Allgemeininteresse an der Erhöhung des Steueraufkommens, sondern auch dem Interesse der steuerlich nicht begünstigten Konkurrenzbetriebe an einem steuerlich nicht manipulierten Wettbewerb (vgl. Bericht und Antrag des Finanzausschusses zum Entwurf einer Abgabenordnung, BT-Drucks. 7/4292, S. 21; BFHE 191, 434, 439 f.; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 65 Rdn. 9; Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 388). Sie ist Ausdruck der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts und hat drittschützenden Charakter (vgl. Wunsch, Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO als Schutznorm zugunsten nicht begünstigter Konkurrenten gemeinnütziger Körperschaften, 2002, S. 127). Mitbewerbern kann aus § 65 Nr. 3 AO daher unter Umständen ein Anspruch gegen das Finanzamt auf Besteuerung eines zu Unrecht als Zweckbetrieb behandelten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erwachsen. Dieser Anspruch kann im Wege der Konkurrentenklage durchgesetzt werden (Knobbe-Keuk, BB 1982, 385, 389; Klein/Gersch, Abgabenordnung , 10. Aufl., § 65 Rdn. 8 m.w.N.).
23
(2) Die Wettbewerbsbezogenheit einer Bestimmung ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer Marktbezogenheit i.S. des § 4 Nr. 11 UWG. Eine Marktbezogenheit im Sinne dieser Bestimmung liegt nur dann vor, wenn die Vorschrift, gegen die der Wettbewerber bei seinem geschäftlichen Handeln verstößt , eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 171/03, GRUR 2007, 162 Tz. 11 = WRP 2007, 177 - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; Urt. v. 26.2.2009 - I ZR 222/06, GRUR 2009, 883 Tz. 11 = WRP 2009, 1092 - MacDent). Daran fehlt es etwa dann, wenn eine Vorschrift lediglich bestimmte Unternehmen von bestimmten Märkten fernhalten oder die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festlegen soll (vgl. BGHZ 150, 343, 347 - Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 - I ZR 293/99, GRUR 2003, 164, 166 = WRP 2003, 1182 - Altautoverwertung).
24
(3) Die Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO soll verhindern, dass gemeinnützige Körperschaften auch dann Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie außerhalb ihrer gemeinnützigen Tätigkeit in Wettbewerb mit gewerblich tätigen Steu- erpflichtigen treten, die diese Steuervergünstigungen nicht bekommen. Sie befasst sich daher mit dem Zielkonflikt zwischen der grundsätzlich gebotenen Wettbewerbsneutralität der Besteuerung und der Förderung ideeller Zwecke (Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung , 10. Aufl., § 65 AO Rdn. 27) und dient insoweit dem von staatlichen Subventionen unbeeinflussten freien Wettbewerb. Zur Erreichung dieses Ziels erlegt sie den von ihr betroffenen Steuerpflichtigen jedoch keine Pflichten auf, die diese bei ihrem Marktauftritt zu erfüllen haben. Insbesondere bestimmt sie nicht, dass der Beklagte seine Beförderungsleistungen nur dann erbringen darf, wenn er seine dabei erzielten Umsätze und Einkünfte unter Beachtung dieser Bestimmung zur Umsatzsteuer anmeldet sowie in den von ihm nachfolgend gegebenenfalls auch abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen als zu versteuernde Einkünfte bzw. Erträge erklärt. Die insoweit dann quartals- oder monatsweise abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die jahresweise abzugebenden Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen stehen zeitlich und sachlich außerhalb des für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevanten Sachverhalts. Soweit der Beklagte in ihnen in Bezug auf die Anwendung des § 65 Nr. 3 AO unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, kann er sich deshalb zwar möglicherweise einer steuerrechtlichen Konkurrentenklage (vgl. oben unter II 2 c dd (1)) sowie - vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten vorausgesetzt - einer strafrechtlichen oder bußgeldmäßigen Ahndung aussetzen (vgl. §§ 370, 378 AO). Für eine wettbewerbsrechtliche Ahndung seines Verhaltens ist demgegenüber aber kein Raum (MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 54; Link in Ullmann, jurisPKUWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 73).
25
c) Das nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 b zwar möglicherweise steuerrechtlich zu beanstandende, aber nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbswidrig zu beurteilende Verhalten des Beklagten verstößt auch nicht gegen das bis zur UWG-Novelle 2008 in § 3 UWG 2004 und seither in § 3 Abs. 1 UWG 2008 geregelte generelle Verbot unlauteren Handelns im Wettbewerb. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlass des § 4 Nr. 11 UWG im Jahr 2004 zu erkennen gegeben, dass Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Rechtsnormen allein unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschrift als unlauter anzusehen sind. Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, dass es nicht Aufgabe des Lauterkeitsrechts sein kann, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen (auch) lauterkeitsrechtlich zu sanktionieren, sofern sie zu einem Vorsprung im Wettbewerb führen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 4 Nr. 11 UWG 2004, BT-Drucks. 15/1487 S. 19). Aus diesem Grund können Verstöße gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen, die keine Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind, de lege lata auch nicht unter Zuhilfenahme des Vorsprungsgedankens über § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 als unlauter angesehen werden (Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rdn. 65; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 31; Ullmann in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 3 Rdn. 21; Link in Ullmann, jurisPK-UWG aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 11; Gärtner/Heil, WRP 2005, 20, 24; Scherer, WRP 2006, 401, 404 f. und 406; Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 845, 849; v. Walter aaO S. 153 ff.; Böhler, Alter und neuer Rechtsbruchtatbestand , 2009, S. 212; a.A. Sack, WRP 2004, 1307, 1315 f.; ders., WRP 2005, 531, 539 ff.; Glöckner, GRUR 2008, 960, 965 ff.; Elskamp aaO S. 223 ff.).
26
d) Soweit der Kläger gemäß den Klageanträgen 2 und 3 Schadensersatz für vom Beklagten vor dem 8. Juli 2004 durchgeführte Fahrten begehrt, beurteilt sich die Haftung des Beklagten nach den Bestimmungen des bis zu diesem Zeitpunkt geltenden früheren Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG a.F.; vgl. oben unter II 2 a a.E.). Auch die insoweit daher noch anwendbare Bestimmung des § 1 UWG a.F. setzte jedoch die Verletzung einer Marktverhaltensregelung voraus und ließ es für die Bejahung der Wettbewerbswidrigkeit einer Verhaltensweise ebenfalls nicht genügen, dass sich der Handelnde durch die Verletzung einer Norm, die diese Voraussetzung nicht erfüllte, einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffte (vgl. BGHZ 144, 255, 266 ff. - Abgasemissionen ).
27
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2007 - 17 O 169/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.08.2007 - 2 U 17/07 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 48/05 Verkündet am:
25. September 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rettungsleitstelle
BadWürttRDG § 6 Abs. 1
In Baden-Württemberg handelt die Rettungsleitstelle bei der Lenkung der Einsätze
des Rettungsdienstes öffentlich-rechtlich.
BGH, Urteil vom 25. September 2007 – KZR 48/05 – OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2007 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter
Dr. Raum, Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. August 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Der Streithelfer der Klägerin trägt die Kosten der Streithilfe.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin beansprucht Schadensersatz wegen Verletzung des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots.
2
Sie betreibt in der Nähe von R. ein Krankentransportunternehmen. Die Beklagte betreibt die zuständige Rettungsdienstleitstelle R. .
3
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe ihr zu wenige Einsätze zugeteilt.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerin und ihr dem Rechtsstreit in der Revisionsinstanz beigetretener Streithelfer , das Land Baden-Württemberg, den zweitinstanzlichen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. Zutreffend hat das Berufungsgericht – wie das Landgericht – die Klage für unbegründet erachtet, weil die Beklagte als beliehener Unternehmer hoheitlich gehandelt hat und daher nur ein Amtshaftungsanspruch gegen das Land Baden-Württemberg in Betracht kommt.
7
I. Der Bundesgerichtshof hat die Durchführung des Rettungsdienstes in Baden-Württemberg bisher, anders als etwa die Wahrnehmung der Aufgaben des Rettungsdienstes in Bayern (BGHZ 120, 184; 153, 268; 160, 216) und Nordrhein-Westfalen (BGH, Urt. v. 21.3.1991, III ZR 77/90, NJW 1991, 2954; Urt. v. 26.3.1997 – III ZR 295/96, NJW 1997, 2109, 2110), als privatrechtliche Tätigkeit angesehen (BGHZ 118, 304, 306; zustimmend Staudinger/Wurm, BGB, Bearb. 2002, § 839 Rdn. 600; Erman/Hecker, BGB, 11. Aufl., § 839 Rdn. 35). In der Literatur (Ehmann, NJW 2004, 2944, 2945 f.; Fehn/Lechleuthner, MedR 2000, 114, 117 f.; Güntert/Alber, RDG BW, Bearb. 2003, § 2 Erl. 1 ff.) wird die Auffassung vertreten, dass die sich aus dem Rettungsdienstgesetz vom 16. Juli 1998 (GBl. S. 437) ergebende neue gesetzliche Grundlage eine andere Qualifizierung der Tätigkeit des Rettungsdienstes in BadenWürttemberg erfordere (a.A. für die Notfallrettung OLG Stuttgart, NJW 2004, 2987 f.). Inwieweit dem zu folgen ist, kann offenbleiben. Die im Streitfall allein zu beurteilende Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle nach § 6 RDG BW ist jedenfalls mit dem Berufungsgericht als öffentlich-rechtliche Tätigkeit zu qualifizieren.
8
1. Die Aufgabe des Rettungsdienstes, die nach § 1 Abs. 1 RDG BW in der Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes zu sozial tragbaren Bedingungen liegt, stellt eine öffentliche Aufgabe dar (ausführlich dazu Schulte, Rettungsdienst durch Private, S. 62 ff.). Daraus ergibt sich freilich noch nichts für die Rechtsform, in der diese Aufgabe wahrgenommen wird, wie sich schon daran zeigt, dass die privatrechtliche Ausgestaltung des Krankentransports nach baden-württembergischem Recht außer Frage steht (vgl. auch BGHZ 153, 268, 273 zum bayerischen, BVerwGE 97, 79, 85 f. zum Berliner Recht).
9
Trägerschaft und Durchführung des Rettungsdienstes liegen nach § 2 RDG BW grundsätzlich in den Händen Privater, nämlich der in § 2 Abs. 1 genannten Rettungsdienstorganisationen als Leistungsträger, von denen die Notfallrettung wahrgenommen wird, und privater Krankentransportunternehmer, denen neben den Rettungsdienstorganisationen der Krankentransport obliegt. Nur soweit die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes nicht nach Absatz 1 sichergestellt ist, ist die Versorgung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 RDG BW Pflichtaufgabe der Landund Stadtkreise.
10
Das schließt indessen nicht aus, dass die privaten Träger des Rettungsdienstes – in der Notfallrettung und soweit ihnen die Lenkung des Rettungsdienstes übertragen ist – gleichwohl öffentlich-rechtlich tätig werden. Anders als bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts streitet bei einer natürlichen und bei einer juristischen Person des privaten Rechts allerdings eine Vermutung für privates Handeln auch dann, wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllt und hierbei vom Staat überwacht wird (BVerwGE 61, 222, 225). Tätigkeiten einer Person des Privatrechts schlagen erst dann in öffentlich-rechtliches Handeln um, wenn diese Person durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit öffentlich -rechtlichen Handlungs- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist (BVerwGE 97, 282, 285). Dazu bedarf es gesetzlicher Vorschriften, die ausdrücklich anordnen oder nach ihrem Zusammenhang ergeben, dass der Leistungsträger als Beliehener oder als Verwaltungshelfer tätig wird (vgl. dazu Schulte aaO S. 84 ff.). Eine solche Anordnung trifft das Gesetz, wie das Berufungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg (Beschl. v. 21.4.2004 – 6 S 17/04, juris) angenommen hat, für die Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle.
11
2. Dass die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung den Leistungsträgern durch – möglicherweise als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizierende – Vereinbarungen übertragen wird, die das Sozialministerium mit den Rettungsdienstorganisationen schließt (§ 2 Abs. 1 RDG BW), ist hierfür allerdings ebenso wenig zureichend wie die notwendige (öffentlich-rechtliche) Genehmigung der Tätigkeit von Krankentransportunternehmen, welcher die Leistungsträger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 RDG BW für die Wahrnehmung der Notfallrettung nicht bedürfen. Ebenso wenig hinreichend sind die Instrumente der Aufsicht über den Rettungsdienst und seiner Steuerung und Lenkung, die das Gesetz in Gestalt des Landesausschusses für den Rettungsdienst (§ 4) und der Bereichsausschüsse (§ 5) vorsieht. Denn auch insoweit geht es um die Wahrnehmung der letztlich den Staat treffenden Verantwortung für die Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes. Eine Beleihung oder Tätigkeit als Verwaltungshelfer ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass für Leistungen des Rettungsdienstes nach § 28 RDG BW Benutzungsentgelte erhoben werden, deren Höhe sowohl für die Notfallrettung als auch für den Krankentransport zwischen den Kostenträgern und den Leistungsträgern bzw. Leistungserbringern vereinbart und deren Verbindlichkeit für alle Benutzer gesetzlich besonders angeordnet wird (§ 28 Abs. 7 RDG BW). Der Begriff des Entgelts wird für Zahlungspflichten auf privatrechtlicher wie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage verwendet (BGHZ 153, 268, 274; Schulte aaO S. 58). Er bietet daher keinen Anhalt für ein öffentlich-rechtliches Tätigwerden der Leistungsträger (a.A. Ehmann, NJW 2004, 2944, 2945 und Fehn/Lechleuthner, MedR 2000, 114, 117, die Entgelte für ein "Mittel des öffentlichen Gebührenrechts" halten).
12
3. Mögen hiernach auch die Notfallrettung wie der Krankentransport in Baden-Württemberg weiterhin in den Handlungsformen des Privatrechts erfolgen , so gilt doch anderes für die Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle.
13
Die Rettungsleitstelle lenkt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RDG BW alle Einsätze des Rettungsdienstes in ihrem Rettungsdienstbereich. Diese Lenkungsfunktion ergibt sich aus der Notwendigkeit der Koordination und Steuerung der Tätigkeit der im Rettungsdienst tätigen Leistungsträger und Unternehmen (vgl. LT-Drs. 12/2871, S. 24). Sie stellt sich daher als Konkretisierung der Steuerung des Rettungsdienstes dar. Diese Steuerung beginnt auf Landesebene mit dem vom Sozialministerium in enger Zusammenarbeit mit dem Landesausschuss für den Rettungsdienst aufgestellten Rettungsdienstplan als Rahmenplan (§ 3 Abs. 1 und 2 RDG BW). Sie wird einerseits durch den vom Bereichsausschuss auf der Grundlage des Rettungsdienstplanes erstellten Bereichsplan (§ 3 Abs. 3 RDG BW) ausgefüllt, welcher dem Landesausschuss über die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen und für die Leistungsträger und die Kostenträger verbindlich ist. Andererseits wird sie durch die vom Landesausschuss festgelegten allgemeinen Grundsätze und Maßstäbe für eine fachgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung des Rettungsdienstes (§ 4 Abs. 2 RDG BW) ergänzt.
Die der Leitstelle obliegende Konkretisierung der Steuerung erschöpft
14
sich nicht in einer bloßen Vermittlungsfunktion. Insbesondere in der Notfallrettung hat die Rettungsleitstelle vielmehr die Aufgabe, die zur Abwehr drohender Gefahren für Leib und Leben erforderlichen Anordnungen zu treffen. Diese Anordnungen müssen mit Verbindlichkeit für das Personal der von der Leitstelle zum Einsatz bestimmten Fahrzeuge ausgestattet sein, da andernfalls Wirksamkeit , Effizienz und Schnelligkeit des Notfalleinsatzes gefährdet wären. Schon dies spricht für eine hoheitliche Handlungsbefugnis.
15
§ 6 Abs. 1 Satz 6 RDG BW sieht zudem vor, dass in der Regel Leitstellen für den Rettungsdienst und die Feuerwehr im integrierten Betrieb (integrierte Leitstellen) in gemeinsamer Trägerschaft einzurichten sind. Die Feuerwehr ist nach § 1 Abs. 1 FwG BW eine gemeinnützige Einrichtung der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Nach § 4 Abs. 1 FwG BW haben die Landkreise ständig besetzte Einrichtungen zur Annahme von Meldungen und zur Alarmierung der Feuerwehren (Leitstelle für die Feuerwehren) zu schaffen und zu betreiben, wobei die Landkreise mit Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften oder dem Träger einer Rettungsleitstelle im Sinne von § 6 RDG BW vereinbaren können, dass diese die Aufgaben der Feuerwehrleitstelle für den Landkreis erledigen. Der Träger der Feuerwehrleitstelle handelt daher ohne Weiteres in den Rechtsformen des öffentlichen Rechts (vgl. BGHZ 20, 290, 292). Es liegt jedoch fern, dass das Landesrecht für die Tätigkeit der integrierten Leitstellen unterschiedliche Handlungsformen gewollt hat, je nachdem, ob die Leitstelle als Feuerwehrleitstelle oder als Rettungsdienstleitstelle tätig wird. Insbesondere wenn es bei einem Notfall sowohl des Einsatzes der Feuerwehr als auch des Rettungsdienstes bedarf, liefe dies auf die rechtliche Aufspaltung sachlich kaum voneinander zu trennender Leitungsfunktionen hinaus.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 RDG BW ist schließlich die Genehmigung zum
16
Betrieb von Krankentransport mit einer Nebenbestimmung zu versehen, die die Lenkung aller Einsätze des Rettungsdienstes durch die Rettungsleitstelle regelt. Die Missachtung dieser Auflage ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 RDG BW bußgeldbewehrt. Die Lenkungstätigkeit der Rettungsleitstelle wird hierdurch auch gegenüber den Krankentransportunternehmern mit öffentlich-rechtlicher Verbindlichkeit ausgestattet. Entsprechende Regelungen enthalten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Vereinbarungen, die das Sozialministerium gemäß § 2 Abs. 1 RDG BW mit den in dieser Vorschrift genannten Rettungsdienstorganisationen geschlossen hat.
17
II. Da die Beklagte somit hoheitlich gehandelt hat, kommt der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 33 Abs. 2 i.V.m. §§ 19, 20 GWB nicht in Betracht. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom Bundeskartellamt vertretenen Auffassung ist es auch nicht möglich, zwischen einer (hoheitlichen) Entscheidung über das Ob eines Einsatzes der Notfallrettung oder eines Krankentransportfahrzeugs einerseits und einer (außerhalb der hoheitlichen Entscheidungsmacht) liegenden Auswahl unter den in Betracht kommenden Krankentransportunternehmern zu unterscheiden. Denn die Auswahl ist, wie das in § 6 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz RDG BW ausdrücklich geregelte Gleichbehandlungsgebot verdeutlicht, notwendiger Bestandteil der einheitlichen Entscheidung der Rettungsdienstleitstelle über das Ob und Wie eines Rettungsdiensteinsatzes.
Hirsch Bornkamm Raum
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 23.11.2004 - 17 O 497/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.08.2005 - 2 U 25/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 38/02 Verkündet am:
4. November 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Strom und Telefon II
Beeinträchtigt ein marktbeherrschendes Unternehmen unter mißbräuchlicher
Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung die Wettbewerbsmöglichkeiten
anderer Unternehmen auf einem von ihm nicht beherrschten Drittmarkt,
steht ein Unterlassungsanspruch auch demjenigen Unternehmen zu, das seinerseits
den Drittmarkt beherrscht.
BGH, Urt. v. 4. November 2003 – KZR 38/02 – OLG Düsseldorf
LG Dortmund
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 30. September 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm
, Dr. Raum und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist die Deutsche Telekom AG. Die Beklagte zu 1 ist die Stadtwerke S. GmbH, die die Stadt S. mit Gas und Wasser sowie über eine Tochtergesellschaft mit Strom versorgt; 75,34 % ihrer Geschäftsanteile werden von der Stadt S. gehalten. Die Beklagte zu 1 ist Mehrheitsgesellschafterin der Beklagten zu 2, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringt.
Ende 1999/Anfang 2000 boten die Beklagten unter der Bezeichnung "R. power" Verträge mit einer Laufzeit von 12 Monaten über "Pakete" an, die
den Bezug von Strom (sowie gegebenenfalls auch Gas und/oder Wasser) bei der Beklagten zu 1 und den Bezug von Telekommunikationsdienstleistungen bei der Beklagten zu 2 umfaßten und für den gleichzeitigen Bezug dieser Leistungen eine jährliche Rückvergütung zwischen 120,- und 300,- DM vorsahen. Im Internet warb die Beklagte zu 1 hierfür wie folgt:
"R. power XS Strom + Telefonie Sie beziehen Strom von uns und sind zugleich Kunde der R. Net (oder möchten Kunde der R. Net werden) – dann bieten wir Ihnen eine weitere Ersparnis von 10,00 DM im Monat an. Reduzieren Sie Ihre Rechnung um 120,00 DM im Jahr. Wer kann dazu noch nein sagen?" "R. power M Strom + Wasser + Telefonie Sie beziehen Strom und Wasser von den Stadtwerken und telefonieren bereits günstig über die R. Net – dann haben Sie die Möglichkeit , 15,00 DM im Monat, das heißt 180,00 DM im Jahr, einzusparen." "R. power XL Strom + Gas + Telefonie Sie beziehen Strom und Gas von den Stadtwerken und telefonieren günstig über die R. Net – dann ermöglicht Ihnen R. power XL 20,00 DM im Monat einzusparen. Im Jahr zahlen Sie somit 240,00 DM weniger." "R. power XXL Strom + Gas + Wasser + Telefonie Sie beziehen Strom, Gas und Wasser von den Stadtwerken und sind zugleich Kunde der R. Net – dann können Sie die höchste R. power-Sparrate nutzen. Sie sparen Monat für Monat 25,00 DM. In einem Jahr summiert sich Ihre Ersparnis auf 300,00 DM. Unglaublich aber wahr – gibt es hierbei noch einen Grund zu zögern?" Die Klägerin sieht in den Angeboten der Beklagten und der Werbung hierfür den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1 und ein wettbewerbswidriges Verhalten unter dem Gesichtspunkt einer grund-
gesetzwidrigen "Rückverstaatlichung" des Telefonmarktes, einer kommunalrechtlich unzulässigen erwerbswirtschaftlichen Betätigung an den Beklagten unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gebietskörperschaften und eines unlauteren Kopplungsangebots.
Die Klage, mit der den Beklagten untersagt werden soll, für den Abschluß von Stromlieferungsverträgen zu werben, bei denen der Bezug von Strom preisvergünstigt angeboten wird, wenn der Kunde seinen Telefonanschluß bei der Beklagten zu 2 anmeldet oder angemeldet hat, insbesondere wie vorstehend wiedergegeben mit den Tarifen "R. power XS, M, XL und XXL" zu werben und/oder so angekündigte Preisvergünstigungen tatsächlich zu gewähren, ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.
Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


A. Die Revision ist insgesamt zulässig.
Der Umstand, daß das Berufungsgericht die Revisionszulassung mit der grundsätzlichen Bedeutung begründet hat, die der Rechtssache im Hinblick auf die im Rahmen der kartellrechtlichen Ansprüche vorzunehmende Abwägung
zukomme, beschränkt die Nachprüfbarkeit des Berufungsurteils nicht. Denn die Revisionszulassung kann nicht auf eine bestimmte Rechtsfrage beschränkt werden (BGHZ 101, 276, 278); eine entsprechende Auslegung der nach dem Wortlaut des Tenors unbeschränkten Zulassung kommt daher nicht in Betracht. Da die Begründung des Klageanspruchs mit dem Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung jedenfalls im Berufungsverfahren auch nur eine der gleichwertigen rechtlichen Rechtfertigungen des Klageanspruchs und des einheitlichen Klageantrags darstellt, kann in der Begründung der Zulassungsentscheidung auch nicht die Zulassung der Revision nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands gesehen werden.
B. In der Sache bleibt die Revision ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten als unbegründet angesehen.
I. 1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch gegen die Beklagte zu 1 aus § 33 i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB verneint. Zugunsten der Klägerin könne unterstellt werden, daß das Netzgebiet der Beklagten zu 1 noch einen abgrenzbaren räumlich relevanten Strommarkt darstelle und die Beklagte zu 1 dort nach wie vor marktbeherrschend sei. Der Vorwurf, das angegriffene Angebot stelle eine mißbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten zu 1 auf dem Strommarkt dar, weil die Gefahr bestehe, daß die Beklagte zu 1 ihre fast monopolartige Stellung auf dem regionalen Strommarkt dauerhaft verfestige, sei jedoch kein Aspekt, aus dem die nicht auf dem Strommarkt tätige Klägerin Ansprüche herleiten könne. Der kartellrechtliche Schutz, der gegen das mißbräuchliche Verhalten eines Marktbeherrschers auch auf Drittmärkten bestehen könne, scheitere an der vorzunehmenden In-
teressenabwägung. Was die Klägerin als drohende "Überführung" von mindestens 96 % der Stromkunden, über die die Beklagte zu 1 aufgrund ihres früheren Monopols verfüge, auf die Beklagte zu 2 bezeichnet, drohe aktuell bei weitem nicht. Auch wenn unterstellt werde, daß die Beklagte zu 2 die Leistungsfähigkeit der Beklagten zu 1 ausnutze, um Kunden auf sich zu überführen , könne eine dadurch bedingte erhebliche Behinderung der Klägerin auf dem Telekommunikationsmarkt nicht festgestellt werden. Selbst wenn das Angebot der Beklagten wirklich so günstig wäre, daß es für kleinere und mittlere Haushalte ganz erheblich zu Buche schlüge und deshalb die Verbraucher dazu "verführt" würden, es anzunehmen, sei all dies jetzt für den von der Klägerin beherrschten Markt nicht erheblich und eine solche der Klägerin deutlich nachteilige Entwicklung nicht greifbar abzusehen.
2. Die Revision rügt, der Interessenabwägung des Berufungsgerichts liege die rechtsirrige Vorstellung zugrunde, die Klägerin sei auf dem nach Auffassung des Berufungsgerichts von ihr dominierten Drittmarkt wegen dieser Stellung nicht schutzwürdig. § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 GWB verbiete die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung schlechthin , ohne nach der Marktstellung der hiervon betroffenen Unternehmen zu unterscheiden. Wenn das Berufungsgericht die Abwerbung von Kunden auf die monopolähnliche Stellung der Beklagten zu 1 zurückführe und diese mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse auf dem Telekommunikationsmarkt lediglich für hinnehmbar erkläre, räume das Berufungsgericht ein, daß die Kunden der Klägerin mit leistungsfremden Mitteln abgeworben würden. Die Schlußfolgerung, die festgestellten bedeutenden finanziellen Vorteile für kleine und mittlere Haushalte seien für den Telekommunikationsmarkt nicht erheblich, sei unhaltbar , weil gerade wegen dieser Vorteile mit einer erheblichen Kundenabwande-
rung zu rechnen sei. Das Berufungsgericht lasse zudem außer Acht, daß es bei dem Kombinationsangebot nicht um die Weitergabe von Kostenvorteilen gehe, wie sie etwa aufgrund von Synergieeffekten bei auf demselben Markt tätigen Unternehmen möglich seien. Solche Synergieeffekte lägen zwischen den beiden Beklagten nicht vor, weil die Beklagte zu 1 auf dem Strommarkt und die Beklagte zu 2 auf dem Telekommunikationsmarkt tätig sei. Durch das Kopplungsangebot würden die öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge (Stromversorgung) und ihre hierdurch erlangte Stellung mit der rein privatwirtschaftlichen Tätigkeit eines Beteiligungsunternehmens (Telefondienstleistungen) verquickt. Diese Verquickung bestehe konkret darin, daß die Angebote der beiden Beklagten mit dem Motiv und der Zielsetzung verknüpft würden, das überkommene, gerade nicht im Wettbewerb errungene Monopol der Beklagten zu 1 auf dem Strommarkt auf den Telekommunikationsmarkt zu übertragen, zumindest aber als (noch) strukturbedingten wettbewerbsfremden Vorteil vor anderen Anbietern zu nutzen. Weiterhin setzten die Beklagten die strukturbedingte Abhängigkeit der Stromverbraucher von der Beklagten zu 1 ein, um mittels eines preisverschleiernden Anlockeffektes neue Abhängigkeiten auf einem anderen Markt zu schaffen. Denn naturgemäß gehe von dem Angebot eines kommunalen Unternehmens, das seit jeher als ein Monopolist im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sei, eine "Sogwirkung" auf die Verbraucher aus. Diese gründe sich aber nicht auf Leistung, sondern – mangels bestehender Alternativen in dem Bereich der Daseinsvorsorge – auf die Gewohnheit der Verbraucher, von diesem Unternehmen "versorgt" zu werden. Andererseits gebe es eine Zwangssituation des Kunden, der nach einem Wechsel zu dem gekoppelten Angebot hieran auch dann festgehalten werde, wenn das Telekommunikationsangebot anderer Unternehmen wie auch der
Klägerin dem Telekommunikationsbestandteil des Kopplungsangebotes überlegen sei.
3. Die Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.

a) Der Klägerin stünde ein Unterlassungsanspruch nach § 33 i.V.m. § 19 Abs. 1 GWB zu, wenn die Beklagte zu 1 auf dem sachlich und räumlich relevanten Strommarkt marktbeherrschend wäre und unter mißbräuchlicher Ausnutzung dieser marktbeherrschenden Stellung die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen auf dem – von ihr nicht beherrschten – Telekommunikationsmarkt in für den Wettbewerb erheblicher Weise beeinträchtigte.
Denn die Beeinträchtigung muß nicht auf dem beherrschten Markt, sondern kann auch auf einem Drittmarkt eintreten, sofern nur der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem mißbilligten Verhalten oder seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung gegeben ist (KG WuW/E OLG 3124, 3129; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 880, 883; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 19 Rdn. 114; Schulz in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 19 GWB Rdn. 133). Das entspricht der weiten Fassung der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB, mit der mißbräuchliches Verhalten auch auf nicht beherrschten Märkten erfaßt werden sollte (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des GWB, BT-Drucks. IV/2564, S. 15) und durch die demgemäß auch die Konkurrenten des Marktbeherrschers auf dem Drittmarkt geschützt werden (Bornkamm in Langen/Bunte aaO § 33 GWB Rdn. 23; a.A. aufgrund zu enger Definition des Schutzzwecks Knöpfle/Leo in Gemeinschaftskommentar, 5. Aufl., § 19 GWB Rdn. 1645). Ob demgegenüber für die Anwendung des § 20 Abs. 1 GWB daran
festzuhalten ist, daß das behinderte Unternehmen auch auf dem beherrschten Markt tätig sein muß, wie dies der Senat zu § 26 Abs. 2 GWB a.F. angenommen hat (Urt. v. 23.2.1988 – KZR 17/86, WuW/E 2483 – Sonderungsverfahren ), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

b) Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, daß die Beklagte zu 1 auf dem – regional abzugrenzenden – Strommarkt marktbeherrschend ist. Dagegen ist, wie der Senat in seinem gleichzeitig verkündeten Urteil in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen einen anderen Energieversorger (KZR 16/02 – Strom und Telefon I, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) näher ausgeführt hat, aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

c) Es fehlt jedoch an einem Mißbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung; insbesondere werden die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht in einer für den Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt (§ 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB).
Die Erwägungen, die das Berufungsgericht hierzu angestellt hat, könnten allerdings dahin verstanden werden, als halte es nicht die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten der auf dem Telekommunikationsmarkt tätigen Unternehmen, sondern speziell der – ihrerseits diesen Markt beherrschenden – Klägerin für maßgeblich. Ein solches Verständnis wäre nicht zutreffend. Denn für die Beantwortung der Frage, ob der Wettbewerb im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB beeinträchtigt wird, kommt es nicht auf die individuelle Wettbewerbssituation desjenigen Marktteilnehmers an, der den Anspruch geltend macht. Sie ist nur insofern von Bedeutung, als sie die allgemeinen Wettbe-
werbsmöglichkeiten auf dem betreffenden Markt beeinflußt. Ist danach eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten zu bejahen, steht der sich daraus ergebende Unterlassungsanspruch auch demjenigen Wettbewerber zu, der seinerseits den betreffenden Markt beherrscht.
Dieser – mögliche – Rechtsfehler wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus. Aus den von der Revision nicht beanstandeten tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sich weder eine Zwangskopplung noch die Kopplung einer begehrten mit einer weniger begehrten Leistung noch andere Gesichtspunkte, die das Kombinationsangebot der Beklagten als eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten auf dem Telekommunikationsmarkt erscheinen lassen könnten.
Die Rüge der Revision, es handele sich um einen leistungsfremden Eingriff in das Marktgeschehen, bei dem Aufgaben der Daseinsvorsorge mit rein privatwirtschaftlicher Tätigkeit verquickt und die strukturbedingte Abhängigkeit der Stromverbraucher von der Beklagten zu 1 ausgenutzt werde, ist nicht begründet. Die hierbei zugrundegelegte Charakterisierung einerseits der Stromversorgung als Daseinsvorsorge und andererseits von Telefondienstleistungen als privatwirtschaftliche Tätigkeit ist unzutreffend. Die Beklagten handeln als private Anbieter, gleichviel ob sie die Versorgung mit elektrischer Energie oder die Erbringung von Telefondienstleistungen anbieten. Wenn sie im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2 Stromkunden für den Bezug von Telekommunikationsdienstleistungen gewinnen will, stehen der Beklagten zu 1 daher keine dem Leistungswettbewerb fremden Mittel zur Verfügung, die sich daraus ergäben, daß sie als Stromversorger Verantwortung für die Daseinsvor-
sorge träfe. Aus dem Umstand, daß die Kunden der Beklagten zu 1 bislang nur in geringem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, zu einem anderen Stromanbieter zu wechseln, kann nicht geschlossen werden, die betreffenden Kunden könnten sich deswegen veranlaßt oder gar gedrängt fühlen, auch Telekommunikationsdienstleistungen von der Beklagten zu 1 bzw. einem mit ihr zusammenarbeitenden Unternehmen zu beziehen. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht jedenfalls nicht getroffen. Sie liegen nach der Lebenserfahrung auch fern, weshalb die (nur) hierauf gestützten Rügen der Revision ohne Erfolg bleiben müssen. Die Nutzung des Kopplungsangebots der Beklagten setzt voraus, daß der Stromkunde die Entscheidung trifft, zum einen wenn nicht den Stromanbieter, so doch den Stromtarif und zum anderen den Telefondienstanbieter zu wechseln. Sie verlangt insofern, daß sich der Verbraucher gerade von der vermeintlich selbstverständlichen überkommenen Vorstellung löst, daß er den Strom zu einem von ihm nicht beeinflußbaren Preis von seinem örtlichen Versorger und Telefondienstleistungen zu gleichfalls nicht beeinflußbaren Preisen von der Klägerin bezieht.
Aus den gleichen Gründen ist es auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht nichts für eine "Sogwirkung" festgestellt hat, die örtliche Verbraucher dazu veranlassen könnte, Telekommunikationsdienstleistungen von der Beklagten zu 1 zu beziehen, weil sie, wie die Revision meint, es gewohnt wären, von diesem Unternehmen "versorgt" zu werden.
Da sich, wie nachfolgend ausgeführt, das angegriffene Kopplungsangebot auch nicht als unlauterer Wettbewerb darstellt, genügt zu seiner Rechtfertigung , daß die Beklagte zu 1 ihren Kunden damit ein preislich attraktives Angebot für den Fall unterbreiten will, daß sie auf dieser Grundlage sowohl Strom
als auch Telekommunikationsdienstleistungen beziehen. Das ist auch dem Marktbeherrscher nicht verwehrt. Jedem Unternehmen, auch einem marktbe- herrschenden, steht ein unternehmerischer Freiraum zu; es ist grundsätzlich ihm selbst überlassen, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung zu bestimmen und zu entscheiden, mit welchen Waren oder Leistungen es am Markt teilnehmen will, sofern es sich hierbei nicht solcher Mittel bedient, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuwiderlaufen (BGHZ 107, 273, 279 – Staatslotterie; 128, 17, 36 – Gasdurchleitung; 129, 53, 64 – Importarzneimittel). Es begründet deshalb für sich genommen auch keine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung , wenn, wie das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin unterstellt hat, der ihnen angebotene erhebliche Preisvorteil Verbraucher zur Annahme des Angebots "verführt". Das ist vielmehr der Sinn des Preiswettbewerbs, dessen sich auch der Marktbeherrscher solange bedienen darf, wie nicht die Preisbildung selbst zu beanstanden ist (s. etwa BGHZ 152, 361 – Wal*Mart – zum Verkauf unter Einstandspreis).
Der Einsatz von Mitteln, die der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes zuwiderlaufen, setzt zwar in dem hier vorliegenden Fall der Erstreckung der wirtschaftlichen Betätigung eines marktbeherrschenden Unternehmens auf einen Drittmarkt nicht notwendigerweise voraus , daß das wettbewerbliche Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens als solches zu beanstanden ist. Vielmehr kann sich der Widerspruch zur Zielsetzung des Gesetzes gegebenenfalls auch aus den Auswirkungen des wettbewerblichen Handelns des Marktbeherrschers ergeben, wenn nämlich hierdurch auf dem Drittmarkt Marktzutrittsschranken für Wettbewerber errichtet
werden. Hierfür ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch nichts hinreichendes.
Das Berufungsgericht hat daher zu Recht angenommen, daß die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund in einer für den Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt erheblichen Weise beeinträchtigt werden.
II. Das Berufungsgericht hat zutreffend auch einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 1 UWG verneint.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich entgegen der Meinung der Klägerin nicht aus einer nach § 107 GO NW unzulässigen erwerbswirtschaftlichen Betätigung der an den Beklagten beteiligten Körperschaften. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Anspruch aus § 1 UWG nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müßte. Auch bei der Verletzung von Vorschriften über den Marktzutritt muß anhand einer am Schutzzweck des § 1 UWG auszurichtenden Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob dieses durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens erhält. Der Gesetzesverstoß genügt dazu allein nicht, wenn die verletzte Norm nicht zumindest eine sekundäre wettbewerbsbezogene, d.h. entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat (BGHZ 150, 343, 348 – Elektroarbeiten; BGH, Urt. v. 26.9.2002 – I ZR 293/99, WRP 2003, 262, 264 – Altautoverwertung). Eine solche Schutzfunktion kommt, wie die Re-
vision auch nicht mehr in Zweifel zieht, der Vorschrift des § 107 GO NW nicht zu (BGH WRP 2003, 262, 264 – Altautoverwertung).
2. Entsprechendes gilt für eine Zuwiderhandlung gegen ein "Rückverstaatlichungsverbot" , das die Klägerin Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG entnehmen will. Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen durch diese Vorschrift des Grundgesetzes materiell privatisiert und der Aufgabenwahrnehmung durch solche Unternehmen entzogen werden sollte, die ausschließlich oder mehrheitlich in staatlicher oder kommunaler Hand sind (so Elftes Hauptgutachten der Monopolkommission, BT-Drucks. 13/5309, Tz. 60; Bullinger/Mestmäcker, Multimedia-Dienste, S. 82 f.; Müller, DVBl. 1998, 1256, 1258 ff.; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht , 12. Aufl., S. 273; wohl auch Stern/Bauer in Stern, Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, Art. 87f GG Rdn. 15; einschränkend Windthorst in Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 87f Rdn. 28a ["soweit privatwirtschaftliche Entscheidungsautonomie (nicht) gewährleistet ist"]; ablehnend OLG Düsseldorf GRURRR 2002, 285, 287 f.; Badura in Bonner Kommentar, Bearb. 1997, Art. 87f GG Rdn. 22; Ebsen, DVBl. 1997, 1039, 1042; Ehlers, DVBl. 1998, 497, 502; Gersdorf in v. Mangold/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 87f Abs. 2 Rdn. 74 f.; Lerche in Maunz/Dürig, GG, Bearb. 1996, Art. 87f Rdn. 58; Pünder, DVBl. 1997, 1353 f.; Trute, VVDStRL 57, 216, 226 f.), könnte ein Verstoß gegen eine derartige gesetzliche Schranke mangels einer auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion aus denselben Gründen keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche von Wettbewerbern begründen wie ein Verstoß gegen § 107 GO NW (vgl. zur fehlenden wettbewerbsrechtlichen Bedeutung einer materiellen Privatisierung des Abfallrechts BGH WRP 2003, 262, 264 – Altautoverwertung ). Um so mehr hätte dies zu gelten, wenn sich die Bedenken gegen die
Tätigkeit kommunaler Unternehmen auf dem Telekommunikationssektor gar nicht aus einem verfassungsrechtlichen Gebot zur materiellen Privatisierung ergeben sollten. So begründet Gersdorf (aaO Art. 87f Abs. 2 Rdn. 81 f.; AfP 1998, 470, 471 ff.), auf dessen Ausführungen sich die Klägerin in den Tatsacheninstanzen bezogen hat, im Hinblick darauf, daß Art. 87f GG den Bund nicht verpflichtet, seine Beteiligung an den Nachfolgeunternehmen des Sondervermögens Deutsche Bundespost aufzugeben, seine verfassungsrechtlichen Bedenken statt mit einem Gebot zur materiellen Privatisierung damit, daß die Beachtung des Prinzips demokratischer Legitimation (Art. 20 Abs. 2 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) es verbiete, staatliche oder kommunale Eigen- und Beteiligungsgesellschaften mit der von Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG geforderten Unternehmensautonomie auszustatten. Eine etwaige Verletzung dieses Prinzips wäre jedoch erst recht ohne wettbewerbsrechtliche Bedeutung.
3. Soweit die Revision dem auch im vorliegenden Zusammenhang entgegenhalten will, sie wende sich lediglich gegen die unlautere Verquickung der Sonderstellung der Beklagten zu 1 als eines (kommunalen) Unternehmens der Daseinsvorsorge mit der rein privatwirtschaftlichen Tätigkeit ihres Beteiligungsunternehmens , bei der die Beklagte zu 1 die besondere Vertrauensstellung ausnutze, die sie als Unternehmen der Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der Stromversorgung über Jahrzehnte hinweg erlangt habe, findet dies, wie bereits ausgeführt, in den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen keine Grundlage.
4. Auf den rechtlichen Gesichtspunkt eines Verstoßes der Beklagten zu 1 gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 TKG, nach dem einer Lizenz bedarf, wer Sprachtelefondienst auf der Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze an-
bietet, kommt die Revision zu Recht nicht zurück. Das Berufungsgericht hat diese Klagebegründung zutreffend mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß die Beklagte zu 1 kein Telekommunikationsnetz betreibe (ebenso bereits OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 285, 287).
5. Das Angebot der Beklagten ist auch nicht deshalb zu beanstanden , weil die Kopplung von Stromversorgung und Telekommunikationsdienstleistungen als solche wettbewerbswidrig wäre.

a) Die Anforderungen, die das Wettbewerbsrecht an die Zulässigkeit von Kopplungsangeboten stellt, müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an den Gefahren orientieren, die von derartigen Geschäften für die Verbraucher ausgehen, vornehmlich an der Gefahr, daß diese über den tatsächlichen Wert eines Angebots getäuscht oder doch unzureichend informiert werden (BGHZ 151, 84, 89 – Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 – I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 981 – Kopplungsangebot II). Kopplungsangebote erschweren, sofern sie wie typisch keine Einzelpreise ausweisen , den Preisvergleich durch den Verbraucher und enthalten darüberhinaus ein gewisses Irreführungs- und Preisverschleierungspotential. Außerdem kann von Kopplungsangeboten – insbesondere, wenn ein Teil der Leistung "unentgeltlich" sein soll, oder bei an ein Absatzgeschäft gekoppelten Gewinnspielen – in Einzelfällen eine so starke Anlockwirkung ausgehen, daß auch bei einem verständigen Verbraucher die Rationalität der Nachfrageentscheidung in den Hintergrund tritt (BGH aaO).

b) Auch wenn deshalb im Interesse des Verbrauchers eine Transparenz des Angebots zu fordern ist (BGH aaO), so läßt sich hieraus doch nicht
ableiten, daß die Angabe einer gemeinsamen Rückvergütung für die Inanspruchnahme zweier oder mehrerer unterschiedlicher Leistungen, wie sie hier in Rede steht, als solche zu beanstanden wäre. Sie erschwert zwar den Preisvergleich , weil der Verbraucher, wenn er das Gesamtangebot mit den Einzelpreisen desselben oder anderer Anbieter vergleichen will, diese Einzelpreise ermitteln und addieren muß, um zu erkennen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Gesamtangebot mit einem Preisvorteil verbunden ist. Ebensowenig wie der Generalklausel des § 1 UWG oder dem Irreführungsverbot eine Verpflichtung entnommen werden kann, stets den Wert einer Zugabe anzugeben (BGH aaO), kann jedoch verlangt werden, daß für in einem gemeinsamen Preis zusammengefaßte Leistungen Einzelpreise angegeben werden, die der Anbieter tatsächlich nicht fordert, eben weil er die Leistungen zu dem gemeinsamen Preis nur gemeinsam abgibt. Insofern hindert das Transparenzgebot grundsätzlich weder die Kopplung selbst noch die Angabe (lediglich) eines – direkt zu entrichtenden oder wie hier aus einer einheitlichen Rückvergütung resultierenden – einheitlichen Preises. Vielmehr ist es Sache des Verbrauchers , Preisvergleiche anzustellen und sich Gedanken über die Preiswürdigkeit
eines Angebots zu machen, denn zumindest anhand des maßgebenden Gesamtpreises sind Preisvergleiche immer möglich (BGH, Urt. v. 27.2.2003 – I ZR 253/00, GRUR 2003, 538, 539 – Gesamtpreisangebot). Im Streitfall ist die gewisse Mühe, die ein Preisvergleich zwischen dem von den Beklagten angebotenen , sich aus Einzelpreisen abzüglich Rückvergütung ergebenden gemeinsamen Preis und den von den Beklagten und anderen Anbietern verlangten Einzelpreisen bereitet, um so eher hinzunehmen, als die Entscheidung über einen Wechsel des Strom- und des Telekommunikationsdienstleisters regelmäßig nicht ohne nähere Prüfung der Angebote erfolgen wird.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Versicherte haben nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 anerkannt ist. Die Festzuschüsse umfassen 60 Prozent der nach § 57 Abs. 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 5 und 6 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne erhöhen sich die Festzuschüsse nach Satz 2 auf 70 Prozent. Die Erhöhung entfällt, wenn der Gebisszustand des Versicherten regelmäßige Zahnpflege nicht erkennen lässt und der Versicherte während der letzten fünf Jahre vor Beginn der Behandlung

1.
die Untersuchungen nach § 22 Abs. 1 nicht in jedem Kalenderhalbjahr in Anspruch genommen hat und
2.
sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht wenigstens einmal in jedem Kalenderjahr hat zahnärztlich untersuchen lassen.
Die Festzuschüsse nach Satz 2 erhöhen sich auf 75 Prozent, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren vor Beginn der Behandlung die Untersuchungen nach Satz 4 Nr. 1 und 2 ohne Unterbrechung in Anspruch genommen hat. Abweichend von den Sätzen 4 und 5 entfällt die Erhöhung der Festzuschüsse nicht aufgrund einer Nichtinanspruchnahme der Untersuchungen nach Satz 4 im Kalenderjahr 2020. In begründeten Ausnahmefällen können die Krankenkassen abweichend von Satz 5 und unabhängig von Satz 6 die Festzuschüsse nach Satz 2 auf 75 Prozent erhöhen, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Behandlungen die Untersuchungen nach Satz 4 Nummer 1 und 2 nur mit einer einmaligen Unterbrechung in Anspruch genommen hat. Dies gilt nicht in den Fällen des Absatzes 2. Bei allen vor dem 20. Juli 2021 bewilligten Festzuschüssen, die sich durch die Anwendung des Satzes 6 rückwirkend erhöhen, ist die Krankenkasse gegenüber dem Versicherten zur Erstattung des Betrages verpflichtet, um den sich der Festzuschuss nach Satz 6 erhöht; dies gilt auch in den Fällen, in denen die von der Krankenkasse genehmigte Versorgung mit zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen zwar begonnen, aber noch nicht beendet worden ist. Das Nähere zur Erstattung regeln die Bundesmantelvertragspartner.

(2) Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in Höhe von 40 Prozent der nach § 57 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 5 und 6 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach Absatz 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nur den Festzuschuss nach Absatz 1 Satz 2 und den Betrag in Höhe von 40 Prozent der nach § 57 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 5 und 6 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Eine unzumutbare Belastung liegt vor, wenn

1.
die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches nicht überschreiten,
2.
der Versicherte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz, Leistungen nach dem Recht der bedarfsorientierten Grundsicherung, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Dritten Buch erhält oder
3.
die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden.
Als Einnahmen zum Lebensunterhalt der Versicherten gelten auch die Einnahmen anderer in dem gemeinsamen Haushalt lebender Angehöriger und Angehöriger des Lebenspartners. Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht Grundrenten, die Beschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der in Satz 2 Nr. 1 genannte Vomhundertsatz erhöht sich für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches.

(3) Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen weiteren Betrag. Die Krankenkasse erstattet den Versicherten den Betrag, um den die Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2 das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur Gewährung eines Gesamtbetrages aus dem Festzuschuss nach Absatz 1 Satz 2 und des zusätzlichen Betrages nach Absatz 2 Satz 1 maßgebenden Einnahmegrenze übersteigen. Die Beteiligung an den Kosten umfasst höchstens einen Betrag in Höhe eines Gesamtbetrages bestehend aus dem Festzuschuss nach Absatz 1 Satz 2 und des zusätzlichen Betrages nach Absatz 2 Satz 1, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.

(4) Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, haben sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen.

(5) Die Krankenkassen haben die bewilligten Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2 bis 7, den Absätzen 2 und 3 in den Fällen zu erstatten, in denen eine von der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 abweichende, andersartige Versorgung durchgeführt wird.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder jeweils für ein Kalenderjahr einen Teil der von der Krankenkasse zu tragenden Kosten übernehmen können (Selbstbehalt). Die Krankenkasse hat für diese Mitglieder Prämienzahlungen vorzusehen.

(2) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für Mitglieder, die im Kalenderjahr länger als drei Monate versichert waren, eine Prämienzahlung vorsehen, wenn sie und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen in diesem Kalenderjahr Leistungen zu Lasten der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen haben. Die Prämienzahlung darf ein Zwölftel der jeweils im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und wird innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Kalenderjahres an das Mitglied gezahlt. Die im dritten und vierten Abschnitt genannten Leistungen mit Ausnahme der Leistungen nach § 23 Abs. 2 und den §§ 24 bis 24b sowie Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben unberücksichtigt.

(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach § 63, § 73b, § 137f oder § 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen. Für Versicherte, die an einer hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b teilnehmen, hat die Krankenkasse Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen, wenn die zu erwartenden Einsparungen und Effizienzsteigerungen die zu erwartenden Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Aufwendungen für Zuzahlungsermäßigungen und Prämienzahlungen müssen in diesem Fall mindestens die Hälfte des Differenzbetrags betragen, um den die Einsparungen und Effizienzsteigerungen die sonstigen Aufwendungen für den Wahltarif übersteigen. Die Berechnung der zu erwartenden Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Aufwendungen nach Satz 3 hat die jeweilige Krankenkasse ihrer Aufsichtsbehörde vorzulegen. Werden keine Effizienzsteigerungen erwartet, die die Aufwendungen übersteigen, ist dies gesondert zu begründen.

(4) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung vorsehen, dass Mitglieder für sich und ihre nach § 10 mitversicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Sie kann die Höhe der Kostenerstattung variieren und hierfür spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten vorsehen. § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt nicht.

(5) (weggefallen)

(6) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die in § 44 Absatz 2 Nummer 2 und 3 genannten Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend § 46 Satz 1 oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz jedoch spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Von § 47 kann abgewichen werden. Die Krankenkasse hat entsprechend der Leistungserweiterung Prämienzahlungen des Mitglieds vorzusehen. Die Höhe der Prämienzahlung ist unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen. Die Krankenkasse kann durch Satzungsregelung die Durchführung von Wahltarifen nach Satz 1 auf eine andere Krankenkasse oder einen Landesverband übertragen. In diesen Fällen erfolgt die Prämienzahlung weiterhin an die übertragende Krankenkasse. Die Rechenschaftslegung erfolgt durch die durchführende Krankenkasse oder den durchführenden Landesverband.

(7) Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung für bestimmte Mitgliedergruppen, für die sie den Umfang der Leistungen nach Vorschriften dieses Buches beschränkt, der Leistungsbeschränkung entsprechende Prämienzahlung vorsehen.

(8) Die Mindestbindungsfrist beträgt für die Wahltarife nach den Absätzen 2 und 4 ein Jahr und für die Wahltarife nach den Absätzen 1 und 6 drei Jahre; für die Wahltarife nach Absatz 3 gilt keine Mindestbindungsfrist. Die Mitgliedschaft kann frühestens zum Ablauf der Mindestbindungsfrist nach Satz 1, aber nicht vor Ablauf der Mindestbindungsfrist nach § 175 Absatz 4 Satz 1 gekündigt werden; § 175 Absatz 4 Satz 6 gilt mit Ausnahme für Mitglieder in Wahltarifen nach Absatz 6. Die Satzung hat für Tarife ein Sonderkündigungsrecht in besonderen Härtefällen vorzusehen. Die Prämienzahlung an Versicherte darf bis zu 20 vom Hundert, für einen oder mehrere Tarife 30 vom Hundert der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge mit Ausnahme der Beitragszuschüsse nach § 106 des Sechsten Buches sowie § 257 Abs. 1 Satz 1, jedoch nicht mehr als 600 Euro, bei einem oder mehreren Tarifen 900 Euro jährlich betragen. Satz 4 gilt nicht für Versicherte, die Teilkostenerstattung nach § 14 gewählt haben. Mitglieder, deren Beiträge vollständig von Dritten getragen werden, können nur Tarife nach Absatz 3 wählen.

(9) Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Kalkulatorische Einnahmen, die allein durch das Halten oder die Neugewinnung von Mitgliedern erzielt werden, dürfen dabei nicht berücksichtigt werden; wurden solche Einnahmen bei der Kalkulation von Wahltarifen berücksichtigt, ist die Kalkulation unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2013 entsprechend umzustellen. Die Krankenkassen haben über die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig, mindestens alle drei Jahre, Rechenschaft abzulegen. Sie haben hierzu ein versicherungsmathematisches Gutachten vorzulegen über die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. August 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg für allgemeine Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 655 200 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist eine vom beklagten Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beschlossene Mindestmenge für die Versorgung mit Kniegelenk-Totalendoprothesen (im Folgenden: Kniegelenk-TEP).

2

1. Dem GBA ist zum 1.1.2004 im Zuge der Neufassung seiner Kompetenzen ua die bis dahin von den Verbänden der Krankenkassen und Krankenhäuser wahrgenommene Aufgabe übertragen worden, die Qualitätssicherung in der stationären Versorgung näher auszugestalten (vgl zuvor § 137 S 4, § 112 Abs 1 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl I 2477, und sodann § 137 Abs 1 S 1 SGB V idF von Art 1 Nr 54 des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, BGBl I 1999, 2626, nachfolgend: GKVRefG2000). Seither ist er beauftragt, unter Beteiligung der betroffenen Verbände in Beschlüssen und Richtlinien Maßnahmen der Qualitätssicherung in der stationären Versorgung festzulegen (§ 137 Abs 1 S 1 SGB V idF von Art 1 Nr 104 Buchst a DBuchst aa GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190; sinngemäß ebenso seit der Umgestaltung von § 137 Abs 1 S 1 SGB V durch Art 1 Nr 110 des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, BGBl I 378).

3

2. Eine Maßnahme zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung in diesem Sinne ist seit dem 30.4.2002 auch die Steuerung über sog Mindestmengen. Begründet durch das Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (FPG) vom 23.4.2002 (BGBl I 1412) sollen danach Beschlüsse gefasst werden über einen "Katalog planbarer Leistungen ..., bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände" (anfangs: § 137 Abs 1 S 3 Nr 3 SGB V idF von Art 1 Nr 5 Buchst b DBuchst bb FPG, seit dem 1.7.2008 inhaltsgleich fortgeführt durch § 137 Abs 3 Nr 2 SGB V in der Neufassung von § 137 SGB V durch Art 1 Nr 110 des GKV-WSG; im Folgenden jeweils in dieser Neufassung zitiert). In Ergänzung dazu dürfen nach § 137 Abs 3 S 2 SGB V entsprechende Leistungen nicht erbracht werden, wenn die erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen "voraussichtlich nicht erreicht wird". Ausnahmen kann die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde vorsehen, wenn diese Begrenzung "die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung gefährden könnte" (§ 137 Abs 3 S 3 SGB V). Leitend hierfür war die Einschätzung, durch verschiedene Studien werde ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit durchgeführter Operationen und der Qualität des Behandlungsergebnisses nachgewiesen. Daher sollten Operationen oder Prozeduren gesucht und bestimmt werden, bei denen ein solcher Zusammenhang in besonderem Maße vorliegt (vgl BT-Drucks 14/6893 S 28 und 31).

4

3. Hierauf gestützt haben zunächst die damals noch zuständigen Verbände der Krankenkassen und Krankenhäuser im Dezember 2003 erste Mindestmengen festgesetzt und eine Verfahrensordnung zu deren Weiterentwicklung beschlossen (Vereinbarung gemäß § 137 Abs 1 S 3 Nr 3 SGB V - Mindestmengenvereinbarung - zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, dem Verband der Privaten Krankenversicherung sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer und dem Deutschen Pflegerat vom 3.12.2003 - im Folgenden: MMV 2003 - nebst Anlage 1 - Katalog der Prozeduren und Leistungen in der OPS-301 Version 2004 - und Anlage 2 - Allgemeine Ausnahmetatbestände gemäß § 137 Abs 1 S 3 Nr 3 SGB V). Danach waren Mindestmengen bestimmt für fünf Leistungsbereiche, nämlich für Transplantationen von Leber (jährlich 10), Niere (jährlich 20) und Stammzellen (jährlich 12 ± 2) sowie für komplexe Eingriffe an Speiseröhre (jährlich 5 pro Krankenhaus/pro Arzt) und Bauchspeicheldrüse (jährlich 5 pro Krankenhaus/pro Arzt). Als Ausnahmetatbestand war festgelegt, dass beim Aufbau neuer Leistungsbereiche bzw bei personeller Neuausrichtung bereits bestehender Leistungsbereiche Übergangszeiträume von 36 bzw 24 Monaten eingeräumt werden (Ziffern 4 und 5 der Anlage 2 der MMV 2003).

5

Diesen Katalog von Mindestmengen hat der GBA nach dem Übergang der Zuständigkeit auf ihn weiter fortentwickelt und um den Bereich der Kniegelenk-TEP sowie die Versorgung Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht unter 1250 Gramm ergänzt; die zunächst ebenfalls geplante Einbeziehung koronarchirurgischer Eingriffe hat er hingegen zwischenzeitlich aufgegeben. Insoweit hat sich der Gang der Beratungen über die Einführung einer Mindestmenge für kniegelenksersetzende Eingriffe wie folgt vollzogen:

6

a) Eingeleitet worden ist die Beschlussfassung auf Antrag des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen und des Arbeiter-Ersatzkassenverbandes vom 7.5.2004 mit Erhebungen über den Stand der Literatur sowie Auskünfte und Stellungnahmen, die der GBA von dritter Seite eingeholt hat. Ausgangspunkt dafür war eine Literaturrecherche, die von der Geschäftsstelle des GBA selbst vorgenommen worden ist und zu einer näheren Auswertung von 10 Publikationen aus dem anglo-amerikanischen Bereich über Versorgungen aus den 1980er und 1990er Jahren in Kliniken mit Kniegelenk-TEP bei Fallzahlen zwischen 15 und 200 pro Jahr geführt hat. Zeitgleich hat der GBA durch das Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) die Verteilung der Häufigkeit von Kniegelenk-TEP in Deutschland und die Auswirkungen von entsprechenden Mindestmengenvorgaben auf die stationären Versorgungsstrukturen unter besonderer Berücksichtigung der regionalen Verteilungswirkungen ermitteln lassen. Ebenfalls in diesem zeitlichen Rahmen hat er schließlich bei der von der DKG, den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Bundesärztekammer unter Einbeziehung des Deutschen Pflegerats getragenen Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS) eine Sonderauswertung der dort erhobenen Daten nach der "Richtlinie über Maßnahmen der Qualitätssicherung in Krankenhäusern" vom 15.8.2006 (QSKH-RL, BAnz Nr 178 S 6361 vom 20.9.2006, zuletzt geändert am 20.10.2011, BAnz Nr 19 S 402 vom 2.2.2012) erbeten. Zusätzliche Stellungnahmen haben abgegeben die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie eV sowie die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie eV. Nach Auswertung aller Unterlagen hat der GBA die Festsetzung eines Schwellenwertes für Kniegelenk-TEP für das Jahr 2005 noch zurückgestellt und sie zunächst nur dem Grunde nach in den Mindestmengenkatalog für die stationäre Versorgung einbezogen (Beschluss vom 21.9.2004, BAnz Nr 238 vom 15.12.2004 S 24210).

7

b) In der weiteren Folge sind die Beratungen fortgesetzt worden mit Erörterungen zur Methodik der Festlegung von Schwellenwerten und insbesondere dem dabei zu beachtenden Evidenzgrad (Sitzungen des Unterausschusses "Sonstige stationäre Qualitätssicherung" vom 26.10.2004 und 11.2.2005). Parallel sind Gespräche mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) über dessen Beteiligung an der Schwellenwertbestimmung geführt worden (Beschlüsse des Unterausschusses "Sonstige stationäre Qualitätssicherung" vom 18.3. und 14.7.2004, Sitzungen der "AG Mindestmengen" vom 29.11.2004 sowie 24.2. und 27.4.2005, Sitzungen des Unterausschusses "Sonstige stationäre Qualitätssicherung" vom 15.4., 23.5. und 5.7.2005, Sitzungen und Beschlüsse des GBA § 91 abs 7 sgb v> vom 21.12.2004 sowie 17.5. und 21.6.2005). Im Hinblick darauf fand ein von den Spitzenverbänden der Krankenkassen gestellter Antrag auf vorläufige Festsetzung eines Schwellenwertes von 50 Operationen pro Jahr und Krankenhaus mit der Option der Korrektur nach Vorlage eines Schlussberichts des IQWiG zunächst keine Zustimmung (Sitzung des Unterausschusses "Sonstige stationäre Qualitätssicherung" vom 15.4.2005). Stattdessen ist das IQWiG im Juni 2005 formell beauftragt worden, Rechenmodelle für die Indikation Kniegelenk-TEP zu entwickeln und diese zur Ermittlung von Schwellenwerten anzuwenden.

8

c) Nachdem sich im weiteren Verlauf abzeichnete, dass das IQWiG seine Bewertung mutmaßlich nicht vor November 2005 würde abschließen können, hat der GBA im Hinblick auf die nach seiner Verfahrensordnung jeweils spätestens bis zum 31. August eines jeden Jahres zu treffende Entscheidung über die Einführung von Mindestmengen (§ 3 Abs 2 der MMV 2003) am 16.8.2005 beschlossen, einen konkreten Schwellenwert für den Bereich der Kniegelenk-TEP bereits vor der Vorlage des Schlussberichts des IQWiG festzulegen und den Wert nach dessen Erhalt ggf nochmals zu korrigieren. Demgemäß ist der Schwellenwert für Kniegelenk-TEP ab dem 1.1.2006 auf 50 pro Jahr und Krankenhaus bestimmt worden (Beschluss vom 16.8.2005, Anlage 1 Nr 6 der MMV 2003, BAnz Nr 175 vom 15.9.2005 S 13864).

9

d) Die Ergebnisse seiner Studien legte das IQWiG mit Vorbericht vom 17.10.2005 und Ab-schlussbericht vom 5.12.2005 vor: Es habe für die untersuchten Risiken "Unbeweglichkeit" und "Infektion" ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Fallzahl und dem entsprechenden Risiko statistisch nachgewiesen werden können. Die Auswertung unterstütze die Hypothese, dass es bei Knie-TEP einen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Ergebnisqualität gebe. Jedoch zeige der Zusammenhang zwischen dem primären Qualitätsindikator "Unbeweglichkeit" und der Fallzahl unerwartet einen U-förmigen Verlauf, der das Konzept einer Mindestmengenregelung für dieses Risiko infrage stelle. Eine geeignete Maßnahme zur Verbesserung der Ergebnisqualität scheine hier eher die Definition eines mittleren Leistungsmengenbereichs zu sein, für den indes weitere Untersuchungen notwendig seien. Die Volume-Outcome-Beziehung für den sekundären Qualitätsindikator "Infektion" habe eine sehr flache, mit steigender Fallzahl sehr langsam fallende Risikokurve gezeigt, die die Hypothese unterstütze, dass High-Volume-Krankenhäuser eine bessere Qualität aufwiesen als Low-Volume-Krankenhäuser. Der Erklärungswert der Fallzahlen sei jedoch zu gering gewesen, um aus dieser Beziehung einen klaren eindeutigen Schwellenwert abzuleiten. Eine Assoziation mit einer deutlichen Qualitätsverbesserung habe sich nur für Mindestmengen in höheren Qualitätsbereichen ergeben, was jedoch in Zusammenhang zu den weiteren Qualitätsindikatoren zu sehen sei. Zusammengefasst sei ein wissenschaftlicher Nachweis, dass eine Mindestmengenregelung für Patienten mit Kniegelenk-TEP eine Verbesserung der Ergebnisqualität bewirke, nur über eine kontrollierte Interventionsstudie zu führen (Abschlussbericht S 44 f).

10

e) Nach Veröffentlichung der Berichte des IQWiG hat der GBA mit Beschluss vom 20.12.2005 eine von der DKG im Hinblick auf den Vorbericht des IQWiG beantragte Aussetzung der Mindestmengenfestsetzung für die Kniegelenk-TEP mehrheitlich abgelehnt. Jedoch wurde ein Verfahren für weitere Ausnahmebestimmungen für das Jahr 2006 beschlossen, das es Kliniken mit sehr guter Versorgungsqualität auch unterhalb der Mindestmengen-Schwelle erlaubte, an der Versorgung mit künstlichen Kniegelenken weiter teilzuhaben (Protokoll der Sitzung des GBA vom 20.12.2005). In Einzelfällen ist davon Gebrauch gemacht worden (vgl etwa Beschluss des Unterausschusses "Sonstige stationäre Qualitätssicherung" vom 27.9.2006).

11

f) Im weiteren Verlauf hat der GBA die getroffenen Mindestmengen-Festsetzungen in jährlichen Beschlüssen redaktionell der aktuellen Fassung der jeweils maßgeblichen OPS-Klassifikation angepasst und teilweise auch die Fallzahl geändert; im Bereich der Kniegelenk-TEP blieb der Schwellenwert von 50 Operationen pro Jahr und Krankenhaus allerdings unverändert (Beschluss vom 19.12.2006, BAnz Nr 244 vom 29.12.2006 S 7417; Beschluss vom 22.11.2007, BAnz Nr 9 vom 17.1.2008 S 128; Beschluss vom 18.12.2008, BAnz Nr 198 vom 31.12.2008 S 4809; Beschluss vom 17.12.2009, BAnz Nr 198 vom 31.12.2009 S 4582; Beschluss vom 11.11.2010, BAnz Nr 181 vom 30.11.2010 S 3976). Ergänzend hat er eine Studie zu den Auswirkungen der Mindestmengen-Festsetzungen in den verschiedenen Leistungsbereichen in Auftrag gegeben, die im Dezember 2007 vorgelegt worden ist (Geraedts/Ohmann/Blum/Müller, Abschlussbericht zur Begleitforschung zur Einführung von Mindestmengen gemäß § 137 Abs 1 S 3 Nr 3 SGB V für den Zeitraum 1.12.2005 bis 30.11.2007).

12

4. Die Klägerin ist Trägerin eines zur Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten zugelassenen Krankenhauses mit medizinischem, psychiatrischem und operativem Zentrum mit insgesamt 816 Betten im Jahr 2010. Im Bereich der Chirurgie betreibt sie neben Einrichtungen für weitere Teilbereiche eine Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie, in der auch kniegelenksersetzende Operationen ausgeführt werden. Damit erreichte sie nach anfänglich geringeren Fallzahlen in den Jahren 2008, 2009 und 2010 Fallzahlen von 29, 40 bzw 50 Eingriffen pro Jahr; im ersten Halbjahr 2011 setzte sie 15 Kniegelenk-TEP ein; bei 50 Operationen im Jahr 2011 hätte sie daraus eigener Angabe zufolge Erlöse von etwa 364 000 Euro erzielen können. 2010 erzielte sie bei einem Umsatz aus Krankenhausleistungen von 91,7 Millionen Euro und einem Gesamtumsatz von 104,9 Millionen Euro einen Jahresüberschuss von 2,8 Millionen Euro (Jahresabschluss der R. Kliniken GmbH zum 31.12.2010, vgl https://www.unternehmensregister.de/ , recherchiert am 13.8. 2012).

13

Im September 2008 hat die Klägerin Klage beim LSG mit dem Ziel erhoben, die Teilnichtigkeit der Mindestmengen-Regelung im Bereich der Kniegelenk-TEP feststellen zu lassen. Sie werde durch sie in unverhältnismäßiger Weise in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit eingeschränkt. Die Regelung sei verfassungswidrig. Auch sei von ihr nicht in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht worden. Der Schwellenwert von 50 Operationen im Jahr sei willkürlich und nicht wissenschaftlich belegt.

14

Das LSG hat entschieden, dass die Mindestmengenvereinbarung idF des Beschlusses vom 16.8.2005, zuletzt geändert durch Beschluss vom 11.11.2010, nichtig sei, soweit für Kniegelenk-TEP eine Mindestmenge von 50 pro Krankenhaus festgelegt werde (Urteil vom 17.8.2011): Als verbindliche untergesetzliche Norm sei der angefochtene Beschluss zur Vermeidung nicht hinnehmbarer Rechtsschutzlücken im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG im Wege der Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG überprüfbar. Auch unter Berücksichtigung der gebotenen Zurückhaltung gegenüber der Normsetzungskompetenz des Beklagten habe sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses bei Kniegelenk-TEP iS von § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig sei. Schon verfahrensrechtlich bestünden erhebliche Bedenken, weil der GBA bei der Einführung der Mindestmengen das Ergebnis der IQWiG-Beauftragung nicht abgewartet habe. Jedenfalls lägen für eine in besonderem Maße gegebene Abhängigkeit von Leistungsmenge und Leistungsqualität keine belastbaren wissenschaftlichen Belege vor. Insbesondere habe der Abschlussbericht des IQWiG lediglich die Hypothese bestätigt, dass ein solcher Zusammenhang bestehe. Ein belastbarer, gerichtlich nachprüfbarer wissenschaftlicher Nachweis sei dem IQWiG-Bericht zufolge aber nur über eine kontrollierte Interventionsstudie zu führen.

15

5. Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Feststellungsklage sei unzulässig, weil die Mindestmengenregelung auf weitere Umsetzungsakte entweder über gesonderte Planungsentscheidungen der Landeskrankenhausplanungsbehörde oder im Rahmen der Pflegesatzvereinbarungen nach § 18 KHG angelegt und Rechtsschutz jeweils in diesem Rahmen zu erlangen sei. Unbegründet seien die Bedenken im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf der Beschlussfassung und die Ausführungen zu dem Verhältnis zwischen GBA und IQWiG. Das LSG habe auch den Begriff der planbaren Leistung iS von § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V fehlerhaft ausgelegt und zudem zu Unrecht wissenschaftlich belastbare Belege für eine besondere Kausalität zwischen Leistungsmenge und Leistungsqualität gefordert. Das nach der gesetzlichen Vorschrift erforderliche besondere Maß zwischen Menge und Qualität sei nicht Voraussetzung für die Festlegung der konkreten Mindestmenge, sondern ausschließlich zur Bestimmung des jeweiligen Leistungsbereichs, für den eine Mindestmenge in Betracht zu ziehen sei. Zumindest aber hätte das LSG nicht die Nichtigkeit der Mindestmengenregelung feststellen dürfen; dafür fehle es an einer Rechtsgrundlage.

16

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. August 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

17

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision des GBA ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG); ob die angefochtenen Mindestmengenbeschlüsse rechtmäßig sind, lässt sich anhand der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

19

1. Zuständig zur Entscheidung des Rechtsstreits ist der erkennende 3. Senat des BSG als Spruchkörper für das (allgemeine) Leistungserbringerrecht der GKV, nicht aber der für Vertragsarztangelegenheiten gebildete 6. Senat des BSG (§ 10 Abs 1, § 12 Abs 2 S 1, § 31 Abs 1 S 1, § 40 S 1 SGG). Streitigkeiten über die Befugnis zur Erbringung von Krankenhausleistungen nach dem SGB V sind entgegen der Auffassung des LSG auch dann der (allgemeinen) Krankenversicherung als Teil der Sozialversicherung iS von § 10 Abs 1 SGG und nicht dem Vertragsarztrecht iS von § 10 Abs 2 SGG zuzuordnen, wenn sie unmittelbar eine Entscheidung des GBA zum Gegenstand haben.

20

Schon in der Vergangenheit sind der erkennende 3. sowie der 1. Senat des BSG in Abgrenzung zur damaligen Rechtsauffassung des 6. Senats (vgl BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 19 ff; fortgeführt von BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 15 ff) davon ausgegangen, dass eine vertragsarztrechtliche Streitigkeit jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn - wie hier - eine vertragsärztliche Leistungserbringung gar nicht in Rede steht (BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 9 f; vgl auch Urteil vom 15.3.2012 - B 3 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 116b Nr 3 RdNr 10 ff). Dies hat nunmehr der Gesetzgeber mit der zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Konkretisierung von § 10 Abs 2 SGG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze(4. SGB IV-ÄndG) vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) ausdrücklich bekräftigt. Dem Vertragsarztrecht explizit zugeordnet sind danach Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA nur, soweit diese die vertragsärztliche Versorgung betreffen (§ 10 Abs 2 S 2 Nr 1 SGG idF des 4. SGB IV-ÄndG), auf solche Entscheidungen und Regelungen bezogene Klagen in Aufsichtsangelegenheiten gegenüber dem GBA (§ 10 Abs 2 S 2 Nr 2 SGG idF des 4. SGB IV-ÄndG) sowie weitere im Einzelnen aufgeführte Streitigkeiten, zu denen die hier maßgebliche Regelungsmaterie ebenfalls nicht zählt (§ 10 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG idF des 4. SGB IV-ÄndG).

21

Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass alle sonstigen leistungserbringungsrechtlichen Streitigkeiten der GKV weiterhin den iS von § 10 Abs 1 SGG für die (allgemeine) Krankenversicherung als Teil der Sozialversicherung zuständigen Spruchkörpern zuzuordnen sind(zu dem Regel-Ausnahme-Verhältnis vgl BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 10 Nr 3 RdNr 5; Urteil vom 15.3.2012 - B 3 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 116b Nr 3 RdNr 12). Ebenso ist nach den Materialien auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass bei sektorenübergreifenden oder spezifisch den Krankenhausbereich betreffenden Richtlinien und Beschlüssen des GBA von einer Zuordnung zu den Spruchkörpern für die (allgemeine) Krankenversicherung auszugehen ist. Als solche sind in den Materialien ausdrücklich die hier im Streit stehenden Beschlüsse nach § 137 Abs 3 SGB V aufgeführt(vgl BT-Drucks 17/6764 S 26). Diese Interpretation des Gesetzes haben sich zwischenzeitlich die betroffenen Senate des BSG übereinstimmend zu eigen gemacht (vgl SGb 2012, 495 ff), sodass eine Vorlage an den Großen Senat des BSG zu dieser Frage nicht mehr veranlasst ist (vgl hierzu im Weiteren auch Urteil vom 15.3.2012 - B 3 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 116b Nr 3 RdNr 17).

22

2. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Einbeziehung der Kniegelenktotalendoprothetik in die Mindestmengenregelung des § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V ab dem 1.1.2006. Erfasst sind damit alle insoweit maßgeblichen Beschlüsse, nämlich zunächst die Aufnahme der Kniegelenk-TEP in den Katalog planbarer Leistungen dem Grunde nach durch Beschluss vom 21.9.2004 (BAnz Nr 238 vom 15.12.2004 S 24210), sodann die Festlegung der Mindestmenge auf jährlich 50 Operationen pro Krankenhaus mit Beschluss vom 16.8.2005 (BAnz Nr 175 vom 15.9.2005 S 13864) sowie desweiteren die wiederholenden Beschlüsse vom 19.12.2006, 22.11.2007, 18.12.2008, 17.12.2009 und 11.11.2010 (BAnz Nr 244 vom 29.12.2006 S 7417; BAnz Nr 9 vom 17.1.2008 S 128; BAnz Nr 198 vom 31.12.2008 S 4809; BAnz Nr 198 vom 31.12.2009 S 4582; BAnz Nr 181 vom 30.11.2010 S 3976). Zu Recht weist der Beklagte zwar darauf hin, dass der Beschluss vom 21.9.2004 unmittelbare Rechtsfolgen für die an der GKV-Versorgung teilnehmenden Krankenhäuser noch nicht gehabt hat. Allerdings tritt die Sperrwirkung des § 137 Abs 3 S 2 SGB V nur ein, sofern die betreffende Leistung - hier die Kniegelenk-TEP - auch dem Grunde nach in den Mindestmengenkatalog nach § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V aufgenommen worden ist. Dies war Gegenstand bereits des Beschlusses vom 21.9.2004, der durch den Beschluss vom 16.8.2005 auch dem Wortlaut nach lediglich um die Mindestmenge von 50 Operationen jährlich ergänzt worden ist. Dementsprechend versteht der Senat das Klagebegehren dahin, dass über die Mindestmengenbestimmung für Kniegelenk-TEP durch die Beschlüsse vom 21.9.2004 sowie 16.8.2005 in der jeweils zu Jahresbeginn aktualisierten Fassung befunden werden sollte und vom LSG auch entschieden worden ist, zuletzt also in Gestalt des Beschlusses vom 11.11.2010.

23

3. Die mit diesem Rechtsschutzziel erhobene Feststellungsklage unmittelbar gegen den GBA hat das LSG zu Recht als zulässig erachtet; dagegen wendet sich der Beklagte ohne Erfolg.

24

a) Nach ständiger und zwischenzeitlich vom Gesetzgeber ebenfalls aufgegriffener Rechtsprechung des BSG gebietet die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 GG die Anerkennung der Feststellungsklage gegen untergesetzliche Rechtsnormen des GBA, wenn die Normbetroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm abzuwarten oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (stRspr, vgl zuletzt etwa BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 22; vgl auch BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 29/10 R - SozR 4-2500 § 92 Nr 13 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Wie der 6. Senat des BSG bereits eingehend dargelegt hat, leitet das BVerfG aus Art 19 Abs 4 GG ab, dass die Fachgerichte Feststellungsklagen als Rechtsschutzmittel gegen untergesetzliche Rechtsnormen anerkennen müssen (vgl BVerfGE 115, 81, 92 iVm S 95 f = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 41 iVm 49 ff). Auch ohne eine § 47 VwGO entsprechende Regelung ist danach in der Sozialgerichtsbarkeit gegen untergesetzliche Rechtsnormen des GBA vergleichbarer Rechtsschutz im Wege der Feststellungsklage zu gewähren. Das hat zwischenzeitlich auch der Gesetzgeber bekräftigt, wie insbesondere die durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) eingeführte Regelung des § 29 Abs 4 SGG unter Verzicht auf die Einfügung einer § 47 VwGO entsprechenden Regelung im SGG erweist. Die Zuständigkeitsbestimmung für Klagen ua gegen Richtlinien des GBA nach § 92 SGB V(§ 29 Abs 4 Nr 3 SGG) ist ausdrücklich von der Erwartung getragen, dass nach der Rechtsprechung des BSG Rechtsschutz gegen untergesetzliche Rechtssätze weiterhin durch Feststellungsklage zu gewähren und deshalb die Einführung eines allgemeinen Normenkontrollverfahrens wie nach § 47 VwGO für das SGG entbehrlich ist(vgl BT-Drucks 16/7716 S 16). Diese Motivation des Gesetzgebers wird mittelbar dadurch bestätigt, dass das durch Art 4 Nr 4 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) mit Wirkung vom 1.4.2011 eingeführte Normenkontrollverfahren gemäß § 55a SGG ausschließlich Rechtsvorschriften nach oder in Zusammenhang mit § 22a Abs 1 SGB II betrifft.

25

b) Die Mindestmengenbestimmungen des GBA sind untergesetzliche Rechtsnormen in diesem Sinne. Wie die Richtlinien nach § 92 SGB V entfalten sie unmittelbare Bindungswirkung für Versicherte, Krankenkassen sowie Leistungserbringer und sind wie diese dem GBA als Normsetzungsgremium übertragen. Sie ergehen als "Beschluss" (§ 137 Abs 3 S 1 SGB V) und damit wie gemäß § 91 SGB V alle Entscheidungen des GBA in seiner Funktion als rechtsetzende Einrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung. Als solche nehmen sie neben der partiellen Verbindlichkeitsanordnung nach § 137 Abs 3 S 6 SGB V(bis 30.6.2008: § 137 Abs 2 S 1 SGB V idF Art 1 Nr 54 GKVRefG2000) ebenfalls an der generellen Regelung des § 91 Abs 6 SGB V teil, wonach mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V alle Beschlüsse des GBA für Versicherte und Leistungserbringer verbindlich sind. Auch für Zuständigkeit und Verfahren gelten die Maßgaben des § 91 SGB V genauso wie für Richtlinien nach § 92 SGB V. Zuständig für die Mindestmengenbestimmung ist danach das Beschlussgremium des GBA in seiner Besetzung mit von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der DKG und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Trägerorganisationen des GBA benannten sowie unparteiischen Mitgliedern (§ 91 Abs 2 SGB V). Nach Maßgabe der von ihm zu beschließenden Verfahrensordnung (§ 91 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB V)und nach Anhörung der zu beteiligenden Verbände hat dieses Beschlussgremium jeweils mit Mehrheit zu entscheiden (§ 91 Abs 7 SGB V). Diese konkrete Ausgestaltung - die Delegation der Entscheidungsverantwortung auf die gemeinsame Selbstverwaltung von Leistungserbringern und Krankenkassen, die Regeln für die Entscheidungsfindung sowie die Verbindlichkeit für Versicherte und Krankenhäuser - weist die Mindestmengenbeschlüsse des GBA als Gegenstand untergesetzlicher Normgebung aus. Systematisch entspricht dies den in der Rechtsprechung des BSG hierzu aufgestellten Kriterien und wird bekräftigt durch die Entstehungsgeschichte.

26

In systematischer Hinsicht hat das BSG schon in früheren Entscheidungen zu den durch das GMG zum GBA zusammengeführten Bundesausschüssen bei der Qualifizierung von Richtlinien als untergesetzliche Normen wesentlich auf deren allseitige Bindungswirkung für Versicherte und Leistungserbringer und das zugrunde liegende Regelungskonzept abgestellt, die leistungs- und leistungserbringungsrechtlichen Einzelheiten der GKV-Versorgung auf gesetzlicher Grundlage von Gremien der funktionalen Selbstverwaltung konkretisieren zu lassen (zum Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 91 Abs 1 SGB V idF des GRG grundlegend BSGE 78, 70, 78 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 32 f; BSGE 81, 54, 63 ff = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 18 ff; BSGE 81, 73, 80 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 55 ff; BSGE 81, 182, 187 f = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39; zum Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen nach § 91 Abs 1 SGB V idF des GRG BSGE 81, 207, 210 = SozR 3-2500 § 101 Nr 2 S 10; zum Ausschuss Krankenhaus nach § 137c Abs 2 S 1 SGB V idF von Art 1 Nr 57 des GKVRefG2000 BSGE 90, 289, 291 ff = SozR 4-2500 § 137c Nr 1 RdNr 7 ff). Diese Prinzipien gelten nunmehr genauso für die Richtlinien des GBA (vgl grundlegend BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 28, 58 ff; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40; ebenso BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 32 - 33). Dies lässt nur den Schluss zu, dass die demselben Verfahren unterstellten Mindestmengenbeschlüsse ebenfalls Normeigenschaft besitzen und nicht als Behördenentscheidung mit Verwaltungsaktcharakter zu qualifizieren sind.

27

Das wird auch durch die Historie der Mindestmengenregelung bekräftigt. Die Zusammenführung der verschiedenen (Bundes-)Ausschüsse zum GBA hatte zum Ziel, eine sektorenübergreifende Rechtsetzungseinrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung zu etablieren (vgl BT-Drucks 15/1525 S 106). Dieser funktionalen Zuordnung entsprach die Mindestmengenregelung bereits in der ursprünglichen Fassung mit der Zuständigkeit der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbands der privaten Krankenversicherung sowie der DKG und dem Auftrag zum Abschluss entsprechender Vereinbarungen als normativ wahrzunehmender Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung (vgl § 137 Abs 1 S 1 SGB V idF von Art 1 Nr 5 Buchst b DBuchst bb FPG iVm Abs 2 S 1 idF von Art 1 Nr 54 des GKVRefG2000). Auch das Zustandekommen dieser Vereinbarungen war ungeachtet ihrer Bezeichnung bereits als Beschlussverfahren mit der Möglichkeit der Hinzuziehung unparteiischer Dritter ausgestaltet (vgl § 137 Abs 3 SGB V idF von Art 1 Nr 54 des GKVRefG2000). Insofern hat zwar mit der Übertragung der Zuständigkeit auf den zum 1.1.2004 neu gebildeten GBA die formale Verantwortung für die Umsetzung der Mindestmengenregelung gewechselt; unberührt davon geblieben ist aber der Rechtscharakter als einer von Anfang an durch untergesetzliche Rechtsetzung zu erfüllenden Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung von Krankenkassen und Krankenhäusern.

28

c) Vorrangig wahrzunehmende andere Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Mindestmengenentscheidung stehen der Klägerin nicht offen. Auf sonstige Klagen gegen die Rechtsfolgen untergesetzlicher Rechtsnormen sind die Normbetroffenen nach der Rechtsprechung des BSG nur verwiesen, wenn effektiver Rechtsschutz auch ohne eine Feststellungsklage zu erlangen ist (vgl etwa BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 14; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 22; vgl auch BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 29/10 R - SozR 4-2500 § 92 Nr 13 RdNr 20 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dass eine solche anderweitige Rechtsschutzmöglichkeit zum Zeitpunkt der Klageerhebung bestanden hätte, ist entgegen der Auffassung des GBA nicht ersichtlich.

29

Mindestmengenbeschlüsse nach § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V sind gemäß § 91 Abs 6, § 137 Abs 3 S 6 SGB V ohne weiteren Vollzugsakt für Versicherte, Krankenhäuser und Krankenkassen unmittelbar verbindlich und stehen daher der Leistungserbringung nach § 137 Abs 3 S 2 SGB V in der Regel ab dem 1. Geltungstag entgegen, wenn die Mindestmenge voraussichtlich nicht erreicht wird. Daran können sich zwar im Gefolge zusätzliche und gesondert angreifbare Rechtsfolgen ergeben, etwa die Versagung der Vergütung einer gleichwohl erbrachten Krankenhausleistung. Eine solche Möglichkeit inzidenten Rechtsschutzes gegen die im Streit stehenden Mindestmengenbeschlüsse ist hier jedoch nicht ersichtlich.

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Das gilt auch, soweit der GBA auf mögliche Rechtsschutzverfahren im Zusammenhang mit den Pflegesatzverhandlungen nach § 18 KHG verweist. Dabei kann offenbleiben, ob in diesem Rahmen für die Klärung der hier im Streit stehenden Frage überhaupt Raum wäre, was die Klägerin in Zweifel zieht. Denn anders als vom Gesetz vorgesehen (§ 18 Abs 3 S 1 KHG)waren diese Verhandlungen - wie regelmäßig auch sonst - in keinem der hier maßgeblichen Leistungszeiträume bereits vor Leistungserbringung abgeschlossen; sie wurden regelmäßig im laufenden Kalenderjahr überhaupt erst aufgenommen. Selbst wenn also in Rahmen der Pflegesatzverhandlung eine inzidente Prüfung der beanstandeten Mindestmengenbestimmung möglich wäre, hätte auf diesem Weg kein ausreichend effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden können. Denn jedenfalls beim vollständigen Ausschluss auch nur mit einzelnen Leistungen aus der GKV-Versorgung ist es einem Leistungserbringer ständiger Rechtsprechung zufolge nicht zuzumuten, seine Teilnahmebefugnis erst nach Leistungserbringung klären zu können und deshalb - von etwaigen daraus resultierenden Verstößen gegen berufsrechtliche Vorgaben oder Obhutspflichten im Verhältnis zu Patienten sowie möglichen sonstigen Folgen ganz abgesehen (vgl zu den Konsequenzen einer Teilnahme an der Krankenhausversorgung ohne Zulassung BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 43 ff) - zumindest das Risiko zu tragen, die gleichwohl erbrachten Leistungen nicht vergütet zu erhalten (vgl etwa BSGE 109, 9 = SozR 4-2500 § 126 Nr 3, RdNr 8; BSGE 103, 78 = SozR 4-3300 § 71 Nr 1, RdNr 9). Dieses unwägbare Risiko rechtfertigt deshalb eine Feststellungsklage unmittelbar gegen den GBA, wenn - wie hier - die Rechtmäßigkeit der Mindestmengenbestimmung dem Grunde nach im Streit steht; ob das auch gilt, wenn ausschließlich um ihre Anwendbarkeit im Einzelfall - etwa wegen schwankender Leistungsmengen in den Vorjahren - gestritten wird, kann hier offenbleiben.

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4. Rechtsgrundlage der Mindestmengenbeschlüsse ist § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V. Danach fasst der GBA für zugelassene Krankenhäuser grundsätzlich einheitlich für alle Patienten auch Beschlüsse über einen Katalog planbarer Leistungen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände. Die in Wahrnehmung dieses Auftrags erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Beschlüsse sind nach der Rechtsprechung des BSG formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte (stRspr, vgl nur BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26 - Arzneimittelfestbeträge; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck, NZS 2010, 600, 611 f). Uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt deshalb, ob die fragliche Versorgung - hier die Kniegelenk-TEP - zu Recht der Mindestmengenbegrenzung unterworfen worden ist, weil sie eine "planbare Leistung" darstellt, bei der iS von § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V "die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist"; insoweit sind dem GBA Gestaltungsspielräume nicht belassen. Erst bei Erfüllung dieser Voraussetzungen ist er befugt, als Normgeber zu entscheiden. Soweit diese letztere Kompetenz reicht, darf allerdings die sozialgerichtliche Kontrolle ständiger Rechtsprechung des BSG zufolge ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl nur BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, RdNr 25 - Basistherapeutika bei Neurodermitis; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 68 - Therapiehinweise). Daran gemessen ist die Annahme des GBA nicht zu beanstanden, dass die Versorgungsqualität bei Kniegelenk-TEP im Sinne der Mindestmengenregelung in besonderem Maße von der Leistungsmenge abhängig und deshalb ein entsprechender Normsetzungsspielraum eröffnet ist; insoweit folgt der erkennende Senat dem LSG nicht. Keine abschließende Entscheidung vermag der Senat dagegen auf Grundlage der Feststellungen des LSG zu treffen, ob der GBA von seinem Gestaltungsspielraum rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat.

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5. Keinen Bedenken unterliegt die Mindestmengenbestimmung, soweit die Klägerin verfassungsrechtliche Einwände gegen die gesetzliche Regelung erhebt.

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a) Nicht zweifelhaft ist zunächst, dass der Gesetzgeber die Beteiligung an der GKV-Versorgung im Rahmen des Verhältnismäßigen an besondere Anforderungen zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit knüpfen darf. Solche Anforderungen verbleiben auf der Ebene der Berufsausübungsregelung und lassen den Status des Leistungserbringers unberührt, sofern sie nur die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu Lasten der GKV ausschließen und weder seinen Zugang zu einem Versorgungsbereich überhaupt begrenzen noch ihn im Kernbereich seines Fachgebiets einschränken (BVerfG <2. Kammer des 1. Senats> SozR 4-2500 § 135 Nr 2 RdNr 22). Ungeachtet der vom BVerfG offengelassenen Frage, ob grundsätzlich immer der Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG tangiert ist, sind hierdurch bewirkte Abgrenzungen zwischen Gruppen verschiedener Leistungserbringer mit unterschiedlicher Qualifikation jedenfalls dann zumutbar, wenn sie vom fachlich medizinischen Standpunkt aus sachgerecht sind und der betroffene Leistungserbringer in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit weiterhin eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann (BVerfGE 106, 181, 196 = SozR 3-2500 § 95 Nr 35 S 175 - Gebietsbezeichnung). Von diesem Maßstab ausgehend hat das BVerfG es zB nicht beanstandet, dass Fachärzten für Orthopädie oder für Kardiologie ohne zusätzliche Weiterbildung die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung kernspintomographischer Leistungen an gesetzlich Versicherten versagt worden ist (BVerfG <2. Kammer des 1. Senats> SozR 4-2500 § 135 Nr 2; BVerfG <2. Kammer des 2. Senats> BVerfGK 17, 381 = SozR 4-2500 § 135 Nr 16). Demgemäß begegnen Versorgungsbeschränkungen infolge der Mindestmengenregelung - wenn sie nicht den gesamten Kernbereich eines Fachgebiets betreffen und deshalb an den strengeren Anforderungen der subjektiven Berufswahlregelung zu messen sind - ebenfalls keinen Bedenken, sofern sie entsprechend der mit der Regelung verfolgten Zielsetzung rechtlich erhebliche Qualitätsvorteile erwarten lassen und diese Vorteile durch weniger belastende Vorgaben der Qualitätssicherung nicht ebenso erreichbar erscheinen. Ob dem in der Umsetzung genügt wird, ist keine Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm, sondern ihrer Auslegung und Anwendung im Einzelfall; jedenfalls die Vorschrift selbst unterliegt den von der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken ersichtlich nicht.

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b) Das gilt auch, soweit zur Konkretisierung des gesetzlichen Regelungsprogramms der GBA als Normgeber ermächtigt worden ist. Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33). Zu früher kritischen Stimmen hat sich in jüngerer Zeit die Literatur gegenteilig geäußert (vgl Neumann, NZS 2010, 593; Hauck, NZS 2010, 600 mwN). Rechtlich unbedenklich ist im Fall der Mindestmengenregelung auch die von der Klägerin gerügten Weite der Vorschrift. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtend gibt die Regelung im Kontext ihrer systematischen Stellung und ihrer Entstehungsgeschichte dem GBA ein hinreichend dichtes Normprogramm vor, das dem ihm hierdurch übertragenen Konkretisierungsauftrag ausreichend klare Konturen verleiht.

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6. Eine Abhängigkeit der Versorgungsqualität von der Leistungsmenge "in besonderem Maße" besteht bei Krankenhausleistungen von hoher Komplexität, bei denen eine regelmäßige Praxis mit gerade diesen Leistungen einen über andere Instrumente der Qualitätssicherung so nicht zu gewährleistenden Einfluss auf die Güte der Versorgung hat.

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a) Entstehungsgeschichte und Systematik weisen die Mindestmengenregelung als Teil eines Bündels von Vorschriften aus, mit denen der Gesetzgeber die Anforderungen an die Qualitätssicherung im Zuge der steigenden Wettbewerbsorientierung der GKV-Versorgung zunehmend ausgeweitet hat. So ist zunächst die Qualitätssicherung für den stationären Bereich mit dem GKVRefG2000 aus dem Anwendungsbereich der Landesverträge nach § 112 SGB V gelöst und zum Gegenstand einer bundeseinheitlichen untergesetzlichen Rechtsetzung nach § 137 SGB V gemacht worden. Zugleich sind die Krankenhäuser auf ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement und auf Maßnahmen der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung nach Maßgaben verpflichtet worden, die von der gemeinsamen Selbstverwaltung vorzugeben sind (§ 135a Abs 2 und § 137 Abs 1 S 1 und S 3 Nr 1 SGB V idF des GKVRefG2000; seit dem 1.7.2008: § 137 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG). Ebenfalls bereits seit dem GKVRefG2000 müssen auf dieser Ebene nähere Bestimmungen getroffen werden ua zur indikationsbezogenen Qualität der diagnostischen und therapeutischen Leistungen im Krankenhaus, insbesondere bei aufwändigen medizintechnischen Leistungen (§ 137 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB V idF des GKVRefG2000; seit dem 1.7.2008: § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG). Mit dem FPG ist dieses Spektrum weiter um die Verpflichtung ergänzt worden, auch Mindestanforderungen an die Struktur- und Ergebnisqualität in der stationären Versorgung festzulegen (§ 137 Abs 1 S 3 Nr 2 Halbs 2 SGB V idF des FPG; seit dem 1.7.2008: § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 2 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG). Desgleichen ist den Krankenhäusern aufgegeben worden, regelmäßig Qualitätsberichte zu veröffentlichen (§ 137 Abs 1 S 3 Nr 6 SGB V idF des FPG; seit dem 1.7.2008: § 137 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG). Schließlich hat der Gesetzgeber zuletzt mit Wirkung vom 1.7.2008 eine externe Qualitätsberichterstattung eingeführt, für die von den Krankenhäusern im Einzelnen festgelegte Daten zu liefern sind (§ 135a Abs 2 S 2 iVm § 137a SGB V idF von Art 1 Nr 106 Buchst b bzw Art 1 Nr 111 des GKV-WSG; seit dem 1.1.2012: § 299 Abs 1 S 1 iVm § 137a SGB V idF von Art 1 Nr 53 bzw Nr 80a Buchst a DBuchst aa des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 22.12.2011, BGBl I 2983).

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b) In diesem Regelungsgeflecht beruht die Einführung der Mindestmengenregelung auf der Einschätzung, dass in verschiedenen Studien ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit durchgeführter Operationen und der Qualität des Behandlungsergebnisses nachgewiesen wird. Deshalb sollten die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung Operationen oder Prozeduren suchen und bestimmen, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Zahl der durchgeführten Eingriffe und der Qualität der Leistung in besonderem Maße vorliegt. Die hieraus abzuleitende Mindestanzahl ist - so die Intention des Gesetzgebers - als Voraussetzung für eine qualitativ gute Leistung anzusehen (vgl BT-Drucks 14/6893 S 31). Im Laufe der Beratungen ist dieses zunächst nur als Empfehlung gedachte Instrumentarium (BT-Drucks aaO) einerseits zu einer rechtlich verbindlichen Vorgabe ausgestaltet worden (vgl BT-Drucks 14/7824 S 6 und BT-Drucks 14/7862 S 5), andererseits sind die rechtlichen Folgen wegen befürchteter negativer Auswirkungen auf die Krankenhausplanung und die Aufrechterhaltung der Versorgung in den Ländern (vgl BR-Drucks 3/4/02 S 1 f) auf Initiative des Vermittlungsausschusses (vgl BT-Drucks 14/8362 S 2) dahin abgemildert worden, dass bei einer Gefährdung der flächendeckenden Versorgung Ausnahmen von einer Mindestmengenbestimmung zugelassen werden dürfen (§ 137 Abs 3 S 3 SGB V).

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c) Mit diesem Ansatz muss die Mindestmengenregelung im Gefüge der weiteren Vorschriften zur Qualitätssicherung schon verfassungsrechtlich auf Ausnahmelagen beschränkt bleiben, bei denen die Einflussnahme über die Leistungsmenge Versorgungsvorteile verspricht, die über weniger belastende andere Instrumente der Qualitätssicherung mutmaßlich nicht zu gewinnen sind. Zwar wirkt die Regelung nicht auf die Freiheit der Berufswahl zurück, solange nicht weite Teile der stationären Versorgung von ihr komplett erfasst werden. Auch ist von Verfassungs wegen nichts dagegen zu erinnern, dass das Fallpauschalensystem wirtschaftlich zur Spezialisierung anreizt und daher nicht jede Leistung in jeder Einrichtung in gleicher Weise auskömmlich erbracht werden kann (vgl zu solchen Entwicklungen als mögliche Folge der Umstellung auf das Fallpauschalensystem BT-Drucks 14/6893 S 28); Anspruch auf Finanzierung unwirtschaftlicher Leistungsstrukturen aus den Mitteln der GKV besteht nicht (vgl zu den verfassungsrechtlichen Maßstäben für vergütungsrechtliche Vorschriften BVerfGE 101, 331, 349 ff, 351). Jenseits dieser verfassungsrechtlich unbedenklichen Anreize für eine verstärkte Konzentration des Leistungsgeschehens greift eine nur in Grenzen selbst beeinflussbare Mindestmengenvorgabe aber intensiver in die Berufsfreiheit eines Krankenhaues ein als qualitative Anforderungen an die Leistungserbringung, über deren Erfüllung jedenfalls rechtlich jeder Träger autonom selbst entscheiden kann. Solange das angestrebte Qualitätsniveau bei vertretbarem wirtschaftlichen Aufwand durch sonstige Vorgaben der Qualitätssicherung ebenso erreichbar erscheint wie über eine Mindestmengenbestimmung, ist verfassungsrechtlich der Steuerung über das mildere Mittel der verhaltensabhängigen Qualitätsanforderung der Vorzug zu geben. Raum für Mindestmengengrenzen bleibt deshalb jedenfalls aus Gründen der Qualitätssicherung nach Maßgabe von Art 12 Abs 1 GG nur, soweit sie Qualitätsvorteile zu gewährleisten versprechen, die mit vertretbarem Aufwand anderweitig nicht erreichbar erscheinen.

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d) Dasselbe folgt aus der Systematik der Qualitätssicherungsvorschriften, die beginnend mit dem GKVRefG2000 für die stationäre Versorgung eingeführt worden sind. Angefangen von der Kompetenz zur Bestimmung von allgemeinen Anforderungen an die Struktur- und Ergebnisqualität (§ 137 Abs 1 S 3 Nr 2 Halbs 2 SGB V idF des FPG; seit dem 1.7.2008: § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 2 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG)über die Befugnis zur Begründung von Vorgaben zur indikationsbezogenen Qualität diagnostischer und therapeutischer Leistungen (§ 137 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB V idF des GKVRefG2000; seit dem 1.7.2008: § 137 Abs 1 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG)bis zur Ausgestaltung der verpflichtenden einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (§ 135a Abs 2 S 1 iVm § 137 Abs 1 S 3 Nr 1 SGB V idF des GKVRefG2000; seit dem 1.7.2008: § 135a Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V idF von Art 1 Nr 100 des GMG iVm § 137 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V idF von Art 1 Nr 110 des GKV-WSG) sind dem GBA eine Vielzahl von Instrumenten an die Hand gegeben, über die er durch verhaltens- und qualifikationsabhängige Anforderungen auf die Versorgungsqualität im stationären Bereich einwirken kann. Mit der Bündelung sämtlicher dieser Instrumente bei ihm durch das GMG ist insoweit auch funktionell sichergestellt, dass diese unterschiedlichen Ansätze inhaltlich aufeinander abgestimmt werden und jeweils an der Stelle reagiert werden kann, die den angestrebten Erfolg am wirksamsten verspricht. Dazu trägt weiter bei, dass mit der ab dem 1.7.2008 eingeführten externen Qualitätsberichterstattung (§ 135a Abs 2 S 2 iVm § 137a SGB V; seit dem 1.1.2012: § 299 Abs 1 S 1 iVm § 137a SGB V idF von Art 1 Nr 53 bzw Nr 80a Buchst a DBuchst aa des GKV-VStG vom 22.12.2011) zwischenzeitlich auch eine Datengrundlage für entsprechende Maßnahmen aufgebaut wird. Dieses im Laufe der Zeit immer stärker ausdifferenzierte Nebeneinander unterschiedlicher Ansätze zur Qualitätssicherung lässt ebenfalls nur den Schluss zu, dass die Steuerung über Leistungsmengen Anlässen vorbehalten bleiben soll, bei denen sie Vorteile gegenüber anderen Instrumenten der Qualitätssicherung versprechen kann.

40

e) Systematisch kommt der Mindestmengenregelung damit eine Ausnahmestellung in doppelter Hinsicht zu. Auf der einen Seite steht sie zu den sonstigen qualitätssichernden Normen für den stationären Bereich vom Grundsatz her in dem beschriebenen Nachrangverhältnis. Auf der anderen Seite wird sich ein ausreichendes Maß an Erfahrung und Routine vielfach auch ohne gesonderte Steuerung über Mindestmengenvorgaben einstellen. Ein entsprechendes Mindestmaß erfordern schon die berufsrechtlichen Weiterbildungsordnungen als Voraussetzung von Facharztqualifikationen, an die wiederum die Strukturvorgaben in der stationären Versorgung anknüpfen (zutreffend Bohle, GesR 2010, 587). Wo dies nicht ausreicht, wird sich bei dem überwiegenden Teil der Krankenhausleistungen die erforderliche Erfahrung auch ohne rechtliche Regelung schon deshalb ergeben, weil die Leistungen ohnehin in großer Zahl anfallen. Anlass für eine zusätzliche rechtliche Mengensteuerung kann deshalb nach der Regelungssystematik nur bei Versorgungen bestehen, die einerseits vergleichsweise selten anfallen und andererseits wegen ihrer Komplexität, wegen sonstiger fachlicher Anforderungen oder wegen der Folgen bei Diagnose- oder Behandlungsfehlern aus medizinischer Sicht eine regelmäßige Praxis und Übung erfordern, sodass deshalb eine ausdrückliche Regelung angezeigt erscheint.

41

f) Auf diese doppelte Begrenzung der Qualitätssteuerung über Leistungsmengen und nicht auf eine besondere Augenfälligkeit des Zusammenhangs von Menge und Qualität nimmt die Mindestmengenregelung Bezug, soweit sie eine Abhängigkeit von Menge und Qualität "in besonderem Maße" voraussetzt (§ 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V). Ohnehin ist sprachlich unklar, wann im Sinne der angefochtenen Entscheidung eine Kausalität als "besonders" zu qualifizieren ist. Jedenfalls verbietet sich ein rein kausalbezogenes Verständnis schon aus systematischen Gründen. Ob Mindestmengen einen auf andere Weise nicht zu gewinnenden Beitrag zur Qualitätssicherung leisten können, hängt nicht davon ab, wie offen die Kausalität von Menge und Leistungsqualität zu Tage liegt. Entscheidend ist vielmehr, ob ohne Mengensteuerung eine anders nicht aufzufangende Qualitätseinbuße zu besorgen ist. Ein besonderes Maß an Abhängigkeit hat die Leistungsqualität deshalb dann von der Leistungsmenge, wenn sie über die üblichen Vorteile einer jeden ("normalen") Routine und Erfahrung hinausgehend einen auf andere Weise nicht zu erzielenden und der Bedeutung nach wesentlichen ("besonderen") Beitrag für die Qualitätssicherung in der jeweiligen Versorgung bietet.

42

Hierdurch ist die Anwendung der Mindestmengenregelung bereits im Ansatz auf solche Bereiche der stationären Versorgung beschränkt, bei denen sie einen für die Versorgung substantiellen eigenständigen Beitrag zur Verwirklichung des in § 2 Abs 1 S 3 SGB V umschriebenen Versorgungsstandards der GKV gewährleisten kann. Das versteht der Senat - insoweit ebenso wie das LSG - dahin, dass nicht alle Felder der stationären Versorgung einer Qualitätssteuerung über die Leistungsmenge unterworfen sind. Vielmehr sieht er die Anwendung der Regelung auf solche Versorgungsbereiche beschränkt, bei denen vergleichsweise geringe Fallzahlen auf eine hohe medizinische Komplexität mit besonders hohen Anforderungen an die Versorgung und/oder besonders hohen medizinischen Risiken treffen. Nur in solchen Situationen kann die regelmäßige Erfahrung und Routine mit gerade dieser Leistungserbringung neben allen anderen Ansätzen der Qualitätssicherung eine so eigenständige Bedeutung für deren Qualität erlangen, dass sie im Sinne der Mindestmengenregelung als "in besonderem Maße" verantwortlich für die Versorgungsqualität angesehen werden kann. Das deckt sich im Übrigen - ohne dass dies allerdings rechtlich entscheidend wäre - mit dem Verständnis des GBA, der abgesehen von den Mindestmengen bei Kniegelenk-TEP und den ebenfalls beim BSG anhängigen Untergrenzen für Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1250 Gramm entsprechende Vorgaben nur noch für fünf weitere Leistungsbereiche getroffen hat, nämlich für Transplantationen von Leber, Niere und Stammzellen sowie für komplexe Eingriffe an Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse. Leistungen, die dem gegenüber nach den Fallzahlen oder den Versorgungsanforderungen der Routineversorgung zuzurechnen sind, fallen hingegen schon im Ansatz nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift.

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7. Eröffnet ist der Gestaltungsspielraum des GBA danach durch die Mindestmengenregelung bei medizinischen Leistungen von hoher Komplexität, bei denen die Versorgungsqualität eine Abhängigkeit von der Leistungsmenge aufweist. Ob ein solcher Zusammenhang vorliegt, unterliegt als Ausgangspunkt seiner Entscheidung uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle, wie das LSG unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG zutreffend entschieden hat (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26). Das bemisst sich entgegen dessen Auffassung indes nicht nach Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin. Entscheidend ist vielmehr, ob die Studienlage nach wissenschaftlichen Maßstäben einen solchen Zusammenhang wahrscheinlich machen kann:

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a) Das LSG hat von seinem Normverständnis ausgehend darauf abgestellt, ob im Verhältnis zwischen Leistungsmenge und Versorgungsqualität eine "besondere Kausalität" nachzuweisen ist, und hat dazu auf Prinzipien der evidenzbasierten Medizin zurückgegriffen. Das überzeugt schon vom Wortsinn nicht: Ein Kausalzusammenhang kann bestehen oder nicht bestehen, nicht aber in gesteigerter Weise vorliegen. Auch ansonsten statuiert die Norm mit der in besonderem Maße vorausgesetzten Abhängigkeit von Leistungsmenge und Versorgungsqualität - wie bereits dargelegt - keine gesteigerten Nachweisanforderungen. Diese Abhängigkeit ist nicht dann "besonders", wenn sie besonders augenfällig zu Tage tritt. Das Tatbestandsmerkmal beschränkt vielmehr den Anwendungsbereich der Mindestmengenregelung auf Versorgungen, bei denen Fallzahluntergrenzen einen auf andere Weise nicht zu erzielenden und der Bedeutung nach wesentlichen ("besonderen") Beitrag zur Qualitätssicherung in der jeweiligen Versorgung bieten können. Das hängt allein davon ab, ob die Qualität der konkret in Rede stehenden Behandlung - hier: Kniegelenk-TEP - mit anderen Instrumenten der Qualitätssicherung mutmaßlich ebenso beeinflusst werden könnte wie - unterstellt, ein solcher Zusammenhang bestünde - mit Erfahrung und Routine. Erforderlich dazu ist eine medizinische Bewertung unterschiedlicher Qualitätssicherungsansätze. Nicht entscheidend ist dagegen, ob der Nachweis der Abhängigkeit von Leistungsmenge und Versorgungsqualität - wie es das LSG gefordert hat - in kontrollierten Studien nach Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin geführt werden konnte.

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b) Dafür besteht im Übrigen auch aus systematischen Gründen kein Anlass. Die methodischen Anforderungen der evidenzbasierten Medizin im Leistungs- und Leistungserbringungsrecht der GKV sind ausgerichtet auf und gerechtfertigt durch die materiellen Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs 1 SGB V, das grundsätzlich eine Versorgung nur mit Leistungen zulässt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bieten. Jedenfalls neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 135 Abs 1 SGB V; vgl aber nunmehr auch etwa § 137c SGB V) dürfen deshalb von Leistungserbringern nur erbracht und von Versicherten nur beansprucht werden, wenn ihr Erfolg in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl etwa BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN - Immucothel; BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E, jeweils mwN). Verbleiben gemessen an diesen Anforderungen - in der Regel auf der höchsten Evidenzstufe - Zweifel, so geht dies zum Schutz der Patienten vor Gesundheitsrisiken und im Interesse der Versichertengemeinschaft zu Lasten der nicht hinreichend belegten Methode (stRspr, grundlegend BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1, RdNr 7 mwN - Immucothel; BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 25 mwN - Wobe-Mugos E, jeweils mwN).

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Solche Gründe für gesteigerte Evidenzanforderungen bestehen bei der Mindestmengenregelung nicht. Sie bezweckt für einen engen Bereich medizinischer Leistungen Versorgungsvorteile, soweit die Konzentration der Leistungserbringung auf Einrichtungen mit größerer Erfahrung und Routine auf gerade diesen Feldern ein höheres Maß an Behandlungsqualität erwarten lassen kann. Die Annahme, dass der Gesetzgeber den Versicherten einen solchen Zugewinn an Versorgungssicherheit erst nach dem Abschluss vergleichender Studien der grundsätzlich höchstmöglichen Evidenzstufe zukommen lassen wollte, liegt fern. Vorgaben der Qualitätssicherung dürfen im Patienteninteresse typischerweise auf Risikoabschätzungen gestützt werden, wenn nach sachverständiger Einschätzung begründeter Anlass für die Annahme bestehen kann, dass ansonsten die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse mögliche Versorgungssicherheit (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) gefährdet ist. Das gilt insbesondere, wenn - wie mutmaßlich auch hier (vgl Geraedts, GesR 2012, 263, 264; Wenning, Aktuelle Entwicklungen im Krankenhausrecht 2011, 93, 107; ebenso die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie eV vom 16.7.2004, S 7) - vergleichende Studien mit unterschiedlichen Qualitätssicherungsansätzen praktisch oder aus ethischen Gründen schon im Ansatz undurchführbar sind. Andernfalls würden den Patienten möglicherweise dauerhaft Versorgungsstandards vorenthalten, die - jeweils nach dem Stand der aktuellen Erkenntnis - mit Wahrscheinlichkeit geeignet sind, zu einer relevanten Reduzierung von Versorgungsrisiken beizutragen. Deshalb sind in der Regel ausreichend begründete Maßnahmen der Qualitätssicherung im Patienteninteresse auch dann hinzunehmen, wenn ihre Vorteile nicht durch vergleichende Studien nach Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin belegt sind. Dass davon die Mindestmengenregelung - zumal angesichts der voraussetzungsgemäß besonderen gesundheitlichen Risiken im Anwendungsbereich der Versorgungen mit hoher medizinischer Komplexität - ausnahmsweise ausgenommen sein sollte, ist augenscheinlich nicht anzunehmen.

47

c) Anders als vom LSG angenommen sind mithin die Nachweisanforderungen der Mindestmengenregelung dann erfüllt, wenn es sich um eine hochkomplexe Leistungserbringung handelt und nach dem Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit die Erwartung berechtigt ist, dass die Güte der Leistungserbringung auch von der Erfahrung und Routine mit der jeweiligen Versorgung beeinflusst ist. Allerdings muss dies mit wissenschaftlichen Belegen untermauert sein. Insofern hat das LSG im Ausgangspunkt zutreffend darauf abgestellt, dass bloß allgemeine Überlegungen oder Expertenmeinungen eine Mindestmengenbestimmung nicht stützen können. Dem steht bereits entgegen, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung der Mindestmengenregelung ausdrücklich auf die Studienlage zur Abhängigkeit von Leistungsmenge und Versorgungsqualität gestützt und die Selbstverwaltungspartner deshalb als verpflichtet angesehen hat, entsprechende Leistungen "zu suchen und zu bestimmen" (vgl BT-Drucks 14/6893 S 31); dem kann nur durch Auswertung von qualifizierten Studien Rechnung getragen werden. Demzufolge ist der Gestaltungsspielraum des GBA bei einer Studienlage eröffnet, die nach wissenschaftlichen Maßstäben einen Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und -qualität wahrscheinlich macht. Dies ist der Fall, wenn mehr für als gegen einen solchen Ursachenzusammenhang spricht; allein dessen Möglichkeit genügt dagegen nicht (vgl zum Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit stellv BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 20; BSG SozR 4-2700 § 200 Nr 3 RdNr 20).

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d) Dem steht anders als vom LSG erwogen auch nicht entgegen, dass der GBA den Verfahrensbeteiligten vor seiner Mindestmengenentscheidung nach der insoweit maßgeblichen Verfahrensordnung eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes als "evidenzbasiertes Verfahren" zur Verfügung zu stellen hat (vgl § 3 Abs 2 Nr 1 der MMV vom 20.12.2005, BAnz Nr 43 vom 2.3.2006 S 1373). Durch eine solche Bezeichnung können die dargelegten Nachweisanforderungen nicht beeinflusst werden. Ungeachtet dessen liegt aber auch die Annahme fern, dass die Verfahrensordnung des GBA die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestmengenbestimmung korrigieren könnte und dieser deshalb Maßgaben zu befolgen hätte, die über die gesetzlichen Voraussetzungen hinausgehen. Das wäre im Übrigen auch schwerlich von den Kompetenzen gedeckt, die dem GBA vom Gesetzgeber eingeräumt sind.

49

8. Hieran gemessen hat der GBA die tatbestandlichen Voraussetzungen der streitigen Mindestmengenbestimmung zutreffend als gegeben angesehen. Die Kniegelenkendoprothetik stellt eine planbare Versorgung von hoher Komplexität dar, bei der entgegen der Auffassung des LSG ein Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und -qualität hinreichend wahrscheinlich ist.

50

a) Wie bereits das LSG kann auch der erkennende Senat offenlassen, wo im Sinne der Mindestmengenregelung im Einzelnen die Grenze zwischen "planbaren" und "nicht planbaren" Leistungen verläuft. Ersichtlich ist mit dieser erst im weiteren Gang der Beratungen hinzugefügten Einschränkung ein Ausgleich dafür bezweckt, dass die Mindestmengen anders als ursprünglich vorgesehen nicht lediglich als Empfehlung, sondern als rechtsverbindliche Leistungsuntergrenze ausgestaltet worden sind (vgl BT-Drucks 14/6893 S 3 sowie BT-Drucks 14/7824 S 6). Offenkundig sollen damit unvorhersehbare Leistungen aus dem Anwendungsbereich der Regelung ausgeschieden sein. Um eine solche Leistung handelt es sich jedenfalls bei der Kniegelenk-TEP nicht. Schon wegen der Schwere des Eingriffs und der nicht unbeträchtlichen Risiken geht ihr regelmäßig eine Entscheidungsphase voraus, die es ausschließt, sie als im Sinne der Mindestmengenregelung als "ungeplant" anzusehen.

51

b) Obwohl die Knietotalendoprothetik mit jährlich zunehmenden Fallzahlen - zuletzt im Jahre 2011 etwa 158 000 künstliche Kniegelenke und damit Rang 18 unter den häufigsten Operationen in Deutschland (Gesundheitsberichterstattung des Bundes , http://www.gbe-bund.de/oowa921-install/servlet/oowa/aw92/dboowasys921.xwdevkit/xwd_init?gbe.isgbetol/ xs_start_neu/&p_aid=i&p_aid=79618056&nummer=666&p_sprache=D&p_indsp=-&p_aid= 64337088, recherchiert am 5.12.2012) - zwischenzeitlich eine Standardversorgung bei degenerativen Kniegelenkerkrankungen bildet, ist sie im Hinblick auf die operativen Anforderungen und die Folgen bei Komplikationen den hochkomplexen Versorgungen zuzurechnen, bei denen eine Abhängigkeit der Versorgungsqualität von der Leistungsmenge als "besonders" anzusehen und deshalb die Einbeziehung in das Mindestmengenprogramm nach der Intention des Gesetzgebers gerechtfertigt ist.

52

aa) Bedingt durch die komplexen biomechanischen Verhältnisse am Kniegelenk sind schon die operativen Anforderungen der Kniegelenk-TEP hoch (vgl dazu etwa Lüring/Bäthis/Tingart/Perlick/Grifka, DÄ 2005, A 2320 ff, 2324; Heller/Matziolis/König/Taylor/Hinterwimmer/ Graichen/Hege/Bergmann/Perka/Duda, Der Orthopäde 2007, 628 ff; Briard/Witoolkollachit/Lin, Der Orthopäde 2007, 635 ff; jeweils mwN). Dies drückt sich auch in anhaltenden fachwissenschaftlichen Kontroversen zu Vor- und Nachteilen einzelner Operationstechniken aus (vgl etwa zum minimalinvasiven Eingriff und zur navigierten Kniegelenk-TEP Pietsch/Djahani/Hofmann, Der Orthopäde 2007, 1120 ff; Lüring/Tingart/Beckmann/Perlick/Grifka, Der Orthopäde 2007, 1143 ff; Kappe/Flören/Bieger/Reichel, Der Orthopäde 2011, 726 ff, 727; Bertsch/Holz/Konrad/ Vakili/Oberst, Der Orthopäde 2007, 739 ff; jeweils mwN). Besonderes Augenmerk und interdisziplinäre Anstrengungen verlangt auch die Infektionsprophylaxe (vgl etwa Wodtke/Löhr, Der Orthopäde 2008, 257 ff). Verfahren der computerbasierten Unterstützung bei der Implantatpositionierung sind mit hohen Kosten verbunden und kommen nicht überall zum Einsatz (vgl Lüring ua, ebenda A 2320 ff). Übersicht verlangt auch die Beurteilung der Implantate mit ihren Eigenschaften im Allgemeinen und für die Versorgung im Einzelfall. Besondere Anforderungen stellen sich schließlich bei der anteilsmäßig zunehmenden Versorgung jüngerer Patienten, nicht zuletzt wegen des noch immer zeitlich begrenzten Bestands künstlicher Kniegelenke (vgl Eichinger/Forst/Kindervater, Der Orthopäde 2007, 311 ff). Obwohl nicht nur in diesem Zusammenhang die korrekte Indikationsstellung als wichtiges qualitätssicherndes Merkmal angesehen wird, gelten die daraus sich ergebenden Anforderungen als nicht durchweg erfüllt; bei älteren Patienten und in Kliniken mit höheren Fallzahlen wird die Qualität der Indikationsstellung vielmehr als besser erachtet (vgl Schräder/Boy/Schleiz/Dienst/Reinert/ Sänger/Schauwecker/Siebert/Scharf, Der Orthopäde 2008, 1016 ff, 1025; erstmals für das Jahr 2009 wird über eine angemessene Indikationsstellung bei 90 % der Versorgungen berichtet, vgl Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH - AQUA - Qualitätsreport 2009, S 120). Auf Schwierigkeiten bei der Versorgung selbst deuten schließlich jüngste Erhebungen hin, nach denen die Revisionslast für Knieprothesen in Deutschland höher als in der Schweiz und den USA ist (vgl Ewerbeck, Der Orthopäde 2011, 205; Falbrede/Widmer/Kurtz/Schneidmüller/Dudda/Röder, Der Orthopäde 2011, 793 ff, 794).

53

bb) Gesteigert sind die daraus sich ergebenden Anforderungen zusätzlich im Hinblick auf die zT gravierenden Folgen bei Komplikationen, die erhebliche und nachhaltige Einschränkungen der Lebensqualität der betroffenen Patienten und darüber hinaus beträchtlichen wirtschaftlichen Auswirkungen für die GKV wie für die gesamte Volkswirtschaft und andere soziale Sicherungssysteme mit sich bringen können. In 1 % bis zu 3 % der versorgten Fälle treten nach medizinischer Einschätzung Kniegelenkinfektionen als Operationsfolge ein, die in Einzelfällen Knieversteifungen und Amputationen nach sich ziehen können und jedenfalls erheblich belastende, komplizierte, langwierige und deshalb auch kostenaufwändige Nachversorgungen erforderlich machen (vgl Friesecke/Wodtke, Der Orthopäde 2006, 937 mwN). Weichteildefekte und Instabilität bilden weitere schwierig zu beherrschende und die Patienten erheblich belastende Komplikationen, die in beträchtlichem Umfang Revisionseingriffe nach sich ziehen (vgl etwa Perka/Tohtz/ Matziolis, Der Orthopäde 2006, 136 ff; Kovacs/Zimmermann/Juhnke/Taskov/Papadopulos/Biemer, Der Orthopäde 2006, 162 ff; Graichen/Strauch/Katzhammer/Zichner/von Eisenhart-Rothe, Der Orthopäde 2007, 650 ff; Schnabel/Borelli, DÄ 2011, A 2598 f). Auch sonst fällt die Rate unzufriedener Patienten mit bis zu 23 % nicht gering aus, wenn sie auch teilweise durch unrealistische - und darin von den Behandlern offenbar nicht korrigierte - Erwartungen vor allem bei jüngeren Patienten mitbedingt sein mag (vgl Perka ua, ebenda S 136; Graichen ua, ebenda S 650; jeweils mwN).

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cc) Dass schließlich nicht zuletzt die Ärzteschaft selbst die Komplexität und Risiken der Knieendototalprothetik keinesfalls unterschätzt, hat sich jüngst beispielhaft an der zumindest auch von ihr maßgeblich betriebenen Gründung eines nationalen Endoprothesenregisters erwiesen. Initiiert durch die DGOOC ist unter Beteiligung des AOK-Bundesverbands, des Verbands der Ersatzkassen eV, des Bundesverbands Medizintechnologie eV und des BQS als gemeinnützige Gesellschaft die Endoprothesenregister Deutschland EPRD gGmbH gegründet worden, die auf freiwilliger Basis Referenzdaten zur Versorgungsqualität, Patientensicherheit und Wirksamkeit von Endoprothesen sammeln soll (vgl Deutsches Endoprothesenregister, Registerprotokoll S 2 f, http://www.eprd.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/eprd_registerprotokoll_1_0.pdf, recherchiert am 3.12.2012). Dieser Schritt wird als notwendig angesehen, weil derzeit verlässliche Daten über die Ursachen der mit den steigenden Fallzahlen bei Primärimplantaten zunehmenden Zahl von Wechseloperationen nicht verfügbar sind. Hierdurch soll es zudem ermöglicht werden, die aktuell erreichte Qualität in der Endoprothetik flächendeckend darzustellen (ebenda S 3). Auch dies erweist anschaulich die herausgehobene Komplexität der Knieendototalprothetik, die nach der mit der Regelung verfolgten gesetzgeberischen Intention ihre Einbeziehung in das Mindestmengenregime jedenfalls dem Grunde nach rechtfertigt.

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c) Insoweit macht schließlich die Studienlage zur Kniegelenk-TEP, die das BSG als generelle Tatsache ohne die Beschränkung des § 163 SGG selbst zu bewerten vermag(stRspr, vgl BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 26 f; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18; BSGE 96, 297 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2, RdNr 19; BSG SozR 4-3851 § 60 Nr 4 RdNr 30 f), einen Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und -qualität hinreichend wahrscheinlich. Nach den Studien von IQWiG und BQS spricht zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der Literatur und der vom GBA eingeholten Stellungnahmen mehr für als gegen einen solchen Zusammenhang.

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aa) Das gilt entgegen der Auffassung des LSG in besonderem Maße zunächst für die Studie des IQWiG. Zwar konnte mit dieser Untersuchung von gut 90 000 bzw 110 000 Versorgungen mit Kniegelenk-TEP aus den Jahren 2003 und 2004 entgegen der mit dem Auftrag verbundenen Erwartungen kein klarer Mindestmengen-Schwellenwert abgeleitet werden (IQWiG, Entwicklung und Anwendung von Modellen zur Berechnung von Schwellenwerten bei Mindestmengen für die Knie-Totalendoprothese, Abschlussbericht vom 5.12.2005 S 44). Jedoch zeigten sich sowohl bei dem Risikofaktor "Unbeweglichkeit" (keine ausreichende postoperative Beweglichkeit) als auch dem Risikofaktor "Infektion" (postoperative Wundinfektion) Zusammenhänge zwischen Fallzahl und Qualität, die ein entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis wahrscheinlich machen. Demgemäß fand sich beim Qualitätsmerkmal Beweglichkeit eine U-förmige Beziehung von Leistungsmenge und Komplikationen, nach der das Risiko einer unzureichenden postoperativen Beweglichkeit in Einrichtungen mit mittleren Fallzahlen (zwischen 50 bis 600) geringer war als bei Kliniken mit sehr geringen (bis unter 50) oder sehr hohen (über 600) Fallzahlen (ebenda S 21 ff, S 29 ff). Ebenso zeigte sich beim Risikofaktor Infektion ein wenn auch nicht so ausgeprägter und nur sehr langsam ansteigender Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität (ebenda S 31 ff, S 29 ff); mit einer relevanten Qualitätsverbesserung in diesem Punkt wurde erst bei Fallzahlen von über 400 Versorgungen/Jahr gerechnet (ebenda S 42). Zusammenfassend gelangte das IQWiG jedoch dazu, dass für die untersuchten Risiken ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Fallzahl und dem entsprechenden Risiko statistisch nachzuweisen ist (ebenda S 44). Das unterstütze "die Hypothese, dass es bei der Knie-TEP einen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Ergebnisqualität" gibt (ebenda S 45). Zu einem vergleichbaren Ergebnis war zuvor bereits die BQS im Rahmen der vom GBA in Auftrag gegebenen Sonderauswertung für die Jahre 2002 und 2003 bei gut 71 000 Fällen gelangt. Auch sie fand signifikante Unterschiede zwischen Krankenhäusern mit unterschiedlichen Fallzahlen, nämlich für die Qualitätsindikatoren postoperative Beweglichkeit, postoperative Wundinfektion, Reintervention wegen Komplikation sowie Letalität (BQS, Sonderauswertung Knie-Totalendoprothese: Untersuchung auf Abhängigkeit von Fallzahl und Qualität der Leistung vom 9.8.2004, S 13 ff).

57

bb) Unterstützung findet dieses Ergebnis auch im Schrifttum. Schon die von der Geschäftsstelle des GBA ausgewertete Literatur für den anglo-amerikanischen Bereich über Versorgungen aus den 1980er und 1990er Jahren legt nahe, dass im Bereich der Knietotalendoprothetik ein Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität besteht (Beschlussvorlage "Ergebnisse der AG Mindestmengen" - Beratungen des Antrages "Knie TEP" vom 20.8.2004 S 7 f). Ähnlich wird die Studienlage auch von anderen Autoren bewertet (vgl etwa Schräder/Grouven/Bender, Der Orthopäde 2007, 570, 573; wenn auch verhaltener, aber im Sinne einer Tendenz zur Ergebnisverbesserung ebenfalls Geraedts/de Cruppé/Blum/Ohmann, DÄ 2008, 890, 895). Zuletzt fand ebenso das IQWiG im Rahmen einer vom GBA beauftragten Auswertung von Studien über die Auswirkungen von Mindestmengengrenzen bei drei deutschen Studien statistisch signifikante Ergebnisse bezüglich der Zielgröße Morbidität bei der Kniegelenk-TEP (IQWiG, Rapid Report V11-01 Version 1.0, Evidenz zu Auswirkungen der Mindestmengenregelung nach § 116b SGB V, Stand 29.5.2012, S 86 f, S 120 f). Darauf hat ebenso die DGOOC in ihrer Stellungnahme im Rahmen der Anhörung durch den GBA verwiesen (ebenda S 4 ff).

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cc) Unbeachtlich ist der hierdurch wahrscheinlich gemachte Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Versorgungsqualität entgegen der Auffassung des LSG auch nicht deshalb, weil das IQWiG den von ihm ausgewerteten Daten selbst keine ausreichende Evidenz für eine "automatische" Qualitätsverbesserung beigemessen hat und es daraus auch keinen klaren Schwellenwert für eine Mindestmenge für die Kniegelenk-TEP ableiten konnte (IQWiG-Abschlussbericht, S 44). Ein "wissenschaftlicher Nachweis" ist - wie bereits dargelegt und anders als vom IQWiG angenommen (ebenda S 45) - eben keine Voraussetzung der Mindestmengenbestimmung. Nach dem hier maßgebenden Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit darf der GBA von einer Abhängigkeit der Versorgungsqualität von der Leistungsmenge vielmehr dann ausgehen, wenn mehr für als gegen diesen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (stRspr, vgl etwa BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 20; BSG SozR 4-2700 § 200 Nr 3 RdNr 20). Bedenken von solchem Gewicht gegen die vom IQWiG erhobenen und auch im Schrifttum nicht grundsätzlich angezweifelten Feststellungen kann der Senat indes auch unter Berücksichtigung der vom IQWiG angeführten Einwände gegen die Datenlage (ebenda S 43) nicht erkennen.

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dd) Das gilt ebenso für den Umstand, dass die Studienlage eine klare Ableitung von Mindestmengen-Schwellenwerten nicht erlaubt. Dies besagt nicht, dass der vom Gesetz vorausgesetzte Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Versorgungsqualität grundsätzlich nicht besteht. Darin drückt sich vielmehr nur aus, dass verschiedene Qualitätsparameter - wie etwa die Vermeidung postoperativer Infektionen - in unterschiedlichem Maße von steigenden Fallzahlen profitieren oder - wie die Einschränkung der Beweglichkeit - ab einem oberen Fallzahlvolumen auch negativ beeinflusst sein können. Dass ein solcher Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist, ist deshalb aber nicht in Zweifel zu ziehen. Daraus folgt im Gegenteil, dass die Bestimmung von Mindestmengen nicht allein Gegenstand wissenschaftlicher Ableitung sein kann. Besteht bei unterschiedlichen Qualitätsparametern mit Wahrscheinlichkeit eine jeweils anders geartete Beziehung zur Leistungsmenge, wie hier vom IQWiG angenommen, dann ist die Schwellenwertbestimmung eine Aufgabe der medizinischen Bewertung unterschiedlicher Risiken und möglicher Zielkonflikte bei unterschiedlichen Qualitätsmaßnahmen. Das aber ist keine Frage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V. Vielmehr obliegt es später dem GBA, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und entsprechende Wertungen vorzunehmen, soweit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen seines Gestaltungsspielraums eröffnet sind.

60

9. Die hierbei zu beachtenden verfahrensrechtlichen Anforderungen sind entgegen der Bedenken des LSG gewahrt.

61

a) Wie auch das LSG nicht in Zweifel zieht, hat der GBA die im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Betroffenenpartizipation durch Gesetz und seiner eigenen Verfahrensvorgaben (vgl § 3 MMV 2003) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte gewahrt. Dadurch wird sichergestellt, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34). Der dargestellte Ablauf der Beratungen, die Beteiligung sowohl der BQS als auch des IQWiG, die Diskussion der Auswirkungen unterschiedlicher Mindestmengen-Schwellenwerte für die Versorgung sowie die Einholung von Stellungnahmen bei betroffenen Fachverbänden belegen anschaulich sein formal korrektes Vorgehen.

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b) Dies gilt entgegen der Bedenken des LSG auch im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt der Mindestmengenentscheidung vom 16.8.2005 der Abschlussbericht des IQWiG vom 5.12.2005 noch nicht vorgelegen hat. Dabei kann offenbleiben, wie es verfahrensrechtlich zu bewerten wäre, wenn der GBA den Abschlussbericht des IQWiG im Rahmen seiner Entscheidungsfindung vollständig unberücksichtigt gelassen hätte. Dies war jedoch entgegen der Auffassung des LSG nicht der Fall: Die Beschlussfassung vom 16.8.2005 war dadurch bestimmt, dass die Entscheidung über die Einführung einer Mindestmenge nach der insoweit maßgeblichen Verfahrensordnung der MMV 2003 bis zum 31. August eines jeden Jahres zu treffen war. Sie wurde deshalb auch mit dem Vorbehalt versehen, sie im Lichte der Ergebnisse des IQWiG neu zu bewerten. Gelegenheit dazu bestand im Rahmen der Sitzung vom 20.12.2005, in der die DKG den Antrag eingebracht hatte, den Mindestmengenbeschluss vom 16.8.2005 auszusetzen. Dies ist mehrheitlich vom GBA abgelehnt worden. Der Senat geht davon aus, dass in diesem Zusammenhang die Ergebnisse des IQWiG in ausreichendem Umfang gesichtet und bewertet worden sind, sodass sie zu diesem Zeitpunkt nachträglich in die Entscheidungsfindung einbezogen worden sind.

63

c) Verfahrensrechtlich bedurfte es dazu entgegen der Auffassung des LSG auch keiner gesonderten Begründung. Wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat, besteht für den Normgeber grundsätzlich keine Begründungspflicht (stRspr, vgl nur BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 44; BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 29). Etwas anderes gilt hier nicht deshalb, weil der GBA - wie das LSG meint - eine Stellungnahme des IQWiG iS von § 139b Abs 4 S 2 SGB V unberücksichtigt gelassen hat. Dabei kann offenbleiben, ob hierdurch eine formelle Begründungspflicht begründet wird, wie es das LSG aus einer Entscheidung des 1. Senats des BSG abgeleitet hat (Verweis auf BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 82). Denn der GBA ist nicht im Sinne dieser Vorschrift von einer Empfehlung des IQWiG abgewichen. Er konnte dessen Untersuchung vielmehr - wie bereits - dargelegt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise entnehmen, dass im Bereich der Knieendoprothetik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Versorgungsqualität besteht. Dass das IQWiG weitergehende Studien als Voraussetzung für eine konkrete Mindestmengenregelung für erforderlich gehalten hat, war im Hinblick auf die Frage eines möglichen Begründungszwangs unbeachtlich.

64

10. Mangels näherer Tatsachenfeststellungen ist dem Senat in der Sache indes eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Insbesondere ist nicht ausreichend zu beurteilen, von welchen Annahmen und Erwägungen der GBA sich bei der Festlegung der im Streit stehenden Mindestmenge hat leiten lassen, warum er andere Gestaltungsmöglichkeiten außer Betracht gelassen hat und ob er demgemäß von seinem Entscheidungsspielraum sachgerecht Gebrauch gemacht hat. Feststellungen hierzu hat das LSG nachzuholen; der GBA hat dabei im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten mitzuwirken und seine Mindestmengenentscheidung ggf auch nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen nachzubessern.

65

a) Ist dem GBA die Kompetenz zur Normgebung - wie hier - tatbestandlich eröffnet, beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in der Sache darauf, ob die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen, RdNr 25 - Basistherapeutika bei Neurodermitis; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Nach diesem Maßstab stehen dem GBA bei Bestimmung des konkreten Mindestmengenschwellenwerts Spielräume zu. Nachvollziehbar ist von Seiten des IQWiG im Vorfeld seiner Gutachtenserstellung darauf hingewiesen worden, dass bei Mengen-Qualitäts-Beziehungen eher mit kontinuierlichen Entwicklungen als mit abrupten Sprüngen zu rechnen ist (vgl Tischvorlage von PD Dr. Bender für die Sitzung des Unterausschusses "Sonstige stationäre Qualitätssicherung" des GBA vom 11.2.2005, S 1). Bei solchen kontinuierlichen Verläufen, wie sie das IQWiG auch hier vorgefunden hat, werden an den Grenzen möglicher Mindestmengen - wenn überhaupt - allenfalls geringe Qualitätsunterschiede bestehen, hier also etwa bei Krankenhäusern mit 49 Kniegelenk-TEP einerseits und 50 solcher Operationen andererseits. Das stünde einer Regelung indes nicht grundsätzlich entgegen. Typisierungen und Generalisierungen sind vielmehr mit einer Normgebung vielfach verbunden und auch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden; Härten im Einzelfall könnten dabei hinzunehmen sein. Anders als es bei Beauftragung des IQWiG möglicherweise der Vorstellung des GBA entsprach, besteht die Befugnis zur Bestimmung von konkreten Mindestmengen deshalb nicht nur dann, wenn sich bei Mengen-Qualitäts-Beziehungen klare Schwellenwerte mit jeweils deutlich unterschiedlichen Qualitätsstufen zeigen ("treppenförmiger Verlauf"). Im Rahmen seines Gestaltungspielraums darf der GBA vielmehr auch beim Fehlen von eindeutigen Schwellenwerten typisierend Mindestmengen festsetzen; die jeweilige Grenzziehung bedarf dann indes einer nachvollziehbaren Begründung.

66

b) Im Rahmen der Feststellung von konkreten Mindestmengen-Schwellenwerten wird sodann zu ermitteln sein, welche Auswirkungen diese für die Versorgungssituation mit Kniegelenk-TEP im Allgemeinen haben; zudem ist zu prüfen, wie die zu erwartenden Versorgungsvorteile bei unterschiedlichen Mindestmengen in medizinischer Hinsicht zu bewerten sind und ob anzunehmen ist, dass diese Vorteile durch andere Instrumente der Qualitätssicherung voraussichtlich bei zumutbarem Aufwand mutmaßlich nicht zu erreichen sind. Mit Blick auf größere Divergenzen bei den infrage kommenden Schwellenwerten - wenn es etwa um 20 oder aber um 50 Operationen pro Jahr geht - wird ein höherer Schwellenwert im Allgemeinen nur zu rechtfertigen sein, wenn dem auch entsprechende Vorteile für die Versorgung gegenüber stehen. Im vorliegenden Fall dürfte deshalb zu ermitteln sein, welche statistischen Versorgungsvorteile eine höhere Mindestmenge bringt, worauf sich dies stützt und inwieweit dem medizinische Relevanz zukommt. Ist danach ein solcher Vorteil plausibel und wahrscheinlich, liegt es allerdings im Normsetzungsermessen des GBA, dies medizinisch zu bewerten. Den Gerichten ist es dagegen verwehrt, insoweit ihre eigene Einschätzung an die Stelle des GBA zu setzen, wie etwa hier das LSG in Bezug auf die Relevanz der vom GBA erwarteten Reduzierung des Infektionsrisikos bei einer Mindestmenge von 50 zu verstehen sein könnte.

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c) Zu beachten ist weiterhin die Auswahl der "richtigen" Qualitätsparameter, die der Folgenabschätzung zu Grunde gelegt werden sollen. Der GBA hat hier mit den Kriterien "Unbeweglichkeit" und "Infektion" zwei wesentliche Parameter für die Bemessung der Versorgungsqualität bei der Kniegelenk-TEP gewählt, andere hingegen nicht berücksichtigt. Jedoch zeigt sich schon an den hierzu gefundenen Ergebnissen, dass unter verschiedenen Qualitätsparametern Zielkonflikte bestehen können, die eine divergierende Mengenbetrachtung veranlassen könnten. Deshalb werden sich sowohl die vorbereitenden Untersuchungen als auch die Mindestmengenbestimmung selbst grundsätzlich regelmäßig an der Gesamtheit aller Parameter zu orientieren haben, die aus sachverständiger medizinischer Sicht als klinisch erhebliche Qualitätszeichen anzusehen sind (vgl beispielhaft Geraedts/Ohmann/Blum/Müller, Abschlussbericht zur Begleitforschung zur Einführung von Mindestmengen gemäß § 137 Abs 1 S 3 Nr 3 SGB V für den Zeitraum 1.12.2005 - 30.11.2007, Dezember 2007, S 67 f mit Anlage 19, zur Kniegelenk-TEP S 14). Das schließt nicht aus, dass unter den in Betracht kommenden Prüfkriterien eine Auswahl getroffen wird. Diese wird regelmäßig aber nur dann der rechtlichen Überprüfung standhalten können, wenn nachvollziehbar angenommen werden kann, dass die Bandbreite der möglichen Qualitätsparameter durch die getroffene Auswahl angemessen repräsentiert wird.

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d) Ungeachtet einer konkreten Mindestmengenbestimmung besteht bei kontinuierlichen Verläufen darüber hinaus besonderer Anlass, über die Einführung von Ausnahmetatbeständen iS von § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V zu befinden. Diese dem GBA ausdrücklich eingeräumte Kompetenz zielt offenkundig darauf, typisierungsbedingte Härten der Mindestmengenregelung abzumildern. Deshalb kann es nahe liegen, bei Erfüllung vom GBA im Einzelnen festzulegender Qualitätsanforderungen auch Einrichtungen in einem zu bestimmenden Korridor unterhalb der festgesetzten Mindestmenge die Teilnahme an der betroffenen Versorgung zu ermöglichen. Dies könnte auch etwaigen Fehlanreizen entgegen wirken, Fallzahlen im Hinblick auf die Mindestmengenregelung möglichst auszuweiten. So ist zB zu erwägen, ob nicht solche Ausnahmeregelungen, die in der Vergangenheit bereits erfolgreich vom GBA praktiziert worden sind (vgl die Zulassung von Krankenhäusern mit "guter Qualität" - BAnz Nr 204 vom 27.10.2005 S 15659), auch in Zukunft - zumindest ergänzend - als Qualitätsmarker herangezogen werden können, um eine strikte Mindestmengenbegrenzung zu vermeiden oder ihre Folgen für einzelne Krankenhäuser abzumildern.

69

e) Schließlich wird zu bedenken sein, ob eine gemäß den vorstehenden Ausführungen ermittelte Mindestmenge einrichtungs- oder arztbezogen anzuwenden ist. Die Vorschrift des § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB V selbst lässt beides zu. Die Entscheidung zwischen diesen Alternativen liegt weitgehend im pflichtgemäßen Gestaltungsermessen des GBA.

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11. Die weitere Aufklärung der offenen Fragen vom Revisionsgericht nachzuholen, erscheint untunlich (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Deshalb wird im wiedereröffneten Verfahren das LSG - durch einen für die allgemeine Krankenversicherung zuständigen Senat - in eigener Verantwortung zu prüfen haben, ob die Entscheidung des GBA auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruht und den aufgezeigten rechtlichen Maßstäben gerecht wird. Sollte das LSG dabei wiederum zu dem Ergebnis gelangen, dass die im Streit stehende Mindestmengenbestimmung rechtswidrig ist, wird es zu beachten haben, dass die von ihm behauptete Normverwerfungskompetenz im sozialgerichtlichen Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs von § 55a SGG nicht besteht. Es erscheint auch kaum wahrscheinlich, dass eine im Verhältnis zwischen Leistungserbringer und GBA getroffene gerichtliche Feststellung von den übrigen GKV-Beteiligten nicht berücksichtigt wird. Die vom LSG insoweit geäußerte Befürchtung ist unbegründet, wie auch der Aussetzungsbeschluss des GBA vom 15.9.2011 (BAnz Nr 157 vom 18.10.2011 S 3637) zeigt.

71

12. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

72

13. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 GKG. Ausgehend von dem von der Klägerin angegebenen Umsatz von 364 000 Euro bei 50 Kniegelenk-TEP pro Jahr bemisst der Senat ihr wirtschaftliches Interesse an ihrem Rechtsschutzziel, solche Operationen in dem bis dahin geübten Umfang auch unterhalb der Mindestmengenschwelle von 50 Operationen im Jahr durchführen zu dürfen. Bei nur 30 solcher Operationen wie zuletzt im Jahr der mündlichen Verhandlung vor dem LSG folgt daraus auf drei Jahre bemessen der Betrag von 655 200 Euro (= 364 000 : 50 x 30 x 3).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.