Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964

bei uns veröffentlicht am11.11.2015

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind Vertreter des Bürgerbegehrens zum Thema „Kein Europäisches Zentrum für den Islam in M. (ZIE-M)“ und reichten im September 2014 ca. 66.400 Unterstützerunterschriften für das Bürgerbegehren bei der Beklagten ein. Dessen Fragestellung lautet „Sind Sie dafür, dass in M. kein Europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt M. deshalb alle Planungen zur Errichtung eines Islamischen Zentrums in M. (ZIE-M) stoppt?“. Zur Begründung des Bürgerbegehrens wurde ausgeführt, Bauherr des geplanten Zentrums sei der eingetragene Verein ZIE-M. Dessen erster Vorsitzender Imam B. I. und die zweite stellvertretende Vorsitzende G. Y., seien beide leitend in der Islamischen Gemeinde P. (IGP) tätig. Die IGP werde seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht. Laut Verfassungsschutzbericht stehe sie in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli G. (IGMG). Imam I. führe laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders I. E. Z. aus. Er habe zudem nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt. Auch der bayerische Innenminister J. H. habe bestätigt, „Imam I. lügt“ (Münchner Merkur, 24.7.2010). Der ZIE-M e.V. sei daher als Bauherr nicht akzeptabel. Laut ... des Sozialreferats der Stadt M. „Muslimisches Leben in M.“, Ausgabe April 2005, besuchten etwa 4.500 Muslime das Freitagsgebet (0,33% der Bevölkerung). Laut www.moscheebesuche.de seien es ca. 7.500 Muslime (0,59% der Bevölkerung). Hierzu stünden über 40 Moscheen im Stadtgebiet verteilt zur Verfügung und es bestehe bereits ein islamisches Zentrum in Freimann. Die Notwendigkeit für einen weiteren islamischen Bau mit über 6.000 m² Fläche sei daher nicht nachvollziehbar. Das geplante Zentrum für den Islam in Europa mit Gemeindehaus, Akademie, Moschee, evtl. Minarett, Bibliothek und Museum werde ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen. Für eine erfolgreiche Integration sei die strikte Trennung von Staat und Religion oberstes Gebot. Ein islamisch orientiertes Zentrum könne für die Integration in die bayerische Kulturgemeinschaft hinderlich sein. Es wäre deshalb sinnvoll, staatliche Stellen ohne religiöse Einflussnahme für Integrationsmaßnahmen zu schaffen, die sich nur einer kleinen religiösen Gruppe, sondern allen Zuwanderern zugutekämen. Im geplanten ZIE-M sei auch die Ausbildung von Imamen vorgesehen. Eine solche Ausbildung sollte jedoch unbedingt an einer staatlichen Hochschule und nicht in einem islamischen Zentrum stattfinden, deren Initiatoren durch den Verfassungsschutz beobachtet würden. Der Bau des ZIE-M solle durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von Katar, einen Scharia-Staat (Scharia: religiös legitimiertes Gesetz des Islam), mitfinanziert werden. Der Stadtrat habe in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen sei. Nicht geklärt seien auch die Folge- bzw. Unterhaltskosten des Projekts. Daher sei zu befürchten, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in Bayern beglichen werden müssten.

Als Vertreter des Bürgerbegehrens sind die Kläger, an erster Stelle der Kläger zu 2) und an zweiter Stelle der Kläger zu 1), jeweils mit dem Zusatz M., angeführt.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 wies die Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das gem. Art. 18 a Abs. 6 GO erforderliche Unterschriftenquorum sei zwar erreicht worden, das eingereichte Bürgerbegehren entspreche aber nicht den sonstigen gesetzlichen Anforderungen. So enthielten die Unterschriftenlisten keine Angaben, die eine hinreichende Identifizierbarkeit der gem. Art. 18 a Abs. 4 GO vertretungsberechtigten Personen zuließen. Die Begründung enthalte zudem eine Vielzahl unrichtiger Tatsachenbehauptungen und Spekulationen, die zu einer Verfälschung des Bürgerwillens führten. Zudem werde die Fragestellung durch die Begründung nicht hinreichend konkretisiert und stelle aufgrund ihrer Unbestimmtheit einen Verstoß gegen die Glaubensfreiheit dar. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung müssten die Vertreter des Bürgerbegehrens gem. Art. 18 a Abs. 4 GO eindeutig identifizierbar sein, wozu regelmäßig die Angabe des vollen Namens sowie der jeweiligen Anschrift erforderlich sei. Die Angabe „M.“ reiche nicht aus. Zum 18. September 2014 seien allein sechs Personen mit dem Namen des Klägers zu 2) in M. gemeldet. Weitere drei Personen mit diesem Namen seien im Zeitraum der Unterschriftensammlung aus M. weggezogen. Zwar sei in diesem Zeitraum nur eine Person mit dem Namen des Klägers zu 1) gemeldet. Diese Information hätten die Unterzeichnenden aber nicht. Es sei fraglich, ob der Zusatz „M.“ ausreiche. Selbst wenn man dies unterstelle, genüge dies aber nicht, um den beim Kläger zu 2) bestehenden Mangel zu heilen. Mangels eines anderen Hinweises auf der Unterschriftenliste könnten beide Vertreter nur gemeinschaftlich handeln. Unter dieser Prämisse seien die Unterschriften abgegeben worden. Für rechtsunkundige Initiatoren sei es sehr leicht möglich, sich über die Notwendigkeit der Angabe einer Anschrift zu informieren. Die Identifizierbarkeit werde auch nicht durch die Angabe einer Postfachadresse der Partei Die Freiheit (Landesverband Bayern) sowie einen Link auf die Webseite des Bayerischen Landesverbandes hergestellt. Die Postfachadresse lasse keine Rückschlüsse auf die Vertreter zu. Über den Link sei allenfalls mittelbar eine Identifizierung des Klägers zu 1) möglich. Dies gelte aber nicht für den Kläger zu 2), da dieser seit Ende 2011 nicht mehr in der Partei aktiv sei. Ferner würden in der Begründung unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Für unbefangene Bürger ergebe sich nach dem objektiven Empfängerhorizont aus den unter Nr. 1 und 5 gemachten Aussagen, dass wesentliche Personen des das Projekt ZIE-M betreibenden Vereins ZIE-M e.V. seit 2007 ununterbrochen vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Die Begründung stelle eine enge Verbindung zwischen ZIE-M e.V. und der IGP und damit auch den namentlich aufgeführten Personen her. Die Bürger würden damit davon ausgehen, dass die Initiatoren zum Zeitpunkt der Unterschrift in Verdacht stünden, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen. Spätestens seit dem 23. März 2012, dem Tag der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2011 durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, sei aber belegbar unrichtig, dass die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. überwacht werde. Richtig sei, dass sie zwischen 2007 und 2010 in den Verfassungsschutzberichten erwähnt werde. Bereits in dem Verfassungsschutzbericht 2010 werde einschränkend zur IGP ausgeführt: „Der Imam der IGP hat im Berichtsjahr verschiedene Veröffentlichungen herausgegeben, in denen er für einen mit dem Grundgesetz vereinbaren Islam eintritt. Die Vereinssatzung von ZIE-M wurde zwischenzeitlich um ein ausdrückliches Bekenntnis zum Grundgesetz und eine ausdrückliche Ausschlussklausel von extremistischen Mitgliedern ergänzt. Ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen ist, bleibt abzuwarten. Neue Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben sich im Berichtsjahr jedenfalls nicht.“ Ein Großteil der Unterschriften sei erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden, zu dem die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung bereits festgestanden habe. In einem Artikel habe der Kläger zu 1) auf der Partei-Webseite von Die Freiheit Mitte 2012 berichtet, dass etwas mehr als 2.000 Unterschriften vorlägen. Obwohl seit 2011 allgemein bekannt sei, dass im Jahr 2010 dem Verfassungsschutz keine neuen Erkenntnisse bezüglich verfassungswidriger Aktivitäten durch die IGP vorgelegen hätten, enthält die Begründung der erst am 14. Oktober 2011 begonnen Unterschriftensammlung an zwei wesentlichen Stellen den Hinweis auf eine seit 2007 bestehende (und damit noch andauernde) Überwachung bzw. Beobachtung der IGP durch den Verfassungsschutz. Die unrichtigen Tatsachenbehauptungen stellten ein tragendes Begründungselement dar. Auf sie werde in zwei von sechs Punkten der Begründung Bezug genommen. Zum anderen werde die Tatsache der Überwachung durch den Verfassungsschutz auf den Unterschriftenlisten farbig hervorgehoben, um die Wichtigkeit gerade auch dieser Tatsache herauszustellen. Es sei auch davon auszugehen, dass die Überwachung/Beobachtung durch den Verfassungsschutz für die Bürger eine überaus wichtige und damit besonders unterschriftsrelevante Information darstelle. Auch wenn es auf eine evtl. Täuschungsabsicht in Kenntnis der Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht ankomme, werde darauf hingewiesen, dass der Kläger zu 2) als einer der Vertreter des Bürgerbegehrens belegbare Kenntnis davon gehabt habe, dass die Begründung in wesentlichen Elementen nicht mehr den Tatsachen entspreche. Die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung „Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist.“ könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als Gremium mittels Beschluss den Freistaat Bayern um einen finanziellen Zuschuss zum Bau des ZIE-M gebeten habe. Einen solchen Beschluss habe es jedoch nie gegeben. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens bezögen sich wohl auf einen entsprechenden Antrag mehrerer Fraktionen vom 19. März 2010, der jedoch vom Stadtrat nie beschlossen worden sei. Diese falsche Tatsachenbehauptung sei schon alleine deshalb von besonderer Relevanz, weil sie die einzige Aussage in der Begründung sei, die die in der Fragestellung behaupteten „Planungen“ der Landeshauptstadt M. konkretisierten. Da die Begründung folglich keinerlei wahre Tatsachen bezüglich des wesentlichen Punktes der Fragestellung - aller Planungen der Stadt M. - enthalte, hätten die zur Begründung angeführten Argumente mit der zur Entscheidung gestellten Frage kaum etwas gemein. Die Frage erscheine dadurch insgesamt in einem falschen Licht, was zur Unzulässigkeit führe. Unter Nr. 3 der Begründung werde die rein spekulative Behauptung aufgestellt, dass das geplante Zentrum ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen werde. Da ein konkreter Standort für das ZIE-M nicht feststehe, sei der Verweis auf ein hohes Verkehrsaufkommen in der Innenstadt und die damit verbundene Behauptung eines Baus des ZIE-M in der Innenstadt rein spekulativ. Dasselbe gelte für die in Nr. 6 der Begründung enthaltenen Aussagen, dass der Bau des ZIE-M durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von Katar, einen Scharia-Staat, mitfinanziert werde und die Folge bzw. Unterhaltskosten des Projektes nicht geklärt seien. Nach Kenntnis der Beklagten habe weder 2011 noch aktuell festgestanden, dass der Emir von Katar als Großspender für den Bau des ZIE-M auftreten werde. Worauf sich die Befürchtung der Vertreter des Bürgerbegehrens stütze, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in Bayern beglichen werden müssten, sei nicht ersichtlich. Weiter sei die Bezeichnung des Projekts als Europäisches Zentrum für den Islam falsch. Es werde suggeriert, dass es sich beim ZIE-M um ein Zentrum für die Gesamtheit der in Europa beheimateten Muslime handeln solle. Demgegenüber habe das ZIE-M laut dessen Initiatoren von Anfang an das Ziel verfolgt, auf der Grundlage des europäisch geprägten Islams eine Begegnungsstätte für Münchner Muslime und auch Nicht-Muslime zu schaffen. Es bleibe vollkommen unklar, welche Rolle die Beklagte beim Bau des ZIE-M überhaupt spiele. Die Begründung sei geeignet, bei den Bürgern eine falsche Vorstellung über den Inhalt des Bürgerbegehrens hervorzurufen, sie mithin zu täuschen. Ferner genüge die Fragestellung nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Es sei weder erkennbar, worum es sich beim ZIE-M genau handele, noch, welche Planungen die Beklagte stoppen solle. Die Begründung enthalte nicht eine einzige wahre Aussage zu „Planungen der Beklagten“. Die Aussage zur Anregung eines Zuschusses durch den Stadtrat beim Freistaat Bayern sei unrichtig. Lasse man alle unrichtigen und rein spekulativen Inhalte der Begründung beiseite, so verbleibe zum Bauvorhaben selbst im Wesentlichen nur die Aussage, dass es sich um einen islamischen Bau mit voraussichtlich 6.000 m² Fläche handeln solle, der ein Gemeindehaus, eine Akademie, eine Moschee, evtl. ein Minarett, eine Bibliothek und ein Museum enthalten solle. Das Bauprojekt werde weder im Hinblick auf den Standort, noch die Finanzierung, die genaue Gestaltung, Folgekosten etc. genauer konkretisiert. Eine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Vorhaben sei somit nicht möglich. Für die Beklagte bleibe unklar, wie sie einen solchen Bürgerentscheid vollziehen solle bzw. worauf sich die Bindungswirkung des Bürgerentscheides beziehen solle. Es stellten sich die Fragen, ob vom Beschluss ein „Planungsstopp umfasst sein solle, wenn andere Initiatoren ein entsprechendes Bauwerk planen würden“, und „ob sich das Bürgerbegehren inhaltlich bereits erledigt habe, weil die Initiatoren nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet würden.“ Es sei unklar, ob sich die Situation ändere, wenn es keine Spende durch den Emir von Katar gebe oder ob der Bürgerentscheid noch gelte, wenn eine kleinere Fläche als die genannten 6.000 m² für einen solchen Bau genutzt würden. Weiter frage sich, ob das Bürgerbegehren schon dann hinfällig sei, wenn die Beklagte und der Freistaat Bayern erklären würden, dass sie keinerlei Unterhalts- oder Folgekosten tragen würden. Die Fragestellung genüge deshalb nicht dem Bestimmtheitsgebot und sei schon aus diesem Grunde unzulässig. Wenn aber die Abstimmungsfrage wegen ihrer Unbestimmtheit so auszulegen sei, dass grundsätzlich islamische Sakralbauten verhindert werden sollten, so verstieße dies gegen die grundgesetzlich garantierte Glaubensfreiheit. Das Grundgesetz garantiere neben den inneren Vorstellungen über eine Religion oder Weltanschauung und dem Bilden sowie Innehaben eines Glaubens (forum internum) das forum externum, die religiös-weltanschauliche Bekenntnis- und Ausübungsfreiheit. Dazu gehöre auch das Recht einer Glaubensgemeinschaft, die Gebäude zu errichten, die nach ihrem Selbstverständnis für die individuelle Religionsausübung ihrer Mitglieder erforderlich seien. Die Begründung des Bürgerbegehrens ziele letztendlich darauf ab, durch Desinformationen Ängste gegen das Projekt ZIE-M und die dahinterstehenden Personen zu schüren und die Initiatoren und damit mittelbar auch die muslimischen Mitbürger zu diskreditieren.

Gegen den am 7. Oktober 2014 versendeten Bescheid ließen die Kläger am 4. November 2014 Klage erheben mit dem Antrag

den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in M. (ZIE-M) zuzulassen.

Gleichzeitig machten sie einen vorläufigen Unterlassungsanspruch und diverse Hilfsanträge geltend, mit dem Ziel, die Beklagte bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Bürgerentscheides daran zu hindern, zur Verschaffung eines Baugrundstücks für das ZIE-M bzw. MFI einen Stadtratsbeschluss zu fassen und sonstige Maßnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus wurden Unterlassungsansprüche im Wege einer einstweiligen Anordnung (M 7 E 14.4965) verfolgt. Auf die ausführliche Begründung wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 4. März 2015 lehnte das Gericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 wurde eine DVD mit einer Reportage des Bayerischen Fernsehens aus dem Jahre 2012 als Beweis für die Tatsache überreicht, dass insbesondere der Vorsitzende des ZIE-M, B. I. vom Verfassungsschutz beobachtet worden sei und nach wie vor noch beobachtet werde.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger damit nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das Gericht hält an der bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung fest, dass in der Begründung zur Fragestellung in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Behauptungen aufgestellt werden, die beim unterzeichnenden Bürger einen falschen Eindruck erwecken. Die weiteren Voraussetzungen und die zwischen den Beteiligten übrigen streitigen Punkte können daher offen bleiben.

Deshalb und, weil das Quorum gem. Art. 18 a Abs. 6 GO unstreitig erreicht worden ist, war es nicht erforderlich, wie von den Klägern beantragt, weitere Aktenstücke beizuziehen, die dazu geeignet sind, Schwierigkeiten zu belegen, die die Kläger nach ihrem Vortrag bei der Sammlung der Unterschriften von Seiten der Beklagten erfahren haben. Anfragen der Beklagten beim Landesamt für Verfassungsschutz, die die Kläger oder das von ihnen initiierte Bürgerbegehren betreffen, sind nicht entscheidungserheblich. Die die IGP betreffenden gerichtlichen Entscheidungen sind gerichtsbekannt.

Die Anforderungen an die Richtigkeit der Begründung eines Bürgerbegehrens ergeben sich aus dem Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt gem. Art. 7 Abs. 2 BV in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (BayVGH, B. v. 14. Oktober 2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 9). Denn die Stimmberechtigten können bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen wollen, wie auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können (BayVGH, a. a. O.). Damit ist es unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (st. Rspr. vgl. BayVGH, a. a. O., m. w. N.; ebenso VGH BW, U. v. 21. April 2015 - 1 S 1949/13 - juris Rn. 70 zum Projekt Stuttgart 21; OVG NW, B. v. 30. Mai 2014 - 15 B 522/14 - juris Rn. 7 m. w. N.). Unschädlich sind demgegenüber gewisse Überzeichnungen und bloße Unrichtigkeiten in Details (vgl. VGH BW, a. a. O.), zumal die Vertreter des Bürgerbegehrens während der Zeit der Unterschriftensammlung eintretende Änderungen der Sachlage oftmals nicht voraussehen können (BayVGH, B. v. 25. Juni 2012 - 4 CE 12.1224 - juris Rn. 31). Auch darf in der Begründung für ein Bürgerbegehren geworben werden. Sie darf daher Wertungen, Schlussfolgerungen und Erwartungen enthalten, die einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind (VGH BW a. a. O.; vgl. auch OVG NW, a. a. O.).

Wegen des Verfassungsrangs der Abstimmungsfreiheit und der Rechtswidrigkeit des Abstimmungsergebnisses bei Zulassung eines mit einer unrichtigen Sachverhaltsdarstellung versehenen Bürgerbegehrens (BayVGH, a. a. O., Rn. 9) kann es nicht darauf ankommen, ob einer Unrichtigkeit eine Täuschungsabsicht der Vertreter des Bürgerbegehrens zugrunde liegt (vgl. VGH BW, a. a. O.; BayVGH, a. a. O., Rn. 8) oder ob die Bürger, die ihre Unterschrift geleistet haben, die unrichtige Begründung tatsächlich zur Kenntnis genommen haben.

Die Kläger haben in Nummer 1 der Begründung zum streitgegenständlichen Bürgerbegehren im Präsens dargelegt, dass die Islamische Gemeinde Penzberg (IGP) laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG) stehe. Im unmittelbar nachfolgenden Satz wird im Imperfekt ausgeführt, dass Imam I. laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders E.-Z. ausgeführt habe. Während der letzte Satz nach den Feststellungen in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 3. Mai 2010 - M 22 E 09.2155 - (S. 25 f., 55 ff.) eine zulässige Wertung des Inhalts der Telefonate darstellt, gibt es für die Feststellung, dass die IGP aktuell in Verbindung mit Fundamentalisten der IGMG stehe, keine Belege. Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 wird ausdrücklich ausgeführt, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen ist (S. 35 a. E.). In den seither erschienenen Verfassungsschutzberichten wird die IGP nicht mehr erwähnt. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist eine dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) unterliegende Behörde. Es ist davon auszugehen, dass es der Aufgabe aus Art. 15 Satz 1 BayVSG, die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten zu unterrichten, gleichmäßig nachkommt. Aus der fehlenden Berichterstattung über die IGP und dessen Imam ist daher zu schließen, dass seither entweder keine oder jedenfalls keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen und Tätigkeiten (vgl. BayVGH, B. v. 23. September 2010 - 10 CE 10.1830 - Rn. 23 f. m. w. N.) der IGP bzw. von dessen Imam, somit auch nicht für Verbindungen zu islamistischen „Fundamentalisten der IGMG“ vorliegen. Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem umfangreichen Vortrag der Kläger. Auf Seite 24 ff. der Klageschrift werden zunächst die aus dem Verfahren M 22 E 09.2155 bekannten Telefonate und die Einschätzung des Gesprächspartners und der Islamischen Gemeinde Deutschland (IGD) als extremistisch angeführt, sodann weitere Kontakte von Imam I... zu als extremistisch eingeschätzten Organisationen und Personen vor dem Jahr 2010 sowie weitere, auch im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 34) veröffentlichte Informationen zu dessen Person. Soweit dem Imam I... unter Verweis auf ein Foto vom September 2014 Verbindungen zu A. A.-K. angelastet werden (S. 34 f. der Klageschrift), handelt es sich nicht um eine der türkisch geprägten IGMG zuzurechnende Person. Soweit die Kläger das von Beamten des bayerischen Innenministeriums im Jahr 2011 gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit geäußerte Misstrauen hinsichtlich der Wahrhaftigkeit der Distanzierung von der IGMG anführen (S. 36 der Klageschrift), handelt es sich um Einschätzungen, die ohne jeden Beleg nicht die Tatsachenbehauptung fortbestehender Verbindungen zu tragen vermögen. Nicht entscheidungserheblich ist, ob der Verfassungsschutz die IGP aktuell beobachtet oder nicht.

Die fragliche Behauptung kann auch bei wohlwollender Auslegung nicht entsprechend §§ 133, 157 BGB (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Art. 18 a Abs. 4 GO Erl. 7 c) als unschädliche bloße Wertung bzw. Überzeugung der Kläger verstanden werden, die sie aus eigenen Erkenntnissen, wie aus den in der Klageschrift in Bezug genommenen Veröffentlichungen, gewonnen haben. Hiergegen spricht nicht nur die Formulierung, in der ein der Beweiserhebung zugänglicher Sachverhalt zum Ausdruck kommt, sondern auch die Verklammerung mit der nur durch ein Komma getrennten Eingangsfeststellung, dass die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht werde, und der unmittelbar nachfolgenden, wie eine Erläuterung wirkenden Behauptung, Imam I. habe laut abgehörter Telefonate Anweisungen von E.-Z. ausgeführt. Hierdurch wird beim Leser der Eindruck erweckt, die behaupteten aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG seien ein Ergebnis der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, also eine amtlich verifizierte Tatsache.

Zudem wird die IGP dadurch in ein falsches Licht gerückt, dass in der Begründung zu dem Bürgerbegehren die Tatsache nicht mitgeteilt wird, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtsjahr 2010 keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP gewonnen und seither auch nicht über derartige neue Erkenntnisse berichtet hat. Zwar machen die Kläger zu Recht geltend, dass aus dem Fehlen einer Berichterstattung nicht geschlossen werden kann, dass die IGP nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wofür wegen der Erkenntnisse aus der Vergangenheit einiges sprechen mag. Allerdings lautet die Darstellung in der Begründung zum Bürgerbegehren nicht, dass die IGP „nur“ beobachtet, sondern schlicht, dass sie überwacht wird. Es kann offen bleiben, ob eine Überwachung über eine Beobachtung hinausgehende Maßnahmen impliziert. Jedenfalls wird durch die Mitteilung einer Überwachung durch den Verfassungsschutz bei einem unbefangenen Leser die Fehlvorstellung geweckt, dass eine Überwachung feststeht, z. B. aufgrund einer entsprechenden Berichterstattung, und dass es aktuell einen Anlass hierfür gibt. Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass einem unterzeichnenden Bürger die von der Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung bekannt ist, dass ein konkreter Anhaltspunkt zwar eine Beobachtung rechtfertigen mag, ggf. auch noch für mehrere Jahre im Nachhinein, mangels hinreichenden Gewichts aber nicht die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht (vgl. BayVGH, B. v. 23. September 2010, a. a. O., m. w. N.), weiter nicht, dass er aus der Nichterwähnung einer Berichterstattung die richtigen Schlüsse zieht, unter anderem, dass möglicherweise „nur“ eine Beobachtung stattfindet. Vielmehr wird aufgrund der unterlassenen Mitteilung der das Bild abrundenden Tatsachen der Schluss auf aktuelle verfassungsfeindliche Bestrebungen nahegelegt. Aus Nummer 1 der Begründung wird nicht deutlich, dass es sich hierbei lediglich um einen entsprechenden Verdacht der Kläger handelt.

Es liegt auf der Hand, dass aktuelle Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen für eine Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage sehr wesentlich sind, also abstimmungsrelevant, und deshalb nach der Rechtsprechung nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehören (vgl. BayVGH, B. v. 25. Juni 2012 - 4 CE 12.1224 - juris Rn. 31). Immerhin wird auch in der Begründung zum Bürgerbegehren aus diesen Aussagen die Schlussfolgerung gezogen, dass der Verein ZIE-M e.V. als Bauherr nicht tragbar sei. Hinzu kommt, dass der verfassungsfeindliche Bestrebungen nahelegenden Darstellung der IGP in den Sätzen 3 und 4 der Nummer 1 der Begründung besonderes Gewicht durch die zentrale Stelle verliehen wird, an der die entsprechenden Aussagen getroffen werden.

Ferner trifft die Behauptung unter Nummer 6 der Begründung zum Bürgerbegehren nicht zu, dass der Stadtrat der Beklagten in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat Bayern angeregt habe. Wie die Beklagte zu Recht angeführt hat, erweckt diese Formulierung den Eindruck, dass der Stadtrat sich beim Freistaat Bayern dafür eingesetzt hat bzw. einzusetzen beabsichtigt, einen Zuschuss aus staatlichen Mitteln zu leisten. Das Possessivpronomen „seinem“ suggeriert, dass der Stadtrat als Gremium einen entsprechenden Antrag gestellt hat, was aber eine politische Willensbildung bzw. einen Stadtratsbeschluss voraussetzen würde. Es ist nicht zu erwarten, dass ein durchschnittlich informierter, objektiver Leser aus diesem Satz den zutreffenden Schluss zieht, dass zunächst politische Fraktionen nur einen Antrag mit dem Ziel gestellt haben, eine entsprechende Forderung auf die Tagesordnung des Stadtrates bzw. seiner Ausschüsse zu setzen, um darüber eine Diskussion zu führen oder eine Abstimmung herbeizuführen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Sachverhalt allgemein bekannt ist. Umgekehrt ist aber davon auszugehen, dass die Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage spürbar dadurch beeinflusst wird, ob sich die Beklagte für einen finanziellen Zuschuss aus öffentlichen Mitteln zu einem auf großes öffentliches Interesse stoßenden Bauprojekt einer Religionsgemeinschaft verwendet oder nicht. Zur wahrheitsgemäßen Information der Bürger hätte daher mitgeteilt werden müssen, dass sich der Stadtrat diesen Antrag der Fraktionen nie zu eigen gemacht bzw. ihn nicht weiter verfolgt hat.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Das Gericht hat die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen, um eine obergerichtliche Klärung der Anforderungen, die an die Begründung eines Bürgerbegehrens zu stellen sind, zu fördern.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124 und 124a Abs. 1 VwGO kann die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Über die Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000,- Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Über die Beschwerde entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 5 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2014 - 4 ZB 14.707

bei uns veröffentlicht am 14.10.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro fes

Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. März 2015 - M 7 E 14.4965

bei uns veröffentlicht am 04.03.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt. Gründe I. Die

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Apr. 2015 - 1 S 1949/13

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2013 - 7 K 4182/11 - wird zurückgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Nov. 2015 - M 7 K 14.4964.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. März 2015 - M 7 E 14.4965

bei uns veröffentlicht am 04.03.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt. Gründe I. Die

Referenzen

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Vertreter des Bürgerbegehrens zum Thema „Kein Europäisches Zentrum für den Islam in M. (ZIE-M)“ und reichten im September 2014 insgesamt ca. 66.400 Unterstützerunterschriften für das Bürgerbegehren bei der Antragsgegnerin ein. Dessen Fragestellung lautet „Sind Sie dafür, dass in M. kein Europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt M. deshalb alle Planungen zur Errichtung eines Islamischen Zentrums in M. (ZIE-M) stoppt?“. Zur Begründung des Bürgerbegehrens wurde ausgeführt, Bauherr des geplanten Zentrums sei der eingetragene Verein ZIE-M. Dessen erster Vorsitzender Imam ... und die zweite stellvertretende Vorsitzende ... seien beide leitend in der Islamischen Gemeinde ... (IG...) tätig. Die IG... werde seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht. Laut Verfassungsschutzbericht stehe sie in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde M. G. (IGMG). Imam ... führe laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders Ibrahim El-Zayat aus. Er habe zudem nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt. Auch der bayerische Innenminister J. H. habe bestätigt, „Imam ... lügt“ (M. Merkur, ...2010). Der ZIE-M e. V. sei daher als Bauherr nicht akzeptabel. Laut Informationsbroschüre des Sozialreferats der Stadt M. „Muslimisches Leben in M.“, Ausgabe April 2005, besuchten etwa 4.500 Muslime das Freitagsgebet (0,33% der Bevölkerung). Laut www...de seien es ca. 7.500 Muslime (0,59% der Bevölkerung). Hierzu stünden über 40 Moscheen im Stadtgebiet verteilt zur Verfügung und es bestehe bereits ein islamisches Zentrum in Freimann. Die Notwendigkeit für einen weiteren islamischen Bau mit über 6.000 m² Fläche sei daher nicht nachvollziehbar. Das geplante Zentrum für den Islam in Europa mit Gemeindehaus, Akademie, Moschee, evtl. Minarett, Bibliothek und Museum werde ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen. Für eine erfolgreiche Integration sei die strikte Trennung von Staat und Religion oberstes Gebot. Ein islamisch orientiertes Zentrum könne für die Integration in die bayerische Kulturgemeinschaft hinderlich sein. Es wäre deshalb sinnvoll, staatliche Stellen ohne religiöse Einflussnahme für Integrationsmaßnahmen zu schaffen, die sich nur einer kleinen religiösen Gruppe, sondern allen Zuwanderern zugute kämen. Im geplanten ZIE-M sei auch die Ausbildung von Imamen vorgesehen. Eine solche Ausbildung sollte jedoch unbedingt an einer staatlichen Hochschule und nicht in einem islamischen Zentrum stattfinden, deren Initiatoren durch den Verfassungsschutz beobachtet würden. Der Bau des ZIE-M solle durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von K., einen Scharia-Staat (Scharia: religiös-legitimiertes Gesetz des Islam), mitfinanziert werden. Der Stadtrat habe in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen sei. Nicht geklärt seien auch die Folge- bzw. Unterhaltskosten des Projekts. Daher sei zu befürchten, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in ... beglichen werden müssten.

Als Vertreter des Bürgerbegehrens sind die Antragsteller jeweils mit ihrem vollen Namen und dem Zusatz „M.“, angeführt. Die Vertreter wurden ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berührten, sowie das Bürgerbegehren bis zum Beginn der Versendung der Abstimmungsbenachrichtigungen gemeinschaftlich zurückzunehmen. Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so gelte die Unterschrift weiterhin für die verbleibenden Teile.

Mit Bescheid vom ... Oktober 2014 wies die Antragsgegnerin das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das gem. Art. 18 a Abs. 6 GO das erforderliche Unterschriftenquorum von mindestens 32.736 Bürgern sei zwar erreicht worden, das eingereichte Bürgerbegehren entspreche aber nicht den sonstigen gesetzlichen Anforderungen. So enthielten die Unterschriftenlisten keine Angaben, die eine hinreichende Identifizierbarkeit der gem. Art. 18 a Abs. 4 GO vertretungsberechtigten Personen zuließen. Die Begründung enthalte zudem eine Vielzahl unrichtiger Tatsachenbehauptungen und Spekulationen, die zu einer Verfälschung des Bürgerwillens führten. Zudem werde die Fragestellung durch die Begründung nicht hinreichend konkretisiert und stelle aufgrund ihrer Unbestimmtheit einen Verstoß gegen die Glaubensfreiheit dar. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung müssten die Vertreter des Bürgerbegehrens gem. Art. 18 a Abs. 4 GO eindeutig identifizierbar sein, wozu regelmäßig die Angabe des vollen Namens sowie der jeweiligen Anschrift erforderlich sei. Die Angabe „M.“ reiche nicht aus. Zum 18. September 2014 seien allein sechs Personen mit dem Namen des Antragstellers zu 2) in M. gemeldet. Weitere drei Personen mit diesem Namen seien im Zeitraum der Unterschriftensammlung aus M. weggezogen. Zwar sei in diesem Zeitraum nur eine Person mit dem Namen des Antragstellers zu 1) gemeldet. Diese Information hätten die Unterzeichnenden aber nicht. Selbst wenn man unterstelle, dass der Zusatz „M.“ ausreiche, genüge dies aber nicht, um den beim Antragsteller zu 2) bestehenden Mangel zu heilen. Mangels eines anderen Hinweises auf der Unterschriftenliste könnten beide Vertreter nur gemeinschaftlich handeln. Unter dieser Prämisse seien die Unterschriften abgegeben worden. Für rechtsunkundige Initiatoren seien entsprechende Informationen sehr leicht zu erhalten. Die Identifizierbarkeit werde auch nicht durch die Angabe einer Postfachadresse der Partei Die Freiheit (Landesverband ...) sowie durch einen Link auf die Webseite des Bayerischen Landesverbandes hergestellt. Die Postfachadresse lasse keine Rückschlüsse auf die Vertreter zu. Über den Link sei allenfalls mittelbar eine Identifizierung des Antragstellers zu 1) möglich. Dies gelte aber nicht für den Antragsteller zu 2), der seit Ende 2011 nicht mehr in der Partei aktiv sei. Ferner würden in der Begründung unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Für unbefangene Bürger ergebe sich nach dem objektiven Empfängerhorizont aus den unter Nr. 1 und 5 gemachten Aussagen, dass wesentliche Personen des das Projekt ZIE-M betreibenden Vereins ZIE-M e. V. seit 2007 ununterbrochen vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Die Begründung stelle eine enge Verbindung zwischen ZIE-M e. V. und der IG ... und damit auch den namentlich aufgeführten Personen her. Die Bürger würden damit davon ausgehen, dass die Initiatoren zum Zeitpunkt der Unterschrift in Verdacht stünden, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen. Spätestens seit dem 23. März 2012, dem Tag der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2011 durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, sei aber belegbar unrichtig, dass die IG ... seit 2007 vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. überwacht werde. Richtig sei, dass sie zwischen 2007 und 2010 in den Verfassungsschutzberichten erwähnt werde. Bereits in dem Verfassungsschutzbericht 2010 werde einschränkend zur IG ... ausgeführt: „Der Imam der IG ... hat im Berichtsjahr verschiedene Veröffentlichungen herausgegeben, in denen er für einen mit dem Grundgesetz vereinbaren Islam eintritt. Die Vereinssatzung von ZIE-M wurde zwischenzeitlich um ein ausdrückliches Bekenntnis zum Grundgesetz und eine ausdrückliche Ausschlussklausel von extremistischen Mitgliedern ergänzt. Ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen ist, bleibt abzuwarten. Neue Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben sich im Berichtsjahr jedenfalls nicht.“ Ein Großteil der Unterschriften sei erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden, zu dem die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung bereits festgestanden habe. In einem Artikel habe der Antragsteller zu 1) auf der Partei-Webseite von Die Freiheit Mitte 2012 berichtet, dass etwas mehr als 2.000 Unterschriften vorlägen. Obwohl seit 2011 allgemein bekannt sei, dass im Jahr 2010 dem Verfassungsschutz keine neuen Erkenntnisse bezüglich verfassungswidriger Aktivitäten durch die IG... vorgelegen hätten, enthält die Begründung der erst am 14. Oktober 2011 begonnen Unterschriftensammlung an zwei wesentlichen Stellen den Hinweis auf eine seit 2007 bestehende (und damit noch andauernde) Überwachung bzw. Beobachtung der IG... durch den Verfassungsschutz. Die unrichtigen Tatsachenbehauptungen stellten ein tragendes Begründungselement dar. Auf sie werde in zwei von sechs Punkten der Begründung Bezug genommen. Zum anderen werde die Tatsache der Überwachung durch den Verfassungsschutz auf den Unterschriftenlisten farbig hervorgehoben, um die Wichtigkeit gerade auch dieser Tatsache herauszustellen. Es sei auch davon auszugehen, dass die Überwachung/Beobachtung durch den Verfassungsschutz für die Bürger eine überaus wichtige und damit besonders unterschriftsrelevante Information darstelle. Auch wenn es auf eine evtl. Täuschungsabsicht in Kenntnis der Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht ankomme, werde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller zu 1) als einer der Vertreter des Bürgerbegehrens belegbare Kenntnis davon gehabt habe, dass die Begründung in wesentlichen Elementen nicht mehr den Tatsachen entspreche. Die Behauptung unter Nummer 6 der Begründung „Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist.“ könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als Gremium mittels Beschluss den Freistaat ... um einen finanziellen Zuschuss zum Bau des ZIE-M gebeten habe. Einen solchen Beschluss habe es jedoch nie gegeben. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens würden sich wohl auf einen entsprechenden Antrag mehrerer Fraktionen vom 19. März 2010 beziehen, der jedoch vom Stadtrat nie beschlossen worden sei. Diese falsche Tatsachenbehauptung sei schon alleine deshalb von besonderer Relevanz, weil sie die einzige Aussage in der Begründung sei, die die in der Fragestellung behaupteten „Planungen“ der Antragsgegnerin konkretisiere. Da die Begründung folglich keinerlei wahre Tatsachen bezüglich des wesentlichen Punktes der Fragestellung - aller Planungen der Antragsgegnerin - enthalte, hätten die zur Begründung angeführten Argumente mit der zur Entscheidung gestellten Frage kaum etwas gemein. Die Frage erscheine dadurch insgesamt in einem falschen Licht, was zur Unzulässigkeit führe. Unter Nummer 3 der Begründung werde die rein spekulative Behauptung aufgestellt, dass das geplante Zentrum ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen werde. Da ein konkreter Standort für das ZIE-M nicht feststehe, sei der Verweis auf ein hohes Verkehrsaufkommen in der Innenstadt und die damit verbundene Behauptung eines Baus des ZIE-M in der Innenstadt rein spekulativ. Dasselbe gelte für die in Nummer 6 der Begründung enthaltenen Aussagen, dass der Bau des ZIE-M durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von K., einen Scharia-Staat, mitfinanziert werde und die Folge bzw. Unterhaltskosten des Projektes nicht geklärt seien. Nach Kenntnis der Antragsgegnerin habe weder 2011 festgestanden noch stehe aktuell fest, dass der Emir von K. als Großspender für den Bau des ZIE-M auftreten werde. Worauf sich die Befürchtung der Vertreter des Bürgerbegehrens stütze, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in ... beglichen werden müssten, sei nicht ersichtlich. Weiter sei die Bezeichnung des Projekts als Europäisches Zentrum für den Islam falsch. Es werde suggeriert, dass es sich beim ZIE-M um ein Zentrum für die Gesamtheit, der in Europa beheimateten Muslime handeln solle. Demgegenüber habe das ZIE-M laut dessen Initiatoren von Anfang an das Ziel verfolgt, auf der Grundlage des europäisch geprägten Islams eine Begegnungsstätte für Münchner Muslime und auch Nicht-Muslime zu schaffen. Es bleibe vollkommen unklar, welche Rolle die Antragsgegnerin beim Bau des ZIE-M überhaupt spiele. Die Begründung sei geeignet, bei den Bürgern eine falsche Vorstellung über den Inhalt des Bürgerbegehrens hervorzurufen, sie mithin zu täuschen. Ferner genüge die Fragestellung nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Es sei weder erkennbar, worum es sich beim ZIE-M genau handele, noch, welche Planungen die Antragsgegnerin stoppen solle. Die Begründung enthalte nicht eine einzige wahre Aussage zu „Planungen der Antragsgegnerin“. Die Aussage zur Anregung eines Zuschusses durch den Stadtrat beim Freistaat ... sei unrichtig. Lasse man alle unrichtigen und rein spekulativen Inhalte der Begründung beiseite, so verbleibe zum Bauvorhaben selbst im Wesentlichen nur die Aussage, dass es sich um einen islamischen Bau mit voraussichtlich 6.000 m² Fläche handeln solle, der ein Gemeindehaus, eine Akademie, eine Moschee, evtl. ein Minarett, eine Bibliothek und ein Museum enthalten solle. Das Bauprojekt werde weder im Hinblick auf den Standort, noch die Finanzierung, die genaue Gestaltung, Folgekosten etc. genauer konkretisiert. Eine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Vorhaben sei somit nicht möglich. Für die Antragsgegnerin bleibe unklar, wie sie einen solchen Bürgerentscheid vollziehen solle bzw. worauf sich die Bindungswirkung des Bürgerentscheides beziehen solle. Es stellten sich die Fragen, ob vom Beschluss ein „Planungsstopp umfasst sein solle, wenn andere Initiatoren ein entsprechendes Bauwerk planen würden“, und „ob sich das Bürgerbegehren inhaltlich bereits erledigt habe, weil die Initiatoren nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet würden.“ Es sei unklar, ob sich die Situation ändere, wenn es keine Spende durch den Emir von K. gebe oder ob der Bürgerentscheid noch gelte, wenn eine kleinere Fläche als die genannten 6.000 m² für einen solchen Bau genutzt würden. Weiter frage sich, ob das Bürgerbegehren schon dann hinfällig sei, wenn die Antragsgegnerin und der Freistaat ... erklären würden, dass sie keinerlei Unterhalts- oder Folgekosten tragen würden. Die Fragestellung genüge deshalb nicht dem Bestimmtheitsgebot und sei schon aus diesem Grunde unzulässig. Wenn aber die Abstimmungsfrage wegen ihrer Unbestimmtheit so auszulegen sei, dass grundsätzlich islamische Sakralbauten verhindert werden sollten, so verstieße dies gegen die grundgesetzlich garantierte Glaubensfreiheit. Das Grundgesetz garantiere neben den inneren Vorstellungen über eine Religion oder Weltanschauung und dem Bilden sowie Innehaben eines Glaubens (forum internum) das forum externum, die religiös-weltanschauliche Bekenntnis- und Ausübungsfreiheit. Dazu gehöre auch das Recht einer Glaubensgemeinschaft, die Gebäude zu errichten, die nach ihrem Selbstverständnis für die individuelle Religionsausübung ihrer Mitglieder erforderlich seien. Die Begründung des Bürgerbegehrens ziele letztendlich darauf ab, durch Desinformationen Ängste gegen das Projekt ZIE-M und die dahinterstehenden Personen zu schüren und die Initiatoren und damit mittelbar auch die muslimischen Mitbürger zu diskreditieren.

Gegen den am 7. Oktober 2014 versendeten Bescheid erhoben die Antragsteller am 4. November 2014 Klage (M 7 K 14.4964) auf Zulassung des Bürgerbegehrens und stellten verschiedene Unterlassungsansprüche zur Entscheidung, die die Fassung von Stadtratsbeschlüssen und sonstige Maßnahmen der Antragsgegnerin betreffen, die der Verwirklichung des ZIE-M bzw. MFI dienen. Gleichzeitig beantragten sie im Wege der einstweiligen Anordnung,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, es vorläufig bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Bürgerentscheides zu unterlassen,

a. einen Stadtratsbeschluss zu fassen, wonach ein der Stadt M. gehörendes Grundstück Nähe ... Straße ... an Herrn ..., Vorstehender des Vereins „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“, ...-Straße ..., M., bzw. dessen Rechtsnachfolger „M. Forum für Islam (MFI)“, ...straße ..., M., verkauft werden soll,

hilfsweise, einen Stadtratsbeschluss über den Verkauf eines Grundstücks Nähe ... Straße ... an Herrn ..., Vorstehender des Vereins „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“, ...-Straße ..., M., bzw. dessen Rechtsnachfolger „Münchner Forum für Islam (MFI)“, ...straße ..., M., zu treffen, ohne dass eine gleichzeitige Zweckvereinbarung enthalten ist, wonach das Grundstück nicht mit einem „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“ bzw. eines „Münchner Forum für Islam (MFI)“ bebaut werden darf.

b. einen Stadtratsbeschluss zu fassen, wonach ein der Stadt M. gehörendes Grundstück Nähe ...-Straße, an Herrn ..., Vorstehender des Vereins „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“, ...-Straße ..., M., bzw. dessen Rechtsnachfolger „M. Forum für Islam (MFI)“, ...straße ..., M., verkauft werden soll,

hilfsweise, einen Stadtratsbeschluss über den Verkauf eines Grundstücks Nähe ...-Straße an Herrn ..., Vorstehender des Vereins „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“, ...-Straße ..., M., bzw. dessen Rechtsnachfolger „Münchner Forum für Islam (MFI)“, ...straße ..., M., zu treffen, ohne dass eine gleichzeitige Zweckvereinbarung enthalten ist, wonach das Grundstück nicht mit einem „Zentrum für Islam in Europa - M. (ZIE-M)“ bzw. einem „Münchner Forum für Islam (MFI)“ bebaut werden darf.

c. einen Stadtratsbeschluss zu fassen, wonach die Stadt M. die für die Realisierung des Projektes „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“, bzw. dessen Rechtsnachfolger „Münchner Forum für Islam (MFI)“, ...straße ..., M., erforderlichen planungsrechtlichen Voraussetzungen für ein geeignetes Grundstück in M. schaffen wird.

d. einen Stadtratsbeschluss zu fassen, wonach sich die Stadt M. verpflichtet, sich für die finanzielle Unterstützung des Projektes „ZIE-M“ bzw. dessen Rechtsnachfolger „Münchner Forum für Islam (MFI)“, ...straße ..., M., durch den Freistaat ... einzusetzen.

e. Stadtratsbeschlüsse zu fassen, die in Zusammenhang mit dem Projekt „ZIE-M“ sowie mit dem Rechtsnachfolger, dem „Münchner Forum für Islam (MFI)“, stehen und eine dem Bürgerbegehren entgegenstehende Entscheidung darstellen.

f. dem Bürgerbegehren entgegenstehende weitere Maßnahmen und weitere Planungen zur Errichtung und Umsetzung des „Zentrum für Islam in Europa M. (ZIE-M)“ sowie für dessen Rechtsnachfolger dem „Münchner Forum für Islam (MFI)“, vorzunehmen und mit deren Vollzug zu beginnen.

Auf die ausführliche Begründung wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 3. Februar beantragten die Bevollmächtigten der Antragsteller, weitere im Einzelnen bezeichnete Aktenstücke beizuziehen.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag gem. § 123 VwGO, mit dem es der Antragsgegnerin vorläufig gerichtlich untersagt werden soll, an den Vorsitzenden des Vereins ZIE-M bzw. dessen Rechtsnachfolger MFI zwei bestimmte Baugrundstücke zu verkaufen, die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für das Projekt eines Münchner Forum für Islam zu schaffen, sich für eine staatliche finanzielle Förderung einzusetzen, sonstige dem Bürgerbegehren entgegenstehende Stadtratsbeschlüsse zu treffen und Maßnahmen oder Planungen vorzunehmen oder zu verwirklichen, hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig. Vor dem Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18 a Abs. 9 GO durch die gemeindliche Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens oder ein dazu rechtskräftig verpflichtendes verwaltungsgerichtliches Urteil kann eine vorläufige Schutzwirkung zugunsten der Antragsteller im Wege der gerichtlichen Anordnung nach § 123 VwGO erreicht werden, wenn aufgrund einer konkreten Abwägung gesichert erscheint, dass das Bürgerbegehren zulässig ist und nicht im Einzelfall sachliche Gründe für ein alsbaldiges Handeln auf der Seite der Gemeindeorgane den Vorzug verdienen (BayVGH, B. v. 19. März 2007 - 4 CE 07. 416 - juris Rn. 16 m. w. N.). Der Inhalt einer Sicherungsanordnung darf allerdings nicht über den Umfang der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18 a Abs. 9 GO hinausgehen (BayVGH, a. a. O., m. w. N.).

Auch geht das Gericht davon aus, dass die von der Antragsgegnerin gerügte Bezeichnung der Antragsteller- und Klagepartei durch Angabe des Bürgerbegehrens mit dessen namentlich bezeichneten Vertretern unter Berücksichtigung des beigefügten streitgegenständlichen Bescheides und des Inhalts der Antrags- und Klageschrift in dem Sinne auslegungsfähig ist, dass die Vertreter des Bürgerbegehrens und nicht dieses selbst Antragsteller bzw. Kläger sein sollen (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 82 Rn. 4; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. Erg.Lfg. 2014, § 82 Rn. 4; zur Klagebefugnis nur der vertretungsberechtigten Personen Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in ..., Art. 18 a Abs. 8 GO Erl. 7).

Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.

Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht, da die Antragsteller keinen Anspruch auf Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens haben. Der Zulassungsanspruch scheitert bereits daran, dass in der Begründung zur Fragestellung in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Behauptungen aufgestellt werden, die beim unterzeichnenden Bürger einen falschen Eindruck erwecken. Die weiteren Voraussetzungen und die zwischen den Beteiligten übrigen streitigen Punkte können daher offen bleiben.

Deshalb und, weil das Quorum gem. Art. 18 a Abs. 6 GO unstreitig erreicht worden ist, war es nicht erforderlich, wie von den Antragstellern beantragt, weitere Aktenstücke beizuziehen, die dazu geeignet sind, Schwierigkeiten zu belegen, die die Antragsteller nach ihrem Vortrag bei der Sammlung der Unterschriften von Seiten der Antragsgegnerin erfahren haben. Anfragen der Antragsgegnerin beim Landesamt für Verfassungsschutz, die die Antragsteller oder das von ihnen initiierte Bürgerbegehren betreffen, sind nicht entscheidungserheblich. Die die IGP betreffenden gerichtlichen Entscheidungen sind gerichtsbekannt.

Die Anforderungen an die Richtigkeit der Begründung eines Bürgerbegehrens ergeben sich aus dem Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt gem. Art. 7 Abs. 2 BV in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (BayVGH, B. v. 14. Oktober 2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 9). Denn die Stimmberechtigten können bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen wollen, wie auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können (BayVGH, a. a. O.). Damit ist es unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (st. Rspr. vgl. BayVGH, a. a. O., m. w. N.).

In Nummer 1 der Begründung zum streitgegenständlichen Bürgerbegehren wird im Präsens dargelegt, dass die Islamische Gemeinde ... (IG...) laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde ^^ (IGMG) stehe. Im unmittelbar nachfolgenden Satz wird im Imperfekt ausgeführt, dass Imam ... laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders El-Zayat ausgeführt habe. Während der letzte Satz nach den Feststellungen in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts M. vom 3. Mai 2010 - M 22 E 09.2155 - (S. 25 f., 55 ff.) eine zulässige Wertung des Inhalts der Telefonate darstellt, gibt es für die Feststellung, dass die IG... aktuell in Verbindung mit Fundamentalisten der IGMG stehe, keine Belege. Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 wird ausdrücklich ausgeführt, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IG... vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen ist (S. 35 a. E.). In den seither erschienenen Verfassungsschutzberichten wird die IG... nicht mehr erwähnt. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist eine dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) unterliegende Behörde. Es ist davon auszugehen, dass es der Aufgabe aus Art. 15 Satz 1 BayVSG, die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten zu unterrichten, gleichmäßig nachkommt. Aus der fehlenden Berichterstattung über die IG... und dessen Imam ist daher zu schließen, dass seither entweder keine oder jedenfalls keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen und Tätigkeiten (vgl. BayVGH, B. v. 23. September 2010 - 10 CE 10.1830 - Rn. 23 f. m. w. N.) der IGP bzw. von dessen Imam, somit auch nicht für Verbindungen zu „Fundamentalisten der IGMG“ vorliegen. Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem umfangreichen Vortrag der Antragsteller. Auf Seite 24 ff. der Antragsschrift werden zunächst die aus dem Verfahren M 22 E 09.2155 bekannten Telefonate und die Einschätzung des Gesprächspartners und der Islamischen Gemeinde Deutschland (IGD) als extremistisch angeführt, sodann weitere Kontakte von Imam ... zu als extremistisch eingeschätzten Organisationen und Personen vor dem Jahr 2010 sowie weitere, auch im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 (S. 34) veröffentlichte Informationen zu dessen Person. Soweit dem Imam ... unter Verweis auf ein Foto vom September 2014 Verbindungen zu Ahmad Al-Khalifa angelastet werden (S. 34 f. der Antragsschrift), handelt es sich nicht um eine der IGMG zuzurechnende Person. Soweit die Antragsteller das von Beamten des bayerischen Innenministeriums im Jahr 2011 gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit geäußerte Misstrauen hinsichtlich der Wahrhaftigkeit der Distanzierung von der IGMG anführen (S. 36 der Antragsschrift), handelt es sich um Einschätzungen, die ohne jeden Beleg nicht die Tatsachenbehauptung fortbestehender Verbindungen zu tragen vermögen.

Die fragliche Behauptung kann auch bei wohlwollender Auslegung nicht entsprechend §§ 133, 157 BGB (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in ..., Art. 18 a Abs. 4 GO Erl. 7 c) als unschädliche bloße Wertung bzw. Überzeugung der Antragsteller verstanden werden, die sie aus eigenen Erkenntnissen, wie aus den in der Antragsschrift in Bezug genommenen Veröffentlichungen, gewonnen haben. Hiergegen spricht nicht nur die Formulierung, in der ein der Beweiserhebung zugänglicher Sachverhalt zum Ausdruck kommt, sondern auch die Verklammerung mit der nur durch ein Komma getrennten Eingangsfeststellung, dass die IG... seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht werde, und der unmittelbar nachfolgenden, wie eine Erläuterung wirkenden Behauptung, Imam ... habe laut abgehörter Telefonate Anweisungen von El-Zayat ausgeführt. Hierdurch wird beim Leser der Eindruck erweckt, die behaupteten aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG seien ein Ergebnis der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, also eine amtlich verifizierte Tatsache.

Zudem wird die IGP dadurch in ein falsches Licht gerückt, dass in der Begründung zu dem Bürgerbegehren die Tatsache nicht mitgeteilt wird, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtsjahr 2010 keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IG... gewonnen und seither auch nicht über derartige neue Erkenntnisse berichtet hat. Zwar machen die Antragsteller zu Recht geltend, dass aus dem Fehlen einer Berichterstattung nicht geschlossen werden kann, dass die IG... nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wofür wegen der Erkenntnisse aus der Vergangenheit einiges sprechen mag. Allerdings lautet die Darstellung in der Begründung zum Bürgerbegehren nicht, dass die IG... „nur“ beobachtet, sondern schlicht, dass sie überwacht wird. Es kann offen bleiben, ob eine Überwachung über eine Beobachtung hinausgehende Maßnahmen impliziert. Jedenfalls wird durch die Mitteilung einer Überwachung durch den Verfassungsschutz bei einem unbefangenen Leser die Fehlvorstellung geweckt, dass eine Überwachung feststeht, z. B. aufgrund einer entsprechenden Berichterstattung, und dass es aktuell einen Anlass hierfür gibt. Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass einem unterzeichnenden Bürger die von der Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung bekannt ist, dass ein konkreter Anhaltspunkt zwar eine Beobachtung rechtfertigen mag, ggf. auch noch für mehrere Jahre im Nachhinein, mangels hinreichenden Gewichts aber nicht die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht (vgl. BayVGH, B. v. 23. September 2010, a. a. O., m. w. N.) weiter nicht, dass er aus der Nichterwähnung einer Berichterstattung die richtigen Schlüsse zieht, unter anderem, dass möglicherweise „nur“ eine Beobachtung stattfindet. Vielmehr wird aufgrund der unterlassenen Mitteilung der das Bild abrundenden Tatsachen der Schluss auf aktuelle verfassungsfeindliche Bestrebungen nahegelegt. Aus Nummer 1 der Begründung wird nicht deutlich, dass es sich hierbei lediglich um einen entsprechenden Verdacht der Antragsteller handelt.

Es liegt auf der Hand, dass aktuelle Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen für eine Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage sehr wesentlich sind, also abstimmungsrelevant, und deshalb nach der Rechtsprechung nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehören (vgl. BayVGH, B. v. 25. Juni 2012 - 4 CE 12.1224 - juris Rn. 31). Immerhin wird auch in der Begründung zum Bürgerbegehren aus diesen Aussagen die Schlussfolgerung gezogen, dass der Verein ZIE-M e. V. als Bauherr nicht tragbar sei. Hinzu kommt, dass der verfassungsfeindliche Bestrebungen nahelegenden Darstellung der IG... in den Sätzen 3 und 4 der Nummer 1 der Begründung besonderes Gewicht durch die zentrale Stelle verliehen wird, an der die entsprechenden Aussagen getroffen werden.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5., 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerinnen sind Vertreterinnen des Bürgerbegehrens „Altstadt M. - Werte bewahren statt zerstören“. Die Beklagte wies das am 16. Juli 2013 eingereichte Begehren mit Bescheid vom 14. August 2013 als unzulässig zurück, da es falsche und irreführende Tatsachenbehauptungen enthalte. Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 29. Januar 2014 ab. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens haben, da in dessen Begründung in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden.

a) Dem Begehren mit der Fragestellung „Sind Sie dafür, das denkmalgeschützte Gebäude am St.-platz ... (...) zu erhalten, um damit das Ensemble um die Frauenkirche mit den ehemaligen Klostergebäuden und dem Klostergarten vor weiterer Zerstörung zu schützen?“ ist eine teilweise unzutreffende Begründung beigefügt worden. Unter Punkt 1 der Begründung wird ausgeführt, bei dem Gebäude St.-platz ..., das für den Neubau eines Bekleidungsgeschäfts abgerissen werden solle, handle es sich „um das ehemalige Klostergebäude der Kapuziner, welches um 1640 zusammen mit der heutigen Frauenkirche errichtet wurde“. In Punkt 8 der Begründung ist erneut von einem „wertvollen, ca. 370 Jahre alten ehemaligen Klostergebäude am Stadtplatz 58“ die Rede. Tatsächlich stammen aber von dem heute existierenden Gebäude, das auf den Unterschriftenlisten abgebildet ist, nur noch ein kleinerer Teil der Fassade im Bereich des Erdgeschosses sowie einige Mauerzüge im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss aus der Zeit, in der sich an diesem Ort ein Kloster befand (ca. 1640 bis 1802), wie in dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen baugeschichtlichen Gutachten vom Februar 2013 im Einzelnen dargelegt wird. Die Gutachter kommen dort (S. 53) zu dem Ergebnis, dass die erhaltenen Bauteile so fragmentarisch und die Funktionsänderungen der Räume in späteren Umbauphasen so einschneidend seien, dass die Rekonstruktion der ehemaligen Binnenstruktur des Klosters sehr schwierig sei; lediglich die Klosterküche könne auf der Grundlage der Quellen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit lokalisiert werden. Hieraus wird erkennbar, dass sowohl nach dem äußeren Erscheinungsbild und dem Alter der vorhandenen Bausubstanz als auch nach der inneren Struktur und der Raumaufteilung nur noch sehr geringe Teile des heute bestehenden Gebäudes mit dem früheren Klostergebäude übereinstimmen. Die zur Begründung des Bürgerbegehrens getroffene Aussage, es handle sich um „das“ um 1640 zusammen mit der Frauenkirche errichtete Klostergebäude, vermittelt demgegenüber die unzutreffende Vorstellung, das Gebäude sei jedenfalls im Wesentlichen noch mit dem vor über 370 Jahren errichteten historischen Bauwerk identisch. Das Attribut „ehemalig“ ändert daran nichts, denn es kann nach dem Sinnzusammenhang nur so verstanden werden, dass die Nutzung für Zwecke des Klosters mittlerweile aufgegeben wurde; die fehlende Identität des heutigen Bauwerks mit dem früher vorhandenen Klostergebäude kommt darin nicht zum Ausdruck. Auch die Abbildung des heute bestehenden Gebäudes auf den Unterschriftslisten ist nicht geeignet, die durch die Angabe des Baujahrs „um 1640“ entstandene Fehlvorstellung auszuräumen, da ein nicht fachlich vorgebildeter Betrachter aufgrund der bloßen Ansicht einer historischen Hausfassade regelmäßig nicht in der Lage sein wird, das Jahr der Errichtung auch nur annähernd zu bestimmen.

Soweit in dem Zulassungsantrag eingewandt wird, bei dem historischen Alter eines Gebäudes gehe es nicht um eine reine Tatsachenfrage, sondern auch um eine Wertungsfrage, wobei es aus Sicht der Klägerinnen maßgeblich auf die Bewertung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ankomme, das die Denkmaleigenschaft und Denkmalwürdigkeit des Gebäudes bejahe, kann dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen. Es trifft zwar zu, dass die Aussage, ein Gebäude sei vor 370 Jahren errichtet worden, aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) nicht im wörtlichen Sinne dahingehend verstanden werden kann, das Gebäude befinde sich noch vollständig im Originalzustand und sei in den zurückliegenden Jahrhunderten niemals restauriert oder technisch modernisiert worden. Mit der Angabe eines Errichtungsjahrs wird aber zum Ausdruck gebracht, dass über den bloßen Gebäudestandort hinaus eine Kontinuität auch hinsichtlich der wesentlichen Teile des Baukörpers besteht. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Nach den - von den Klägerinnen nicht bestrittenen - Feststellungen in dem vorgelegten bauhistorischen Gutachten hat bereits der Übergang des Gebäudes in Privatbesitz im Jahr 1803 ein grundlegende Umstrukturierung zum Zwecke einer Wohnhausnutzung mit sich gebracht, wobei erst in dieser Phase eine repräsentative Gestaltung der zweigeschossigen Fassade erfolgte; weitere einschneidende Umgestaltungen in Form von Anbauten und Aufstockungen um ein drittes Geschoss waren mit der 1854 erfolgten Umnutzung des Gebäudes als Schule verbunden (Gutachten vom Februar 2013, S. 53). Diese gravierenden, nicht allein der Erhaltung der Bausubstanz oder der Nutzbarkeit dienenden Änderungen schließen es aus, heute noch von einem „370 Jahre alten ehemaligen Klostergebäude“ zu sprechen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kubatur der bestehenden Bebauung noch relativ genau derjenigen zur Zeit des Klosters entspricht, so dass dem vorhandenen Gebäude nach Meinung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auch in seiner heutigen Gestalt Denkmaleigenschaft zukommt (Schreiben vom 20.12.2013). Aus dem Umstand, dass ein historisches Gebäude als Denkmal eingestuft und damit als erhaltenswürdig angesehen wird, folgt noch nicht, dass es sich seit der erstmaligen Errichtung immer um ein- und dasselbe Gebäude gehandelt hat, solange nur die äußere Form des Baukörpers annähernd übereinstimmt.

b) Nicht zu beanstanden ist auch die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts getroffene Feststellung, dass die unrichtige Altersangabe des Gebäudes abstimmungsrelevant sei, weil davon ausgegangen werden müsse, dass der unterschriftsleistende Bürger der Frage des Alters eine große Bedeutung beimesse, wobei eine Bausubstanz als umso erhaltenswerter angesehen werde, je älter sie sei. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handelt es sich bei der Altersangabe des Gebäudes nicht um ein lediglich untergeordnetes Detail der Begründung, dessen Unrichtigkeit im Sinne einer bürgerfreundlichen Auslegung des Begehrens hingenommen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 5.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19/20) ist zwar nicht jede Unvollständigkeit der Begründung abstimmungsrelevant und muss daher zur Ablehnung des Bürgerbegehrens führen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber bei dem Alter des Gebäudes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, um ein zentrales Begründungselement, das durch die Wiederholung besonders betont wird und mit dem der ungewöhnliche Wert und die Erhaltungsbedürftigkeit des bestehenden Gebäudes Stadtplatz 58 unterstrichen werden soll. Die in der Begründung des Zulassungsantrags getroffene Aussage, bei dem Bürgerbegehren sei es „im Kern“ lediglich darum gegangen, „aus ästhetischen Gründen das Ensemble so zu erhalten, wie es ist“, lässt sich dagegen aus der Formulierung des Begehrens und seiner Begründung nicht ableiten. Sowohl in der Fragestellung als auch in den Einzelpunkten der Begründung wird wesentlich auf den Aspekt des Denkmalschutzes und damit auf die historische Erhaltungswürdigkeit abgestellt. Da dieser Aspekt mit dem (behaupteten) hohen Alter des zu schützenden Gebäudes in engem Zusammenhang steht, kann der unzutreffenden Angabe des Errichtungsjahrs keine bloß untergeordnete Bedeutung beigemessen werden.

2. Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukäme (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Klägerinnen tragen insoweit vor, der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, dass es bei unrichtigen Tatsachenangaben nicht auf eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens ankomme, könne hier nicht schematisch zur Anwendung kommen. Denn es bestehe die Besonderheit, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Unterschriftenlisten weder die Öffentlichkeit noch die Klägerinnen von der Beklagten über das von ihr in Auftrag gegebene bauhistorische Gutachten und dessen Inhalt informiert worden seien; dieses sei vielmehr zunächst unter Verschluss gehalten und erst nach Einreichung des Bürgerbegehrens vollständig bekanntgegeben worden. Die Beklagte habe durch diese gegen das demokratische Fairnessgebot

verstoßende Geheimhaltung entscheidungserheblicher Erkenntnisse versucht, die Durchführung des Bürgerbegehrens mit allen Mitteln zu verhindern. Es stelle sich damit die grundsätzliche Frage, ob eine Gemeinde ein Bürgerbegehren auch dann als unzulässig ablehnen dürfe, wenn sachliche Fehler in einzelnen Begründungselementen darauf zurückzuführen seien, dass die Öffentlichkeit über die einschlägigen Erkenntnisse nicht rechtzeitig informiert worden seien, oder ob es in solchen Fällen geboten sei, das Bürgerbegehren zuzulassen und eventuell erforderliche Richtigstellungen im Rahmen des Wahlkampfs vor dem Bürgerentscheid vorzunehmen.

Mit diesem Vorbringen wird, selbst wenn man zugunsten der Klägerinnen von einem Verstoß der Gemeindeorgane (Stadtrat, Bürgermeister) gegen eine (ungeschriebene) kommunalrechtliche Informationsverpflichtung ausginge, keine Grundsatzfrage aufgeworfen, die sich nicht schon aus der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs beantworten ließe. Wie der Senat in früheren Entscheidungen dargelegt hat, ergeben sich die Anforderungen an die Richtigkeit der Begründung eines Bürgerbegehrens aus dem Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt gemäß Art. 7 Abs. 2 BV in Gestalt der Abstimmungsfreiheit. Denn die Stimmberechtigten können bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen wollen (Art. 18a Abs. 6 GO), wie auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid (Art. 18a Abs. 10 GO) nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Damit ist es unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31, v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - KommunalPraxis Bayern 2011, 155 f.; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Art. 18a Abs. 4 Anm. 8 c m. w. N.). Die Abstimmungsfreiheit besitzt Verfassungsrang und steht nicht zur Disposition der Gemeindeorgane, so dass deren (mögliches) Fehlverhalten im Vorfeld der Unterschriftensammlung es nicht rechtfertigen könnte, den Gemeindebürgern eine unzulässige Fragestellung zur Entscheidung vorzulegen. Die Zulassung eines mit einer unrichtigen Sachverhaltsdarstellung versehenen Bürgerbegehrens wäre auch nicht geeignet, einen in der Vorenthaltung wichtiger Informationen liegenden früheren Fairnessverstoß zu heilen, sondern würde zu einem rechtswidrigen Abstimmungsergebnis führen. Denn die unrichtigen Angaben zum Alter des Gebäudes müssten, da eine nachträgliche Richtigstellung der Begründung des Bürgerbegehrens ausscheidet (BayVGH, B. v. 9.12.2010, a. a. O., 156), auf den Stimmzetteln zum Bürgerentscheid mit abgedruckt werden, so dass die Abstimmungsberechtigten nicht nur in der Phase der Unterschriftensammlung, sondern sogar noch bei der eigentlichen Sachentscheidung über einen maßgeblichen Aspekt falsch informiert würden. Damit würden elementare Grundsätze einer fairen Abstimmung verletzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2013 - 7 K 4182/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger sind Vertrauensleute und Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem der Ausstieg der beklagten Landeshauptstadt aus der Finanzierung des Projekts Stuttgart 21 erreicht werden soll. Sie machen unter Berufung auf ein Rechtsgutachten von Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Meyer vom 03.11.2010 die Verfassungswidrigkeit der Mitfinanzierung dieses Vorhabens durch die Beklagte und das Land Baden-Württemberg geltend.
Das Projekt Stuttgart 21 steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Eisenbahnverbindung Wendlingen - Ulm für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb als Teil einer in West-Ost-Richtung verlaufenden europäischen Magistrale von Paris nach Bratislava. Die Gesamtstrecke Stuttgart - Ulm - Augsburg ist im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege, einer Anlage zum Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG), als „Vordringlicher Bedarf“ aufgelistet. Inhalt des Projekts Stuttgart 21 ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. An die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs soll ein achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Dieser Durchgangsbahnhof soll durch unterirdische Zulaufstrecken aus dem Stadtgebiet und der Filderebene angebunden werden. Der Flughafen Stuttgart und die Landesmesse sollen einen Anschluss an das Schienenfernverkehrsnetz erhalten. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen der Bahn am Rand des Rosensteinparks sollen verlegt werden. Auf diese Weise würden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha bisherige Bahnflächen für eine städtebauliche Nutzung frei. Das neu entstehende Rosensteinviertel sowie das Gebiet zwischen Nordbahnhofstraße und Rosensteinstraße sollen über einen neuen S-Bahnhof „Mittnachtstraße“ erschlossen werden. Projektträger sind die Eisenbahninfrastrukturunternehmen DB Netz AG, DB Station & Service AG und DB Energie GmbH, alle drei hundertprozentige Töchter der Deutsche Bahn AG.
Die Beklagte ist am Projekt Stuttgart 21 aufgrund mehrerer, auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse getroffener Vereinbarungen beteiligt (Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995; Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001; Kaufvertrag über frei werdende Bahnflächen vom 21.12.2001; Memorandum of Understanding vom 19.07.2007; Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007; Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009). In dem Finanzierungsvertrag ist die Finanzierung des Projekts durch Finanzierungsbeiträge und Risikoabsicherungen der Vertragsparteien bis zu einer Höhe von 4,526 Mrd. EUR abgesichert. Unter § 8 Abs. 4 des Vertrages heißt es: „Im Falle weiterer Kostensteigerungen nehmen die EIU und das Land Gespräche auf.“ Am 05.03.2013 beschloss der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, den Finanzierungsrahmen für Stuttgart 21 von 4,526 Mrd. EUR auf 6,526 Mrd. EUR zu erhöhen und eine Beteiligung der Projektpartner an den Mehrkosten einzufordern.
Am 21.03.2011 übergaben die Kläger dem Oberbürgermeister der Beklagten Listen mit mehr als 35.600 Unterschriften des Bürgerbegehrens „Ausstieg der Stadt aus dem Projekt Stuttgart 21.“ Auf den Unterschriftslisten heißt es:
„Die unterzeichnenden wahlberechtigten Bürger/innen der Stadt Stuttgart beantragen im Wege eines Bürgerbegehrens nach § 21 GemO einen Bürgerentscheid zu der Frage:
Soll die Stadt Stuttgart ihre Mitgliedschaft im „Projekt Stuttgart 21“ förmlich beenden, indem sie folgende Maßnahmen ergreift:
Die Stadt Stuttgart beruft sich gegenüber den Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung und kündigt die Projektverträge. Sie unterlässt weitere Beitragszahlungen zum Projekt. Projektverträge in diesem Sinne sind: Gemeinsame Erklärung und Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009, Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007, Memorandum of Understanding vom 19.07.2007, Eckpunktepapier vom 19.07.2007, Ergänzungsvereinbarung vom 24.07.2001, Vereinbarung zum Projekt Filderbahnhof vom 09.07.2001, Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995.
Begründung: Das Projekt Stuttgart 21 (S 21) bedeutet eine tiefgreifende Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart, bei welcher der Kopfbahnhof durch einen tief liegenden Durchgangsbahnhof ersetzt, der Abstellbahnhof nach Untertürkheim verlagert und der Flughafen an den Fern- und Regionalverkehr angebunden werden soll. Die Stadt Stuttgart ist an diesem Projekt, das im Finanzierungsvertrag definiert ist, neben anderen Partnern vertraglich beteiligt. Das vorliegende Bürgerbegehren zielt darauf, die Mitgliedschaft der Stadt an dem Projekt S 21 zu beenden.
Die pauschale Mitfinanzierung des Eisenbahnprojekts S 21 durch die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg ist verfassungswidrig. Aus Art. 104 a Abs. 1 GG ergibt sich das Verbot der Finanzierung des Baus von Eisenbahnen des Bundes durch die Länder und Gemeinden, weil es eine Bundesaufgabe ist. Über ihre Projektbeteiligung finanziert die Stadt Stuttgart jedoch eine Bundesaufgabe mit. Wir wollen, dass die Stadt diese Verfassungsnorm beachtet, weil sie überragend wichtig für das solidarische und bundesstaatliche Zusammenleben der Länder ist. Daher sollen die Mitgliedschaft an dem Projekt S 21 beendet und die Beitragszahlungen eingestellt werden. Zur Klarstellung: Ob die übrigen Projektpartner das Projekt auch ohne die Beteiligung der Stadt vollenden können, wird durch den Bürgerentscheid nicht geklärt.
10 
Kostendeckungsvorschlag: Sollte der Ausstieg der Stadt zu einem Projektabbruch durch die übrigen Partner führen, ist fraglich, ob die Stadt sich an den damit verbundenen Kosten beteiligen muss. Auszuschließen ist es nicht. Die Deutsche Bahn hat bei der „Fakten-Schlichtung“ verlorene Planungs- und Baukosten sowie Kosten der Projektleitung mit 313,8 Millionen EUR beziffert, aber auch 600 Millionen EUR in den Raum gestellt. Mangels einer vertraglichen Regelung ist der jeweilige Anteil der acht Projektpartner unklar. Im Zweifel trägt jeder 1/8. Daher sollte zur Sicherheit (und unter vorsorglicher Berücksichtigung von Prozesskosten) mit ca. 40 Mio. EUR bis 76 Mio. EUR gerechnet werden. Diese Ausgaben wären zu decken durch die im Haushalt der Stadt bereits für S 21 eingestellten deutlich höheren Mittel, die infolge der Beendigung der Projektmitgliedschaft frei werden.“
11 
In seiner Sitzung vom 09.06.2011 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass der beantragte Bürgerentscheid nicht zulässig sei. In der zugrunde liegenden Gemeinderatsvorlage vom 20.05.2011 (GRDrs. 353/2011) wurde im Wesentlichen Bezug genommen auf ein Rechtsgutachten der Rechtsanwälte Prof. Dr. Dolde und Dr. Porsch vom 08.03.2011, in dem diese die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 seitens der Beklagten und des Landes für verfassungsgemäß erachten.
12 
Mit Bescheiden vom 11.07.2011 stellte die Beklagte auf der Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses vom 09.06.2011 fest, dass der beantragte Bürgerentscheid unzulässig sei. Zur Begründung hieß es u.a.:
13 
Das Bürgerbegehren verfolge ein rechtswidriges Ziel, weil es gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen verstoße und die Gemeinde sich nicht durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen könne.
14 
Selbst wenn man das Bürgerbegehren dahingehend auslege, dass es trotz seines eindeutigen Wortlauts nicht auf eine Kündigung abziele, sondern es den Initiatoren auf eine Erklärung der Stadt ankomme, wegen des Verstoßes gegen das Konnexitätsprinzip in Art. 104 a Abs. 1 GG nicht mehr an die geschlossenen Verträge gebunden zu sein, sei es auf ein rechtlich unzulässiges Ziel gerichtet. Die Verträge seien nicht wegen Verstoßes gegen Art. 104 a Abs. 1 GG nichtig. Die Finanzierungskompetenz der Beklagten folge aus ihren Zuständigkeiten für den Stadtumbau und die Verbesserung der örtlichen Wirtschaftsstruktur, die im kommunalen Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 71 Abs. 1 LV begründet seien. Die Finanzierungsbeiträge der Beklagten in Höhe von rund 6 % der Gesamtinvestitionen seien im Verhältnis zu den bedeutenden Vorteilen für die Landeshauptstadt angemessen und stünden mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes im Einklang.
15 
Das beantragte Bürgerbegehren sei außerdem verfristet, weil es entgegen § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO nicht innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 eingereicht worden sei. Die Vertragsparteien der Projektverträge seien sich in Übereinstimmung mit der vorliegenden Rechtsprechung und Literatur darüber einig gewesen, dass die Verträge wirksam seien und nicht gegen die Verfassung verstießen. Davon sei auch der Gemeinderat bei seinem Beschluss vom 04.10.2007 ausgegangen, mit dem er die Zustimmung der Stadt zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 erteilt habe. Auf Grundlage des Beschlusses vom 04.10.2007 habe das Land Baden-Württemberg die Finanzierungsverträge vom 02.04.2009 auch mit Wirkung für die Beklagte abgeschlossen. Die Nichtigkeit von Verträgen über das Projekt Stuttgart 21 hätte daher spätestens innerhalb von sechs Wochen nach dem Beschluss vom 04.10.2007 geltend gemacht werden müssen.
16 
Am 24.11.2011 erhoben die Kläger Untätigkeitsklage, nachdem ihr am 11.08.2011 eingelegter Widerspruch nicht beschieden worden war.
17 
Nach Aussetzung des Verfahrens gemäß § 75 Satz 2 VwGO wies das Regierungspräsidium Stuttgart die Widersprüche der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2012 als unbegründet zurück. Mit Schriftsatz vom 30.11.2012 erklärten die Kläger, dass sie das Klageverfahren unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids fortführen. Zur Begründung der Klage trugen sie vor:
18 
Es sei verfahrensfehlerhaft gewesen, sich bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens allein auf das Rechtsgutachten der Rechtsanwälte Prof. Dr. Dolde und Dr. Porsch vom 20.05.2011 zu verlassen, da diese befangen gewesen seien. Rechtsanwalt Prof. Dolde habe bereits am 13.07.2007 im Auftrag von Finanz- und Innenministerium des Landes Baden-Württemberg ein Rechtsgutachten zur „Verfassungsmäßigkeit eines verlorenen Zuschusses des Landes Baden-Württemberg zur Finanzierung des Vorhabens NBS Stuttgart-Ulm“ erstellt. Am 13.12.2010 habe er im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Baden-Württemberg zum Gutachten von Prof. Meyer vom 03.11.2010 Stellung genommen. In beiden Gutachten habe er die Auffassung vertreten, dass die gemeinsame Finanzierung von unechten Gemeinschaftsaufgaben durch verschiedene Aufgabenträger zulässig sei. Die Befangenheit eines Sachverständigen im Verwaltungsverfahren stelle einen gegen § 21 VwVfG verstoßenden Verfahrensmangel dar. Es sei keineswegs offensichtlich, dass die Mitwirkung der befangenen Gutachter die Entscheidung in der Sache i.S.v. von § 46 LVwVfG nicht beeinflusst habe. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens handle es sich nicht um eine gebundene Entscheidung. Der Gemeinderat könne nach § 21 Abs. 1 GemO in jedem Fall mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen beschließen, dass ein Bürgerentscheid durchgeführt werde. Der Gemeinderat sei also kraft seines ihm auf diese Weise eingeräumten Ermessens in der Lage, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. Außerdem könne er nach § 21 Abs. 4 GemO einen Bürgerentscheid dadurch entbehrlich machen, dass er die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließe. Insoweit komme dem Bürgerbegehren auch unabhängig von der Frage seiner Zulässigkeit eine politische Anstoßfunktion zu. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das vorliegende Bürgerbegehren in diesem Sinne eine Anstoßfunktion entfaltet hätte, wenn die eingeschalteten Sachverständigen nicht befangen gewesen wären. Im Anwendungsbereich des § 46 LVwVfG müsse jeglicher Zweifel ausgeschlossen sein, dass die betreffende öffentliche Stelle ohne den Verfahrensfehler genauso entschieden hätte. Hätte sich die Beklagte von neutralen und im Finanzverfassungsrecht sachkundigen Gutachtern beraten lassen, wäre sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem anderen rechtlichen Ergebnis gekommen.
19 
Mit dem Bürgerbegehren werde kein rechtswidriges Ziel, insbesondere keine unzulässige Vertragskündigung, verfolgt. Auch ein gemeinsamer Irrtum über die Rechtslage, auf dem der Geschäftswille aufbaue, könne die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages auf der Grundlage des § 60 VwVfG rechtfertigen, wenn ohne diesen Irrtum der Vertrag nicht oder nicht so geschlossen worden wäre. Wäre den Vertragsparteien der Verstoß gegen Art. 104 a GG bewusst gewesen, wären die streitigen Verträge nicht geschlossen worden. Es entspreche üblicher juristischer Praxis, für nichtig gehaltene Verträge gleichzeitig zu kündigen.
20 
Die Verträge zu Stuttgart 21 seien wegen Verstoßes gegen das in Art. 104 a Abs. 1 GG enthaltene Konnexitätsprinzip nichtig. Der von der Beklagten herangezogene Begriff der „unechten Gemeinschaftsaufgabe“ sei weder im Staatsorganisationsrecht allgemein gebräuchlich noch sei er, soweit er verwendet werde, der hier vorliegenden Fallkonstellation zuzuordnen. Das von den Gutachtern herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.1989 (- 7 C 42.87 -) sei nicht einschlägig, da es sich um eine Amtshilfe-Konstellation gehandelt habe. Eine solche liege hier nicht vor. Die Bahn sei vielmehr allein für dieses Projekt zuständig und habe sich lediglich aus finanziellen Gründen Partner gesucht, die mit für die Finanzierung aufkommen sollten. Die Entscheidung über den Erhalt und den Ausbau des Schienennetzes einschließlich von Infrastrukturanlagen wie Bahnhöfen obliege ausschließlich dem Bund. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleiste den Gemeinden zwar das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Daraus erwachse den Gemeinden aber nicht die Befugnis, sich solcher Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die bereits anderen Trägern öffentlicher Gewalt überantwortet seien, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen. Die hier vorgesehene vollständige Veränderung des Bahnhofs betreffe den Ausbau des Schienennetzes i.S.d. Art. 87 e Abs. 4 Satz 1 GG und sei deshalb eine Bundesaufgabe i.S.d. Art. 104 a Abs. 1 GG. Für sie könne es keine zusätzliche, ergänzende Kompetenz geben. Das Interesse der Beklagten an dem Projekt betreffe lediglich rechtliche Reflexwirkungen. Diese hätten zwar faktisch erhebliche Auswirkungen auf das Leben in Stuttgart und seine Einwohner, beträfen jedoch nicht die juristische Person „Landeshauptstadt Stuttgart“. Die Beklagte sei rechtlich nur insoweit betroffen, als ihr Anhörungsrechte im Rahmen des eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahrens zustünden. Nichts anderes folge daraus, dass nach der Eisenbahnstrukturreform von 1993 die in Art. 87 e Abs. 3 Satz 2 GG aufgeführten Aufgaben, nämlich der Bau, die Unterhaltung und der Betrieb von Schienenwegen, privatwirtschaftlichen Unternehmen überlassen seien. Durch die Privatisierung der Eisenbahnen sei die staatliche Verantwortung für die ehedem aus der Daseinsvorsorge entstandenen Aufgaben nicht aufgegeben worden. Die privatisierten Unternehmen seien als „verlängerter Arm“ des Staates nach wie vor gemeinwohlverpflichtet. Die DB Netz AG nehme Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr.
21 
Art. 104 a GG gelte daher auch für den Bereich der Eisenbahn.
22 
Jedenfalls dürfe jeder Vertragspartner nur diejenigen Kosten tragen, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entsprächen. Für eine verfassungskonforme Finanzierungsvereinbarung sei es daher erforderlich, dass zunächst die beteiligten Aufgabenträger ihre mit dem Projekt wahrgenommenen Aufgaben eindeutig und abgrenzbar identifizierten, die mit den identifizierten Aufgaben verbundenen Kosten ermittelten, die jeweiligen Kosten der beteiligten Aufgabenträger ins Verhältnis zueinander setzten und ungewisse Kostensteigerungen auf Grund von Risiken demjenigen Aufgabenträger zuwiesen, aus dessen Sphäre diese stammten. Die Parteien hätten bei der Aufteilung der Kosten keinen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum.
23 
Die Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO sei nicht zu beachten, weil es sich um ein initiierendes Bürgerbegehren handele. Das Bürgerbegehren bearbeite ein „unbestelltes Feld“, weil es auf Grund neuer rechtlicher Erkenntnisse auf eine - zukunftsgerichtete - Kündigung geschlossener Verträge abziele. Ein vom Gemeinderat einmal beschlossenes Regelungsprogramm bedeute nicht, dass damit erst später bekannt werdende Kündigungs- und Vertragsrückabwicklungsrechte nicht mehr bürgerbegehrensfähig wären. Ein Begehren, das auf die ausnahmsweise Rückgängigmachung eines geschlossenen Vertrages ziele, könne daher über ein initiierendes Bürgerbegehren verfolgt werden.
24 
Die Sechswochenfrist stehe dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren auch deshalb nicht entgegen, weil die den Finanzierungsverträgen zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse nichtig seien und keine Rechtsfolgen auslösten.
25 
Der Beschluss des Gemeinderats vom 04.10.2007 zur Ergänzungsvereinbarung sei auch deshalb unwirksam, weil es an der gemäß § 88 Abs. 2 und 3 GemO erforderlichen Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde fehle. Die Übernahme der Risikobeteiligung nach Ziffer 2 Nrn. 2 und 3 der Ergänzungsvereinbarung entspreche einem Rechtsgeschäft, das einer Bürgschaft oder einem Gewährvertrag gleichkomme.
26 
Jedenfalls werde die Sperrwirkung des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO durch Eintritt einer wesentlich neuen Sachlage überwunden. Vor Abschluss der Verträge von 1995, 2001 und 2007 habe es keine eingehende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer finanziellen Beteiligung der Beklagten gegeben. Es sei daher ausgeschlossen, dass deren mögliche Nichtigkeit wegen eines Verstoßes gegen Art. 104 a GG den Mitgliedern des Gemeinderates bei Beschlussfassung bekannt gewesen sei. Gegenüber dem Gemeinderat seien seinerzeit verfassungsrechtliche Bedenken durch den damaligen Oberbürgermeister sogar ausdrücklich in Abrede gestellt worden. Er habe den Gemeinderat über die verfassungsrechtliche Situation falsch informiert, also objektiv getäuscht. Auf entsprechende Frage eines Gemeinderates habe er in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 die Auskunft gegeben, bei Stuttgart 21 handele es sich nicht um ein Bedarfsplanvorhaben des Bundes, sondern um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG. Insofern sei es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass neben dem Bund auch das Land Baden-Württemberg und die Beklagte Finanzierungspartner der Deutschen Bahn AG seien. Diese Aussage sei rechtlich unzutreffend und werde auch vom Beklagten, der sich nunmehr auf die Argumentationsfigur der „unechten Gemeinschaftsaufgabe“ berufe, nicht mehr vertreten.
27 
Die wesentlich neue Sachlage bestehe darin, dass der Gemeinderat bei seiner Beschlussfassung von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen sei als er sie später - nunmehr gestützt auf die Stellungnahme der Sachverständigen Prof. Dr. Dolde und Dr. Porsch - als maßgeblich anführe. Diese Auswechslung des rechtlichen Maßstabs entziehe den ursprünglichen Beschlüssen die Grundlage. Inzwischen wisse die Beklagte, dass das Verbot der Mischfinanzierung auch freiwillige Zuweisungen ausschließe und dass die Deutsche Bahn AG hinsichtlich Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes dem Bund zuzurechnen sei. Stattdessen stütze sich die Beklagte nunmehr unzutreffend auf die missverstandene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.03.1989 (- 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312) und nehme bei der Anwendung dieses Urteils für die Frage der Bemessung des städtischen Beitrags zusätzlich einen Beurteilungsspielraum in Anspruch, dessen sich der Gemeinderat im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht bewusst gewesen sei und den er auch nicht in nachvollziehbarer Weise ausgeübt habe. Hielte man die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für einschlägig, müsse der Finanzierungsanteil der Beklagten dem Anteil ihrer miterledigten Aufgaben entsprechen. An der erforderlichen Identifizierung und Bewertung der städtischen Aufgabe, die durch das Projekt verwirklicht werden solle, fehle es. Obwohl das Projekt sich bezüglich der Interessenlage der Stadt nicht wesentlich verändert habe, seien im Laufe der Zeit vollkommen verschiedene Finanzierungsanteile vereinbart worden, ohne dass je ein sachlicher Bezug hergestellt worden sei. Die Festlegung der Finanzierungsanteile sei vielmehr willkürlich bzw. nach sachfremden Kriterien erfolgt, weil es darum gegangen sei, die Kriterien der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Deutschen Bahn AG zu erfüllen. Der Gemeinderat sei sich bei der Beschlussfassung der verfassungsrechtlichen Problematik nicht bewusst gewesen. Er sei von einer rechtlich ungebundenen, rein politischen Entscheidung ausgegangen, bei der es keine verfassungsrechtlichen Bindungen gebe.
28 
Eine wesentlich neue Sachlage ergebe sich auch daraus, dass die Finanzierungsvereinbarung nicht vom Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007 gedeckt sei. Der Gemeinderat habe einem Bauvorhaben mit kalkulierten Baukosten von 2,8 Mrd. EUR und ungewissen Kostensteigerungen von 1,3 Mrd. EUR zugestimmt. Das Land habe in § 2 Abs. 2 des Finanzierungsvertrages eine von der Vollmacht in Ziffer V der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 nicht gedeckte „Ausstiegsklausel“ vereinbart. Dies erlaube der Bahn faktisch die Durchführung des Projekts zu nachkalkulierten Baukosten bis 4,526 Mrd. EUR unter vollständiger Aufzehrung des Risikopuffers. Maßgeblich sei der Planungsstand am 31.12.2009 gewesen. Seit der Pressekonferenz des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 14.07.2011 und den dabei vorgelegten Dokumenten sehe es danach aus, dass die Deutsche Bahn AG vor Abschluss des Finanzierungsvertrages am 02.04.2009 die ihr bekannten und absehbaren Kostensteigerungen ihren Vertragspartnern und damit auch der Beklagten verschwiegen und insoweit ihre Aufklärungspflicht verletzt habe mit der Folge, dass der Beklagten ein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages zustehen dürfte. Diese Tatsachen seien dem Gemeinderat am 04.10.2007 nicht bekannt gewesen.
29 
Auch die zwischenzeitlich bekanntgewordenen Kostenerhöhungen entzögen dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 die Grundlage, so dass dieser dem beantragten Bürgerbegehren nicht mehr entgegenstehe. Nachdem die Deutsche Bahn AG inzwischen erhebliche Kostenüberschreitungen von 1,1 bis 2,3 Mrd. EUR für das Projekt bekanntgegeben habe, bilde der Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009 keine Grundlage mehr, um das Projekt fortzuführen, weil er nur Baukosten bis zur Grenze von 4,526 Mrd. EUR abdecke. Da im Finanzierungsvertrag nicht geregelt sei, wer die Verantwortung für Mehrkosten trage, hänge eine Fortsetzung des Projekts davon ab, dass die Vertragsparteien eine verbindliche Einigung über die Finanzierung sämtlicher Mehrkosten und Risiken erzielten. Diese Einigung werde aber an der fehlenden Finanzierungsbereitschaft der Vertragsparteien scheitern. Es bestehe keine gemeinsame Finanzierungsgrundlage mehr, mit der das Projektziel erreicht werden könne. Die Folge sei, dass keine Seite für den unmöglich gewordenen Vertragszweck noch Maßnahmen verlangen könne.
30 
Die Beklagte trat der Klage entgegen und führte zur Begründung u.a. aus:
31 
Die Durchführung eines kassatorischen Bürgerbegehrens unterliege der Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO unabhängig davon, ob der entsprechende Gemeinderatsbeschluss rechtens sei und nach Vorstellung der Initiatoren des Bürgerbegehrens lediglich aus politischen Gründen revidiert werden solle oder ob das Bürgerbegehren mit der Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit des Gemeinderatsbeschlusses begründet werde. Gerade weil das Bürgerbegehren dazu diene, die Frage der Aufrechterhaltung des vom Gemeinderat getroffenen Beschlusses relativ zeitnah einer Entscheidung zuzuführen und damit zu vermeiden, dass bereits in Ausführung begriffene Beschlüsse wieder rückgängig gemacht werden müssten oder aber längere Zeit überhaupt nicht zur Ausführung gelangten, sei die Sechswochenfrist auch dann zu beachten, wenn es um den Vorwurf gehe, der Gemeinderat habe einen rechtswidrigen oder sogar einen nichtigen Beschluss gefasst.
32 
Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte sei im Hinblick auf Art. 104 a Abs. 1 GG verfassungsgemäß.
33 
Die Risikoabsicherung nach Ziffer 2 Nrn. 2 und 3 der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 könne nicht entsprechend § 88 Abs. 3 GemO einer Bürgschaft oder einem Gewährvertrag gemäß § 88 Abs. 2 GemO gleichgestellt werden. Es handele sich vielmehr um bedingte Zahlungsverpflichtungen der Beklagten. Im Übrigen könne aus dem Umstand, dass das Land sowohl die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 als auch - in Vollmacht für die Beklagte - den Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009 abgeschlossen habe, auf die stillschweigende Erteilung einer Genehmigung nach § 88 Abs. 2 GemO geschlossen werden.
34 
Die Gemeinderäte seien bei der Beschlussfassung am 04.10.2007 auch nicht mit der Folge einer rechtswidrigen Beeinträchtigung ihrer Abstimmungsfreiheit über die verfassungsrechtliche Situation falsch informiert worden. Die ihnen seinerzeit vom Oberbürgermeister der Beklagten vorgetragene Auffassung, verfassungsrechtliche Bedenken gegen die anteilige Finanzierung des Vorhabens Stuttgart 21 durch die Beklagte bestünden nicht, habe sich im Ergebnis als zutreffend erwiesen.
35 
Der Finanzierungsanteil der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei vom Gemeinderat im Rahmen des ihm zukommenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums zutreffend für angemessen erachtet worden. Von einer Überschreitung dieses Spielraums könne angesichts der kommunalen Interessen der Beklagten an der Verwirklichung des Projekts keine Rede sein.
36 
Eine Überschreitung der dem Land in Ziffer V der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 erteilten Vollmacht zum Abschluss des Finanzierungsvertrages vom 02.04.2009 liege ebenfalls nicht vor.
37 
Auch die nach den neuesten Veröffentlichungen der Bahn absehbare Überschreitung des vertraglich festgelegten Kostenrahmens mache die insoweit getroffenen Gemeinderatsbeschlüsse der Beklagten, insbesondere denjenigen vom 04.10.2007, nicht gegenstandslos. Im Übrigen löse die von der Bahn prognostizierte Überschreitung des vertraglich vereinbarten Kostenrahmens gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 des Finanzierungsvertrages vom 02.04.2009 zunächst nur die Pflicht aus, über die Tragung bzw. Verteilung der höheren Kosten zu sprechen. Außerdem habe der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG am 05.03.2013 beschlossen, das Vorhaben Stuttgart 21 ungeachtet der prognostizierten Kostensteigerungen weiter durchzuführen, und sich lediglich vorbehalten, die öffentlich-rechtlichen Vertragspartner der Vereinbarung vom 02.04.2009 gegebenenfalls gerichtlich auf Beteiligung an diesen Mehrkosten in Anspruch zu nehmen. Das Projekt Stuttgart 21 werde also aller Voraussicht nach nicht an den Kostensteigerungen scheitern, und solange nicht eine Beteiligung der Beklagten an diesen Mehrkosten entweder auf Grund des Abschlusses einer neuen Finanzierungsvereinbarung oder aber auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung zur Debatte stehe, bleibe es unverändert bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007.
38 
Mit Urteil vom 17.07.2013 (- 7 K 4182/11 - VBlBW 2013, 467) wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Die angefochtenen Bescheide litten nicht unter dem geltend gemachten Verfahrensmangel. Die genannten Rechtsanwälte seien im Verwaltungsverfahren zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht als Sachverständige tätig gewesen. Darüber hinaus wäre ein diesbezüglicher Verfahrensfehler gemäß § 46 LVwVfG unbeachtlich. Die Voraussetzungen, unter denen die Gemeindeordnung einen Bürgerentscheid zulasse, seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Bürgerbegehren betreffe zwar eine Angelegenheit des gemeindlichen Wirkungskreises und auch der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO liege nicht vor. Die Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO für sog. kassatorische Bürgerbegehren dürfte der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ebenfalls nicht entgegenstehen, denn die Initiatoren machten mit der Berufung auf die Verfassungswidrigkeit der Projektverträge eine Rechtslage geltend, die im Falle ihres Bestehens den Projektverträgen die Geschäftsgrundlage entziehen und die Vertragspartner zu einem nachträglichen „Ausstieg“ aus den Verträgen berechtigen würde. Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte verstoße jedoch nicht gegen Art. 104 a GG. Ein darauf gestützter Kündigungsgrund liege nicht vor. Das Bürgerbegehren sei daher auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und deshalb unzulässig.
39 
Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung tragen die Kläger unter Vertiefung und Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens im Wesentlichen vor:
40 
Der Inhalt der Rahmenvereinbarung erlaube keineswegs den Schluss, es handele sich bei Stuttgart 21 auch um ein städtebauliches Projekt. Soweit es im letzten Satz der Präambel der Rahmenvereinbarung heiße, dass die freiwerdenden Grundstücksflächen für eine städtebauliche Entwicklung zur Verfügung stünden, werde damit eine bloße Folge der Realisierung des Bahnprojekts Stuttgart 21 beschrieben, ohne dass dadurch aber die städtebauliche Entwicklung zum Gegenstand des Projekts werde. Diese Sichtweise werde durch § 2 der Rahmenvereinbarung bestätigt. Nichts anderes ergebe sich aus § 4 der Rahmenvereinbarung, wo die Beklagte die Verpflichtung übernommen habe, auf den freiwerdenden Flächen Wohnungen für mindestens 11.000 Einwohner und Bauten für mindestens 24.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Verpflichtung habe die Beklagte nämlich nicht aus autonomen städtebaulichen Gründen auf sich genommen, sondern weil die wegen dieser Planungen erwarteten erhöhten Grundstückserlöse der Finanzierung des Bahnprojekts Stuttgart 21 zugutekommen sollten. Die möglichst wirtschaftliche Verwertung der freiwerdenden Grundstücke habe allein der Projektfinanzierung und damit der Verwirklichung einer Aufgabe der Deutschen Bahn AG bzw. des Bundes gedient. Im Übrigen seien städtebauliche Belange in Planfeststellungsverfahren nach § 38 Satz 1 2. Hs. BauGB ohnehin zu berücksichtigen.
41 
Nur aufgrund der falschen Tatsachenwürdigung habe das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangen können, dass es sich bei Stuttgart 21 nicht nur um ein Bahnprojekt, sondern auch um ein städtebauliches Projekt handele. Anders als in dem von der Beklagten als Präjudiz herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 1989 liege auch keine Amtshilfe-Konstellation vor. Die Bahn sei vielmehr allein für dieses Projekt zuständig und habe sich lediglich aus finanziellen Gründen Partner gesucht, die mit für die Finanzierung aufkommen sollten. Vertragliche Vereinbarungen könnten an der sich aus dem Grundgesetz ergebenden Kompetenzverteilung nichts ändern. Jedenfalls habe sich eine etwaige städtebauliche Aufgabe der Beklagten mit dem Grundstückserwerb erschöpft. Für eine weitere finanzielle Beteiligung aus diesem Kompetenzgrund im Rahmen des Finanzierungsvertrags vom 02.04.2009 bestehe kein Raum. Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht schließlich der Frage, ob der Mitfinanzierungsanteil der Beklagten angemessen sei, nicht nachgegangen. Aus der Begründung des Bürgerbegehrens ergebe sich, dass dieses auch das Thema mit zur Abstimmung gestellt wissen wollte, ob, wenn die Mischfinanzierung nicht schon als solche verfassungswidrig sein sollte, jedenfalls die pauschale, nicht durch nachvollziehbare Berechnungen gestützte Festlegung des Anteils der Beklagten an der Projektfinanzierung verfassungswidrig sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne eine verfassungswidrige Verteilung der Kostenanteile auch nicht über eine Anpassung der Geschäftsgrundlage nach § 60 VwVfG geheilt werden. Bei einem nichtigen Vertrag gebe es nichts mehr anzupassen, weil es bereits an dem Substrat der Anpassung, dem Vertrag, fehle. Die Voraussetzungen einer Teilnichtigkeit lägen selbst dann nicht vor, wenn lediglich die Kostenanteile der Projektpartner unrichtig festgelegt sein sollten, weil sich der hypothetische Wille der Vertragsparteien nicht ermitteln lasse. Daher komme nur eine Gesamtnichtigkeit der Projektverträge in Betracht.
42 
Ob eine zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führende Änderung der Sachlage eingetreten sei, die zur außerordentlichen Kündigung der Finanzierungsverträge berechtige, sei nach objektiven Kriterien zu beurteilen. Ob ein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Rechtsirrtums vorliege, hänge nicht davon ab, ob der Irrtum von den Vertragsparteien erkannt und eingestanden worden sei. Auf die Vorstellungen der Vertragspartner komme es insoweit nicht an. Andernfalls wäre das Recht auf einen Bürgerentscheid in Bezug auf rechtswidriges Verwaltungshandeln entkernt. Auch sei nicht erforderlich, dass der Wegfall der Geschäftsgrundlage sich auf die mit dem Bürgerbegehren formulierte Fragestellung beziehe.
43 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Kläger 28 unbedingte Beweisanträge gestellt, die durch einen in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss des Senats abgelehnt wurden. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift nebst Anlagen verwiesen.
44 
Die Kläger beantragen,
45 
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.07.2013 - 7 K 4182/11 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 11.07.2011 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.08.2012 zu verpflichten, einen Bürgerentscheid mit folgendem Gegenstand zuzulassen:
46 
„Soll die Stadt Stuttgart ihre Mitgliedschaft im Projekt Stuttgart 21 förmlich beenden, indem sie folgende Maßnahmen ergreift: Die Stadt Stuttgart beruft sich gegenüber den Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung und kündigt die Projektverträge. Sie unterlässt weitere Beitragszahlungen zum Projekt. Projektverträge in diesem Sinne sind: Gemeinsame Erklärung und Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009, Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007, Memorandum of Understanding vom 19.07.2007, Eckpunktepapier vom 19.07.2007, Ergänzungsvereinbarung vom 24.07.2001, Vereinbarung zum Projekt Filderbahnhof vom 09.07.2001, Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995.“
47 
2. die Revision zuzulassen,
48 
3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
49 
Die Beklagte beantragt,
50 
die Berufung zurückzuweisen.
51 
Sie trägt vor, das von den Klägern initiierte Bürgerbegehren sei bereits aus kommunalrechtlichen Gründen unzulässig. Es handele sich um ein kassatorisches Bürgerbegehren, für welches die Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO gelte. Auf ein etwaiges Kündigungsrecht nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG könnten die Kläger sich nicht berufen. Weder das Land Baden-Württemberg noch die Beklagte hätten bisher die Auffassung vertreten, einem gemeinsamen Irrtum über die Rechtslage unterlegen zu sein. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens setzten für den Zeitpunkt der Unterschriftsleistung die Verfassungswidrigkeit der Verträge als feststehend voraus, ohne dass diese Frage zuvor - etwa im Wege der Nichtigkeitsfeststellungsklage einer Vertragspartei - gerichtlich verbindlich geklärt worden sei. Wenn man unterstelle, eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage liege tatsächlich vor, so müsse § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO in der Weise zum Trage kommen, dass das Bürgerbegehren, mit dem jedenfalls mittelbar eine Revidierung von Gemeinderatsbeschlüssen begehrt werde, spätestens sechs Wochen nach Bekanntwerden der - unterstellten - Änderung der Sach- oder Rechtslage eingereicht werde. Hier sei das Rechtsgutachten, auf welches die Kläger sich beriefen, am 15.11.2010 der Öffentlichkeit vorgestellt worden, das Bürgerbegehren sei aber erst am 21.03.2011, mithin nach Ablauf von mehr als einem Vierteljahr, eingereicht worden. Nach dem über § 62 Satz 2 VwVfG entsprechend anwendbaren § 314 Abs. 3 BGB komme eine Kündigung nur innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund in Betracht. Diese Frist sei hier abgelaufen, nachdem sich der Gemeinderat hinsichtlich der Möglichkeit der Kündigung kundig gemacht und entschieden habe, an den Verträgen festzuhalten. Diese Willensbildung könne im Nachhinein auch durch ein Bürgerbegehren nicht mehr ungeschehen gemacht bzw. überspielt werden.
52 
Auf die Frage, ob die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt mit Art. 104 a GG vereinbar sei, komme es danach überhaupt nicht an. Im Übrigen handele es sich um einen Fall zulässiger Mitfinanzierung. Die Beklagte könne sich auf ihre Zuständigkeit für die städtebauliche Entwicklung, die gemeindliche Verkehrspolitik und die örtliche Wirtschaftsförderung berufen. Der Finanzierungsanteil der Beklagten in Höhe von ca. 6,5 % stehe auf jeden Fall in einem plausiblen Verhältnis zwischen den sich für sie aus dem Projekt ergebenden Vorteilen einerseits und den Gesamtkosten des Projekts andererseits. Dies gelte auch dann, wenn man zu der Finanzierungs- und Risikobeteiligung der Beklagten noch den Betrag des Zinsverzichts hinzurechne. Dann liege man bei einer Beteiligung der Beklagten in Höhe von rund 11 %, was immer noch als vertretbar eingestuft werden könne. Würde man dies anders beurteilen und käme zur Nichtigkeit der Finanzierungsverträge wegen Verstoßes gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, sei der angestrebte Bürgerentscheid gleichwohl unzulässig, weil er gar keinen Sinn mehr machen würde. Denn die Beklagte hätte nach Feststellung der Nichtigkeit keine andere Wahl, als die Verträge anzufechten bzw. aufzukündigen, die Zahlungen einzustellen bzw. weitere Zahlungen abzulehnen und Rückforderungsansprüche geltend zu machen.
53 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
54 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die innerhalb der vom Vorsitzenden verlängerten Begründungsfrist beim Verwaltungsgerichtshof eingereichte Berufungsbegründung entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, Anführung von Berufungsgründen; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
B.
55 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die auf Zulassung des erstrebten Bürgerentscheids gerichtete Verpflichtungsklage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
56 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.08.2012 zulässig.
57 
1. Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage, gerichtet auf Verpflichtung der Beklagten, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG).
58 
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 24.11.2011 eine gemäß § 75 Satz 2 VwGO zulässige Untätigkeitsklage erhoben, da nicht innerhalb von drei Monaten über ihre fristgemäß eingelegten Widersprüche gegen die Bescheide der Beklagten vom 11.07.2011 entschieden worden ist. Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart innerhalb der vom Senat mit Beschluss vom 14.06.2012 gemäß § 75 Satz 3 VwGO gesetzten Nachfrist über die Widersprüche der Kläger entschieden hat, ist die Einbeziehung des Widerspruchsbescheids in das Klageverfahren auch ohne Einhaltung der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 75 Rn. 15).
59 
2. Die Kläger sind als Unterzeichner des Bürgerbegehrens klagebefugt (§ 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG). Sie haben nach ihrem Vortrag im Klageverfahren und den Feststellungen der Beklagten in den jeweiligen Bescheiden vom 11.07.2011 das Bürgerbegehren selbst unterschrieben. Sie sind auch in Stuttgart wahlberechtigt (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG). Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des den Klägern durch § 21 Abs. 3 GemO eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
60 
3. Es fehlt auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, weil die Beklagte nach Rechtskraft eines Urteils, welches inzident feststellt, dass die pauschale Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte gegen Art. 104 a Abs. 1 GG verstößt, von sich aus verpflichtet ist, daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen und sich gegenüber ihren Vertragspartnern auf die Nichtigkeit der Finanzierungsverträge zu berufen. Denn der Bürgerschaft steht zur Erreichung ihres Ziels keine andere wirksame Rechtsschutzmöglichkeit offen. Die Gefahr, dass ein sinnloser Bürgerentscheid durchgeführt werden muss, besteht nicht, weil nach § 21 Abs. 4 Satz 2 GemO der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
II.
61 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zulassung des erstrebten Bürgerentscheids. Die die Zulassung ablehnenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die angefochtenen Bescheide leiden nicht unter einem Verfahrensmangel (1.) und das Bürgerbegehren ist auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und deshalb unzulässig (2.).
62 
1. Die Mitwirkung der Rechtsanwälte Prof. Dolde und Dr. Porsch im Verwaltungsverfahren begründet keinen Verfahrensmangel.
63 
§§ 20, 21 LVwVfG regeln den Ausschluss von Personen wegen Befangenheit bzw. Besorgnis der Befangenheit der am Verfahren mitwirkenden Amtsträger. Soweit ein Sachverständiger als Gehilfe der Behörde tätig ist, gelten für ihn die Regelungen in §§ 21 f. LVwVfG entsprechend (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 26 Rn. 27 u. 31 a). Sachverständige sind Personen, die der Behörde das ihr fehlende Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen vermitteln. Rechtsgutachten sind keine Sachverständigengutachten i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVwVfG, soweit sie nicht der Feststellung von Gewohnheitsrecht oder ausländischem Recht dienen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 26 Rn. 27 f.). Aus der vom Prozessbevollmächtigten der Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 18.06.2007 - 9 VR 13/06 - NuR 2007, 754), in der es um die mögliche Befangenheit eines Planungsbüros bei der Beurteilung von Planvarianten in einem Planfeststellungsverfahren ging, folgt nichts anderes. Darüber hinaus lässt allein das Vertreten einer abweichenden Rechtsauffassung ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht den Schluss auf eine Befangenheit zu. Schließlich wäre ein Verfahrensfehler auch deshalb unbeachtlich, weil es sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines gemäß § 21 Abs. 3 GemO aus der Bürgerschaft an den Gemeinderat herangetragenen Bürgerbegehrens um eine rechtlich gebundene, gerichtlich voll überprüfbare Entscheidung handelt. Sind die an das Zustandekommen eines Bürgerbegehrens gestellten Anforderungen erfüllt, muss der Gemeinderat das Bürgerbegehren für zulässig erklären und das im Kommunalwahlgesetz geregelte Verfahren für die Durchführung des Bürgerentscheids einleiten. Bei der Entscheidung handelt es sich um die Beantwortung reiner Rechtsfragen, so dass dem Gemeinderat hierbei kein Ermessen zusteht (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 23; Aker, in: Aker/Hafner/Notheis, Gemeindeordnung, Gemeindehaushaltsverordnung BW, § 21 GemO Rn. 11 m.w.N.). Die Tatsache, dass der Gemeinderat gemäß § 21 Abs. 1 GemO auch unabhängig von einem aus der Bürgerschaft gestellten Antrag mit Zwei-Drittel-Mehrheit eine Angelegenheit des gemeindlichen Wirkungskreises der Entscheidung der Bürger unterstellen kann, ändert daran nichts. Ergibt sich der Inhalt des Verwaltungsakts zwingend aus Rechtsvorschriften und kann keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden, vermögen nach § 46 LVwVfG auch etwaige im Verfahren unterlaufene Verfahrensfehler an dem Ergebnis nichts zu ändern.
64 
2. Das Bürgerbegehren ist auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und deshalb unzulässig. Zwar erfüllt das Bürgerbegehren - abgesehen von dem Fristerfordernis des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO (b) - die Anforderungen des § 21 Abs. 3 GemO (a) und es liegt auch kein Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 GemO vor (c), es zielt jedoch auf einen Verstoß gegen vertragliche Bindungen der Beklagten ab. Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte verstößt nicht gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, so dass die Beklagte sich nicht unter Berufung auf einen solchen Verstoß von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (d).
65 
a) Das Bürgerbegehren erfüllt - abgesehen von dem Fristerfordernis des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO - die Anforderungen des § 21 Abs. 3 GemO.
66 
aa) Das Bürgerbegehren betrifft eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde i.S.v. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO. Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in den §§ 1, 2 GemO beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - ESVGH 61, 228 = VBlBW 2011, 388 [Bäderpark Sinsheim] ). Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
67 
Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens „der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21“. Die Beklagte soll sich gegenüber den Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der pauschalen Mischfinanzierung des Projekts berufen und die im Einzelnen aufgelisteten, zwischen 1995 und 2009 geschlossenen Verträge zu dem Projekt kündigen, Zahlungen einstellen etc. Durch die Finanzierungsbeiträge der Beklagten gemäß den im Bürgerbegehren genannten Projektverträgen ist deren kommunale Finanzhoheit und damit der gemeindliche Wirkungskreis betroffen. Die Angelegenheit fällt auch in die Zuständigkeit des Gemeinderats. Es handelt sich nicht um eine dem Bürgermeister kraft Gesetzes oder durch den Gemeinderat übertragene Aufgabe (vgl. § 44 GemO). Nichts anderes folgt daraus, dass die Zuständigkeit für einzelne konkrete Handlungen wie die Kündigung der Verträge in die Zuständigkeit des Bürgermeisters fallen dürfte. Denn bei Auslegung des Bürgerbegehrens nach dem objektiven Empfängerhorizont zielt dieses nicht lediglich auf Vornahme einzelner Handlungen wie der Kündigung von Verträgen. Gegenstand ist nicht nur die finanzielle Beteiligung als solche, sondern auch die Beteiligung der Höhe nach. Nach der Begründung des Bürgerbegehrens wendet sich dieses gegen die „pauschale Mitfinanzierung“, rügt also hilfsweise auch die aus Sicht der Initiatoren ungenügende Berechnung des Finanzierungsanteils der Beklagten. Es wird daher auch zu prüfen sein, ob sich ein Verstoß gegen Art. 104 a Abs. 1 GG daraus ergibt, dass die Bestimmung der Höhe des Finanzierungsanteils der Beklagten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt (unten d) cc)). In diesem Fall käme zur Behebung des Verfassungsverstoßes ggf. auch eine Neuverhandlung der Finanzierungsverträge in Betracht, die wiederum der Zustimmung des Gemeinderats bedürfte.
68 
bb) Das Bürgerbegehren wurde in Schriftform eingereicht (§ 21 Abs. 3 Satz 3 Hs. 1 GemO) und enthält eine konkrete Fragestellung, die sich mit ja oder nein beantworten lässt (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO). Wie in den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, wird das Bürgerbegehren von einer nach Maßgabe des § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO ausreichenden Zahl wahlberechtigter Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger unterstützt.
69 
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt auch die Begründung den gesetzlichen Anforderungen.
70 
Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. An die Begründung sind jedoch keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 25.10.1976 - I 561/76 - ESVGH 27, 73 <75>). Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei lassen Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Begründung darf auch für das Bürgerbegehren werben. Aus diesen Funktionen der Begründung folgt, dass diese zum einen die Tatsachen, soweit sie für die Entscheidung wesentlich sind, zutreffend darstellen muss und dass sie zum anderen Wertungen, Schlussfolgerungen und Erwartungen enthalten darf, die einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind. Maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen. Ist dies gewährleistet, ist es vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Gewisse Überzeichnungen und bloße Unrichtigkeiten in Details sind daher hinzunehmen. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist erst dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt (Senatsbeschl. v. 22.08.2013 - 1 S 1047/13 - VBlBW 2014, 141 m.w.N.).
71 
Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Bürgerbegehrens. Der Gegenstand des Projekts Stuttgart 21 und die Beteiligung der Beklagten daran werden im Wesentlichen zutreffend dargestellt. Es wird auch ausdrücklich klargestellt, dass mit dem Bürgerentscheid nicht über die Beendigung des Projekts insgesamt, sondern nur über die Beendigung der Beteiligung der Beklagten an dem Projekt entschieden wird. Unschädlich ist, dass in rechtlicher Hinsicht nur die Rechtsauffassung der Initiatoren zur Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung dargestellt wird, ohne auf abweichende Rechtsauffassungen hinzuweisen. Dies wäre nur zu beanstanden, wenn die dargelegte Rechtsauffassung unvertretbar wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Sie vermag sich auf eine ernst zu nehmende Stimme in der Literatur (Meyer, DVBl 2011, 449) zu stützen und die Rechtslage ist höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt, weshalb das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat und der Senat die Revision zulässt. Eine Verpflichtung, im Rahmen der Begründung eines Bürgerbegehrens auch abweichende Rechtsauffassungen darzustellen, besteht nicht.
72 
dd) Eines Kostendeckungsvorschlags (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO) bedurfte es vorliegend nicht. Ein Kostendeckungsvorschlag ist entbehrlich, wenn keine Kosten anfallen, mit der Realisierung des Bürgerbegehrens sogar Einsparungen verbunden sind oder eine Kostenentwicklung nicht voraussehbar ist (vgl. Aker, a.a.O., § 21 GemO Rn. 9; Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - a.a.O. - Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung an dem Bau eines Hallen- und Wellnessbades durch einen privaten Investor). Etwaige Schadensersatzansprüche können nicht zu dem Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlags führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kosten der „verlangten Maßnahme“ vorsieht. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon nicht erfasst (Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - a.a.O. ).
73 
Daran gemessen war ein Kostendeckungsvorschlag hier nicht erforderlich, weil der Bürgerentscheid auf Beendigung der finanziellen Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 und damit auf die Einsparung von Kosten gerichtet ist. Dass die Initiatoren der Bürgerschaft gleichwohl einen Kostendeckungsvorschlag unterbreitet haben, der sich auf die im Falle eines Projekt-abbruchs möglicherweise von der Beklagten zu tragenden Kosten bezieht, ist unschädlich.
74 
b) Das Fristerfordernis des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO ist vorliegend nicht zu beachten, wenn die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte gegen Art. 104 a Abs. 1 GG verstößt. Die mit dem Bürgerbegehren geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Mitfinanzierung des Projekts durch die Beklagte hätte die Nichtigkeit der Gemeinderatsbeschlüsse, die eine solche finanzielle Beteiligung zum Gegenstand haben, zur Folge. Ein nichtiger Gemeinderatsbeschluss setzt die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO nicht in Lauf. Eine zeitliche Grenze kann sich in dieser Konstellation nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ergeben, die hier ersichtlich nicht gegeben ist. Im Einzelnen:
75 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats (sog. kassatorisches Bürgerbegehren), muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Die gesetzliche Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO soll im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit vermeiden, dass die Ausführung von Gemeinderatsbeschlüssen in wichtigen Gemeindeangelegenheiten längere Zeit nicht in Angriff genommen werden kann oder gar mit besonderem Aufwand rückgängig gemacht werden muss. Die Ausschlussfrist greift dann ein, wenn das Bürgerbegehren seinem Inhalt nach auf die Korrektur eines Gemeinderatsbeschlusses gerichtet ist. Nicht erforderlich ist, dass der Gemeinderatsbeschluss in der Fragestellung oder Begründung des Bürgerbegehrens ausdrücklich genannt ist (vgl. Senatsurt. v. 18.06.1990 - 1 S 657/90 - BWGZ 1992, 599 m.w.N.).
76 
Das vorliegende Bürgerbegehren wendet sich nach seiner Begründung gegen die „pauschale Mitfinanzierung des Eisenbahnprojekts S 21“ durch die Beklagte und ist damit mittelbar auch auf die Korrektur der Gemeinderatsbeschlüsse gerichtet, mit denen eine finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 beschlossen worden ist. Die im Bürgerbegehren aufgeführten Projektverträge beruhen jeweils auf Beschlüssen des Gemeinderats der Beklagten und darin erteilter Vollmachten zum Vertragsabschluss. Mit Beschluss vom 04.10.2007 (GRDrs. 790/2007) hat der Gemeinderat dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, der Beklagten und dem Verband Region Stuttgart, in dem die Finanzierungsbeiträge und abzusichernden Risiken der Beteiligten geregelt worden sind, zugestimmt und die Verwaltung zum Vertragsabschluss ermächtigt, der dann am 05.10.2007 erfolgte. Unter dem 02.04.2009 hat das Land Baden-Württemberg - auch für die Beklagte - die Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen. Die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 war bereits vor dem 04.10.2007, insbesondere durch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001, verbindlich gefallen.
77 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger wird die Sechswochenfrist nicht nur durch einen rechtmäßigen Gemeinderatsbeschluss in Gang gesetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für den Fristlauf entscheidend auf die Anstoßfunktion an, die grundsätzlich auch von einem rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss ausgeht (vgl. Senatsbeschl. v. 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - VBlBW 2013, 269 zur Beschlussfassung in nichtöffentlicher Sitzung entgegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO).
78 
cc) Abweichendes gilt jedoch, wenn ein Gemeinderatsbeschluss nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig ist. Dann gehen von ihm keinerlei Rechtswirkungen aus. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn Gegenstand der Beschlussfassung eine Satzung ist, weil bei der Satzung als Rechtsnorm grundsätzlich, abgesehen von Heilungsvorschriften wie in § 4 Abs. 4 GemO und §§ 214 f. BauGB, jeder Fehler formeller oder materieller Art zur Nichtigkeit der Norm führt (Senatsbeschl. v. 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - a.a.O. ). Bezieht sich der Gemeinderatsbeschluss auf einen von der Gemeinde zu erlassenden Bescheid, beurteilt sich die Nichtigkeit nach § 44 VwVfG. Ist Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses, gegen den sich das Bürgerbegehren richtet, die Ermächtigung zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, ist die Nichtigkeit nach § 59 VwVfG zu beurteilen.
79 
(1) Hier kommt in Betracht, dass die auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse abgeschlossenen Finanzierungsverträge wegen eines Verstoßes gegen Art. 104 a Abs. 1 GG nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig sind. Darauf zielt das streitgegenständliche Bürgerbegehren. Die Beklagte soll sich gegenüber den Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung berufen und die Projektverträge kündigen. Sie soll weitere Beitragszahlungen zu dem Projekt unterlassen. Gegenstand des Bürgerbegehrens ist damit nicht etwa eine zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führende wesentliche Änderung der Verhältnisse (§ 60 VwVfG) oder ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 314 BGB). Vielmehr geht es bei Auslegung des Bürgerbegehrens nach dem objektiven Empfängerhorizont darum, dass die Unwirksamkeit der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 von Anfang an wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (Art. 104 a Abs. 1 GG) geltend gemacht werden soll. Auf welche Weise dies geschieht (etwa durch Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage, durch Einstellung noch offener Zahlungen und Rückforderung geleisteter Zahlungen unter dem Aspekt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder durch Kündigung) ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Aus der Verwendung des Begriffs „Kündigung“ kann nicht geschlossen werden, es gehe den Initiatoren vornehmlich oder gar ausschließlich um eine Kündigung des Finanzierungsvertrages nach § 314 BGB.
80 
Läge der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 104 a Abs. 1 GG vor, wären die auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse abgeschlossenen Finanzierungsverträge nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig. Die Gemeinderatsbeschlüsse entfalteten keine Rechtswirkungen. Gemäß der Regelvermutung des § 59 Abs. 3 VwVfG wäre von einer Nichtigkeit der Finanzierungsverträge im Ganzen auszugehen, da ein abweichender Wille der Beteiligten, das Projekt ohne oder mit einer geringeren Beteiligung der Beklagten zu finanzieren, nicht feststellbar ist.
81 
(2) Andere Gründe, die zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 führen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte die Übernahme finanzieller Verpflichtungen und Risiken nicht nach § 88 Abs. 2 oder Abs. 3 GemO der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, weil sich der Gemeinderatsbeschluss nicht auf eine Bürgschaft, einen Gewährvertrag im Sinn des § 88 Abs. 2 GemO oder ein wirtschaftlich gleichkommendes Rechtsgeschäft im Sinn des § 88 Abs. 3 GemO bezog. Beim Gewährvertrag übernimmt die Gemeinde gegenüber dem anderen Vertragspartner die Verpflichtung, für das Eintreten oder Nichteintreten eines bestimmten Erfolges einzustehen (Bsp.: Mindesteinnahmengarantie für eine ÖPNV-Linie; Übernahme von Verpflichtungen, Verluste auszugleichen). Derartige Verpflichtungen standen hier bei der Risikoabsicherung nach Ziffer 2 Nrn. 2 und 3 der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 nicht im Raum. Es lag auch kein der Bürgschaft oder dem Gewährvertrag wirtschaftlich gleichkommendes Rechtsgeschäft vor. Hierunter fallen die Wechselbürgschaft und die Ausbietungsgarantie, die Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB), der Kreditauftrag (§ 778 BGB) die kumulative Schuldübernahme, die Schuldübernahme nach §§ 414, 415 BGB und die besonders hervorgehobene Zustimmung der Gemeinde zu Rechtsgeschäften Dritter, aus denen der Gemeinde in künftigen Haushaltsjahren Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben erwachsen können (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 88 Rn. 33 ff.).
82 
(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann bei einem Bürgerbegehren, welches sich gegen einen nichtigen Gemeinderatsbeschluss richtet, nicht von einem Lauf der Sechswochenfrist jedenfalls ab Kenntnis von der Nichtigkeit ausgegangen werden. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO knüpft für den Fristbeginn an die Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses an, gegen den das Bürgerbegehren sich richtet. Ist dieser Beschluss nichtig und setzt die Frist daher nicht in Lauf, ist das Bürgerbegehren wie ein initiierendes Bürgerbegehren zu behandeln. Für eine planwidrige Regelungslücke ist nichts ersichtlich. Dies bedeutet nicht, dass ein solches Bürgerbegehren unbefristet zulässig wäre. Eine zeitliche Grenze kann sich jedoch nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ergeben. Hier haben die Initiatoren das Bürgerbegehren zeitnah nach Vorstellung des Rechtsgutachtens, aus welchem sich ihres Erachtens die Nichtigkeit der die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse ergibt, in die Wege geleitet. Eine Verwirkung des Rechts, den streitgegenständlichen Bürgerentscheid zu beantragen, scheidet bei dieser Sachlage aus.
83 
dd) Ob und unter welchen Voraussetzungen die Bindungswirkung eines wirksamen Gemeinderatsbeschlusses nachträglich etwa wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen kann und ob die Initiatoren eines Bürgerbegehrens sich ggf. unabhängig von einer entsprechenden Einschätzung des Gemeinderats auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen können, ohne die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO einhalten zu müssen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Das hierauf gerichtete Vorbringen der Kläger ist nicht entscheidungserheblich, weil Gegenstand des Bürgerbegehrens nach der beigefügten Begründung allein der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt wegen der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Mitfinanzierung ist.
84 
c) Dem Bürgerentscheid steht kein Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 GemO entgegen, insbesondere betrifft er nicht die Haushaltssatzung (§ 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO). Dieser Ausschlussgrund ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats eng auszulegen. Er greift nicht schon ein, wenn es um die Frage der finanziellen Beteiligung der Gemeinde an dem Projekt eines anderen Projektträgers geht (Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - a.a.O.). Im Anschluss daran hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass dieser Ausschlussgrund nicht bewirken kann, dass alle Bürgerentscheide mit haushaltswirksamen Auswirkungen unzulässig sind, da ansonsten das plebiszitäre Instrument des Bürgerentscheids zur Bedeutungslosigkeit degradiert würde. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift könnten über die rein wörtliche Interpretation hinaus nur Maßnahmen gemeint sein, die das Budgetrecht des Gemeinderates substantiell beeinträchtigen (VG Stuttgart, Urt. v. 17.07.2013 - 7 K 4182/11 - ). Dem folgt der Senat.
85 
Danach greift der Ausschlussgrund hier nicht ein. Das Bürgerbegehren ist darauf gerichtet, finanzielle Belastungen von der Beklagten abzuwenden. Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nicht die Erhöhung von Bau- oder Folgekosten eines beschlossenen Vorhabens, vielmehr geht es um die finanzielle Beteiligung der Beklagten an einem Infrastrukturprojekt.
86 
Dass der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 1 GemO dem Bürgerbegehren nicht entgegensteht, ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen unter a) aa).
87 
d) Das Bürgerbegehren ist jedoch unzulässig, weil es auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist. Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte verstößt nicht gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, so dass die Beklagte sich nicht unter Berufung auf einen solchen Verstoß von den eingegangenen Finanzierungsverpflichtungen lösen kann.
88 
Ein Bürgerbegehren darf nicht auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet sein. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist daher zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Tatsache, dass ein Bürgerentscheid die Wirkungen eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats hat (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO) und rechtswidrige Beschlüsse des Gemeinderats der Widerspruchspflicht des Bürgermeisters und der Überprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach § 43 Abs. 2 GemO unterliegen. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre (Senatsbeschl. v. 22.08.2013 - 1 S 1047/13 - VBlBW 2014, 141 m.w.N.; Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 14).
89 
Die Rechtswidrigkeit kann sich auch aus einem Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen ergeben. Die die Gemeinde bindenden Verträge bilden eine Grenze des Anwendungsbereichs von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Ein Bürgerbegehren darf nicht auf einen Verstoß gegen vertragliche Bindungen abzielen. Es ist unzulässig, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. Wessels, Rechtliche Beurteilung der Ausnahmetatbestände und deren Umgehungsgefahr bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, 1. Aufl. 2013, S. 394 m.w.N.; OVG NRW, Urt. v. 04.04.2006 - 15 A 5081/05 - NVwZ-RR 2007, 625; VG Stuttgart, Urt. v. 17.07.2009 - 7 K 3229/08 - VBlBW 2009, 432 ).
90 
Hier kann die Beklagte sich gegenüber den Projektpartnern nicht auf die Nichtigkeit der Finanzierungsvereinbarungen mit der Begründung, die Mitfinanzierung verstoße gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, berufen. Zwar erfüllen die DB AG und ihre Tochterunternehmen mit dem Umbau des Hauptbahnhofs im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 eine Bundesaufgabe, so dass die Anwendung des Art. 104 a Abs. 1 GG nicht aufgrund der durch Art. 87 e Abs. 3 GG erfolgten Privatisierung der Bahn ausgeschlossen ist (aa). Die Mitfinanzierung des Projekts ist jedoch sowohl dem Grunde nach (bb) als auch der Höhe nach (cc) mit Art. 104 a Abs. 1 GG vereinbar.
91 
aa) Ungeachtet der im Zuge der Bahnstrukturreform 1993 erfolgten Privatisierung der Bahn durch Art. 87 e Abs. 3 GG nehmen die DB Netz AG und die übrigen Tochterunternehmen der DB AG beim Bau von Eisenbahninfrastruktur aufgrund der fortbestehenden Gemeinwohlverpflichtung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung des Bundes wahr mit der Folge, dass Maßstab für die Zulässigkeit einer Mitfinanzierung durch ein Land oder eine Gemeinde Art. 104 a Abs. 1 GG ist (so im Ergebnis auch BayVGH, Urt. v. 03.08.2004 - 8 BV 03.275 - ; Meyer, DVBl 2011, 449 <450 f.>; Dolde/Porsch, NVwZ 2011, 833 <835 f.>; Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., § 87 e Rn. 13).
92 
Zwar trennt der am 21.12.1993 in Kraft getretene Art. 87 e GG klar zwischen der Eisenbahnverkehrsverwaltung (Art. 87 e Abs. 1 GG), d.h. der Wahrnehmung von Aufsichts- und Genehmigungsbefugnissen und von sonstigen hoheitlichen Ordnungs- und Steuerungsaufgaben einerseits, und den Eisenbahnen als privatrechtlich geführten Wirtschaftsunternehmen (Art. 87 e Abs. 3 GG), denen u.a. der Bau von Schienenwegen obliegt, andererseits. In der Literatur wird deshalb teilweise die Auffassung vertreten, dass seit der Bahnstrukturreform 1993 und der Aufgabenprivatisierung durch Art. 87 e Abs. 3 GG die Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG im Bereich der Eisenbahnverkehrsdienstleistung und des Netzbetriebes keine Bundesaufgaben i.S.v. Art. 104 a Abs. 1 GG erfüllen. Es sei zu einer Privatisierung der ehemaligen Erfüllungsaufgabe gekommen, welche folglich nicht mehr als staatliche Aufgabe existiere. Die Tochtergesellschaften der Deutschen Bahn AG würden als kaufmännisch geführte Wirtschaftsunternehmen (Art 87 e Abs. 3 Satz 1 GG) nicht den Vorgaben des Art. 104 a Abs. 1 GG unterliegen; mit Blick auf Art. 104 a Abs. 1 GG bestünden deshalb keine Bedenken bezüglich des Abschlusses entsprechender Finanzierungsvereinbarungen, durch die sich einzelne Bundesländer bzw. Kommunen gegenüber Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur anteiligen Finanzierung von Eisenbahninfrastrukturprojekten verpflichteten (vgl. zum Ganzen Gersdorf, ZG 2011, 248; Pauly/Becker, NVwZ 2013, 334).
93 
Diese Auffassung vermag jedenfalls in Bezug auf die hier in Rede stehende Aufgabe des Umbaus eines Bahnhofs nicht zu überzeugen. Sie beachtet nicht hinreichend die Sonderstellung der Netzinfrastruktur innerhalb des Eisenbahnwesens. Durch die grundsätzliche Trennung von Schiene und Verkehr, die durch die Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft vom 29. Juli 1991 (ABl. L 237 S. 25) vorgezeichnet und durch Art. 87 e GG sowie das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) umgesetzt wurde (BT-Drs. 12/5015 S. 11; 12/4609 S. 55), hat die Netzinfrastruktur innerhalb des Eisenbahnwesens eine Sonderstellung dergestalt inne, dass es dem Bund aufgrund eines dauerhaften Infrastrukturauftrags obliegt, ein funktionstüchtiges Schienennetz durch staatlich beherrschte, öffentliche Unternehmen vorzuhalten (Möstl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 e [Stand: Nov. 2006] Rn. 112; BGH, Urt. v. 09.12.2010 - 3 StR 312/10 - BGHSt 56, 97 ). Gegen die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in diesem Bereich durch die Tochterunternehmen der DB AG spricht auch nicht, dass diese als Aktiengesellschaften juristische Personen des Privatrechts sind, da sich die damit einhergehende Privatisierung auf die Organisationsform beschränkt und keine - auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur unzulässige - materielle Aufgabenprivatisierung darstellt (BGH, Urt. v. 09.12.2010, a.a.O. Rn. 12 m.w.N.). Die DB Netz AG ist sowohl in Bezug auf den Tätigkeitsbereich des Schienenbaus als auch hinsichtlich der Unterhaltung und des Betriebs der Schienenwege als "verlängerter Arm des Staates" zu werten. Sie ist nicht gewerblich tätig, steht zu anderen Unternehmen nicht im Wettbewerb und hat in Bezug auf das Schienennetz insgesamt eine monopolartige Stellung inne. Weder im Schienenbau noch bei der Unterhaltung des Schienennetzes besteht ein funktionsfähiger privatwirtschaftlicher Wettbewerb, weil diese Aufgaben - wenn auch durch Vergabe an Dritte - mit Blick auf den Schienenwegevorbehalt des Art. 87 e Abs. 3 Satz 3 GG und den in Art. 87 e Abs. 4 GG dauerhaft statuierten Infrastrukturauftrag des Bundes bis heute allein und in originärer Verantwortung von der DB Netz AG erledigt werden. Hinzu kommt, dass aufgrund der hohen Investitions- und Unterhaltungskosten sowie des Landverbrauchs das Errichten und Unterhalten von Parallelnetzen weder sinnvoll noch erwünscht ist (Möstl, in: Maunz/Dürig, a.a.O. Rn. 113; BGH, a.a.O. Rn. 17).
94 
Aus dem Regelungsgefüge des Art. 87 e GG folgt danach, dass die Verwaltungszuständigkeit für Erhalt und Ausbau des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes einschließlich des Baus von Bahnhöfen beim Bund liegt (ebenso Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., § 87 e Rn. 13).
95 
Für den Tätigkeitsbereich des Baus und Ausbaus des Schienennetzes bestehen zudem weitreichende gesetzliche Steuerungsmechanismen des Bundes. So kann der Bund durch den Bedarfsplan zum Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) festlegen, welche Eisenbahnstrecken neu bzw. ausgebaut werden. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes nehmen die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte Fünfjahrespläne vor, die die Grundlage der Aufstellung von Ausbauplänen für die Bundesschienenwege bilden (§ 5 Abs. 1 BSWAG). Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen, wobei die Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen wird (§ 4 Abs. 1 BSWAG). Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BSWAG finanziert der Bund unmittelbar den Bau, den Ausbau sowie Ersatzinvestitionen. Damit ist neben der grundsätzlichen Befugnis zur Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen für den Schienenbau eine unmittelbare Einflussnahme des Staates auch über die Mittelvergabe gegeben (BGH, Urt. v. 09.12.2010, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
96 
Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 22.11.2011 - 2 BvE 3/08 - BVerfGE 129, 356), die in einem Organstreitverfahren über die Frage, ob der Deutsche Bundestag einer Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die Deutsche Bahn hätte zustimmen müssen, ergangen ist. Zwar betont das Bundesverfassungsgericht stark die in Art. 87 e Abs. 3 GG vorgesehene Führung der Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form (a.a.O., juris Rn. 29 f.), es verhält sich jedoch nicht zu der hier in Rede stehenden Aufgabe des Baus von Schienenwegen und Bahnhöfen.
97 
bb) Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte ist dem Grunde nach mit Art. 104 a Abs. 1 GG vereinbar.
98 
(1) Gemäß Art. 104 a Abs. 1 GG tragen der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
99 
Art. 104 a GG wurde durch das Finanzreformgesetz von 1969 als allgemeiner Lastenverteilungsgrundsatz neu geschaffen. Hintergrund war insbesondere, dass der Bund zunehmend dazu überging, durch Finanzierungsangebote in die Aufgabenerfüllung durch die Länder einzuwirken und deren Gestaltungsspielraum einzuengen. Der Lastenverteilungsgrundsatz in Art. 104 a Abs. 1 GG vereinigt die Aufgabenzuständigkeit einerseits mit der Finanzierungsverantwortlichkeit - der Ausgabenlast - andererseits. Der Aufgabenbestand einer Gebietskörperschaft bestimmt damit die Finanzverantwortung und darüber hinaus die verfassungsmäßige Finanzausstattung. In der Formulierung, dass die Ausgaben „gesondert“ zu tragen sind, liegt das grundsätzliche verfassungsrechtliche Verbot für Bund und Länder, Aufgaben einer anderen Gebietskörperschaft zu finanzieren (vgl. zum Ganzen etwa Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 104 a Rn. 4 ff. m.w.N.).
100 
Art. 104 a Abs. 1 GG enthält ein Konnexitätsprinzip im Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Das Konnexitätsprinzip bedeutet, dass die Ausgabenkompetenz der Aufgabenkompetenz folgt. Die Gebietskörperschaft, die für eine bestimmte Aufgabe verantwortlich ist, soll auch für deren Finanzierung einstehen müssen. Das Konnexitätsprinzip gilt auch im Verhältnis des Bundes zu den Gemeinden. Die Gemeinden stehen im zweistufigen Gesamtstaatsaufbau, von dem das Grundgesetz ausgeht, auf Seiten der Länder. Art. 104 a Abs. 1 GG regelt daher auch das Verhältnis des Bundes zu den Gemeinden (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.05.1992 - 2 BvF 1/88 u.a. - BVerfGE 86, 148 ). Art. 104 a Abs. 1 GG knüpft an die Wahrnehmung der Aufgaben durch Bund und Länder einschließlich der Gemeinden an. Gemeint ist damit die Wahrnehmung der Verwaltungskompetenz. Die Ausgabenlast richtet sich deshalb nach der Verteilung der Verwaltungskompetenz. Die Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes begründen somit zugleich die jeweilige Finanzierungsverantwortung. Zu den Ausgaben i.S.d. Art. 104 a Abs. 1 GG gehören zum einen die Verwaltungsausgaben, zum anderen die Zweckausgaben, d.h. die Kosten, die bei der Erfüllung der eigentlichen Sachaufgabe anfallen.
101 
Art. 104 a Abs. 1 GG gilt nicht nur für eine zwangsweise Heranziehung zur Mitfinanzierung, sondern schließt in seinem Anwendungsbereich auch freiwillige Zuweisungen aus.
102 
(2) Art. 104 a Abs. 1 GG verbietet, dass der Bund in ausschließlich den Ländern und den Gemeinden zugewiesenen Kompetenzbereichen die Erfüllung von Aufgaben mitfinanziert und dass umgekehrt die Länder und die Gemeinden in Bereichen ausschließlicher Verwaltungskompetenz des Bundes die Aufgabenwahrnehmung mitfinanzieren. Demgegenüber verbietet das in dieser Vorschrift verankerte Konnexitätsprinzip nicht, dass Bund, Länder und Gemeinden in Wahrnehmung jeweils eigener Aufgabenzuständigkeiten zur Erreichung eines bestimmten Ziels zusammenarbeiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.1989 - 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312; ebenso Hellermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd. 3, 6. Aufl., Art. 104 a Rn. 54 f. mit dem Hinweis, dass in den Konstellationen, in denen verschiedene Aufgabenbereiche sich faktisch überschneiden, so dass die Ausgabenlast nach Maßgabe der Aufgabenverantwortung zu verteilen ist, im rechtlichen Sinne keine Mischfinanzierung einer Aufgabe vorliegt; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 104 a Rn. 21; Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 104 a Rn. 3; Schuppert, in: Umbach/Clemens, GG, Art. 104 a Rn. 19; Schenke, in: Sodan, GG, 2. Aufl., Art. 104 a Rn. 3; Kube, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 104 a Rn. 13; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl., Art. 104 a Rn. 25; kritisch Siekmann, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 104 a Rn. 18; Morlok, DVBl 1989, 1147; Fromm, NVwZ 1992, 536). In dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem es um die Wirksamkeit eines Vertrages zwischen der Deutschen Bundesbahn und einer Gemeinde über die Kostenerstattung für den Betrieb von Schülerzügen und die Einrichtung eines Haltepunktes ging, heißt es (juris Rn. 8):
103 
„Art. 104 a Abs. 1 GG hat die Bedeutung einer allgemeinen, das Bund/Länder-Verhältnis im ganzen bestimmenden Lastenverteilungsregel (BVerfGE 26, 338<390> für Art. 106 Abs. 4 Satz 1 GG in der bis zum 31. Dezember 1969 geltenden Fassung). Er verbietet, daß eine Gebietskörperschaft sich außerhalb ihrer Aufgabenzuständigkeit an den Kosten beteiligt, die einer Gebietskörperschaft der anderen Ebene bei Erfüllung von allein von dieser nach der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsordnung wahrzunehmenden und wahrgenommenen Aufgaben entstehen. Er verbietet hingegen nicht, daß Bund und Länder einschließlich der Gemeinden in einem Aufgabenbereich der Leistungsverwaltung (Daseinsvorsorge) zusammenarbeiten, in dem sich - wie im öffentlichen Personenverkehr - die Kompetenzen zur Aufgabenwahrnehmung überschneiden. Das darf auch in der Weise geschehen, daß im Bereich der sich überschneidenden Wahrnehmungszuständigkeiten nach Gesichtspunkten der Sachgerechtigkeit und Zweckmäßigkeit im Einzelfall und in Abstimmung miteinander der eine Aufgabenträger Aufgaben wahrnimmt oder mitwahrnimmt, die wahrzunehmen zwar grundsätzlich im Rahmen seiner Zuständigkeit liegt, die aber auch - als Pflichtaufgabe - dem anderen Aufgabenträger obliegen, und daß insoweit eine Kostenerstattung stattfindet. Art. 104 a Abs. 1 GG verbietet, daß der Bund in ausschließlich den Ländern (und den Gemeinden) zugewiesenen Kompetenzbereichen die Erfüllung von Aufgaben mitfinanziert (so auch BGH, Urteil vom 18. September 1986 - III ZR 80/85 - NJW 1987, 1625 <1627>), und daß umgekehrt die Länder (und die Gemeinden) in Bereichen ausschließlicher Verwaltungskompetenz des Bundes die Aufgabenwahrnehmung mitfinanzieren. Er verbietet hingegen nicht, daß Bund und Länder oder Gemeinden in Wahrnehmung jeweils eigener Aufgabenzuständigkeiten zur Erreichung eines bestimmten Ziels zusammenarbeiten und dabei Vereinbarungen über eine Kostenaufteilung nach dem Maß ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Wahrnehmung der Aufgabe abschließen; er gebietet insofern allenfalls, daß jeder diejenigen Kosten trägt, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entspricht.“
104 
Der von den Klägern gegen die Übertragbarkeit dieser Entscheidung auf den vorliegenden Fall erhobene Einwand, es habe sich in Wahrheit um eine Amtshilfekonstellation gehandelt, vermag die rechtlichen Ausführungen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des Art. 104 a Abs. 1 GG gemacht hat, nicht in Frage zu stellen.
105 
Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass Art. 104 a Abs. 1 GG der gemeinsamen Finanzierung einer Maßnahme durch mehrere Aufgabenträger nicht entgegensteht. Dies gilt gerade im Bereich der Schienenwege des Bundes (vgl. §§ 8, 9 BSWAG). Weitere Anwendungsfälle sind etwa die gesetzlichen Bestimmungen über die Beteiligung verschiedener Baulastträger an den Ausgaben für den Bau von Verkehrswegekreuzungen (§§ 11 Abs. 2, 12 Nr. 2, 13 Abs. 1 EKrG) sowie die Regelung in § 12 Abs. 3 WaStrG (vgl. dazu auch Hellermann, a.a.O. Rn. 54).
106 
(3) Maßgeblich für die Zulässigkeit solcher „Mit-Finanzierungen“ ist, dass sich bei der Verwirklichung eines Projekts die Verwaltungszuständigkeiten verschiedener Hoheitsträger überschneiden, mithin jeder Hoheitsträger eigene, definierbare Aufgaben erfüllt, und nicht ein Hoheitsträger außerhalb seiner Zuständigkeiten alleinige Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers (mit-)finanziert, weil deren Erfüllung - aus welchen Gründen auch immer - auch in seinem Interesse liegt. Solche finanziellen Zuwendungen würden der in Art. 104 a GG vorgesehenen Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenkompetenz widersprechen und das Gefüge der verfassungsmäßigen Finanzausstattung tangieren. Die Mitfinanzierungskompetenz einer Kommune kann sich daher nicht etwa alleine daraus ergeben, dass ein Großprojekt des Bundes wie z.B. ein Ministeriums- oder Kasernenneubau vielfältige tatsächliche Auswirkungen auf die Kommune und ihre Bürger im Sinne eines „Kollateralnutzens“ hat. Vielmehr muss es sich um - gerade bei komplexen Infrastrukturprojekten anzutreffende - Fallkonstellationen handeln, bei denen die Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche verschiedener staatlicher Ebenen aufeinandertreffen. Ein solches Verständnis stärkt im Ergebnis auch die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete kommunale Selbstverwaltung und gibt den Kommunen die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bei Großprojekten eigene Zielvorstellungen zu verwirklichen, die die Aufgabenerfüllung des anderen Hoheitsträgers nicht zwingend erfordern würden.
107 
(4) Daran gemessen ist die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 dem Grunde nach zulässig, weil sie mit ihrer Beteiligung eigene Aufgaben erfüllt. Zu Recht beruft die Beklagte sich primär auf ihre Zuständigkeit für die städtebauliche Entwicklung.
108 
Die Aufgaben- und Ausgabenkompetenz der Gemeinden folgt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV, wonach die Gemeinden im Rahmen der Gesetze für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuständig sind. Die Garantie umfasst die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen (sog. „Allzuständigkeit“ der Gemeinden; vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 - BVerfGE 79, 127).
109 
Zum anerkannten Aufgabenbereich der Gemeinden zählt die Planungshoheit, d.h. das Recht auf Planung und Regelung der Bodennutzung in ihrem Gebiet. Dies beinhaltet insbesondere die Befugnis, gestalterische Konzepte zu entwickeln und die städtebauliche Entwicklung in eigener Verantwortung durch Bauleitpläne einschließlich der damit verbundenen finanziellen Entscheidungen zu ordnen (vgl. § 2 Abs. 1 BauGB; Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., S. 87).
110 
Die Beklagte hat von Beginn der Planungen an durch Abschluss der in dem Bürgerbegehren bezeichneten Projektverträge und durch Geltendmachung ihrer Belange im Planfeststellungsverfahren aktiv darauf hingewirkt, dass die aus ihrer Sicht zur Verwirklichung ihrer städtebaulichen Ziele - Stadtentwicklung auf 100 ha bisheriger Bahnfläche in bester Innenstadtlage bei Beibehaltung des zentralen Bahnhofsstandorts - vorzugswürdige Planungsvariante verwirklicht wird. Von einem bloßen „Kollateralnutzen“, wie er eintreten kann, wenn eine Kommune ohne eigenes Zutun und ohne Wahrnehmung eigener Aufgaben von der Projektplanung profitiert, kann daher keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich bei Stuttgart 21 um ein Verkehrs- und Städtebauprojekt, bei dem sich die Aufgaben verschiedener Hoheitsträger mit entsprechenden Finanzierungskompetenzen überschneiden. Im Einzelnen:
111 
Dem Projekt Stuttgart 21 ging bei Baubeginn im Jahr 2010 eine über 15-jährige Planungsphase voraus. Stuttgart 21 geht auf Diskussionen um die Schaffung einer schnellen Verbindung zwischen Stuttgart und Ulm, als Fortsetzung der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart, in den 1980er Jahren zurück. Aufbauend auf einem Vorschlag von Gerhard Heimerl von 1988 und verschiedenen Forderungen der Beteiligten wurde in einem mehrjährigen Diskussionsprozess das Konzept Stuttgart 21 entwickelt und 1994 der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach weiteren Studien wurden 1997 das Raumordnungsverfahren abgeschlossen und ab 2001 die Planfeststellungsverfahren für die einzelnen Planfeststellungsabschnitte durchgeführt. Der Kernbereich - Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen, Planfeststellungsabschnitt 1.1 - wurde mit Beschluss des Eisenbahnbundesamtes vom 28.01.2005 planfestgestellt. Der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs hat mit Urteilen vom 06.04.2006 (- 5 S 847/05, 5 S 848/05 und 5 S 596/05 -) mehrere Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen.
112 
Für die aus eisenbahnverkehrlicher Sicht notwendige Ertüchtigung des Hauptbahnhofs und die Anbindung der Landeshauptstadt an die Schnellbahnstrecke Stuttgart - Ulm - Augsburg standen im Vorfeld diverse Varianten zur Diskussion, so z.B. die Beibehaltung des Kopfbahnhofs, die Führung von Fernzügen über Stuttgart-Untertürkheim oder Stuttgart-Bad-Cannstatt anstatt über den bisherigen Hauptbahnhof etc.. Am 07.11.1995 schlossen die Deutsche Bahn AG, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21, in der sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Konzept für die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart einigten. Dieses Konzept legt als wesentliches Element die Ersetzung des Kopfbahnhofs durch einen tiefliegenden Durchgangsbahnhof und die Verlagerung des Abstellbahnhofs fest mit der Folge, dass Grundstücksflächen von ca. 100 ha für eine städtebauliche Entwicklung der Beklagten nutzbar werden. Es sieht weiter den Erhalt und den weiteren Ausbau einer systematischen Vernetzung aller Verkehrsträger, insbesondere des öffentlichen Verkehrs, in der Region Stuttgart vor (zur Beschreibung des Projekts im Einzelnen s. § 2, zu Investitionen und Finanzierungsfragen s. § 3 der Rahmenvereinbarung). Bereits aus der Rahmenvereinbarung wird deutlich, dass die Beteiligten das Projekt Stuttgart 21 als gemeinsames Verkehrs- und Städtebauprojekt verstanden haben. Die Entscheidung des Vorhabenträgers für einen Durchgangsbahnhof am bisherigen Standort ist nicht nur der ohnehin erforderlichen Anbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm an den Knoten Stuttgart geschuldet und begründet für die Beklagte damit auch nicht nur einen mit nahezu jeder Eisenbahnplanung verbundenen unspezifischen „Kollateralnutzen“. Das Projekt Stuttgart 21 ist vielmehr auch ein städtebauliches Projekt, so dass es gerechtfertigt ist, dass sich die Beklagte zur Erfüllung genuin kommunaler Aufgaben an den Projektkosten beteiligt. Diese Sichtweise lag im Übrigen auch der finanziellen Beteiligung des Bundes an den Projektkosten zu Grunde. Der Baukostenzuschuss des Bundes, ein Festbetrag aus Mitteln nach § 8 Abs. 1 BSWAG i.H.v. 500 Mio. EUR (Preis- und Planungsstand 2004) ergibt sich aus den „Sowieso-Kosten“ der ursprünglich geplanten Anbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm an den Knoten Stuttgart (vgl. § 5 Abs. 2 der Gemeinsamen Erklärung zur Realisierung der Projekte „Stuttgart 21“ und „NBS Wendlingen - Ulm“ vom 02.04.2009). Entsprechend dem Grundgedanken, dass es sich der Sache nach bei Stuttgart 21 um ein gemeinsames Projekt verschiedener Hoheitsträger handelt, wurde auch zeitgleich mit dem Abschluss des Finanzierungsvertrages vom 02.04.2009 ein sog. Lenkungskreis eingerichtet. In diesem sollen Vertreter des Landes, des Verbandes Region Stuttgart, der Eisenbahninfrastrukturunternehmen und auch der Beklagten zusammenarbeiten, um die zeit-, kosten- und qualitätsgerechte Realisierung des Projekts sicherzustellen (vgl. zu den Entscheidungskompetenzen des Lenkungskreises § 13 Abs. 2 des Finanzierungsvertrages vom 02.04.2009). Zu Unrecht geht daher Prof. Meyer in seinem Gutachten vom 03.11.2010 (S. 43 f.; Fn. 59) davon aus, das Projekt Stuttgart 21 sei „vom Ursprung, der Zielsetzung und der Durchführung her“ ein reines Bahnprojekt, die Wirkungen des „Stadtumbaus“ ergäben sich als bloße Konsequenz der Planungen der Bahn und die konkrete Ausgestaltung des Projekts sei für die zu untersuchende Rechtsfrage nicht relevant.
113 
(5) Entgegen der Auffassung der Kläger war die Beklagte auch rechtlich nicht an der Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgabe der Stadtplanung gehindert. Der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs hat mit mehreren Urteilen vom 06.04.2006 (- 5 S 847/05, 5 S 848/05 und 5 S 596/05 - Planfeststellungsabschnitt 1.1 Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) und vom 08.02.2007 (- 5 S 2257/05 - Planfeststellungsabschnitt 1.2 Fildertunnel) entschieden, dass vorliegend mit der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch städtebauliche Ziele verfolgt werden durften. Er hat hierzu ausgeführt (Urt. v. 04.06.2006 - 5 S 848/05 - juris Rn. 38, 42, 50, 93):
114 
„2.2 Zu Recht führt der Planfeststellungsbeschluss als „weitere“ die Planung rechtfertigende Ziele die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt Stuttgart, die Verminderung der Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel und die Verminderung der Trennwirkung der Bahnanlagen in der Innenstadt an. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es zulässig, mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch andere als spezifisch verkehrliche Ziele zu verfolgen, etwa eine Minderung des Eisenbahnlärms oder - bei einer Verlegung von Betriebsanlagen der Eisenbahn - auch die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten.
[…]
115 
2.2.2 Mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, die die Verlegung von Bahnanlagen zum Inhalt hat, dürfen aber auch städtebauliche Ziele wie die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsflächen und die Beseitigung der Trennwirkung von Bahnanlagen verfolgt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Gemeinden wegen des Planungsvorbehalts gemäß § 38 Satz 1 BauGB gehindert sind, als Träger der Bauleitplanung auf bisher für Bahnbetriebszwecke genutzten Flächen ihre städtebaulichen Ziele umzusetzen, solange diese Flächen nicht freigestellt werden (vgl. § 23 AEG und BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Denn dieser Umstand kann nicht dazu führen, dass auch die bis zu diesem Zeitpunkt allein zuständige Planfeststellungsbehörde entsprechende städtebauliche Ziele zur Legitimation der Planung von Eisenbahninfrastrukturanlagen nicht neben verkehrlichen Gesichtspunkten heranziehen darf.
[…]
116 
Vernünftigerweise geboten ist die Antragsplanung auch hinsichtlich der „weiteren Ziele“ der Planung. Dies bedarf hinsichtlich der städtebaulichen Ziele keiner Darlegung.
[…]
117 
3.9 Unstreitig erreicht die Antragsplanung das „weitere Ziel“ der Gewinnung städtebaulicher Entwicklungsflächen in weitaus größerem Ausmaß als „K 21". Bei dieser werden lediglich kleinere (Abstell-)Flächen im Äußeren Nordbahnhof und im jetzigen Abstellbahnhof frei, wobei für letztere unklar ist, inwieweit sie überhaupt einer sinnvollen anderen städtebaulichen Nutzung zugeführt werden könnten. Unerheblich ist insoweit, dass „K 21" auf die im Bereich des früheren Stückgutbahnhofs gelegene Fläche „A 1“ verzichten kann. Denn diese Fläche benötigt auch „S 21“ nicht. Sie ist überdies bereits eisenbahnrechtlich entwidmet und teilweise bebaut. Zugleich erreicht nur „S 21“ eine Beseitigung der Trennwirkung der Bahnanlagen im Stuttgarter Talkessel. Unerheblich für den Alternativenvergleich ist, in welcher Weise die freiwerdenden Fläche (möglicherweise oder voraussichtlich) künftig baulich genutzt werden.“
118 
Dem schließt der Senat sich an. Die auch in § 38 Satz 1 letzter Hs. BauGB vorgeschriebene Berücksichtigung städtebaulicher Belange in Planfeststellungsverfahren führt nicht zu einer Aufgabenverlagerung in dem Sinne, dass die Gemeinde sich nicht mehr auf ihre Planungshoheit berufen könnte. Durch die Pflicht, die Belange des Städtebaus zu berücksichtigen, wird der Planfeststellungsbehörde keine eigenständige Planungs- und Gestaltungsbefugnis eingeräumt. Sie muss vielmehr von der städtebaurechtlichen Situation ausgehen, wie sie in den Bauleitplänen oder aufgrund anderer sachlich und räumlich hinreichend verfestigter Planungsabsichten der Gemeinde konkretisiert ist. Fehlt eine solche Konkretisierung, darf die Behörde nicht eigene, insbesondere von den Vorstellungen der Gemeinde abweichende bauplanerische Vorstellungen ohne Bezug zu dem ihr eingeräumten fachplanerischen Gestaltungsfreiraum entwickeln (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 38 Rn. 18; BVerwG, Urt. v. 18.05.1990 - 7 C 3.90 - BVerwGE 85, 155). Die Gemeinde ist umgekehrt bei der Bauleitplanung an rechtswirksame fachplanerische Entscheidungen gebunden. Anlagen der Bahn sind daher planerischen Aussagen der Gemeinde in einem Bauleitplan nur insoweit zugänglich, als diese der besonderen Zweckbestimmung der Anlage nicht widersprechen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Gemeinde ein Bebauungsplanverfahren solange nicht in Gang setzen oder betreiben darf, wie die zu überplanende Fläche noch den Charakter einer Bahnanlage hat. Wenn mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der besonderen bahnrechtlichen Zweckbestimmung einer Fläche bevorsteht, kann die Gemeinde vielmehr die für diesen Fall zu erwartenden Nutzungswünsche in die von ihr bauplanungsrechtlich für angemessen und erforderlich erachtete Richtung lenken und zu diesem Zweck ein Bauleitplanungsverfahren einleiten (vgl. Rieger, a.a.O. Rn. 25). In Fällen, in denen die Planungsabsichten des Fachplanungsträgers mit den planerischen Vorstellungen der Gemeinde kollidieren, besteht eine wechselseitige Pflicht, die fremden Planungsabsichten im Rahmen der eigenen Planung zu berücksichtigen, sofern diese Absichten bereits hinreichend konkretisiert sind und sich verfestigt haben (Rieger, a.a.O. Rn. 27).
119 
Ist die Beklagte nach alldem zur Verwirklichung ihrer planerischen Vorstellungen auf den (noch) von der Bahn genutzten Flächen aufgrund des Vorrangs der Fachplanung auf eine Kooperation mit dieser angewiesen, so ist die vorliegende Konstellation entgegen der Auffassung der Kläger durchaus mit der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen vergleichbar, in der die Bahn nicht verpflichtet war, die kommunale Aufgabe der Schülerbeförderung zu übernehmen, sondern sie nur „im Rahmen einer Art von Amtshilfe“ für die Gemeinde übernommen hat.
120 
cc) Der Mitfinanzierungsanteil der Beklagten ist auch der Höhe nach angemessen.
121 
(1) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Frage nach der Angemessenheit des Finanzierungsanteils der Beklagten nicht offen bleiben. Ein Verstoß gegen Art. 104 a Abs. 1 GG könnte nämlich bereits dann vorliegen, wenn der Finanzierungsanteil nicht dem Anteil der Verpflichtung der Beklagten zur Aufgabenwahrnehmung entsprechen würde und dies die Nichtigkeit der Finanzierungsvereinbarung zur Folge hätte. Zu Recht weisen die Kläger darauf hin, dass bei Annahme der Nichtigkeitsfolge eine verfassungswidrige Verteilung der Kostenanteile auch nicht über eine Anpassung der Geschäftsgrundlage nach § 60 VwVfG geheilt werden könnte, weil es bei einem nichtigen Vertrag an dem Substrat der Anpassung, dem Vertrag, fehlt und es daher nichts mehr anzupassen gibt.
122 
Ein möglicherweise zu hoher Finanzierungsanteil der Beklagten würde auch zur Nichtigkeit, und nicht lediglich zur Teilnichtigkeit der Finanzierungsvereinbarung führen:
123 
Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist der Vertrag nach § 59 Abs. 3 VwVfG im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Regelrechtsfolge ist danach die Gesamtnichtigkeit des Vertrages; die Teilnichtigkeit ist die Ausnahme.
124 
Voraussetzung für die Annahme der Teilnichtigkeit ist zunächst, dass sich die Nichtigkeit auf einen abtrennbaren Teil des Vertrages beschränkt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der vergleichbaren Vorschrift des § 139 BGB geht unter bestimmten Voraussetzungen von der Möglichkeit einer - auch hier in Betracht kommenden - quantitativen Teilbarkeit aus:
125 
Nach Sinn und Zweck von § 139 BGB, ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten, wenn dies dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen entspricht, ist ausnahmsweise auch eine sog. quantitative Teilbarkeit möglich, also eine Aufspaltung der nichtigen Regelung in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil. Sie kommt vor allem in Betracht, wenn eine Vertragsklausel wegen des Übermaßes der in ihr enthaltenen Rechte oder Pflichten nichtig ist und angenommen werden kann, dass die Parteien bei Kenntnis dieses Umstands an ihrer Stelle eine auf das zulässige Maß beschränkte Regelung getroffen hätten (BGH, Urt. v. 19.09.1988 - II ZR 329/87 - BGHZ 105, 213 <220 ff.>; Urt. v. 05.06.1989 - II ZR 227/88 - BGHZ 107, 351 <355 ff.>; Urt. v. 14.11.2000 - XI ZR 248/99 - BGHZ 146, 37 <47 f.>).
126 
Diese Grundsätze lassen sich auf § 59 VwVfG übertragen, der bei öffentlich-rechtlichen Verträgen für die Annahme der Teilnichtigkeit ebenfalls auf den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien, der auch durch Auslegung ermittelt werden kann (vgl. Lenz, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 59 Rn. 46), abstellt.
127 
Der Annahme der Teilnichtigkeit im Falle eines zu hoch bemessenen Finanzierungsanteils der Beklagten steht jedoch entgegen, dass der angemessene Anteil der Beklagten und die Aufteilung der Deckungslücke auf die übrigen Projektpartner nicht bestimmbar wäre, weil den Vertragsparteien hinsichtlich der angemessenen Höhe des Finanzierungsanteils ein Beurteilungsspielraum zusteht, der gerichtlich nicht voll überprüfbar ist (siehe unten 2) und der mutmaßliche Wille der Projektpartner sich nicht ermitteln lässt.
128 
(2) Der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. März 1989 (a.a.O.) skizzierte Maßstab, nach welchem bei einer dem Grunde nach zulässigen Mitfinanzierung jeder Vertragspartner diejenigen Kosten trägt, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entspricht, bedarf für die hier zu beurteilende Fallkonstellation einer gewissen Modifizierung. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war ein Vertrag zu beurteilen, der die Erstattung der Betriebskosten für die Schülerbeförderung durch die Deutsche Bundesbahn zum Gegenstand hatte. Vorliegend geht es hingegen nicht um Kosten, die einer mathematisch-exakten Berechnung zugänglich sind. Die für die Beklagte erfolgende Aufgabenwahrnehmung liegt in der Übernahme deren städtebaulicher Ziele im Rahmen der Planfeststellung für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart (Planfeststellungsabschnitt 1.1 Talquerung mit neuem Hauptbahnhof; vgl. dazu nochmals VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.06.2006 - 5 S 848/05 - a.a.O.). Dass die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 ihren maßgeblichen Grund in den aus dem Projekt resultierenden städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten hat, wird auch in den abgeschlossenen Vereinbarungen und den diesen zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüssen hinreichend deutlich. Bereits in der Präambel der 1995 getroffenen Rahmenvereinbarung wird hervorgehoben, dass durch die Tieferlegung des Hauptbahnhofs und der Zulaufstrecken Grundstücksflächen von ca. 100 ha frei werden, die für die städtebauliche Entwicklung zur Verfügung stehen. Auch in der Anlage 1 zur Gemeinderatsdrucksache 609/2007 werden die Chancen für die Stadtentwicklung beschrieben. Zugleich wird näher konkretisiert, wie diese Chancen genutzt werden sollen. In Anlage 4 zu dieser Drucksache wird aufgezeigt, welche zusätzlichen direkten Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen (Grundsteuer, Gewerbesteuer, Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, Grunderwerbssteuer, Schlüsselzuweisungen nach dem FAG) durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale im Zeitraum bis 2034 voraussichtlich zu erwarten sind. Diese werden auf ca. 300 Mio. EUR prognostiziert. Eine solche prognostische Hochrechnung erscheint grundsätzlich geeignet, die direkten Einnahmeeffekte, die mit dem Projekt Stuttgart 21 für die Beklagte verbunden sind, zu erfassen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass derartige Prognosen über einen Zeitraum von 25 Jahren naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet sind.
129 
Zu diesen jedenfalls überschlägig berechenbaren Effekten kommen städtebauliche Vorteile wie die Beibehaltung des Standorts des Hauptbahnhofs in zentraler Innenstadtlage und der Wegfall der Trennwirkung der bestehenden Bahnanlagen hinzu, die einer rein monetären Betrachtung nicht zugänglich sind. Das bedeutet aber nicht, dass sie bei der Bemessung des Finanzierungsanteils der Beklagten außer Acht bleiben müssten. Sie können vielmehr auch angemessen berücksichtigt werden.
130 
Aufgrund der erforderlichen prognostischen Einschätzungen der Effekte für die Stadtentwicklung und der teilweise nicht gegebenen Bezifferbarkeit ist der Beklagten bei der Eingehung vertraglicher Verpflichtungen zur Mitfinanzierung des Projekts ein weiter Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Überprüft werden kann danach nur, ob die Beklagte den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat.
131 
Der Überprüfung ist die Sach- und Rechtslage am 04.10.2007 zugrunde zulegen, weil der Gemeinderat der Beklagten zu diesem Zeitpunkt der Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 und weiteren Maßnahmen zugestimmt hat. Auf der Grundlage dieses Gemeinderatsbeschlusses ist auch der Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009 abgeschlossen worden. Zeitlich spätere verbindliche Beschlüsse über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die Gegenstand des Bürgerbegehrens ist, gibt es nicht.
132 
(3) Daran gemessen verstößt der Mitfinanzierungsanteil der Beklagten an den Gesamtkosten von 4.526 Mio. EUR, der sich auf ca. 11,1 % beläuft (291,83 Mio. EUR Finanzierungs- und Risikobeteiligung zuzüglich 212 Mio. EUR Zinsverzicht), auch der Höhe nach nicht gegen Art. 104 a Abs. 1 GG. Dies lässt sich auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen zuverlässig ermitteln, ohne dass es der von den Klägern angeregten Beiziehung der Anlagen zum Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009 bedarf. Aus dem Anlagenverzeichnis zu diesem Vertrag (LT-Drs. 14/4382 S. 5) ergibt sich nicht, dass die nicht vorgelegten Anlagen Regelungen enthalten, aus denen sich weitere finanzielle Verpflichtungen der Beklagten ergeben könnten.
133 
Der Gemeinderat der Beklagten hat auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage entschieden. Größe und Lage der freiwerdenden Grundstücksflächen und das sich daraus ergebende städtebauliche Entwicklungspotential waren ihm ebenso wie die weiteren mit dem Projekt verbundenen städtebaulichen Effekte bekannt. Er konnte aus den ihm vorliegenden Unterlagen auch die Höhe des Mitfinanzierungsanteils ersehen. Die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten an den absehbaren Kosten und an den Kostenrisiken beläuft sich ausweislich der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 (II. 1. - 3.), der der Gemeinderat am 04.10.2007 zugestimmt hat und die ihm als Anlage zur Gemeinderatsdrucksache 790/2007 vorlag, auf 291,83 Mio. EUR. Nicht nachzugehen braucht der Senat der Frage, ob die unterschiedliche Verteilung der Kostenrisiken auf den verschiedenen Risikostufen in jeder Hinsicht nachvollziehbar ist. Entscheidend ist allein, ob der Gesamtfinanzierungsanteil in Bezug auf die kommunale Aufgabe, die Grund für die Kostenbeteiligung ist, angemessen ist.
134 
Der von der Beklagten mit der DB AG vereinbarte Zinsverzicht, d.h. der Verzicht auf die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises für das Bahngelände, obwohl bzw. solange dieses nicht zu den im Kaufvertrag vereinbarten Zeitpunkten der Beklagten übergeben worden ist, ist ebenfalls als Finanzierungsanteil der Beklagten zu bewerten, da ihm keine Gegenleistung gegenübersteht. Der Kaufpreis für die freiwerdenden Bahngrundstücke, der zum 31.12.2001 fällig war, belief sich nach § 3 des Kaufvertrages vom 21.12.2001 auf 424.372.261,40 EUR. Dieser Kaufpreis war nach § 7 Nr. 1.7 auch Bemessungsgrundlage für die bei verspäteter Übergabe der Grundstücke ggf. zu entrichtenden Zinsen. Mit dem Änderungsvertrag zu diesem Kaufvertrag, dem der Gemeinderat der Beklagten am 04.10.2007 zugestimmt hat, wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass aufgrund des verzögerten Baubeginns die ursprünglich vereinbarten Termine für die Freimachung der Grundstücke nicht zu halten sind. Es wurde daher - unter Beibehaltung der Bemessungsgrundlage - vereinbart, dass Verzugszinsen erst ab dem 01.01.2021 zu zahlen sind. Den gegenüber dem ursprünglichen Kaufvertrag damit verbundenen Zinsverzicht bis zum 31.12.2020 hat die Beklagte zutreffend auf 212 Mio. EUR beziffert. Es ist sachgerecht und nicht zu beanstanden, dass Bemessungsgrundlage für die Verzinsung der unverändert gebliebene, tatsächlich entrichtete Kaufpreis ist. Entgegen der Auffassung der Kläger war es nicht geboten, Verzugszinsen abweichend von der Regelung im Kaufvertrag nicht auf der Grundlage des tatsächlichen Kaufpreises, sondern des - deutlich höheren - Verkehrswertes der Grundstücke im Jahr 2010 zu vereinbaren.
135 
Der entrichtete Kaufpreis ist kein Finanzierungsanteil im Sinn des Art. 104 a GG, da die Beklagte mit den erworbenen Grundstücken einen Gegenwert erhalten hat und für einen nicht marktgerechten Kaufpreis, der einen versteckten Finanzierungsanteil darstellen könnte, keine Anhaltspunkte gegeben sind. Die Regelungen zum Altlasten- und Bodenrisiko in § 8 und § 9 des Kaufvertrags sind Bestandteil des Grundstückskaufvertrags und daher ebenfalls kein Finanzierungsanteil im Rechtssinn. Ausweislich des Vertrags haben der Regelung in § 8 Sachverständigengutachten zu den Altlastenrisiken zugrunde gelegen. Auch insoweit gibt es keinerlei Anhaltspunkte für einen versteckten Finanzierungsanteil.
136 
Die Finanzierungsanteile der Flughafen Stuttgart GmbH und des Verbandes Region Stuttgart müssen ebenfalls außer Betracht bleiben, da Gegenstand des Verfahrens allein die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 ist.
137 
Nach alldem beruhen die seitens der Beklagten eingegangenen finanziellen Verpflichtungen auf einer vertretbaren Bewertung ihres städtebaulichen Interesses an dem Projekt. Für eine Verletzung des Willkürverbots ist nichts ersichtlich.
C.
138 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
139 
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Mitfinanzierung von Eisenbahninfrastrukturprojekten durch eine Gemeinde stellenden Rechtsfragen sind solche des Bundesrechts, die fallübergreifend klärungsfähig und klärungsbedürftig erscheinen. Es ist zu erwarten, dass der Entscheidung im Revisionsverfahren eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen wird.
140 
Beschluss vom 21.04.2015
141 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013, abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., Anh § 164 Rn. 14) auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
142 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
54 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die innerhalb der vom Vorsitzenden verlängerten Begründungsfrist beim Verwaltungsgerichtshof eingereichte Berufungsbegründung entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, Anführung von Berufungsgründen; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
B.
55 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die auf Zulassung des erstrebten Bürgerentscheids gerichtete Verpflichtungsklage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
56 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.08.2012 zulässig.
57 
1. Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage, gerichtet auf Verpflichtung der Beklagten, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG).
58 
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 24.11.2011 eine gemäß § 75 Satz 2 VwGO zulässige Untätigkeitsklage erhoben, da nicht innerhalb von drei Monaten über ihre fristgemäß eingelegten Widersprüche gegen die Bescheide der Beklagten vom 11.07.2011 entschieden worden ist. Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart innerhalb der vom Senat mit Beschluss vom 14.06.2012 gemäß § 75 Satz 3 VwGO gesetzten Nachfrist über die Widersprüche der Kläger entschieden hat, ist die Einbeziehung des Widerspruchsbescheids in das Klageverfahren auch ohne Einhaltung der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 75 Rn. 15).
59 
2. Die Kläger sind als Unterzeichner des Bürgerbegehrens klagebefugt (§ 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG). Sie haben nach ihrem Vortrag im Klageverfahren und den Feststellungen der Beklagten in den jeweiligen Bescheiden vom 11.07.2011 das Bürgerbegehren selbst unterschrieben. Sie sind auch in Stuttgart wahlberechtigt (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG). Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des den Klägern durch § 21 Abs. 3 GemO eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
60 
3. Es fehlt auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, weil die Beklagte nach Rechtskraft eines Urteils, welches inzident feststellt, dass die pauschale Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte gegen Art. 104 a Abs. 1 GG verstößt, von sich aus verpflichtet ist, daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen und sich gegenüber ihren Vertragspartnern auf die Nichtigkeit der Finanzierungsverträge zu berufen. Denn der Bürgerschaft steht zur Erreichung ihres Ziels keine andere wirksame Rechtsschutzmöglichkeit offen. Die Gefahr, dass ein sinnloser Bürgerentscheid durchgeführt werden muss, besteht nicht, weil nach § 21 Abs. 4 Satz 2 GemO der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
II.
61 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zulassung des erstrebten Bürgerentscheids. Die die Zulassung ablehnenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die angefochtenen Bescheide leiden nicht unter einem Verfahrensmangel (1.) und das Bürgerbegehren ist auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und deshalb unzulässig (2.).
62 
1. Die Mitwirkung der Rechtsanwälte Prof. Dolde und Dr. Porsch im Verwaltungsverfahren begründet keinen Verfahrensmangel.
63 
§§ 20, 21 LVwVfG regeln den Ausschluss von Personen wegen Befangenheit bzw. Besorgnis der Befangenheit der am Verfahren mitwirkenden Amtsträger. Soweit ein Sachverständiger als Gehilfe der Behörde tätig ist, gelten für ihn die Regelungen in §§ 21 f. LVwVfG entsprechend (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 26 Rn. 27 u. 31 a). Sachverständige sind Personen, die der Behörde das ihr fehlende Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen vermitteln. Rechtsgutachten sind keine Sachverständigengutachten i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LVwVfG, soweit sie nicht der Feststellung von Gewohnheitsrecht oder ausländischem Recht dienen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 26 Rn. 27 f.). Aus der vom Prozessbevollmächtigten der Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 18.06.2007 - 9 VR 13/06 - NuR 2007, 754), in der es um die mögliche Befangenheit eines Planungsbüros bei der Beurteilung von Planvarianten in einem Planfeststellungsverfahren ging, folgt nichts anderes. Darüber hinaus lässt allein das Vertreten einer abweichenden Rechtsauffassung ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht den Schluss auf eine Befangenheit zu. Schließlich wäre ein Verfahrensfehler auch deshalb unbeachtlich, weil es sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines gemäß § 21 Abs. 3 GemO aus der Bürgerschaft an den Gemeinderat herangetragenen Bürgerbegehrens um eine rechtlich gebundene, gerichtlich voll überprüfbare Entscheidung handelt. Sind die an das Zustandekommen eines Bürgerbegehrens gestellten Anforderungen erfüllt, muss der Gemeinderat das Bürgerbegehren für zulässig erklären und das im Kommunalwahlgesetz geregelte Verfahren für die Durchführung des Bürgerentscheids einleiten. Bei der Entscheidung handelt es sich um die Beantwortung reiner Rechtsfragen, so dass dem Gemeinderat hierbei kein Ermessen zusteht (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 23; Aker, in: Aker/Hafner/Notheis, Gemeindeordnung, Gemeindehaushaltsverordnung BW, § 21 GemO Rn. 11 m.w.N.). Die Tatsache, dass der Gemeinderat gemäß § 21 Abs. 1 GemO auch unabhängig von einem aus der Bürgerschaft gestellten Antrag mit Zwei-Drittel-Mehrheit eine Angelegenheit des gemeindlichen Wirkungskreises der Entscheidung der Bürger unterstellen kann, ändert daran nichts. Ergibt sich der Inhalt des Verwaltungsakts zwingend aus Rechtsvorschriften und kann keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden, vermögen nach § 46 LVwVfG auch etwaige im Verfahren unterlaufene Verfahrensfehler an dem Ergebnis nichts zu ändern.
64 
2. Das Bürgerbegehren ist auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und deshalb unzulässig. Zwar erfüllt das Bürgerbegehren - abgesehen von dem Fristerfordernis des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO (b) - die Anforderungen des § 21 Abs. 3 GemO (a) und es liegt auch kein Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 GemO vor (c), es zielt jedoch auf einen Verstoß gegen vertragliche Bindungen der Beklagten ab. Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte verstößt nicht gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, so dass die Beklagte sich nicht unter Berufung auf einen solchen Verstoß von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (d).
65 
a) Das Bürgerbegehren erfüllt - abgesehen von dem Fristerfordernis des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO - die Anforderungen des § 21 Abs. 3 GemO.
66 
aa) Das Bürgerbegehren betrifft eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde i.S.v. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO. Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in den §§ 1, 2 GemO beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - ESVGH 61, 228 = VBlBW 2011, 388 [Bäderpark Sinsheim] ). Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
67 
Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens „der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21“. Die Beklagte soll sich gegenüber den Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der pauschalen Mischfinanzierung des Projekts berufen und die im Einzelnen aufgelisteten, zwischen 1995 und 2009 geschlossenen Verträge zu dem Projekt kündigen, Zahlungen einstellen etc. Durch die Finanzierungsbeiträge der Beklagten gemäß den im Bürgerbegehren genannten Projektverträgen ist deren kommunale Finanzhoheit und damit der gemeindliche Wirkungskreis betroffen. Die Angelegenheit fällt auch in die Zuständigkeit des Gemeinderats. Es handelt sich nicht um eine dem Bürgermeister kraft Gesetzes oder durch den Gemeinderat übertragene Aufgabe (vgl. § 44 GemO). Nichts anderes folgt daraus, dass die Zuständigkeit für einzelne konkrete Handlungen wie die Kündigung der Verträge in die Zuständigkeit des Bürgermeisters fallen dürfte. Denn bei Auslegung des Bürgerbegehrens nach dem objektiven Empfängerhorizont zielt dieses nicht lediglich auf Vornahme einzelner Handlungen wie der Kündigung von Verträgen. Gegenstand ist nicht nur die finanzielle Beteiligung als solche, sondern auch die Beteiligung der Höhe nach. Nach der Begründung des Bürgerbegehrens wendet sich dieses gegen die „pauschale Mitfinanzierung“, rügt also hilfsweise auch die aus Sicht der Initiatoren ungenügende Berechnung des Finanzierungsanteils der Beklagten. Es wird daher auch zu prüfen sein, ob sich ein Verstoß gegen Art. 104 a Abs. 1 GG daraus ergibt, dass die Bestimmung der Höhe des Finanzierungsanteils der Beklagten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt (unten d) cc)). In diesem Fall käme zur Behebung des Verfassungsverstoßes ggf. auch eine Neuverhandlung der Finanzierungsverträge in Betracht, die wiederum der Zustimmung des Gemeinderats bedürfte.
68 
bb) Das Bürgerbegehren wurde in Schriftform eingereicht (§ 21 Abs. 3 Satz 3 Hs. 1 GemO) und enthält eine konkrete Fragestellung, die sich mit ja oder nein beantworten lässt (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO). Wie in den angefochtenen Bescheiden zu Recht festgestellt, wird das Bürgerbegehren von einer nach Maßgabe des § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO ausreichenden Zahl wahlberechtigter Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger unterstützt.
69 
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt auch die Begründung den gesetzlichen Anforderungen.
70 
Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. An die Begründung sind jedoch keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 25.10.1976 - I 561/76 - ESVGH 27, 73 <75>). Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei lassen Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Begründung darf auch für das Bürgerbegehren werben. Aus diesen Funktionen der Begründung folgt, dass diese zum einen die Tatsachen, soweit sie für die Entscheidung wesentlich sind, zutreffend darstellen muss und dass sie zum anderen Wertungen, Schlussfolgerungen und Erwartungen enthalten darf, die einem Wahrheitsbeweis nicht zugänglich sind. Maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen. Ist dies gewährleistet, ist es vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Gewisse Überzeichnungen und bloße Unrichtigkeiten in Details sind daher hinzunehmen. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist erst dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt (Senatsbeschl. v. 22.08.2013 - 1 S 1047/13 - VBlBW 2014, 141 m.w.N.).
71 
Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Bürgerbegehrens. Der Gegenstand des Projekts Stuttgart 21 und die Beteiligung der Beklagten daran werden im Wesentlichen zutreffend dargestellt. Es wird auch ausdrücklich klargestellt, dass mit dem Bürgerentscheid nicht über die Beendigung des Projekts insgesamt, sondern nur über die Beendigung der Beteiligung der Beklagten an dem Projekt entschieden wird. Unschädlich ist, dass in rechtlicher Hinsicht nur die Rechtsauffassung der Initiatoren zur Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung dargestellt wird, ohne auf abweichende Rechtsauffassungen hinzuweisen. Dies wäre nur zu beanstanden, wenn die dargelegte Rechtsauffassung unvertretbar wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Sie vermag sich auf eine ernst zu nehmende Stimme in der Literatur (Meyer, DVBl 2011, 449) zu stützen und die Rechtslage ist höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt, weshalb das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat und der Senat die Revision zulässt. Eine Verpflichtung, im Rahmen der Begründung eines Bürgerbegehrens auch abweichende Rechtsauffassungen darzustellen, besteht nicht.
72 
dd) Eines Kostendeckungsvorschlags (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO) bedurfte es vorliegend nicht. Ein Kostendeckungsvorschlag ist entbehrlich, wenn keine Kosten anfallen, mit der Realisierung des Bürgerbegehrens sogar Einsparungen verbunden sind oder eine Kostenentwicklung nicht voraussehbar ist (vgl. Aker, a.a.O., § 21 GemO Rn. 9; Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - a.a.O. - Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung an dem Bau eines Hallen- und Wellnessbades durch einen privaten Investor). Etwaige Schadensersatzansprüche können nicht zu dem Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlags führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kosten der „verlangten Maßnahme“ vorsieht. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon nicht erfasst (Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - a.a.O. ).
73 
Daran gemessen war ein Kostendeckungsvorschlag hier nicht erforderlich, weil der Bürgerentscheid auf Beendigung der finanziellen Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 und damit auf die Einsparung von Kosten gerichtet ist. Dass die Initiatoren der Bürgerschaft gleichwohl einen Kostendeckungsvorschlag unterbreitet haben, der sich auf die im Falle eines Projekt-abbruchs möglicherweise von der Beklagten zu tragenden Kosten bezieht, ist unschädlich.
74 
b) Das Fristerfordernis des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO ist vorliegend nicht zu beachten, wenn die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte gegen Art. 104 a Abs. 1 GG verstößt. Die mit dem Bürgerbegehren geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Mitfinanzierung des Projekts durch die Beklagte hätte die Nichtigkeit der Gemeinderatsbeschlüsse, die eine solche finanzielle Beteiligung zum Gegenstand haben, zur Folge. Ein nichtiger Gemeinderatsbeschluss setzt die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO nicht in Lauf. Eine zeitliche Grenze kann sich in dieser Konstellation nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ergeben, die hier ersichtlich nicht gegeben ist. Im Einzelnen:
75 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats (sog. kassatorisches Bürgerbegehren), muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Die gesetzliche Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO soll im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit vermeiden, dass die Ausführung von Gemeinderatsbeschlüssen in wichtigen Gemeindeangelegenheiten längere Zeit nicht in Angriff genommen werden kann oder gar mit besonderem Aufwand rückgängig gemacht werden muss. Die Ausschlussfrist greift dann ein, wenn das Bürgerbegehren seinem Inhalt nach auf die Korrektur eines Gemeinderatsbeschlusses gerichtet ist. Nicht erforderlich ist, dass der Gemeinderatsbeschluss in der Fragestellung oder Begründung des Bürgerbegehrens ausdrücklich genannt ist (vgl. Senatsurt. v. 18.06.1990 - 1 S 657/90 - BWGZ 1992, 599 m.w.N.).
76 
Das vorliegende Bürgerbegehren wendet sich nach seiner Begründung gegen die „pauschale Mitfinanzierung des Eisenbahnprojekts S 21“ durch die Beklagte und ist damit mittelbar auch auf die Korrektur der Gemeinderatsbeschlüsse gerichtet, mit denen eine finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 beschlossen worden ist. Die im Bürgerbegehren aufgeführten Projektverträge beruhen jeweils auf Beschlüssen des Gemeinderats der Beklagten und darin erteilter Vollmachten zum Vertragsabschluss. Mit Beschluss vom 04.10.2007 (GRDrs. 790/2007) hat der Gemeinderat dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, der Beklagten und dem Verband Region Stuttgart, in dem die Finanzierungsbeiträge und abzusichernden Risiken der Beteiligten geregelt worden sind, zugestimmt und die Verwaltung zum Vertragsabschluss ermächtigt, der dann am 05.10.2007 erfolgte. Unter dem 02.04.2009 hat das Land Baden-Württemberg - auch für die Beklagte - die Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen. Die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 war bereits vor dem 04.10.2007, insbesondere durch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001, verbindlich gefallen.
77 
bb) Entgegen der Auffassung der Kläger wird die Sechswochenfrist nicht nur durch einen rechtmäßigen Gemeinderatsbeschluss in Gang gesetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für den Fristlauf entscheidend auf die Anstoßfunktion an, die grundsätzlich auch von einem rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss ausgeht (vgl. Senatsbeschl. v. 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - VBlBW 2013, 269 zur Beschlussfassung in nichtöffentlicher Sitzung entgegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO).
78 
cc) Abweichendes gilt jedoch, wenn ein Gemeinderatsbeschluss nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig ist. Dann gehen von ihm keinerlei Rechtswirkungen aus. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn Gegenstand der Beschlussfassung eine Satzung ist, weil bei der Satzung als Rechtsnorm grundsätzlich, abgesehen von Heilungsvorschriften wie in § 4 Abs. 4 GemO und §§ 214 f. BauGB, jeder Fehler formeller oder materieller Art zur Nichtigkeit der Norm führt (Senatsbeschl. v. 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - a.a.O. ). Bezieht sich der Gemeinderatsbeschluss auf einen von der Gemeinde zu erlassenden Bescheid, beurteilt sich die Nichtigkeit nach § 44 VwVfG. Ist Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses, gegen den sich das Bürgerbegehren richtet, die Ermächtigung zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, ist die Nichtigkeit nach § 59 VwVfG zu beurteilen.
79 
(1) Hier kommt in Betracht, dass die auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse abgeschlossenen Finanzierungsverträge wegen eines Verstoßes gegen Art. 104 a Abs. 1 GG nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig sind. Darauf zielt das streitgegenständliche Bürgerbegehren. Die Beklagte soll sich gegenüber den Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der Mischfinanzierung berufen und die Projektverträge kündigen. Sie soll weitere Beitragszahlungen zu dem Projekt unterlassen. Gegenstand des Bürgerbegehrens ist damit nicht etwa eine zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führende wesentliche Änderung der Verhältnisse (§ 60 VwVfG) oder ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 314 BGB). Vielmehr geht es bei Auslegung des Bürgerbegehrens nach dem objektiven Empfängerhorizont darum, dass die Unwirksamkeit der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 von Anfang an wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (Art. 104 a Abs. 1 GG) geltend gemacht werden soll. Auf welche Weise dies geschieht (etwa durch Erhebung einer Nichtigkeitsfeststellungsklage, durch Einstellung noch offener Zahlungen und Rückforderung geleisteter Zahlungen unter dem Aspekt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder durch Kündigung) ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Aus der Verwendung des Begriffs „Kündigung“ kann nicht geschlossen werden, es gehe den Initiatoren vornehmlich oder gar ausschließlich um eine Kündigung des Finanzierungsvertrages nach § 314 BGB.
80 
Läge der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 104 a Abs. 1 GG vor, wären die auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse abgeschlossenen Finanzierungsverträge nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig. Die Gemeinderatsbeschlüsse entfalteten keine Rechtswirkungen. Gemäß der Regelvermutung des § 59 Abs. 3 VwVfG wäre von einer Nichtigkeit der Finanzierungsverträge im Ganzen auszugehen, da ein abweichender Wille der Beteiligten, das Projekt ohne oder mit einer geringeren Beteiligung der Beklagten zu finanzieren, nicht feststellbar ist.
81 
(2) Andere Gründe, die zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 führen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte die Übernahme finanzieller Verpflichtungen und Risiken nicht nach § 88 Abs. 2 oder Abs. 3 GemO der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, weil sich der Gemeinderatsbeschluss nicht auf eine Bürgschaft, einen Gewährvertrag im Sinn des § 88 Abs. 2 GemO oder ein wirtschaftlich gleichkommendes Rechtsgeschäft im Sinn des § 88 Abs. 3 GemO bezog. Beim Gewährvertrag übernimmt die Gemeinde gegenüber dem anderen Vertragspartner die Verpflichtung, für das Eintreten oder Nichteintreten eines bestimmten Erfolges einzustehen (Bsp.: Mindesteinnahmengarantie für eine ÖPNV-Linie; Übernahme von Verpflichtungen, Verluste auszugleichen). Derartige Verpflichtungen standen hier bei der Risikoabsicherung nach Ziffer 2 Nrn. 2 und 3 der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 nicht im Raum. Es lag auch kein der Bürgschaft oder dem Gewährvertrag wirtschaftlich gleichkommendes Rechtsgeschäft vor. Hierunter fallen die Wechselbürgschaft und die Ausbietungsgarantie, die Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB), der Kreditauftrag (§ 778 BGB) die kumulative Schuldübernahme, die Schuldübernahme nach §§ 414, 415 BGB und die besonders hervorgehobene Zustimmung der Gemeinde zu Rechtsgeschäften Dritter, aus denen der Gemeinde in künftigen Haushaltsjahren Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben erwachsen können (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 88 Rn. 33 ff.).
82 
(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten kann bei einem Bürgerbegehren, welches sich gegen einen nichtigen Gemeinderatsbeschluss richtet, nicht von einem Lauf der Sechswochenfrist jedenfalls ab Kenntnis von der Nichtigkeit ausgegangen werden. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO knüpft für den Fristbeginn an die Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses an, gegen den das Bürgerbegehren sich richtet. Ist dieser Beschluss nichtig und setzt die Frist daher nicht in Lauf, ist das Bürgerbegehren wie ein initiierendes Bürgerbegehren zu behandeln. Für eine planwidrige Regelungslücke ist nichts ersichtlich. Dies bedeutet nicht, dass ein solches Bürgerbegehren unbefristet zulässig wäre. Eine zeitliche Grenze kann sich jedoch nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ergeben. Hier haben die Initiatoren das Bürgerbegehren zeitnah nach Vorstellung des Rechtsgutachtens, aus welchem sich ihres Erachtens die Nichtigkeit der die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse ergibt, in die Wege geleitet. Eine Verwirkung des Rechts, den streitgegenständlichen Bürgerentscheid zu beantragen, scheidet bei dieser Sachlage aus.
83 
dd) Ob und unter welchen Voraussetzungen die Bindungswirkung eines wirksamen Gemeinderatsbeschlusses nachträglich etwa wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen kann und ob die Initiatoren eines Bürgerbegehrens sich ggf. unabhängig von einer entsprechenden Einschätzung des Gemeinderats auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen können, ohne die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. GemO einhalten zu müssen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Das hierauf gerichtete Vorbringen der Kläger ist nicht entscheidungserheblich, weil Gegenstand des Bürgerbegehrens nach der beigefügten Begründung allein der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt wegen der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Mitfinanzierung ist.
84 
c) Dem Bürgerentscheid steht kein Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 GemO entgegen, insbesondere betrifft er nicht die Haushaltssatzung (§ 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO). Dieser Ausschlussgrund ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats eng auszulegen. Er greift nicht schon ein, wenn es um die Frage der finanziellen Beteiligung der Gemeinde an dem Projekt eines anderen Projektträgers geht (Senatsbeschl. v. 08.04.2011 - 1 S 303/11 - a.a.O.). Im Anschluss daran hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass dieser Ausschlussgrund nicht bewirken kann, dass alle Bürgerentscheide mit haushaltswirksamen Auswirkungen unzulässig sind, da ansonsten das plebiszitäre Instrument des Bürgerentscheids zur Bedeutungslosigkeit degradiert würde. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift könnten über die rein wörtliche Interpretation hinaus nur Maßnahmen gemeint sein, die das Budgetrecht des Gemeinderates substantiell beeinträchtigen (VG Stuttgart, Urt. v. 17.07.2013 - 7 K 4182/11 - ). Dem folgt der Senat.
85 
Danach greift der Ausschlussgrund hier nicht ein. Das Bürgerbegehren ist darauf gerichtet, finanzielle Belastungen von der Beklagten abzuwenden. Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nicht die Erhöhung von Bau- oder Folgekosten eines beschlossenen Vorhabens, vielmehr geht es um die finanzielle Beteiligung der Beklagten an einem Infrastrukturprojekt.
86 
Dass der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 1 GemO dem Bürgerbegehren nicht entgegensteht, ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen unter a) aa).
87 
d) Das Bürgerbegehren ist jedoch unzulässig, weil es auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist. Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte verstößt nicht gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, so dass die Beklagte sich nicht unter Berufung auf einen solchen Verstoß von den eingegangenen Finanzierungsverpflichtungen lösen kann.
88 
Ein Bürgerbegehren darf nicht auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet sein. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist daher zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Tatsache, dass ein Bürgerentscheid die Wirkungen eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats hat (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO) und rechtswidrige Beschlüsse des Gemeinderats der Widerspruchspflicht des Bürgermeisters und der Überprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach § 43 Abs. 2 GemO unterliegen. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre (Senatsbeschl. v. 22.08.2013 - 1 S 1047/13 - VBlBW 2014, 141 m.w.N.; Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 14).
89 
Die Rechtswidrigkeit kann sich auch aus einem Verstoß gegen vertragliche Verpflichtungen ergeben. Die die Gemeinde bindenden Verträge bilden eine Grenze des Anwendungsbereichs von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Ein Bürgerbegehren darf nicht auf einen Verstoß gegen vertragliche Bindungen abzielen. Es ist unzulässig, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. Wessels, Rechtliche Beurteilung der Ausnahmetatbestände und deren Umgehungsgefahr bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, 1. Aufl. 2013, S. 394 m.w.N.; OVG NRW, Urt. v. 04.04.2006 - 15 A 5081/05 - NVwZ-RR 2007, 625; VG Stuttgart, Urt. v. 17.07.2009 - 7 K 3229/08 - VBlBW 2009, 432 ).
90 
Hier kann die Beklagte sich gegenüber den Projektpartnern nicht auf die Nichtigkeit der Finanzierungsvereinbarungen mit der Begründung, die Mitfinanzierung verstoße gegen Art. 104 a Abs. 1 GG, berufen. Zwar erfüllen die DB AG und ihre Tochterunternehmen mit dem Umbau des Hauptbahnhofs im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 eine Bundesaufgabe, so dass die Anwendung des Art. 104 a Abs. 1 GG nicht aufgrund der durch Art. 87 e Abs. 3 GG erfolgten Privatisierung der Bahn ausgeschlossen ist (aa). Die Mitfinanzierung des Projekts ist jedoch sowohl dem Grunde nach (bb) als auch der Höhe nach (cc) mit Art. 104 a Abs. 1 GG vereinbar.
91 
aa) Ungeachtet der im Zuge der Bahnstrukturreform 1993 erfolgten Privatisierung der Bahn durch Art. 87 e Abs. 3 GG nehmen die DB Netz AG und die übrigen Tochterunternehmen der DB AG beim Bau von Eisenbahninfrastruktur aufgrund der fortbestehenden Gemeinwohlverpflichtung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung des Bundes wahr mit der Folge, dass Maßstab für die Zulässigkeit einer Mitfinanzierung durch ein Land oder eine Gemeinde Art. 104 a Abs. 1 GG ist (so im Ergebnis auch BayVGH, Urt. v. 03.08.2004 - 8 BV 03.275 - ; Meyer, DVBl 2011, 449 <450 f.>; Dolde/Porsch, NVwZ 2011, 833 <835 f.>; Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., § 87 e Rn. 13).
92 
Zwar trennt der am 21.12.1993 in Kraft getretene Art. 87 e GG klar zwischen der Eisenbahnverkehrsverwaltung (Art. 87 e Abs. 1 GG), d.h. der Wahrnehmung von Aufsichts- und Genehmigungsbefugnissen und von sonstigen hoheitlichen Ordnungs- und Steuerungsaufgaben einerseits, und den Eisenbahnen als privatrechtlich geführten Wirtschaftsunternehmen (Art. 87 e Abs. 3 GG), denen u.a. der Bau von Schienenwegen obliegt, andererseits. In der Literatur wird deshalb teilweise die Auffassung vertreten, dass seit der Bahnstrukturreform 1993 und der Aufgabenprivatisierung durch Art. 87 e Abs. 3 GG die Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG im Bereich der Eisenbahnverkehrsdienstleistung und des Netzbetriebes keine Bundesaufgaben i.S.v. Art. 104 a Abs. 1 GG erfüllen. Es sei zu einer Privatisierung der ehemaligen Erfüllungsaufgabe gekommen, welche folglich nicht mehr als staatliche Aufgabe existiere. Die Tochtergesellschaften der Deutschen Bahn AG würden als kaufmännisch geführte Wirtschaftsunternehmen (Art 87 e Abs. 3 Satz 1 GG) nicht den Vorgaben des Art. 104 a Abs. 1 GG unterliegen; mit Blick auf Art. 104 a Abs. 1 GG bestünden deshalb keine Bedenken bezüglich des Abschlusses entsprechender Finanzierungsvereinbarungen, durch die sich einzelne Bundesländer bzw. Kommunen gegenüber Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur anteiligen Finanzierung von Eisenbahninfrastrukturprojekten verpflichteten (vgl. zum Ganzen Gersdorf, ZG 2011, 248; Pauly/Becker, NVwZ 2013, 334).
93 
Diese Auffassung vermag jedenfalls in Bezug auf die hier in Rede stehende Aufgabe des Umbaus eines Bahnhofs nicht zu überzeugen. Sie beachtet nicht hinreichend die Sonderstellung der Netzinfrastruktur innerhalb des Eisenbahnwesens. Durch die grundsätzliche Trennung von Schiene und Verkehr, die durch die Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft vom 29. Juli 1991 (ABl. L 237 S. 25) vorgezeichnet und durch Art. 87 e GG sowie das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) umgesetzt wurde (BT-Drs. 12/5015 S. 11; 12/4609 S. 55), hat die Netzinfrastruktur innerhalb des Eisenbahnwesens eine Sonderstellung dergestalt inne, dass es dem Bund aufgrund eines dauerhaften Infrastrukturauftrags obliegt, ein funktionstüchtiges Schienennetz durch staatlich beherrschte, öffentliche Unternehmen vorzuhalten (Möstl, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 e [Stand: Nov. 2006] Rn. 112; BGH, Urt. v. 09.12.2010 - 3 StR 312/10 - BGHSt 56, 97 ). Gegen die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in diesem Bereich durch die Tochterunternehmen der DB AG spricht auch nicht, dass diese als Aktiengesellschaften juristische Personen des Privatrechts sind, da sich die damit einhergehende Privatisierung auf die Organisationsform beschränkt und keine - auf dem Gebiet der Eisenbahninfrastruktur unzulässige - materielle Aufgabenprivatisierung darstellt (BGH, Urt. v. 09.12.2010, a.a.O. Rn. 12 m.w.N.). Die DB Netz AG ist sowohl in Bezug auf den Tätigkeitsbereich des Schienenbaus als auch hinsichtlich der Unterhaltung und des Betriebs der Schienenwege als "verlängerter Arm des Staates" zu werten. Sie ist nicht gewerblich tätig, steht zu anderen Unternehmen nicht im Wettbewerb und hat in Bezug auf das Schienennetz insgesamt eine monopolartige Stellung inne. Weder im Schienenbau noch bei der Unterhaltung des Schienennetzes besteht ein funktionsfähiger privatwirtschaftlicher Wettbewerb, weil diese Aufgaben - wenn auch durch Vergabe an Dritte - mit Blick auf den Schienenwegevorbehalt des Art. 87 e Abs. 3 Satz 3 GG und den in Art. 87 e Abs. 4 GG dauerhaft statuierten Infrastrukturauftrag des Bundes bis heute allein und in originärer Verantwortung von der DB Netz AG erledigt werden. Hinzu kommt, dass aufgrund der hohen Investitions- und Unterhaltungskosten sowie des Landverbrauchs das Errichten und Unterhalten von Parallelnetzen weder sinnvoll noch erwünscht ist (Möstl, in: Maunz/Dürig, a.a.O. Rn. 113; BGH, a.a.O. Rn. 17).
94 
Aus dem Regelungsgefüge des Art. 87 e GG folgt danach, dass die Verwaltungszuständigkeit für Erhalt und Ausbau des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes einschließlich des Baus von Bahnhöfen beim Bund liegt (ebenso Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., § 87 e Rn. 13).
95 
Für den Tätigkeitsbereich des Baus und Ausbaus des Schienennetzes bestehen zudem weitreichende gesetzliche Steuerungsmechanismen des Bundes. So kann der Bund durch den Bedarfsplan zum Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) festlegen, welche Eisenbahnstrecken neu bzw. ausgebaut werden. Eine Konkretisierung dieses Bedarfsplanes nehmen die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgestellte Fünfjahrespläne vor, die die Grundlage der Aufstellung von Ausbauplänen für die Bundesschienenwege bilden (§ 5 Abs. 1 BSWAG). Der Bedarfsplan ist alle fünf Jahre nach einer Prüfung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegebenenfalls anzupassen, wobei die Aufstellung und Anpassung des Bedarfsplanes durch Gesetz vorgenommen wird (§ 4 Abs. 1 BSWAG). Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BSWAG finanziert der Bund unmittelbar den Bau, den Ausbau sowie Ersatzinvestitionen. Damit ist neben der grundsätzlichen Befugnis zur Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen für den Schienenbau eine unmittelbare Einflussnahme des Staates auch über die Mittelvergabe gegeben (BGH, Urt. v. 09.12.2010, a.a.O. Rn. 27 m.w.N.).
96 
Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 22.11.2011 - 2 BvE 3/08 - BVerfGE 129, 356), die in einem Organstreitverfahren über die Frage, ob der Deutsche Bundestag einer Veräußerung von Vermögensgegenständen durch die Deutsche Bahn hätte zustimmen müssen, ergangen ist. Zwar betont das Bundesverfassungsgericht stark die in Art. 87 e Abs. 3 GG vorgesehene Führung der Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form (a.a.O., juris Rn. 29 f.), es verhält sich jedoch nicht zu der hier in Rede stehenden Aufgabe des Baus von Schienenwegen und Bahnhöfen.
97 
bb) Die Mitfinanzierung des Projekts Stuttgart 21 durch die Beklagte ist dem Grunde nach mit Art. 104 a Abs. 1 GG vereinbar.
98 
(1) Gemäß Art. 104 a Abs. 1 GG tragen der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
99 
Art. 104 a GG wurde durch das Finanzreformgesetz von 1969 als allgemeiner Lastenverteilungsgrundsatz neu geschaffen. Hintergrund war insbesondere, dass der Bund zunehmend dazu überging, durch Finanzierungsangebote in die Aufgabenerfüllung durch die Länder einzuwirken und deren Gestaltungsspielraum einzuengen. Der Lastenverteilungsgrundsatz in Art. 104 a Abs. 1 GG vereinigt die Aufgabenzuständigkeit einerseits mit der Finanzierungsverantwortlichkeit - der Ausgabenlast - andererseits. Der Aufgabenbestand einer Gebietskörperschaft bestimmt damit die Finanzverantwortung und darüber hinaus die verfassungsmäßige Finanzausstattung. In der Formulierung, dass die Ausgaben „gesondert“ zu tragen sind, liegt das grundsätzliche verfassungsrechtliche Verbot für Bund und Länder, Aufgaben einer anderen Gebietskörperschaft zu finanzieren (vgl. zum Ganzen etwa Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 104 a Rn. 4 ff. m.w.N.).
100 
Art. 104 a Abs. 1 GG enthält ein Konnexitätsprinzip im Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Das Konnexitätsprinzip bedeutet, dass die Ausgabenkompetenz der Aufgabenkompetenz folgt. Die Gebietskörperschaft, die für eine bestimmte Aufgabe verantwortlich ist, soll auch für deren Finanzierung einstehen müssen. Das Konnexitätsprinzip gilt auch im Verhältnis des Bundes zu den Gemeinden. Die Gemeinden stehen im zweistufigen Gesamtstaatsaufbau, von dem das Grundgesetz ausgeht, auf Seiten der Länder. Art. 104 a Abs. 1 GG regelt daher auch das Verhältnis des Bundes zu den Gemeinden (vgl. BVerfG, Urt. v. 27.05.1992 - 2 BvF 1/88 u.a. - BVerfGE 86, 148 ). Art. 104 a Abs. 1 GG knüpft an die Wahrnehmung der Aufgaben durch Bund und Länder einschließlich der Gemeinden an. Gemeint ist damit die Wahrnehmung der Verwaltungskompetenz. Die Ausgabenlast richtet sich deshalb nach der Verteilung der Verwaltungskompetenz. Die Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes begründen somit zugleich die jeweilige Finanzierungsverantwortung. Zu den Ausgaben i.S.d. Art. 104 a Abs. 1 GG gehören zum einen die Verwaltungsausgaben, zum anderen die Zweckausgaben, d.h. die Kosten, die bei der Erfüllung der eigentlichen Sachaufgabe anfallen.
101 
Art. 104 a Abs. 1 GG gilt nicht nur für eine zwangsweise Heranziehung zur Mitfinanzierung, sondern schließt in seinem Anwendungsbereich auch freiwillige Zuweisungen aus.
102 
(2) Art. 104 a Abs. 1 GG verbietet, dass der Bund in ausschließlich den Ländern und den Gemeinden zugewiesenen Kompetenzbereichen die Erfüllung von Aufgaben mitfinanziert und dass umgekehrt die Länder und die Gemeinden in Bereichen ausschließlicher Verwaltungskompetenz des Bundes die Aufgabenwahrnehmung mitfinanzieren. Demgegenüber verbietet das in dieser Vorschrift verankerte Konnexitätsprinzip nicht, dass Bund, Länder und Gemeinden in Wahrnehmung jeweils eigener Aufgabenzuständigkeiten zur Erreichung eines bestimmten Ziels zusammenarbeiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.1989 - 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312; ebenso Hellermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd. 3, 6. Aufl., Art. 104 a Rn. 54 f. mit dem Hinweis, dass in den Konstellationen, in denen verschiedene Aufgabenbereiche sich faktisch überschneiden, so dass die Ausgabenlast nach Maßgabe der Aufgabenverantwortung zu verteilen ist, im rechtlichen Sinne keine Mischfinanzierung einer Aufgabe vorliegt; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 104 a Rn. 21; Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 104 a Rn. 3; Schuppert, in: Umbach/Clemens, GG, Art. 104 a Rn. 19; Schenke, in: Sodan, GG, 2. Aufl., Art. 104 a Rn. 3; Kube, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 104 a Rn. 13; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl., Art. 104 a Rn. 25; kritisch Siekmann, in: Sachs, GG, 7. Aufl., Art. 104 a Rn. 18; Morlok, DVBl 1989, 1147; Fromm, NVwZ 1992, 536). In dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem es um die Wirksamkeit eines Vertrages zwischen der Deutschen Bundesbahn und einer Gemeinde über die Kostenerstattung für den Betrieb von Schülerzügen und die Einrichtung eines Haltepunktes ging, heißt es (juris Rn. 8):
103 
„Art. 104 a Abs. 1 GG hat die Bedeutung einer allgemeinen, das Bund/Länder-Verhältnis im ganzen bestimmenden Lastenverteilungsregel (BVerfGE 26, 338<390> für Art. 106 Abs. 4 Satz 1 GG in der bis zum 31. Dezember 1969 geltenden Fassung). Er verbietet, daß eine Gebietskörperschaft sich außerhalb ihrer Aufgabenzuständigkeit an den Kosten beteiligt, die einer Gebietskörperschaft der anderen Ebene bei Erfüllung von allein von dieser nach der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsordnung wahrzunehmenden und wahrgenommenen Aufgaben entstehen. Er verbietet hingegen nicht, daß Bund und Länder einschließlich der Gemeinden in einem Aufgabenbereich der Leistungsverwaltung (Daseinsvorsorge) zusammenarbeiten, in dem sich - wie im öffentlichen Personenverkehr - die Kompetenzen zur Aufgabenwahrnehmung überschneiden. Das darf auch in der Weise geschehen, daß im Bereich der sich überschneidenden Wahrnehmungszuständigkeiten nach Gesichtspunkten der Sachgerechtigkeit und Zweckmäßigkeit im Einzelfall und in Abstimmung miteinander der eine Aufgabenträger Aufgaben wahrnimmt oder mitwahrnimmt, die wahrzunehmen zwar grundsätzlich im Rahmen seiner Zuständigkeit liegt, die aber auch - als Pflichtaufgabe - dem anderen Aufgabenträger obliegen, und daß insoweit eine Kostenerstattung stattfindet. Art. 104 a Abs. 1 GG verbietet, daß der Bund in ausschließlich den Ländern (und den Gemeinden) zugewiesenen Kompetenzbereichen die Erfüllung von Aufgaben mitfinanziert (so auch BGH, Urteil vom 18. September 1986 - III ZR 80/85 - NJW 1987, 1625 <1627>), und daß umgekehrt die Länder (und die Gemeinden) in Bereichen ausschließlicher Verwaltungskompetenz des Bundes die Aufgabenwahrnehmung mitfinanzieren. Er verbietet hingegen nicht, daß Bund und Länder oder Gemeinden in Wahrnehmung jeweils eigener Aufgabenzuständigkeiten zur Erreichung eines bestimmten Ziels zusammenarbeiten und dabei Vereinbarungen über eine Kostenaufteilung nach dem Maß ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Wahrnehmung der Aufgabe abschließen; er gebietet insofern allenfalls, daß jeder diejenigen Kosten trägt, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entspricht.“
104 
Der von den Klägern gegen die Übertragbarkeit dieser Entscheidung auf den vorliegenden Fall erhobene Einwand, es habe sich in Wahrheit um eine Amtshilfekonstellation gehandelt, vermag die rechtlichen Ausführungen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des Art. 104 a Abs. 1 GG gemacht hat, nicht in Frage zu stellen.
105 
Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass Art. 104 a Abs. 1 GG der gemeinsamen Finanzierung einer Maßnahme durch mehrere Aufgabenträger nicht entgegensteht. Dies gilt gerade im Bereich der Schienenwege des Bundes (vgl. §§ 8, 9 BSWAG). Weitere Anwendungsfälle sind etwa die gesetzlichen Bestimmungen über die Beteiligung verschiedener Baulastträger an den Ausgaben für den Bau von Verkehrswegekreuzungen (§§ 11 Abs. 2, 12 Nr. 2, 13 Abs. 1 EKrG) sowie die Regelung in § 12 Abs. 3 WaStrG (vgl. dazu auch Hellermann, a.a.O. Rn. 54).
106 
(3) Maßgeblich für die Zulässigkeit solcher „Mit-Finanzierungen“ ist, dass sich bei der Verwirklichung eines Projekts die Verwaltungszuständigkeiten verschiedener Hoheitsträger überschneiden, mithin jeder Hoheitsträger eigene, definierbare Aufgaben erfüllt, und nicht ein Hoheitsträger außerhalb seiner Zuständigkeiten alleinige Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers (mit-)finanziert, weil deren Erfüllung - aus welchen Gründen auch immer - auch in seinem Interesse liegt. Solche finanziellen Zuwendungen würden der in Art. 104 a GG vorgesehenen Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenkompetenz widersprechen und das Gefüge der verfassungsmäßigen Finanzausstattung tangieren. Die Mitfinanzierungskompetenz einer Kommune kann sich daher nicht etwa alleine daraus ergeben, dass ein Großprojekt des Bundes wie z.B. ein Ministeriums- oder Kasernenneubau vielfältige tatsächliche Auswirkungen auf die Kommune und ihre Bürger im Sinne eines „Kollateralnutzens“ hat. Vielmehr muss es sich um - gerade bei komplexen Infrastrukturprojekten anzutreffende - Fallkonstellationen handeln, bei denen die Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche verschiedener staatlicher Ebenen aufeinandertreffen. Ein solches Verständnis stärkt im Ergebnis auch die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete kommunale Selbstverwaltung und gibt den Kommunen die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bei Großprojekten eigene Zielvorstellungen zu verwirklichen, die die Aufgabenerfüllung des anderen Hoheitsträgers nicht zwingend erfordern würden.
107 
(4) Daran gemessen ist die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 dem Grunde nach zulässig, weil sie mit ihrer Beteiligung eigene Aufgaben erfüllt. Zu Recht beruft die Beklagte sich primär auf ihre Zuständigkeit für die städtebauliche Entwicklung.
108 
Die Aufgaben- und Ausgabenkompetenz der Gemeinden folgt aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV, wonach die Gemeinden im Rahmen der Gesetze für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zuständig sind. Die Garantie umfasst die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen (sog. „Allzuständigkeit“ der Gemeinden; vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 - BVerfGE 79, 127).
109 
Zum anerkannten Aufgabenbereich der Gemeinden zählt die Planungshoheit, d.h. das Recht auf Planung und Regelung der Bodennutzung in ihrem Gebiet. Dies beinhaltet insbesondere die Befugnis, gestalterische Konzepte zu entwickeln und die städtebauliche Entwicklung in eigener Verantwortung durch Bauleitpläne einschließlich der damit verbundenen finanziellen Entscheidungen zu ordnen (vgl. § 2 Abs. 1 BauGB; Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., S. 87).
110 
Die Beklagte hat von Beginn der Planungen an durch Abschluss der in dem Bürgerbegehren bezeichneten Projektverträge und durch Geltendmachung ihrer Belange im Planfeststellungsverfahren aktiv darauf hingewirkt, dass die aus ihrer Sicht zur Verwirklichung ihrer städtebaulichen Ziele - Stadtentwicklung auf 100 ha bisheriger Bahnfläche in bester Innenstadtlage bei Beibehaltung des zentralen Bahnhofsstandorts - vorzugswürdige Planungsvariante verwirklicht wird. Von einem bloßen „Kollateralnutzen“, wie er eintreten kann, wenn eine Kommune ohne eigenes Zutun und ohne Wahrnehmung eigener Aufgaben von der Projektplanung profitiert, kann daher keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich bei Stuttgart 21 um ein Verkehrs- und Städtebauprojekt, bei dem sich die Aufgaben verschiedener Hoheitsträger mit entsprechenden Finanzierungskompetenzen überschneiden. Im Einzelnen:
111 
Dem Projekt Stuttgart 21 ging bei Baubeginn im Jahr 2010 eine über 15-jährige Planungsphase voraus. Stuttgart 21 geht auf Diskussionen um die Schaffung einer schnellen Verbindung zwischen Stuttgart und Ulm, als Fortsetzung der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart, in den 1980er Jahren zurück. Aufbauend auf einem Vorschlag von Gerhard Heimerl von 1988 und verschiedenen Forderungen der Beteiligten wurde in einem mehrjährigen Diskussionsprozess das Konzept Stuttgart 21 entwickelt und 1994 der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach weiteren Studien wurden 1997 das Raumordnungsverfahren abgeschlossen und ab 2001 die Planfeststellungsverfahren für die einzelnen Planfeststellungsabschnitte durchgeführt. Der Kernbereich - Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen, Planfeststellungsabschnitt 1.1 - wurde mit Beschluss des Eisenbahnbundesamtes vom 28.01.2005 planfestgestellt. Der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs hat mit Urteilen vom 06.04.2006 (- 5 S 847/05, 5 S 848/05 und 5 S 596/05 -) mehrere Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewiesen.
112 
Für die aus eisenbahnverkehrlicher Sicht notwendige Ertüchtigung des Hauptbahnhofs und die Anbindung der Landeshauptstadt an die Schnellbahnstrecke Stuttgart - Ulm - Augsburg standen im Vorfeld diverse Varianten zur Diskussion, so z.B. die Beibehaltung des Kopfbahnhofs, die Führung von Fernzügen über Stuttgart-Untertürkheim oder Stuttgart-Bad-Cannstatt anstatt über den bisherigen Hauptbahnhof etc.. Am 07.11.1995 schlossen die Deutsche Bahn AG, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21, in der sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Konzept für die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart einigten. Dieses Konzept legt als wesentliches Element die Ersetzung des Kopfbahnhofs durch einen tiefliegenden Durchgangsbahnhof und die Verlagerung des Abstellbahnhofs fest mit der Folge, dass Grundstücksflächen von ca. 100 ha für eine städtebauliche Entwicklung der Beklagten nutzbar werden. Es sieht weiter den Erhalt und den weiteren Ausbau einer systematischen Vernetzung aller Verkehrsträger, insbesondere des öffentlichen Verkehrs, in der Region Stuttgart vor (zur Beschreibung des Projekts im Einzelnen s. § 2, zu Investitionen und Finanzierungsfragen s. § 3 der Rahmenvereinbarung). Bereits aus der Rahmenvereinbarung wird deutlich, dass die Beteiligten das Projekt Stuttgart 21 als gemeinsames Verkehrs- und Städtebauprojekt verstanden haben. Die Entscheidung des Vorhabenträgers für einen Durchgangsbahnhof am bisherigen Standort ist nicht nur der ohnehin erforderlichen Anbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm an den Knoten Stuttgart geschuldet und begründet für die Beklagte damit auch nicht nur einen mit nahezu jeder Eisenbahnplanung verbundenen unspezifischen „Kollateralnutzen“. Das Projekt Stuttgart 21 ist vielmehr auch ein städtebauliches Projekt, so dass es gerechtfertigt ist, dass sich die Beklagte zur Erfüllung genuin kommunaler Aufgaben an den Projektkosten beteiligt. Diese Sichtweise lag im Übrigen auch der finanziellen Beteiligung des Bundes an den Projektkosten zu Grunde. Der Baukostenzuschuss des Bundes, ein Festbetrag aus Mitteln nach § 8 Abs. 1 BSWAG i.H.v. 500 Mio. EUR (Preis- und Planungsstand 2004) ergibt sich aus den „Sowieso-Kosten“ der ursprünglich geplanten Anbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm an den Knoten Stuttgart (vgl. § 5 Abs. 2 der Gemeinsamen Erklärung zur Realisierung der Projekte „Stuttgart 21“ und „NBS Wendlingen - Ulm“ vom 02.04.2009). Entsprechend dem Grundgedanken, dass es sich der Sache nach bei Stuttgart 21 um ein gemeinsames Projekt verschiedener Hoheitsträger handelt, wurde auch zeitgleich mit dem Abschluss des Finanzierungsvertrages vom 02.04.2009 ein sog. Lenkungskreis eingerichtet. In diesem sollen Vertreter des Landes, des Verbandes Region Stuttgart, der Eisenbahninfrastrukturunternehmen und auch der Beklagten zusammenarbeiten, um die zeit-, kosten- und qualitätsgerechte Realisierung des Projekts sicherzustellen (vgl. zu den Entscheidungskompetenzen des Lenkungskreises § 13 Abs. 2 des Finanzierungsvertrages vom 02.04.2009). Zu Unrecht geht daher Prof. Meyer in seinem Gutachten vom 03.11.2010 (S. 43 f.; Fn. 59) davon aus, das Projekt Stuttgart 21 sei „vom Ursprung, der Zielsetzung und der Durchführung her“ ein reines Bahnprojekt, die Wirkungen des „Stadtumbaus“ ergäben sich als bloße Konsequenz der Planungen der Bahn und die konkrete Ausgestaltung des Projekts sei für die zu untersuchende Rechtsfrage nicht relevant.
113 
(5) Entgegen der Auffassung der Kläger war die Beklagte auch rechtlich nicht an der Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgabe der Stadtplanung gehindert. Der 5. Senat des erkennenden Gerichtshofs hat mit mehreren Urteilen vom 06.04.2006 (- 5 S 847/05, 5 S 848/05 und 5 S 596/05 - Planfeststellungsabschnitt 1.1 Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) und vom 08.02.2007 (- 5 S 2257/05 - Planfeststellungsabschnitt 1.2 Fildertunnel) entschieden, dass vorliegend mit der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch städtebauliche Ziele verfolgt werden durften. Er hat hierzu ausgeführt (Urt. v. 04.06.2006 - 5 S 848/05 - juris Rn. 38, 42, 50, 93):
114 
„2.2 Zu Recht führt der Planfeststellungsbeschluss als „weitere“ die Planung rechtfertigende Ziele die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt Stuttgart, die Verminderung der Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel und die Verminderung der Trennwirkung der Bahnanlagen in der Innenstadt an. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es zulässig, mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch andere als spezifisch verkehrliche Ziele zu verfolgen, etwa eine Minderung des Eisenbahnlärms oder - bei einer Verlegung von Betriebsanlagen der Eisenbahn - auch die Schaffung städtebaulicher Entwicklungsmöglichkeiten.
[…]
115 
2.2.2 Mit einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, die die Verlegung von Bahnanlagen zum Inhalt hat, dürfen aber auch städtebauliche Ziele wie die Schaffung von städtebaulichen Entwicklungsflächen und die Beseitigung der Trennwirkung von Bahnanlagen verfolgt werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Gemeinden wegen des Planungsvorbehalts gemäß § 38 Satz 1 BauGB gehindert sind, als Träger der Bauleitplanung auf bisher für Bahnbetriebszwecke genutzten Flächen ihre städtebaulichen Ziele umzusetzen, solange diese Flächen nicht freigestellt werden (vgl. § 23 AEG und BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 9 A 22.01 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 55). Denn dieser Umstand kann nicht dazu führen, dass auch die bis zu diesem Zeitpunkt allein zuständige Planfeststellungsbehörde entsprechende städtebauliche Ziele zur Legitimation der Planung von Eisenbahninfrastrukturanlagen nicht neben verkehrlichen Gesichtspunkten heranziehen darf.
[…]
116 
Vernünftigerweise geboten ist die Antragsplanung auch hinsichtlich der „weiteren Ziele“ der Planung. Dies bedarf hinsichtlich der städtebaulichen Ziele keiner Darlegung.
[…]
117 
3.9 Unstreitig erreicht die Antragsplanung das „weitere Ziel“ der Gewinnung städtebaulicher Entwicklungsflächen in weitaus größerem Ausmaß als „K 21". Bei dieser werden lediglich kleinere (Abstell-)Flächen im Äußeren Nordbahnhof und im jetzigen Abstellbahnhof frei, wobei für letztere unklar ist, inwieweit sie überhaupt einer sinnvollen anderen städtebaulichen Nutzung zugeführt werden könnten. Unerheblich ist insoweit, dass „K 21" auf die im Bereich des früheren Stückgutbahnhofs gelegene Fläche „A 1“ verzichten kann. Denn diese Fläche benötigt auch „S 21“ nicht. Sie ist überdies bereits eisenbahnrechtlich entwidmet und teilweise bebaut. Zugleich erreicht nur „S 21“ eine Beseitigung der Trennwirkung der Bahnanlagen im Stuttgarter Talkessel. Unerheblich für den Alternativenvergleich ist, in welcher Weise die freiwerdenden Fläche (möglicherweise oder voraussichtlich) künftig baulich genutzt werden.“
118 
Dem schließt der Senat sich an. Die auch in § 38 Satz 1 letzter Hs. BauGB vorgeschriebene Berücksichtigung städtebaulicher Belange in Planfeststellungsverfahren führt nicht zu einer Aufgabenverlagerung in dem Sinne, dass die Gemeinde sich nicht mehr auf ihre Planungshoheit berufen könnte. Durch die Pflicht, die Belange des Städtebaus zu berücksichtigen, wird der Planfeststellungsbehörde keine eigenständige Planungs- und Gestaltungsbefugnis eingeräumt. Sie muss vielmehr von der städtebaurechtlichen Situation ausgehen, wie sie in den Bauleitplänen oder aufgrund anderer sachlich und räumlich hinreichend verfestigter Planungsabsichten der Gemeinde konkretisiert ist. Fehlt eine solche Konkretisierung, darf die Behörde nicht eigene, insbesondere von den Vorstellungen der Gemeinde abweichende bauplanerische Vorstellungen ohne Bezug zu dem ihr eingeräumten fachplanerischen Gestaltungsfreiraum entwickeln (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 38 Rn. 18; BVerwG, Urt. v. 18.05.1990 - 7 C 3.90 - BVerwGE 85, 155). Die Gemeinde ist umgekehrt bei der Bauleitplanung an rechtswirksame fachplanerische Entscheidungen gebunden. Anlagen der Bahn sind daher planerischen Aussagen der Gemeinde in einem Bauleitplan nur insoweit zugänglich, als diese der besonderen Zweckbestimmung der Anlage nicht widersprechen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Gemeinde ein Bebauungsplanverfahren solange nicht in Gang setzen oder betreiben darf, wie die zu überplanende Fläche noch den Charakter einer Bahnanlage hat. Wenn mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der besonderen bahnrechtlichen Zweckbestimmung einer Fläche bevorsteht, kann die Gemeinde vielmehr die für diesen Fall zu erwartenden Nutzungswünsche in die von ihr bauplanungsrechtlich für angemessen und erforderlich erachtete Richtung lenken und zu diesem Zweck ein Bauleitplanungsverfahren einleiten (vgl. Rieger, a.a.O. Rn. 25). In Fällen, in denen die Planungsabsichten des Fachplanungsträgers mit den planerischen Vorstellungen der Gemeinde kollidieren, besteht eine wechselseitige Pflicht, die fremden Planungsabsichten im Rahmen der eigenen Planung zu berücksichtigen, sofern diese Absichten bereits hinreichend konkretisiert sind und sich verfestigt haben (Rieger, a.a.O. Rn. 27).
119 
Ist die Beklagte nach alldem zur Verwirklichung ihrer planerischen Vorstellungen auf den (noch) von der Bahn genutzten Flächen aufgrund des Vorrangs der Fachplanung auf eine Kooperation mit dieser angewiesen, so ist die vorliegende Konstellation entgegen der Auffassung der Kläger durchaus mit der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen vergleichbar, in der die Bahn nicht verpflichtet war, die kommunale Aufgabe der Schülerbeförderung zu übernehmen, sondern sie nur „im Rahmen einer Art von Amtshilfe“ für die Gemeinde übernommen hat.
120 
cc) Der Mitfinanzierungsanteil der Beklagten ist auch der Höhe nach angemessen.
121 
(1) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann die Frage nach der Angemessenheit des Finanzierungsanteils der Beklagten nicht offen bleiben. Ein Verstoß gegen Art. 104 a Abs. 1 GG könnte nämlich bereits dann vorliegen, wenn der Finanzierungsanteil nicht dem Anteil der Verpflichtung der Beklagten zur Aufgabenwahrnehmung entsprechen würde und dies die Nichtigkeit der Finanzierungsvereinbarung zur Folge hätte. Zu Recht weisen die Kläger darauf hin, dass bei Annahme der Nichtigkeitsfolge eine verfassungswidrige Verteilung der Kostenanteile auch nicht über eine Anpassung der Geschäftsgrundlage nach § 60 VwVfG geheilt werden könnte, weil es bei einem nichtigen Vertrag an dem Substrat der Anpassung, dem Vertrag, fehlt und es daher nichts mehr anzupassen gibt.
122 
Ein möglicherweise zu hoher Finanzierungsanteil der Beklagten würde auch zur Nichtigkeit, und nicht lediglich zur Teilnichtigkeit der Finanzierungsvereinbarung führen:
123 
Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist der Vertrag nach § 59 Abs. 3 VwVfG im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Regelrechtsfolge ist danach die Gesamtnichtigkeit des Vertrages; die Teilnichtigkeit ist die Ausnahme.
124 
Voraussetzung für die Annahme der Teilnichtigkeit ist zunächst, dass sich die Nichtigkeit auf einen abtrennbaren Teil des Vertrages beschränkt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der vergleichbaren Vorschrift des § 139 BGB geht unter bestimmten Voraussetzungen von der Möglichkeit einer - auch hier in Betracht kommenden - quantitativen Teilbarkeit aus:
125 
Nach Sinn und Zweck von § 139 BGB, ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten, wenn dies dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen entspricht, ist ausnahmsweise auch eine sog. quantitative Teilbarkeit möglich, also eine Aufspaltung der nichtigen Regelung in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil. Sie kommt vor allem in Betracht, wenn eine Vertragsklausel wegen des Übermaßes der in ihr enthaltenen Rechte oder Pflichten nichtig ist und angenommen werden kann, dass die Parteien bei Kenntnis dieses Umstands an ihrer Stelle eine auf das zulässige Maß beschränkte Regelung getroffen hätten (BGH, Urt. v. 19.09.1988 - II ZR 329/87 - BGHZ 105, 213 <220 ff.>; Urt. v. 05.06.1989 - II ZR 227/88 - BGHZ 107, 351 <355 ff.>; Urt. v. 14.11.2000 - XI ZR 248/99 - BGHZ 146, 37 <47 f.>).
126 
Diese Grundsätze lassen sich auf § 59 VwVfG übertragen, der bei öffentlich-rechtlichen Verträgen für die Annahme der Teilnichtigkeit ebenfalls auf den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien, der auch durch Auslegung ermittelt werden kann (vgl. Lenz, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 59 Rn. 46), abstellt.
127 
Der Annahme der Teilnichtigkeit im Falle eines zu hoch bemessenen Finanzierungsanteils der Beklagten steht jedoch entgegen, dass der angemessene Anteil der Beklagten und die Aufteilung der Deckungslücke auf die übrigen Projektpartner nicht bestimmbar wäre, weil den Vertragsparteien hinsichtlich der angemessenen Höhe des Finanzierungsanteils ein Beurteilungsspielraum zusteht, der gerichtlich nicht voll überprüfbar ist (siehe unten 2) und der mutmaßliche Wille der Projektpartner sich nicht ermitteln lässt.
128 
(2) Der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. März 1989 (a.a.O.) skizzierte Maßstab, nach welchem bei einer dem Grunde nach zulässigen Mitfinanzierung jeder Vertragspartner diejenigen Kosten trägt, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entspricht, bedarf für die hier zu beurteilende Fallkonstellation einer gewissen Modifizierung. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war ein Vertrag zu beurteilen, der die Erstattung der Betriebskosten für die Schülerbeförderung durch die Deutsche Bundesbahn zum Gegenstand hatte. Vorliegend geht es hingegen nicht um Kosten, die einer mathematisch-exakten Berechnung zugänglich sind. Die für die Beklagte erfolgende Aufgabenwahrnehmung liegt in der Übernahme deren städtebaulicher Ziele im Rahmen der Planfeststellung für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart (Planfeststellungsabschnitt 1.1 Talquerung mit neuem Hauptbahnhof; vgl. dazu nochmals VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.06.2006 - 5 S 848/05 - a.a.O.). Dass die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 ihren maßgeblichen Grund in den aus dem Projekt resultierenden städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten hat, wird auch in den abgeschlossenen Vereinbarungen und den diesen zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüssen hinreichend deutlich. Bereits in der Präambel der 1995 getroffenen Rahmenvereinbarung wird hervorgehoben, dass durch die Tieferlegung des Hauptbahnhofs und der Zulaufstrecken Grundstücksflächen von ca. 100 ha frei werden, die für die städtebauliche Entwicklung zur Verfügung stehen. Auch in der Anlage 1 zur Gemeinderatsdrucksache 609/2007 werden die Chancen für die Stadtentwicklung beschrieben. Zugleich wird näher konkretisiert, wie diese Chancen genutzt werden sollen. In Anlage 4 zu dieser Drucksache wird aufgezeigt, welche zusätzlichen direkten Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen (Grundsteuer, Gewerbesteuer, Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, Grunderwerbssteuer, Schlüsselzuweisungen nach dem FAG) durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale im Zeitraum bis 2034 voraussichtlich zu erwarten sind. Diese werden auf ca. 300 Mio. EUR prognostiziert. Eine solche prognostische Hochrechnung erscheint grundsätzlich geeignet, die direkten Einnahmeeffekte, die mit dem Projekt Stuttgart 21 für die Beklagte verbunden sind, zu erfassen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass derartige Prognosen über einen Zeitraum von 25 Jahren naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet sind.
129 
Zu diesen jedenfalls überschlägig berechenbaren Effekten kommen städtebauliche Vorteile wie die Beibehaltung des Standorts des Hauptbahnhofs in zentraler Innenstadtlage und der Wegfall der Trennwirkung der bestehenden Bahnanlagen hinzu, die einer rein monetären Betrachtung nicht zugänglich sind. Das bedeutet aber nicht, dass sie bei der Bemessung des Finanzierungsanteils der Beklagten außer Acht bleiben müssten. Sie können vielmehr auch angemessen berücksichtigt werden.
130 
Aufgrund der erforderlichen prognostischen Einschätzungen der Effekte für die Stadtentwicklung und der teilweise nicht gegebenen Bezifferbarkeit ist der Beklagten bei der Eingehung vertraglicher Verpflichtungen zur Mitfinanzierung des Projekts ein weiter Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Überprüft werden kann danach nur, ob die Beklagte den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat.
131 
Der Überprüfung ist die Sach- und Rechtslage am 04.10.2007 zugrunde zulegen, weil der Gemeinderat der Beklagten zu diesem Zeitpunkt der Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 und weiteren Maßnahmen zugestimmt hat. Auf der Grundlage dieses Gemeinderatsbeschlusses ist auch der Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009 abgeschlossen worden. Zeitlich spätere verbindliche Beschlüsse über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die Gegenstand des Bürgerbegehrens ist, gibt es nicht.
132 
(3) Daran gemessen verstößt der Mitfinanzierungsanteil der Beklagten an den Gesamtkosten von 4.526 Mio. EUR, der sich auf ca. 11,1 % beläuft (291,83 Mio. EUR Finanzierungs- und Risikobeteiligung zuzüglich 212 Mio. EUR Zinsverzicht), auch der Höhe nach nicht gegen Art. 104 a Abs. 1 GG. Dies lässt sich auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Unterlagen zuverlässig ermitteln, ohne dass es der von den Klägern angeregten Beiziehung der Anlagen zum Finanzierungsvertrag vom 02.04.2009 bedarf. Aus dem Anlagenverzeichnis zu diesem Vertrag (LT-Drs. 14/4382 S. 5) ergibt sich nicht, dass die nicht vorgelegten Anlagen Regelungen enthalten, aus denen sich weitere finanzielle Verpflichtungen der Beklagten ergeben könnten.
133 
Der Gemeinderat der Beklagten hat auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage entschieden. Größe und Lage der freiwerdenden Grundstücksflächen und das sich daraus ergebende städtebauliche Entwicklungspotential waren ihm ebenso wie die weiteren mit dem Projekt verbundenen städtebaulichen Effekte bekannt. Er konnte aus den ihm vorliegenden Unterlagen auch die Höhe des Mitfinanzierungsanteils ersehen. Die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten an den absehbaren Kosten und an den Kostenrisiken beläuft sich ausweislich der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 (II. 1. - 3.), der der Gemeinderat am 04.10.2007 zugestimmt hat und die ihm als Anlage zur Gemeinderatsdrucksache 790/2007 vorlag, auf 291,83 Mio. EUR. Nicht nachzugehen braucht der Senat der Frage, ob die unterschiedliche Verteilung der Kostenrisiken auf den verschiedenen Risikostufen in jeder Hinsicht nachvollziehbar ist. Entscheidend ist allein, ob der Gesamtfinanzierungsanteil in Bezug auf die kommunale Aufgabe, die Grund für die Kostenbeteiligung ist, angemessen ist.
134 
Der von der Beklagten mit der DB AG vereinbarte Zinsverzicht, d.h. der Verzicht auf die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises für das Bahngelände, obwohl bzw. solange dieses nicht zu den im Kaufvertrag vereinbarten Zeitpunkten der Beklagten übergeben worden ist, ist ebenfalls als Finanzierungsanteil der Beklagten zu bewerten, da ihm keine Gegenleistung gegenübersteht. Der Kaufpreis für die freiwerdenden Bahngrundstücke, der zum 31.12.2001 fällig war, belief sich nach § 3 des Kaufvertrages vom 21.12.2001 auf 424.372.261,40 EUR. Dieser Kaufpreis war nach § 7 Nr. 1.7 auch Bemessungsgrundlage für die bei verspäteter Übergabe der Grundstücke ggf. zu entrichtenden Zinsen. Mit dem Änderungsvertrag zu diesem Kaufvertrag, dem der Gemeinderat der Beklagten am 04.10.2007 zugestimmt hat, wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass aufgrund des verzögerten Baubeginns die ursprünglich vereinbarten Termine für die Freimachung der Grundstücke nicht zu halten sind. Es wurde daher - unter Beibehaltung der Bemessungsgrundlage - vereinbart, dass Verzugszinsen erst ab dem 01.01.2021 zu zahlen sind. Den gegenüber dem ursprünglichen Kaufvertrag damit verbundenen Zinsverzicht bis zum 31.12.2020 hat die Beklagte zutreffend auf 212 Mio. EUR beziffert. Es ist sachgerecht und nicht zu beanstanden, dass Bemessungsgrundlage für die Verzinsung der unverändert gebliebene, tatsächlich entrichtete Kaufpreis ist. Entgegen der Auffassung der Kläger war es nicht geboten, Verzugszinsen abweichend von der Regelung im Kaufvertrag nicht auf der Grundlage des tatsächlichen Kaufpreises, sondern des - deutlich höheren - Verkehrswertes der Grundstücke im Jahr 2010 zu vereinbaren.
135 
Der entrichtete Kaufpreis ist kein Finanzierungsanteil im Sinn des Art. 104 a GG, da die Beklagte mit den erworbenen Grundstücken einen Gegenwert erhalten hat und für einen nicht marktgerechten Kaufpreis, der einen versteckten Finanzierungsanteil darstellen könnte, keine Anhaltspunkte gegeben sind. Die Regelungen zum Altlasten- und Bodenrisiko in § 8 und § 9 des Kaufvertrags sind Bestandteil des Grundstückskaufvertrags und daher ebenfalls kein Finanzierungsanteil im Rechtssinn. Ausweislich des Vertrags haben der Regelung in § 8 Sachverständigengutachten zu den Altlastenrisiken zugrunde gelegen. Auch insoweit gibt es keinerlei Anhaltspunkte für einen versteckten Finanzierungsanteil.
136 
Die Finanzierungsanteile der Flughafen Stuttgart GmbH und des Verbandes Region Stuttgart müssen ebenfalls außer Betracht bleiben, da Gegenstand des Verfahrens allein die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 ist.
137 
Nach alldem beruhen die seitens der Beklagten eingegangenen finanziellen Verpflichtungen auf einer vertretbaren Bewertung ihres städtebaulichen Interesses an dem Projekt. Für eine Verletzung des Willkürverbots ist nichts ersichtlich.
C.
138 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
139 
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Mitfinanzierung von Eisenbahninfrastrukturprojekten durch eine Gemeinde stellenden Rechtsfragen sind solche des Bundesrechts, die fallübergreifend klärungsfähig und klärungsbedürftig erscheinen. Es ist zu erwarten, dass der Entscheidung im Revisionsverfahren eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen wird.
140 
Beschluss vom 21.04.2015
141 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013, abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., Anh § 164 Rn. 14) auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
142 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.