Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 12.6299

bei uns veröffentlicht am30.04.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

III.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verfolgt mit der Klage das Ziel, von dem Beklagten für Einzelstunden bei Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII pro Stunde statt der zugesprochenen Euro 41,55 den beklagtenseits für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen vorgesehenen Stundensatz in Höhe von Euro 48,62 zu erhalten.

Die Klägerin ist Diplom-Sozialpädagogin (FH) mit Zusatzausbildung und bietet u. a. Legasthenie- und Dyskalkulietherapien in Einzel- und Gruppensitzungen an.

Mit Schreiben vom ... Dezember 2005 und ... Oktober 2010 beantragte die Klägerin die Anerkennung/Zulassung als Legasthenie- und Dyskalkulietherapeutin beim Beklagten, welche dieser im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII gewährt. Dem Antrag vom .... Oktober 2010 fügte die Klägerin Unterlagen über ihre berufliche und fachliche Qualifikation bei, insbesondere das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Diplomprüfung im Studiengang Sozialwesen an der Fachhochschule ... vom ... August 1997, eine Bescheinigung über ihre Tätigkeit als Legasthenie-, Dyskalkulie-, Kunst- und Gestaltungstherapeutin an der privaten Wirtschaftsschule ... in ..., weitere Zertifikate über ihre Zusatzqualifikationen zur Kunst- und Gestaltungstherapeutin und zur Legasthenie- und Dyskalkulietherapeutin, sowie eine Erlaubnis zur Ausübung der Psychotherapie.

In einem Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten am ... Dezember 2012 teilte dieser der Klägerin mit, dass der Beklagte bei der Therapeutenzulassung die Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages vom 17. April 2009 über die Entgelte für ambulante Leistungen nach dem SGB VIII anwende, welche hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes nach dem Ausbildungsabschluss des Therapeuten differenziere. Die Klägerin sei hiernach als Diplom-Sozialpädagogin mit Zusatzausbildung in die Entgeltgruppe 10 mit einem Stundensatz in Höhe von Euro 41,55 einzustufen. Insoweit gelte der Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Klägerin entgegnete, dass sie aufgrund des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 29. April 2009 (Az.: M 18 K 07.1892) Diplom-Psychologen gleichzustellen sei und ihr deshalb ein entsprechender Stundensatz in Höhe von Euro 48,62 zustehe.

Dem von der Klägerin in diesem Verfahren verfolgten Ziel, den gleichen Stundensatz wie Legasthenietherapeuten (nach der internen Liste damals bis auf zwei Ausnahmen neben der Klägerin nur Diplom-Psychologen) zu erhalten, wurde durch die damalige Beklagte, Landeshauptstadt München, abgeholfen. Die Parteien erklärten den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend für erledigt.

Im Schreiben vom .... Dezember 2010 führte die Klägerin weiter aus, dass die unterschiedliche Entlohnung gleichwertiger Tätigkeiten nicht dem Gleichheitsgrundsatz und damit nicht dem EU-Recht entspreche. Die Behörde könne hier keine eigenen Richtlinien aufstellen. Eine Einzelstunde Legasthenie- oder Dyskalkulietherapie koste bei ihr Euro 48,62. Eltern hätten das Recht, den vollen Satz bei einer Maßnahme nach § 35a SGB VIII erstattet zu bekommen.

Mit Bescheid vom ... Dezember 2010 erklärte der Beklagte, dass er die von der Klägerin durchgeführten ambulanten Therapien anerkenne und die damit verbundenen Therapiekosten übernehme, soweit es sich um Kinder bzw. Jugendliche aus dem Landkreis ... handele. Weiter wies der Beklagte darauf hin, dass die Eltern der betroffenen Kinder vor Beginn der Maßnahme die Übernahme der Therapiekosten schriftlich bei ihm beantragen müssten. Von der Klägerin sei vor Beginn der Therapie ein Kostenvoranschlag und spätestens nach den ersten fünf Therapiestunden ein Förderplan einzureichen. Darin sollten auch Art (Einzel- oder Gruppentherapie) und Umfang der Therapie angegeben werden. Die jeweilige Abrechnung der Klägerin (monatlich oder vierteljährlich) der angefallenen Therapiekosten müsse von den Eltern als Nachweis der geleisteten Therapiestunden gegengezeichnet werden.

Was die Höhe der Behandlungssätze für ambulante Leistungen nach dem SGB VIII anbelange, orientiere sich der Landkreis ... grundsätzlich an den einschlägigen Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages. Die Höhe des Honorarsatzes richte sich nach dem Berufs- bzw. Ausbildungsabschluss des Therapeuten. Für eine Einzeltherapiestunde könnten von der Klägerin derzeit Euro 41,55 abgerechnet werden.

Mit Schreiben vom ... Mai 2012 übersandte die Klägerin an den Beklagten ein Sitzungsprotokoll vom 21. März 2012 eines von ihr gegen die Landeshauptstadt München vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München geführten Verfahrens (Az.: M 18 K 11.724), in welchem nach ihrer Aussage vom Gericht nochmals klargestellt worden sei, dass sie den Stundensatz in Höhe von Euro 48,62 zu erhalten habe. Das Gericht habe im Protokoll festgehalten, dass ihre Qualifikation in den vorangegangenen Verfahren umfassend geprüft worden sei und ihr demnach auch der entsprechende Stundensatz zustehe. Sie gehe davon aus, dass diese Regelung auch für den Beklagten Gültigkeit habe. In der von der Klägerin beigefügten Sitzungsniederschrift wurde u. a. ausgeführt, dass die Empfehlungen des Städtetages keine bindende Regelung darstellten. Auch in diesem Verfahren half die damalige Beklagte, Landeshauptstadt M., ab, woraufhin die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärten.

Der Beklagte teilte hierauf mit Schreiben vom ... Oktober 2012 nochmals mit, dass dem Begehren der Klägerin weiterhin nicht entsprochen werden könne. Begründet wurde diese Ablehnung erneut damit, dass dem Sitzungsprotokoll vom 21. März 2012 lediglich entnommen werden könne, dass die Landeshauptstadt München der Klägerin nunmehr zugestehe, ihr den gleichen Stundensatz in Höhe von Euro 48,62 wie den anderen Legasthenietherapeuten, die diese anerkannt habe, zu zahlen. Jedoch sei im Falle der Landeshauptstadt zu beachten, dass diese im Gegensatz zum Beklagten nur Diplom-Psychologen als Legasthenietherapeuten (Ausnahme Heilpädagogen für heilpädagogische Therapien) anerkannt habe, d. h. die Ausgangslage, die die Klägerin zu einer Klage gegen das Stadtjugendamt bewogen habe, sei eine andere bzw. spezielle, da der Beklagte im Gegensatz hierzu immer schon (!) auch andere Berufsabschlüsse als ein Hochschulstudium zum Diplom-Psychologen als fachlich ausreichend zur Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien anerkannt habe, allerdings unter Differenzierung des abrechenbaren Honorars. Um Wiederholungen zu vermeiden wurde auf den Inhalt des Bescheides vom .... Dezember 2010 und insbesondere nochmals an die Bindung des Beklagten an den Gleichbehandlungsgrundsatz, gerade wegen seines eigenen Zulassungsverfahrens auf der Grundlage der Empfehlungen, verwiesen.

Unter dem 17. Dezember 2012, eingegangen am 19. Dezember 2012 erhob die Klägerin daraufhin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Einzeltherapie statt der zugesprochenen 41,55 Euro pro Stunde den Satz i. H. v. 48,62 Euro zu gewähren und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bei einer künftigen Anpassung der Therapievergütungsgesetze eine Leistung zu erbringen, die der Stufe 13 entsprechend den Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages vom 17. April 2009 entspricht.

Zur Begründung führte die Klägerin u. a. aus, dass in der Vergangenheit in dem Verfahren M 18 K 07.1892 vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München bereits deutlich herausgestellt worden sei, dass die Klägerin den gleichen Stundensatz zu erhalten habe wie andere Therapeuten, die von der Stadt ... zugelassen seien. Zentrales Thema in dem Verfahren sei die Ausbildung der Klägerin gewesen. Der Beklagte sehe jedoch keinen Zusammenhang zu diesem Verfahren. Ein Aspekt in diesem Zusammenhang sei zudem der Grundsatz „Gleiche Arbeit - gleicher Lohn“. Die Klägerin leiste vollumfängliche Legasthenie- und Dyskalkulietherapien, die auch entsprechend entlohnt werden müssten. Warum eine Therapie bei demselben Kind unterschiedlich vergütet werde, sei selbst für die Eltern nicht nachvollziehbar. Eltern, die sich für eine Therapie bei der Klägerin entscheiden, müssten demnach die Differenz der Therapiekosten selbst bezahlen. Dies sei ebenfalls eine Benachteiligung der Klägerin und wettbewerbswidrig. Der Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin den geforderten vollumfänglichen Honoraranspruch zuzusichern, da eine vollumfängliche Leistung erbracht werde.

Unter dem 7. April 2014 beantragte der Beklagte, die Klage abzuweisen und führte zur Begründung u. a. aus, dass der Beklagte in Übereinstimmung mit entsprechenden Hinweisen des Bayerischen Landesjugendamts (BLJA) im Zentrum Bayern, Familie und Soziales (ZBFS) zum Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen nach § 35a SGB VIII über die Kernkompetenzen leistungserbringender Fachkräfte verschiedenste Berufsgruppen im Bereich der ambulanten Legasthenie- und Dyskalkulietherapien bei Vorliegen der fachlichen Qualifikation als Therapeuten anerkenne. Für eine förmliche Anerkennung bzw. Zulassung als Therapeut im Sinne einer Beauftragung mit einer Leistungserbringung gebe es weder eine Rechtsgrundlage noch einen Rechtsanspruch, insofern sei die Anerkennungs- bzw. Zulassungspraxis der Jugendämter unterschiedlich. Aus Sicht des Beklagten sei der Umstand, dass die Landeshauptstadt München nur Diplom-Psychologen als fachlich qualifiziert anerkenne, wohl ursächlich für die erfolgreichen Klagen der Klägerin. Der Beklagte wende insoweit jedoch die Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages über die Entgelte für ambulante Leistungen nach SGB VIII und SGB XII vom 17. April 2009 an, in denen berücksichtigt werde, dass beim Beklagten verschiedenste Berufsgruppen in diesem Bereich tätig seien. Hierdurch werde insbesondere der Gleichheits- bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz verwirklicht.

Nach den Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages sei die Höhe des Therapeutenhonorars systematisch vom Berufsabschluss des Therapeuten abhängig. Die Klägerin sei nachweislich Diplom-Sozialpädagogin (FH) mit Zusatzausbildung, weshalb ihr nach den Empfehlungen ein Therapeutenhonorar von Euro 41,55 zustehe. Das von ihr begehrte Honorar bleibe hingegen Therapeuten mit wissenschaftlichem Hochschulstudium bzw. Master, wie Diplom-Psychologen oder Diplom-Pädagogen, vorbehalten.

In der mündlichen Verhandlung am 30. April 2014 erklärte der Beklagtenvertreter auf Nachfrage des Gerichts, dass der Beklagte sich mit dem Schreiben vom ... Oktober 2010 gegenüber der Klägerin insoweit habe binden wollen, dass der darin genannte Stundensatz für den Beklagten verbindlich sei und das (daher die Wortwahl „derzeit“) eine Steigerung der Sätze automatisch für den jeweiligen Therapeuten berücksichtigt werden solle, ohne dass insoweit ein weitergehender Antrag erforderlich wäre.

Aus einer vom Beklagtenvertreter zu den Gerichtsakten gegebenen Therapeutenliste war ersichtlich, dass eine Anpassung der Stundensätze ab dem 1. Juli 2009 automatisch für die in der Therapeutenliste erfassten Therapeuten erfolgt ist.

Auf Nachfrage des Gerichts, wie bislang die Abrechnung erfolge, gab die Klägerin an, dass sie mit den Eltern des Kindes einen Stundensatz von Euro 48,62 vereinbare, welchen sie auch dem Jugendamt so melde. Von diesem werde aber lediglich eine Erstattung in Höhe von Euro 41,55 pro Stunde vorgenommen.

Die Klägerin beantragte zuletzt,

den Beklagten zu verpflichten, ihr für die Einzeltherapie den für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen beklagtenseits gewährten Vergütungssatz ebenfalls zu gewähren.

Der Beklagtenvertreter beantragte

Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2014 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung des für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen (Entgeltgruppe 13) beklagtenseits gewährten Vergütungssatzes für die Einzeltherapie.

1. Die Klage ist zulässig.

1.1. Die auf Gewährung des begehrten Vergütungssatzes entsprechend den Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.

Gegenstand des Klagebegehrens kann vorliegend nicht der Erlass eines Verwaltungsaktes gemäß Art. 35 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) sein. Ein solcher setzt voraus, dass es sich um eine „Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme“ handelt, d. h. es fallen nur einseitige hoheitliche Maßnahmen unter den Begriff des Verwaltungsakts (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, Anh. § 42 RdNr. 14). Das Gericht geht jedoch davon aus, dass es sich bei der Vereinbarung des Stundensatzes für die von der Klägerin durchgeführten ambulanten Leistungen im Sinne von § 35a SGB VIII um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag in Form einer Kostenvereinbarung mit dem Jugendhilfeträger nach § 77 SGB VIII handelt. Zwischen der Klägerin, dem Beklagten und dem jeweiligen Hilfeempfänger besteht ein sog. sozialrechtliches Dreiecksverhältnis (vgl. Hess. LSG, B. v. 19.3.2008 - L 9 SO 1/08 B ER - juris RdNr. 19). Eine Seite dieses Dreiecks wird durch die Beziehungen zwischen dem Hilfeempfänger und der Klägerin als Leistungserbringerin gekennzeichnet. Zwischen diesen besteht ein (in der Regel von den gesetzlichen Vertretern des Hilfeempfängers für diesen geschlossener) privatrechtlicher Vertrag, der auf der einen Seite die von der Klägerin zu erbringende Hilfe- bzw. Therapieleistung, auf der anderen Seite das vom Hilfeempfänger zu leistende Entgelt regelt. Vorliegend vereinbart die Klägerin mit den Hilfeempfängern jeweils den begehrten Stundensatz in Höhe von Euro 48,62 für die Einzeltherapie. Eine zweite Seite des Dreiecks regelt das Rechtsverhältnis zwischen dem Hilfeempfänger und dem Beklagten als Träger der Jugendhilfe. Dieses Verhältnis ist geprägt durch den Anspruch des Hilfeempfängers auf Eingliederungshilfe in Form der Legasthenie- bzw. Dyskalkulietherapie gegenüber dem Beklagten gemäß § 35a SGB VIII und als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren. Die dritte Seite des Dreiecks regelt die hier vorrangig streitgegenständlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Beklagten als Jugendhilfeträger und der Klägerin als Leistungserbringerin. Wie die Vorschriften der §§ 77f. SGB VIII zeigen, ist der Beklagte berechtigt sich zur Erfüllung seiner Hilfeverpflichtungen Dritter zu bedienen und mit diesen vertraglich Vergütungen für bestimmte Hilfeleistungen zu vereinbaren. Der Anwendungsbereich der §§ 78bff. SGB VIII ist vorliegend nicht eröffnet, da die Klägerin nicht die in § 78a Abs. 1 SGB VIII genannten Leistungen erbringt. § 78a Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII erklärt zwar für die Eingliederungshilfe in anderen teilstationären Einrichtungen nach § 35a Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SGB VIII und für Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen nach § 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII die §§ 78b bis 78g SGB VIII für anwendbar. Die von der Klägerin erbrachte Hilfeart des § 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII ist dort aber gerade nicht genannt. Da § 78a Abs. 1 SGB VIII eine abschließende Aufzählung enthält und eine entsprechende landesrechtliche Regelung nach § 78a Abs. 2 SGB VIII in Bayern nicht existiert, ist davon auszugehen, dass für die Eingliederungshilfe in ambulanter Form weder die Vorschriften über die Leistungs- und Entgeltvereinbarungen, §§ 78b bis 78f SGB VIII, noch die Regelungen zur Schiedsstelle, § 78g SGB VIII, direkt anwendbar sind. Es bleibt daher vorliegend bei der allgemeinen Regelung des § 77 Satz 1 SGB VIII, wonach Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme zwischen der öffentlichen und freien Jugendhilfe anzustreben sind, wenn Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen werden. Unter den Begriff der Dienste, der im Gesetz nicht definiert ist, fallen personenbezogene Angebote, insbesondere solche im ambulanten Bereich (Münder in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 77 RdNr. 7). § 77 SGB VIII gilt auch nicht nur für die nach § 75 SGB VIII anerkannten, sondern für alle Träger der freien Jugendhilfe (Münder, a. a. O., RdNr. 2). Das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis bildet insoweit die Rechtsgrundlage für die Finanzierung und damit auch für Vereinbarungen über die Höhe der Kosten i. S. v. § 77 SGB VIII. Solche Vereinbarungen zwischen den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe sind, da sie sich auf die Leistungsansprüche nach dem Kinder- und Jugendhilferecht beziehen, koordinationsrechtliche Verträge des öffentlichen Rechts, vgl. Art. 54 BayVwVfG (BVerwG, U. v. 30.9.1993 - 5 C 41.91, NJW 1994, 3027; Münder, a. a. O., RdNr. 2). In dieser Vereinbarung werden der Leistungsumfang und insbesondere die Höhe des Entgelts festgelegt. Hierbei steht dem Beklagten ein Ermessenspielraum zu und er hat Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte einzubeziehen (vgl. VG München, B. v. 25.1.2012 - M 18 K 10.5005 - juris RdNr. 10). Gleichwohl kann die Klägerin als selbstständige Therapeutin ihre Honorare grundsätzlich selbst kalkulieren. Es steht den Beteiligten also offen, gemeinsam eine Vereinbarung über die Höhe des zu gewährenden Stundensatzes zu treffen (VG München, U. v. 19.6.2013 - M 18 K 12.4143 - BeckRS 2013, 55540). Vorliegend ist zwischen den Beteiligten keine wirksame Einigung darüber zustande gekommen, dass die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII Legasthenie- und Dyskalkulietherapien für einen Stundensatz in Höhe von Euro 41,55 durchführt. Die Klägerin hat dem mit Schreiben vom ... Dezember 2010 vom Beklagten mitgeteilten Stundensatz in Höhe von Euro 41,55 entsprechend der Einstufung nach den Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages (Entgeltgruppe 10) ausdrücklich nicht zugestimmt, sondern vielmehr mehrfach (Telefonat vom ... Dezember 2012, Schreiben vom ... Dezember 2010 und ... Mai 2012) erklärt, dass sie hiermit nicht einverstanden ist und eine Vergütung entsprechend den Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen begehrt und dies auch mit den Hilfeempfängern vereinbart.

Die hierbei von den Beteiligten abgegebenen Willenserklärungen sind zwar auf einen Rechtserfolg gerichtet, rufen diesen aber aufgrund einer vertraglichen Einigung und nicht kraft einer einseitig hoheitlichen Bindungswirkung hervor (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Auflage 2012, § 54 RdNr. 20). Die auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichteten Willenserklärungen des Beklagten sind keine Verwaltungsakte, sondern sog. schlichthoheitliche Willenserklärungen. Die Klägerin ist als Leistungserbringerin im Rahmen dieses Dreiecksverhältnisses also nicht Adressatin eines Verwaltungsakts Art. 35 BayVwVfG (so auch BayVGH, B. v. 20.3.2014 - 12 ZB 12.1351, BeckRS 2014, 49576). Deshalb kann die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung des Stundensatzes entsprechend der für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen gewährten Vergütung nicht mit einer Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO geltend machen. Statthaft ist vielmehr die allgemeine Leistungsklage auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen den Beteiligten, der eine Vereinbarung des entsprechenden Stundensatzes enthält.

1.2. Auch fehlt es der Klägerin nicht an der Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, die in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch bei der allgemeinen Leistungsklage zu verlangen ist (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.1970 - VI C 48.68, BVerGE 36, 192 (199); BVerwG, U. v. 21.5.1980 - 2 C 30/78, BVerwGE 60, 144 (150)). Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin als Erbringerin von Dyskalkulie- und Legasthenietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII aus § 77 Satz 1 SGB VIII subjektive Rechte ableiten kann.

1.3. Darüber hinaus setzt das Rechtschutzbedürfnis bei der allgemeinen Leistungsklage - ebenso wie in den Fällen der Verpflichtungsklage - voraus, dass die Klägerin die begehrte Leistung zuvor bei der zuständigen Behörde ohne Erfolg beantragt hat (vgl. BVerwG, U. v. 28.6.2001 - 2 C 48.00, BVerwGE 114, 350 (356); VGH Mannheim, B. v. 22.6.1990 - 4 C 2257/89). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Klägerin hat im Telefonat vom ... Dezember 2012 sowie mit Schreiben vom ... Dezember 2010 und ... Mai 2012 gegenüber dem Beklagten eine Erhöhung des Stundensatzes auf Euro 48,62, also den (derzeit) für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen gewährten Stundensatz, beantragt. Dies hat der Beklagte durchgehend abgelehnt.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, welcher einen der beklagtenseits für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen gewährten Vergütung entsprechenden Stundensatz enthält, zusteht. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus dem (europarechtlichen oder) allgemeinen Gleichheitssatz.

2.1. Gegenstand der angestrebten Vereinbarung kann nur eine in der Höhe angemessene Vergütung sein. Auch wenn die von der Klägerin geleisteten ambulanten Maßnahmen im Katalog des § 78a Abs. 1 SGB VIII nicht enthalten sind und auch mangels einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung eine Anwendbarkeit über § 78a Abs. 2 SGB VIII ausscheidet, muss gleichwohl für den Jugendhilfeträger der allgemeine Grundsatz gelten, dass nur Vereinbarungen abzuschließen sind, die unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erbringung der Leistung geeignet sind (VG Augsburg, B. v. 13.9.2001 - Au 3 E 01.1147, BeckRS 2001, 29519).

Aus § 77 SGB VIII ergibt sich somit ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten über den Abschluss einer Vereinbarung nach § 77 Satz 1 SGB VIII über die von der Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII durchgeführten ambulanten Maßnahmen, jedoch grundsätzlich kein Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung mit einem ganz bestimmten Inhalt (Wiesner in Wiesner, Kommentar zum SGB VIII, § 77 RdNr. 6, m. w. N.). Ein solcher Anspruch käme allenfalls dann in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null in der Weise zu bejahen wäre, dass eine andere Entscheidung als der Abschluss der Vereinbarung zu den von der Klägerin geforderten Konditionen ermessensfehlerhaft wäre.

2.2. Das Gericht weist zunächst klarstellend daraufhin, dass die Klägerin nicht aufgrund der gegen die Landeshauptstadt München geführten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München beanspruchen kann, dass der Beklagte mit ihr den begehrten öffentlich-rechtlichen Vertrag schließt. In beiden Verfahren hat die Landeshauptstadt München hinsichtlich des von der Klägerin begehrten Stundensatzes abgeholfen, so dass die Verfahren insoweit jeweils eingestellt wurden. Doch auch wenn in diesem Punkt jeweils eine streitige Entscheidung ergangen wäre, so hätten diese keinerlei Auswirkungen auf das streitgegenständliche Verfahren, da sich die Bindungswirkung einer Entscheidung jeweils nur auf die Verfahrensbeteiligten und nicht auf Dritte erstrecken kann.

2.3. Ein Anspruch der Klägerin auf Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages ergibt sich auch nicht aus dem (allgemeinen) Gleichheitssatz.

2.3.1. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt die Aussage „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ keine allgemeingültige Anspruchsgrundlage dar. Dies ergibt sich bereits aus § 612 BGB.

Zudem findet im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses zwischen dem Beklagten als Jugendhilfeträger und der Klägerin als Leistungserbringerin kein unmittelbarer Leistungsaustausch statt, so dass das allgemeine Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht und damit auch das Vergaberecht vorliegend keine Anwendung finden (vgl. Münder, a. a. O., RdNrn. 9, 11).

2.3.2. Doch auch nach Art. 3 des Grundgesetzes (GG) (bzw. Art. 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)) besteht kein Anspruch der Klägerin auf eine der für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen gewährten entsprechenden Vergütung durch den Beklagten. Die Gleichheitsverbürgung des Grundgesetzes kann in einer Zusammenschau mit den Freiheitsrechten nur so verstanden werden, dass es keine grundlose Differenzierung geben darf. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfG, B. v. 21.07.2010 - 1 BvR 611/07; BVerfGE 126, 404 (416); BVerfG, B. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11; BVerfGE 132, 179; st. Rspr.). Eine Verletzung lässt sich hier nicht feststellen.

2.3.2.1. Eine Ungleichbehandlung liegt zwar vor. Diese liegt jedoch nicht bereits in den unterschiedlichen Verfahrensweisen bei der Anerkennung und Vergütung der Leistungserbringer im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII durch die Landeshauptstadt München und den Beklagten. Den Jugendhilfeträgern ist insoweit ein Entscheidungsspielraum eingeräumt, mit wem sie entsprechende Vereinbarungen schließen und welchen Inhalt diese hinsichtlich Leistungsumfang und Vergütung haben.

Eine Ungleichbehandlung ergibt sich vorliegend daraus, dass der Beklagte die Vergütung vom Ausbildungs- oder Berufsabschluss bzw. von etwaigen Zusatzqualifikationen des Leistungserbringers - hier der Klägerin - abhängig macht.

Der Beklagte orientiert sich an den Empfehlungen des Bayerischen Landkreistages vom 17. April 2009 über die Entgelte für ambulante Leistungen nach dem SGB VIII und SGB XII. Insoweit ist zutreffend, dass die hierin enthaltenen, je nach Ausbildungs- oder Berufsabschluss bzw. etwaiger Zusatzqualifikationen unterschiedenen Entgelte für ambulante Leistungen und die dort vorgesehene Kopplung dieser Entgelte an die Tarifsteigerungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Beklagten nicht verbindlich und von ihm nicht allein aufgrund der dahingehenden Empfehlung des Bayerischen Landkreistages zu gewähren sind. Bereits der in dem Schreiben des Bayerischen Landkreistags selbst verwendete Begriff des „Orientierungswerts“ spricht gegen eine Verbindlichkeit der dort vorgesehenen Entgelte im Verhältnis des Beklagten zu einzelnen Hilfeempfängern bzw. Therapeuten. Das Schreiben stellt zudem ausdrücklich klar, dass die „Orientierungswerte“ nur unverbindliche Empfehlungen für die Landkreise sind.

Diese Bildung von Entgeltgruppen nach Berufs- bzw. Ausbildungsabschlüssen bzw. Zusatzqualifikationen führt auch nicht zu einem unvertretbaren Vorab-Ausschluss bestimmter Berufsgruppen für die Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien (vgl. BayVGH, B. v. 20.3.2014 - 12 ZB 12.1351, BeckRS 2014, 49576), sondern zu einer Differenzierung innerhalb des Kreises verschiedener gleichsam qualifizierter Leistungserbringer hinsichtlich des seitens des Beklagten gewährten Entgelts.

2.3.2.2. In dieser Differenzierung liegt aus Sicht des Gerichts keine Ungleichbehandlung von „wesentlich Gleichem“. Die Berufsausbildung stellt insoweit nicht nur einen Faktor dar, der eine unterschiedliche Vergütung für gleiche Tätigkeiten objektiv rechtfertigen kann, sie gehört vielmehr auch zu den Kriterien, anhand derer sich feststellen lässt, ob es sich um die gleiche Tätigkeit handelt (EuGH, U. v. 11.5.1999 - C-309/97, Slg. 1999, I-2865, NZA 1999, 699). Die verschiedenen Gruppen von fachlich geeigneten Therapeuten mit jeweils unterschiedlicher Berufsausbildung und unterschiedlichem Umfang ihrer Berufsberechtigung, der sich aus dieser Ausbildung ergibt und auf deren Grundlage sie zugelassen wurden, sowie die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte, die in der Therapie umgesetzt werden, können vorliegend bereits nicht als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden.

Dies umso mehr, als der Begriff des Therapeuten für Dyskalkulie- und Legasthenietherapien durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber weder definiert noch geschützt ist. Eine festgelegte Ausbildung oder ein festgelegtes Berufsbild bestehen gerade nicht. Es fehlt mithin an einer spezifischen gesetzlichen Regelung für die Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien, vergleichbar etwa mit dem Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz - HeilPrG), was dazu führt, dass die Berufs- und Ausbildungsabschlüsse sowie die Zusatzqualifikationen der jeweiligen Leistungserbringer auf die Art und Weise der Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien durchschlagen. Es ist aufgrund des Grundsatzes der Pluralität der Jugendhilfe gerade gewollt, einer Vielfalt von Hilfen und Methoden Raum zu geben (vgl. BayVGH, B. v.20.3.2014 - 12 ZB 12.1351, BeckRS 2014, 49576). Der Jugendhilfeträger ist insoweit verpflichtet, aus dieser Vielfalt an Leistungserbringern die im Einzelfall für den Hilfeempfänger geeignete Maßnahme zu ergreifen (zur einzelfallbezogenen Beurteilung der Eignung von Legasthenietherapeuten vgl. BLJA Mitteilungsblatt 2/1999 „Eignung sog. Legasthenikertherapeuten“, abrufbar über www.b...de; Bayerisches Landesjugendamt (Hrsg.): Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Menschen als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, 2005, S. 14; ferner Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in den Vollzugshinweisen zu § 35a SGB VIII „Eignungsvoraussetzungen für Fachkräfte bei der Erbringung von (ambulanten) Leistungen gem. § 35a SGB VIII“, AMS VI 5/7225/3/07 v. 31.1.2007). Aus der Tatsache, dass jeweils die „gleiche Teilleistungsstörung“ der Leistungsberechtigten behandelt wird, kann also nicht geschlossen werden, dass die Leistungserbringer jeweils die „gleiche“ Therapie, mithin die „gleiche Leistung“ erbringen. Das Gericht geht daher auch aufgrund der Vielfalt an fachlich qualifizierten Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten mit jeweils unterschiedlichen Berufs- und Ausbildungsabschlüssen bzw. Zusatzqualifikationen davon aus, dass die Leistungserbringer insoweit keine „im Wesentlichen gleiche Arbeit“ verrichten.

2.3.2.3. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass sämtliche Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten zumindest im „Wesentlichen gleiche“ Leistungen erbringen, also die Therapien insoweit vergleichbar sind, so ist die Differenzierung hinsichtlich der Vergütung zumindest sachlich gerechtfertigt. Die durch die Bildung von Entgeltgruppen in Anknüpfung an den jeweiligen Berufs- oder Ausbildungsabschluss bzw. den Erwerb von Zusatzqualifikationen verursachte Ungleichbehandlung erscheint im Hinblick auf die unterschiedliche Dauer der Ausbildungen, die hierbei erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Berechtigungen, sowie die Dauer der bisherigen Berufserfahrung nicht unangemessen. Eine gewisse Pauschalierung ist aus Praktikabilitätsgründen nachvollziehbar und insoweit nicht zu beanstanden. Nachdem für die Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien keine einheitliche Ausbildung und damit auch kein vergleichbarer Abschluss vorgesehen ist, erscheint die Eingruppierung nach dem Berufs- oder Ausbildungsabschluss bzw. dem Erwerb von Zusatzqualifikationen oder Berufserfahrung sachgerecht. Eine Vergütung nach den von den Leistungserbringern darüber hinaus vorgebrachten persönlichen Fähigkeiten ist für den Jugendhilfeträger weder überprüfbar noch praktisch umsetzbar. Die Differenzierung nach dem Berufs- bzw. Ausbildungsabschluss hält das Gericht für angemessen, da hierdurch der Dauer des Studiums bzw. der Ausbildung und auch den hierbei erworbenen Kenntnissen, Fähigkeiten und Berechtigungen Rechnung getragen wird. So sind beispielsweise Leistungserbringer mit dem Abschluss „Master“ höher eingruppiert, als Leistungserbringer mit dem Abschluss „Bachelor“, da sich die Studienzeit insoweit um mindestens 3 Semester verlängert und in diesem Zeitraum weitere und vertiefte Kenntnisse im jeweiligen Fachbereich erworben werden. Entsprechendes gilt für den Hochschulabschluss der Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen. Auch das Kriterium des Vorliegens von Zusatzqualifikationen bzw. Berufserfahrung ist angemessen, da die Leistungserbringer insoweit mehr Fachwissen und eine gewisse Spezialisierung für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien aufweisen und sich dadurch im Hinblick auf die fachliche Qualifikation von anderen Leistungserbringern abgrenzen. Aufgrund der Vielzahl der für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien fachlich geeigneten Leistungserbringern und der daraus resultierenden unterschiedlichen Art und Weise der Leistungserbringung erscheint es angemessen, die Höhe des Entgelts an die jeweilige Qualifikation der Leistungserbringer anzupassen.

2.4. Das Gericht kann nach alledem eine Ungleichbehandlung von „Wesentlich Gleichem“ bzw. eine solche ohne sachlichen Grund in der Differenzierung nach den Berufs- und Ausbildungsabschlüssen bzw. Zusatzqualifikationen der Leistungserbringer nicht feststellen. Ein Anspruch auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, welcher eine Vergütung entsprechend der für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen gewährten beinhaltet, steht der Klägerin nicht zu, da ihr Diplom im Fachbereich Sozialwesen (FH) mit den erworbenen Zusatzqualifikationen den vorgenannten Berufs- und Ausbildungsabschlüssen nicht entspricht.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

Die Berufung wurde gemäß § 124a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

1. Die Kammer hat hinsichtlich der statthaften Klageart auch eine Feststellungsklage erwogen, mit dem Ziel der Feststellung, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin einen der für Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen bewilligten Stundensatz zu gewähren hat, aufgrund gesetzlich angeordneter Subsidiarität der Feststellungsklage letztlich jedoch die Leistungsklage vorgezogen, § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

2. Des Weiteren bedarf das zwischen der Klägerin als Leistungserbringerin und dem Beklagten als Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestehende Rechtsverhältnis aufgrund des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses der grundsätzlichen Klärung. Insoweit besteht einerseits die Problematik, dass die Klägerin vom Beklagten lediglich einen niedrigeren Stundensatz erstattet bekommt, als sie gegenüber den Hilfeempfängern abrechnet. Im Rahmen des § 35a SGB VIII kann der Hilfeempfänger jedoch grundsätzlich die volle Übernahme der für die geeignete und erforderliche (bewilligte) Hilfemaßnahme anfallenden, im privatrechtlichen Vertrag zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer vereinbarten Kosten verlangen. Der Hilfeempfänger muss sich nicht auf eine nur anteilige Bezuschussung der Hilfemaßnahme verweisen lassen, da sich die von den Eltern der Kinder bzw. Jugendlichen zu leistenden finanziellen Beiträge zu Jugendhilfemaßnahmen nach § 35a SGB VIII allein nach den Regelungen über den Kostenbeitrag gemäß §§ 91ff. SGB VIII richten. Andererseits ist der Jugendhilfeträger an die Grundsätze der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und an den Gleichheitssatz gebunden, so dass er nicht ohne Weiteres die individuellen Stundensätze der Leistungserbringer übernehmen kann.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 12.6299

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 12.6299

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 12.6299 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 35a Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung


(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 78b Voraussetzungen für die Übernahme des Leistungsentgelts


(1) Wird die Leistung ganz oder teilweise in einer Einrichtung erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Entgelts gegenüber dem Leistungsberechtigten verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verba

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 75 Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe


(1) Als Träger der freien Jugendhilfe können juristische Personen und Personenvereinigungen anerkannt werden, wenn sie 1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 1 tätig sind,2. gemeinnützige Ziele verfolgen,3. auf Grund der fachlichen und pers

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 78a Anwendungsbereich


(1) Die Regelungen der §§ 78b bis 78g gelten für die Erbringung von 1. Leistungen für Betreuung und Unterkunft in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),2. Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19),

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 77 Vereinbarungen über Kostenübernahme und Qualitätsentwicklung bei ambulanten Leistungen


(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 78g Schiedsstelle


(1) In den Ländern sind Schiedsstellen für Streit- und Konfliktfälle einzurichten. Sie sind mit einem unparteiischen Vorsitzenden und mit einer gleichen Zahl von Vertretern der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie von Vertretern der Träger der E

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 12.6299 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Apr. 2014 - 18 K 12.6299 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. März 2014 - 12 ZB 12.1351

bei uns veröffentlicht am 20.03.2014

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. März 2012 wird wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen. II. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 18. Juli 2012 - 1 BvL 16/11

bei uns veröffentlicht am 18.07.2012

Tenor 1. § 3 Nummer 3 Satz 2 und Satz 3, Nummer 4, Nummer 5, Nummer 6 Satz 3 und Nummer 7 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (Bundesge

Referenzen

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.

(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Die Regelungen der §§ 78b bis 78g gelten für die Erbringung von

1.
Leistungen für Betreuung und Unterkunft in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),
2.
Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19),
3.
Leistungen zur Unterstützung bei notwendiger Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21 Satz 2),
4.
Hilfe zur Erziehung
a)
in einer Tagesgruppe (§ 32),
b)
in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34) sowie
c)
in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie außerhalb der eigenen Familie erfolgt,
d)
in sonstiger teilstationärer oder stationärer Form (§ 27),
5.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in
a)
anderen teilstationären Einrichtungen (§ 35a Absatz 2 Nummer 2 Alternative 2),
b)
Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 4),
6.
Hilfe für junge Volljährige (§ 41), sofern diese den in den Nummern 4 und 5 genannten Leistungen entspricht, sowie
7.
Leistungen zum Unterhalt (§ 39), sofern diese im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nummern 4 bis 6 gewährt werden; § 39 Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Landesrecht kann bestimmen, dass die §§ 78b bis 78g auch für andere Leistungen nach diesem Buch sowie für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§§ 42, 42a) gelten.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Die Regelungen der §§ 78b bis 78g gelten für die Erbringung von

1.
Leistungen für Betreuung und Unterkunft in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),
2.
Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19),
3.
Leistungen zur Unterstützung bei notwendiger Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21 Satz 2),
4.
Hilfe zur Erziehung
a)
in einer Tagesgruppe (§ 32),
b)
in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34) sowie
c)
in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie außerhalb der eigenen Familie erfolgt,
d)
in sonstiger teilstationärer oder stationärer Form (§ 27),
5.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in
a)
anderen teilstationären Einrichtungen (§ 35a Absatz 2 Nummer 2 Alternative 2),
b)
Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 4),
6.
Hilfe für junge Volljährige (§ 41), sofern diese den in den Nummern 4 und 5 genannten Leistungen entspricht, sowie
7.
Leistungen zum Unterhalt (§ 39), sofern diese im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nummern 4 bis 6 gewährt werden; § 39 Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Landesrecht kann bestimmen, dass die §§ 78b bis 78g auch für andere Leistungen nach diesem Buch sowie für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§§ 42, 42a) gelten.

(1) In den Ländern sind Schiedsstellen für Streit- und Konfliktfälle einzurichten. Sie sind mit einem unparteiischen Vorsitzenden und mit einer gleichen Zahl von Vertretern der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie von Vertretern der Träger der Einrichtungen zu besetzen. Der Zeitaufwand der Mitglieder ist zu entschädigen, bare Auslagen sind zu erstatten. Für die Inanspruchnahme der Schiedsstellen können Gebühren erhoben werden.

(2) Kommt eine Vereinbarung nach § 78b Absatz 1 innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, so entscheidet die Schiedsstelle auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte. Gegen die Entscheidung ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Die Klage richtet sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsstelle. Einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren bedarf es nicht.

(3) Entscheidungen der Schiedsstelle treten zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft. Wird ein Zeitpunkt für das Inkrafttreten nicht bestimmt, so werden die Festsetzungen der Schiedsstelle mit dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. Die Festsetzung einer Vergütung, die vor diesen Zeitpunkt zurückwirkt, ist nicht zulässig. Im Übrigen gilt § 78d Absatz 2 Satz 4 und Absatz 3 entsprechend.

(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zu bestimmen über

1.
die Errichtung der Schiedsstellen,
2.
die Zahl, die Bestellung, die Amtsdauer und die Amtsführung ihrer Mitglieder,
3.
die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für ihren Zeitaufwand,
4.
die Geschäftsführung, das Verfahren, die Erhebung und die Höhe der Gebühren sowie die Verteilung der Kosten und
5.
die Rechtsaufsicht.

(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.

(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.

(1) Als Träger der freien Jugendhilfe können juristische Personen und Personenvereinigungen anerkannt werden, wenn sie

1.
auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 1 tätig sind,
2.
gemeinnützige Ziele verfolgen,
3.
auf Grund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind, und
4.
die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten.

(2) Einen Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe hat unter den Voraussetzungen des Absatzes 1, wer auf dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens drei Jahre tätig gewesen ist.

(3) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege sind anerkannte Träger der freien Jugendhilfe.

(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.

(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. März 2012 wird wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich im Rahmen einer Feststellungs- und Leistungsklage gegen ihre Nichtberücksichtigung als Legasthenie- und Dyskalkulietherapeutin durch den Beklagten bei Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII).

Sie betreibt seit November 2010 in E. die pädagogische Praxis „L.“ Zu ihrer Qualifikation rechnet nach pädagogischer Ausbildung in Kasachstan und 18-jähriger Lehrertätigkeit ein erziehungswissenschaftliches Studium an der Fern-Universität Hagen (Thema der Magisterarbeit „Elemente der Montessori-Pädagogik in der Arbeit mit legasthenen Kindern“) und eine Promotion im Fach Pädagogik an der Katholischen Universität E. (Titel der Doktorarbeit „Selbsterziehung des Kindes oder geschicktes pädagogisches Handeln“). Des Weiteren kann sie eine Reihe von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Bereichen Legasthenie und Dyskalkulie mit entsprechenden Zertifikaten, darüber hinaus diverse Fachvorträge und -veröffentlichungen zu den genannten Teilleistungsstörungen nachweisen. Sie leitet ferner die „L.-Akademie“, die ihrerseits (seit Juli 2011 zertifiziert) Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten ausbildet. Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin als Legasthenie- und Dyskalkulietherapeutin zunächst in B. praktisch tätig. Die Kosten der von ihr erbrachten Leistungen wurden dabei von verschiedenen Jugendhilfeträgern im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII getragen (Landratsämter Günzburg, Donau-Ries, Dillingen, Augsburg, ferner auch dem Bezirk Schwaben im Rahmen einer Vereinbarung nach §§ 75 ff. SGB XII). Aktuell übernehmen auch der Landkreis Forchheim, die Stadt Nürnberg und die Stadt Fürth die Kosten für Leistungen der pädagogischen Praxis „L.“ der Klägerin.

Der Beklagte trägt in Fällen einer entsprechenden seelischen Behinderung eines Hilfeempfängers ebenfalls die Kosten für Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Mit interner Verfügung vom 31. Juli 2010 regelte sein Jugendamt die „Zulassung von Therapeuten für § 35a-Therapien“ im Landkreis E.-H. indes dergestalt, dass in ein von ihm unterhaltenes „Verzeichnis der zugelassenen Therapeuten im Landkreis E.-H.“ ab dem 1. August 2010 über die dort bereits aufgelisteten Therapeuten hinaus nur noch solche Therapeuten aufgenommen und mit der Erbringung von Eingliederungshilfemaßnahmen beauftragt werden, die ein Diplompsychologiestudium und eine entsprechende therapeutische Ausbildung nachweisen können. Eine Überprüfung habe ergeben, dass von den insgesamt 16 für den Landkreis „bestätigten Therapeuten“ nur 10 die Qualifikationsanforderungen der im Therapeutenverzeichnis benannten Aufnahmekriterien erfüllten. Darüber hinaus bestehe aktuell kein zusätzlicher Bedarf im Landkreis E.-H. an Therapeuten für Legasthenie und Dyskalkulie bei Maßnahmen nach § 35a SGB VIII. Die getroffene Festlegung sei „bei zukünftigen Entscheidungen bezüglich der Zulassung von Therapeuten für Legastheniker-Therapien im LK E.-H. entsprechend zu berücksichtigen“.

Mit Schreiben vom 8. November 2010 wandte sich die Klägerin mit einem „Antrag auf Genehmigung der Kostenübernahme für die Legasthenieförderung“ an das Jugendamt des Beklagten und legte darin ihren bisherigen Werdegang und ihr Qualifikationsprofil dar. Der Beklagte lehnte die Möglichkeit einer Kostenübernahme für die von ihr angebotene Legasthenieförderung indes mit Schreiben vom 21. Januar 2011 ab. Eine Beauftragung könne derzeit ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht erfolgen. Der Landkreis E.-H. verfüge gegenwärtig über insgesamt 15 Therapeuten und Therapeutinnen und werde darüber hinaus für Maßnahmen nach § 35a SGB VIII nur solche Therapeuten beauftragen, die ein Diplompsychologiestudium sowie eine entsprechende therapeutische Ausbildung nachweisen könnten, was bei der Klägerin ungeachtet ihrer sonstigen Qualifikation nicht der Fall sei. Hieran ändere auch eine abweichende Praxis anderer Jugendämter nichts. Es stehe der Klägerin jedoch frei, die „Fördervoraussetzungen“ zu einem späteren Zeitpunkt zu erwerben. Leistungen im Auftrag von Eltern auf deren Kosten blieben von einer fehlenden Kostenübernahme durch den Beklagten unberührt. An dieser Auffassung hielt das Jugendamt des Beklagten auch im weiteren Schriftwechsel mit dem Bevollmächtigten der Klägerin fest.

Mit ihrer daraufhin zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage beanspruchte die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass sie „mit der von ihr geführten Praxis L. zur Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII geeignet und deshalb insbesondere in der vom Beklagten geführten Therapeutenliste aufzunehmen ist“, hilfsweise die Verurteilung des Beklagten, „die Klägerin als geeignet zur Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe anzuerkennen und sie dabei insbesondere in die vom Beklagten geführte Therapeutenliste aufzunehmen.“ Diese Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. März 2012 (Az. AN 4 K 11.01202) insgesamt ab.

Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig, da es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten fehle. Ein dergestalt konkretes, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liege nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dann vor, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts in einem bereits überschaubaren Sachverhalt im Streit stehe. In Anwendung der öffentlich-rechtlichen Normen müssten sich aus der Rechtsbeziehung zwischen den Parteien bestimmte Rechtsfolgen ergeben. Bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses könnten daher nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden. Demnach sei der vorliegende Feststellungsantrag infolge mangelnder Konkretisierung des Rechtsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagtem unzulässig. Denn die Klägerin ziele mit ihrem Begehren, vom Beklagten als für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII geeignet anerkannt zu werden, auf keinen konkreten Sachverhalt, auf den die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Gewährung von Eingliederungshilfe Anwendung finden würden. Vielmehr wolle sie vorab und generell ihre Anerkennung zur Durchführung der genannten Therapien als ambulante Hilfsmaßnahmen im Rahmen von § 35a SGB VIII erreichen.

Sofern das Jugendamt des Beklagten über die Eignung von Eingliederungshilfemaßnahmen nach § 35a SGB VIII entscheide, seien diese nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Eignung der Klägerin zur Durchführung derartiger Hilfemaßnahmen lasse sich daher nicht vorab abstrakt klären. Weiter bestünden Rechtsbeziehungen auf der Grundlage von § 35a SGB VIII nur zwischen dem Jugendamt des Beklagten und dem jeweiligen Hilfeempfänger; nicht hingegen zum Therapeuten als Leistungserbringer. Schließlich ziele das Feststellungsbegehren der Klägerin auch nicht - im Sinne einer Drittfeststellungsklage - unmittelbar auf ein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem Dritten, da der insoweit allein in Betracht kommende Hilfeempfänger nicht feststehe. Zwischen der Klägerin selbst und dem Jugendamt liege daher kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor.

Demgegenüber erweise sich die hilfsweise erhobene Leistungsklage, mit der die Klägerin die Anerkennung ihrer Eignung für Legasthenie- und Dyskalkulietherapien und die Aufnahme in die Therapeutenliste des Beklagten erstrebe, als zulässig. Die vom Jugendamt praktizierte Vorauswahl der für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII grundsätzlich geeigneten Therapeuten stelle nach der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geschilderten Praxis eine Berufsausübungsregelung dar, der eine objektiv berufsregelnde Tendenz innewohne. Die verwaltungsinterne Handhabung der Therapeutenliste erfahre dadurch Außenwirkung, dass den Eltern von therapiebedürftigen Kindern und Jugendlichen vom Jugendamt mitgeteilt werde, dass nur Therapeuten mit einem Diplompsychologiestudium bzw. approbierte Kinder- und Jugendpsychotherapeuten für die Durchführung einer ambulanten Maßnahme als geeignet angesehen und ihnen zur Auswahl ausschließlich die auf der Liste aufgeführten Therapeuten genannt würden. Das Jugendamt begrenze damit von vornherein den Kreis der Anbieter von Legasthenie- und Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe auf solche, die die gewünschten Qualifikationen vorweisen könnten. Dieser Praxis wohne damit eine objektiv berufsregelnde Tendenz inne, da sie diejenigen Therapeuten, die die geforderten Qualifikationen nicht besitzen, von vornherein von der Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe ausschließe. Daher sei eine Verletzung der in Art. 12 Abs. 1, Art. 3 GG bzw. Art. 101, 118 BV gewährleisteten Berufsfreiheit der Klägerin und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht von vornherein ausgeschlossen, so dass ihre Klagebefugnis zu bejahen sei.

Der Sache nach erweise sich die Klage jedoch als unbegründet. Eine generelle „Anerkennung“ der Klägerin für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien komme deshalb nicht in Betracht, da nach der Konzeption von § 35a SGB VIII im jeweiligen Einzelfall die Fachkräfte des Jugendamts über die Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme der Eingliederungshilfe entschieden.

Auch bestehe kein Anspruch auf Aufnahme in die vom Beklagten geführte Therapeutenliste. Als Anspruchsgrundlage scheide § 35a SGB VIII aus, da diese Bestimmung nur das Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Jugendhilfeträger regele. Die der vom Beklagten geführten Therapeutenliste innewohnende objektiv berufsregelnde Funktion stelle indes eine Berufsausübungsregelung dar, die mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 101 BV nur dann vereinbar sei, wenn sie vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls rechtfertigten, das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich und die durch die Regelung bewirkte Beschränkung der Berufsausübung dem Betroffenen zumutbar sei. Gemessen an diesen Grundsätzen erwiesen sich die vom Beklagten für die Aufnahme in die Therapeutenliste festgelegten Kriterien als mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Daher sei seine Weigerung, die Klägerin in die Liste aufzunehmen, rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII liege in der ausschließlichen Verantwortung des Jugendamts. Dieses sei nicht nur Kostenträger der Hilfeleistung, ihm obliege vielmehr nach § 36a SGB VIII die Steuerungsverantwortung im Einzelfall. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Geeignetheit einer Eingliederungshilfemaßnahme handele es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Beteiligung des Betroffenen und verschiedener Fachkräfte, der nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebe, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten müsse, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sei. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung beschränke sich daher darauf, ob allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden seien. Dem entspreche es, dem Jugendamt auch bei der Festlegung interner Richtlinien zur Beurteilung der Eignung von Hilfen im Rahmen des § 35a SGB VIII einen gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Behördeninterne Regelungen und Richtlinien dienten der einheitlichen Rechtsanwendung und stellten eine Arbeitserleichterung der behördlichen Praxis dar. Soweit die Klägerin vorliegend das Kriterium des abgeschlossenen Psychologiestudiums oder eines Abschlusses als Kinder- oder Jugendpsychotherapeut in Frage stelle, habe der Beklagte den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

So erweise sich der Ansatz, bei der Beurteilung einer Maßnahme im Einzelfall nur solche Therapeuten zu berücksichtigen, die eine Ausbildung als Diplompsychologe bzw. Kinder- und Jugendpsychotherapeut mit entsprechenden Zusatzqualifikationen besäßen und zudem an Supervisionen und Fortbildungsmaßnahmen teilnähmen, als fachlich vertretbar. Durch das Abstellen auf einen entsprechenden Abschluss bzw. eine Approbationsurkunde werde die entsprechende Fachkenntnis sichergestellt. Bei den geforderten Qualifikationen handele es sich um solche der fachnächsten wissenschaftlichen Disziplinen, die seelische Störungen von Kindern und Jugendlichen zum Gegenstand haben. Der Umstand, dass andernorts weniger strenge Anforderungen gestellt und die Eignung zur Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien nicht an vergleichbare Qualifikationen geknüpft werde, stelle die fachliche Vertretbarkeit nicht in Frage und lasse folglich nicht auf eine Überschreitung des eingeräumten Beurteilungsspielraums schließen. Aus dem Wunsch-und Wahlrecht des § 5 SGB VIII folge ebenfalls nichts anderes, da dieses erst dann bestehe, wenn die Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme feststehe. Ferner werde auch die Selbstständigkeit der freien Jugendhilfe nach § 4 SGB VIII durch die Ausfüllung des Beurteilungsspielraums durch den Beklagten nicht in Frage gestellt. Vielmehr bestünde andernfalls ein Widerspruch zur Steuerungsverantwortung des Beklagten nach § 36a SGB VIII. Der Klägerin komme folglich kein Anspruch auf Aufnahme in die Therapeutenliste des Beklagten zu. Die Verfahrensweise des Jugendamts des Beklagten erweise sich ferner auch nicht als unverhältnismäßig und stehe in Einklang mit dem Gleichheitssatz.

Mit dem gegen dieses Urteil eingereichten Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an dessen Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend.

Zutreffend sehe das Verwaltungsgericht in der vom Beklagten praktizierten Vorauswahl aufgrund der Regelung vom 31. Juli 2010 eine Berufsausübungsregelung, der eine objektiv berufsregelnde Tendenz innewohne, für die jedoch keine Rechtsgrundlage bestehe. Das Verwaltungsgericht widerspreche sich insoweit selbst, wenn es einerseits den Einzelfallbezug von §§ 35a, 36a SGB VIII betone und daraus den Schluss ziehe, dass sich die Eignung der Klägerin für die Durchführung von Therapien im Rahmen des § 35a SGB VIII nicht als abstrakte Rechtsfrage vorab klären lasse, andererseits die genannten, einzelfallbezogenen Regelungen als Ermächtigung für den Beklagten begreife, die Klägerin allgemein bei der Vergabe von Eingliederungshilfeleistungen nicht zu berücksichtigen. Das grundsätzliche Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten sei vielmehr in § 4 SGB VIII geregelt.

Auch soweit das Verwaltungsgericht auf die aktuelle Rechtsprechung zum Beurteilungsspielraum des Jugendamts bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe abstelle, werde nicht hinreichend zwischen der Bewilligung im Einzelfall und dem a-priori-Ausschluss der Klägerin von der Leistungsvergabe unterschieden. Bezüglich letzterem bestünde kein Beurteilungsspielraum des Beklagten und könne sich dieser auch nicht auf § 36a SGB VIII berufen.

Ferner erweise sich die vom Beklagten praktizierte Eingrenzung geeigneter Therapeuten auf Diplompsychologen und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten als fachlich nicht vertretbar. Der Beklagte habe keinen Nachweis dafür erbracht, dass nur diese Personengruppe für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien geeignet sei. Dies belegten auch die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 31. Januar 2007. Auch beachte die Entscheidung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Handhabung der Berufsausübungsregelung nicht. Jedenfalls mit Blick auf die hervorragende Qualifizierung der Klägerin und ihre Tätigkeit als Leiterin der „L.-Akademie“ hätte der Beklagte eine Ausnahme von seinen rigiden Kriterien für die „Zulassung“ als Therapeut machen müssen. Weiterhin verletze der Beklagte mit seinem Vorgehen das Gebot partnerschaftlicher Zusammenarbeit des § 4 SGB VIII. Ebenso werde das in § 5 SGB VIII verankerte Wunsch- und Wahlrecht verkannt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstoße der Beklagte auch gegen den Gleichheitsgrundsatz. Vertreter des Jugendamts hätten selbst eingeräumt, dass auch nach Aufstellung der Kriterien vom 31. Juli 2010 nach wie vor Therapeuten im Gebiet des Beklagten tätig seien, die diese Kriterien nicht erfüllten. Bestands- und Vertrauensschutz greife insoweit nicht ein. Auch sei kein Grund für die Einführung eines Stichtags ersichtlich.

Darüber hinaus weise die Rechtssache auch besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf. Ihr komme grundsätzliche Bedeutung zu, da das grundsätzliche Verhältnis von freier und öffentlicher Jugendhilfe angesprochen sei. Zu diesem Problemkreis liege noch keine obergerichtliche Rechtsprechung vor.

Der Beklagte wendet sich gegen die Zulassung der Berufung. Sein Jugendamt habe ab 1. August 2010 festgelegt, dass für die Erbringung ambulanter Therapieleistungen für Legasthenie und Dyskalkulie nur solche Therapeuten zu berücksichtigen und in die interne Therapeutenliste aufzunehmen seien, die eine Ausbildung als Diplompsychologe bzw. Kinder- und Jugendpsychotherapeut mit Zusatzausbildung vorweisen könnten. Der Jugendhilfeträger sei nach § 36a SGB VIII im Rahmen seiner Steuerungsverantwortung insoweit auch befugt, derartige Regelungen zu treffen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen. Solche, die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO legitimierenden Richtigkeitszweifel sind dann gegeben, wenn der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen einen tragenden Rechtssatz oder eine entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellung dergestalt in Frage stellt, dass das Ergebnis eines zugelassenen Berufungsverfahrens ungewiss erscheint. Dies ist im vorliegenden Fall sowohl hinsichtlich des Feststellungs- wie auch hinsichtlich des Leistungsantrags der Klägerin der Fall.

1. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die von der Klägerin primär erhobene Feststellungsklage sei mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten bereits unzulässig, begegnet durchgreifenden Zweifeln.

1.1 So legt das Verwaltungsgericht den Antrag der Klägerin, wie er zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, dahingehend aus, dass sie die Feststellung ihrer abstrakten, d. h. vom konkreten Einzelfall losgelösten Eignung für die Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen in Form von Legasthenie- bzw. Dyskalkulietherapien durch den Beklagten beansprucht. So ausgelegt, zielt der Antrag auf eine im konkreten Einzelfall individuell zu entscheidende Vorfrage. Mangels eines konkretisierten Sachverhalts fehlte es dann auch an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.

Indes ist der Feststellungsantrag nach dem Klage- wie auch dem Zulassungsvorbringen (vgl. hierzu insb. den Klageantrag aus der Klageschrift, Bl. 2 der VG-Akte und die Klagebegründung Bl. 4 f.) entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts dahin zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Regelung des Beklagten begehrt, ab dem 1. August 2010 alle diejenigen Anbieter von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien bei der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII nicht mehr zu berücksichtigen, die nicht Diplompsychologen bzw. approbierte Kinder- und Jugendpsychotherapeuten mit entsprechender Zusatzqualifikation sind (zur Auslegung des Feststellungsantrags in derartigen Fällen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 43 Rn. 11, 17, Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 43 Rn. 11, 14, 17 ff.; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010 § 43 Rn. 36). Grundlage des insoweit zwischen der Klägerin als Erbringerin von Therapieleistungen ohne das geforderte Qualifikationsprofil und dem Beklagten bestehenden Rechtsverhältnisses sind mit der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit der Klägerin und der Ausgestaltung der Eingliederungshilfe in §§ 35a, 36a SGB VIII Normen des öffentlichen Rechts, über die zwischen den Beteiligten Streit besteht. Das insoweit vorliegende Rechtsverhältnis ist auch hinreichend konkret, weil der Beklagte der Klägerin explizit auf der Grundlage seiner (verwaltungsinternen) Regelung vom 31. Juli 2010 die „Anerkennung“ als Leistungserbringerin für Eingliederungshilfemaßnahmen nach § 35a SGB VIII versagt hat. An der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von der Leistungserbringung hat die Klägerin auch ein - jedenfalls wirtschaftliches - Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 2 VwGO. Rechtsschutzmöglichkeiten außerhalb der allgemeinen Feststellungsklage, die Anordnung des Beklagten vom 31. Juli 2010 auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, besitzt die Klägerin nicht. Denn als Leistungserbringer ist sie im Rahmen des sog. jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses nicht Adressat eines Verwaltungsakts, mit dem der Beklagte gegenüber einem Hilfebedürftigen Eingliederungshilfeleistungen bewilligt oder ablehnt. Im Falle der Ablehnung einer bestimmten Hilfemaßnahme - beispielsweise der Kostenübernahme für eine Legasthenie- oder Dyskalkulietherapie - kann allein der Hilfebedürftige Anfechtungsklage erheben, nicht indes die Klägerin, deren Leistung eventuell für ungeeignet erachtet worden ist (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.9.2012 - AN 14 K 11.02268 - juris, das die Eignung von Leistungen der Klägerin in einem speziellen Hilfefall zum Gegenstand hat). Insoweit gebietet daher auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG eine weite Auslegung des Feststellungsbegehrens (in diesem Sinne Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 43 Rn. 36), da andernfalls die Klägerin gegenüber der Vorgehensweise des Beklagten rechtsschutzlos gestellt wäre.

1.2 Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist weiterhin auch nicht deshalb abzulehnen, weil sich das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis deshalb als richtig erwiese, weil sich die Feststellungsklage als materiell unbegründet darstellte. Der generelle, an das Fehlen einer bestimmten Qualifikation geknüpfte Ausschluss der Klägerin von der Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII ist vielmehr bereits deshalb rechtswidrig, weil sich der Beklagte, wie von der Klägerin wiederholt vorgetragen, hierfür auf keine Rechtsgrundlage stützen kann.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht bei der Behandlung der Leistungsklage davon aus, dass es sich bei der verwaltungsinternen Anordnung der Beklagten vom 31. Juli 2010, ab dem 1. August 2010 nur noch solche Therapeuten mit der Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien zu beauftragen - und darüber hinaus in die Liste der „zugelassenen“ Therapeuten aufzunehmen -, die Diplompsychologen mit entsprechender Zusatzqualifikation sind, um eine Regelung mit einer objektiv berufsregelnden Tendenz handelt (vgl. hierzu speziell für eine Liste von Legasthenietherapeuten VG München, U.v. 29.4.2009 - M 18 K 07.1892 - juris Rn. 28, ferner BVerfG, B.v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 ff. Rn. 36 ff. zur öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen; BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 5.88 - BVerwGE 89, 281 Rn. 17 ff. betreffend die Benennung von Unternehmensberatern durch eine Industrie- und Handelskammer; BayVGH, B.v. 9.1.2012 - 12 CE 11.2685 - DVBl. 2012, 383; VG Augsburg, U.v. 4.12.2001 - Au 9 K 01.621 - juris Rn. 27 ff. zum Ausschluss eines Pflegedienstes von staatlicher Förderung; VG Berlin, B.v. 19.2.2009 - 9 L 80.09 - juris Rn. 13 zur Aufnahme eines Tierarztes in den Notdienstplan; ferner Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 17, 20 ff.; insb. Rn. 22 zur Beeinflussung des Wettbewerbs durch Begünstigung eines Konkurrenten), die jedenfalls die freie Berufsausübung der Klägerin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten tangiert. Eine derartige Berufsausübungsregelung kann indes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 46; BVerwG a.a.O Rn. 20). Über eine gesetzliche Ermächtigung, den Kreis der Leistungserbringer im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII generell auf Personen mit bestimmten Qualifikationen zu beschränken, verfügt der Beklagte indes nicht. Dies gilt gleichermaßen auch für die weitere Beschränkung der Leistungserbringer auf approbierte Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, ohne dass sich allerdings aus den dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgängen entnehmen ließe, auf welche Regelung bzw. Anordnung des Beklagten sich diese stützt.

Es fehlt mithin an einer spezifischen gesetzlichen Regelung für die Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien, vergleichbar etwa dem Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz - HeilPrG), die bestimmte Voraussetzungen für die berufliche Tätigkeit in diesem Bereich normiert. Auch bei der Ausgestaltung der Eingliederungshilfe hat der Gesetzgeber ein bestimmtes Qualifikationsprofil in § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII nur für die Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme zum Vorliegen einer, den Eingliederungshilfebedarf auslösenden seelischen Störung vorgeschrieben. Speziell für die Erbringung von Eingliederungshilfemaßnahmen enthält § 35a Abs. 1a Satz 4 SGB VIII lediglich die Vorgabe, dass die Hilfe nicht von derjenigen Person oder dem Dienst oder der Einrichtung erbracht werden soll, der die Person angehört, die die Stellungnahme zum Vorliegen einer seelischen Störung abgegeben hat. Darüber hinaus bestimmt § 35a Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, dass bei gleichzeitig erforderlicher Hilfe zur Erziehung Einrichtungen, Dienste oder Personen in Anspruch genommen werden sollen, die sowohl Eingliederungshilfemaßnahmen erbringen wie auch den erzieherischen Bedarf eines Hilfebedürftigen abdecken können. § 35a Abs. 4 Satz 2 enthält weitere Regelungen speziell für heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht schulpflichtige Kinder. Über die genannten Normen hinaus macht § 35a SGB VIII für im Rahmen der Eingliederungshilfe mögliche Hilfeleistungen hinsichtlich der Qualifikation der Leistungserbringer keine Vorgaben. Insoweit gilt, wie die Klägerin zu Recht ausführt, der Grundsatz der Pluralität der Jugendhilfe, der einer Vielfalt von Hilfen und Methoden Raum gibt.

Als gesetzliche Grundlage für den generellen Ausschluss bestimmter Gruppen von Leistungserbringern bei Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII kann sich der Beklagte auch nicht auf die in § 36a SGB VIII geregelte Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers berufen. Ungeachtet des Umstands, dass § 36a SGB VIII bereits die Anforderungen insb. der Normenklarheit für eine die Berufsausübungsfreiheit beschränkende Norm (zu diesen Anforderungen vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 5.99 - BVerwGE 89, 281 Rn. 21 ff.) nicht erfüllt, greift die Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers nur einzelfallbezogen ein (vgl. Wiesner in Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 36a Rn. 12). Nach der Konzeption des Gesetzgebers hat er über die Eignung einer bestimmte Eingliederungshilfemaßnahme zur Deckung eines spezifischen, bei einem bestimmten Hilfeempfänger bestehenden Bedarfs im Rahmen der sozialpädagogischen Fachlichkeit zu bestimmen (vgl. hierzu VG Ansbach, U.v.20.9.2012 - AN 14 K 11.02268 - juris, das die Eignung der Leistung der Klägerin für einen speziellen Hilfefall zum Gegenstand hat). Dabei kommt ihm wiederum im Einzelfall ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Aus der auf den Einzelfall bezogenen Steuerungsverantwortung folgt jedoch keinerlei Kompetenz, losgelöst vom jeweiligen Hilfefall vorab und generell gewisse Gruppen von Leistungserbringern als ungeeignet auszuscheiden. Ebenso wenig eröffnet der einzelfallbezogene Beurteilungsspielraum einen ebensolchen Beurteilungsspielraum für einen generellen Ausschluss bestimmter Therapeuten (so aber VG München, U.v.29.4.2009 - M 18 K 07.1892 - juris Rn. 35 ff. und ihm folgend das VG Ansbach im angefochtenen Urteil). Das Vorgehen des Beklagten, nur Therapeuten mit einer bestimmten Qualifikation für die Erbringung von Eingliederungshilfemaßnahmen bei Legasthenie und Dyskalkulie als geeignet anzusehen, steht folglich mit der gesetzgeberischen Konzeption, die im Einzelfall für den Hilfeempfänger geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, in Widerspruch (zur einzelfallbezogenen Beurteilung der Eignung von Legasthenikertherapeuten vgl. BLJA Mitteilungsblatt 2/1999 „Eignung sog. Legasthenikertherapeuten“, abrufbar über www.blja.de; ferner BLJA Mitteilungsblatt 3/2004 „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche“; Bayerisches Landesjugendamt [Hrsg.]: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, 2005, S. 14). Der Beklagte ergreift folglich mit der Einschränkung des Kreises der potenziellen Leistungserbringer an Stelle des Gesetzgebers eine berufsregelnd wirkende Maßnahme ohne die hierfür erforderliche gesetzliche Ermächtigung zu besitzen. Die Verfügung vom 31. Juli 2010 und die mit ihr verbundene Praxis ist daher bereits mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.

1.3 Darüber hinaus erscheint es zweifelhaft, ob die vom Beklagten durch sein Anforderungsprofil an Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten bewirkte Einschränkung des Kreises der Leistungserbringer den weiteren Anforderungen an eine die Berufsausübung beschränkende Regelung genügt, insbesondere durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert ist und eine verhältnismäßige Einschränkung darstellt (vgl. VG München, U.v. 29.4.2009 - M 18 K 07.1892 - juris Rn. 29 f.). Zwar besteht zweifelsohne ein Gemeinwohlinteresse an der Erbringung fachkundiger und geeigneter Hilfemaßnahmen im Rahmen der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe. Ob indes die vom Beklagten getroffene Einschränkung des Kreises der Leistungserbringer zur Erreichung dieses Gemeinwohlbelangs geeignet und verhältnismäßig ist, erscheint zweifelhaft. Wenn das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in seinen Vollzugshinweisen zu § 35a SGB VIII (AMS VI 5/7225/3/07 vom 31.1.2007, dort unter „Eignungsvoraussetzungen für Fachkräfte bei der Erbringung von (ambulanten) Leistungen gem. § 35a SGB VIII“) zum einen einen weiten Kreis von Berufsgruppen für die Erbringung ambulanter Eingliederungshilfemaßnahmen für geeignet befunden hat, darüber hinaus für derartige Maßnahmen auch Leistungserbringer zulassen will, die über nachgewiesene Erfahrungen in bestimmten Therapieformen verfügen, statt ausschließlich an eine formale Qualifikation anzuknüpfen, spricht dies - auch im Sinne der Pluralität der Jugendhilfe - für eine differenzierte Beurteilung der Eignung von Leistungserbringern, was, wie die Klägerin ebenfalls vorgetragen hat, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besser Rechnung trägt als das vom Beklagten praktizierte Ausschlussverfahren. Überdies vermag der Beklagte keinen Nachweis zu erbringen und lässt sich eine solche Annahme wohl auch nicht als allgemeinkundig unterstellen, dass Diplompsychologen generell bessere Leistungen bei Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe erzielen als andere Berufsgruppen.

1.4 Die von der Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen aufgeworfene Frage, ob das Vorgehen des Beklagten das Gebot partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Jugendhilfeträgern in § 4 Abs.1 Satz 1 SGB VIII verletzt und sich hieraus die Rechtswidrigkeit der Eingrenzung des „zugelassenen“ Therapeutenkreises durch den Beklagten ergibt, kann vorliegend offen bleiben. Welche Rechtsfolgen sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für einen Träger der freien Jugendhilfe im Verhältnis zum öffentlichen Jugendhilfeträger ableiten lassen, ist ebenso ungeklärt wie die Frage, ob auch privat-gewerbliche Leistungserbringer wie die Klägerin zu den Trägern der freien Jugendhilfe rechnen (vgl. hierzu Münder in Münder/Meysen/Trenczek, Frankrfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 3 Rn. 7 f., § 4 Rn. 2, 15 ff.; Kern in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 3 Rn. 9). Indes kommt es hierauf angesichts der fehlenden Rechtsgrundlage des Beklagten für eine die Berufsausübung einschränkende Regelung nicht entscheidungserheblich an.

2. Ernstlichen Zweifeln begegnet auch die Abweisung der auf die Aufnahme in die sog. „Therapeutenliste“ des Beklagten gerichteten Leistungsklage. Insoweit sieht der Senat bei der nach § 88 VwGO gebotenen Auslegung des Klagebegehrens diese Klage nicht als hilfsweise erhoben, sondern als bereits im ursprünglichen Hauptklageantrag enthalten an. Demgegenüber geht der mit dem Hauptantrag bei entsprechender Auslegung identische Hilfsantrag ins Leere. Für die Zulassung der Berufung kommt es hierauf jedoch nicht maßgeblich an, da bei einem erfolgreichen Hauptantrag, für den vorliegend einiges spricht, der Hilfsantrag mangels Eintritts der prozessualen Bedingung nicht zu behandeln wäre.

2.1 Ausgehend von der Erklärung des Beklagten, die sog. „Therapeutenliste“ nur zu Informationszwecken zu verwenden, steht der Klägerin ein Anspruch auf Aufnahme in diese Liste unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten offenkundig zu. Denn nachdem, wie unter 1. entwickelt, der Beklagte keine Rechtsgrundlage dafür besitzt, den Kreis möglicher Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten vorab durch spezielle fachliche Anforderungen einzuschränken, sind keine sachlichen Gesichtspunkte ersichtlich - und vom Beklagten auch nicht angeführt - die nach Art. 3 Abs. 1 GG eine Ungleichbehandlung zwischen der Klägerin und anderen, in der Liste des Beklagten enthaltenen Therapeuten rechtfertigt.

2.2 Ergänzend weist der Senat betreffend das „Verzeichnis der zugelassenen Therapeuten im Landkreis E.-H.“ auf Folgendes hin: Ausgehend von den vorliegenden Akten und dem Vortrag der Beteiligten in der ersten Instanz und im Zulassungsverfahren drängt sich der Eindruck auf, dass es sich bei der „Therapeutenliste“ jedenfalls in der praktischen Handhabung entgegen dem Bekunden des Beklagten nicht um ein reines Informationsinstrument für Hilfe- und Ratsuchende handelt. Bereits die Wortwahl und die Diktion in der Anweisung vom 31. Juli 2010, wo von einer „Zulassung“ von Therapeuten bzw. „anerkannten“ Therapeuten die Rede ist (zur fehlenden Rechtsgrundlage für eine „Anerkennung“ vgl. Bayerisches Landesjugendamt [Hrsg.]: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, 2005, S. 14), deuten darauf hin, dass der Beklagte wohl von einem gesetzlich nicht vorgesehenen und damit rechtswidrigen Zulassungserfordernis ausgeht. Ebenfalls rechtswidrig wäre ein Abstellen auf einen bestimmten, vom Beklagten definierten „Bedarf“ an Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten im Landkreis E.-H. (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 Rn. 55 ff.). Eine derartige, gesetzlich nicht vorgesehene Bedarfsprüfung scheint dem Beklagten offensichtlich vorzuschweben, wenn in der Anweisung vom 31. Juli 2010 ebenso wie im Schreiben an die Klägerin vom 31. Januar 2011 darauf hingewiesen wird, der Bedarf an Legasthenietherapeuten im Landkreis E.-H. sei gedeckt. Schließlich ließe sich angesichts der in der Liste enthaltenen „Altfälle“, d. h. derjenigen Therapeuten, die nicht über die seit dem 1. August 2010 erforderliche Qualifikation verfügen, eine Handhabung der Liste als Konkurrenzschutzinstrument vermuten (vgl. zum unzulässigen Konkurrenzschutz VG Augsburg, U.v. 4.12.2001 - Au 9 K 01.621 - juris Rn. 28), zumal das Festhalten an nicht hinreichend qualifizierten Leistungserbringern im Widerspruch zu der eigentlichen Zielsetzung der Liste steht. Insoweit weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass einem eventuellen Vertrauensschutzgesichtspunkt auch durch eine Übergangsfrist für den Erwerb der erforderlichen Qualifikation hätte Genüge getan werden können. Insgesamt ist daher angesichts der gesetzgeberischen Ausrichtung der Eingliederungshilfe auf den Einzelfall die Verwendung sog. Therapeutenlisten, obwohl von ihnen augenscheinlich in der Praxis häufig Gebrauch gemacht wird, kritisch zu hinterfragen (vgl. BLJA Mitteilungsblatt 3/2004 „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche“: „(…) Die Führung von Listen ‚anerkannter Therapeuten‘ ist als nicht unproblematisch zu sehen, (…)“).

Damit liegen die für die Zulassung der Berufung erforderlichen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vor, so dass dem Zulassungsantrag bereits aus diesem Grund stattzugeben war und es auf das Vorliegen der weiteren, von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nicht mehr entscheidungserheblich ankommt. Der Beklagte wird angesichts des vorstehend Ausgeführten zu überprüfen haben, ob er seine Anweisung vom 31. Juli 2010 aufhebt und in Abkehr von einem generellen Ausschluss bestimmter Leistungserbringer die von Gesetzes wegen gebotene Einzelfallprüfung bei der Bewilligung von Eingliederungshilfemaßnahmen wieder in den Vordergrund rückt. Sofern er weiterhin von der „Therapeutenliste“ zu Informationszwecken Gebrauch macht, wird er in diese Liste jedenfalls auch die Klägerin ungeachtet ihres Qualifikationsprofils aufzunehmen haben.

3. Das Verfahren wird künftig unter dem Aktenzeichen 12 B 14.638 geführt.

Belehrung

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die einschlägigen, jeweils geltenden Vorschriften Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.

(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.

(1) Die Regelungen der §§ 78b bis 78g gelten für die Erbringung von

1.
Leistungen für Betreuung und Unterkunft in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3),
2.
Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19),
3.
Leistungen zur Unterstützung bei notwendiger Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21 Satz 2),
4.
Hilfe zur Erziehung
a)
in einer Tagesgruppe (§ 32),
b)
in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34) sowie
c)
in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie außerhalb der eigenen Familie erfolgt,
d)
in sonstiger teilstationärer oder stationärer Form (§ 27),
5.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in
a)
anderen teilstationären Einrichtungen (§ 35a Absatz 2 Nummer 2 Alternative 2),
b)
Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 4),
6.
Hilfe für junge Volljährige (§ 41), sofern diese den in den Nummern 4 und 5 genannten Leistungen entspricht, sowie
7.
Leistungen zum Unterhalt (§ 39), sofern diese im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nummern 4 bis 6 gewährt werden; § 39 Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Landesrecht kann bestimmen, dass die §§ 78b bis 78g auch für andere Leistungen nach diesem Buch sowie für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§§ 42, 42a) gelten.

(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.

(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Tenor

1. § 3 Nummer 3 Satz 2 und Satz 3, Nummer 4, Nummer 5, Nummer 6 Satz 3 und Nummer 7 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (Bundesgesetzblatt I Seite 418) sind vom Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 266) bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 (Bundesgesetzblatt I Seite 1768) mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit eingetragene Lebenspartner nicht wie Ehegatten von der Grunderwerbsteuer befreit sind.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2012 für den in Nummer 1 genannten Zeitraum eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen.

Gründe

A.

1

Das Finanzgericht begehrt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (BGBl I S. 418) insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als der Grundstückserwerb durch einen eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers nicht von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

I.

2

1. a) Die Grunderwerbsteuer besteuert den Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts nach Maßgabe der im Grunderwerbsteuergesetz im Einzelnen aufgeführten Erwerbsvorgänge. § 3 GrEStG begründet Ausnahmen von der Besteuerung des Grunderwerbs. In § 3 Nr. 4 GrEStG war in der für das Ausgangsverfahren maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (im Folgenden: a.F.) geregelt, dass der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers von der Besteuerung ausgenommen ist. Diese Steuerbefreiung wurde zunächst nicht auf Grundstücksübertragungen zwischen Partnern erstreckt, die in einer seit dem 1. August 2001 ermöglichten eingetragenen Le-benspartnerschaft lebten. Daneben wies § 3 GrEStG a.F. eine Reihe weiterer Steuerbefreiungen nur für Ehegatten, nicht aber für eingetragene Lebenspartner auf. § 3 GrEStG a.F. lautete auszugsweise wie folgt:

3

§ 3 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung

Von der Besteuerung sind ausgenommen:

2. der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind;

3. der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses. Den Miterben steht der überlebende Ehegatte gleich, wenn er mit den Erben des verstorbenen Ehegatten gütergemeinschaftliches Vermögen zu teilen hat oder wenn ihm in Anrechnung auf eine Ausgleichsforderung am Zugewinn des verstorbenen Ehegatten ein zum Nachlaß gehöriges Grundstück übertragen wird. Den Miterben stehen außerdem ihre Ehegatten gleich;

4. der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers;

5. der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung;

6. der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind. Den Abkömmlingen stehen die Stiefkinder gleich. Den Verwandten in gerader Linie sowie den Stiefkindern stehen deren Ehegatten gleich;

7. der Erwerb eines zum Gesamtgut gehörigen Grundstücks durch Teilnehmer an einer fortgesetzten Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtguts. Den Teilnehmern an der fortgesetzten Gütergemeinschaft stehen ihre Ehegatten gleich;

4

b) Im Grunderwerbsteuergesetz 1919 (RGBl I S. 1617) und auch noch im Grunderwerbsteuergesetz 1940 (RGBl I S. 585) waren Ehegatten nur begünstigt, wenn zwischen ihnen eine Gütergemeinschaft bestand oder bestanden hatte.

5

Mit dem Grunderwerbsteuergesetz 1983 (BGBl I 1982 S. 1777) wurde vor allem die für das Ausgangsverfahren maßgebende Regelung des § 3 Nr. 4 GrEStG eingeführt, nach der der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers unabhängig vom ehelichen Güterstand von der Steuer befreit ist. Hieran anknüpfend wurde auch der Erwerb im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung durch den früheren Ehegatten des Veräußerers von der Besteuerung ausgenommen (§ 3 Nr. 5 GrEStG 1983). Ferner wurden ohne die Beschränkung auf den Erwerb eines Grundstücks aufgrund bestehender Gütergemeinschaft den Miterben, Abkömmlingen und Teilnehmern einer fortgesetzten Gütergemeinschaft deren Ehegatten gleichgestellt. Die Befreiung von Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten begründete der Gesetzgeber damit, dass familien- und erbrechtliche Gesichtspunkte, die für Grundstücksübertragungen bei Verwandten in gerader Linie vielfach maßgebend seien und deren Freistellung von der Grunderwerbsteuer rechtfertigten, weitgehend auch für Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten Geltung beanspruchten; die Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Verwandten in gerader Linie erscheine deshalb nicht gerechtfertigt und stoße bei den Beteiligten auf Unverständnis (vgl. BTDrucks 9/251, S. 17 f.).

6

c) Mit dem Jahressteuergesetz 2010 (vom 8. Dezember 2010, BGBl I S. 1768) hat der Gesetzgeber eingetragene Lebenspartner hinsichtlich sämtlicher für Ehegatten geltenden Befreiungen des § 3 GrEStG a.F. den Ehegatten gleichgestellt. Insbesondere hat er auch den Grundstückserwerb durch den Lebenspartner des Veräußerers von der Steuer befreit (§ 3 Nr. 4 GrEStG 2010 - im Folgenden: n.F.).

7

Nach Art. 32 des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) ist dieses Gesetz am Tag nach seiner Verkündung und damit am 14. Dezember 2010 in Kraft getreten. Die geänderte Fassung des § 3 GrEStG ist nach § 23 Abs. 9 GrEStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 13. Dezember 2010 verwirklicht wurden.

8

Zur Begrenzung der Neuregelung auf die Zukunft vertraten die Koalitionsfraktionen im Finanzausschuss die Auffassung, eine rückwirkende Gleichstellung des Grundstückserwerbs eines Lebenspartners sei im Grunderwerbsteuerrecht nicht geboten, weil man sich beim Erwerb eines Grundstücks - anders als im Erbfall - frei für oder gegen den Erwerb entscheiden könne. Der Grundstückserwerb sei disponibel, der Erbschaftsfall hingegen nicht (vgl. BTDrucks 17/3549, S. 12).

9

2. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist ein familienrechtliches Institut für eine auf Dauer angelegte  , gleichgeschlechtliche Paarbindung (vgl. BVerfGE 124, 199 <206>; 126, 400 <408>). Mit dem am 1. August 2001 in Kraft getretenen Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266)und dem Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3396), welches am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, wurden die Begründung und die Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die persönlichen und vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen der Lebenspartner geregelt; eingetragene Lebenspartner sind hiernach zivilrechtlich, vor allem im Familien- und Erbrecht, Ehegatten weitestgehend gleichgestellt (zu Einzelheiten vgl. BVerfGE 124, 199 <206 ff.>; 126, 400 <408 f.>).

II.

10

1. Die Kläger des Ausgangsverfahrens begründeten im Jahre 2002 eine Lebenspartnerschaft und lebten seitdem im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Jahr 2009 schlossen die zu diesem Zeitpunkt dauernd getrennt lebenden Kläger eine notariell beurkundete Auseinandersetzungsvereinbarung. Mit dieser hoben sie den gesetzlichen Güterstand auf, vereinbarten Gütertrennung und regelten den während der Lebenspartnerschaft erzielten Zugewinn, indem sie die wechselseitige unentgeltliche Übertragung der Miteigentumsanteile an zwei jeweils zur Hälfte in ihrem Eigentum stehenden Immobilien gegen die Übernahme der zum Zwecke des Erwerbs der Immobilien (gesamtschuldnerisch) übernommenen schuldrechtlichen und dinglichen Haftung durch den späteren Alleineigentümer vereinbarten.

11

2. Das im Ausgangsverfahren beklagte Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer gegen den Kläger zu 1) in Höhe von 1.811,- € sowie gegen den Kläger zu 2) in Höhe von 2.699,- € fest.

12

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren, in dem die Kläger eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ihrer Lebenspartnerschaft gegenüber einer ehelichen Lebensgemeinschaft geltend gemacht hatten, verfolgen die Kläger ihr Begehren vor dem Finanzgericht weiter.

III.

13

Das Finanzgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als der Grundstückserwerb durch einen eingetragenen Lebenspartner des Veräußerers nicht von der Grunderwerbsteuer befreit ist.

14

1. Der Beklagte habe nach Maßgabe des einfachen Rechts die von den Klägern vorgenommenen Grundstücksübertragungen zutreffend der Grunderwerbsteuer unterworfen.

15

In Betracht komme allein eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. Eine Auslegung dieser Vorschrift zu Gunsten eingetragener Lebenspartner sei jedoch nicht möglich. Eine Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerbe zwischen Lebenspartnern sei nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. nicht vorgesehen; mit dem Begriff "Ehegatten" seien eindeutig die Partner einer Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts gemeint. Ebenso wenig rechtfertigten Sinn und Zweck des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. eine Grunderwerbsteuerbefreiung. Die Steuerfreistellung habe die bis 1983 bestehende Ungleichbehandlung der Grundstückserwerbe zwischen Ehegatten gegenüber Grundstückserwerben zwischen Verwandten in gerader Linie beseitigt, weil familien- und erbrechtliche Erwägungen bei solchen Grundstücksgeschäften eine gewichtige Rolle spielten. Auch sollte mit der Steuerbefreiung in diesem Bereich ansonsten bestehenden Möglichkeiten der Steuerumgehung der Boden entzogen werden. Da gleichgeschlechtliche Partner keine gemeinsamen Abkömmlinge hätten, sei zumindest der Zweck der Gleichstellung mit Verwandten in gerader Linie und einer gegebenenfalls vorzubeugenden Umgehung der Steuerpflicht nicht dadurch erreichbar, dass Lebenspartner ebenfalls von der Grunderwerbsteuer befreit würden.

16

Eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. auf Grundstücksübertragungen zwischen eingetragenen Lebenspartnern sei nicht möglich, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle.

17

Eine verfassungskonforme Auslegung des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. über dessen Wortlaut hinaus komme angesichts des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers, die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartner mit der Ehe nicht rückwirkend zu erreichen, nicht in Betracht.

18

2. Nach der Überzeugung des vorlegenden Finanzgerichts ist § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar.

19

Ausgehend von der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 4 GrEStG (1983), wonach die familienrechtlichen Bindungen maßgeblich für die Einführung des Befreiungstatbestandes gewesen seien, habe der Gesetzgeber keine hinreichende Begründung vorgelegt, warum Lebenspartner an dieser steuerlichen Begünstigung nicht partizipieren könnten.

20

Das Familienprinzip sei der Grund für die Einführung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG (1983) für Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten. Der Gesetzgeber habe bei Einführung der Vorschrift erkannt, dass innerhalb einer Familie Grundstücksübertragungen deshalb erfolgten, weil die Familienmitglieder während der Ehe "aus einem Topf" wirtschafteten. Bei der Entflechtung des gemeinsamen Wirtschaftens seien Grundstücksübertragungen nicht auszuschließen. Gerade beim Wechsel des Güterstandes seien die während eines Ehelebens erwirtschafteten Vermögenswerte von erheblicher Bedeutung. Das Lebenspartnerschaftsgesetz sei in vielen Bereichen der Ehe nachgebildet. Es bestünden keine ausreichenden Gründe, die Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe zu benachteiligen, obwohl beide Lebensformen vom Familienprinzip geprägt seien.

21

Die Grunderwerbsteuer sei als Verkehrsteuer ausgestaltet. Der Gesetzgeber verfolge mit ihr das Ziel, Grundstücksumsätze zu besteuern. Dementsprechend sei der Grundstücksumsatz, der unter das Grunderwerbsteuergesetz falle, von der Umsatzsteuer befreit. Eingetragene Lebenspartner lebten wie Ehegatten in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft. Da die Freistellung im Grunderwerbsteuerrecht gerade die Familie in familien- und erbrechtlicher Stellung von Ehegatten berücksichtigen wolle, bestehe eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber eingetragenen Lebenspartnern. Indem der Gesetzgeber die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht nur eherechtlich, sondern auch erbrechtlich der Ehe angeglichen habe, bestehe kein hinreichender Rechtfertigungsgrund (mehr), die eingetragene Lebenspartnerschaft hier anders zu behandeln als die Ehe.

IV.

22

Zur Vorlage haben das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule und Lesbische Paare, die Bundessteuerberaterkammer, die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein Stellung genommen.

23

1. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass eine rückwirkende Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten bei der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. verfassungsrechtlich nicht geboten sei. Zumindest bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 zur Hinterbliebenenversorgung (BVerfGE 124, 199) habe der Gesetzgeber davon ausgehen dürfen, dass die auf Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten beschränkte Steuerbefreiung in § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. verfassungsmäßig gewesen sei.

24

2. Die weiteren Stellungnahmen erachten § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Hinterbliebenenversorgung sowie zur Erbschaft- und Schenkungsteuer für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG.

25

Lebenspartner seien auch rückwirkend mit Ehegatten gleichzustellen. Die gesetzgeberische Begründung für die bloß zukünftige Gleichstellung trage aus mehreren Gründen nicht. Die Benachteiligung von Minderheiten könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Betroffenen auf ihre Rechte verzichten könnten. Die Begründung treffe zudem nicht zu, weil auch der Grundstückserwerb nur eingeschränkt disponibel sei, soweit dieser der Vermögensauseinandersetzung im Falle einer beabsichtigten Trennung oder Scheidung und damit dem Ausgleich bestehender Ansprüche diene.

26

Eine befristete Fortgeltungsanordnung aus Gesichtspunkten einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung oder wegen einer nicht hinreichend geklärten Verfassungsrechtslage komme angesichts der geringen Zahl von Altfällen und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare (Verweis auf BVerfGE 105, 313) sowie der zur Gleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern ergangenen Folgeentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht in Betracht.

B.

27

Die zulässige Vorlage führt zur Feststellung der Unvereinbarkeit des § 3 GrEStG a.F. mit Art. 3 Abs. 1 GG, soweit darin Ehegatten, nicht aber Lebenspartner von der Grunderwerbsteuer befreit werden.

I.

28

1. Eingetragene Lebenspartner wurden - bis zur Neuregelung durch das Jahressteuergesetz 2010 - im Grunderwerbsteuerrecht gegenüber Ehegatten dadurch benachteiligt, dass sie nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kamen, die § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. beim Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers vorsah, so dass sie im Gegensatz zu Ehegatten Grunderwerbsteuer zahlen mussten.

29

2. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Prüfung dieser Ungleichbehandlung von Ehegatten und Lebenspartnern anhand eines strengen Maßstabs.

30

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>; 121, 108 <119>; 121, 317 <370>; 126, 400 <416>). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69>).

31

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416>; 129, 49 <68>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 111, 176 <184>; 129, 49 <69>). Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 129, 49 <69>) oder je mehr sie sich - wie im Fall der sexuellen Identität - denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; 124, 199 <220>; 129, 49 <69>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 42).

32

Im Bereich des Steuerrechts kommen zwei Leitlinien hinzu, die den weitreichenden Entscheidungsspielraum begrenzen, der dem Gesetzgeber sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstands als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes grundsätzlich zusteht (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 126, 400 <416 f.>). Es sind das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <119 f.>; 126, 400 <417>). Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Die mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffene Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtigen bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands folgerichtig umzusetzen (vgl. BVerfGE 117, 1 <30 f.>; 120, 1 <29>; 121, 108 <120>; 126, 400 <417>). Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 117, 1 <31>; 120, 1 <29>; 126, 400 <417>).

33

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen reichen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der dem § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. zugrundeliegenden Begünstigung von Ehegatten unter Ausschluss von Lebenspartnern über das bloße Willkürverbot hinaus und führen, wie das Bundesverfassungsgericht im Bereich des Steuerrechts bereits zur Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartner bei der Erbschaftsteuer entschieden hat (vgl. BVerfGE 126, 400), zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung.

34

Neben den spezifisch steuerrechtlichen Ausprägungen des Gleichheitssatzes, die ihre Ursache in der zu prüfenden Differenzierung innerhalb des Steuertatbestands haben, muss sich die allein Veräußerungsgeschäften zwischen Ehegatten vorbehaltene Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. jedenfalls deshalb an strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen messen lassen, weil der Gesetzgeber hier eine die sexuelle Orientierung von Personen betreffende Differenzierung vornimmt (vgl. dazu im Einzelnen BVerfGE 124, 199 <220 f.> m.w.N.). Die Entscheidung des Einzelnen für eine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft ist kaum trennbar mit seiner sexuellen Orientierung verbunden (vgl. BVerfGE 124, 199 <221>; 126, 400 <419>). Von Bestimmungen, die die Rechte und Pflichten eingetragener Lebenspartner regeln, werden typischerweise homosexuelle Menschen erfasst, und von solchen, die die Rechte und Pflichten von Ehegatten regeln, heterosexuelle Menschen (vgl. BVerfGE 124, 199 <222>; 126, 400 <419>).

35

Da damit die Ungleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern hinsichtlich der Befreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. in Anknüpfung an die sexuelle Orientierung erfolgt, bedarf es hinreichend gewichtiger Unterschiede zwischen diesen beiden Formen einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft, um die konkrete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 124, 199 <222>; 126, 400 <419>).

36

3. Derartige Unterschiede von hinreichendem Gewicht bestehen für § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. nicht.

37

a) Der Gesetzgeber hat die Privilegierung von Ehegatten in § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. damit begründet, dass für Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten - ebenso wie bei Verwandten in gerader Linie - vor allem familien- und erbrechtliche Gesichtspunkte maßgebend seien (BTDrucks 9/251, S. 17 f.). Die hiermit offenbar verbundene Vermutung, dass Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten wie bei den nach § 3 Nr. 6 GrEStG a.F. befreiten nahen Verwandten häufig zur Regelung familienrechtlicher Ansprüche der Ehegatten untereinander oder in Vorwegnahme eines Erbfalls erfolgen, gilt aber auch für eingetragene Lebenspartner, weil sich die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für diese der gesetzlichen Regelung zugrundeliegenden Annahme bei Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft entsprechen. Denn eingetragene Lebenspartner sind Ehegatten familien- und erbrechtlich gleichgestellt sowie persönlich und wirtschaftlich in gleicher Weise in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft miteinander verbunden (vgl. BVerfGE 124, 199 <206 ff.; 225>; 126, 400 <408 f.; 423>).

38

Nichts anderes gilt, wenn man, wie im Vorlagebeschluss erwogen, die ehelichen Verhältnisse und das dem gegenseitigen Unterhalt dienende gemeinsame Wirtschaften (§ 1360 BGB) oder ein aus besonderen rechtlichen Bindungen gespeistes Familienprinzip als für die Befreiung des Ehegattenerwerbs maßgebend erachtet. Für eingetragene Lebenspartner bestehen jeweils entsprechende Regelungen.

39

b) Art. 6 Abs. 1 GG mit der darin verankerten Pflicht des Staates, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern, kann die Ungleichbehandlung zu Lasten der Lebenspartner in § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. ebenfalls nicht rechtfertigen. Das Grundgesetz stellt in Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Damit garantiert die Verfassung nicht nur das Institut der Ehe, sondern gebietet als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (vgl. BVerfGE 6, 55 <72>; 55, 114 <126>; 105, 313 <346>; 126, 400 <420>). Wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, sie gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen (vgl. BVerfGE 6, 55 <76 f.>; 105, 313 <348>; 126, 400 <420>). Geht jedoch die Förderung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht (vgl. BVerfGE 124, 199 <226>; 126, 400 <420>). Eine solche Vergleichbarkeit liegt hier vor (s. vorstehend unter a).

II.

40

1. a) Die im Ausgangsverfahren entscheidungserhebliche Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. ist für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären, weil eingetragene Lebenspartner in diese nur Ehegatten begünstigende Regelung nicht einbezogen waren; mit einer Nichtigerklärung kann die gebotene Einbeziehung nicht erreicht werden (vgl. BVerfGE 92, 158 <186>; 101, 397 <409> sowie 126, 400 <431>).

41

b) Die übrigen Befreiungsvorschriften in § 3 Nr. 3 Satz 2 und Satz 3, Nr. 5, Nr. 6 Satz 3 und Nr. 7 Satz 2 GrEStG a.F., die zwar Ehegatten, nicht aber eingetragene Lebenspartner begünstigen, sind in die Unvereinbarkeitserklärung einzubeziehen. Diese Bestimmungen sind zwar im Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich. Im Normenkontrollverfahren ist eine gesetzliche Vorschrift grundsätzlich nur insoweit zu prüfen, als es bei der Entscheidung auf sie ankommt (vgl. BVerfGE 126, 331 <354> m.w.N.). Die Unvereinbarkeitserklärung dieser weiteren Bestimmungen des § 3 GrEStG a.F. hat jedoch im Interesse der Rechtsklarheit nach § 78 Satz 2 in Verbindung mit Art. 82 Abs. 1 BVerfGG zu erfolgen, weil diese Befreiungen aus denselben Gründen wie die entscheidungserhebliche Regelung mit dem Grundgesetz unvereinbar sind (vgl. BVerfGE 94, 241 <265>; 104, 126 <150>).

42

Soweit die weiteren Privilegierungen von Ehegatten ihre Veranlassung jedenfalls teilweise darin finden, dass der Grundstückserwerb mit der Begründung oder Aufhebung eines Güterstandes zwischen Ehegatten zusammenhängt, gilt für eingetragene Lebenspartner nichts anderes, da sie insbesondere hinsichtlich der Güterstände Ehegatten gleichgestellt sind (vgl. BVerfGE 126, 400 <409>).

43

Soweit die Befreiung der Ehegatten von der Grunderwerbsteuer der Vermeidung der "Zersplitterung von Grundstücken in unwirtschaftlicher Weise" bei einem Erwerb durch einen Miterben oder Teilnehmer einer Gemeinschaft dienen soll (vgl. RStBl 1940, S. 387 <394> zu Vorgängerregelungen im Grunderwerbsteuergesetz 1940), indem den Miterben ihre Ehegatten und der überlebende Ehegatte des Erblassers gleichgestellt werden (§ 3 Nr. 3 GrEStG a.F.), ist dies bei eingetragenen Lebenspartnern nicht weniger geboten als bei Ehegatten.

44

2. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

45

Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2012 eine Neuregelung für die vom Grunderwerbsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (BGBl I S. 418) betroffenen Altfälle zu treffen, die die Gleichheitsverstöße in dem Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266) bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 (BGBl I S. 1768) beseitigt.

46

Es besteht keine Veranlassung, den Gesetzgeber von dieser Pflicht zur rückwirkenden Beseitigung der verfassungswidrigen Rechtslage zu entbinden.

47

Eine Fortgeltungsanordnung im Interesse einer geordneten Finanz- und Haushaltsplanung (vgl. BVerfGE 93, 121 <148>; 105, 73 <134>; 111, 191 <224 f.>; 117, 1 <70>; 126, 400 <431 f.>) ist nicht geboten, weil diese durch eine rückwirkende Besserstellung eingetragener Lebenspartner angesichts der zu erwartenden geringen Zahl der hiervon betroffenen Fälle und des insoweit niedrigen Aufkommens aus der Grunderwerbsteuer nicht gefährdet ist.

48

Ebenso wenig ist die Weitergeltung wegen einer zuvor nicht hinreichend geklärten Verfassungsrechtslage anzuordnen (vgl. BVerfGE 84, 239 <284>; 120, 125 <168>; 125, 175 <258>). Eine solche, von der grundsätzlichen Rückwirkung sowohl einer Nichtigkeits- als auch Unvereinbarkeitserklärung abweichende Anordnung kommt nur im Ausnahmefall in Betracht und bedarf einer besonderen Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 110, 94 <138>; 120, 125 <168>). Allein die Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts, dass ein Gesetz gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, vermag indessen nicht ohne weiteres eine in diesem Sinne zuvor ungeklärte Verfassungsrechtslage zu indizieren und damit den Gesetzgeber von einer Pflicht zur rückwirkenden Behebung verfassungswidriger Zustände zu befreien. Sonst wäre dies grundsätzlich bei jedem festgestellten Verfassungsverstoß der Fall.

49

Es besteht keine Veranlassung, dem Gesetzgeber hier aus diesem Grund eine Übergangsfrist einzuräumen. Die Ungleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartner war seit Einführung dieses Instituts und der bereits zum 1. August 2001 weitgehenden Gleichstellung eingetragener Lebenspartner mit Ehegatten - vor allem im Familien- und Erbrecht - erkennbar. Zudem hatte das Bundesverfassungsgericht schon mit seiner Entscheidung vom 17. Juli 2002 zum Lebenspartnerschaftsgesetz ein Abstandsgebot verneint (vgl. BVerfGE 105, 313 <348>) und damit die Grundlage für die Entscheidungen zur Hinterbliebenenversorgung sowie zur Erbschaft- und Schenkungsteuer geschaffen, nach denen Art. 6 Abs. 1 GG allein eine Ungleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern je nach geregeltem Sachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen nicht rechtfertigt (vgl. BVerfGE 124, 199 <226>; 126, 400 <420>).

50

Der Umstand, dass "man sich beim Erwerb eines Grundstücks - anders als im Erbfall - frei für oder gegen den Erwerb entscheiden" kann (vgl. BTDrucks 17/3549, S. 12), vermag den Verzicht auf eine rückwirkende Gleichstellung eingetragener Lebenspartner ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine verfassungswidrige Schlechterstellung bei der Besteuerung von Grundstücksübertragungen in der Zeit vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 hingenommen werden müsste, weil die Entscheidung über den Grundstückserwerb grundsätzlich frei ist.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. März 2012 wird wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

II.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich im Rahmen einer Feststellungs- und Leistungsklage gegen ihre Nichtberücksichtigung als Legasthenie- und Dyskalkulietherapeutin durch den Beklagten bei Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII).

Sie betreibt seit November 2010 in E. die pädagogische Praxis „L.“ Zu ihrer Qualifikation rechnet nach pädagogischer Ausbildung in Kasachstan und 18-jähriger Lehrertätigkeit ein erziehungswissenschaftliches Studium an der Fern-Universität Hagen (Thema der Magisterarbeit „Elemente der Montessori-Pädagogik in der Arbeit mit legasthenen Kindern“) und eine Promotion im Fach Pädagogik an der Katholischen Universität E. (Titel der Doktorarbeit „Selbsterziehung des Kindes oder geschicktes pädagogisches Handeln“). Des Weiteren kann sie eine Reihe von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Bereichen Legasthenie und Dyskalkulie mit entsprechenden Zertifikaten, darüber hinaus diverse Fachvorträge und -veröffentlichungen zu den genannten Teilleistungsstörungen nachweisen. Sie leitet ferner die „L.-Akademie“, die ihrerseits (seit Juli 2011 zertifiziert) Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten ausbildet. Seit dem Jahr 2000 war die Klägerin als Legasthenie- und Dyskalkulietherapeutin zunächst in B. praktisch tätig. Die Kosten der von ihr erbrachten Leistungen wurden dabei von verschiedenen Jugendhilfeträgern im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII getragen (Landratsämter Günzburg, Donau-Ries, Dillingen, Augsburg, ferner auch dem Bezirk Schwaben im Rahmen einer Vereinbarung nach §§ 75 ff. SGB XII). Aktuell übernehmen auch der Landkreis Forchheim, die Stadt Nürnberg und die Stadt Fürth die Kosten für Leistungen der pädagogischen Praxis „L.“ der Klägerin.

Der Beklagte trägt in Fällen einer entsprechenden seelischen Behinderung eines Hilfeempfängers ebenfalls die Kosten für Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Mit interner Verfügung vom 31. Juli 2010 regelte sein Jugendamt die „Zulassung von Therapeuten für § 35a-Therapien“ im Landkreis E.-H. indes dergestalt, dass in ein von ihm unterhaltenes „Verzeichnis der zugelassenen Therapeuten im Landkreis E.-H.“ ab dem 1. August 2010 über die dort bereits aufgelisteten Therapeuten hinaus nur noch solche Therapeuten aufgenommen und mit der Erbringung von Eingliederungshilfemaßnahmen beauftragt werden, die ein Diplompsychologiestudium und eine entsprechende therapeutische Ausbildung nachweisen können. Eine Überprüfung habe ergeben, dass von den insgesamt 16 für den Landkreis „bestätigten Therapeuten“ nur 10 die Qualifikationsanforderungen der im Therapeutenverzeichnis benannten Aufnahmekriterien erfüllten. Darüber hinaus bestehe aktuell kein zusätzlicher Bedarf im Landkreis E.-H. an Therapeuten für Legasthenie und Dyskalkulie bei Maßnahmen nach § 35a SGB VIII. Die getroffene Festlegung sei „bei zukünftigen Entscheidungen bezüglich der Zulassung von Therapeuten für Legastheniker-Therapien im LK E.-H. entsprechend zu berücksichtigen“.

Mit Schreiben vom 8. November 2010 wandte sich die Klägerin mit einem „Antrag auf Genehmigung der Kostenübernahme für die Legasthenieförderung“ an das Jugendamt des Beklagten und legte darin ihren bisherigen Werdegang und ihr Qualifikationsprofil dar. Der Beklagte lehnte die Möglichkeit einer Kostenübernahme für die von ihr angebotene Legasthenieförderung indes mit Schreiben vom 21. Januar 2011 ab. Eine Beauftragung könne derzeit ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht erfolgen. Der Landkreis E.-H. verfüge gegenwärtig über insgesamt 15 Therapeuten und Therapeutinnen und werde darüber hinaus für Maßnahmen nach § 35a SGB VIII nur solche Therapeuten beauftragen, die ein Diplompsychologiestudium sowie eine entsprechende therapeutische Ausbildung nachweisen könnten, was bei der Klägerin ungeachtet ihrer sonstigen Qualifikation nicht der Fall sei. Hieran ändere auch eine abweichende Praxis anderer Jugendämter nichts. Es stehe der Klägerin jedoch frei, die „Fördervoraussetzungen“ zu einem späteren Zeitpunkt zu erwerben. Leistungen im Auftrag von Eltern auf deren Kosten blieben von einer fehlenden Kostenübernahme durch den Beklagten unberührt. An dieser Auffassung hielt das Jugendamt des Beklagten auch im weiteren Schriftwechsel mit dem Bevollmächtigten der Klägerin fest.

Mit ihrer daraufhin zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage beanspruchte die Klägerin zuletzt die Feststellung, dass sie „mit der von ihr geführten Praxis L. zur Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII geeignet und deshalb insbesondere in der vom Beklagten geführten Therapeutenliste aufzunehmen ist“, hilfsweise die Verurteilung des Beklagten, „die Klägerin als geeignet zur Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe anzuerkennen und sie dabei insbesondere in die vom Beklagten geführte Therapeutenliste aufzunehmen.“ Diese Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. März 2012 (Az. AN 4 K 11.01202) insgesamt ab.

Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig, da es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten fehle. Ein dergestalt konkretes, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liege nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts dann vor, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts in einem bereits überschaubaren Sachverhalt im Streit stehe. In Anwendung der öffentlich-rechtlichen Normen müssten sich aus der Rechtsbeziehung zwischen den Parteien bestimmte Rechtsfolgen ergeben. Bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses könnten daher nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden. Demnach sei der vorliegende Feststellungsantrag infolge mangelnder Konkretisierung des Rechtsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagtem unzulässig. Denn die Klägerin ziele mit ihrem Begehren, vom Beklagten als für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII geeignet anerkannt zu werden, auf keinen konkreten Sachverhalt, auf den die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Gewährung von Eingliederungshilfe Anwendung finden würden. Vielmehr wolle sie vorab und generell ihre Anerkennung zur Durchführung der genannten Therapien als ambulante Hilfsmaßnahmen im Rahmen von § 35a SGB VIII erreichen.

Sofern das Jugendamt des Beklagten über die Eignung von Eingliederungshilfemaßnahmen nach § 35a SGB VIII entscheide, seien diese nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Eignung der Klägerin zur Durchführung derartiger Hilfemaßnahmen lasse sich daher nicht vorab abstrakt klären. Weiter bestünden Rechtsbeziehungen auf der Grundlage von § 35a SGB VIII nur zwischen dem Jugendamt des Beklagten und dem jeweiligen Hilfeempfänger; nicht hingegen zum Therapeuten als Leistungserbringer. Schließlich ziele das Feststellungsbegehren der Klägerin auch nicht - im Sinne einer Drittfeststellungsklage - unmittelbar auf ein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und einem Dritten, da der insoweit allein in Betracht kommende Hilfeempfänger nicht feststehe. Zwischen der Klägerin selbst und dem Jugendamt liege daher kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor.

Demgegenüber erweise sich die hilfsweise erhobene Leistungsklage, mit der die Klägerin die Anerkennung ihrer Eignung für Legasthenie- und Dyskalkulietherapien und die Aufnahme in die Therapeutenliste des Beklagten erstrebe, als zulässig. Die vom Jugendamt praktizierte Vorauswahl der für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII grundsätzlich geeigneten Therapeuten stelle nach der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geschilderten Praxis eine Berufsausübungsregelung dar, der eine objektiv berufsregelnde Tendenz innewohne. Die verwaltungsinterne Handhabung der Therapeutenliste erfahre dadurch Außenwirkung, dass den Eltern von therapiebedürftigen Kindern und Jugendlichen vom Jugendamt mitgeteilt werde, dass nur Therapeuten mit einem Diplompsychologiestudium bzw. approbierte Kinder- und Jugendpsychotherapeuten für die Durchführung einer ambulanten Maßnahme als geeignet angesehen und ihnen zur Auswahl ausschließlich die auf der Liste aufgeführten Therapeuten genannt würden. Das Jugendamt begrenze damit von vornherein den Kreis der Anbieter von Legasthenie- und Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe auf solche, die die gewünschten Qualifikationen vorweisen könnten. Dieser Praxis wohne damit eine objektiv berufsregelnde Tendenz inne, da sie diejenigen Therapeuten, die die geforderten Qualifikationen nicht besitzen, von vornherein von der Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe ausschließe. Daher sei eine Verletzung der in Art. 12 Abs. 1, Art. 3 GG bzw. Art. 101, 118 BV gewährleisteten Berufsfreiheit der Klägerin und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht von vornherein ausgeschlossen, so dass ihre Klagebefugnis zu bejahen sei.

Der Sache nach erweise sich die Klage jedoch als unbegründet. Eine generelle „Anerkennung“ der Klägerin für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien komme deshalb nicht in Betracht, da nach der Konzeption von § 35a SGB VIII im jeweiligen Einzelfall die Fachkräfte des Jugendamts über die Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme der Eingliederungshilfe entschieden.

Auch bestehe kein Anspruch auf Aufnahme in die vom Beklagten geführte Therapeutenliste. Als Anspruchsgrundlage scheide § 35a SGB VIII aus, da diese Bestimmung nur das Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Jugendhilfeträger regele. Die der vom Beklagten geführten Therapeutenliste innewohnende objektiv berufsregelnde Funktion stelle indes eine Berufsausübungsregelung dar, die mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 101 BV nur dann vereinbar sei, wenn sie vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls rechtfertigten, das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich und die durch die Regelung bewirkte Beschränkung der Berufsausübung dem Betroffenen zumutbar sei. Gemessen an diesen Grundsätzen erwiesen sich die vom Beklagten für die Aufnahme in die Therapeutenliste festgelegten Kriterien als mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Daher sei seine Weigerung, die Klägerin in die Liste aufzunehmen, rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII liege in der ausschließlichen Verantwortung des Jugendamts. Dieses sei nicht nur Kostenträger der Hilfeleistung, ihm obliege vielmehr nach § 36a SGB VIII die Steuerungsverantwortung im Einzelfall. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit und Geeignetheit einer Eingliederungshilfemaßnahme handele es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Beteiligung des Betroffenen und verschiedener Fachkräfte, der nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebe, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten müsse, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sei. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung beschränke sich daher darauf, ob allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden seien. Dem entspreche es, dem Jugendamt auch bei der Festlegung interner Richtlinien zur Beurteilung der Eignung von Hilfen im Rahmen des § 35a SGB VIII einen gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Behördeninterne Regelungen und Richtlinien dienten der einheitlichen Rechtsanwendung und stellten eine Arbeitserleichterung der behördlichen Praxis dar. Soweit die Klägerin vorliegend das Kriterium des abgeschlossenen Psychologiestudiums oder eines Abschlusses als Kinder- oder Jugendpsychotherapeut in Frage stelle, habe der Beklagte den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

So erweise sich der Ansatz, bei der Beurteilung einer Maßnahme im Einzelfall nur solche Therapeuten zu berücksichtigen, die eine Ausbildung als Diplompsychologe bzw. Kinder- und Jugendpsychotherapeut mit entsprechenden Zusatzqualifikationen besäßen und zudem an Supervisionen und Fortbildungsmaßnahmen teilnähmen, als fachlich vertretbar. Durch das Abstellen auf einen entsprechenden Abschluss bzw. eine Approbationsurkunde werde die entsprechende Fachkenntnis sichergestellt. Bei den geforderten Qualifikationen handele es sich um solche der fachnächsten wissenschaftlichen Disziplinen, die seelische Störungen von Kindern und Jugendlichen zum Gegenstand haben. Der Umstand, dass andernorts weniger strenge Anforderungen gestellt und die Eignung zur Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien nicht an vergleichbare Qualifikationen geknüpft werde, stelle die fachliche Vertretbarkeit nicht in Frage und lasse folglich nicht auf eine Überschreitung des eingeräumten Beurteilungsspielraums schließen. Aus dem Wunsch-und Wahlrecht des § 5 SGB VIII folge ebenfalls nichts anderes, da dieses erst dann bestehe, wenn die Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme feststehe. Ferner werde auch die Selbstständigkeit der freien Jugendhilfe nach § 4 SGB VIII durch die Ausfüllung des Beurteilungsspielraums durch den Beklagten nicht in Frage gestellt. Vielmehr bestünde andernfalls ein Widerspruch zur Steuerungsverantwortung des Beklagten nach § 36a SGB VIII. Der Klägerin komme folglich kein Anspruch auf Aufnahme in die Therapeutenliste des Beklagten zu. Die Verfahrensweise des Jugendamts des Beklagten erweise sich ferner auch nicht als unverhältnismäßig und stehe in Einklang mit dem Gleichheitssatz.

Mit dem gegen dieses Urteil eingereichten Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an dessen Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend.

Zutreffend sehe das Verwaltungsgericht in der vom Beklagten praktizierten Vorauswahl aufgrund der Regelung vom 31. Juli 2010 eine Berufsausübungsregelung, der eine objektiv berufsregelnde Tendenz innewohne, für die jedoch keine Rechtsgrundlage bestehe. Das Verwaltungsgericht widerspreche sich insoweit selbst, wenn es einerseits den Einzelfallbezug von §§ 35a, 36a SGB VIII betone und daraus den Schluss ziehe, dass sich die Eignung der Klägerin für die Durchführung von Therapien im Rahmen des § 35a SGB VIII nicht als abstrakte Rechtsfrage vorab klären lasse, andererseits die genannten, einzelfallbezogenen Regelungen als Ermächtigung für den Beklagten begreife, die Klägerin allgemein bei der Vergabe von Eingliederungshilfeleistungen nicht zu berücksichtigen. Das grundsätzliche Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten sei vielmehr in § 4 SGB VIII geregelt.

Auch soweit das Verwaltungsgericht auf die aktuelle Rechtsprechung zum Beurteilungsspielraum des Jugendamts bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe abstelle, werde nicht hinreichend zwischen der Bewilligung im Einzelfall und dem a-priori-Ausschluss der Klägerin von der Leistungsvergabe unterschieden. Bezüglich letzterem bestünde kein Beurteilungsspielraum des Beklagten und könne sich dieser auch nicht auf § 36a SGB VIII berufen.

Ferner erweise sich die vom Beklagten praktizierte Eingrenzung geeigneter Therapeuten auf Diplompsychologen und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten als fachlich nicht vertretbar. Der Beklagte habe keinen Nachweis dafür erbracht, dass nur diese Personengruppe für die Durchführung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien geeignet sei. Dies belegten auch die Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 31. Januar 2007. Auch beachte die Entscheidung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Handhabung der Berufsausübungsregelung nicht. Jedenfalls mit Blick auf die hervorragende Qualifizierung der Klägerin und ihre Tätigkeit als Leiterin der „L.-Akademie“ hätte der Beklagte eine Ausnahme von seinen rigiden Kriterien für die „Zulassung“ als Therapeut machen müssen. Weiterhin verletze der Beklagte mit seinem Vorgehen das Gebot partnerschaftlicher Zusammenarbeit des § 4 SGB VIII. Ebenso werde das in § 5 SGB VIII verankerte Wunsch- und Wahlrecht verkannt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstoße der Beklagte auch gegen den Gleichheitsgrundsatz. Vertreter des Jugendamts hätten selbst eingeräumt, dass auch nach Aufstellung der Kriterien vom 31. Juli 2010 nach wie vor Therapeuten im Gebiet des Beklagten tätig seien, die diese Kriterien nicht erfüllten. Bestands- und Vertrauensschutz greife insoweit nicht ein. Auch sei kein Grund für die Einführung eines Stichtags ersichtlich.

Darüber hinaus weise die Rechtssache auch besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf. Ihr komme grundsätzliche Bedeutung zu, da das grundsätzliche Verhältnis von freier und öffentlicher Jugendhilfe angesprochen sei. Zu diesem Problemkreis liege noch keine obergerichtliche Rechtsprechung vor.

Der Beklagte wendet sich gegen die Zulassung der Berufung. Sein Jugendamt habe ab 1. August 2010 festgelegt, dass für die Erbringung ambulanter Therapieleistungen für Legasthenie und Dyskalkulie nur solche Therapeuten zu berücksichtigen und in die interne Therapeutenliste aufzunehmen seien, die eine Ausbildung als Diplompsychologe bzw. Kinder- und Jugendpsychotherapeut mit Zusatzausbildung vorweisen könnten. Der Jugendhilfeträger sei nach § 36a SGB VIII im Rahmen seiner Steuerungsverantwortung insoweit auch befugt, derartige Regelungen zu treffen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen. Solche, die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO legitimierenden Richtigkeitszweifel sind dann gegeben, wenn der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen einen tragenden Rechtssatz oder eine entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellung dergestalt in Frage stellt, dass das Ergebnis eines zugelassenen Berufungsverfahrens ungewiss erscheint. Dies ist im vorliegenden Fall sowohl hinsichtlich des Feststellungs- wie auch hinsichtlich des Leistungsantrags der Klägerin der Fall.

1. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die von der Klägerin primär erhobene Feststellungsklage sei mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten bereits unzulässig, begegnet durchgreifenden Zweifeln.

1.1 So legt das Verwaltungsgericht den Antrag der Klägerin, wie er zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, dahingehend aus, dass sie die Feststellung ihrer abstrakten, d. h. vom konkreten Einzelfall losgelösten Eignung für die Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen in Form von Legasthenie- bzw. Dyskalkulietherapien durch den Beklagten beansprucht. So ausgelegt, zielt der Antrag auf eine im konkreten Einzelfall individuell zu entscheidende Vorfrage. Mangels eines konkretisierten Sachverhalts fehlte es dann auch an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.

Indes ist der Feststellungsantrag nach dem Klage- wie auch dem Zulassungsvorbringen (vgl. hierzu insb. den Klageantrag aus der Klageschrift, Bl. 2 der VG-Akte und die Klagebegründung Bl. 4 f.) entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts dahin zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Regelung des Beklagten begehrt, ab dem 1. August 2010 alle diejenigen Anbieter von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien bei der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII nicht mehr zu berücksichtigen, die nicht Diplompsychologen bzw. approbierte Kinder- und Jugendpsychotherapeuten mit entsprechender Zusatzqualifikation sind (zur Auslegung des Feststellungsantrags in derartigen Fällen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 43 Rn. 11, 17, Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 43 Rn. 11, 14, 17 ff.; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010 § 43 Rn. 36). Grundlage des insoweit zwischen der Klägerin als Erbringerin von Therapieleistungen ohne das geforderte Qualifikationsprofil und dem Beklagten bestehenden Rechtsverhältnisses sind mit der in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsausübungsfreiheit der Klägerin und der Ausgestaltung der Eingliederungshilfe in §§ 35a, 36a SGB VIII Normen des öffentlichen Rechts, über die zwischen den Beteiligten Streit besteht. Das insoweit vorliegende Rechtsverhältnis ist auch hinreichend konkret, weil der Beklagte der Klägerin explizit auf der Grundlage seiner (verwaltungsinternen) Regelung vom 31. Juli 2010 die „Anerkennung“ als Leistungserbringerin für Eingliederungshilfemaßnahmen nach § 35a SGB VIII versagt hat. An der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von der Leistungserbringung hat die Klägerin auch ein - jedenfalls wirtschaftliches - Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 2 VwGO. Rechtsschutzmöglichkeiten außerhalb der allgemeinen Feststellungsklage, die Anordnung des Beklagten vom 31. Juli 2010 auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, besitzt die Klägerin nicht. Denn als Leistungserbringer ist sie im Rahmen des sog. jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses nicht Adressat eines Verwaltungsakts, mit dem der Beklagte gegenüber einem Hilfebedürftigen Eingliederungshilfeleistungen bewilligt oder ablehnt. Im Falle der Ablehnung einer bestimmten Hilfemaßnahme - beispielsweise der Kostenübernahme für eine Legasthenie- oder Dyskalkulietherapie - kann allein der Hilfebedürftige Anfechtungsklage erheben, nicht indes die Klägerin, deren Leistung eventuell für ungeeignet erachtet worden ist (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.9.2012 - AN 14 K 11.02268 - juris, das die Eignung von Leistungen der Klägerin in einem speziellen Hilfefall zum Gegenstand hat). Insoweit gebietet daher auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG eine weite Auslegung des Feststellungsbegehrens (in diesem Sinne Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 43 Rn. 36), da andernfalls die Klägerin gegenüber der Vorgehensweise des Beklagten rechtsschutzlos gestellt wäre.

1.2 Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist weiterhin auch nicht deshalb abzulehnen, weil sich das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis deshalb als richtig erwiese, weil sich die Feststellungsklage als materiell unbegründet darstellte. Der generelle, an das Fehlen einer bestimmten Qualifikation geknüpfte Ausschluss der Klägerin von der Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII ist vielmehr bereits deshalb rechtswidrig, weil sich der Beklagte, wie von der Klägerin wiederholt vorgetragen, hierfür auf keine Rechtsgrundlage stützen kann.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht bei der Behandlung der Leistungsklage davon aus, dass es sich bei der verwaltungsinternen Anordnung der Beklagten vom 31. Juli 2010, ab dem 1. August 2010 nur noch solche Therapeuten mit der Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien zu beauftragen - und darüber hinaus in die Liste der „zugelassenen“ Therapeuten aufzunehmen -, die Diplompsychologen mit entsprechender Zusatzqualifikation sind, um eine Regelung mit einer objektiv berufsregelnden Tendenz handelt (vgl. hierzu speziell für eine Liste von Legasthenietherapeuten VG München, U.v. 29.4.2009 - M 18 K 07.1892 - juris Rn. 28, ferner BVerfG, B.v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 ff. Rn. 36 ff. zur öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen; BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 5.88 - BVerwGE 89, 281 Rn. 17 ff. betreffend die Benennung von Unternehmensberatern durch eine Industrie- und Handelskammer; BayVGH, B.v. 9.1.2012 - 12 CE 11.2685 - DVBl. 2012, 383; VG Augsburg, U.v. 4.12.2001 - Au 9 K 01.621 - juris Rn. 27 ff. zum Ausschluss eines Pflegedienstes von staatlicher Förderung; VG Berlin, B.v. 19.2.2009 - 9 L 80.09 - juris Rn. 13 zur Aufnahme eines Tierarztes in den Notdienstplan; ferner Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 17, 20 ff.; insb. Rn. 22 zur Beeinflussung des Wettbewerbs durch Begünstigung eines Konkurrenten), die jedenfalls die freie Berufsausübung der Klägerin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten tangiert. Eine derartige Berufsausübungsregelung kann indes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 46; BVerwG a.a.O Rn. 20). Über eine gesetzliche Ermächtigung, den Kreis der Leistungserbringer im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII generell auf Personen mit bestimmten Qualifikationen zu beschränken, verfügt der Beklagte indes nicht. Dies gilt gleichermaßen auch für die weitere Beschränkung der Leistungserbringer auf approbierte Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, ohne dass sich allerdings aus den dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgängen entnehmen ließe, auf welche Regelung bzw. Anordnung des Beklagten sich diese stützt.

Es fehlt mithin an einer spezifischen gesetzlichen Regelung für die Erbringung von Legasthenie- und Dyskalkulietherapien, vergleichbar etwa dem Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz - HeilPrG), die bestimmte Voraussetzungen für die berufliche Tätigkeit in diesem Bereich normiert. Auch bei der Ausgestaltung der Eingliederungshilfe hat der Gesetzgeber ein bestimmtes Qualifikationsprofil in § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII nur für die Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme zum Vorliegen einer, den Eingliederungshilfebedarf auslösenden seelischen Störung vorgeschrieben. Speziell für die Erbringung von Eingliederungshilfemaßnahmen enthält § 35a Abs. 1a Satz 4 SGB VIII lediglich die Vorgabe, dass die Hilfe nicht von derjenigen Person oder dem Dienst oder der Einrichtung erbracht werden soll, der die Person angehört, die die Stellungnahme zum Vorliegen einer seelischen Störung abgegeben hat. Darüber hinaus bestimmt § 35a Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, dass bei gleichzeitig erforderlicher Hilfe zur Erziehung Einrichtungen, Dienste oder Personen in Anspruch genommen werden sollen, die sowohl Eingliederungshilfemaßnahmen erbringen wie auch den erzieherischen Bedarf eines Hilfebedürftigen abdecken können. § 35a Abs. 4 Satz 2 enthält weitere Regelungen speziell für heilpädagogische Maßnahmen für noch nicht schulpflichtige Kinder. Über die genannten Normen hinaus macht § 35a SGB VIII für im Rahmen der Eingliederungshilfe mögliche Hilfeleistungen hinsichtlich der Qualifikation der Leistungserbringer keine Vorgaben. Insoweit gilt, wie die Klägerin zu Recht ausführt, der Grundsatz der Pluralität der Jugendhilfe, der einer Vielfalt von Hilfen und Methoden Raum gibt.

Als gesetzliche Grundlage für den generellen Ausschluss bestimmter Gruppen von Leistungserbringern bei Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII kann sich der Beklagte auch nicht auf die in § 36a SGB VIII geregelte Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers berufen. Ungeachtet des Umstands, dass § 36a SGB VIII bereits die Anforderungen insb. der Normenklarheit für eine die Berufsausübungsfreiheit beschränkende Norm (zu diesen Anforderungen vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 5.99 - BVerwGE 89, 281 Rn. 21 ff.) nicht erfüllt, greift die Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers nur einzelfallbezogen ein (vgl. Wiesner in Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 36a Rn. 12). Nach der Konzeption des Gesetzgebers hat er über die Eignung einer bestimmte Eingliederungshilfemaßnahme zur Deckung eines spezifischen, bei einem bestimmten Hilfeempfänger bestehenden Bedarfs im Rahmen der sozialpädagogischen Fachlichkeit zu bestimmen (vgl. hierzu VG Ansbach, U.v.20.9.2012 - AN 14 K 11.02268 - juris, das die Eignung der Leistung der Klägerin für einen speziellen Hilfefall zum Gegenstand hat). Dabei kommt ihm wiederum im Einzelfall ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Aus der auf den Einzelfall bezogenen Steuerungsverantwortung folgt jedoch keinerlei Kompetenz, losgelöst vom jeweiligen Hilfefall vorab und generell gewisse Gruppen von Leistungserbringern als ungeeignet auszuscheiden. Ebenso wenig eröffnet der einzelfallbezogene Beurteilungsspielraum einen ebensolchen Beurteilungsspielraum für einen generellen Ausschluss bestimmter Therapeuten (so aber VG München, U.v.29.4.2009 - M 18 K 07.1892 - juris Rn. 35 ff. und ihm folgend das VG Ansbach im angefochtenen Urteil). Das Vorgehen des Beklagten, nur Therapeuten mit einer bestimmten Qualifikation für die Erbringung von Eingliederungshilfemaßnahmen bei Legasthenie und Dyskalkulie als geeignet anzusehen, steht folglich mit der gesetzgeberischen Konzeption, die im Einzelfall für den Hilfeempfänger geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, in Widerspruch (zur einzelfallbezogenen Beurteilung der Eignung von Legasthenikertherapeuten vgl. BLJA Mitteilungsblatt 2/1999 „Eignung sog. Legasthenikertherapeuten“, abrufbar über www.blja.de; ferner BLJA Mitteilungsblatt 3/2004 „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche“; Bayerisches Landesjugendamt [Hrsg.]: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, 2005, S. 14). Der Beklagte ergreift folglich mit der Einschränkung des Kreises der potenziellen Leistungserbringer an Stelle des Gesetzgebers eine berufsregelnd wirkende Maßnahme ohne die hierfür erforderliche gesetzliche Ermächtigung zu besitzen. Die Verfügung vom 31. Juli 2010 und die mit ihr verbundene Praxis ist daher bereits mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig.

1.3 Darüber hinaus erscheint es zweifelhaft, ob die vom Beklagten durch sein Anforderungsprofil an Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten bewirkte Einschränkung des Kreises der Leistungserbringer den weiteren Anforderungen an eine die Berufsausübung beschränkende Regelung genügt, insbesondere durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert ist und eine verhältnismäßige Einschränkung darstellt (vgl. VG München, U.v. 29.4.2009 - M 18 K 07.1892 - juris Rn. 29 f.). Zwar besteht zweifelsohne ein Gemeinwohlinteresse an der Erbringung fachkundiger und geeigneter Hilfemaßnahmen im Rahmen der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe. Ob indes die vom Beklagten getroffene Einschränkung des Kreises der Leistungserbringer zur Erreichung dieses Gemeinwohlbelangs geeignet und verhältnismäßig ist, erscheint zweifelhaft. Wenn das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in seinen Vollzugshinweisen zu § 35a SGB VIII (AMS VI 5/7225/3/07 vom 31.1.2007, dort unter „Eignungsvoraussetzungen für Fachkräfte bei der Erbringung von (ambulanten) Leistungen gem. § 35a SGB VIII“) zum einen einen weiten Kreis von Berufsgruppen für die Erbringung ambulanter Eingliederungshilfemaßnahmen für geeignet befunden hat, darüber hinaus für derartige Maßnahmen auch Leistungserbringer zulassen will, die über nachgewiesene Erfahrungen in bestimmten Therapieformen verfügen, statt ausschließlich an eine formale Qualifikation anzuknüpfen, spricht dies - auch im Sinne der Pluralität der Jugendhilfe - für eine differenzierte Beurteilung der Eignung von Leistungserbringern, was, wie die Klägerin ebenfalls vorgetragen hat, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besser Rechnung trägt als das vom Beklagten praktizierte Ausschlussverfahren. Überdies vermag der Beklagte keinen Nachweis zu erbringen und lässt sich eine solche Annahme wohl auch nicht als allgemeinkundig unterstellen, dass Diplompsychologen generell bessere Leistungen bei Legasthenie- und Dyskalkulietherapien im Rahmen der Eingliederungshilfe erzielen als andere Berufsgruppen.

1.4 Die von der Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen aufgeworfene Frage, ob das Vorgehen des Beklagten das Gebot partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Jugendhilfeträgern in § 4 Abs.1 Satz 1 SGB VIII verletzt und sich hieraus die Rechtswidrigkeit der Eingrenzung des „zugelassenen“ Therapeutenkreises durch den Beklagten ergibt, kann vorliegend offen bleiben. Welche Rechtsfolgen sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für einen Träger der freien Jugendhilfe im Verhältnis zum öffentlichen Jugendhilfeträger ableiten lassen, ist ebenso ungeklärt wie die Frage, ob auch privat-gewerbliche Leistungserbringer wie die Klägerin zu den Trägern der freien Jugendhilfe rechnen (vgl. hierzu Münder in Münder/Meysen/Trenczek, Frankrfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 3 Rn. 7 f., § 4 Rn. 2, 15 ff.; Kern in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 3 Rn. 9). Indes kommt es hierauf angesichts der fehlenden Rechtsgrundlage des Beklagten für eine die Berufsausübung einschränkende Regelung nicht entscheidungserheblich an.

2. Ernstlichen Zweifeln begegnet auch die Abweisung der auf die Aufnahme in die sog. „Therapeutenliste“ des Beklagten gerichteten Leistungsklage. Insoweit sieht der Senat bei der nach § 88 VwGO gebotenen Auslegung des Klagebegehrens diese Klage nicht als hilfsweise erhoben, sondern als bereits im ursprünglichen Hauptklageantrag enthalten an. Demgegenüber geht der mit dem Hauptantrag bei entsprechender Auslegung identische Hilfsantrag ins Leere. Für die Zulassung der Berufung kommt es hierauf jedoch nicht maßgeblich an, da bei einem erfolgreichen Hauptantrag, für den vorliegend einiges spricht, der Hilfsantrag mangels Eintritts der prozessualen Bedingung nicht zu behandeln wäre.

2.1 Ausgehend von der Erklärung des Beklagten, die sog. „Therapeutenliste“ nur zu Informationszwecken zu verwenden, steht der Klägerin ein Anspruch auf Aufnahme in diese Liste unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten offenkundig zu. Denn nachdem, wie unter 1. entwickelt, der Beklagte keine Rechtsgrundlage dafür besitzt, den Kreis möglicher Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten vorab durch spezielle fachliche Anforderungen einzuschränken, sind keine sachlichen Gesichtspunkte ersichtlich - und vom Beklagten auch nicht angeführt - die nach Art. 3 Abs. 1 GG eine Ungleichbehandlung zwischen der Klägerin und anderen, in der Liste des Beklagten enthaltenen Therapeuten rechtfertigt.

2.2 Ergänzend weist der Senat betreffend das „Verzeichnis der zugelassenen Therapeuten im Landkreis E.-H.“ auf Folgendes hin: Ausgehend von den vorliegenden Akten und dem Vortrag der Beteiligten in der ersten Instanz und im Zulassungsverfahren drängt sich der Eindruck auf, dass es sich bei der „Therapeutenliste“ jedenfalls in der praktischen Handhabung entgegen dem Bekunden des Beklagten nicht um ein reines Informationsinstrument für Hilfe- und Ratsuchende handelt. Bereits die Wortwahl und die Diktion in der Anweisung vom 31. Juli 2010, wo von einer „Zulassung“ von Therapeuten bzw. „anerkannten“ Therapeuten die Rede ist (zur fehlenden Rechtsgrundlage für eine „Anerkennung“ vgl. Bayerisches Landesjugendamt [Hrsg.]: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe, 2005, S. 14), deuten darauf hin, dass der Beklagte wohl von einem gesetzlich nicht vorgesehenen und damit rechtswidrigen Zulassungserfordernis ausgeht. Ebenfalls rechtswidrig wäre ein Abstellen auf einen bestimmten, vom Beklagten definierten „Bedarf“ an Legasthenie- und Dyskalkulietherapeuten im Landkreis E.-H. (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 25.3.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 Rn. 55 ff.). Eine derartige, gesetzlich nicht vorgesehene Bedarfsprüfung scheint dem Beklagten offensichtlich vorzuschweben, wenn in der Anweisung vom 31. Juli 2010 ebenso wie im Schreiben an die Klägerin vom 31. Januar 2011 darauf hingewiesen wird, der Bedarf an Legasthenietherapeuten im Landkreis E.-H. sei gedeckt. Schließlich ließe sich angesichts der in der Liste enthaltenen „Altfälle“, d. h. derjenigen Therapeuten, die nicht über die seit dem 1. August 2010 erforderliche Qualifikation verfügen, eine Handhabung der Liste als Konkurrenzschutzinstrument vermuten (vgl. zum unzulässigen Konkurrenzschutz VG Augsburg, U.v. 4.12.2001 - Au 9 K 01.621 - juris Rn. 28), zumal das Festhalten an nicht hinreichend qualifizierten Leistungserbringern im Widerspruch zu der eigentlichen Zielsetzung der Liste steht. Insoweit weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass einem eventuellen Vertrauensschutzgesichtspunkt auch durch eine Übergangsfrist für den Erwerb der erforderlichen Qualifikation hätte Genüge getan werden können. Insgesamt ist daher angesichts der gesetzgeberischen Ausrichtung der Eingliederungshilfe auf den Einzelfall die Verwendung sog. Therapeutenlisten, obwohl von ihnen augenscheinlich in der Praxis häufig Gebrauch gemacht wird, kritisch zu hinterfragen (vgl. BLJA Mitteilungsblatt 3/2004 „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche“: „(…) Die Führung von Listen ‚anerkannter Therapeuten‘ ist als nicht unproblematisch zu sehen, (…)“).

Damit liegen die für die Zulassung der Berufung erforderlichen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vor, so dass dem Zulassungsantrag bereits aus diesem Grund stattzugeben war und es auf das Vorliegen der weiteren, von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nicht mehr entscheidungserheblich ankommt. Der Beklagte wird angesichts des vorstehend Ausgeführten zu überprüfen haben, ob er seine Anweisung vom 31. Juli 2010 aufhebt und in Abkehr von einem generellen Ausschluss bestimmter Leistungserbringer die von Gesetzes wegen gebotene Einzelfallprüfung bei der Bewilligung von Eingliederungshilfemaßnahmen wieder in den Vordergrund rückt. Sofern er weiterhin von der „Therapeutenliste“ zu Informationszwecken Gebrauch macht, wird er in diese Liste jedenfalls auch die Klägerin ungeachtet ihres Qualifikationsprofils aufzunehmen haben.

3. Das Verfahren wird künftig unter dem Aktenzeichen 12 B 14.638 geführt.

Belehrung

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die einschlägigen, jeweils geltenden Vorschriften Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.