Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2017 - M 17 K 16.35674
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
-
1.den Bescheid vom 30. November 2016 aufzuheben,
-
2.die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
-
3.die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen,
-
4.die Beklagte zu verpflichten, den Klägern subsidiären Schutz zuzuerkennen,
-
5.die Beklagte zu verpflichten, hinsichtlich Afghanistan das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Gründe
-
1.die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
-
2.Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
-
3.eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn
- 1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war, - 2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder - 3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.
(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.
(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Die Kläger, ein Ehepaar und ihr gemeinsames Kind, sind iranische Staatsangehörige persischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten am
Am
Der Kläger zu 1.) gab an, am 26. August 2012 seien der Schleuser, seine Frau, seine Tochter und er ca. 6,5 Stunden lang von ... nach ... geflogen. Für die Einreise nach Deutschland hätten sie drei gefälschte rote Reisepässe mit ihren Fotos und anderen Personalien, die ihnen der Schleuser mit dem Namen „...“ in ... übergeben und in Deutschland einbehalten habe. Es habe keine Probleme bei der Einreise gegeben, er wisse nicht von welchem Land die für die Reise benutzten Pässe ausgestellt wurden oder auf welchen Namen. Die Reisepässe wären von der deutschen Polizei kontrolliert und die Kläger problemlos durchgelassen worden. Daraufhin habe der Schleuser die Pässe wieder an sich genommen. Der Schleuser sei mit ihnen mit einem Auto von ... nach ... gefahren. Die Kläger hätten sich daraufhin in der Erstaufnahmeeinrichtung in ... als Asylsuchende gemeldet. Für die Schleusung hätten die Kläger 48 Millionen Tuman (30.000 €) im Iran an den Schleuser bezahlt. Sie seien das erste Mal in Deutschland.
Er könne keine Personalpapiere vorlegen, habe im Iran jedoch eine Geburtsurkunde, eine Nationalkarte und auch einen mittlerweile abgelaufenen Reisepass besessen. Diese Dokumente hätten die Kläger wegen der Flucht nicht mitnehmen können, lediglich eine Faxkopie seiner Geburtsurkunde habe er vorlegen können.
Seine letzte Wohnanschrift im Heimatland sei ...-..., ...-..., ... gewesen. Er habe dort zusammen mit seiner Frau und seinem Kind bis 50 Tage vor der Ausreise gelebt. Die letzten 50 Tage seien sie bei einem Freund namens ... in ... gewesen.
Im Iran habe er während der 12. Klasse die schulische Ausbildung abgebrochen und keine weitere Schulausbildung erhalten. Danach habe er einen 3-monatigen Friseurlehrgang absolviert und bis zu seiner Ausreise als Herrenfriseur gearbeitet. Zunächst habe er einen eigenen Salon in ... gehabt, der dann geschlossen worden sei; später habe er bei einem Freund in dessen Salon gearbeitet.
Zu den unmittelbaren Gründen seiner Ausreise erklärte der Kläger, er sei aktiv in der Gesellschaft der Bahá´í, seine Mutter sei auch Bahá´í und er habe sich religiös betätigt. Im Jahre 1385 (2006/07) sei er einmal festgenommen worden. Zu dieser Zeit wäre seine Frau von einer Kugel am Bein getroffen worden. Sie sei damals durch Hinterlegung einer Kaution freigelassen worden, weil sie am Bein geblutet habe. Er sei aber zum Informationsamt in ... in der Nähe von ... gebracht worden. Man habe ihn 12 Tage lang verprügelt, ihn auch teilweise unter der Schulter aufgehängt, so dass die Schulter ausgekugelt worden sei. Sein Vater habe einen Rechtsanwalt eingeschaltet, seine Frau sei daraufhin gegen Zahlung einer Strafe von 1,5 Millionen Tuman freigelassen worden. Er sei zu zwei Jahren Haft verurteilt worden und sollte diese zwei Jahre im Gefängnis Jaban absitzen. Weil er zum ersten Mal straffällig geworden sei, habe sein Rechtsanwalt nach einem Jahr eine Freilassung auf Bewährung erreicht. Nach dieser Freilassung sei sein Friseurladen geschlossen gewesen, weil die Bahá´í-Angehörigen kein Gewerbe ausüben dürften; seine Gewerbeerlaubnis sei für ungültig erklärt worden. Er sei dann nach ... gegangen und habe in der Folgezeit im Friseursalon eines Freundes gearbeitet. Sechs bis sieben Monate habe er sich etwas zurückgehalten, weil er eine entsprechende Erklärung unterschrieben hätte, aber das Missionieren gehöre auch zu den Pflichten der Bahá´í. Deshalb habe er wieder begonnen, Propaganda für die Bahá´í-Religion zu machen. ... sei eine riesige Stadt, so dass es etwas einfacher sei; man würde nicht so streng beobachtet, wenn man sich religiös betätige. Er habe versucht, unter seinen Kunden vertrauenswürdige Leute für seine Sache zu gewinnen. Er habe auch Sitzungen mit guten Kunden abgehalten. Er sei stolz darauf, im Stadtteil ...-... für die Bahá´í-Religion missioniert zu haben. Er habe über die Bahá´í-Religion mit seinen Kunden gesprochen. Im Rahmen von Unterrichtsklassen habe er seine Kunden in dieser Religion unterwiesen.
Am ... 1391 (...2012) habe seine Frau ihren Geburtstag gefeiert. Er sei an diesem Freitag nicht im Geschäft gewesen, den Abend hätte den sie bei seiner Schwester wegen des größeren Hauses verbracht, sie seien auch zur Feier über Nacht geblieben. Gegen 11:00 Uhr oder 12:00 Uhr vormittags, am ...Tir habe sein Freund ... aus dem Friseursalon bei seiner Frau auf dem Handy angerufen. Der Kläger zu 1.) habe das Telefon bekommen und erfahren, dass drei Staatsbedienstete im Salon erschienen seien und nach ihm gefragt hätten. Diese hätten auch nach seiner Adresse gefragt und der ... habe sie denen auch gegeben. Auch die Adresse des Vaters des Klägers hätten sie von ihm bekommen. Die Bediensteten hätten seinen Freund auch gefragt, ob der Kläger im Laden einen Schrank mit persönlichen Gegenständen besäße. ... hätte diese Aussage bejaht, woraufhin in diesem Schrank einige Gebete und göttliche Aussagen sichergestellt worden seien, er meine damit diese Bahá´í-Bücher. Weil er schon einmal auffällig geworden sei und ihm die Strafe auf Bewährung erlassen worden war, habe der Kläger zu 1.) gewusst, dass er in diesem Fall sehr hart bestraft werden würde und die alte Strafe von einem Jahr noch hinzu kommen würde. Bereits im Jahre 1370 (1991/92) sei ein Onkel von ihm im ...-Gefängnis wegen seines Bahá´í-Engagements zu Tode gefoltert worden. Sein Vater habe gemeint, ein Opfer sei genug, er solle nicht den gleichen Weg gehen. Mit Hilfe eines Fluchthelfers habe sein Vater dann die Vorbereitungen für die Ausreise getroffen.
Nach diesem Vorfall seien sie nicht mehr zu Hause gewesen und hätten auch keine persönlichen Gegenstände von zu Hause geholt, sondern alles neu gekauft. Anfangs hätten sie gar nicht gewusst, was zu tun sei. Er habe aber gedacht, es sei nicht ratsam, bei seiner Schwester zu bleiben, weil sie dort hätten gefunden werden können. Er habe daraufhin seinen Freund ... angerufen, der gerade umgezogen sei und nicht einmal dessen Familienangehörigen die neue Adresse gekannt hätten. Dieser habe gesagt, bei ihm seien sie sicher. Sie seien dann sofort zu ihm gefahren und bis zu ihrer Ausreise dortgeblieben; in dieser Zeit hätten sie nicht einmal ihre Nase aus dem Haus gestreckt.
Zum religiösen Hintergrund gab der Kläger zu 1.) an, seine Mutter sei Bahá´í gewesen, nicht aber sein Vater. Bei den Bahá´í sei es nicht so, dass man durch Geburt Bahá´í werde. Man entscheide sich erst im Alter von 16 Jahren selbst, ob man den Bahá´í-Glauben annehmen möchte. Er habe sich dann mit 16 Jahren dazu entschlossen. Auf die Frage, ob er also seit 17 Jahren schon Bahá´í sei, antwortete er, er sei erst nach seiner Heirat und nach der Geburt seines Kindes Bahá´í geworden, also erst seit etwa 7-8 Jahren. Seine Frau sei nicht Bahá´í. Es sei aus Sicht seines Glaubens nicht bedenklich, als Bahá´í eine Muslimin zu heiraten. Nach Vorlage eines Schreibens, in dem bestätigt wurde, dass beide Antragsteller Bahá´í seien, stellte der Kläger klar, nur er sei Bahá´í. Durch Gespräche mit seiner Mutter und durch die reine Seele seiner Mutter sei er auf diesen Weg gebracht worden. Seit der islamischen Revolution sei es im Iran nicht mehr möglich, den Bahá´í-Glauben auszuüben die Ausübung des Glaubens erfolgte deshalb im Geheimen. Er habe mit anderen Bahá´í-Gläubigen Gebete praktiziert und ihre Geistlichen hätten ihnen die Lehre seiner Heiligkeit Bahá´u´lláh beschrieben. Er habe sich regelmäßig mit anderen Bahá´í-Gläubigen in Rhuhdehen getroffen. Am Ende jeden Bahá´í-Monats (19 Monate mit je 19 Tagen im Jahr) habe er sich mit den anderen Gläubigen getroffen. Diese Treffen hätten abwechselnd bei Mitgliedern zu Hause stattgefunden, zum Ende jeder Sitzung sei der Ort der nächsten beschlossen worden. Seine Frau sei bei einer Sitzung dabei gewesen, als sie von einer Kugel getroffen worden sei. Bei diesem Vorfall im Jahre 1385 seien sie bei einem Freund namens ... gewesen und hätten dort ihre Gebetsstunde abgehalten. Nach einer Stunde habe es geklingelt und 15 Beamte seien ins Haus gekommen. Seine Frau sei sehr aufgeregt gewesen und habe angefangen zu weinen. Er habe versucht, sie zu beruhigen. Es hätten chaotischer Zustände geherrscht, er habe seiner Frau gesagt, sie solle durch die kleine Tür versuchen, abzuhauen. Dabei sei sie von einer Kugel getroffen worden. Damals seien alle Mitglieder der Gruppe festgenommen worden, die Jüngeren seien ins ...-Gefängnis, die Älteren, vor allem die Geistlichen, ins ... Gefängnis gebracht worden.
Er selbst habe später bei Kunden zu Hause, gelegentlich auch bei ihm oder im Hause von ... seine Kunden im Glauben unterwiesen. Er habe ihnen hauptsächlich die Lehre von Bahá´u´lláh und die Einheit der menschlichen Gesellschaft gelehrt.
Im Übrigen habe er nach seiner Freilassung bis zum Flucht auslösenden Vorfall keine direkten Probleme oder Zusammenstöße mit den iranischen Sicherheitskräften gehabt. Er wisse nicht, wie es dazu kam, dass die Sicherheitskräfte am ...1391 in den Friseurladen gekommen seien. Er vermute, dass eine Sitzung erkannt worden sei oder ein Teilnehmer aufgeflogen sei als man ihn damals im Jahre 1385 festgenommen hatte, habe man ihn vor die Wahl gestellt, als Spitzel für die Regierung zu arbeiten und Interessenten zu denunzieren, dafür hätte er seine Gewerbeerlaubnis wiederbekommen. Er habe nach diesem Ereignis keinen Kontakt zu anderen Mitgliedern seiner Gruppe aufgenommen, weil er das Risiko nicht hätte eingehen können, dass seiner Frau oder seiner Tochter etwas passiere.
Abschließend äußerte der Kläger, seine Tochter habe keine eigenen Asylgründe. Seine Frau sei Muslimin, er wolle aber nicht das Risiko eingehen, dass man sie in Sippenhaft nehme.
Die Klägerin zu 2.) trug in der Anhörung am
In ihrem Heimatland sei sie einmal festgenommen worden, als sie im Jahre 1385 (2006/07) zum ersten Mal an einer Sitzung der Bahá´í teilgenommen habe. Sie seien zu dieser Sitzung eingeladen worden. Ihr Mann habe sie an diesem Freitag gebeten, ihn zu begleiten. Sie habe ihren Mann dann zu dieser Sitzung begleitet. Es wären vielleicht 15-20 Gäste dort gewesen, sie wären dabei gewesen und hätten Gebete rezitiert. Nach dem Gebet habe einer der Älteren begonnen, über die Bahá´í-Religion und über Bahá´u´lláh zu sprechen. Da habe es an der Tür geklingelt und der Hausherr namens Shamim habe geöffnet. Es seien ca. 10 Staatsbeamte hereingekommen, darunter zwei oder drei Frauen. Einige der jungen Männer unter den anwesenden Gästen hätten versucht zu fliehen. Sie habe große Angst bekommen, sie sei das erste Mal dort gewesen und hätte gehört, dass das Interesse an oder die Zugehörigkeit zur Bahá´í-Religion schwer geahndet werde. Außerdem habe sie einen Säugling zu Hause gehabt, den sie gerade bei ihrer Schwiegermutter gelassen habe. Sie habe ihren Ehemann gebeten, abzuhauen. Als die Beamten auf sie zugekommen seien, habe ihr Ehemann eine körperliche Auseinandersetzung mit denen provoziert, um ihr die Möglichkeit der Flucht über den Hof zu geben. Sie habe die ganze Zeit nur an ihr Kind gedacht. Einer der Beamten habe „halt“ geschrien, sie sei allerdings nicht stehen geblieben. Daraufhin habe er ihr in das linke Bein geschossen und sie sei hingefallen. Ihr Ehemann und die anderen seien festgenommen worden. Für sie sei ein Krankenwagen gerufen worden. Dieser habe sie in Begleitung eines Beamten und einer Beamtin zum „...- Krankenhaus“ gebracht. Dort sei sie medizinisch behandelt worden. Sie habe auch Infusionen bekommen, weil sie viel Blut verloren hätte. In der Zeit sei sie mit einer Krankenschwester alleine in Zimmer gewesen, während zwei Beamte vor der Tür gestanden hätten. Sie habe der Krankenschwester die Telefonnummer ihres Schwiegervaters gegeben und sie gebeten, ihn anzurufen. Anschließend sei sie in den Operationssaal gebracht worden. Mittels einer örtlichen Betäubung sei die Kugel aus ihrem Bein entfernt worden, sie habe das alles sehen können. Insgesamt sei sie zwei bis zweieinhalb Stunden im Krankenhaus gewesen.
Ihr Mann sei seit ihrer Hochzeit schon öfter bei derartigen Sitzungen gewesen, weil seine Mutter auch Bahá´í sei. Ihr Mann habe sie schon öfters gebeten, ihn zu begleiten. Es sei Zufall gewesen, dass der Vorfall gerade an diesem Tag passiert sei. Nach diesem Vorfall sei sie nie wieder zu einer Sitzung der Bahá´í mitgegangen.
Zu den Gründen der unmittelbaren Ausreise befragt gab die Klägerin an, ihr Mann hätte einen Schrank in dem Friseurgeschäft besessen, darin wären Unterlagen und Listen über die Bahá´í enthalten. Es sei sehr gefährlich, Bücher über die Bahá´í-Religion aufzubewahren. Alles habe auch nur auf losen Blättern existiert. Am ...1391 (... 2012) seien sie bei ihrer Schwägerin eingeladen gewesen. Am Folgetag wäre ihr eigener Geburtstag gewesen und die Schwägerin habe sie gebeten zu bleiben. Im Laufe des Vormittags habe Herr ... auf ihrem Handy angerufen und ihren Mann sprechen wollen. Er habe erzählt, dass drei Staatsdiener im Laden gewesen sein und nach ihrem Mann gefragt hätten. Daraufhin habe ... geantwortet, dass ihr Mann freitags nicht im Laden sei und den Sicherheitskräften die Adresse des Klägers zu 1.) gegeben. Diese Männer hätten den Spind ihres Mannes im Laden durchsucht und CDs und Gebete, sowie einige lose Blätter über die Bahá´í-Religion gefunden. Sie und ihr Mann hätten nun gewusst, dass er nicht mit Milde hätte rechnen können, und sie seien der Meinung gewesen, man würde ihn 100-prozentig hinrichten. Sowohl ihr Mann als auch sie hätten eine Erklärung unterschrieben, wonach sie nie mehr auf diese Weise auffällig werden dürften. Daraufhin hätten sie einen der Bahá´í-Freunde ihres Mannes namens ... angerufen und wären 50 Tage versteckt bei ihm gewesen. Dort wären sie die meiste Zeit zu Hause gewesen und hätten gewartet, dass sich die Lage beruhigt. Aber die Lage habe sich weiter verschlimmert, weil zwei oder drei Bahá´í-Freunde ihres Mannes ebenfalls festgenommen worden seien, was sie über die Freunde ihres Mannes erfahren habe. Außerdem sei auch etwas in den Medien bekannt geworden. Die Freunde ihres Mannes hätten nicht mit diesem telefoniert, sondern sie hätten alles über ... erfahren. Sie nehme an, dass er an seinem Arbeitsplatz davon erfahren habe, er habe in einem Haushaltswarenladen im ... Basar gearbeitet. In den letzten 50 Tagen vor der Ausreise seien sie nur ab und zu für einen kleinen Spaziergang außer Haus gewesen, nicht aber bei ihren Familien gewesen. Sie sei überzeugt, dass ihr Mann denunziert worden sei. Sicherlich habe ein Kunde ihn verraten oder man habe Leute beobachtet, die schon aufgeflogen waren. Ihre Tochter habe keine eigenen Asylgründe, sie sei wegen der Probleme ihres Vaters mitgekommen.
Die Kläger zu 1.) und 2.) legten zudem ein Schreiben von Herrn ... aus ... vor, aus dem sich ergibt, dass sie Bahá´í seien und deshalb eine Unterbringung in ... wünschen.
Zudem legte die Klägerin zu 2.) ein ärztliches Attest des Dr. med. ...S. aus ... vor, aus dem sich ergibt, dass sie zwei verheilte Weichteilnarben des linken Unterschenkels habe, die mit Ein- und Austrittswunden in Übereinstimmung gebracht werden können.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom
Die Kläger ließen mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10. September 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am gleichen Tage, Klage erheben und beantragen zuletzt:
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom
Mit Schriftsatz vom
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Mit Schreiben vom
Auf Nachfrage des Berichterstatters vom
Mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 9. April 2015
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, das Protokoll über die mündliche Verhandlung und die beigezogene Bundesamtsakte Bezug genommen.
Gründe
Soweit der Bevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 28. April 2015 erklärt hat, der Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen, wer-de nicht mehr aufrechterhalten, sind die Klagen konkludent teilweise zurückgenommen worden und das Verfahren insoweit unmittelbar beendet. Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses nach § 92 Abs. 3 VwGO bedarf es in diesem Fall nicht. Die Kostenentscheidung kann vielmehr im Urteil über den noch anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits getroffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.9.2005 - 3 C 50.04, DVBl 2006, 118; Kopp/Schenke, VwGO, RdNr. 27 zu § 92).
Die Klage ist im noch anhängigen Teil zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
Die Kläger haben keinen Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG.
Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich
1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Mit der zum
Nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 1 RL) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG Handlungen, die
a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist oder
b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist.
Als Verfolgung in diesem Sinne können nach § 3 a Abs. 2 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 2 RL) unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 fallen,
6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
Nach § 3 a Abs. 3 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 3 RL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den in § 3 b genannten Verfolgungsgründen und den in Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG ist gemäß § 3 b AsylVfG Folgendes zu berücksichtigen:
1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2. der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3. der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4. eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5. unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Gemäß § 28 Abs. 1 a) AsylVfG (vgl. Art. 5 Abs. 2 RL) kann die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylVfG zu erleiden, auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. § 3 Abs. 1 AsylVfG greift deshalb auch dann ein, wenn beispielsweise politische Verfolgung wegen eines für die Asylanerkennung nach Art. 16 a Abs. 1 GG, § 28 Abs. 1 AsylVfG unbeachtlichen Nachfluchtgrundes droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59/91).
Die Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen.
Der in dem Tatbestandsmerkmal „... aus der begründeten Furcht vor Verfolgung ...“ des Art. 2 Buchst. d) RL enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28.2.2008 - Nr. 37201/06
Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20.2.2013, a. a. O. und
Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL).
Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.
Art. 4 Abs. 4 RL ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 2.7.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341; dem folgend
Art. 4 Abs. 4 RL privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten jedoch auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil vom 2.3.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28.2.2008 - Nr. 37201/06
Für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie ist nicht nur im Rahmen des Flüchtlingsschutzes sondern auch im Rahmen des subsidiären Schutzes erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrunde liegende Vermutung, erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht zu sein, beruht wesentlich auch auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (BVerwG, Urteil vom 27.4.2010 - 10 C 4/09, BVerwGE 136, 360).
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts durch Urteil vom 5. September 2012 (Rs. C-71/11
Die Rechtsprechung kann auf § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG übertragen werden, der Art. 9 Abs. 1 a) RL in nationales Recht umgesetzt hat.
Der Gerichtshof sieht in dem in Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) verankerten Recht auf Religionsfreiheit ein grundlegendes Menschenrecht, das eines der Fundamente einer demokratischen Gesellschaft darstellt und Art. 9 EMRK entspricht. Ein Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit kann so gravierend sein, dass er einem der in Art. 15 Abs. 2 EMRK genannten Fälle gleichgesetzt werden kann, auf die Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie als Anhaltspunkt für die Feststellung verweist, welche Handlungen insbesondere als Verfolgung gelten (EuGH a. a. O. Rn. 57). Allerdings stellt nicht jeder Eingriff in das durch Art. 10 Abs. 1 GR-Charta garantierte Recht auf Religionsfreiheit eine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie dar (Rn. 58). Zunächst muss es sich um eine Verletzung dieser Freiheit handeln, die nicht durch gesetzlich vorgesehene Einschränkungen der Grundrechtsausübung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 GR-Charta gedeckt ist. Weiterhin muss eine schwerwiegende Rechtsverletzung vorliegen, die den Betroffenen erheblich beeinträchtigt (Rn. 59). Das setzt nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie voraus, dass die Eingriffshandlungen einer Verletzung der grundlegenden Menschenrechte gleichkommen, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK in keinem Fall abgewichen werden darf (Rn. 61).
Zu den Handlungen, die nach der Rechtsprechung des EuGH eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie darstellen können, gehören nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit des Antragstellers, seinen Glauben im privaten Rahmen zu praktizieren, sondern auch solche in seine Freiheit, diesen Glauben öffentlich zu leben. Der Gerichtshof hält es mit der weiten Definition des Religionsbegriffs in Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie nicht für vereinbar, die Beachtlichkeit einer Verletzungshandlung danach zu beurteilen, ob diese in einen Kernbereich der privaten Glaubensbetätigung (forum internum) oder in einen weiteren Bereich der öffentlichen Glaubensausübung (forum externum) eingreift (Rn. 62 f.).
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Auslegung angeschlossen
Ob eine Verletzung des durch Art. 10 Abs. 1 der GR-Charta garantierten Rechts eine Verfolgungshandlung im Sinne von § 3 a AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 RL) darstellt, richtet sich danach, wie gravierend die Maßnahmen und Sanktionen sind, die gegenüber dem Betroffenen ergriffen werden oder ergriffen werden können. Demnach kann es sich bei einer Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit um eine Verfolgung im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL) handeln, wenn der Asylbewerber aufgrund der Ausübung dieser Freiheit in seinem Herkunftsland u. a. tatsächlich Gefahr läuft, durch einen der in Art. 3 c AsylVfG (Art. 6 RL) genannten Akteure strafrechtlich verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (Rn. 67). Darüber hinaus ist auch die im Fall der Religionsausübung drohende Gefahr einer Verletzung von Leib und Leben sowie der (physischen) Freiheit hinreichend schwerwiegend, um die Verletzung der Religionsfreiheit als Verfolgungshandlung zu bewerten.
Ein hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit gemäß § 3 a AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 RL) setzt nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr der Verfolgung aussetzt. Vielmehr kann bereits der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung erreichen. Das ergibt sich insbesondere aus der Aussage des Gerichtshofs in Rn. 69, dass schon das Verbot der Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich eine hinreichend gravierende Handlung im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL) und somit eine Verfolgung darstellen kann, wenn der Verstoß dagegen die tatsächliche Gefahr der dort genannten Sanktionen und Konsequenzen heraufbeschwört. Kann Verfolgung somit schon in dem Verbot als solchem liegen, kommt es auf das tatsächliche künftige Verhalten des Asylbewerbers und daran anknüpfende Eingriffe in andere Rechtsgüter des Betroffenen (z. B. in Leben oder Freiheit) letztlich nicht an.
Diesem Verständnis der Entscheidung, das den Flüchtlingsschutz gegenüber der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorverlagert, steht nicht entgegen, dass der Gerichtshof in seinen Ausführungen auf die Gefahr abstellt, die dem Ausländer bei „Ausübung dieser Freiheit“ (Rn. 67 und 72) bzw. der „religiösen Betätigung“ (Rn. 73, 78 und 79 f.) droht. Denn damit nimmt dieser lediglich den Wortlaut der entsprechenden Vorlagefragen 2a und 3 des Bundesverwaltungsgerichts auf, ohne dass darin eine notwendige Voraussetzung für die Flüchtlingsanerkennung liegt. Könnte nicht schon das Verbot bestimmter Formen der Religionsausübung eine Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL darstellen, blieben Betroffene gerade in solchen Ländern schutzlos, in denen die angedrohten Sanktionen besonders schwerwiegend und so umfassend sind, dass sich Gläubige genötigt sehen, auf die Glaubenspraktizierung zu verzichten (so auch Lübbe, ZAR 2012, 433 <437>).
Nach der Rechtsprechung des EuGH hängt die Beurteilung, wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne von § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL) zu erfüllen, von objektiven wie auch subjektiven Gesichtspunkten ab (Rn. 70). Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z. B. Leib und Leben. Die erforderliche Schwere kann insbesondere dann erreicht sein, wenn dem Ausländer durch die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (siehe oben Ziff. 2.3.2). Bei strafrechtsbewehrten Verboten kommt es insoweit maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis im Herkunftsland des Ausländers an, denn ein Verbot, das erkennbar nicht durchgesetzt wird, begründet keine erhebliche Verfolgungsgefahr (so auch Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen vom 19. April 2012 (Rs. C-71/11
Als relevanten subjektiven Gesichtspunkt für die Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit sieht der Gerichtshof den Umstand an, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (Rn. 70). Denn der Schutzbereich der Religion erfasst sowohl die von der Glaubenslehre vorgeschriebenen Verhaltensweisen als auch diejenigen, die der einzelne Gläubige für sich selbst als unverzichtbar empfindet (Rn. 71).
Der EuGH hat die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt, dass es auf die Bedeutung der religiösen Praxis für die Wahrung der religiösen Identität des einzelnen Ausländers ankommt, auch wenn die Befolgung einer solchen religiösen Praxis nicht von zentraler Bedeutung für die betreffende Glaubensgemeinschaft ist (vgl.
Der vom EuGH entwickelte Maßstab, dass die Befolgung einer bestimmten religiösen Praxis zur Wahrung der religiösen Identität besonders wichtig ist, setzt nach dem Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts nicht voraus, dass der Betroffene innerlich zerbrechen oder jedenfalls schweren seelischen Schaden nehmen würde, wenn er auf eine entsprechende Praktizierung seines Glauben verzichten müsste. Jedoch muss die konkrete Glaubenspraxis für den Einzelnen ein zentrales Element seiner religiösen Identität und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar sein. Es reicht nicht aus, dass der Asylbewerber eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen - jedenfalls im Aufnahmemitgliedstaat - nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten.
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, Urteil vom 20.2.2013, a. a. O.).
Die religiöse Identität als innere Tatsache lässt sich nur aus dem Vorbringen des Asylbewerbers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen feststellen. Dafür ist das religiöse Selbstverständnis eines Asylbewerbers grundsätzlich sowohl vor als auch nach der Ausreise aus dem Herkunftsland von Bedeutung.
Wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger seinen Glauben in seinem Heimatland nicht in einer in die Öffentlichkeit wirkenden Weise praktiziert hat, sind die Gründe hierfür aufzuklären. Denn der Verzicht auf eine verfolgungsrelevante Glaubensbetätigung im Herkunftsland kennzeichnet die religiöse Identität eines Gläubigen dann nicht, wenn er aus begründeter Furcht vor Verfolgung erfolgte.
Ergibt die Prüfung, dass der Kläger seinen Glauben in Deutschland nicht in einer Weise praktiziert, die ihn in seinem Heimatland der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde, spricht dies regelmäßig dagegen, dass eine solche Glaubensbetätigung für seine religiöse Identität prägend ist, es sei denn, der Betroffene kann gewichtige Gründe hierfür vorbringen. Praktiziert er seinen Glauben hingegen in entsprechender Weise, ist weiter zu prüfen, ob diese Form der Glaubensausübung für den Kläger zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist und nicht etwa nur deshalb erfolgt, um die Anerkennung als Flüchtling zu erreichen.
Hierzu muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zur Religionsgemeinschaft der Bahá’í auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung beruht.
Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein bestimmen. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und ggfs. gerichtlichen Verfahrens gewonnenen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Hat er eine andere Religion angenommen, genügt es im Regelfall nicht, dass der Schutzsuchende lediglich formal zu dieser Religion übergetreten ist. So genügt beispielsweise im Falle eines Wechsels zu einer christlichen Religionsgemeinschaft allein der Formalakt der Taufe nicht. Andererseits kann nicht verlangt werden, dass der Konvertierte so fest im Glauben verankert ist, dass er bereit ist, in seinem Herkunftsland für den Glauben selbst schwere Menschenrechtsverletzungen hinzunehmen.
Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Persönlichkeit und seiner intellektuellen Disposition.
Überdies wird regelmäßig nur dann anzunehmen sein, dass der Konvertit ernstlich gewillt ist, seine Religion auch in seinem Heimatstaat auszuüben, wenn er seine Lebensführung bereits im Aufnahmestaat dauerhaft an den grundlegenden Geboten des neu angenommenen Glaubens ausgerichtet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.2.2013, Rn. 30, zitiert nach juris).
Das Verbot einer öffentlichen religiösen Betätigung als solches kann aber nur dann als hinreichend schwere Verletzung der Religionsfreiheit und damit als Verfolgungshandlung im Sinne des § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a RL) angesehen werden, wenn der Asylbewerber - über die soeben genannten objektiven und subjektiven Gesichtspunkte hinaus - bei Ausübung der verbotenen öffentlichkeitswirksamen Glaubensausübung in seinem Herkunftsland tatsächlich Gefahr läuft, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Das bedeutet - wie oben bereits dargelegt -, dass die genannten Folgen und Sanktionen dem Ausländer im Herkunftsland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen müssen.
Bei Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind alle Akte zu berücksichtigen, denen der Kläger ausgesetzt war oder ausgesetzt zu werden droht, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne § 3 a Abs. 1 AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 RL) gelten können (vgl. Urteil des EuGH vom 5.9.2012, a. a. O. Rn. 68). Liegt keine Verfolgungshandlung nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG vor, ist weiter zu prüfen, ob sich eine solche aus einer Gesamtbetrachtung nach § 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG (vgl. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL) ergibt.
§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Nach § 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG kann auch eine Kumulation unterschiedlicher Maßnahmen die Qualität einer Verletzungshandlung haben, wenn der Ausländer davon in ähnlicher Weise betroffen ist wie im Falle einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Nr. 1. Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen.
In Nr. 1 beruht die Schwere der Eingriffshandlungen auf ihrer Art oder Wiederholung („nature or repetition“). Während die „Art“ der Handlung ein qualitatives Kriterium beschreibt, enthält der Begriff der „Wiederholung“ eine quantitative Dimension (so auch Hailbronner/Alt, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 2010, S. 1072 Rn. 30). Der Europäische Gerichtshof geht in seinem Urteil vom 5. September 2012 (Rn. 69) davon aus, dass das Verbot der Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich eine hinreichend gravierende Handlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) darstellen kann. Das Verbot kann von so schwerwiegender „Art“ sein, dass es für sich allein die tatbestandliche Voraussetzung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) erfüllt. Andere Maßnahmen können hingegen unter Umständen nur aufgrund ihrer Wiederholung vergleichbar gravierend wirken wie ein generelles Verbot.
Setzt die Erfüllung des Tatbestandes von Nr. 1 mithin eine bestimmte gravierende Eingriffshandlung oder die Wiederholung gleichartiger Handlungen voraus, ermöglicht die Tatbestandsalternative der Nr. 2 in einer erweiterten Perspektive die Berücksichtigung einer Kumulation unterschiedlicher Eingriffshandlungen, wie sie beispielhaft in § 3 a Abs. 2 AsylVfG (Art. 9 Abs. 2 RL) aufgeführt sind. Die Kumulationsbetrachtung entspricht auch dem Verständnis des UNHCR vom Verfolgungsbegriff in Art. 1 A Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 1979, Rn. 53). In die nach § 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL) erforderliche Gesamtbetrachtung können insbesondere verschiedenartige Diskriminierungen gegenüber den Angehörigen einer bestimmten Glaubensgemeinschaft einbezogen werden, z. B. beim Zugang zu Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen, aber auch existenzielle berufliche oder wirtschaftliche Einschränkungen (vgl. UNHCR Richtlinie vom 28. April 2004 zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund religiöser Verfolgung, HCR/GIP/04/06 Rn. 17). Die einzelnen Eingriffshandlungen müssen nicht für sich allein die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Buchstabe a entspricht.
Hiervon ausgehend können die Kläger nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG beanspruchen.
Die Kläger konnten nicht glaubhaft machen, im Iran (drohenden) Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 3 a Abs. 1 und 2 AsylVfG ausgesetzt gewesen zu sein, womit ihnen die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 RL nicht zugute kommt.
Das Gericht konnte sich nicht die volle Überzeugung vom Wahrheitsgehalt der Schilderungen der Kläger zu 1.) und 2.) zu dem angeblichen fluchtauslösenden Ereignis verschaffen. Die Kläger konnten nach Auffassung des Gerichts nicht glaubhaft darlegen, dass es am ... 1391 (... 2012) tatsächlich zu der Durchsuchung des Schrankes des Klägers zu 1.) und der wahrgenommenen Bedrohungssituation beider Kläger gekommen ist. Hierfür ausschlaggebend sind zum einen die unterschiedlichen Darstellungen der Kläger zu 1.) und 2.) zum Anruf vom Inhaber des Friseursalons, zum anderen die nicht nachvollziehbaren Umstände der vorherigen Missionierung durch den Kläger zu 1.), welche dieses Ereignis erst ausgelöst haben sollen.
Nach der Darstellung des Klägers zu 1.) in der mündlichen Verhandlung habe er an jenem Tag einen Anruf auf seinem Handy erhalten, in dem er von seinem Freund ... informiert worden sei, dass Sicherheitskräfte nach ihm, dem Kläger, gesucht und in seinem persönlichen Schrank Unterlagen über die Religion der Bahá’í gefunden hätten. Diesen Anruf habe er im Kinderzimmer seiner Schwester entgegen genommen. Seiner Frau habe er später berichtet, der Anruf wäre auf dem Festnetz erfolgt, um sie nicht zu beunruhigen. Die Klägerin zu 2.) berichtete hingegen, im Haus habe das Festnetztelefon geklingelt und entweder die Schwägerin oder deren Kind hätten zunächst den Anruf entgegen genommen, der Anruf wäre jedoch für ihren Ehemann gewesen und ihm wäre daraufhin von der Durchsuchung berichtet worden. In der Befragung beim Bundesamt hatten der Kläger zu 1.) und die Klägerin zu 2.) noch übereinstimmend angegeben, ... habe bei der Klägerin zu 2.) auf dem Handy angerufen und diese habe das Telefon an ihren Mann weitergereicht. Dieses Ereignis nimmt jedoch innerhalb der unmittelbaren Verfolgungsgeschichte für das Gericht einen derart zentralen Stellenwert ein, dass die Art und Weise, wie die Kläger zu 1.) und 2.) von der berichteten Durchsuchung erfahren haben können, sich nach Auffassung des Gerichts keinesfalls derart unbedeutend sein könnte, dass hier derart nennenswerte Erinnerungsunterschiede erklärt werden könnten.
Hinzu kommt, dass der Kläger zu 1.) nicht glaubhaft darlegen konnte, wieso er auf der einen Seite - insbesondere nach dem von ihm behaupteten Vorfall im Jahr 1385 - von einem hohen Verfolgungsrisiko ausging, gleichzeitig jedoch ohne eine plausible Vorsichtsmaßnahme im Friseursalon mit Publikumsverkehr verbotene Unterlagen gelagert haben und öffentlich und mit Wissen des Saloninhabers, der selbst muslimischen Glaubens sei, mit Kunden über seine Religion gesprochen haben will. Das in der mündlichen Verhandlung präzisierte Vorbringen, er habe nur mit engen Freunden gesprochen und ihnen Unterlagen aus seinem Schrank zur Verfügung gestellt, sie aber gleichzeitig nur an die Treffen bei seinem Freund ... verwiesen, erscheint nach Auffassung des Gerichts nicht nachvollziehbar und widersprüchlich. Die vom Kläger zu 1.) augenscheinlich an den Tag gelegte Sorglosigkeit hinsichtlich möglicher Konsequenzen erklärte der Kläger mit der zu erwartenden Sicherheit durch die Anonymität innerhalb der Großstadt und selbst innerhalb des sehr großen Friseursalons. Gleichwohl konnte er den Widerspruch zu seiner Befürchtung der ernsthaften Verfolgung wegen seines Glaubens, von dem er aus diesem Grunde selbst innerhalb der Familie nur wenigen Personen berichtet habe, auch im Rahmen der persönlichen Befragung in der mündlichen Verhandlung nicht erklären. Noch in der Befragung beim Bundesamt hatte der Kläger zu 1.) nämlich angegeben, nach den Ereignissen im Jahr 1385 den Kontakt zu den übrigen Gläubigen aus Angst vor Verfolgung seiner Frau und seiner Tochter aufgegeben zu haben. Die in diesem Zusammenhang erfolgte Erklärung, er habe keinesfalls missioniert, sondern nur in Einzelfällen Unterlagen weitergegeben, steht zudem in klarem Widerspruch zu den Angaben bei der Befragung vom Bundesamt, in der der Kläger zu 1.) angab, aus Gründen einer religiösen Verpflichtung missioniert zu haben und aktiv Kunden im Friseursalon angesprochen zu haben. Gegen den Wahrheitsgehalt der Schilderungen des Klägers zu 1.) spricht auch, dass es - entgegen der Angaben des Klägers zu 1.) beim Bundesamt - nicht zu den Grundsätzen der Glaubensgemeinschaft der Bahá’í gehört, missionierend tätig zu werden.
Die Kammer nimmt es dem Kläger zu 1.) deshalb nicht ab, dass dieser nach der Eheschließung und der Geburt des ersten Kindes im Iran zum Glauben der Bahá’í konvertiert ist, was auch durch die unzureichenden Kenntnisse des Klägers zu 1.) zu den Religionsgrundsätzen der Bahá’í dokumentiert wird (hierzu noch nachfolgend).
Auch soweit es die angebliche Festnahme der Kläger im Jahr 1385 betrifft, konnte sich die Kammer nicht die volle Überzeugung vom Wahrheitsgehalt der Schilderungen der Kläger verschaffen.
So gab der Kläger zu 1.) an, die Sicherheitskräfte hätten am Tor geklingelt. Als man die Sicherheitskräfte habe kommen sehen, seien alle in den Hof gerannt. Dort habe seine Frau versucht zu fliehen. Dort sei es zu einer Auseinandersetzung mit den Sicherheitskräften gekommen und seine Ehefrau sei angeschossen worden.
Nach den Schilderungen der Klägerin zu 2.) sollen die Sicherheitskräfte hingegen über den Hof ins das Gebäude eingedrungen und es im Inneren des Hauses zu einem Handgemenge gekommen sein. Als sie in den Hof geflüchtet sei, sei sie von einem Sicherheitsmann, der in der einen Ecke des Hofes gestanden sei, angeschossen worden. Sie habe vor ihrem Transport ins Krankenhaus jedoch noch gesehen, dass ihr Ehemann mit anderen Festgenommenen aus dem Haus in den Hof gebracht worden sei.
Ebenso ergeben sich Widersprüche hinsichtlich der Häufigkeit der Teilnahme der Klägerin zu 2.) an den Treffen der Bahá’í. So gab diese an, sie habe nur einmal an einem derartigen Treffen teilgenommen, wobei es zu dem genannten Vorfall gekommen sei.
Der Kläger zu 1.) erklärte demgegenüber in der mündlichen Verhandlung, seine Ehefrau habe ihn öfters zu derartigen Treffen begleitet.
Hiervon unabhängig würde der Vorfall, der sich sechs Jahre vor Verlassen des Irans ereignet haben soll und die Kläger nicht veranlasst hat, nach Wegen zu suchen, ihr Heimatland zu verlassen, nicht zu einer Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 RL führen, da der nötige zeitliche und innere Zusammenhang zu den behaupteten fluchtauslösenden Ereignissen nicht bestünde.
Das Gericht ist deshalb mit dem Bundesamt der Überzeugung, dass die Kläger ihr Heimatland nicht unter dem Eindruck bestehender oder drohender Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 a Abs. 1 AsylVfG verlassen haben.
Die Kläger können sich auch nicht auf einen beachtlichen Nachfluchtgrund berufen. Das Gericht konnte nicht die volle Überzeugung gewinnen, dass die Kläger zu 1.) und 2) während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet aus ernsthafter, fester innerer Überzeugung zum Glauben der Bahá’í übergetreten sind und für sie die Ausübung ihres Glaubens eine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung zukommt (vgl. hierzu BayVGH, Beschlüsse
Zwar konnten der Kläger zu 1.) und die Klägerin zu 2.) glaubhaft darlegen, dass die Mutter des Klägers zu 1.) der Religion der Bahá’í zugehörig sei und sie hierüber mit dem Glauben in Kontakt gekommen seien. Ebenso scheint dem Gericht nachgewiesen, dass der Kläger zu 1.) und die Klägerin zu 2.) während ihres Aufenthalts in Deutschland formal ihre Religion gewechselt haben und nun den Bahá’í angehören.
Hingegen hat das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der formale Wechsel der Religionszugehörigkeit tatsächlich auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung beruht und für die Kläger unverzichtbar ist, wie es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.2.2013, Rn. 30, zitiert nach juris). Zwar nehmen die Kläger wöchentlich an Kursen der Bahá’í in ... teil. Für die Identitätsprägung fehlt es nach Auffassung des Gerichts jedoch an einer wirklichen Auseinandersetzung mit den Grundzügen des Glaubens. Hier genügt nicht die interessierte und offene Beschäftigung mit der Religion, wenn offensichtliche Grundkenntnisse hierüber nicht vorhanden sind und kein ernsthafter Drang erkennbar ist, mehr zu erfahren.
So konnte der Kläger zu 1.) noch überzeugend darlegen, dass die grundlegenden Schriften der Bahá’í ihm in seiner Heimat wegen der drohenden Verfolgung nicht zugänglich gewesen seien. Hingegen erscheint es schwer vorstellbar, dass der ernsthafte Wunsch, sich mit den Grundlagen in Deutschland zu beschäftigen, sich alleine wegen Geldmangels über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren nicht erfüllen hätte lassen können, zumal der Kläger zu 1.) seit seiner Einreise ins Bundesgebiet in regelmäßigem Kontakt zu anderen Bahá’í stehen will. Auch konnte der Eindruck mangelnden Interesses nicht durch sonstige Aktivitäten oder Bemühungen widerlegt werden. So beschränke sich das Ausleben des Glaubens nach Aussage der Kläger zu 1.) und 2.) darauf, die Lehrveranstaltungen zu besuchen - wobei sich selbst über deren Charakter in der Befragung der Kläger Zweifel ergaben, ob es sich um religiöse oder nur sprachliche Lehrveranstaltungen handelte. Darüber hinaus konnte der Kläger zu 1.) dem Gericht nur oberflächliche historische Informationen über seinen neuen Glauben mitteilen und kannte nicht einmal eines der Gebete, die nach öffentlich zugänglichen Informationen der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland zu den täglichen Pflichtgebeten eines Bahá’í gehören. Auch waren die Kläger zu 1.) und 2.) nicht in der Lage, wenigstens einen Namen der 19 Kalendermonate der Bahá’í wiederzugeben. Einen Grund oder ein bemerkenswertes auslösendes Ereignis dafür, den Glauben erst im Alter von 27 Jahren zu wechseln, obwohl üblicherweise der Beitritt mit 15 Jahren erfolgt, konnte der Kläger zu 1.) nicht nennen. Ebenso wenig konnte der Kläger zu 1.) eine Erklärung dafür nennen, warum er zuvor aus Angst vor den Folgen einer Konversion davor zurückgeschreckt war, im Jahr 1385 jedoch - ohne eine nähere Begründung - trotz der Gründung einer Familie keine Bedenken mehr gehabt habe.
Hinsichtlich der Unverzichtbarkeit der religiösen Identität kommt das Gericht bei der Klägerin zu 2.) insbesondere in Hinblick auf die religiöse Identität zum gleichen Schluss. Die Klägerin schilderte zwar ein grundsätzliches Interesse an der Religion und konnte auch ein Gebet und fünf religiöse Feiertage nennen, nicht aber die Monate des Bahá’í-Kalenders. Das Gericht bekam diesbezüglich den Eindruck, dass die Beschäftigung mit der Religion nicht aus eigenem Antrieb, sondern eher aus einer äußeren Pflicht heraus erfolgte. So begründete sie ihre Unkenntnis des von der Kammer erfragten kürzesten Pflichtgebets nur damit, dass ihr im Unterricht nur dieses eine Gebet beigebracht und ihr aufgegeben worden sei, dieses auswendig zu lernen. Auch vermochte ihr Hinweis, sie sei von den Grundwerten der Bahá’í-Religion - von ihr als „Frieden, Freundschaft und Einheit der Menschen“ charakterisiert - beeindruckt, das Gericht nicht von einer individuellen und tiefgreifenden Gewissenseinstellung zu überzeugen, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie sich bei ihrer Einreise gegenüber dem Bundesamt als Schiitin bezeichnet hatte. Die in der mündlichen Verhandlung angeführte Unterscheidung zwischen ihrem wahren Glauben, den sie nicht angegeben habe, und ihrer offiziellen Religionszugehörigkeit belegt nicht, dass die Klägerin zu 2.) aus fester innerer Überzeugung zur Glaubensgemeinschaft der Bahá’í konvertiert ist.
Auch die Vorlage der Bestätigungen des nationalen geistigen Rats der Bahá’í in Deutschland über die Mitgliedschaft des Klägers zu 1.) und der Klägerin zu 2.) in der Bahá’í-Gemeinde konnte das Gericht nicht von einem anderen Ergebnis überzeugen. Die hier vorgelegten Bescheinigungen unterscheiden sich wesentlich von den in anderen Verfahren vorgelegten, in denen bestätigt wurde, dass die dortigen Kläger nach einer sorgfältigen Einzelfallprüfung auf ihre innere Einstellung und die Aufrichtigkeit ihrer Glaubensentscheidung nach Auffassung des nationalen geistigen Rates der Bahá’í ihre Religion gewechselt hätten (vgl. hierzu VG Würzburg, Urteil vom 2.10.2013, Az. W 6 K 13.30160, Rn. 33 f., zitiert nach juris; zur gesonderten Prüfung des Glaubensbekenntnisses VG Trier, Urteil vom 16.05.2013, Az. 2 K 1011/12.TR, S. 9; VG Ansbach, Urteil vom 31.01.2013, Az. AN 3 K 12.30324, S. 15). So beschränken sich die vorgelegten Bescheinigungen ihrem Wortlaut nach nur auf die gegenwärtige Mitgliedschaft, also den Zeitpunkt bereits nach Klageerhebung. Zudem legt auch die Stellungnahme des geistigen Rates vom Dezember 2014 den Schluss nahe, dass die Kläger sich frühestens bei ihrem Aufenthalt in Deutschland zu einem Glaubensübertritt entschlossen haben. Dies ergibt sich aus der Formulierung, der nationale geistige Rat der Bahá’í sehe seine Aufgabe darin, diejenigen zu begleiten, die Mitglied in der Gemeinde werden möchten oder es kürzlich geworden sind.
Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass der behauptete Glaubenswechsel der Kläger zu 1.) und zu 2.) zur Überzeugung des Gerichts nur vorgeschoben erscheint und sich nicht in identitätsprägender Weise manifestiert hat. Ausgehend von dieser gerichtlichen Würdigung ist es deshalb auch nicht zu erwarten, dass sich die Kläger zu 1.) und zu 2.) in ihrer Heimat anderen gegenüber als Bahá’í bezeichnen oder deren Veranstaltungen (im häuslichen oder im außerhäuslichen Bereich) besuchen werden. Keine andere Beurteilung ergibt sich daher für die Klägerin zu 3.), für die als Tochter keine eigene Verfolgungsgründe geltend gemacht wurden.
Trotz des formalen Glaubensübertritts haben die Kläger bei einer Rückkehr in den Iran keine Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten. Es ist auch den iranischen Behörden bekannt, dass iranische Staatsangehörige in Asylverfahren immer wieder zum christlichen Glauben konvertieren, um so bessere Chancen im Asylverfahren zu erhalten. Anhaltspunkte dafür, dass sich ein (formaler) Glaubenswechsel zur Religionsgemeinschaft der Bahá’í anders auswirke, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Hinzu kommt, dass sich iranische Staatsangehörige hier in der Bundesrepublik Deutschland „im Feindesland“ befinden, und es dort durchaus erlaubt ist, durch Täuschungshandlungen den Feind zu überlisten. Der rein formale Glaubensübertritt wird bei einer Rückkehr in den Iran somit keine nachteiligen Folgen für die Kläger haben.
Allein die Tatsache, dass die Kläger in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, löst noch keine staatlichen Repressionen nach der Rückkehr in den Iran aus (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023; Lagebericht vom 24.2.2015). Den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen und hierzu Asylverfahren betreiben, also eine Asylantragstellung keinen Rückschluss auf die politische Einstellung des Asylbewerbers zulässt. Die Kläger haben auch nicht wegen ihrer politischen Einstellung Asyl beantragt.
Bei der Rückkehr kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.6.2011 - 13 A 1050/11.A; VG Düsseldorf, Urteile
Den Klägern steht unter diesen Umständen auch kein Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG bzw. auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu.
Rechtsgrundlage der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. September 2011 - A 8 K 878/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, bei dem Kläger das Vorliegen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots (hier: § 60 Abs. 2 AufenthG) hinsichtlich Afghanistans festzustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens im zweiten Rechtszug.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tenor
1. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Der Antragsteller, nach eigenen Angaben am ... 1990 in ... geboren, ist afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit. Er gab an, über den Iran, die Türkei und Griechenland auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland am .... April 2012 eingereist zu sein und stellte am .... Mai 2012 einen Asylantrag.
Bei seiner persönlichen Anhörung am .... Juli 2012 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) legte er eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor, einen Drohbrief der Taliban sowie seine Heiratsurkunde. Diese Papiere waren ihm nach Deutschland gefaxt worden, nach eigenen Angaben vom Mann seiner Schwester. Der Kläger gab an, im Dorf ..., Landkreis ..., Provinz ... im Hause seiner Eltern gewohnt zu haben. Er habe dort bis zu seiner Ausreise gewohnt. Er habe im Jahr 1385 (2006/2007) geheiratet. Seine Frau lebe bei ihrem Vater. Er habe zwei Töchter, sie seien ein Jahr und zwei Jahre alt. Diese seien bei ihrer Mutter. Zum Schulbesuch befragt gab er an, fünf Jahre lang die Grundschule in ... besucht und ein Jahr lang in einer Werkstatt als Schweißer gelernt zu haben. Danach habe er sich als Schweißer selbstständig gemacht und diesen Beruf in ... bis zu seiner Ausreise ausgeübt.
Zu den unmittelbaren Gründen seiner Ausreise aus Afghanistan befragt, erklärte der Kläger, sein Bruder sei Taxifahrer gewesen und zwischen dem Dorf des Klägers und der Stadt ... gependelt. Die Taliban hätten seinem Bruder vorgeworfen, für die Regierung zu arbeiten. Die Taliban hätten seinem Bruder gesagt, er solle nicht mehr Taxi fahren. Dann haben die Taliban seinen Bruder festgenommen und verschleppt. Sie hätten ihn überall gesucht und später seine Leiche gefunden. Dies sei zwei bis drei Monate vor der Ausreise des Klägers gewesen. Der Kläger gab weiter an, nach dem Tod seines Bruders habe er einen Brief bekommen, worin behauptet wurde, sein Bruder habe für die Regierung gearbeitet und er müsse dafür nun Strafe zahlen. Dem Kläger sei gedroht worden, er werde umgebracht, sollte er nicht zahlen. In dem Drohbrief der Taliban habe gestanden, er müsse sich am ....1390 (....2011) melden. Laut Übersetzung durch den anwesenden Dolmetscher steht in dem Drohbrief „am ....1390 ist ... nicht erschienen und geflüchtet.“
Der Kläger sagte weiter aus, er sei zu seinem Schwiegervater nach ... gegangen, nachdem er den Drohbrief erhalten habe. Auf Vorhalt, er habe anfangs behauptet, bis zu seiner Ausreise im Elternhaus gewohnt zu haben, erklärte er, er habe gedacht, es sei gemeint, ob er in diesem Gebiet gewesen sei. Das Dorf seines Schwiegervaters sei nicht so weit von seinem Elternhaus entfernt. Die letzten drei Monate sei er bei seinem Schwiegervater gewesen und nur ab und zu heimlich nach Hause zu seiner Mutter gegangen.
Auf Frage, ob der Kläger andere persönliche und konkrete Probleme mit den Taliban gehabt habe, gab der Kläger an, ja, diese hätten immer Geld verlangt. Sie seien Diebe, die wollten immer auf irgendeine Weise Geld von den Leuten. Auf die Anhörung (S. 41-48 Bundesamtsakte - BA) wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom .... Januar 2013 reichte der Kläger beim Bundesamt Dokumente, die er als Originaldokumente aus Afghanistan bezeichnete, für sein Asylverfahren ein. Der übersetzte Drohbrief lautet: „Islamische Bewegung der afghanischen Taliban, Oberhaupt der Gläubigen ... .... Der genannte ..., Sohn des ..., sein Großvater ..., muss wissen, dass laut Anzeige der Taliban der Bruder des ... mit den Behörden der jetzigen Regierung in Verbindung stand, und die Talban hatten ihn gewarnt, seinen Bruder zu den Taliban zu bringen. Aber sein Bruder flüchtete und verschwand aus der Szene, und der ... selbst erschien auch nicht, und in dem Jahr ....1390
Mit Bescheid vom .... Juli 2015, zugestellt am .... Juli 2015, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus ihm nicht zuerkannt (Ziffer 3) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). In Ziffer 5 des Bescheides wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen 30 Tagen zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung, zuvorderst nach Afghanistan, angedroht.
Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe seine Furcht vor Verfolgung durch die Taliban nicht glaubhaft gemacht. Sein Sachvortrag sei in sich nicht stimmig. Wichtige Einzelheiten, wie vor allem der zeitliche Ablauf der Geschehnisse seien bis zum Schluss unklar geblieben und auch auf mehrere Nachfragen des anhörenden Entscheiders hätten diese Unklarheiten nicht ausgeräumt werden können. Der Kläger habe sich in seinem Vortrag zunächst nur auf die Verschleppung und den Tod seines Bruders bezogen und auf Nachfrage erklärt, er habe einen Drohbrief bekommen, in dem gestanden habe, er solle sich am ... 2011 melden. Dies wäre jedoch bereits vor dem Tod des Bruders gewesen. Der Kläger habe vorgetragen, er sei zu seinem Schwager nach ... geflohen, nachdem er den Drohbrief erhalten habe. Eingangs sei der Kläger jedoch ausdrücklich nach seinem Aufenthaltsort bis zu seiner Ausreise gefragt worden. Dort habe er zunächst angegeben, er habe sich bis zu seiner Ausreise im Haus seiner Eltern in ... aufgehalten. Später habe er jedoch angegeben, sich zuletzt bei seinem Schwiegervater aufgehalten zu haben.
Das Bundesamt führt in dem Bescheid weiter aus, die Echtheit des vorgelegten Drohbriefes müsse bezweifelt werden, da die Angaben über den Großvater nicht übereinstimmten.
Selbst wenn man den Sachvortrag als wahr unterstellte, bestünde für den Kläger die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil Afghanistans niederzulassen. Auf den Bescheid (S. 68-78 BA) wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2015, bei Gericht eingegangen per Telefax am 5. August 2015, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen:
I.
Der Bescheid der Beklagten vom ....07.2015 Gz: ... wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.
III.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, der subsidiäre Schutz nach § 4 AsylVfG und die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Mit Schriftsatz vom 14. August 2015 wurde die Klage dahingehend begründet, dass der Kläger verheiratet sei und zwei Kinder habe, die noch in der Heimat lebten. Grund für die Flucht des Klägers sei, dass er von den Taliban unter Druck gesetzt worden sei, sich ihnen anzuschließen und für sie zu kämpfen. Dies habe der Kläger nicht gewollt und hatte daher nur die Möglichkeit zu fliehen. Die Taliban hätten bereits den Bruder des Klägers, der Taxifahrer gewesen sei, bedroht und gewollt, dass er aufhöre, Taxi zu fahren. Da er nicht gehorcht habe, sei er von den Taliban entführt, verschleppt und getötet worden. Dies sei zwei bis drei Monate vor der Flucht des Klägers geschehen. Nach dem Tod des Bruders hätten die Taliban angefangen, den Kläger zu bedrohen, zunächst Geld zu fordern und dann verlangt, dass er vorspreche. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen, sondern zunächst zu seinem Schwiegervater und dann aus dem Lande geflohen.
Mit Schriftsatz vom 12. August 2015 beantragte die Beklagte
Klageabweisung.
In der mündlichen Verhandlung stellte die Klägervertreterin folgenden unbedingten Antrag:
Zum Beweis der Echtheit der Dokumente Blatt 53-56 der Bundesamtsakte Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Auswahl der Gerichts.
Das Gericht lehnte den Antrag mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss ab und begründete dies mit dessen Ungeeignetheit.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts-, die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 Bezug genommen.
Gründe
Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Die Parteien wurden zur Verhandlung ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
I.
Einzustellen war das Verfahren hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhaltenen Primärantrags auf Verpflichtung, den Kläger als Asylberechtigen anzuerkennen. Dieses Abstandnehmen von der schriftsätzlich beantragten Zielsetzung diesbezüglich stellt sich als teilweise Klagerücknahme dar, so dass das Verfahren insoweit einzustellen ist, § 92 Abs. 1 und 3 VwGO.
II.
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom .... Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs.1 Satz 1 VwGO. Ihm steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG (Hilfsanträge) zu.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG, da sich sein Vorbringen insgesamt als unglaubwürdig erweist, da es in sich höchst widersprüchlich ist. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Eine Verfolgung im Sinne dieser Bestimmung kann nach § 3 c AsylG ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Eine entsprechende Verfolgung konnte der Kläger nicht glaubhaft machen.
a) Es bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers. Das Vorbringen des Klägers ist insgesamt nicht glaubhaft. Die Angaben vor dem Bundesamt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung weichen teilweise gravierend voneinander ab. Seine unterschiedlichen Aussagen lassen sich nicht miteinander in Einklang bringen. So hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, es seien zwischen der Verschleppung seines Bruders und dem Auffinden seiner Leiche drei Tage und drei Nächte vergangen. Vor Gericht hingegen gab er einen Zeitraum von etwa zwei Monaten an. Auch wenn man dem Hinweis der Klägervertreterin folgt, man könne die vom Kläger angegebenen Zeiträume nicht an unseren Maßstäben messen, so ist der Unterschied zwischen drei Tagen und zwei Monaten doch so gravierend, dass hier von einer reinen Ungenauigkeit/Unkenntnis über Zeiträume bzw. Zeitangaben nicht ausgegangen werden kann, wie dies evtl. bei wenigen Tagen Differenz der Fall sein könnte. Vor dem Bundesamt sagte der Kläger, nach dem Tod seines Bruders habe er einen Drohbrief von den Taliban bekommen. Vor Gericht hingegen behauptete er, er habe den Brief nach der Verschleppung seiner Bruders aber noch vor dessen Tod bekommen. Zum Inhalt des Briefes gab der Kläger beim Bundesamt noch an, darin habe gestanden, er müsse sich am ...1390 (....2011) bei den Taliban melden. Vor Gericht sagte er aus, in dem Brief stehe nicht, wann er sich melden solle. Tatsächlich ist der Brief insoweit nicht genau gefasst. Dennoch ist der Kläger vor dem Bundesamt noch davon ausgegangen, dass er sich an dem im Brief genannten Datum melden solle, vor Gericht hingegen hat er das Datum nicht mehr so aufgefasst. Diese unterschiedlichen Aussagen zeigen nach Auffassung des Gerichts, dass der Kläger diese vor dem Bundesamt gemachte Aussage abzuändern versuchte, weil das in dem Brief genannte Datum vom Bundesamt unter anderem als wichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Vortrags gewertet wurde, weil es sich nicht in die Chronologie der vorgetragenen Abläufe einfügte. Der Kläger machte auch bei weiteren Angaben widersprüchliche Aussagen. So hat er vor dem Bundesamt zuerst angegeben, bis zu seiner Ausreise bei der Mutter gewohnt zu haben. Später sagte er dann, er habe bei seinem Schwiegervater gewohnt. In der mündlichen Verhandlung widersprach er sich ebenfalls. Zuerst sagte er, er sei nach Erhalt des Drohbriefes bei seiner Mutter geblieben, nach Vorhalt des Gerichts, vor dem Bundesamt habe er am Ende gesagt, er sei bei seinem Schwiegervater gewesen, bestätigte er, bei seinem Schwiegervater gewesen zu sein. Gleichzeitig gab er an, tagsüber bei seiner Mutter gewesen zu sein, wohingegen er vor dem Bundesamt gesagt hatte, nur ab und zu nach Hause zu seiner Mutter gegangen zu sein. Auch den Wohnort seiner Frau und seiner Kinder hat er vor dem Bundesamt und vor dem Gericht unterschiedlich angegeben.
Den von der Klägervertreterin gestellten Beweisantrag hat das Gericht mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss wegen Ungeeignetheit abgelehnt. Es wurde im Beweisantrag nicht ausgeführt und ist dem Gericht auch nicht klar, wo der Sachverständige mit seinen Untersuchungen anknüpfen soll. Die Taliban haben kein spezielles Papier oder eine spezielle Schrift oder ähnliches, an der sich die Echtheit eines Drohbriefes eruieren lassen könnte. Es ist kein Vergleichsmaterial vorhanden, das hier zugrunde gelegt werden kann. Der Beweisantrag war daher abzulehnen.
b) Nur ergänzend ist auszuführen, dass für den Kläger jedenfalls eine inländische Fluchtalternative bestünde. Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 -). Dabei sind die individuellen Besonderheiten wie Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte des Klägers in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, Geschlecht, Alter, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen zu berücksichtigen. Entscheidend dafür, ob eine inländische Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicheren Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann.
Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht davon aus, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative besteht. Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger für ihn zumutbar in Kabul niederlassen kann, wo er aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs sowie der Entfernung zu seinem Heimatort von den Taliban nicht aufgefunden würde, da dort auch die Gebietsgewalt beim afghanischen Staat liegt und nicht bei den Taliban. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 - Stand September 2016 - S. 16). Daher könnte sich der erwerbsfähige Kläger in Kabul niederlassen, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Dem Kläger ist es auch möglich, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, da er bereits in Afghanistan als Schweißer gearbeitet hat. Gegen die Fluchtalternative spricht auch nicht, dass der Kläger in Afghanistan eine Frau und zwei Kinder hat. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass seine Frau zu Hause Näharbeiten ausführt. Einer derartigen Arbeit könnte sie auch in Kabul nachgehen und gleichzeitig in der Nähe der Kinder sein. Da diese nach wie vor in Afghanistan leben, kennen sie auch die Sprache und Gewohnheiten, so dass es der Familie insgesamt zumutbar ist, in eine andere Umgebung zu ziehen.
2. Im Hinblick auf die weiterhin geltend gemachte Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung sowie der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AsylG nimmt das Gericht Bezug auf die obigen Ausführungen, die auch für diese Aspekte gelten. Darüber hinaus bezieht sich das Gericht nach § 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, denen es insoweit folgt.
3. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen des §§ 34 AsylG, 59 AufenthG liegen vor.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG bezüglich des streitig zu entscheidenden Antrags, bezüglich der Klagerücknahme aus § 155 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
* * *
Tatbestand
I.
II.
die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
die Klage abzuweisen.
Gründe
1.1
1.2
1.3
2.1.
2.2.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Kläger.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, tadschikischer Volkszugehörigkeit und – eigenen Angaben nach – nunmehr schiitischen Glaubens. Er reiste am 25. Juni 2013 per Flugzeug aus Athen kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er beantragte am 15. Juli 2013 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3In seiner Anhörung am 5. August 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Kläger an, er stamme aus Kabul und sei Sunnit. Seine Mutter sei früh gestorben und sein Vater habe dann recht schnell neu geheiratet. Sein einziger leiblicher Bruder sei weggegeben worden. Mit der Stiefmutter und den Stiefgeschwistern habe es Streitigkeiten um das Erbe der Mutter (bzw. des Großvaters mütterlicherseits) gegeben. Die Stiefmutter habe das Land unter ihren Kindern verteilt. Auch sein Vater habe immer wieder Land gekauft und es anschließend unter den Kindern verteilt. Den Kläger habe er dabei stets übergangen. Als er seinen Vater damit konfrontiert habe, sei es zu körperlichen Angriffen durch seine Stiefgeschwister gekommen. In der Folge habe sich das Zusammenleben als schwierig dargestellt. Die Brüder hätten seinem Vater geraten, den Kläger wegzuschicken, weil er nur Probleme bereite. Der Kläger habe dann begonnen in einer Teppichfabrik zu arbeiten; im Jahr 1996 habe er dann seine jetzige Frau (Klägerin zu 1. im Verfahren 14 K 7324/12.A) kennen gelernt. Man habe sich zwar aus Kindertagen bereits gekannt, aber erst 1996 in einander verliebt. Als er seinem Vater gesagt habe, dass er seine jetzige Frau heiraten wolle, habe es wieder Streit mit den Stiefgeschwistern gegeben. Die Brüder hätten Sorge gehabt, dass der Kläger sich nun sein Erbe auszahlen lassen wolle. Sie hätten ihm auch gesagt, als Sunnit könne er ohnehin keine Schiitin heiraten. Von seiner schwierigen familiären Situation habe die Familie seiner jetzigen Frau auch gewusst. Seine Frau sei zudem an ihren Cousin versprochen gewesen. Ihre Familie habe daher einer Hochzeit nicht positiv gegenüber gestanden. Er und seine jetzige Frau hätten sich aber dennoch entschlossen, zu heiraten. Anlässlich der Hochzeit am 14. März 1998 habe es nur eine kleine Feier gegeben; es seien nur ein paar Bekannte da gewesen. Nach der Hochzeit habe man sich dann entschlossen, Afghanistan zu verlassen. Von den Erbstreitigkeiten habe er seiner Frau nur oberflächlich erzählt. Sie seien dann zunächst nach Teheran gegangen und hätten dort eine ganze Zeit gelebt. Ein Jahr nach der Ankunft im Iran habe er seiner Frau zuliebe seinen Glauben gewechselt und sei Schiit geworden. Er habe als Aufsichtsperson in einer großen Gärtnerei gearbeitet. Der Arbeitgeber habe ihnen unentgeltlich ein Haus zur Verfügung gestellt. Seine Frau habe in der Zeit zwei Kinder bekommen. Sein Sohn (N. O. , Kläger im Verfahren 14 K 7325/12.A) sei im Krankenhaus, seine Tochter (S. O. , Klägerin zu 2. im Verfahren 14 K 7324.12. A) zu Hause zur Welt gekommen. Einige Jahre nach der Einreise in den Iran habe seine Frau mit ihrer Mutter Kontakt aufgenommen. Dadurch habe der Cousin seiner Frau, an den diese versprochen gewesen sei, heraus bekommen, wo sie sich aufhielten. Der Cousin sei kein freundlicher Mensch gewesen. Er hätte sich in seine Frau verliebt und habe Rache geschworen, als sie weg gegangen seien. Er habe ein Bild des Klägers dabei gehabt und habe nach ihm gesucht. Ein paar Tage nach seiner Ankunft habe der Cousin dann zusammen mit drei Männern am Gartentor des Hauses gestanden und angeklopft. Der Cousin habe gesagt, der Kläger solle die Tür öffnen, sonst würde etwas passieren. Der Kläger sei dann ins Haus gegangen und habe sich mit seiner Frau besprochen. Man habe dann mit Hilfe des Vermieters das Haus durch den Hintereingang verlassen und sei zunächst im Haus des Vermieters untergekommen. Dort seien sie aus Sicht des Vermieters sicher gewesen. Sie hätten sich dann aber dazu entschlossen, das Land zu verlassen. Der Gartenbesitzer, der ein Teil seines Gehalts einbehalten habe, habe ihnen 5.000 Euro in bar gegeben und den Schlepper bezahlt. Sie seien dann nach Griechenland gegangen. Dort habe er aber keine Arbeit gefunden. Ziel ihrer Reise sei letztlich immer Deutschland gewesen. Nach Afghanistan könnten sie nicht zurück, weil er durch seine Familie keinen Schutz zu erwarten habe und es den Cousin seiner Frau gebe. Außerdem herrsche in Afghanistan Krieg.
4Mit Bescheid vom 16. September 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 2.) sowie Abschiebungsverbote (Ziffer 3.) nicht vorliegen. Der Kläger wurde zudem unter Androhung seiner Abschiebung nach Afghanistan aufgefordert, die Bundesrepublik innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Im Falle der Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens (Ziffer 4.). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, die Anerkennung als Asylberechtigter scheide bereits deshalb aus, weil der Kläger über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik eingereist sei. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestehe nicht, da die Angaben des Klägers zu seinen Fluchtgründe nicht überzeugen konnten. Insbesondere hätten sich in wichtigen Punkten Differenzen zu den Aussagen seiner Frau (Klägerin zu 1) im Verfahren 14 K 7324/12.A) in deren Anhörung ergeben. Seine Frau habe von den Erbstreitigkeiten in ihrer Anhörung nichts erzählt. Auch zu der Frage, ob seine Frau Kontakt zu ihrer Mutter habe, hätten beide unterschiedliche Angaben gemacht. Das Auftauchen des Cousins im Iran sei ebenfalls nicht deckungsgleich erzählt worden. Der Kläger habe auch die bestehenden Unstimmigkeiten seine Religionszugehörigkeit betreffend nicht ausräumen können. Die Eheleute hätten unterschiedliche Angaben zu ihrem Kennenlernen und der Geburt der Kinder gemacht. Die vorgetragenen Bedrohungen durch die Stiefbrüder seien schließlich auch lediglich zivilrechtlicher Natur gewesen. Anhaltspunkte, die ein Abschiebungsverbot begründen könnten, lägen ebenfalls nicht vor. Insbesondere liege keine individuelle Gefahr infolge eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts vor.
5Der Kläger hat am 7. Oktober 2013 Klage erhoben.
6Zur Begründung seiner Klage trägt er vor, der Streit mit den Stiefbrüdern sei nicht das Schlüsselereignis für das Verlassen des Landes gewesen. Deshalb habe die Ehefrau des Klägers auch in ihrer Anhörung dazu nichts gesagt. Es treffe zu, dass die Ehefrau im Zeitpunkt ihrer Anhörung keinen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt habe. Sie stehe erst seit drei Monaten wieder in Kontakt zu ihr. Die Ehefrau habe auch erst kürzlich erfahren, dass ihre Mutter den Aufenthaltsort an den Cousin verraten habe. Der Kläger und seine Ehefrau hätten Afghanistan jedenfalls verlassen, ohne zuvor die Ehe eingegangen zu sein. Der Vater der Ehefrau und ihr Cousin hätten Rache geschworen.
7Nachdem der Kläger zunächst auch die Anerkennung als Asylberechtigten beantragt hatte, reduzierte er seinen Klageantrag in der mündlichen Verhandlung und beantragt nunmehr,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16. September 2013 zu verpflichten,
9ihm den Flüchtlingsstatus nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen,
10hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
11hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegt.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie nimmt zur Begründung im Wesentlichen Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
15Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2014 informatorisch zu seinen Fluchtgründen angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 14 K 7324/12.A und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2014 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht zum Termin erschienen ist, denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Die Beklagte ist form- und fristgerecht mit Empfangsbekenntnis vom 13. Mai 2014 geladen worden.
19Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gemäß § 3 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) oder subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG. Schließlich liegen die Voraussetzungen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) nicht vor.
20Der Kläger hat nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG) keinen Anspruch auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Demnach muss zunächst eine Verfolgungshandlung gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 AsylVfG durch einen Verfolgungsakteur (§ 3c AsylVfG) vorliegen, die eine Verfolgungsprognose zulässt. Gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung solche Handlungen, welche aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Insbesondere sind dabei Verletzungen der absoluten Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, zu berücksichtigen.
21Vgl. EuGH, Urteile vom 7. November 2013 - Rs. C - 199/12 bis 201/12 -X, Y und Z-, Rn. 51, und vom 5. September 2012 - Rs. C - 71/11 und C - 99/11 -Y und Z-, Rn. 53, zitiert jeweils nach juris.
22Nach Ziffer 2 kann auch eine Kumulation unterschiedlicher Maßnahmen die Qualität einer Verletzungshandlung haben, wenn der Ausländer davon in ähnlicher Weise betroffen ist wie im Falle einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Ziffer 1. Die nach Ziffer 2 zu berücksichtigende Maßnahmen können Menschenrechtsverletzungen sein, aber auch sonstige Diskriminierungen. Die einzelnen Eingriffshandlungen müssen dabei für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzungen aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen nach Ziffer 1 entspricht.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rn. 36, zitiert nach juris.
24Die Verfolgungshandlung muss weiter mit einem der Verfolgungsgründe des § 3b AsylVfG verknüpft sein, § 3a Abs. 3 AsylVfG, und es muss an einem effektiven Schutz im Herkunftsland fehlen (§§ 3d, e AsylVfG). Bzgl. der Verfolgungsgründe ist zu beachten, dass gemäß § 28 Abs. 1a AsylVfG auch Nachfluchtgründe insoweit zu berücksichtigen sind. Abschließend dürfen keine Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 bis 4 AsylVfG vorliegen.
25Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 3a AsylVfG vorliegt, ist Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifizierungsrichtlinie in der Neufassung vom 13. Dezember 2011 Richtlinie 2011/95/EU -QRL-) ergänzend anzuwenden. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 QRL, der sich mit der Voraussetzung, dass der Antragsteller „tatsächlich Gefahr läuft“, an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zur tatsächlichen Gefahr („real risk“) orientiert,
26vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 Nr. 37201/06 - Saadi - NVwZ 2008, 1330,
27und somit der Sache nach den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit übernimmt.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rn. 19, 32, zitiert nach juris.
29Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rn. 36, zitiert nach juris.
31Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten normiert Art. 4 Abs. 4 QRL eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftendenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Dies ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, Rn. 20 ff. m.w.N., zitiert nach juris.
33Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2009 - 10 C 24.08 -, Rn. 14, m.w.N., zitiert nach juris.
35Aus den in Art. 4 QRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden,
36Vgl. zu Art. 16a GG: BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1989 - 9 B 239.89 -, InfAuslR 1989, 349, vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38 (39), und vom 3. August 1990 - 9 B 45.90 -, InfAuslR 1990, 344.
37Dies zugrundegelegt, sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG zur Überzeugung des Gerichts im Fall des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger befindet sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Heimatlandes. Selbst wenn der Vortrag des Klägers zu den Streitigkeiten über die Ländereien mit seinen Stiefbrüdern und die vorgetragene Verfolgung durch den Cousin seiner Frau glaubhaft wäre, würde sich daraus kein flüchtlingsrelevantes Merkmal ergeben. Selbst bei Wahrunterstellung der insoweit geschilderten Bedrohungen durch seine Familie als nichtstaatliche Akteure handelte es sich um bloße kriminelle Handlungen, die allein durch das familiäre Zusammenleben bedingt gewesen wären. Sie knüpften nicht an eine Gruppenzugehörigkeit oder eine politische Überzeugung an. Dies gilt entsprechend für die vorgetragene Bedrohung durch den Cousin seiner Ehefrau. Selbst dann, wenn das Vorbringen diesbezüglich insgesamt als wahr unterstellt wird, folgt daraus jedenfalls keine flüchtlingsrelevante Verfolgung des Klägers. Die geschilderte Bedrohung knüpft in Bezug auf den Kläger nicht an flüchtlingserhebliche Merkmale im o. g. Sinne an. Der Kläger wurde – wenn überhaupt – als Ehemann der Auserwählten bedroht. Diese Bedrohungen wurden nicht ausgesprochen, weil den Kläger eine politische Überzeugung, eine religiöse Grundentscheidung oder sonst unverfügbare Merkmale, wie etwa die Rasse oder Nationalität, prägen. Er wurde schließlich auch nicht bedroht, weil er aufgrund unverfügbarer Merkmale einer bestimmten sozialen Gruppe angehört. Die Bedrohungen waren – sollten sie stattgefunden haben – vielmehr krimineller Natur ohne flüchtlingserheblichen Bezug.
38Ein flüchtlingsrelevantes Verfolgungsschicksal wird schließlich auch nicht durch den Glaubenswechsel vom sunnitischen zum schiitischen Glauben begründet. Selbst wenn der Glaubenswechsel, zu dessen Umständen der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch weiter vorgetragen hat, als wahr unterstellt wird, ist dies bereits kein Grund gewesen, der zur Flucht aus Afghanistan geführt hat. Der Glaubenswechsel hat nämlich bereits nach dem Vortrag des Klägers erst im Iran stattgefunden. Wie § 28 Abs. 1a AsylVfG ausdrücklich hervorhebt, kann die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG zwar auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Antragsteller das Herkunftsland verlassen hat und zwar auch auf Aktivitäten des Antragstellers nach Verlassen seines Herkunftslandes, wobei dies im Regelfall („insbesondere“) dann anzunehmen ist, wenn diese Aktivitäten Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland betätigten Überzeugung oder Ausrichtung sind. Es ist bekannt, dass die Mehrheitsbevölkerung im Iran schiitischen Glaubens ist. Es liegt daher nahe, dass das Motiv des Klägers für seinen Glaubenswechsel eine Anpassung an die iranische Mehrheitsbevölkerung bzw. Kultur war, um sich besser in die iranische Gesellschaft integrieren zu können. Da die Lage der afghanischen Flüchtlinge im Iran schwierig ist und diese sich – wie wohl auch der Kläger – gewaltsamen Übergriffe der einheimischen Bevölkerung ausgesetzt sehen,
39vgl. z.B. Auswärtiges Amt, Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran v. 8.10.2012, Seite 37,
40ist der Anpassungsdruck für Flüchtlinge sehr hoch.
41Selbst wenn aber an dieser Stelle zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass sich der Wunsch zur Konversion bereits in seinem Herkunftsland gebildet hat und familiären Ursprungs ist, ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass sich aus der Konversion eine unmittelbare Gefährdung des Klägers ergibt. Ist der Schutzsuchende - wie hier - nicht bereits wegen seiner Religion verfolgt oder unmittelbar mit Verfolgung bedroht worden, muss er glaubhaft machen, dass ihm wegen seiner Religionsausübung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr von Verfolgung droht, wenn er in sein Heimatland zurückkehrt. Entscheidend ist insoweit, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 07. November 2012 – 13 A 1999/07.A –, zitiert nach juris
43Dies ist hier nicht anzunehmen. Es gibt bereits keine Erkenntnisse darüber, dass zum schiitischen Glauben konvertierten Muslimen in Afghanistan allein auf Grund des Glaubensübertritts eine Verfolgung droht. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, wie die Konversion des Klägers zum schiitischen Glauben in einer Millionenstadt wie Kabul bekannt werden soll. Der Kläger ist seit nunmehr 18 Jahren nicht in Kabul gewesen. Dass sich jemand an seine frühere Glaubensrichtung erinnert und ihn deshalb individuell verfolgen wird, wenn er nunmehr seinen schiitischen Glauben ausübt, ist schlichtweg unwahrscheinlich. Dass er wegen seines Glaubenswechsels Repressalien von Seiten seiner Familie befürchten muss, denen er sich auch nicht entziehen kann, hat der Kläger in diesem Zusammenhang bereits nicht vorgetragen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in die Millionenstadt Kabul mit einem jederzeitigen Verfolgungseintritt durch seine Familie rechnen muss; die Ausführungen beim Bundesamt hinsichtlich der Erbstreitigkeiten deuten vielmehr darauf hin, dass seine Stiefbrüder ihn wegen der Streitigkeiten um das Land einfach loswerden wollten.
44Schließlich kann sich auch aus der – erstmals im Rahmen der informatorischen Befragung vorgetragenen – Todesdrohung von Seiten der Familie des Klägers für den Fall, dass er eine Schiitin heirate, keine flüchtlingsrelevante Bedrohung ergeben. Diesbezüglich bestehen vor allem Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags, weil der Kläger dergleichen beim Bundesamt im Rahmen seines umfangreichen und detaillierten Vortrags nicht erwähnt hat. Zwar hat er mehrfach erklärt, seine Familie sei mit der Heirat nicht einverstanden gewesen. Dass sie ihn aber auch mit dem Tode bedroht hätten, hat er vor dem Bundesamt nicht erwähnt. Auch die Klageschrift enthält hierzu keine Ausführungen. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass es sich bei einer Todesdrohung durch die eigene Familie um ein einschneidendes Ereignis handelt, nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger im Rahmen der informatorischen Befragung bei Gericht diesbezüglich angegeben hat, ihm sei es bei der Anhörung nicht gut gegangen, vermag auch dies die Zweifel nicht zu beseitigen. Angesichts des ansonsten umfangreichen und sehr detaillierten Vortrags beim Bundesamt ist es nicht plausibel, warum der Kläger aus Erschöpfung oder Unwohlsein gerade zu den Bedrohungen nichts gesagt haben will. Der ansonsten umfangreiche Vortrag im Rahmen der informatorischen Anhörung bei Gericht blieb diesbezüglich zudem auffällig vage und oberflächlich. Er begnügte sich mit der Aussage, seine Familie habe gedroht, ihn zu töten, falls er eine Schiitin heirate. Damit ist letztlich nicht belegt, dass seine Familie ihn auch heute, 18 Jahre später, noch mit dem Tod bedrohen würde, weil er damals eine Schiitin geheiratet hat. Immerhin hat es schon damals, als der Kläger noch in Afghanistan lebte und von der bevorstehenden Hochzeit berichtete, und auch nach der angeblichen Hochzeit keine damit begründeten Übergriffe von Seiten seiner Familie gegeben. Nachdem in der Klageschrift ausgeführt wurde, es stehe fest, dass der Kläger und seine Frau ohne die Ehe eingegangen zu sein, das Land verlassen hätten, ist auch zweifelhaft, ob es die vorgetragene Trauung überhaupt gegeben hat. Schließlich ist nicht anzunehmen, dass der Kläger und seine Familie in einem Stadtviertel der Millionenstadt Kabul entdeckt werden können. Angesichts des gerichtsbekannten und allgemeinkundigen Fehlens eines funktionierenden Meldewesens in Afghanistan besteht bei Ausreise keine beachtlich wahrscheinliche Gefährdung.
45Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG. Danach ist ein Ausländer ein subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG). Die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schaden muss von einem Verfolgungsakteur i.S.d. §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3c AsylVfG ausgehen.
46Für die Feststellung, ob ein ernsthafter Schaden nach § 4 Abs. 1 AsylVfG vorliegt, ist Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifizierungsrichtlinie in der Neufassung vom 13. Dezember 2011 Richtlinie 2011/95/EU -QRL-) ergänzend anzuwenden. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 QRL, der sich mit der Voraussetzung, dass der Antragsteller „tatsächlich Gefahr läuft“, an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zur tatsächlichen Gefahr („real risk“) orientiert,
47vgl. EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 Nr. 37201/06 - Saadi - NVwZ 2008, 1330,
48und somit der Sache nach den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit übernimmt.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rn. 19, 32, zitiert nach juris.
50Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung bzw. den Eintritts eines Schadens sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung oder dem Eintritt eines Schadens hervorgerufen werden kann.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12-, Rn. 32, m.w.N., zitiert nach juris.
52Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. in anderer Weise Geschädigten normiert Art. 4 Abs. 4 QRL eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftendenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Dies ist im Rahmen freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, Rn. 20 ff., m.w.N., zitiert nach juris.
54Die bereits erlittener Verfolgung gleichzustellende unmittelbar drohende Verfolgung setzt eine Gefährdung voraus, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2009 - 10 C 24.08 -, Rn. 14, m.w.N., zitiert nach juris.
56Aus den in Art. 4 QRL geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor Verfolgung oder anderweitigem Schaden schlüssig vorzutragen. Er ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden.
57Vgl. zu Art. 16a GG: BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1989 -9 B 239.89 -, InfAuslR 1989, 349, vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38 (39), und vom 3. August 1990 - 9 B 45.90 -, InfAuslR 1990, 344.
58Dem Antragsteller muss es weiterhin an einem effektiven Schutz im Herkunftsstaat fehlen, §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3d, 3e AsylVfG und es dürfen keine Ausschlussgründe (§ 4 Abs. 2 AsylVfG) vorliegen. Der Verweis auf einen effektiven Schutz in einem anderen Teil des Herkunftslandes setzt jedenfalls voraus, dass von dem Ausländer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Zur Frage, wann von ihm „vernünftigerweise erwartet werden kann“, dass er sich in dem verfolgungsfreien Landesteil aufhält, wird vorausgesetzt, dass der Ausländer am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfindet, d.h. dort das Existenzminimum gewährleistet ist.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 19 f.; Beschluss vom 14. November 2012 - 10 B 22.12 -, Rn. 9, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -, jeweils zitiert nach juris.
60Dem Kläger steht kein subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 AsylVfG zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wegen einer Straftat gesucht wird und bei seiner Rückkehr nach Afghanistan die Gefahr einer Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe besteht, kann schon seinem eigenen Vorbringen im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt nicht entnommen werden.
61Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 AsylVfG liegen ebenfalls nicht vor. Danach gilt Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung als ein ernsthafter Schaden nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. In diesem Zusammenhang ist vor allem Art. 3 EMRK sowie die Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen.
62Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 28; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 -10 C 15.12 -, unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte der zugrunde liegenden Richtlinienregelung des Art. 15 lit. b QRL, Rn. 22, jeweils zitiert nach juris.
63Bestehen danach ernsthafte und stichhaltige Gründe, dass der Ausländer im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, im Heimatland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, ergibt sich hieraus die Verpflichtung, Person nicht in dieses Land abzuschieben.
64Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss dabei jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den Schutzbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 3 EMRK zu fallen. Abstrakt formuliert sind unter einer menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird.
65Vgl. Renner, Ausländerrecht, 9. Auflage 2011, § 60 AufenthG Rn. 35.
66Dies gilt gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylVfG auch dann, wenn die Leiden von nichtstaatlichen Akteuren zugefügt werden und kein ausreichender staatlicher oder quasistaatlicher Schutz zur Verfügung steht.
67Daran gemessen hat der Kläger hier auch keine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure vorgetragen, die das o.g. Maß erreicht. Selbst bei Wahrunterstellung des Vortrags über die Erbstreitigkeiten mit seiner Familie liegt damit keine menschenrechtswidrige Behandlung vor. Es handelt sich um einen gewöhnlichen Familienstreit. Soweit sich der Kläger darüber hinaus darauf beruft, seine Frau sei in Afghanistan an ihren Cousin versprochen worden, handelt es sich, wenn überhaupt, um eine Bedrohung seiner Ehefrau und nicht um eine Schlechtbehandlung des Klägers selbst. Auf eine Bedrohung seiner Frau durch deren Familie kann sich der Kläger nicht berufen. Dasselbe gilt für eine angeblich drohende Steinigung der Ehefrau wegen ihrer Flucht bzw. der „unehelichen“ Kinder.
68Die übrige vorgetragene Schlechtbehandlung des Klägers als Afghane im Iran durch die dortige Bevölkerung ist bereits vom Sachvortrag nicht geeignet, eine flüchtlingsrelevante Bedrohung iS.d. § 4 AsylVfG zu begründen.
69Soweit der Kläger vorgetragen hat, er und seine Frau seien von dem Cousin, an den die Ehefrau versprochen worden war, im Iran aufgespürt worden, ist auch damit keine fluchtauslösende Bedrohung geltend gemacht worden. Soweit dieser Umstand einen Nachfluchttatbestand begründen kann, fehlt es zudem ebenfalls an einer Gefährdung, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Betroffene für seine Person ohne Weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell rechnen muss.
70Der diesbezügliche Vortrag ist auch nach der informellen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft. Die Widersprüche zu den Angaben der Ehefrau in deren Anhörung beim Bundesamt lassen weiterhin daran zweifeln, dass der Kläger das Geschehen selbst erlebt hat. An ein derartiges Erlebnis hätte sich seine Frau bei ihrer Anhörung erinnern müssen, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Familie angeblich plötzlich nach über 10jährigem Aufenthalt im Iran das Land verlassen musste. Der diesbezügliche Vortrag der Ehefrau, während der Anhörung sei es ihr nicht gut gegangen, verhilft nicht über die Widersprüche hinweg. Dies gilt vor allem deshalb, weil die Ehefrau auch ansonsten umfangreiche Ausführungen gemacht hat. Auch der Umstand, dass die Ehefrau im Rahmen ihrer informatorischen Befragung bei Gericht den Vortrag ihres Mannes nunmehr weitgehend bestätigt hat, kann nicht zur Glaubhaftigkeit des Vortrags führen. Das Gericht kann sich diesbezüglich des Eindrucks eines verfahrensangepassten Vortrags nicht erwehren. Ungeachtet dessen haben der Kläger und seine Ehefrau aber auch erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Cousin sie vor dem Gartentor mit dem Tod bedroht hätte. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger (und seine Frau) dies nicht bereits beim Bundesamt erwähnt hat (haben). Der Kläger hat in seiner Anhörung lediglich vorgetragen, der Cousin hätte am Zaun gestanden und habe den Einlass begehrt, sonst würde „etwas passieren“. Zu den Bedrohungen wurden auch in keiner der beiden Klageschriften Ausführungen gemacht. Vielmehr wird in der Klagebegründung der Ehefrau des Klägers ausdrücklich ausgeführt, dass sie zu keinem Zeitpunkt erklärt habe, dass der Cousin in den Iran gekommen sei, um ihr Gewalt anzutun. Sie habe lediglich erklärt, dass der Cousin herausgefunden habe, wo sie im Iran lebe. Dass sich sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau nunmehr erst bei der Anhörung durch das Gericht daran erinnert haben wollen, dass der Cousin sie mit dem Tod bedroht haben will, ist unwahrscheinlich. Selbst wenn aber auch an dieser Stelle als wahr unterstellt wird, dass der Cousin Todesdrohungen ausgesprochen hat, hat es zumindest nach dem Vortrag des Klägers im weiteren Verlauf keine Übergriffe gegeben, obwohl der Cousin nach den eigenen Angaben des Klägers durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, in das Haus zu gelangen, wenn er ihnen wirklich hätte etwas antun wollen. Der Kläger und seine Familie haben vielmehr noch zwei Stunden im Haus auf den Vermieter warten können, ohne dass in der Zwischenzeit etwas passiert wäre. Dass nun der Kläger für seine Person im Fall einer Rückkehr nach Kabul ohne Weiteres mit einer jederzeitigen Bedrohung durch den Cousin rechnen muss, ist danach nicht ersichtlich.
71Auch aus den allgemeinen humanitären Verhältnissen in Afghanistan/Kabul folgt keine Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 3 EMRK. Ausländer können kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 23; EGMR, Urteil vom 27. Mai 2008 Nr. 2656505, N./Vereinigtes Königreich, NVwZ 2008, 1334, und Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16.12 -, Rn. 8, jeweils zitiert nach juris.
73Diese Rechtsprechung des BVerwG steht auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung der Großen Kammer des EGMR,
74vgl. Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09 - M.S.S. ./. Belgien und Griechenland, NVwZ 2011, 413,
75da diese Entscheidung keine Feststellung hinsichtlich der für alle Menschen gleich geltenden Mindeststandards einer Behandlung im Herkunftsland trifft, sondern allein den Schutz der Menschenwürde von Personen betrifft, die - in einem ihnen insgesamt fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und behördlicher Gleichgültigkeit gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden.
76So auch BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 24, und Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16.12 -, Rn. 9, jeweils zitiert nach juris.
77Demnach können nur in ganz außergewöhnlichen Fällen schlechte humanitäre Verhältnisse für sich isoliert zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen. In Bezug auf Afghanistan ist unter Einbeziehung der vorliegenden Erkenntnismittel nicht davon auszugehen, dass diese Schwelle überschritten ist.
78Vgl. EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden -; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 26, zitiert nach juris.
79Dabei geht die Kammer bezüglich Kabul als demjenigen Ort, an dem eine Abschiebung enden würde, davon aus, dass Rückkehrer dort durch Gelegenheitsarbeiten jedenfalls ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren könnten.
80Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juli 2013 - A 11 S 697/13 -, Rn. 84, 105 ff. unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel, zitiert nach juris.
81Geht man von dieser Annahme aus, so verstößt eine Abschiebung des Klägers nach Afghanistan/Kabul nicht gegen Art. 3 EMRK.
82Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 27, zitiert nach juris.
83Der Kammer liegen insoweit keine aktuelleren Erkenntnisse vor, die auf eine deutliche Verschlechterung der humanitären Bedingungen in Kabul schließen lassen.
84Ebenfalls hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG. Danach ist von einem ersthaften Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen, wenn für den Ausländer eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht. Die Schutzgewährung greift auch dann ein, wenn sich der innerstaatliche bewaffnete Konflikt nur auf ein Teil des Staatsgebietes erstreckt.
85Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 12, und vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, jeweils zitiert nach juris.
86Besteht ein bewaffneter Konflikt mit einem solchen Gefahrengrad nicht landesweit, ist bzgl. der anzustellenden Gefahrenprognose auf den Zielort der Abschiebung abzustellen. Dabei kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer seinem subjektiven Blickwinkel strebt. Vielmehr ist in der Regel auf die Herkunftsregion des Klägers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehrt wird. Ein Abweichen von dieser Regel kann jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ihm Schutz gewähren soll.
87Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 13, zitiert nach juris; Beschluss vom 14. November 2012 - 10 B 22.12 -; zur Frage der „tatsächlichen Zielregion“ Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2012 - 13 A 2010/12.A -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -.
88Allerdings ist dann nicht auf die Herkunftsregion abzustellen, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit der Absicht niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben.
89Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 14, zitiert nach juris.
90Der Begriff des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist in Bezug auf seinen Regelungszusammenhangs dahingehend auszulegen, dass eine Situation vorliegen muss, in der die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder in der zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen.
91Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - Rs. C - 285/12 -Diakite- Rn. 35, zitiert nach juris.
92Eine Orientierung an Regelungen des Humanitären Völkerrechts,
93so noch BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O. und vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360 (bereits einschränkend, wenn eine solche Orientierung dem Zweck der Schutzgewährung von Zivilpersonen entgegensteht),
94scheidet aus, da das Humanitäre Völkerrecht andere Regelungszwecke beinhaltet. Das Humanitäre Völkerrecht richtet sich an die Konfliktparteien, Schutzvorschriften im Kriegsgebiet zu beachten. Bei § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG geht es um den Schutzbedarf des Einzelnen im Aufnahmeland. Dieser Zweckvergleich wird auch durch die mangelnde Begriffskongruenz bestätigt.
95Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - Rs. C - 285/12 - Diakite- Rn. 20 ff., zitiert nach juris.
96Damit sind bei der Ermittlung des erforderlichen Niveaus willkürlicher Gewalt in einem bestimmten Gebiet alle Gewaltakte der Konfliktparteien zu berücksichtigen, durch die Leib oder Leben von Zivilpersonen wahllos und unbeachtet ihrer persönlichen Situation verletzt werden („willkürlich“).
97Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 43, zitiert nach juris; BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 - 10 C 9.08 -, BVerwGE 134, 188; Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, a.a.O.
98Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich auch eine allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Personen ausgeht, individuell so verdichten kann, dass sie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG erfüllt.
99Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -.
100Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG kann eine solche individuelle Verdichtung ausnahmsweise dann angenommen werde, wenn der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt zu sein. Dies ist der Fall, wenn praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Hierfür sind Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt bzw. zu der sogenannten Gefahrendichte erforderlich, d.h. eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, die von den Konfliktparteien gegen Leib und Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung. Hierzu gehört auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann.
101Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 35, zitiert nach juris; BVerwG, vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -.
102Eine weitere Verdichtung bzw. Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann sich aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Ausländers ergeben. Zu diesen gefahrerhöhenden Umständen gehören solche persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen sei, sich nahe an der Gefahrenquelle aufzuhalten. Es können aber auch persönliche Umstände sein, aufgrund derer der Antragsteller als Zielperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt.
103Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C - 465/07 -Elgafaji-, Rn. 39, zitiert nach juris.
104Ob die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllt sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinn der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden.
105Vgl. zu diesen Kriterien auch Bayerischer VGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - 13a B 10.30394 -, Rn. 20 ff.; zitiert nach juris.
106Diese Voraussetzungen zu Grunde gelegt kann für den Kläger bezogen auf seine Herkunftsregion Kabul nicht von einer individuellen Gefahr für Leib und Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstattlichen bewaffneten Konflikts ausgegangen werden. Aufgrund der insoweit übereinstimmenden Erkenntnislage und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung,
107vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 01. April 2014 - 13 A 2565/12.A -, vom 21. Februar 2013 - 13 A 1411/12.A -, vom 13. Februar 2013 - 13 A 1524/12.A -, vom 7. Februar 2013 - 13 A 2871/12.A -, vom 18. Januar 2013 - 13 A 2382/12.A -, alle zitiert nach juris; vom 9. Januar 2013 - 13 A 1057/12.A - und - 13 A 1610/11.A -, n.v.; Hessischer VGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 A 119/12.A -, Rn. 37ff.; Sächsisches OVG, Urteil vom 10. Oktober 2013 - A 1 A 474/09 -; Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. September 2013 - 13a ZB 13.30256 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2012 - A 11 S 3177/11 -, jeweils zitiert nach juris,
108geht die Kammer davon aus, dass der Kläger in Kabul nicht einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG ausgesetzt wäre,
109vgl. auch Urteile der Kammer vom 25. Februar 2014 - 14 K 9684/12.A -, vom 30. Juli 2013 - 14 K 7173/11.A - und vom 3. Juli 2012 - 14 K 4355/11.A -, n.v.
110Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachte Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG.
111Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der EMRK unzulässig ist. Dabei ist zu beachten, dass die Berücksichtigung des Art. 3 EMRK im Rahmen des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 AsylVfG nicht dazu führt, dass § 60 Abs. 5 AufenthG insoweit verdrängt wird.
112Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, Rn. 34 ff., und vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, Rn.24, jeweils zitiert nach juris.
113Dennoch scheidet in Fällen, in denen - wie hier - gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 AsylVfG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus. Weitere Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht ersichtlich.
114Schließlich liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst grundsätzlich nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen, da bei allgemeinen Gefahren gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a AufenthG über die Gewährung von Abschiebungsschutz im Wege politischer Leitentscheidungen entschieden werden soll (Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 1 C 2.01 -, BVerwGE 114, 379.
116Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist in der Formulierung mit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden müsse, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde”. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren.
117Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - Rn. 38 unter Hinweis auf die st. Rspr., zitiert nach juris.
118Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde.
119So BVerwG, Urteile vom 29. Juni 2010 - 10 C 10.09 -, NVwZ 2011, 48, 49, und vom 29. September 2011 - 10 C 24.10 -, zitiert nach juris.
120Dies vorangestellt ist nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit hoher Wahrscheinlichkeit eine extreme Gefahrenlage droht.
121Dies ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger wegen des durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutzes von Ehe und Familie nur gemeinsam mit seiner Ehefrau (Klägerin zu 1. im Verfahren 14 K 7324/12.A) und den Kinder (Klägerin zu 2. im Verfahren 14 K 7324/12.A und (Kläger im Verfahren 14 K 7325/12.A) nach Afghanistan zurückkehren kann. Für die Beurteilung der Rückkehrsituation sind zwar grundsätzlich alle Familienmitglieder gemeinsam in den Blick zu nehmen.
122Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 1993 - 9 C 7/93 -, zitiert nach juris.
123Bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles kann aber nicht angenommen werden, dass die Familie mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland in eine lebensbedrohliche Lage gerät, aus der sie sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann.
124Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass der Kläger und seine Familie im Falle der Rückkehr auf Unterstützung – zumindest durch die engsten Familienmitglieder – hoffen können. Aber auch ohne Hilfe durch die Verwandtschaft wird die vierköpfige Familie in Afghanistan überleben können. Der Kläger hat sich bereits auf dem afghanischen Arbeitsmarkt behauptet und auch im Iran offenbar über eine gute Stellung verfügt, die das Überleben der vierköpfigen Familie über 10 Jahre sicherstellen konnte und genug Ersparnisse zurückbehalten ließ, die eine anschließende Flucht unter Mitnahme von 5.000 Euro (sic!) sicherstellen konnten. Es wird dem Kläger daher trotz seines längeren Aufenthaltes außer Landes voraussichtlich möglich sein, eine existenzsichernde Erwerbsmöglichkeit für seine Familie in Kabul auch ohne familiäre Unterstützung zu finden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es unter den herrschenden Bedingungen nicht einfach sein dürfte, die vierköpfige Familie mit dem Nötigsten zu versorgen. Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche führen jedoch noch nicht „alsbald“ zu einer Extremgefahr.
125Vgl. Bayrischer VGH, Urteil vom 03. Februar 2011 – 13a B 10.30394 –, zitiert nach juris.
126Bei den Kindern handelt es sich auch nicht mehr um Kleinstkinder, für die die bedrohliche Gesundheits- und Versorgungslage in Afghanistan mit höchster Kindersterblichkeit und vielfach ungesichertem Zugang selbst zu sauberem Trinkwasser eine extreme Gefahr darstellt. Der Familie ist eine Rückkehr nach Kabul daher zumutbar.
127Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen und auch entsprechende Bescheinigungen vorgelegt hat, dass seine beiden Kinder hier zur Schule gehen, er mit Hilfe eines Ein-Euro-Jobs zum Lebensunterhalt der Familie beiträgt und auch im Übrigen beachtliche Integrationsbemühungen zeigt, kann dies im vorliegenden Verfahren keine andere Bewertung rechtfertigen. Die Regelung in § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind. Nur diese darf das Bundesamt in seiner Entscheidung berücksichtigen. Für die Durchführung der Abschiebung und für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse sowie über Ansprüche auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (zum Beispiel aus humanitären Gründen) ist hingegen die Ausländerbehörde zuständig.
128Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
1. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Der Antragsteller, nach eigenen Angaben am ... 1990 in ... geboren, ist afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit. Er gab an, über den Iran, die Türkei und Griechenland auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland am .... April 2012 eingereist zu sein und stellte am .... Mai 2012 einen Asylantrag.
Bei seiner persönlichen Anhörung am .... Juli 2012 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) legte er eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor, einen Drohbrief der Taliban sowie seine Heiratsurkunde. Diese Papiere waren ihm nach Deutschland gefaxt worden, nach eigenen Angaben vom Mann seiner Schwester. Der Kläger gab an, im Dorf ..., Landkreis ..., Provinz ... im Hause seiner Eltern gewohnt zu haben. Er habe dort bis zu seiner Ausreise gewohnt. Er habe im Jahr 1385 (2006/2007) geheiratet. Seine Frau lebe bei ihrem Vater. Er habe zwei Töchter, sie seien ein Jahr und zwei Jahre alt. Diese seien bei ihrer Mutter. Zum Schulbesuch befragt gab er an, fünf Jahre lang die Grundschule in ... besucht und ein Jahr lang in einer Werkstatt als Schweißer gelernt zu haben. Danach habe er sich als Schweißer selbstständig gemacht und diesen Beruf in ... bis zu seiner Ausreise ausgeübt.
Zu den unmittelbaren Gründen seiner Ausreise aus Afghanistan befragt, erklärte der Kläger, sein Bruder sei Taxifahrer gewesen und zwischen dem Dorf des Klägers und der Stadt ... gependelt. Die Taliban hätten seinem Bruder vorgeworfen, für die Regierung zu arbeiten. Die Taliban hätten seinem Bruder gesagt, er solle nicht mehr Taxi fahren. Dann haben die Taliban seinen Bruder festgenommen und verschleppt. Sie hätten ihn überall gesucht und später seine Leiche gefunden. Dies sei zwei bis drei Monate vor der Ausreise des Klägers gewesen. Der Kläger gab weiter an, nach dem Tod seines Bruders habe er einen Brief bekommen, worin behauptet wurde, sein Bruder habe für die Regierung gearbeitet und er müsse dafür nun Strafe zahlen. Dem Kläger sei gedroht worden, er werde umgebracht, sollte er nicht zahlen. In dem Drohbrief der Taliban habe gestanden, er müsse sich am ....1390 (....2011) melden. Laut Übersetzung durch den anwesenden Dolmetscher steht in dem Drohbrief „am ....1390 ist ... nicht erschienen und geflüchtet.“
Der Kläger sagte weiter aus, er sei zu seinem Schwiegervater nach ... gegangen, nachdem er den Drohbrief erhalten habe. Auf Vorhalt, er habe anfangs behauptet, bis zu seiner Ausreise im Elternhaus gewohnt zu haben, erklärte er, er habe gedacht, es sei gemeint, ob er in diesem Gebiet gewesen sei. Das Dorf seines Schwiegervaters sei nicht so weit von seinem Elternhaus entfernt. Die letzten drei Monate sei er bei seinem Schwiegervater gewesen und nur ab und zu heimlich nach Hause zu seiner Mutter gegangen.
Auf Frage, ob der Kläger andere persönliche und konkrete Probleme mit den Taliban gehabt habe, gab der Kläger an, ja, diese hätten immer Geld verlangt. Sie seien Diebe, die wollten immer auf irgendeine Weise Geld von den Leuten. Auf die Anhörung (S. 41-48 Bundesamtsakte - BA) wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom .... Januar 2013 reichte der Kläger beim Bundesamt Dokumente, die er als Originaldokumente aus Afghanistan bezeichnete, für sein Asylverfahren ein. Der übersetzte Drohbrief lautet: „Islamische Bewegung der afghanischen Taliban, Oberhaupt der Gläubigen ... .... Der genannte ..., Sohn des ..., sein Großvater ..., muss wissen, dass laut Anzeige der Taliban der Bruder des ... mit den Behörden der jetzigen Regierung in Verbindung stand, und die Talban hatten ihn gewarnt, seinen Bruder zu den Taliban zu bringen. Aber sein Bruder flüchtete und verschwand aus der Szene, und der ... selbst erschien auch nicht, und in dem Jahr ....1390
Mit Bescheid vom .... Juli 2015, zugestellt am .... Juli 2015, wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus ihm nicht zuerkannt (Ziffer 3) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). In Ziffer 5 des Bescheides wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen 30 Tagen zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung, zuvorderst nach Afghanistan, angedroht.
Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe seine Furcht vor Verfolgung durch die Taliban nicht glaubhaft gemacht. Sein Sachvortrag sei in sich nicht stimmig. Wichtige Einzelheiten, wie vor allem der zeitliche Ablauf der Geschehnisse seien bis zum Schluss unklar geblieben und auch auf mehrere Nachfragen des anhörenden Entscheiders hätten diese Unklarheiten nicht ausgeräumt werden können. Der Kläger habe sich in seinem Vortrag zunächst nur auf die Verschleppung und den Tod seines Bruders bezogen und auf Nachfrage erklärt, er habe einen Drohbrief bekommen, in dem gestanden habe, er solle sich am ... 2011 melden. Dies wäre jedoch bereits vor dem Tod des Bruders gewesen. Der Kläger habe vorgetragen, er sei zu seinem Schwager nach ... geflohen, nachdem er den Drohbrief erhalten habe. Eingangs sei der Kläger jedoch ausdrücklich nach seinem Aufenthaltsort bis zu seiner Ausreise gefragt worden. Dort habe er zunächst angegeben, er habe sich bis zu seiner Ausreise im Haus seiner Eltern in ... aufgehalten. Später habe er jedoch angegeben, sich zuletzt bei seinem Schwiegervater aufgehalten zu haben.
Das Bundesamt führt in dem Bescheid weiter aus, die Echtheit des vorgelegten Drohbriefes müsse bezweifelt werden, da die Angaben über den Großvater nicht übereinstimmten.
Selbst wenn man den Sachvortrag als wahr unterstellte, bestünde für den Kläger die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil Afghanistans niederzulassen. Auf den Bescheid (S. 68-78 BA) wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 3. August 2015, bei Gericht eingegangen per Telefax am 5. August 2015, ließ der Kläger Klage erheben und beantragen:
I.
Der Bescheid der Beklagten vom ....07.2015 Gz: ... wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.
III.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG, der subsidiäre Schutz nach § 4 AsylVfG und die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Mit Schriftsatz vom 14. August 2015 wurde die Klage dahingehend begründet, dass der Kläger verheiratet sei und zwei Kinder habe, die noch in der Heimat lebten. Grund für die Flucht des Klägers sei, dass er von den Taliban unter Druck gesetzt worden sei, sich ihnen anzuschließen und für sie zu kämpfen. Dies habe der Kläger nicht gewollt und hatte daher nur die Möglichkeit zu fliehen. Die Taliban hätten bereits den Bruder des Klägers, der Taxifahrer gewesen sei, bedroht und gewollt, dass er aufhöre, Taxi zu fahren. Da er nicht gehorcht habe, sei er von den Taliban entführt, verschleppt und getötet worden. Dies sei zwei bis drei Monate vor der Flucht des Klägers geschehen. Nach dem Tod des Bruders hätten die Taliban angefangen, den Kläger zu bedrohen, zunächst Geld zu fordern und dann verlangt, dass er vorspreche. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen, sondern zunächst zu seinem Schwiegervater und dann aus dem Lande geflohen.
Mit Schriftsatz vom 12. August 2015 beantragte die Beklagte
Klageabweisung.
In der mündlichen Verhandlung stellte die Klägervertreterin folgenden unbedingten Antrag:
Zum Beweis der Echtheit der Dokumente Blatt 53-56 der Bundesamtsakte Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Auswahl der Gerichts.
Das Gericht lehnte den Antrag mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss ab und begründete dies mit dessen Ungeeignetheit.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts-, die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 Bezug genommen.
Gründe
Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Die Parteien wurden zur Verhandlung ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
I.
Einzustellen war das Verfahren hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhaltenen Primärantrags auf Verpflichtung, den Kläger als Asylberechtigen anzuerkennen. Dieses Abstandnehmen von der schriftsätzlich beantragten Zielsetzung diesbezüglich stellt sich als teilweise Klagerücknahme dar, so dass das Verfahren insoweit einzustellen ist, § 92 Abs. 1 und 3 VwGO.
II.
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom .... Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs.1 Satz 1 VwGO. Ihm steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG (Hilfsanträge) zu.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 1 AufenthG, da sich sein Vorbringen insgesamt als unglaubwürdig erweist, da es in sich höchst widersprüchlich ist. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Eine Verfolgung im Sinne dieser Bestimmung kann nach § 3 c AsylG ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Eine entsprechende Verfolgung konnte der Kläger nicht glaubhaft machen.
a) Es bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers. Das Vorbringen des Klägers ist insgesamt nicht glaubhaft. Die Angaben vor dem Bundesamt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung weichen teilweise gravierend voneinander ab. Seine unterschiedlichen Aussagen lassen sich nicht miteinander in Einklang bringen. So hat der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, es seien zwischen der Verschleppung seines Bruders und dem Auffinden seiner Leiche drei Tage und drei Nächte vergangen. Vor Gericht hingegen gab er einen Zeitraum von etwa zwei Monaten an. Auch wenn man dem Hinweis der Klägervertreterin folgt, man könne die vom Kläger angegebenen Zeiträume nicht an unseren Maßstäben messen, so ist der Unterschied zwischen drei Tagen und zwei Monaten doch so gravierend, dass hier von einer reinen Ungenauigkeit/Unkenntnis über Zeiträume bzw. Zeitangaben nicht ausgegangen werden kann, wie dies evtl. bei wenigen Tagen Differenz der Fall sein könnte. Vor dem Bundesamt sagte der Kläger, nach dem Tod seines Bruders habe er einen Drohbrief von den Taliban bekommen. Vor Gericht hingegen behauptete er, er habe den Brief nach der Verschleppung seiner Bruders aber noch vor dessen Tod bekommen. Zum Inhalt des Briefes gab der Kläger beim Bundesamt noch an, darin habe gestanden, er müsse sich am ...1390 (....2011) bei den Taliban melden. Vor Gericht sagte er aus, in dem Brief stehe nicht, wann er sich melden solle. Tatsächlich ist der Brief insoweit nicht genau gefasst. Dennoch ist der Kläger vor dem Bundesamt noch davon ausgegangen, dass er sich an dem im Brief genannten Datum melden solle, vor Gericht hingegen hat er das Datum nicht mehr so aufgefasst. Diese unterschiedlichen Aussagen zeigen nach Auffassung des Gerichts, dass der Kläger diese vor dem Bundesamt gemachte Aussage abzuändern versuchte, weil das in dem Brief genannte Datum vom Bundesamt unter anderem als wichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Vortrags gewertet wurde, weil es sich nicht in die Chronologie der vorgetragenen Abläufe einfügte. Der Kläger machte auch bei weiteren Angaben widersprüchliche Aussagen. So hat er vor dem Bundesamt zuerst angegeben, bis zu seiner Ausreise bei der Mutter gewohnt zu haben. Später sagte er dann, er habe bei seinem Schwiegervater gewohnt. In der mündlichen Verhandlung widersprach er sich ebenfalls. Zuerst sagte er, er sei nach Erhalt des Drohbriefes bei seiner Mutter geblieben, nach Vorhalt des Gerichts, vor dem Bundesamt habe er am Ende gesagt, er sei bei seinem Schwiegervater gewesen, bestätigte er, bei seinem Schwiegervater gewesen zu sein. Gleichzeitig gab er an, tagsüber bei seiner Mutter gewesen zu sein, wohingegen er vor dem Bundesamt gesagt hatte, nur ab und zu nach Hause zu seiner Mutter gegangen zu sein. Auch den Wohnort seiner Frau und seiner Kinder hat er vor dem Bundesamt und vor dem Gericht unterschiedlich angegeben.
Den von der Klägervertreterin gestellten Beweisantrag hat das Gericht mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss wegen Ungeeignetheit abgelehnt. Es wurde im Beweisantrag nicht ausgeführt und ist dem Gericht auch nicht klar, wo der Sachverständige mit seinen Untersuchungen anknüpfen soll. Die Taliban haben kein spezielles Papier oder eine spezielle Schrift oder ähnliches, an der sich die Echtheit eines Drohbriefes eruieren lassen könnte. Es ist kein Vergleichsmaterial vorhanden, das hier zugrunde gelegt werden kann. Der Beweisantrag war daher abzulehnen.
b) Nur ergänzend ist auszuführen, dass für den Kläger jedenfalls eine inländische Fluchtalternative bestünde. Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 -). Dabei sind die individuellen Besonderheiten wie Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte des Klägers in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, Geschlecht, Alter, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen zu berücksichtigen. Entscheidend dafür, ob eine inländische Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicheren Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann.
Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht davon aus, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative besteht. Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger für ihn zumutbar in Kabul niederlassen kann, wo er aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs sowie der Entfernung zu seinem Heimatort von den Taliban nicht aufgefunden würde, da dort auch die Gebietsgewalt beim afghanischen Staat liegt und nicht bei den Taliban. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 - Stand September 2016 - S. 16). Daher könnte sich der erwerbsfähige Kläger in Kabul niederlassen, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Dem Kläger ist es auch möglich, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, da er bereits in Afghanistan als Schweißer gearbeitet hat. Gegen die Fluchtalternative spricht auch nicht, dass der Kläger in Afghanistan eine Frau und zwei Kinder hat. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass seine Frau zu Hause Näharbeiten ausführt. Einer derartigen Arbeit könnte sie auch in Kabul nachgehen und gleichzeitig in der Nähe der Kinder sein. Da diese nach wie vor in Afghanistan leben, kennen sie auch die Sprache und Gewohnheiten, so dass es der Familie insgesamt zumutbar ist, in eine andere Umgebung zu ziehen.
2. Im Hinblick auf die weiterhin geltend gemachte Feststellung der subsidiären Schutzberechtigung sowie der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AsylG nimmt das Gericht Bezug auf die obigen Ausführungen, die auch für diese Aspekte gelten. Darüber hinaus bezieht sich das Gericht nach § 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, denen es insoweit folgt.
3. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen des §§ 34 AsylG, 59 AufenthG liegen vor.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG bezüglich des streitig zu entscheidenden Antrags, bezüglich der Klagerücknahme aus § 155 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm im Irak drohender Gefahren.
- 2
-
Der 1976 in Mosul geborene Kläger ist kurdischer Volkszugehöriger sunnitischen Glaubens. Zur Begründung des im Juli 2001 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) gestellten Asylantrags gab er an, dass er in Mosul ein Lebensmittelgeschäft betrieben habe. Eine von einem Kunden in seinem Laden abgestellte Tasche, die Flugblätter von Schiiten enthalten habe, sei von einem Unbekannten inspiziert worden. Sein Vater habe ihm daraufhin zur Flucht geraten und sei seinetwegen später verhaftet worden. Er befürchte, wegen des Vorfalls getötet oder lebenslang inhaftiert zu werden. Mit Bescheid vom 14. September 2001 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab, stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (inzwischen § 60 Abs. 1 AufenthG) hinsichtlich des Irak vorliegen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der illegalen Ausreise und der Asylantragstellung verfolgt werde.
- 3
-
Wegen der veränderten politischen Verhältnisse im Irak widerrief das Bundesamt am 16. März 2006 die Flüchtlingsanerkennung und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.
- 4
-
Die hiergegen erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 1. Februar 2007 im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf sei rechtmäßig, weil der Kläger im Irak nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein keine Verfolgung mehr zu befürchten habe. Er könne auch keine Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bzw. subsidiären Schutz gemäß Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG beanspruchen. Im Irak liege kein landesweiter innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Zudem habe der Kläger die Möglichkeit, in Teilen des Irak internen Schutz zu finden. Im Übrigen stehe die Erlasslage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, die bei allgemeinen Gefahren vergleichbaren Abschiebungsschutz biete, der Gewährung richtliniengemäßen subsidiären Schutzes entgegen.
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-
Während des Revisionsverfahrens hat der Kläger seine Revision hinsichtlich des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung zurückgenommen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 44.07 - das Revisionsverfahren insoweit eingestellt. Im Übrigen hat er, soweit die Verpflichtung zur Feststellung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutzes aus § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG keinen landesweiten bewaffneten Konflikt voraussetze. Die zusätzliche Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger könne innerhalb des Irak internen Schutz finden, beruhe auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage. Schließlich verletze der Verweis auf die Aussetzung von Abschiebungen durch ministerielle Erlasse revisibles Recht. Denn § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Sperrwirkung nicht greife, wenn die Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllt seien.
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Während des neuen Berufungsverfahrens hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei. Damit sei sein Aufenthalt gesichert und es komme auf subsidiären Schutz nicht mehr an.
- 7
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 21. Januar 2010 zurückgewiesen, soweit sie sich auf das noch anhängige Begehren zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezieht. Die Berufung sei zulässig, denn für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, obwohl der Kläger mittlerweile im Besitz einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG sei. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach Art. 18 der Richtlinie 2004/83/EG könne dem Kläger eine zusätzliche Rechtsposition vermitteln. Die Berufung sei aber unbegründet. Mit Blick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG führt das Berufungsgericht aus, es könne dahinstehen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren seien. Jedenfalls sei der Kläger keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt. An seinem Herkunftsort in Mosul bestehe keine so hohe Gefahrendichte, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt sei. Dies ergebe sich aus der Zahl der Anschläge und der Anzahl der Opfer im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Terroranschlag in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, habe 2009 ca. 0,12 % oder ca. 1:800 pro Jahr betragen. Für eine Verschärfung der Sicherheitslage gebe es keine Anhaltspunkte. Gefahrerhöhende individuelle Umstände seien bei dem Kläger nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des hilfsweise begehrten nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 7 Satz 1 und § 60 Abs. 5 AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor.
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Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision wendet sich der Kläger allein gegen die Ablehnung der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Er rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Ermittlung der Gefahrendichte auf die im Rahmen der Gruppenverfolgung entwickelten Kriterien der Verfolgungsdichte abgestellt, ohne zwischen den Schutzsystemen zu differenzieren und die Besonderheiten des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen. Auch seien die in das Verfahren eingeführten Quellen zur Häufigkeit von Anschlägen im Irak und zur Zahl der Toten und Verletzten nicht interpretiert und bewertet worden.
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Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die begehrte Verpflichtung zur Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt.
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-
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Verpflichtungsbegehren auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Die darüber hinausgehende Beschränkung des Revisionsantrags auf das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand (Urteile vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11 und vom 8. September 2011 - BVerwG 10 C 14.10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - Rn. 16). Eine Revision kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 13).
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Für diesen Verpflichtungsantrag ist, obwohl der Kläger mittlerweile eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG besitzt, entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Dieses Interesse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3>). Der Beklagten ist einzuräumen, dass sich nach nationalem Aufenthaltsrecht die Rechtsstellung eines Ausländers in der Situation des Klägers, der im Besitz einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 4 AufenthG ist, durch die Zuerkennung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes derzeit nicht verbessern kann. Diese Betrachtung greift aber zu kurz. Denn aus dem Umsetzungsdefizit des deutschen Gesetzgebers, der - entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG im 5. Erwägungsgrund, in Art. 2 Buchst. f und in Art. 18 - den Status des subsidiär Schutzberechtigten im nationalen Recht nicht explizit ausgeformt hat, darf für den Kläger kein Nachteil entstehen (vgl. auch Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 13). Er hat daher ein legitimes Interesse, dass trotz seiner gesicherten aufenthaltsrechtlichen Stellung mit Blick auf diesen Schutzstatus und die damit einhergehenden Vergünstigungen über das Bestehen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots entschieden wird.
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Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und das Revisionsgericht daher bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) greift keines der auf Unionsrecht beruhenden Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG).
- 14
-
1. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Diese Bestimmung entspricht nach der Rechtsprechung des Senats trotz geringfügig abweichender Formulierungen den Vorgaben des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG und ist in diesem Sinne auszulegen (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 17 und Rn. 36).
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Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die im Irak seit 2003 andauernden und durch staatliche Sicherheitskräfte bekämpften terroristischen Handlungen nach Intensität und Größenordnung als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzusprechen sind, weil der Kläger auch bei Annahme eines derartigen Konflikts keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären. Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
- 16
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a) Für seine Prognose, ob der Kläger bei Rückkehr in den Irak einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht auf die tatsächlichen Verhältnisse in seiner Herkunftsregion Mosul abgestellt. Dort hat der Kläger zuletzt gelebt, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass er dorthin zurückkehren wird (Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - BVerwGE 134, 188 Rn. 17).
- 17
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b) Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend geprüft, ob von dem - zugunsten des Klägers unterstellten - bewaffneten Konflikt in der Region von Mosul für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darstellt. Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen (Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 34).
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Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 Rn. 33). Gefahrerhöhende individuelle Umstände hat das Berufungsgericht bei dem Kläger nicht festgestellt (UA S. 12); dem ist der Kläger mit der Revision auch nicht entgegengetreten.
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Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann aber auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (Urteil vom 14. Juli 2009 a.a.O. Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07, Elgafaji - Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33).
- 20
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In jedem Fall setzt § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Das ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG. Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR (GK), Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi/Italien - NVwZ 2008, 1330
); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG).
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Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG u.a. die Beweisregel des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Beweiserleichterung in Gestalt einer widerleglichen tatsächlichen Vermutung setzt aber auch im Rahmen des subsidiären Schutzes voraus, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem vor der Ausreise erlittenen oder damals unmittelbar drohenden Schaden (Vorschädigung) und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zugrunde liegende Wiederholungsvermutung beruht wesentlich auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 31).
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Eine für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichende Gefahrendichte hat das Berufungsgericht für den Bereich der Stadt Mosul verneint. Es hat - in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu Urteil vom 18. Juli 2006 - BVerwG 1 C 15.05 - BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) - aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Provinz Ninive und deren Hauptstadt Mosul lebenden Zivilpersonen annäherungsweise ermittelt und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung gesetzt. Dabei hat es festgestellt, dass das Risiko, in der Provinz Ninive verletzt oder getötet zu werden, für das gesamte Jahr 2009 ungefähr 1:800 betrug. Einen Trend zur Verschlechterung der Sicherheitslage vermochte es nicht festzustellen (UA S. 12). Seine auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, ist revisionsgerichtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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Zwar bedarf es - wie die Revision im Ansatz zu Recht rügt - neben dieser quantitativen Ermittlung auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (Urteil vom 27. April 2010 a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Der Mangel in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts bleibt aber im vorliegenden Fall ohne Folgen. Denn die Höhe des vom Berufungsgericht festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens ist so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sich der Mangel im Ergebnis nicht auszuwirken vermag.
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Auch der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht auf die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG eingegangen ist, verhilft der Revision nicht zum Erfolg, denn das Vorfluchtschicksal des Klägers gab dazu keinen Anlass. Dieses lässt keine Beeinträchtigung erkennen, die auch unter dem Blickwinkel des Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG die Qualität einer Vorschädigung erreichen könnte. Zudem bestünde kein sachlicher Zusammenhang mit den nunmehr im Irak drohenden Gefahren.
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2. Das Berufungsgericht hat auch die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG in den Blick genommen, sie aber nicht als durchgreifend angesehen. Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.