Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 11. Okt. 2017 - Au 6 K 17.67

bei uns veröffentlicht am11.10.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am 1. Januar 1975 in ... (Nigeria) geborene, alleinstehende Kläger nigerianischer Staatsangehörigkeit stellte im November 2013 einen Asylantrag, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden wurde. Mit seiner Klage wendet er sich gegen die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer staatlichen Unterkunft im Dezember 2015, in der er nach seiner Zuweisung wohnte. Er war im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbstätig.

Mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 setzte der Beklagte für die Nutzung der „Gemeinschaftsunterkunft der Regierung von ...“ (Unterkunftsnummer, ...weg,, Beginn 14.11.2013, Ende 11.1.2016) im Dezember 2015 eine Gebühr von 40,10 € fest. Die Gebührenfestsetzung beruhe auf § 22 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Für die Unterkunft ergebe sich eine Gebühr von 185,00 €, für Haushaltsenergie 7,67 €, für Verpflegung 0 € und damit insgesamt ein Zahlungsbetrag von 40,10 €.

Mit Klage vom 14. Januar 2017 beantragte der Kläger,

den Gebührenfestsetzungsbescheid zu stornieren und das bereits überwiesene, aber fälschlich geforderte, Geld umgehend zurück zu überweisen.

Zur Begründung der Klage führt der Kläger im Wesentlichen aus: Erstens sei der Name des Klägers im Bescheid falsch geschrieben worden, denn der Kläger heiße nicht „...“, sondern „...“. Des Weiteren handele es sich nicht wie im Bescheid angegeben um eine Gemeinschaftsunterkunft der Regierung von, sondern um eine dezentrale Unterkunft des Landratsamtes .... Beide Fehler zeigten einen Mangel an Sorgfalt bei der Erstellung des Bescheids und könnten zu Missverständnissen führen.

Auch sei die Berechnung der Gebührenhöhe (40,10 €) nicht nachvollziehbar.

Ferner habe das Landratsamt ... mit hier nicht streitgegenständlichem Bescheid vom 23. Februar 2016 (Bl. 16 ff. der Behördenakte) für März bis August 2015, Oktober 2015 und Januar bis Februar 2016 Gebühren in Höhe von 89,07 € pro Monat erhoben, die der Kläger auch gezahlt habe. Nach Erhalt dieser Bescheide sei der Kläger davon ausgegangen, dass keine „Miete“ für Dezember 2015 erhoben würde, da dieser Monat im Bescheid nicht genannt worden sei. Es verstoße gegen das Prinzip der Rechtssicherheit, dass eine andere Behörde nach gut einem Jahr plötzlich rückwirkend Gebühren berechne. Der Kläger habe sich vielmehr auf die Gültigkeit des Bescheids des Landratsamts ... verlassen dürfen, insbesondere weil dieses bis zum Zuständigkeitswechsel noch genügend Zeit zum Erlass einer „Korrektur“ oder eines neuen Bescheids gehabt hätte.

Darüber hinaus sei es ungerecht und ein Verstoß gegen die Gleichbehandlung, wenn die Stadt, die nur zwei Kilometer von der Unterkunft des Klägers entfernt liege, geringere Gebühren verlange. Dies gelte umso mehr, als dass der Kläger kein Mitspracherecht bei der Wahl der Unterkunft habe.

Mit Schriftsatz vom 27. März 2017 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Als Inhaber einer Aufenthaltsgestattung sei der Kläger Leistungsberechtigter i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Ein Anspruch des Klägers auf Leistungen gem. § 2 AsylbLG bestehe seit dem 1. März 2015. Seit dem 4. Oktober 2016 gehe der Kläger wieder einer Erwerbstätigkeit nach und verfüge über eigenes Einkommen, gleichzeitig wohne der Kläger fortwährend in einer staatlichen Einrichtung zur Unterbringung von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG, insoweit handele es sich um eine Unterkunft, die das Landratsamt als Staatsbehörde betreibe. Die Gebührenpflicht ergebe sich dem Grunde nach aus §§ 22 ff. DVAsyl in der Fassung vom 16. August 2016. Nach der bis September 2016 gültigen Fassung der DVAsyl habe die Gebührenhöhe jedoch nur 185 € für Unterkunft und Heizung und 7,67 € für Haushaltsenergie betragen, weshalb auch nur diese niedrigeren Gebühren für die Benutzung im Dezember 2015 erhoben würden. Die vierjährige Gebührenfestsetzungsfrist gem. Art. 21 Abs. 4 Kostengesetz (KG) i.V.m. Art. 13 KG sei noch nicht abgelaufen.

Die konkrete Gebührenberechnung werde durch die beigefügte Berechnungsgrundlage aus dem Verwaltungsprogramm des Beklagten ersichtlich.

Es liege auch kein Verstoß gegen die Rechtssicherheit vor, da die Benutzungsgebühr für Dezember 2015 bisher nicht erhoben worden, aber geschuldet sei.

Ferner liege auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Die kreisfreie Stadt ... betreibe ihre dezentralen Unterkünfte im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 AufnG. Anders als bei den dezentralen Unterkünften der Landratsämter als Staatsbehörden handele es sich bei den von kreisfreien Gemeinden betriebenen Unterkünften nicht um staatliche, sondern um kommunale Einrichtungen, auf die §§ 22 ff. DVAsyl nicht anwendbar seien. Es sei den kreisfreien Gemeinden selbst überlassen, ob sie Nutzungsgebühren gem. Art. 8 Kommunalabgabengesetz (KAG) erhöben. Auch dass das Landratsamt ... bisher unter fälschlicher Heranziehung von § 7 Abs. 1 Satz 3, § 7b AsylbLG zu niedrige Gebühren erhoben habe, sei für Dezember 2015 unbeachtlich, da es hierfür gar keine Gebühren erhoben habe.

Mit Schriftsatz vom 31. März 2017 hat der Beklagte mitgeteilt, dass mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren Einverständnis bestehe. Mit Schriftsätzen vom 10. April 2017 sowie vom 25. Mai 2017 hat auch der Kläger sein Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

Gründe

A.

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsatz vom 31. März 2017 und 10. April 2017 bzw. 25. Mai 2017 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

B.

Die zulässige Klage gegen den Bescheid vom 29. Dezember 2016 ist unbegründet. Der Bescheid vom 29. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung für Dezember 2015 sind § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Aufnahmegesetzes (Asyldurchführungsverordnung – DVAsyl 2002) vom 4. Juni 2002 (GVBl. S. 218; BayRS 26-5-1-A), zuletzt geändert durch Verordnung zur Schwerpunktsetzung von Aufgaben bei den Regierungen vom 14. Oktober 2014 (GVBl S. 450). Die Verordnung zur Durchführung des Asylgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes, des Aufnahmegesetzes und des § 12a des Aufenthaltsgesetzes (Asyldurchführungsverordnung – DVAsyl 2016) vom 16. August 2016 (GVBl. S. 258; BayRS 26-5-1-A/I) ist hingegen gem. § 30 Abs. 1 DVAsyl 2016 erst für Gebührenerhebungen für Zeiträume ab dem 1. September 2016 anwendbar.

II. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.

Sachlich und örtlich zuständig für den Bescheiderlass war gem. § 27 DVAsyl 2002 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 a) BayVwVfG die Regierung von.... Ob früher die Zuständigkeit einer anderen Behörde, beispielsweise des Landratsamtes als Staatsbehörde bestand, ist rechtlich ohne Bedeutung, da es in Hinblick auf die Zuständigkeit auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses ankommt und beide Behörden demselben Rechtsträger – Freistaat Bayern – zuzurechnen sind.

Zwar hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid nicht alle wesentlichen tatsächlichen Gründe zur Gebührenhöhe mitgeteilt und den Bescheid damit nicht hinreichend begründet, insbesondere ist die Berechnung der Höhe der Leistungspflicht „Unterkunft 185 €, Haushaltsenergie 7,67 €, gesamt 40,10 €“ aus sich heraus nicht verständlich (Art. 39 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BayVwVfG). Die Berechnung der Gebührenhöhe war auch nicht offenkundig oder sonst für den Betroffenen unschwer erkennbar, weswegen auf eine nachvollziehbare Berechnung der Gebührenhöhe auch nicht gem. Art. 39 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG verzichtet werden konnte (Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 39 VwVfG Rn. 48). Diesen Fehler hat der Beklagte jedoch durch Nachreichung der Berechnungsgrundlage im Rahmen der Klageerwiderung gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG geheilt. Aus der Berechnungsgrundlage ist ersichtlich, wie sich die nach dem streitgegenständlichen Bescheid zu zahlende Gebühr in Höhe von 40,10 € errechnet (s.u.).

III. Der Bescheid vom 29. Dezember 2016 ist auch materiell rechtmäßig.

1. Der Bescheid ist hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Insbesondere lässt er seinen Adressaten unzweifelhaft erkennen, eine Verwechslung mit anderen Personen ist nicht möglich. Der Kläger wird mit zwei Vor- und dem Nachnamen bezeichnet, weiterhin werden sowohl seine aktuelle als auch seine Adresse im Dezember 2015 genannt. Durch diese Angaben ist eine Verwechslung mit anderen Personen nicht möglich. Der Buchstabendreher im Nachnamen des Klägers ist als lediglich geringfügiger Schreibfehler ohne Bedeutung, da sich der Verwaltungsakt sowohl nach seinem objektiven Erklärungswert als auch nach dem Empfängerhorizont des Klägers gleichwohl eindeutig an diesen richtet (vgl. Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 VwVfG Rn. 9). Ebenso leidet der Bescheid auch nicht deshalb an einem Fehler hinsichtlich seiner Bestimmtheit, weil er – soweit ersichtlich unzutreffend – die „Gemeinschaftsunterkunft der Regierung von ...“ nennt. Für welche Unterkunft der Kläger Gebühren zu leisten hat, ist aus der genauen Adressangabe („Unterkunftsnummer, ...weg,, Beginn 14.11.2013, Ende 11.01.2016“) und der Nennung des abzurechnenden Monats (Dezember 2015) auch für den Kläger zu erkennen. Ob es sich hierbei um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, die von der Regierung von ... betrieben wird, oder um eine dezentrale Unterkunft des Landratsamts ... als Staatsbehörde, ist lediglich eine verwaltungsorganisatorische Differenzierung, der für die Frage der Bestimmtheit des Bescheids keine Bedeutung zukommt.

2. Der Bescheid vom 29. Dezember 2016 verfügt über eine Rechtsgrundlage.

a) Die Gebührenpflicht ergibt sich aus § 21 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl 2002. Danach werden für die Inanspruchnahme von staatlichen Einrichtungen zur Unterbringung von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Benutzungsgebühren erhoben.

Bei der Unterkunft, in der der Kläger im Dezember 2015 wohnte, handelt es ich um eine staatliche Unterkunft, gleichgültig, ob es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft der Regierung von ... handelt (§ 5 Abs. 2 DVAsyl 2002) oder um eine dezentrale Unterkunft des Landratsamtes als Staatsbehörde (siehe klarstellend auch § 5 Abs. 2 DVAsyl 2016 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 AufnG). Diese Unterkunft diente unstreitig auch der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Form der Bekanntmachung vom 5. August 1997 in der hier maßgeblichen Gültigkeit vom 24. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 (AsylbLG 2015).

Der Kläger ist von der Gebührenpflicht auch nicht gem. § 21 Abs. 2 DVAsyl 2002 befreit. Nach der Norm werden Gebühren nicht erhoben, wenn der Gebührenschuldner dem Personenkreis des Art. 1 AufnG zuzurechnen ist, es sei denn, der Gebührenschuldner erfüllt die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG und verfügt über Einkommen und/oder Vermögen. Zwar zählt der Kläger zum Personenkreis des Art. 1 AufnG, da der Kläger als Asylbewerber Inhaber einer Aufenthaltsgestattung gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) und damit leistungsberechtigt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG 2015 ist. Jedoch ist der Kläger nach § 2 AsylbLG 2015 sozialhilfeberechtigt i.S.d. §§ 8 ff. SGB XII, da sich der Kläger seit November 2013 und damit auch schon im Dezember 2015 über 15 Monate im Bundesgebiet aufhielt und er – soweit ersichtlich – die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Des Weiteren verfügte der Kläger im November 2015 (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 DVAsyl 2002) ausweislich der vom Kläger nicht bestrittenen Berechnungsgrundlagen des Beklagten (Bl. 16 der Gerichtsakte) und seiner Gehaltsabrechnung (Bl. 14 der Behördenakte) über ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 405,71 € (Bruttoeinkommen 761,60 €, Nettoeinkommen 630,21 €).

b) Durch die Zuweisung des Klägers in diese Unterkunft und ihre Inanspruchnahme bestand im Dezember 2015 ein Nutzungsverhältnis, weshalb der Kläger auch Gebührenschuldner ist, § 21 Abs. 1 Satz 1, § 25 Satz 1 DVAsyl 2002.

c) Die Gebührenhöhe ist ebenfalls rechtmäßig. Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVAsyl 2002 beträgt die Gebühr für alleinstehende Personen wie den Kläger 185 € zuzüglich Haushaltsenergie in Höhe von 7,67 € (§ 22 Abs. 1 Satz 2 DVAsyl 2002) und damit insgesamt 192,67 € (so auch VG Ansbach, B.v. 16.2.2006 – AN 16 S. 05.03503 – juris Rn. 22). Die Angemessenheit der Gebührenobergrenze von 192,67 € nach der DVAsyl 2002 hat der Kläger – anders als in den Verfahren Au 6 K 17.193 und Au 6 K 17.194 zu zwei Gebührenbescheiden in Höhe von je 306 € nach der DVAsyl 2016 – nicht substantiiert gerügt. Verstöße gegen das Äquivalenzprinzip und die Verhältnismäßigkeit sind auch nicht ersichtlich.

Bei der Unterkunft handelt es sich des Weiteren nicht um ein Notquartier gem. § 22 Abs. 2 DVAsyl 2002. Eine Verpflegungsgebühr gem. § 23 DVAsyl wurde nicht angesetzt. Auslagen, Zinsen und Säumniszuschläge fallen nicht an, § 26 Abs. 3 DVAsyl 2002 i.V.m. Art. 10, 17, 18 KG. Der Kläger nutzte die Unterkunft den ganzen Monat, § 26 Abs. 2 Satz 2 DVAsyl 2002.

Dabei war auch nicht – wie im Bescheid des Landratsamts ... in Bezug auf andere Monate geschehen und vom Kläger insoweit auch für Dezember 2015 geltend gemacht – eine Gebührenreduzierung um 56% gem. § 7b AsylbLG 2015 auf 89,07 € vorzunehmen. Die Gebührenhöhe ergibt sich allein aus §§ 21 ff. DVAsyl 2002 als Rechtsgrundlage, nicht aus dem AsylbLG 2015, weshalb § 7b AsylbLG 2015 unanwendbar war. Des Weiteren ist § 7b AsylbLG auch inhaltlich nicht einschlägig, da sich die Norm mit dem Fall befasst, dass zu Unrecht Leistungen erbracht wurden, weil kein Verwaltungsakt vorlag oder der entsprechende Verwaltungsakt aufgehoben wurde (siehe § 50 Abs. 1, Abs. 2 SGB X). In § 7b AsylbLG 2015 werden damit lediglich Rückzahlungsmodalitäten für zu Unrecht erbrachte Leistungen geregelt. Dies entspricht nicht dem vorliegenden Fall, bei dem Gebühren für rechtmäßig erbrachte Leistungen erhoben werden. Der Beklagte ist gem. §§ 50, 53 AsylG grundsätzlich verpflichtet, Asylbewerber nach Ende ihrer Verpflichtung, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen (§§ 47 ff. AsylG), in einer Gemeinschaftsunterkunft i.S.d. Bundesrechts unterzubringen, § 5 Abs. 1, Abs. 2 DVAsyl 2002. Zu Gemeinschaftsunterkünften i.S.d. Bundesrechts zählen auch dezentrale Unterkünfte, soweit sie von Art und Ausstattung vergleichbar sind (klarstellend hierzu § 5 Abs. 2 Satz 2 DVAsyl 2016). Die Unterbringung des Klägers in der Unterkunft war folglich rechtmäßig. Damit liegt kein Fall i.S.d. § 7b AsylbLG 2015 vor, in dem der Beklagte zu Unrecht Leistungen erbracht hat und den Geldwert dieser Leistungen als Erstattung nun zurückfordert.

Bei der Berechnung der Gebühr muss des Weiteren das Einkommen des Klägers berücksichtigt werden, § 24 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl 2002. Die Höhe der Gebühr wird durch den Differenzbetrag zwischen dem anrechenbaren Einkommen einerseits und dem laufenden sozialhilferechtlichen Bedarf andererseits, § 24 Abs. 2 Satz 1 DVAsyl 2002, begrenzt. Der Kläger hat die Berechnung der Gebührenhöhe nicht substantiiert in Frage gestellt, diesbezügliche Fehler sind auch nicht ersichtlich. Der Beklagte ging ausweislich der in der Klageerwiderung vorgelegten Berechnungen von einem Gesamtbedarf des Klägers von 584 € aus (399 € Regelbedarf + 185 € Unterkunft + 5,20 € Arbeitsmittel, siehe Bl. 16 der Gerichtsakte). Auf den Gesamtbedarf des Klägers rechnete der Beklagte die erhaltenen Leistungen in Höhe von 218,39 € (185 € Unterkunft + 33,39 € Wohnen/Energie Abteilung 4) an, so dass der Beklagte von einem Restbedarf des Klägers in Höhe von 365,61 € (584 € - 218,39 €) ausging.

Anhand des Nettoeinkommens von 630,21 € errechnete der Beklagte ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 405,71 € (Bl. 14 der Behördenakte). Hierbei ist in Hinblick auf die Gebühr für Dezember 2015 das Einkommen im November 2015 maßgeblich, § 24 Abs. 1 Satz 2 DVAsyl 2002. Unter Anrechnung des Restbedarfs des Klägers auf sein einzusetzendes Einkommen kam der Beklagte auf ein Einkommen des Klägers nach Restbedarfsausgleich in Höhe von 40,10 € (405,71 € - 365,61 €). Da die Gebühren jedoch mit insgesamt 192,67 € (185 € Unterkunft + 7,67 € Energie) das Einkommen des Klägers nach Restbedarfsausgleich deutlich überstiegen, musste der Kläger sein gesamtes Einkommen nach Restbedarfsausgleich, mithin 40,10 €, zur Gebührenzahlung einsetzen. Diese Belastung gleicht die ihm gewährte Vergünstigung einer ausnahmsweisen Gestattung der Erwerbstätigkeit (§ 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG) aus.

d) Die Gebührenschuld ist mit Beginn des Monats Dezember 2015 entstanden, § 26 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl 2002. Sie wurde mit Bekanntgabe des Bescheids vom 29. Dezember 2016 fällig.

e) Nicht zu beanstanden ist es auch, dass der Beklagte die Gebühr erst gut ein Jahr nach der Nutzung mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 erhob.

Gem. Art. 21 Abs. 4 Satz 3 KG (siehe zur Ermächtigungsgrundlage unten) sind auf Rechtsverordnungen wie die DVAsyl 2002 die Art. 10 bis 19 KG entsprechend anwendbar, soweit in der Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist. In § 26 Abs. 3 DVAsyl 2002 werden lediglich Art. 10, 17 und 18 KG für nicht anwendbar erklärt, weshalb Art. 13 KG weiterhin anwendbar bleibt. Nach Art. 13 Satz 1 KG ist eine Kostenentscheidung (und in entsprechender Anwendung gem. Art. 21 Abs. 4 Satz 3 KG auch eine Entscheidung zu einer Benutzungsgebühr) nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (Festsetzungsverjährung). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, § 13 Abs. 1 Satz 2 KG. Der Anspruch auf die Benutzungsgebühr ist vorliegend im Jahr 2015 entstanden (s.o.). Damit begann die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2015 und endet erst mit Ablauf von vier Jahren, mithin am 31. Dezember 2019. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die jeweils zuständige Behörde für den Beklagten Benutzungsgebühren für das Jahr 2015 erheben, was hier mit streitgegenständlichen Bescheid vom 29. Dezember 2016 auch geschehen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt in einer Festsetzung einer Gebühr nach gut einem Jahr kein Verstoß gegen die Rechtssicherheit oder den Vertrauensschutz. Eine vergleichbare vierjährige Frist gilt z.B. auch im Kommunalabgabenrecht (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 AO).

3. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 BV vor.

Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, dass – angeblich – die Stadt ... niedrigere Gebühren erhebt und das Landratsamt ... in der Vergangenheit von einer monatlichen Gebührenhöhe von 89,07 € ausging. Unabhängig von der Frage, ob die Einrichtungen der Stadt, die auch beim Handeln im übertragenen Wirkungskreis stets ihr eigener Rechtsträger ist, überhaupt als „staatliche“ Einrichtungen gem. § 21 DVAsyl 2002 qualifiziert werden können, gehen Vergleiche mit etwaigen anders festgesetzten Gebühren der Stadt... und der Handhabung in anderen Regionen Bayerns und der Bundesrepublik insgesamt fehl. Die vom Beklagten festgesetzte Gebührenhöhe entspricht den gesetzlichen Vorgaben der hier anwendbaren DVAsyl 2002 (s.o.). Sollten andere Behörden des Freistaates Bayern möglicherweise entgegen §§ 21 ff. DVAsyl 2002 zu niedrige Gebühren erhoben haben, so ergibt sich daraus kein Anspruch des Klägers, ebenfalls (und weiterhin) zu niedrig veranlagt zu werden. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht. Der Gebührenschuldner hat innerhalb der Festsetzungsfristen keinen Anspruch darauf, dass eine zu niedrig festgesetzte Abgabe nicht erneut mit höherer, richtiger Berechnung nacherhoben wird oder dass – wie hier – für andere Gebührenzeiten weiterhin eine zu niedrige Gebühr festgesetzt wird. Dies gilt selbst dann, wenn durch den fehlerhaften Vollzug andere Abgabenschuldner nur die zu niedrige Abgabe zahlen (BayVerfGH, U.v. 20.12.2012 – Vf. 25-VI-12 – juris Rn. 30 m.w.N.; Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, Stand November 2016, Teil IV, Frage 3, Ziff. 3.; Kischel in: BeckOK Grundgesetz, 33. Edition, Stand: 01.06.2017, Art. 3 GG, Rn. 115 ff. m.w.N.).

In Bezug auf Rechtsträger, die Benutzungsgebühren nicht nach der DVAsyl 2002 erheben, sondern aufgrund anderer Rechtsgrundlagen, kann sich der Kläger schon deshalb nicht auf den Gleichheitssatz berufen, da dieser nicht zwischen verschiedenen Rechtsträgern (beispielsweise nicht zwischen den Bundesländern in Bezug auf die jeweilige Landesgesetzgebung und nicht im Verhältnis zu im Rahmen ihrer Kommunalhoheit handelnden Gemeinden) anwendbar ist und föderale Differenzierungen nicht überwindet (BVerfG, B.v. 14.1.2015 – 1 BvR 931/12 – BVerfGE 138, 261-296 – juris Rn. 61; Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 79. EL Dezember 2016, Art. 3, Rn. 159).

4. Auch auf Vertrauensschutz als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 3 GG kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen.

Zwar hat das Landratsamt ... im Bescheid vom 23. Februar 2016 in den Gründen unter I. ausgeführt, der Kläger habe angegeben, dass er in den Monaten September, November und Dezember 2015 so wenig verdient habe, dass keine „Mietzahlungen“ anfielen. Weiterhin wird in den Gründen – nicht im Tenor – unter II. am Ende ausgeführt: „Ihre Angaben im Rahmen der Anhörung haben wir geprüft und den gesamten Zeitraum nochmals berechnet, mit dem Ergebnis, dass in den von Ihnen bezeichneten Monaten tatsächlich keine Mietkosten zu begleichen sind. Das haben wir in unseren Festsetzungen berücksichtigt.“ Diese Ausführungen beinhalten jedoch keinen Regelungscharakter und stellen daher auch keinen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar, auf dessen Verbindlichkeit sich der Kläger berufen konnte. Das Landratsamt ... hat den regelnden Teil des Bescheids klar von den Gründen abgegrenzt: So werden unter dem Wort „Bescheid“ in sieben Ziffern die Regelungen des Bescheids ausformuliert. Insbesondere in Ziffer 1 heißt es: „Für den Zeitraum 01.03.2015 bis 31.08.2015 und 01.10.2015 bis 31.10.2015 sowie 01.01.2016 bis 29.02.2016 werden die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 89,07 € gefordert. Die Gesamtkosten betragen 801,63 €.“ Weiterhin enthält der Bescheid Regelungen für den Monat September 2015 und für den Zeitraum ab März 2016. Für den Monat Dezember 2015 enthält der Tenor des Bescheids hingegen keinerlei Regelung. Aufgrund dieser Formulierung durfte der Kläger nicht darauf vertrauen, dass der Bescheid auch Regelungen für den Monat Dezember 2015 traf. Die Gründe des Bescheids beziehen sich auf die tenorierten Monate und erläutern die darin erfolgte Kostenrechnung.

Des Weiteren wird gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 DVAsyl 2002 eine Gebühr rückwirkend von dem Zeitpunkt erhoben, von dem an die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht nachgewiesen sind, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung von Anfang an nicht vorlagen oder später weggefallen sind. So lag der Fall hier. Unstreitig verfügte der Kläger im November 2015 über ein Bruttoeinkommen von 761,60 €. Erst nachträglich wurde durch die Regierung von ... festgestellt, dass Gründe für eine Befreiung aufgrund des erzielten Einkommens nicht vorlagen. In derartigen Fällen muss die zuständige Regierung von ... die tatsächlich entstandenen Gebühren gem. § 21 Abs. 4 DVAsyl 2002 rückwirkend nachfordern. Auf Vertrauensschutz oder Verwirkung kann sich der Kläger insofern nicht berufen. Er muss auch nach dem Rechtsgedanken des § 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG vielmehr damit rechnen, dass er für Zeiträume, in denen er ein in der Höhe nicht unerhebliches Einkommen erzielt hat, zur Gebührenerhebung für die Nutzung seiner Unterkunft herangezogen werden wird, auch wenn dies bisher noch nicht geschehen ist und bisher nur für andere Zeiträume Gebühren erhoben wurden. Die Regelung des § 21 Abs. 4 DVAsyl 2002 ist auch verhältnismäßig, da dem Interesse an einer gleichmäßigen Gebührenerhebung für alle Gebührenschuldner der Vorrang gegenüber dem Vertrauensschutz desjenigen einzuräumen ist, der entweder kein Leistungsberechtigter i.S.d. AsylbLG 2015 ist (sog. Fehlbeleger) oder der sozialhilfeberechtigt i.S.d. § 2 AsylbLG 2015 ist, aber über Einkommen/Vermögen verfügt. Dass der Kläger das Geld möglicherweise verbraucht hat, steht einer Nachforderung ebenfalls nicht entgegen (BayVGH, B.v. 23.8.2011 – 21 ZB 11.30307 – juris Rn. 5).

C.

Einem Antrag auf Rücküberweisung von 40,10 € neben dem Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 29. Dezember 2016 fehlt schon das Rechtsschutzinteresse und er ist damit unzulässig, da die Art und Weise der Rückabwicklung eines rechtswidrigen Abgabenbescheids unproblematisch ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verwaltung sie nicht nach Gesetz und Praxis durchführen würde, insbesondere die geleistete Gebühr zurückzahlen würde (Gerhardt in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 32. EL Oktober 2016, § 113 VwGO, Rn. 59). Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet. Da der Bescheid des Beklagten rechtmäßig ist, besteht kein materiell-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch in Hinblick auf rechtswidriges Verwaltungshandeln, aus dem sich ein prozessual gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO durchzusetzender Rückzahlungsanspruch ergeben könnte.

D.

Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG | § 1 Leistungsberechtigte


(1) Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die 1. eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,1a. ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und

Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG | § 2 Leistungen in besonderen Fällen


(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechun

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 61 Erwerbstätigkeit


(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn 1. das Asylverfahren nicht innerhalb

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 50 Landesinterne Verteilung


(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass 1. dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die V

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 12a Wohnsitzregelung


(1) Zur Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist ein Ausländer, der als Asylberechtigter, Flüchtling im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiär Schutzberechtigter im Sinne v

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 53 Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften


(1) Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Hierbei sind sowohl das öffentliche Interes

Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG | § 7 Einkommen und Vermögen


(1) Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen. § 20 des Zwölften Buches Sozialge

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 11. Okt. 2017 - Au 6 K 17.67 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 11. Okt. 2017 - Au 6 K 17.67 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 14. Jan. 2015 - 1 BvR 931/12

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

Gründe A. 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Thüringer Landesgesetzgeber mi

Referenzen

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen. § 20 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet entsprechende Anwendung. Bei der Unterbringung in einer Einrichtung, in der Sachleistungen gewährt werden, haben Leistungsberechtigte, soweit Einkommen und Vermögen im Sinne des Satzes 1 vorhanden sind, für erhaltene Leistungen dem Kostenträger für sich und ihre Familienangehörigen die Kosten in entsprechender Höhe der in § 3a Absatz 2 genannten Leistungen sowie die Kosten der Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie zu erstatten; für die Kosten der Unterkunft, Heizung und Haushaltsenergie können die Länder Pauschalbeträge festsetzen oder die zuständige Behörde dazu ermächtigen.

(2) Nicht als Einkommen nach Absatz 1 zu berücksichtigen sind:

1.
Leistungen nach diesem Gesetz,
2.
eine Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
eine Rente oder Beihilfe nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet wird,
5.
eine Aufwandsentschädigung nach § 5 Absatz 2,
6.
eine Mehraufwandsentschädigung, die Leistungsberechtigten im Rahmen einer Flüchtlingsintegrationsmaßnahme im Sinne von § 5a ausgezahlt wird und
7.
ein Fahrtkostenzuschuss, der den Leistungsberechtigten von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Sicherstellung ihrer Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes gewährt wird.

(3) Einkommen aus Erwerbstätigkeit bleiben bei Anwendung des Absatzes 1 in Höhe von 25 vom Hundert außer Betracht, höchstens jedoch in Höhe von 50 vom Hundert der maßgeblichen Bedarfsstufe des Geldbetrags zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe nach § 3a Absatz 1 und des notwendigen Bedarfs nach § 3a Absatz 2, jeweils in Verbindung mit § 3a Absatz 4. Erhält eine leistungsberechtigte Person mindestens aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, ist abweichend von Satz 1 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Von den Einkommen nach Absatz 1 Satz 1 sind ferner abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben sind, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Übersteigt das Einkommen in den Fällen von Satz 2 den Betrag von 250 Euro monatlich, findet Satz 3 Nummer 3 und 4 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Absetzung der dort genannten Aufwendungen nur erfolgt, soweit die oder der Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe dieser Aufwendungen den Betrag von 250 Euro monatlich übersteigt. Die Möglichkeit zur Absetzung der Beträge nach Satz 3 von Einkommen aus Erwerbstätigkeit bleibt unberührt.

(4) Hat ein Leistungsberechtigter einen Anspruch gegen einen anderen, so kann die zuständige Behörde den Anspruch in entsprechender Anwendung des § 93 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch auf sich überleiten.

(5) Von dem Vermögen nach Absatz 1 Satz 1 ist für den Leistungsberechtigten und seine Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, jeweils ein Freibetrag in Höhe von 200 Euro abzusetzen. Bei der Anwendung von Absatz 1 bleiben ferner Vermögensgegenstände außer Betracht, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zur Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist ein Ausländer, der als Asylberechtigter, Flüchtling im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiär Schutzberechtigter im Sinne von § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes anerkannt worden ist oder dem nach §§ 22, 23, 24 Absatz 1 oder 25 Absatz 3 erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, verpflichtet, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Land seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, in das er zur Durchführung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Aufnahmeverfahrens zugewiesen oder gemäß § 24 Absatz 3 verteilt worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer, sein Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder ein minderjähriges lediges Kind, mit dem er verwandt ist und in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt oder aufgenommen hat, durch die diese Person mindestens über ein Einkommen in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Bedarfs nach den §§ 20 und 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für eine Einzelperson verfügt, oder eine Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat oder in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis steht oder einen Integrationskurs nach § 43, einen Berufssprachkurs nach § 45a, eine Qualifizierungsmaßnahme von einer Dauer von mindestens drei Monaten, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder eine Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 81 und 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch aufnimmt, aufgenommen oder abgeschlossen hat, sofern der Kurs oder die Maßnahme nicht an dem nach Satz 1 verpflichtenden Wohnsitz ohne Verzögerung durchgeführt oder fortgesetzt werden kann. Die Frist nach Satz 1 kann um den Zeitraum verlängert werden, für den der Ausländer seiner nach Satz 1 bestehenden Verpflichtung nicht nachkommt. Fallen die Gründe nach Satz 2 innerhalb von drei Monaten weg, wirkt die Verpflichtung zur Wohnsitznahme nach Satz 1 in dem Land fort, in das der Ausländer seinen Wohnsitz verlegt hat.

(1a) Wird ein Ausländer, dessen gewöhnlicher Aufenthalt durch eine Verteilungs- oder Zuweisungsentscheidung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch bestimmt wird, volljährig, findet ab Eintritt der Volljährigkeit Absatz 1 Anwendung; die Wohnsitzverpflichtung erwächst in dem Land, in das er zuletzt durch Verteilungs- oder Zuweisungsentscheidung zugewiesen wurde. Die bis zur Volljährigkeit verbrachte Aufenthaltszeit ab Anerkennung als Asylberechtigter, Flüchtling im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiär Schutzberechtigter im Sinne von § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes oder nach erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 22, 23, 24 Absatz 1 oder 25 Absatz 3 wird auf die Frist nach Absatz 1 Satz 1 angerechnet.

(2) Ein Ausländer, der der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegt und der in einer Aufnahmeeinrichtung oder anderen vorübergehenden Unterkunft wohnt, kann innerhalb von sechs Monaten nach Anerkennung, Aufnahme oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist zu seiner Versorgung mit angemessenem Wohnraum verpflichtet werden, seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen, wenn dies der Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegensteht. Soweit im Einzelfall eine Zuweisung angemessenen Wohnraums innerhalb von sechs Monaten nicht möglich war, kann eine Zuweisung nach Satz 1 innerhalb von einmalig weiteren sechs Monaten erfolgen.

(3) Zur Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kann ein Ausländer, der der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegt, innerhalb von sechs Monaten nach Anerkennung oder erstmaliger Erteilung der Aufenthaltserlaubnis verpflichtet werden, längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen, wenn dadurch

1.
seine Versorgung mit angemessenem Wohnraum,
2.
sein Erwerb ausreichender mündlicher Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen und
3.
unter Berücksichtigung der örtlichen Lage am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
erleichtert werden kann. Bei der Entscheidung nach Satz 1 können zudem besondere örtliche, die Integration fördernde Umstände berücksichtigt werden, insbesondere die Verfügbarkeit von Bildungs- und Betreuungsangeboten für minderjährige Kinder und Jugendliche.

(4) Ein Ausländer, der der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegt, kann zur Vermeidung von sozialer und gesellschaftlicher Ausgrenzung bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist auch verpflichtet werden, seinen Wohnsitz nicht an einem bestimmten Ort zu nehmen, insbesondere wenn zu erwarten ist, dass der Ausländer Deutsch dort nicht als wesentliche Verkehrssprache nutzen wird. Die Situation des dortigen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

(5) Eine Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 4 ist auf Antrag des Ausländers aufzuheben,

1.
wenn der Ausländer nachweist, dass in den Fällen einer Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 3 an einem anderen Ort, oder im Falle einer Verpflichtung nach Absatz 4 an dem Ort, an dem er seinen Wohnsitz nicht nehmen darf,
a)
ihm oder seinem Ehegatten, eingetragenen Lebenspartner oder einem minderjährigen ledigen Kind, mit dem er verwandt ist und in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne von Absatz 1 Satz 2, ein den Lebensunterhalt überwiegend sicherndes Einkommen oder ein Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung steht,
b)
ihm oder seinem Ehegatten, seinem eingetragenen Lebenspartner oder einem minderjährigen ledigen Kind, mit dem er verwandt ist und in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, ein Integrationskurs nach § 43, ein Berufssprachkurs nach § 45a, eine Qualifizierungsmaßnahme von einer Dauer von mindestens drei Monaten, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder eine Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 81 und 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zeitnah zur Verfügung steht, oder
c)
der Ehegatte, eingetragene Lebenspartner oder ein minderjähriges lediges Kind, mit dem er verwandt ist und mit dem er zuvor in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt hat, an einem anderen Wohnort leben,
2.
zur Vermeidung einer Härte; eine Härte liegt insbesondere vor, wenn
a)
nach Einschätzung des zuständigen Jugendamtes Leistungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch mit Ortsbezug beeinträchtigt würden,
b)
aus anderen dringenden persönlichen Gründen die Übernahme durch ein anderes Land zugesagt wurde oder
c)
für den Betroffenen aus sonstigen Gründen vergleichbare unzumutbare Einschränkungen entstehen.
Fallen die Aufhebungsgründe nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a innerhalb von drei Monaten ab Bekanntgabe der Aufhebung weg, wirkt die Verpflichtung zur Wohnsitznahme nach Absatz 1 Satz 1 in dem Land fort, in das der Ausländer seinen Wohnsitz verlegt hat. Im Fall einer Aufhebung nach Satz 1 Nummer 2 ist dem Ausländer, längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist, eine Verpflichtung nach Absatz 3 oder 4 aufzuerlegen, die seinem Interesse Rechnung trägt.

(6) Bei einem Familiennachzug zu einem Ausländer, der einer Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 4 unterliegt, gilt die Verpflichtung oder Zuweisung längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 für den Ausländer geltenden Frist auch für den nachziehenden Familienangehörigen, soweit die zuständige Behörde nichts anderes angeordnet hat. Absatz 5 gilt für die nachziehenden Familienangehörigen entsprechend.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Ausländer, deren Anerkennung oder erstmalige Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Sinne des Absatzes 1 vor dem 1. Januar 2016 erfolgte.

(8) Widerspruch und Klage gegen Verpflichtungen nach den Absätzen 2 bis 4 haben keine aufschiebende Wirkung.

(9) Die Länder können im Hinblick auf Ausländer, die der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegen, hinsichtlich Organisation, Verfahren und angemessenen Wohnraums durch Rechtsverordnung der Landesregierung oder andere landesrechtliche Regelungen Näheres bestimmen zu

1.
der Verteilung innerhalb des Landes nach Absatz 2,
2.
dem Verfahren für Zuweisungen und Verpflichtungen nach den Absätzen 2 bis 4,
3.
den Anforderungen an den angemessenen Wohnraum im Sinne der Absätze 2, 3 Nummer 1 und von Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie der Form seines Nachweises,
4.
der Art und Weise des Belegs einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach Absatz 1 Satz 2, eines den Lebensunterhalt sichernden Einkommens sowie eines Ausbildungs- oder Studienplatzes im Sinne der Absätze 1 und 5 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a,
5.
der Verpflichtung zur Aufnahme durch die zum Wohnort bestimmte Gemeinde und zu dem Aufnahmeverfahren.

(10) § 12 Absatz 2 Satz 2 bleibt für wohnsitzbeschränkende Auflagen in besonders begründeten Einzelfällen unberührt.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz sind Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die

1.
eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,
1a.
ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und 7 genannten Voraussetzungen erfüllen,
2.
über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise nicht oder noch nicht gestattet ist,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzen
a)
wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes,
b)
nach § 25 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder
c)
nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt,
4.
eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen,
5.
vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist,
6.
Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen sind, ohne daß sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen,
7.
einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes oder einen Zweitantrag nach § 71a des Asylgesetzes stellen oder
8.
a)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die ihnen nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 erteilt wurde, oder
b)
eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, die nach dem 24. Februar 2022 und vor dem 1. Juni 2022 ausgestellt wurde,
und bei denen weder eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes oder nach § 16 des Asylgesetzes durchgeführt worden ist, noch deren Daten nach § 3 Absatz 1 des AZR-Gesetzes gespeichert wurden; das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Ausländer sind für die Zeit, für die ihnen ein anderer Aufenthaltstitel als die in Absatz 1 Nr. 3 bezeichnete Aufenthaltserlaubnis mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten erteilt worden ist, nicht nach diesem Gesetz leistungsberechtigt.

(3) Die Leistungsberechtigung endet mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Für minderjährige Kinder, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die mit ihren Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft leben, endet die Leistungsberechtigung auch dann, wenn die Leistungsberechtigung eines Elternteils, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzt, entfallen ist.

(3a) Sofern kein Fall des Absatzes 1 Nummer 8 vorliegt, sind Leistungen nach diesem Gesetz mit Ablauf des Monats ausgeschlossen, in dem Leistungsberechtigten, die gemäß § 49 des Aufenthaltsgesetzes erkennungsdienstlich behandelt worden sind und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes beantragt haben, eine entsprechende Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 3 oder Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes ausgestellt worden ist. Der Ausschluss nach Satz 1 gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Das Erfordernis einer erkennungsdienstlichen Behandlung in den Sätzen 1 und 2 gilt nicht, soweit eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 49 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorgesehen ist.

(4) Leistungsberechtigte nach Absatz 1 Nummer 5, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von § 1a Absatz 4 Satz 1 internationaler Schutz gewährt worden ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz, wenn der internationale Schutz fortbesteht. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von zwei Wochen, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 2. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Satz 6 sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen die Leistungen nach § 1a Absatz 1 und nach § 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2. Sie sollen als Sachleistung erbracht werden. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 2 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 7 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Satz 4 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Hierbei sind sowohl das öffentliche Interesse als auch Belange des Ausländers zu berücksichtigen.

(2) Eine Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, endet, wenn das Bundesamt einen Ausländer als Asylberechtigten anerkannt oder ein Gericht das Bundesamt zur Anerkennung verpflichtet hat, auch wenn ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, sofern durch den Ausländer eine anderweitige Unterkunft nachgewiesen wird und der öffentlichen Hand dadurch Mehrkosten nicht entstehen. Das Gleiche gilt, wenn das Bundesamt oder ein Gericht einem Ausländer internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt hat. In den Fällen der Sätze 1 und 2 endet die Verpflichtung auch für die Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 des Ausländers.

(3) § 44 Absatz 2a und 3 gilt entsprechend.

(1) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, darf der Ausländer keine Erwerbstätigkeit ausüben. Abweichend von Satz 1 ist dem Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, wenn

1.
das Asylverfahren nicht innerhalb von neun Monaten nach der Stellung des Asylantrags unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist,
3.
der Ausländer nicht Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates (§ 29a) ist und
4.
der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig abgelehnt wurde, es sei denn das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet;
Ausländern, die seit mindestens sechs Monaten eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend für Ausländer nach Satz 2.

(2) Im Übrigen kann einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt wird auf die Wartezeit nach Satz 1 angerechnet. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 und die §§ 41 und 42 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend. Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Thüringer Landesgesetzgeber mit der im Jahr 2011 im Thüringer Ladenöffnungsgesetz neu geregelten Beschränkung der Einsatzmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen in Verkaufsstellen gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat, weil das Land für eine derartige Regelung nicht gesetzgebungsbefugt war.

I.

2

1. Die Öffnungs- und Schließzeiten von Verkaufsstellen sowie diese flankierende Arbeitnehmerschutzvorschriften sind bundesrechtlich im Gesetz über den Ladenschluss (LadSchlG) vom 28. November 1956 (BGBl I S. 875, zuletzt geändert durch Art. 228 der Neunten Zuständigkeitsverordnung vom 31. Oktober 2006, BGBl I S. 2407) geregelt (zur Vorgeschichte BVerfGE 1, 283 <284 ff.>). Das Ladenschlussrecht zielte schon immer sowohl auf die Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse als auch auf den Schutz der Beschäftigten; die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergab sich dementsprechend sowohl aus der Vorgängerregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für Regelungen über den Handel als auch aus derjenigen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG für Regelungen zum Arbeitsschutz (vgl. BVerfGE 1, 283 <292, 297 f.>; 13, 230 <233>; 111, 10 <28>; stRspr). Generell finden sich Vorgaben zu Arbeitszeiten auf der Grundlage der Gesetzgebungskompetenz zum Arbeitsschutz im Arbeitszeitgesetz des Bundes, das mit Wirkung vom 1. Juli 1994 die Arbeitszeitordnung aus dem Jahr 1938 abgelöst hat.

3

a) Im Ladenschlussgesetz des Bundes gibt § 17 Abs. 4 LadSchlG vor, dass Beschäftigte die Freistellung an einem Samstag im Monat verlangen können. In anderen Bestimmungen des Gesetzes finden sich Regelungen zu Sonn- und Feiertagen, zur Höchstzeit der Beschäftigung in Verkaufsstellen während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten sowie 30 Minuten darüber hinaus und zur maximalen Tagesarbeitszeit. Für Betriebe, die an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein dürfen, wird auch die maximale Anzahl der Beschäftigungstage pro Jahr festgelegt und für den Einsatz an Sonn- und Feiertagen ist ein Ausgleich durch Freistellungen an Werktagen vorgesehen. § 17 Abs. 4 LadSchlG lautet:

(4) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen können verlangen, in jedem Kalendermonat an einem Samstag von der Beschäftigung freigestellt zu werden.

4

b) Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG; BGBl I 1994, S. 1170, zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. April 2013, BGBl I S. 868), regelt allgemein für alle abhängig Beschäftigten die Arbeitszeiten an Werktagen, zu denen auch der Samstag zählt (§§ 3 bis 8 ArbZG); dazu kommen Regelungen über die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen (§§ 9 bis 13 ArbZG). Ein Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und weiterer Abgeordneter vom 28. Juni 1993 enthielt den Vorschlag, in das Gesetz zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes die bislang in § 17 LadSchlG geregelte Möglichkeit der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen aufzunehmen und § 17 LadSchlG aufzuheben (BTDrucks 12/5282, S. 6 und 8). Gleiches schlug der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 24. September 1993 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. Oktober 1993 vor, die diesen Vorschlag aber nicht aufgegriffen hat (BTDrucks 12/5888, S. 41, 7 und 8). Eine solche Neuregelung kam nicht zustande.

5

2. Im Zuge der Föderalismusreform wurden die Gesetzgebungskompetenzen für den Ladenschluss geändert. Die Kompetenz für das "Recht des Ladenschlusses" wurde aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. herausgenommen und damit in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übertragen (vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl I S. 2034). Die Reform ging insgesamt auf die Initiative der Länder zurück, wonach die bundesstaatliche Ordnung einer kritischen Prüfung unterzogen werden sollte, um den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen. Im Oktober 2003 wurde die "Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" eingesetzt. Dort schlugen die Länder Berlin und Baden-Württemberg im Januar 2004 vor, die Kompetenz für den Ladenschluss auf die Länder zu übertragen (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, Anlage CD-Rom Zusatzmaterial/Arbeitsunterlagen/AU 15); die für das Recht des Ladenschlusses zuständige Arbeitsgruppe behandelte das Thema erstmals im April 2004. Im Ergebnis sahen die Länder und einige Sachverständige das Ladenschlussrecht als Materie an, die auf die Länder übertragen werden könne (a.a.O., S. 444 ff.); dem schloss sich die Bundesregierung später an (a.a.O., Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Ergebnisvermerk der Projektgruppen/PG 5/5. Sitzung, S. 4). Da insgesamt keine Einigung erreicht werden konnte, erklärte die Kommission ihre Arbeit zwar im November 2005 ohne konkretes Ergebnis für beendet. Der von den Vorsitzenden der Kommission erarbeitete Kompromissvorschlag enthielt aber bereits den Wortlaut des späteren Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (a.a.O., Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Sprechzettel der Vorsitzenden/Sprechzettel vom 3.12.2004). Später wurde dies aufgegriffen und Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. dementsprechend durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) geändert, das am 1. September 2006 in Kraft trat.

6

3. Nachfolgend erließen 15 Länder Ladenschluss- oder Ladenöffnungsgesetze. Derzeit hat einzig Bayern keine eigenen Regelungen erlassen; dort gilt weiterhin das Ladenschlussgesetz des Bundes.

7

a) Das in der Bundesregierung für die Regelungsmaterie zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 gegenüber dem entsprechend zuständigen Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit erklärt, es gehe zwar von einer fortbestehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Vorschriften zur Arbeitszeit aus, sehe aber keine abschließende Bundesregelung. Es sei sinnvoll, Ladenschluss und Arbeitszeit gemeinsam zu regeln, weshalb der Bund derzeit keine Initiative zur Regelung der besonderen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen für die Beschäftigten im Einzelhandel plane, das Thema aber im Hinblick auf seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz im Auge behalte.

8

b) Der thüringische Landesgesetzgeber verabschiedete am 24. November 2006 das Thüringer Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG; GVBl S. 541). Zur Arbeitszeit in Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen regelt § 12 Abs. 1 Satz 1 ThürLadÖffG, dass eine Beschäftigung nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und in Ausnahmefällen 30 Minuten darüber hinaus erfolgen darf. Im Übrigen verweist § 12 Abs. 2 Satz 1 ThürLadÖffG auf die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes des Bundes; § 12 Abs. 2 Satz 2 ThürLadÖffG begrenzt die Beschäftigung einzelner Personen auf höchstens 22 Sonn- und Feiertage jährlich. Im Jahr 2011 hat der Landesgesetzgeber den vorliegend angegriffenen § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG eingefügt. Nach Satz 1 sind für im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei, wovon nach Satz 2 im Verordnungswege Ausnahmen zugelassen werden können; nach Satz 3 müssen Belange der Beschäftigten und insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beachtet werden. Die vollständige Regelung lautet:

§ 12 Besonderer Arbeitnehmerschutz

(1) In Verkaufsstellen dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen nur während der ausnahmsweise zugelassenen Öffnungszeiten und, falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten unerlässlich ist, während insgesamt weiterer 30 Minuten beschäftigt werden. Die Dauer der Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers darf acht Stunden nicht überschreiten.

(2) Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen finden die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend Anwendung. Eine Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers ist jährlich an höchstens 22 Sonn- und gesetzlichen Feiertagen erlaubt.

(3) Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Das für das Ladenöffnungsrecht zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. Bei der Häufigkeit der Arbeitseinsätze an Werktagen ab 20.00 Uhr sowie der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen hat der Arbeitgeber die sozialen Belange der Beschäftigten, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu berücksichtigen.

9

Die Länder haben die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen ansonsten weitgehend freigegeben. Durch das Gesetz Thüringens wurde eine Öffnung der Geschäfte von Montag 0:00 Uhr bis Samstag 20:00 Uhr ermöglicht. Gesetzliche Vorgaben zum Ladenschluss gerade an Werktagen gibt es im Übrigen in Bayern, wo das Ladenschlussgesetz des Bundes fortgilt, landesrechtlich sonst in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Hinsichtlich der möglichen Arbeitszeiten an Samstagen enthält das Gesetz Mecklenburg-Vorpommerns die Vorgabe, dass ein Wochenende im Monat frei bleiben muss, in Hamburg, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bremen existieren § 17 Abs. 4 LadSchlG entsprechende Regelungen. An Sonn- und Feiertagen lassen die Ladenöffnungsgesetze der Länder für den Verkauf von bestimmten Waren (Zeitungen, Backwaren, Blumen und Pflanzen, landwirtschaftliche Produkte, Milch- und Milcherzeugnisse) und für Verkaufsstellen in besonderen Lagen (in Bahnhöfen, Fernbahnhöfen, Flughäfen und in Apotheken, an Tankstellen und in Touristenregionen) begrenzte Öffnungszeiten zu. Zudem können in den Ländern unterschiedlich viele verkaufsoffene Sonntage allgemein freigegeben werden. Die tatsächlichen Öffnungszeiten der Verkaufsstätten variieren stark; sie schöpfen die zulässigen Ladenöffnungszeiten nicht aus.

II.

10

Die Beschwerdeführerin betreibt als ein Unternehmen der Möbelbranche bundesweit Verkaufsstellen, unter anderem in E… in Thüringen.

11

Dieses Möbelhaus hat wochentags einschließlich samstags von 10:00 bis 19:00 Uhr und an verkaufsoffenen Sonntagen in der Regel von 13:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde waren dort insgesamt 125 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, davon 90 im Verkauf und zwölf im Kassenbereich. Insgesamt 44 % der Beschäftigten waren in Teilzeit tätig.

12

Die Vergütung im Verkauf erfolgt provisionsabhängig, wobei das Unternehmen eine monatliche und eine jährliche Mindestvergütung garantiert. Der höchste Umsatzanteil mit 45 % des wöchentlichen Umsatzes fällt nach Angaben der Beschwerdeführerin auf den Samstag. Die Ursache hierfür sei, dass das Einkaufen von Einrichtungsgegenständen heutzutage weniger als notwendige Tätigkeit und auch nicht als Entscheidung Einzelner, sondern häufig als Freizeitbeschäftigung mit Erlebniswert für die ganze Familie angesehen werde. Aufgrund der starken Kundenfrequenz gebe es an Samstagen einen hohen Verkaufsberatungsbedarf. Daher seien im Betrieb in E… in der Vergangenheit samstags rund 80 Beschäftigte im Verkauf tätig gewesen, die aufgrund des Vergütungsmodells bei hohem Umsatz auch erhebliche Provisionsgewinne hätten erzielen können.

III.

13

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 12 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG. Die unmittelbar angegriffene Regelung sei formell verfassungswidrig. Dem Land Thüringen fehle die für einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit oder in Art. 9 Abs. 3 GG erforderliche Gesetzgebungskompetenz. § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG sei eine arbeitszeitrechtliche Regelung, die unter die bereits in Anspruch genommene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Arbeitsrecht aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG falle. Die Regelungskompetenz für die Arbeitszeit an Wochenenden sei den Ländern durch die Föderalismusreform mit der Verschiebung der Gesetzgebungszuständigkeit für den Ladenschluss nicht mit übertragen worden. Zudem verstoße die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn die Beschwerdeführerin werde im Vergleich zu Betreibern von Verkaufsstellen mit abhängig Beschäftigten außerhalb Thüringens benachteiligt.

14

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie sei seit Inkrafttreten des in § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG geregelten Beschäftigungsverbots mit massiven Problemen konfrontiert. Die Regelung belaste sie selbst, aber auch einen Großteil der Beschäftigten. Die bislang an mehr als zwei - hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten attraktiven - Samstagen tätigen Beschäftigten verlören in erheblichem Maße Provisionen. Da an den übrigen Wochentagen kein Bedarf für weitere Einsätze bestehe, müssten sie ihre Arbeitszeit reduzieren, was wiederum die Mindestvergütung herabsetze. Das wirke sich insbesondere für Teilzeitkräfte negativ aus, die ihre Provisionen zum größten Teil an Samstagen erwirtschafteten. Es sei zudem unmöglich, an Samstagen ausreichend erfahrene Kräfte einzusetzen. Neue Kräfte ausschließlich für die Samstage seien nicht nur unerfahren, sondern auch nicht zu gewinnen, da eine solche Beschäftigung zu geringfügig sei. Die Beschränkung der Samstagsarbeit führe so dazu, dass die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin unattraktiv werde. Zudem belaste sie die Beschwerdeführerin mit erheblichen Kosten. Die Fixkosten blieben gleich oder stiegen, etwa durch die Einstellung von weiteren Aushilfskräften. Ohne erfahrene Beschäftigte an Samstagen könne sie ihre qualitativ hochwertige Verkaufsberatung nicht aufrechterhalten. Es stehe zu befürchten, dass Kunden in benachbarte Einkaufsstädte in anderen Ländern abwanderten, denn im Möbeleinzelhandel würden ohne weiteres 90 Minuten Fahrzeit in Kauf genommen. Wenn die Anzahl der zur Verfügung stehenden Verkaufsberater und -beraterinnen um 50 % abgesenkt werden müsse, führe dies zu einem Umsatzrückgang von 20 bis 25 %.

IV.

15

Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Landesregierung des Freistaats Thüringen, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Handelsverband Deutschland Stellung genommen.

16

1. Die Landesregierung des Freistaats Thüringen hält die Verfassungsbeschwerde bereits mangels hinreichender Begründung für unzulässig, denn Ausführungen zu den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 1 GG fehlten. Die Regelung verstoße aber auch nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Arbeitnehmerschutzvorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG unterfalle nach ihrem Wortlaut dem Recht des Ladenschlusses gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Der verfassungsändernde Gesetzgeber habe die Zuständigkeit für das Ladenschlussrecht genau in dem Umfang rezipiert und auf die Länder zurückverlagern wollen, wie dies bisher durch Bundesgesetz geregelt war. Das Ladenschlussrecht habe zum Zeitpunkt des Zuständigkeitstransfers nicht nur Wirtschaftsrecht, sondern auch spezielles, für den Einzelhandel geltendes Arbeitsschutzrecht umfasst. Mit dem "Recht des Ladenschlusses" würden die beiden traditionellen Kompetenzgehalte Wirtschaft und Arbeitsschutz inkorporiert. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber diesen Zusammenhang habe auflösen wollen. Für ihn spreche auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung von Kompetenznormen, nach der sachlich Zusammenhängendes nicht durch begriffsjuristische Engführung auseinandergerissen werden solle (Verweis auf BVerfGE 97, 228; 97, 332). Eine Landeskompetenz sei aber selbst dann gegeben, wenn die angegriffene Regelung dem Arbeitsschutz im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zuzuordnen wäre. Dann hätte der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht abschließend Gebrauch gemacht.

17

2. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund sehen keine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin durch § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG. Für die Regelung der Arbeitszeit an Samstagen sei eine Gesetzgebungskompetenz des Landes gegeben, denn es fehle an einer sperrenden Regelung des Bundes. Mit der Föderalismusreform seien die Kompetenzzuordnungen für den Ladenschluss und den Arbeitsschutz auseinandergefallen. Arbeitszeitrechtliche Regelungen fielen nicht unter das "Ladenschlussrecht" des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Auch eine Zuständigkeit der Länder zur Regelung der Arbeitszeiten im Einzelhandel aufgrund eines Sachzusammenhangs mit dem Ladenschluss komme nicht in Betracht. Dennoch verfüge das Land über die Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeiten an Werktagen aus Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, da der Bund von seiner Kompetenz durch das Arbeitszeitgesetz nicht abschließend Gebrauch gemacht habe. Abschließend seien lediglich die Regelungen im Hinblick auf die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen, nicht jedoch für die Werktage einschließlich des Samstags.

18

Die Regelung sei auch materiell verfassungsgemäß. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG sei durch hinreichende, dem Gewicht der Beeinträchtigung entsprechende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG sei nicht gegeben, denn dieses enthalte kein Normsetzungsmonopol.

19

3. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Handelsverband Deutschland halten die Verfassungsbeschwerde für begründet, da das Land Thüringen nicht zum Erlass von § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG gesetzgebungsbefugt sei. Als arbeitszeitrechtliche Regelung falle die Norm unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Zwischen Ladenöffnungszeiten und Arbeitszeitregelungen bestehe kein zwingender Sachzusammenhang. Der Bund habe das Arbeitszeitrecht umfassend geregelt und damit im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. Die angegriffene Regelung stelle die Einzelhandelsunternehmen in Thüringen auch vor erhebliche praktische Probleme.

B.

20

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG verstößt nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Die Vorschrift ist auch materiell mit dem Grundgesetz vereinbar.

I.

21

Die Verfassungsbeschwerde ist ausweislich ihrer Begründung auf eine Überprüfung lediglich der Sätze 1 und 2 des § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG gerichtet und insoweit zulässig.

22

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich in zulässiger Weise unmittelbar gegen die bereits in Kraft befindliche Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG, wonach im Verkauf Beschäftigte zwingend zwei Samstage im Monat arbeitsfrei gestellt werden müssen. Davon können im Verordnungswege Ausnahmen zugelassen werden. Das ist hier nicht geschehen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin durch diese Regelung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG) selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt ist. Sie betreibt eine Verkaufsstelle in Thüringen, so dass die Regelung auf sie Anwendung findet, ohne dass es eines weiteren Vollzugsaktes bedarf (vgl. BVerfGE 126, 112 <133> m.w.N.). Sie darf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - anders als in der Vergangenheit üblich - nicht an mehr als zwei Samstagen im Monat im Verkauf einsetzen.

23

2. Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert allerdings, dass vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>; 134, 242 <285 Rn. 150>; stRspr). Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 123, 148 <172> m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte aber ausnahmsweise verneint, wenn sie nicht zumutbar ist, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre. Dies kann der Fall sein, wenn der Misserfolg eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von vornherein feststeht, weil die Norm der Verwaltung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. BVerfGE 123, 148 <172>). Wirft ein Sachverhalt allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen auf, die das Bundesverfassungsgericht letztlich zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, ist die vorherige Nutzung fachgerichtlicher Rechtsschutzmöglichkeiten auch im Hinblick auf einen in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht effektiven Rechtsschutz nicht zumutbar (vgl. BVerfGE 123, 148 <172 f.> m.w.N.). Außerdem verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nicht, dass Betroffene vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung aussetzen müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. BVerfGE 81, 70 <82 f.>; 97, 157 <165>).

24

Danach musste die Beschwerdeführerin hier vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Zwar ist ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG weder straf- noch bußgeldbewehrt, doch normiert § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG ein unmittelbar geltendes Beschäftigungsverbot ohne jeden Auslegungsspielraum. Die Beschwerdeführerin müsste bewusst gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen, um Unterlassungsverfügungen gemäß § 13 Abs. 2 ThürLadÖffG und in der Folge wohl auch Zweifel an ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zu provozieren. Auch ist hier mangels Auslegungsspielraums nicht ersichtlich, dass die weitere Fallanschauung der Fachgerichte die Entscheidungsgrundlage des Bundesverfassungsgerichts verbessern könnte. Im Mittelpunkt der Verfassungsbeschwerde stehen Fragen der Gesetzgebungskompetenz, deren Klärung ohnehin letztlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist.

25

3. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen an § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Dafür reicht es aus, dass die Beschwerdeführerin die fehlende Gesetzgebungskompetenz für die unmittelbar angegriffene Vorschrift hinreichend substantiiert gerügt hat.

II.

26

Die angegriffene Regelung ist formell und materiell verfassungsmäßig. Sie verstößt weder gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch gegen materielles Verfassungsrecht.

27

1. Die angegriffene Vorschrift kann einen Eingriff in Grundrechte rechtfertigen, denn sie ist vom Landesgesetzgeber kompetenzgemäß erlassen worden. Die Länder haben gemäß Art. 70 Abs. 1 GG das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Für die Gesetzgebungsmaterie des Ladenschlusses sind nach Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die Länder zur Gesetzgebung befugt; das Arbeitszeitrecht ist demgegenüber gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die angegriffene Regelung fällt nicht als Regelung des "Ladenschlusses" unter die Bereichsausnahme des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zugunsten der Länder, sondern ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Von dieser Kompetenz hat der Bund aber nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht (vgl., dies noch offen lassend, zum Berliner Ladenschlussrecht BVerfGE 125, 39 <88 f.>).

28

a) Die Systematik des Grundgesetzes fordert im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG (vgl. BVerfGE 12, 205 <228 f.>; 15, 1 <17>; 26, 281 <297 f.>; 42, 20 <28>; 61, 149 <174>; 132, 1 <6 Rn. 19>).

29

aa) Für die Zuweisung einer Gesetzgebungsmaterie an Bund oder Länder ist der in Betracht kommende Kompetenztitel anhand des Wortlauts, historisch, systematisch und mit Blick auf den Normzweck auszulegen (vgl. BVerfGE 109, 190 <212>). Dabei ist insbesondere das Gewicht der historischen Interpretation von der Struktur und Ausformung des Kompetenztitels abhängig. Die Regelungsgeschichte des jeweiligen Normbestandes ist weniger relevant, wenn die Kompetenzmaterie einen Lebenssachverhalt benennt, und maßgeblicher, wenn die Regelungsmaterie normativ-rezeptiv einen vorgefundenen Normbereich aufgegriffen hat; dann kommt dem Gesichtspunkt des Traditionellen oder Herkömmlichen wesentliche Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 3, 407 <414 f.>; 61, 149 <175>; 97, 198 <219>; 106, 62 <105>; 109, 190 <213>; 134, 33 <55 Rn. 55>). Hat der Verfassungsgeber also eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie als solche nachvollziehend im Kompetenztitel benannt, ist davon auszugehen, dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznormen bestimmt (vgl. BVerfGE 109, 190 <218>).

30

bb) Bei der Zuordnung von Gesetzesmaterien zu Kompetenznormen dürfen die einzelnen Vorschriften eines Gesetzes allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Ausschlaggebend ist vielmehr der Regelungszusammenhang. Eine Teilregelung, die bei isolierter Betrachtung einer Materie zuzurechnen wäre, für die der Kompetenzträger nicht zuständig ist, kann nur dann gleichwohl in seine Kompetenz fallen, wenn sie mit dem kompetenzbegründenden Schwerpunkt der Gesamtregelung derart eng verzahnt ist, dass sie als Teil dieser Gesamtregelung erscheint (vgl. BVerfGE 97, 228 <251 f.>; 97, 332 <342 f.>; 98, 265 <299>). Daneben kann eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz als Kompetenz kraft Sachzusammenhangs bestehen. Sie stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 98, 265 <299>). Ein solcher Sachzusammenhang kann auch eine Kompetenz der Länder begründen (vgl. BVerfGE 7, 29 <38 ff.>; 28, 119 <145 ff.>).

31

b) Danach ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen für § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG vorliegend nicht aus Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Die angegriffene Regelung lässt sich weder dem "Recht des Ladenschlusses" als ausdrückliche Ausnahme von der konkurrierenden Gesetzgebung zuordnen noch ist sie mit den übrigen ladenschlussrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zwingend kompetenzbegründend verzahnt. Der Landesgesetzgeber verfügt hier auch nicht über eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs.

32

aa) Das Grundgesetz selbst bestimmt den Begriff "Ladenschluss" nicht näher. Nach dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wird mit dem Begriff "Ladenschluss" der gesetzlich geregelte Rahmen der täglichen Verkaufszeit in Einzelhandelsgeschäften umschrieben. Beschäftigungsbedingungen sind dem gängigen Wortsinn nach hiervon nicht umfasst.

33

bb) Gegen die Zuordnung arbeitszeitrechtlicher Regelungen zum Kompetenztitel Ladenschluss spricht - entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen (Urteil vom 21. Juni 2012 - Vf. 77-II-11 -, juris, Rn. 97) - auch die Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Über das gängige Wortverständnis hinaus sind für die Zuordnung zudem das rechtliche und historische Umfeld sowie die Zielrichtung einer Verfassungsnorm von Bedeutung (vgl. BVerfGE 74, 102 <116>; 83, 119 <126>). Hier ist zu berücksichtigen, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber in Ansehung des damaligen Ladenschlussgesetzes lediglich eine Kompetenznorm zugunsten des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) verändert hat, obwohl das Gesetz stets aufzwei Kompetenztitel (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) gestützt wurde. Das Ladenschlussgesetz war sowohl dem Arbeitsschutz als auch dem Handel zugeordnet; es sollte zum einen zur Schaffung funktionierender Wettbewerbsverhältnisse einer übermäßigen Konkurrenz durch beliebige Ladenöffnungszeiten entgegensteuern sowie zum anderen dem Arbeitsschutz dienen (vgl. BVerfGE 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daraus ergab sich für die damaligen Vorschriften der §§ 1 - 16, 19, 20 LadSchlG eine - verfassungsrechtlich im Grundsatz unproblematische (vgl. BVerfGE 103, 197 <215 f.>) - doppelte Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes sowohl aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. als auch zugleich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (vgl. BVerfGE 1, 283 <292>; 13, 230 <233>; 13, 237 <239>; 111, 10 <28>). Daneben gibt es im Ladenschlussgesetz aber auch Regeln über speziell arbeitsschutzrechtliche Aspekte (§ 17 LadSchlG), die immer schonausschließlich dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zugeordnet waren.

34

Der Zuständigkeitstransfer im Rahmen der Föderalismusreform hat nicht beide Kompetenzgrundlagen erfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Verfassungsänderung zur Kompetenz für den Ladenschluss die Zuständigkeit für alle bislang im Ladenschlussgesetz des Bundes getroffenen Regelungen auf die Landesgesetzgeber übergehen sollte. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hatte hier ausschließlich die handelsbezogenen Aspekte des Ladenschlussrechts im Blick. In den Arbeitsgruppen und Projektgruppen der Föderalismusreform bezogen sich die politischen Beratungen wie auch die Aussprachen auf die allgemeinen Begriffe "Ladenschluss", "Ladenöffnung" oder "Ladenschlussrecht" (Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, S. 356, 360, 370 - 372, 444 ff.; Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/Protokollvermerke der AG 1/7. Sitzung, S. 22 f.) im Sinne der Möglichkeiten des Handels. Nur an einer Stelle wird pauschal auf die "Übertragung des Ladenschlussgesetzes" (a.a.O., S. 444 - Schmitz -) verwiesen. Die einstige regulatorische Entscheidung des Bundesgesetzgebers, innerhalb des Ladenschlussgesetzes und nicht etwa im Arbeitszeitgesetz Vorgaben zu den Arbeitszeiten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen für Verkaufsstellen zu normieren, ist für die neue kompetenzrechtliche Zuordnung im Zuge der Föderalismusreform damit nicht prägend geworden.

35

Der Zuständigkeitstransfer wurde zudem ausschließlich im Rahmen von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. und an keiner Stelle im Zusammenhang mit dem Kompetenztitel für das Arbeitsschutzrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG diskutiert; diese Kompetenz verblieb vielmehr unangetastet beim Bund. Auch in der Begründung des 52. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes 2006 (BTDrucks 16/813, S. 13) finden sich keine Hinweise darauf, dass durch die veränderte Zuständigkeit für das "Recht des Ladenschlusses" auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG berührt sein könnte. Ziel des verfassungsändernden Gesetzgebers war es vielmehr, Gesetzgebungskompetenzen wegen nur regionaler Auswirkungen auf die Länder zu übertragen, und dies nur insoweit, wie das Prinzip der Wirtschaftseinheit nicht gefährdet werde (vgl. BTDrucks 16/813, S. 9; Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, S. 356 - Kröning und Funke -, S. 371, 446 - Huber -; Anlage CD-Rom Dokumentation/Zusatzmaterial/ Protokollvermerke der AG 1/7. Sitzung, S. 22 f.). Dies trifft auf den Ladenschluss zu, nicht aber auf den Arbeitsschutz als Teil des Arbeitsrechts oder auf das spezielle Arbeitszeitrecht.

36

cc) Auch der Vergleich zu anderen Gesetzgebungsmaterien, die mit der Föderalismusreform anknüpfend an einen gewerberechtlichen Bestand von der konkurrierenden Gesetzgebung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausgenommen wurden (das Recht "der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte"), spricht dafür, dass die konkurrierende Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeit auch für den Einzelhandel beim Bund verblieben ist. Benannt wurden ausschließlich Materien des Wirtschaftsrechts, die insofern einheitlich Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. und nicht mehreren Kompetenztiteln zugeordnet waren.

37

dd) Der Zweck der Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, eine neu konturierte, klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft zu erzielen, steht einer nunmehr divergierenden Kompetenz für Ladenschluss im Wortsinn einerseits und Arbeitszeitregelungen andererseits nicht entgegen. Zwar können strenge arbeitszeitrechtliche Vorgaben des Bundes faktisch Ladenschlussregelungen sein und so die Länderzuständigkeit für den Ladenschluss begrenzen. Allerdings träfe dies nur Unternehmen mit abhängig Beschäftigten, denn für Selbständige gelten die arbeitnehmerschützenden Bestimmungen nicht. Zudem stießen arbeitszeitrechtliche Regelungen, die einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in den Ländern deutlich entgegengesetzt wären, wegen des bei der Ausübung der Gesetzgebungskompetenzen regelmäßig geltenden Gebots wechselseitiger bundesstaatlicher Rücksichtnahme auf verfassungsrechtliche Grenzen (vgl. BVerfGE 43, 291 <348>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>).

38

ee) Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich weder aus einer engen Verzahnung von § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG mit den übrigen, der Materie des Ladenschlusses zuzuordnenden Vorschriften des Gesetzes (1) noch kraft Sachzusammenhangs (2). Der arbeitszeitliche Ausgleich für den Einsatz von Beschäftigten im Rahmen der verlängerten Ladenöffnung an Samstagen, den das Land Thüringen mit § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG schaffen wollte (vgl. ThürLTDrucks 5/3191, S. 9), ist keine unerlässliche Bedingung für diese Verlängerung von Ladenöffnungszeiten.

39

(1) Eine Regelung der samstäglichen Arbeitszeit im Wege eines Freistellungsanspruchs ist mit dem Ladenschlussrecht nicht derart zwingend verzahnt, dass sie von der diesbezüglichen geschriebenen Gesetzgebungskompetenz der Länder mit erfasst wäre. Es handelt sich lediglich um Materien, die aufeinander wirken, aber nicht zwingend zusammen geregelt werden müssen. Das Auseinanderfallen von Gesetzgebungskompetenzen in Bereichen, die einander beeinflussen, ist dem Grundgesetz nicht fremd. So regelt der Bund etwa Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen im Rettungswesen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG oder in den Gaststätten in § 10 Abs. 1 Nr. 4 ArbZG ungeachtet der im Übrigen bestehenden Landeskompetenzen für diese Materien. Die Landesgesetzgeber sind auch nicht gehindert, von ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss Gebrauch zu machen, wenn sie nicht zugleich Regelungen zur Arbeitszeit treffen können. Vielmehr haben die Länder den Ladenschluss größtenteils neu geregelt, ohne jeweils auch den Arbeitsschutz neu zu fassen. Die Mehrzahl der Länder hat die Ladenöffnung an Werktagen weitgehend freigegeben, ohne die Beschäftigungsmöglichkeiten an Samstagen in größerem Maße einzuschränken, als dies durch § 17 Abs. 4 LadSchlG der Fall ist.

40

(2) Eine Landeskompetenz ergibt sich auch nicht kraft Sachzusammenhangs. Zwar liegt es nicht fern, auch die Arbeitszeit zu regeln, wenn der Ladenschluss normiert wird. Doch genügen reine Zweckmäßigkeitserwägungen zur Begründung von Gesetzgebungskompetenzen aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs nicht (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>). Notwendig ist vielmehr, dass das Übergreifen in den Kompetenzbereich des Bundes für den Arbeitsschutz unerlässlich ist, um eine Regelung des Ladenschlusses verständigerweise treffen zu können. Daran fehlt es hier. Arbeitszeitrechtliche Regelungen erfassen weite Teile des Arbeitslebens und sind nicht ladenschlussspezifisch. Ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag für Sonn- und Feiertage ist hier nicht einschlägig (dazu BVerfGE 125, 39 <80 ff.>; SächsVerfGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - Vf. 77-II-11 -, juris, Rn. 98).

41

c) Für die Regelungen in § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG besteht gleichwohl eine Gesetzgebungskompetenz des Landes Thüringen. Der Bund hat zwar nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für arbeitszeitrechtliche Vorschriften zum Einsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Samstagen. Er hat von dieser jedoch nicht abschließend im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht. Der Bund hat die Arbeitszeiten nicht erkennbar erschöpfend geregelt. Damit ist dem Land die Regelungskompetenz derzeit auch durch den weiterhin geltenden § 17 Abs. 4 LadSchlG nicht vollständig entzogen.

42

aa) Zwar darf der Bund die Arbeitszeiten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) regeln, ohne dass dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist (Art. 72 Abs. 2 GG). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG allerdings die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner in Art. 74 GG benannten Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

43

Ein Gebrauchmachen von einer Gesetzgebungskompetenz in einer den Landesgesetzgeber im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG ausschließenden Weise liegt vor, wenn ein Bundesgesetz eine bestimmte Frage erschöpfend regelt (vgl. BVerfGE 7, 342 <347>; 20, 238 <248>; 49, 343 <359>; 67, 299 <324>). Auch diese Vorgabe ist zur Sicherung einer klaren vertikalen Kompetenzordnung strikt auszulegen (dazu oben II 1 a). Die Sperrwirkung für die Länder setzt voraus, dass der erschöpfende Gebrauch der Kompetenz durch den Bund hinreichend erkennbar ist (vgl. BVerfGE 98, 265 <301>). Bloße Wert- und Zielvorstellungen entfalten keine Sperrwirkung (vgl. BVerfGE 49, 343 <359>). Eine erschöpfende Regelung kann allerdings positiv durch eine Regelung erfolgen oder negativ durch das Unterlassen einer Regelung (vgl. BVerfGE 2, 232 <236>; 34, 9 <28>); auch durch absichtsvollen Regelungsverzicht kann eine Kompetenzmaterie erschöpft sein (vgl. BVerfGE 32, 319 <327 f.>; 98, 265 <300>).

44

Die Sperrwirkung tritt nach Art. 72 Abs. 1 GG ein, solange und soweit der Bund die Materie regelt; sie ist also zeitlich und sachlich begrenzt. Maßgeblich für die Bestimmung ihrer Reichweite sind die gesetzliche Regelung selbst und der hinter ihr stehende Regelungszweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte (vgl. BVerfGE 98, 265 <300>; 109, 190 <230 f.>). Entscheidend ist, dass ein bestimmter Sachbereich tatsächlich umfassend und lückenlos geregelt ist oder nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte (BVerfGE 102, 99 <115>). Der abschließende Charakter einer Regelung bestimmt sich insofern nach einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes (vgl. BVerfGE 67, 299 <324>; 98, 265 <301>; 102, 99 <114>; 109, 190 <229>) und kann auch durch mehrere zusammenwirkende Gesetze erreicht werden (vgl. BVerfGE 34, 9 <28>). Ist die Regelung abschließend, ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, die Materie ergänzend oder unter neuen Gesichtspunkten zu regeln; das Grundgesetz weist den Ländern nicht die Aufgabe zu, Entscheidungen des Bundesgesetzgebers nachzubessern (vgl. BVerfGE 36, 193 <211 ff.>; 102, 99 <115>).

45

bb) Hiernach ergibt sich aus der Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG gegenüber den Ländern keine Sperrwirkung, soweit die Länder eine über den dort bundesgesetzlich vorgesehenen Freistellungsanspruch von nur einem Samstag im Monat hinausgehende Freistellung von Samstagsarbeit in Verkaufsstellen gesetzlich vorschreiben. Zwar hatte die bundesrechtliche Regelung zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung insofern faktisch abschließende Wirkung, als die Länder damals keine Regelungskompetenz für den Ladenschluss hatten. Doch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass § 17 Abs. 4 LadSchlG nach der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen für den Ladenschluss auf die Länder in der hier zu entscheidenden Frage der Beschäftigung im Einzelhandel an Samstagen abschließend gelten soll. Der Bundesgesetzgeber musste sich darüber zum damaligen Zeitpunkt schlicht keine Gedanken machen; weder war die Regelung damals aus der Sicht des Gesetzgebers bewusst abschließend konzipiert noch ist sie heute objektiv eindeutig als abschließend zu verstehen. Es liegt damit also keine verfassungsrechtlich unzulässige nachträgliche Umdeutung (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>), sondern ein Handeln in einer umfassend veränderten legislativen Situation vor.

46

Die bundesgesetzliche Norm beschränkt nach ihrem Wortlaut den Freistellungsanspruch auf einen Samstag im Kalendermonat, legt aber objektiv nicht ausdrücklich fest, dass dies als abschließende Vorgabe für eine diesbezüglich zwingende Arbeitszeitregelung zu verstehen ist. Ein Anhaltspunkt, dass der Freistellungsanspruch auf genau einen Samstag begrenzt sein soll, ist der Regelung nicht zu entnehmen. Insofern lässt sich die Regelung auch als eine bloße Minimalgarantie verstehen. Ausweislich der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit im Deutschen Bundestag zur Erweiterung der Ladenöffnungszeiten am Samstag sollte ein gesetzlicher Anspruch eingeführt werden, der "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen soll" (BTDrucks 15/591, S. 2).

47

Die Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG bezieht sich, wird er im Zusammenhang mit den übrigen arbeitszeitrechtlichen Vorgaben des § 17 LadSchlG betrachtet, zudem erkennbar auf die damals geltenden bundeseinheitlichen Bestimmungen zum Ladenschluss. Dieser Normenkomplex ist jedoch als Grundlage für die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben im Wege der Föderalismusreform entfallen. Auch das steht der Annahme entgegen, es liege unter den Bedingungen der heutigen Kompetenzverteilung eine klar erkennbare abschließende Bundesregelung vor.

48

Die Regelungsgeschichte spricht ebenfalls nicht für eine eindeutig abschließende Regelung des Bundes, die eine Regelung der Länder sperren würde. Vorgaben zur Arbeitszeit finden sich seit jeher in mehreren gesetzlichen Regelungen (dazu oben A I 1). So gelten neben dem Arbeitszeitgesetz des Bundes besondere Vorschriften für Jugendliche im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und Sonderregelungen für werdende und stillende Mütter im Mutterschutzgesetz (MuSchG). Desgleichen ist § 17 LadSchlG eine Sonderregelung für Verkaufsstellen des Einzelhandels. Da der Bund für diese bis zur Föderalismusreform eine Regelungskompetenz besaß, ohne dass die Länder daneben über eine solche Kompetenz verfügten, kam es auf den Charakter der Regelung im Verhältnis zu eventuell unterschiedlichen Vorstellungen der Länder überhaupt nicht an.

49

Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, die bundesrechtliche Regelung zur Beschäftigung an Samstagen unter den geänderten Vorzeichen für abschließend zu halten. Jedenfalls seit der Föderalismusreform ist nicht hinreichend eindeutig erkennbar, dass die alten Bundesregelungen abschließenden Charakter haben. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes im Jahr 1993 hat der Bund die Möglichkeit einer Vereinheitlichung und Klarstellung der Reichweite der Ausnahmen vom generellen Beschäftigungsverbot an Sonntagen ungenutzt gelassen (dazu oben A I 1 b; anders hingegen die Konstellation in BVerfGE 109, 190 <231>, wo eine umfassende Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung durch den Bund vor Verabschiedung eines entsprechenden Landesgesetzes anzeigte, dass eine abschließende Regelung vorlag). Auch nach dem Zuständigkeitstransfer durch die Föderalismusreform ist eine solche Klarstellung mit Blick auf eine klare Kompetenzabgrenzung nicht erfolgt. Vielmehr ist nicht nur das Land Thüringen nachfolgend davon ausgegangen, dass eigene Regeln zur Samstagsarbeit zum Ausgleich der Folgen weiter liberalisierter Ladenöffnungszeiten nicht durch Bundesrecht gesperrt seien. Auch das fachlich zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat aus der Perspektive des Bundes in einem Rundschreiben vom 14. Juli 2006 und darauf verweisend nochmals am 22. Februar 2012 ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass die Regelung nicht abschließend sei (oben A I 3 a); sie werde das Thema im Hinblick auf die eigene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz lediglich im Auge behalten. Entsprechend hat auch Mecklenburg-Vorpommern mit § 7 Abs. 5 Satz 5 LöffG (vom 18. Juni 2007, GVOBl 2007 S. 226) eine strengere Schutzvorschrift als § 17 Abs. 4 LadSchlG beschlossen und haben Hamburg (§ 9 Abs. 6 Satz 1 LÖG HA vom 22. Dezember 2006, HmbGVBl 2006 S. 611 in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 2009, HmbGVBl S. 444), Rheinland-Pfalz (§ 13 Abs. 3 LadöffnG vom 21. November 2006, GVBl 2006 S. 351), Baden-Württemberg (§ 12 Abs. 4 LadÖG vom 14. Februar 2007, GBl 2007 S. 135 in der Fassung des Gesetzes vom 10. November 2009, GBl S. 628) und Brandenburg (§ 10 Abs. 3 BbgLöG vom 27. November 2006, GVBl II 2006 S. 158 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2010, GVBl I Nr. 46) § 17 Abs. 4 LadSchlG entsprechende Regelungen erlassen. Die Länder haben mit dem Erlass von 15 unterschiedlichen Landesgesetzen das Ladenschlussrecht heterogen normiert, ohne dass der Bund eigene Regelungen zur Samstagsarbeit auf den Weg gebracht hätte, aus denen ein anderweitiger Regelungswille erkennbar würde.

50

Dem Bundesgesetzgeber ist es im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung allerdings unbenommen, einheitliche und, wenn er dies für angezeigt hält, auch abschließende arbeitszeitrechtliche Vorgaben zum Ladenschluss zu machen. Werden solche eindeutig abschließenden Bundesregelungen verabschiedet, träte gemäß Art. 72 Abs. 1 GG eine Sperrwirkung ein, die zur Nichtigkeit des bereits erlassenen Landesrechts führen würde (vgl. Huber, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 31 Rn. 29; Degenhart, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 70 Rn. 54; Kunig in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 72 Rn. 8; siehe auch Uhle, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, 1. Aufl. 2007, Art. 72 Rn. 24; Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 72 Rn. 87, für die Nichtigkeit aufgrund von Art. 31 GG vgl. Ipsen, Staatsrecht I, 26. Aufl. 2014, Rn. 726; BVerwG, Urteil vom 27. November 1992 - BVerwG 8 C 9.91 -, juris, Rn. 21).

51

cc) Da eine erschöpfende Regelung der in Rede stehenden Materie durch den Bund mithin nicht eindeutig erkennbar ist, steht Art. 72 Abs. 1 GG der Regelung des § 12 ThürLadÖffG nicht entgegen. Das im Sinne einer klaren Kompetenzverteilung strikte Verständnis der Kompetenzregeln erlaubt es nicht, eine einstmals unter anderen kompetenziellen Vorzeichen getroffene Regelung nunmehr ohne hinreichende Anhaltspunkte insbesondere im Wortlaut der Norm als erschöpfend zu verstehen. Das Land Thüringen durfte folglich in eigener Kompetenz die über § 17 Abs. 4 LadSchlG hinausgehende Vorgabe machen, dass abhängig Beschäftigte in Verkaufsstellen in Thüringen an zwei Samstagen im Monat nicht eingesetzt werden dürfen.

52

2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG ist materiell mit der Verfassung vereinbar. Sie greift zwar in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein, indem sie den gewünschten Einsatz der von ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen für den Samstag und entsprechende arbeitsrechtlich herzuleitende Befugnisse beschränkt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

53

a) Regelungen, die die Berufsausübung einschränken, sind verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind (vgl. BVerfGE 111, 10 <32>; 121, 317 <346>; stRspr). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 11 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79 m.w.N.).

54

Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit muss den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Einschränkung von Freiheitsrechten genügen, die umso strenger ausfallen, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann, während Beschränkungen allein der Berufsausübung eher zu rechtfertigen sind. Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern. Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 121, 317 <346> m.w.N.).

55

b) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch die Beschränkung der Möglichkeit der Beschwerdeführerin, nach § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen nur eingeschränkt einsetzen zu können, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

56

aa) Der Eingriff hat kein besonders hohes Gewicht. Zwar kann die Regelung für ein Unternehmen, das wie die Beschwerdeführerin insbesondere an Samstagen den höchsten Umsatz macht und im Verkauf dazu auf den Einsatz von Fachkräften angewiesen ist, nicht unerhebliche Umstellungen erforderlich werden lassen. Doch wiegt dies angesichts der vielfältigen verbleibenden Dispositionsmöglichkeiten eines Arbeitgebers über den Personaleinsatz nicht ausnehmend schwer.

57

bb) Das Gesetz zielt auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie und damit auf Gemeinwohlbelange, die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfGE 111, 10 <32>). Der Gesetzgeber will so auf die mit den Ausweitungen der Ladenöffnungszeiten verbundene Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Einzelhandel reagieren, die sowohl die Gesundheit wie das Familienleben beeinträchtigen. Die mit der Liberalisierung des Ladenschlusses verbundene Zunahme von Wochenendarbeit verlagere Arbeit in Zeiten, die der physiologischen Erholung und der sozialen Teilhabe dienen; die beschränkte Einsatzmöglichkeit an Samstagen bezwecke insofern, dem Personal möglichst weitgehend ein zusammenhängendes arbeitsfreies Wochenende zu sichern und die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern (vgl. ThürLTDrucks 5/3191, S. 9).

58

cc) Die Beschränkung der Einsatzmöglichkeit von Beschäftigten auf zwei Samstage im Monat ist verhältnismäßig.

59

Der auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung weite Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 11 BvR 1843/11 -, juris, Rn. 79) erlaubt es dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Schutzkonzeptes auch, bestimmte Sachverhalte herauszugreifen und Problemstellungen nicht flächendeckend zu regeln (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; 121, 317 <356>). Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber die Regelung für die Verfolgung seiner Ziele nicht für erforderlich halten durfte, weil sie unter verschiedenen gleich geeigneten Möglichkeiten nicht die am wenigsten belastende sei (vgl. BVerfGE 102, 197 <217>). Nach der weitgehenden Freigabe der Ladenschlusszeiten sichern die ladenschlussrechtlichen Regelungen allein jedenfalls kein arbeitsfreies Wochenende. Die angegriffene Regelung garantiert Beschäftigten in regelmäßigen, kürzeren Abständen demgegenüber ein vollständig freies Wochenende für Erholung, ein gemeinsames Familienleben und soziale Teilhabe (vgl. BVerfGE 125, 39 <82 f., 85 ff.>). Die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG bestehende Möglichkeit, Arbeitszeit betrieblich zu regeln, ist nicht gleich geeignet, dieses Ziel für alle zu erreichen; darauf hat der Gesetzgeber keinen Einfluss und ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht gibt es auch nur in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gebildet ist. Gleiches gilt für tarifvertragliche Regelungen, die eine Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit voraussetzen.

60

Die Regelung ist angemessen. Die Berufsausübungsfreiheit wird durch § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 ThürLadÖffG nur geringfügig beschränkt. Sie hindert die betroffenen Unternehmen nicht etwa daran, ihre Geschäfte an umsatzstarken Samstagen zu öffnen. Allerdings erzwingt sie organisatorische Vorkehrungen in personeller Hinsicht. Damit entstehen für die Unternehmen voraussichtlich Kosten. Auch können sich Umsatzeinbußen ergeben, wenn nicht alle erfahrenen Fachkräfte an allen besonders frequentierten Samstagen als Einkaufstag zur Verfügung stehen. Deren Einsatz hängt jedoch nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin mit davon ab, dass die unternehmerische Lohngestaltung den Verdienst bislang in erster Linie an Verkaufsprovisionen koppelt; wäre mit der Freistellung an zwei Samstagen kein besonderer Verdienstverlust verbunden, wäre auch eine andere Einsatzmotivation und Einsatzplanung des Personals zu erwarten. Es ist auch insofern nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn der Gesetzgeber die erheblichen Belange des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als überwiegend erachtet. Vor dem Hintergrund der Flexibilisierung der Arbeitszeiten und der Ausweitung von Ladenöffnungszeiten kann der Gesetzgeber der Möglichkeit zur Erholung und sozialen Teilhabe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend große Bedeutung beimessen. Insofern müssen sich Regeln zur Freistellung an Samstagen auch an der aus Art. 6 Abs. 2 GG resultierenden Schutzpflicht des Gesetzgebers zugunsten von Familien mit Kindern orientieren, wonach der Gesetzgeber dafür Sorge tragen muss, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbar sind (vgl. BVerfGE 88, 203 <260>). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die angegriffene Regelung in Familien nicht nur die erwünschten positiven Wirkungen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat, sondern auch negative Effekte, da sie einer flexiblen Aufteilung von Betreuungsaufgaben im Wege stehen kann. Der Gesetzgeber hat insofern auch mögliche faktische Diskriminierungen zu berücksichtigen, die von Schutzgesetzen zugunsten von Frauen ausgehen können (vgl. BVerfGE 85, 191 <209>; 109, 64 <90>). Vorliegend überschreitet der Gesetzgeber seinen Ausgestaltungsspielraum jedoch nicht, wenn er zur Arbeitszeit im Handel an Wochenenden normativ begrenzte Vorgaben macht.

61

3. Die angegriffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil in anderen Bundesländern geringere Beschränkungen der Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Samstagen bestehen. Der Gleichheitssatz wird nicht verletzt, wenn ein Landesgesetzgeber innerhalb seines Kompetenzbereiches von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen trifft, auch wenn dadurch die Einwohnerinnen und Einwohner seines Landes mehr belastet oder begünstigt werden (vgl. BVerfGE 32, 346 <360>; 33, 224 <231>; stRspr). Vielmehr sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt, denn die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaats (vgl. BVerfGE 134, 1 <21 Rn. 61>). Daneben ist eine branchenspezifische Ungleichbehandlung innerhalb des Landes nicht ersichtlich.

62

4. Eine Verletzung des Grundrechts der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG liegt nicht vor. Art. 9 Abs. 3 GG schützt koalitionsspezifische Betätigungen (vgl. BVerfGE 84, 212 <224>) und der Staat überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen (vgl. BVerfGE 94, 268 <283>). Es ist jedoch weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die hier angegriffene Regelung einen Handlungsrahmen stecken würde, der die Koalitionsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen würde.

63

Im Ergebnis ist die angegriffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar.

C.

64

Die Entscheidung ist zu B II 1 c und damit im Ergebnis mit 5 : 3 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

1

Der Beschluss ist weder mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes noch mit der dazu bisher ergangenen Rechtsprechung beider Senate (vgl. insbesondere BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>) vereinbar. Bedauerlicherweise kann ich ihm daher größtenteils nicht zustimmen.

2

Der Senatsbeschluss räumt dem Landesgesetzgeber eine Befugnis zu einer Arbeitszeitregelung ein, die das Grundgesetz dem Bund zugewiesen und von der der Bundesgesetzgeber abschließend Gebrauch gemacht hat. Daran hat sich auch durch die Grundgesetzänderung im Zuge der Föderalismusreform nichts geändert (I). Darüber hinaus weicht das Gesetz durch die Ersetzung des subjektiven Rechts auf einen arbeitsfreien Samstag im Monat durch ein absolutes Verbot der Arbeit an zwei Samstagen von der bundesrechtlichen Regelung ab, ohne dass die dafür erforderliche Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 GG gegeben ist (II). Mangels Landeskompetenz kann offen bleiben, ob die Grundrechtsabwägung von Landesgesetzgeber und Senat mangels Berücksichtigung der Beeinträchtigung des Rechts auf Berufsausübung auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den weiten Spielraum des Gesetzgebers in Fragen der Arbeitszeitregelung überschritten hat (III).

I.

3

§ 17 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes kann sich auf eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes stützen, die durch die Föderalismusreform nicht entfallen ist (1). Die Bundesregelung ist abschließend, so dass gemäß Art. 72 Abs. 2 GG kein Raum für eine Landesregelung bleibt. Dies geht sowohl aus dem Wortlaut der Norm als auch aus der Gesetzgebungsgeschichte hervor, die der Beschluss nur unvollständig rezipiert (2). Daran hat sich durch die Föderalismusreform nichts geändert. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzesklarheit für eine Öffnung zugunsten der Länder ein ausdrückliches Gesetz verlangt (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>), an dem es hier fehlt (3).

4

1. Dem Mehrheitsbeschluss ist insoweit zuzustimmen, als er darlegt, dass der Verfassungsgeber in der Föderalismusreform das "Recht des Ladenschlusses" aus der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes herausgenommen (siehe Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG), es aber bei der konkurrierenden Bundeskompetenz für die Arbeitszeitregelung auch im Zusammenhang mit dem Ladenschluss belassen hat. Aus der Subtraktion des "Rechts des Ladenschlusses" vom Recht der Wirtschaft in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG kann keine Addition der Arbeitszeitregelung zum Recht des Ladenschlusses abgeleitet werden.

5

2. Der Bund hat von seiner Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zur Arbeitszeitregelung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG abschließend Gebrauch gemacht. § 17 Abs. 4 LadSchlG ist abschließend konzipiert. Nach der Rechtsprechung beider Senate ist für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <230>).

6

Der Bund hat den Sachbereich der Samstagsarbeit in § 17 Abs. 4 LadSchlG vollständig geregelt, indem er Beschäftigten im Einzelhandel einen individuellen Anspruch auf einen freien Samstag im Monat eingeräumt hat (vgl. Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, LadSchlG, Vorbemerkung Rn. 1 ; Thüsing/Stiebert, GewArch 2013, S. 425 <430 f.>; Mosbacher, Sonntagsschutz und Ladenschluß, 2007, S. 250 ff., 267; Neumann, in: Landmann/Rohmer, GewO, LadSchlG, Vorbemerkung ; Kämmerer/Thüsing, GewArch 2006, S. 266 <267 f., 727>; Kühling, AuR 2006, S. 384 <385 f.>; Schunder, NJW 2003, S. 2131 <2133>; Rose, DB 2003, S. 1223 <1225>; a.A. Försterling, ZG 2007, S. 36 <55 ff.>; Horstmann, NZA 2006, S. 1246 <1249 f.>; Kühn, AuR 2006, S. 418 <420 f.>). Das zeigt schon der abschließende Wortlaut der Vorschrift, die eine spezialrechtliche Regelung für den sonstigen Werktag Samstag (siehe zum Beispiel § 3 Abs. 2 BUrlG) enthält. Das Bedürfnis der Wirtschaft und der Arbeitnehmer nach der Ermöglichung von Samstagsarbeit zu Erwerbszwecken einerseits und das Bedürfnis der betroffenen Familien nach einem gemeinsamen Wochenende auf der anderen Seite hat der Bundesgesetzgeber mit der Regelung in § 17 Abs. 4 LadSchlG erschöpfend gegeneinander abgewogen.

7

Ausdrücklichkeit ist für eine abschließende Regelung gerade nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <234>; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 72 Rn. 29 m.w.N.). Für einen bundesrechtlichen Regelungsvorbehalt zugunsten der Länder (vgl. BVerfGE 29, 125 <137>; 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>) ist nichts ersichtlich. Genau einen solchen hätte es aber gebraucht, um die Arbeitszeitregelung den Ländern zu öffnen. Der Beschluss erweckt nur durch unvollständige Wiedergabe der Gesetzgebungsgeschichte den gegenteiligen Eindruck:

8

Die Vorschrift wurde im Jahre 2003 auf Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom Bundestag dem Gesetzentwurf der Bundesregierung hinzugefügt, um den Beschäftigten des Einzelhandels "zumindest einen arbeitsfreien Samstag im Monat ermöglichen" (BTDrucks 15/591, S. 2). Dass das "zumindest" - anders als dies der Beschluss andeutet - keinen Spielraum für die Länder eröffnen sollte, sondern - im Hinblick auf die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG - den Tarifparteien eine andere, auch weitergehende Regelung erlauben wollte, wird deutlich, wenn die Fraktion der SPD, die den Gesetzentwurf schließlich zusammen mit der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete (S. 2), in den Ausschussberatungen ausführte, dass die "vom Bundesrat geforderte Länderkompetenz <…> nach wie vor abgelehnt" werde (S. 12). Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte in den Ausschussberatungen, dass der Gesetzentwurf "einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Kunden und den Beschäftigten im Handel" herbeiführe und die Regelung des § 17 Abs. 4 LadSchlG "berechtigte Arbeitnehmerinteressen" berücksichtige (a.a.O.). Während also eine der damaligen Mehrheitsfraktionen den Ausschluss der Länderkompetenz hervorhob, betonte die andere den Charakter der Regelung als (abschließende) Gesamtabwägung. Für abweichende Regelungen der Länder ist daneben kein Platz, denn jede abweichende Abwägung würde diejenige des zuständigen Bundesgesetzgebers überspielen.

9

3. Die wegen des Grundsatzes der Gesetzesklarheit erforderliche ausdrückliche Öffnung des Gesetzes für Länderregelungen ist nicht erfolgt, auch nicht durch Gewohnheitsrecht.

10

a) Die Änderung des Grundgesetzes kann schwerlich rückwirkend aus der abschließenden Wahrnehmung einer Bundeskompetenz eine nicht abschließende machen. Der bloße Verweis auf "geänderte Vorzeichen", auf die der Beschluss rekurriert, reicht dafür nicht aus. Hierfür wäre nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats vielmehr eine ausdrückliche Gesetzesänderung durch Einfügung einer Abweichungsklausel erforderlich, um dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzesklarheit gerecht zu werden (so ausdrücklich BVerfGE 109, 190 <235>). Warum der Grundsatz der Rechtsklarheit bei einer "umfassenden Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung", nicht aber bei einer abschließenden Regelung der Arbeitszeit im Einzelhandel am Samstag gelten soll, wie der Beschluss meint (Rn. 49), bleibt unerfindlich. Für eine Beschränkung des Erfordernisses der Gesetzesklarheit bei Wahrnehmung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz auf bestimmte Bereiche oder auf "umfassende Reformen" ist weder nach der zitierten Rechtsprechung noch sonst ein Grund ersichtlich.

11

Das Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das nicht mit einem Schreiben der Bundesregierung gleichgesetzt werden kann (vgl. BVerfGE 109, 190 <234>; 132, 1 <21 Rn. 54>), steht einer ausdrücklichen Gesetzesänderung nicht gleich, zumal es sich nicht um eine gesetzgeberische, sondern eine exekutive Meinungsäußerung eines einzigen Bundesministeriums mit unverbindlichem Charakter handelt.

12

b) Allenfalls könnte man eine gewohnheitsrechtliche Abwandlung am Werke sehen. Aber auch hierfür fehlt es an allen Voraussetzungen (vgl. BVerfGE 22, 114 <121>): Die Regelungen bestehen erst relativ kurz. Auch der Beschluss führt nur die Arbeitszeitregelungen von vier Ländern an (Rn. 49), was für eine allgemeine Praxis bei weitem nicht ausreicht. Vor allem aber sagen die Existenz und die Hinnahme weiterer Länderregelungen nichts über deren Verfassungsmäßigkeit oder den abschließenden Charakter der Bundesregelung aus. Dafür ist allein die Rechtsüberzeugung des Bundesgesetzgebers, nicht die der Bundesregierung oder gar eines einzigen Fachministeriums maßgeblich (vgl. erneut BVerfGE 109, 190 <235>). Daran fehlt es jedoch soweit ersichtlich vollständig, und auch der Beschluss führt dazu nichts an.

13

c) Dass das Grundgesetz gerade beim Recht der Arbeit auch nach der Föderalismusreform von einer in der Regel abschließenden Bundesregelung ausgeht, wird auch darin deutlich, dass die Föderalismusreform dieses von der Bedürfnisklausel ausdrücklich freigestellt hat (Art. 72 Abs. 2 GG), so dass das Erfordernis des Nachweises des Bedürfnisses einer Bundesregelung entfällt (vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Berlin 2005, S. 128 ff.). Dem widerspräche es, die Schwelle für eine Bundesregelung auf andere Art und Weise wieder anzuheben und vom Bundesgesetzgeber eine ausdrückliche Äußerung zum abschließenden Charakter seiner Regelungen zu verlangen. Schließlich wurden die Arbeitszeitregelungen erst recht nicht in den Bereich der Abweichungsgesetzgebung des Art. 72 Abs. 3 GG übernommen, der den Ländern ausnahmsweise (vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 133 Rn. 47) das Abweichen von einem Bundesgesetz erlaubt.

14

Der Senatsbeschluss führt zu einer Vernebelung der Kompetenzregelung des Grundgesetzes nach Sachmaterien, die ein Markenzeichen des Föderalismus des Grundgesetzes im Vergleich zu den finalen Zuständigkeiten der Europäischen Union darstellt, die zur Kompetenzabgrenzung die nicht trennscharfen, dem Grundrechtsbereich entnommenen Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit heranzieht (vgl. Art. 5 Abs. 2-4 EUV und Art. 115, 114 AEUV). Als Konsequenz wäre dem Bundesgesetzgeber zu raten, künftig allen Gesetzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz eine salvatorische Klausel zur Abschließlichkeit der Regelung hinzuzufügen. Selbst eine solche Klarstellung liefe aber nach dem Senatsbeschluss Gefahr, von geänderten Umständen überholt zu werden. Das widerspricht der gesamten bisherigen Rechtsprechung beider Senate des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>; 109, 190 <235>). Auch der Beschluss verlangt mit zahlreichen Nachweisen "im Sinne einer möglichst eindeutigen vertikalen Gewaltenteilung eine strikte, dem Sinn der Kompetenznorm gerecht werdende Auslegung der Art. 70 ff. GG" (Rn. 28). Allein: er zieht für die Abgrenzung der Kompetenzbereiche im Ladenschlussrecht keine Konsequenzen daraus. Der rechtsstaatliche Grundsatz der Gesetzesklarheit (vgl. BVerfGE 109, 190 <235>) bleibt dabei ebenso auf der Strecke wie die Klarheit der Kompetenzzuordnung im Bundesstaat.

II.

15

Selbst wenn man aber den abschließenden Charakter von § 17 Abs. 4 LadSchlG als offen bezeichnen wollte, so weicht die Landesregelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 ThürLadÖffG durch die Einführung eines Arbeitsverbots im Einzelhandel an zwei Samstagen im Monat von der Bundesregelung so eindeutig ab, dass sie wegen Widerspruchs zur Bundesregelung nichtig ist (Art. 72, 31 GG), jedenfalls aber dem Verbot widersprüchlicher Länderregelungen unterfällt, da keine Abweichungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 GG vorliegt. Konzeptionelle Entscheidungen des Bundesgesetzgebers dürfen nach der Senatsrechtsprechung "auch durch auf Spezialzuständigkeiten gründende Einzelentscheidungen eines Landesgesetzgebers nicht verfälscht werden" (BVerfGE 98, 265 <301>).

16

Dem thüringischen Gesetz liegt aber eine solch abweichende Konzeption zugrunde. Während die Bundesregelung den Arbeitnehmern ein Recht auf Geltendmachung eines freien Samstags einräumt, schließt die Landesregelung eine Beschäftigung an zwei Samstagen im Monat auch mit Zustimmung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers völlig aus. Es handelt sich also nicht einfach um ein höheres Schutzniveau zugunsten der Beschäftigten, zum Beispiel ein Recht auf zwei statt einen arbeitsfreien Samstag, sondern um ein Arbeitsverbot an zwei Samstagen, also ein - vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 GG problematisches (dazu unten III) - Arbeitsverbotsgesetz.

17

Mit Ausnahme der Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG kennt das Grundgesetz keine Regelungskonkurrenz zwischen Bund und Ländern. Vielmehr gibt es Wettbewerbsföderalismus nur zwischen mehreren Gesetzgebern auf gleicher Stufe (vgl. Korte, Standortfaktor Öffentliches Recht, Habil. FU Berlin 2013 , S. 377 ff.). Dies hat auch freiheitsschützende Funktion, weil so widersprüchliche Regelungen vermieden (vgl. BVerfGE 98, 83 <97 f.>; 98, 106 <118 f.>; 98, 265 <301>) und vor allem ein politischer "Schönheitswettbewerb" der Länder durch einseitiges "Draufsatteln" auf Bundesregelungen verhindert werden können.

III.

18

Angesichts des Verstoßes gegen die grundgesetzlichen Gesetzgebungskompetenzen kann im Ergebnis offen bleiben, ob die paternalistische Landesregelung, welche auch die Tariffreiheit einschränkt (Art. 9 Abs. 3 GG), dem - in der Tat weiten - Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers zum Trotz materiell die Grundrechte verletzt. Hierfür wäre weiterer Vortrag der Beteiligten sinnvoll und notwendig gewesen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG).

19

Jedenfalls ist die Grundrechtsabwägung des thüringischen Gesetzgebers und auch diejenige des Senatsbeschlusses unvollständig, weil sie den Wechsel von dem bundesrechtlichen subjektiven Recht auf das landesgesetzliche objektive Arbeitsverbot im Einzelhandel an zwei Samstagen im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG nicht reflektiert. Die Freiheitsrechte des Grundgesetzes setzen solch absoluten Regelungen durchaus Grenzen (vgl. zu vergleichbaren Konstellationen BVerfGE 85, 191 <206 ff.> - Nachtarbeitsverbot; abweichende Meinung Masing, BVerfGE 121, 317 <381, 388> - Rauchverbot). Durch das Arbeitsverbot wird das Gewicht, das der thüringische Gesetzgeber der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin entgegensetzen kann, erheblich vermindert. So ist es eben keineswegs notwendigerweise im Interesse vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie jeden zweiten Samstag nicht arbeiten dürfen. Viele Familien verfügen nicht über eine Möglichkeit der externen Kinderbetreuung, so dass sich die Eltern abstimmen müssen, wenn sie auf den Doppelverdienst angewiesen sind. Andere hätten lieber am Montag als am Samstag frei, um selbst in Ruhe einkaufen zu können. Für viele Eltern kleiner Kinder ist nicht wesentlich, ob sie Samstag oder an einem anderen Wochentag arbeiten. Dass auch Alleinstehende besondere Verdienstmöglichkeiten am Samstag schätzen können, sei nur nebenbei erwähnt. Die Provisionsregelungen bestehen im übrigen durchaus auch im Arbeitnehmerinteresse. Über all dies verliert der Beschluss kaum ein Wort.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.